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Aus dem Balneologischen Institut der Hansischen Universitgt Hamburg in Bad Oeynhausen (Leiter: Prof. Gollwitzer-Meier) und aus der II. Medizinischen Universitgtsklinik Hamburg-Eppendorf (Leiter: Prof. Weit z). Uber die Bedeutung der Leber fiir den Plasmaverlust des Blares im experimentellen Histamin- und Peptonschock. Von E. Lerche nnd Arnold Weig. (Eingegangen am 2. Mai 1939.) Die Eindiekung des Blutes im experimentellen Histamin- und Pepton- schock beruht auf einem allgemeinen Plasmatibertritt aus den Btutkapillaren ins Gewebe. ge nach der Art des Versuchstieres finder diese Plasma- wanderung vorzugsweise in bestimmten Organen start. Beim Hund wird in erster Linie die Leber fiir den Plasmaverlust des Blutes verantwortlich gemacht, da sic dasjenige Organ ist, das unter der Wirkung yon Histamin and Pepton sowohl in vivo als auch bei kiinstlicher DurchstrSmung auf Grand eines (auch histologisch mehrfach nachgewiesenen 1, 2) ,,exptosiven" 0dems am meisten an GrSl~e zunimmt 2-v. {Jber die Plasmamengen, die hierbei unter Umstgnden ins Lebergewebe 5bertreten kSnnen, sind wit dnreh Gewichtsmessungen an der Peptonleber unterrichtet. Manwaring, Hosepian and Beattie, die ih~e sgmtlichen Gewichtsbestimmungen nach Abzug der in den Lebergefgl~en befindhchen Blutmenge durchffihrten, errechneten aus einer durchschnittlichen Er- hShung des Lebergewichtes um 62 % im Peptonschock einen Plasmaverlust des Gesamtblutes yon 11,7 ccm pro kg KSrpergewicht. Dem entsprach eine 10%ige Bluteindickung. -- An der Histaminleber liegen Gewichts- bestimmungen zwar nicht vor. Doch diirfte nach den histologischen Befunden E p p ing er s auch bier die in der L eber zuriickgehaltene P lasmamenge recht erheblich sein, obwohl die Leberanschwellung im Histaminschock gew6hn- lich etwas geringer ausfgllt als im Peptonschock s Aus Versnchen yon Lamson und Mitarbeitern geht nun aber hervor, dal~ das Histamin auch bei entleberten Hnnden eine deutliche Eindickung 1 Manwaring, W. H., D. French u. Selling Brilh J. Immunol. (Am.) 8, 211 (1923). -- ~ Eppinger, H. u. Mitarbeiter: ,,Die serSse Entziindung." Berlin, 0ul. Springer, 1935. -- s Mautner, H., u. t5. P. Pick: MOnch. reed. Wschr. 1915, S. 1141; Naunyn-Schmiedebergs Arch. 142, 271 (1929). -- 4 Manwaring, W. H., V. M. Hosepian u. A. C. Beattie: J. Immunol. (Am.) 8,229 (1923). -- ~ Baer, It., u. R. R5ssler: Naunyn-Sohmiedebergs Arch. 119, 204 (1927). -- 6 Feldberg, W., E. Schili u. tt. Zernik: PfliXgers Arch. 220, 738 (1928). -- 7 Frey, E. K., u. H. K r a u t : iNaunyn-Schmiedebergs Arch. 1an, 1 (1928). _ 8 Feldberg, W., E. Schilf u. H. Zernik: a. a. O.

Über die Bedeutung der Leber für den Plasmaverlust des Blutes im experimentellen Histamin- und Peptonschock

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Aus dem Balneologischen Institut der Hansischen Universitgt Hamburg in Bad Oeynhausen (Leiter: Prof. Gol lwitzer-Meier) und aus der II. Medizinischen

Universitgtsklinik Hamburg-Eppendorf (Leiter: Prof. Weit z).

Uber die Bedeutung der Leber fiir den Plasmaverlust des Blares

im experimentellen Histamin- und Peptonschock. Von

E. Lerche nnd Arnold Weig.

(Eingegangen am 2. Mai 1939.)

Die Eindiekung des Blutes im experimentellen Histamin- und Pepton- schock beruht auf einem allgemeinen Plasmatibertr i t t aus den Btutkapillaren ins Gewebe. ge nach der Art des Versuchstieres finder diese Plasma- wanderung vorzugsweise in best immten Organen start. Beim Hund wird in erster Linie die Leber fiir den Plasmaverlust des Blutes verantwortlich gemacht, da sic dasjenige Organ ist, das unter der Wirkung yon His tamin and Pepton sowohl in vivo als auch bei kiinstlicher DurchstrSmung auf Grand eines (auch histologisch mehrfach nachgewiesenen 1, 2) ,,exptosiven" 0dems am meisten an GrSl~e zunimmt 2-v.

{Jber die Plasmamengen, die hierbei unter Umstgnden ins Lebergewebe 5bertreten kSnnen, sind wit dnreh Gewichtsmessungen an der Peptonleber unterrichtet. M a n w a r i n g , H o s e p i a n and B e a t t i e , die ih~e sgmtlichen Gewichtsbestimmungen nach Abzug der in den Lebergefgl~en befindhchen Blutmenge durchffihrten, errechneten aus einer durchschnittlichen Er- hShung des Lebergewichtes um 62 % im Peptonschock einen Plasmaverlust des Gesamtblutes yon 11,7 ccm pro kg KSrpergewicht. Dem entsprach eine 10%ige Bluteindickung. - - An der Histaminleber liegen Gewichts- bestimmungen zwar nicht vor. Doch diirfte nach den histologischen Befunden E p p ing er s auch bier die in der L eber zuriickgehaltene P lasmamenge recht erheblich sein, obwohl die Leberanschwellung im Histaminschock gew6hn- lich etwas geringer ausfgllt als im Peptonschock s

Aus Versnchen yon L a m s o n und Mitarbeitern geht nun aber hervor, dal~ das His tamin auch bei entleberten Hnnden eine deutliche Eindickung

1 Manwar ing , W. H., D. French u. Selling Br i lh J. Immunol. (Am.) 8, 211 (1923). -- ~ Epp inge r , H. u. Mitarbeiter: ,,Die serSse Entziindung." Berlin, 0ul. Springer, 1935. -- s Mautner , H., u. t5. P. Pick: MOnch. reed. Wschr. 1915, S. 1141; Naunyn-Schmiedebergs Arch. 142, 271 (1929). -- 4 Manwaring, W. H., V. M. Hosep ian u. A. C. Bea t t i e : J. Immunol. (Am.) 8,229 (1923). -- ~ Baer , It., u. R. R5ssler: Naunyn-Sohmiedebergs Arch. 119, 204 (1927). -- 6 Fe ldberg , W., E. Schili u. tt. Zernik: PfliXgers Arch. 220, 738 (1928). -- 7 Frey , E. K., u. H. Krau t : iNaunyn-Schmiedebergs Arch. 1an, 1 (1928). _ 8 Fe ldberg , W., E. Schilf u. H. Zernik: a. a. O.

Bedeutung der Leber ftir den Plasmaverlust des Blutes. 677

des Blutes bewirkt 9. Allerdings verdi innten diese Autoren das Blur zu- n~chst mi t KochsalzlSsung um etwa ]5 ~o und bes t immten dann die Zeit, in der das verdiinnte Blur unter der Wirkung von His tamin bei H u n d e n mit und ohne Leber seine norlnale Zusammensetzung wieder erreichte. I n beiden F~l]en war die Zeit die gleiche ! - - Nach diesen u ist an- zunehmen, dal3 die Eindickung des Blutes zumindest im His taminschock nich~ allein dureh das LeberSdem hervorgerufen wird, sondern gleiehzeitig du t ch einen P lasmaaus t r i t t im Bereieh anderer Kapillarbezirke.

Wir haben im folgenden die Frage naeh der Bedeutung der Leber fiir die Eindiekung des Blutes im I t is tamin- und Peptonsehoek dadureh zu kli~ren versueht, dal] wir zuniiehst an Tieren mi t normal durehbluteter Leber die Anderungen des SauerstoffbindungsvermSgens im Blute (als N a g fiir die GrSl~e des ~Plasmaverlustes) naeh His tamin und Pep ton bes t immten und dann die gleiehen Versuehe an t I u n d e n anstellten, deren Leber dureh eine sterile Voroperat ion aus dem Pfortaderkreis lauf ausgesehaltet war (E cksehe Fistel).

Die Technik der Ecksehen Fistel.

In der Literatur ist schon mehrfach auf das Prinzip der Operation mit der F i s ch l e r -Sch rSde r sc he n Schneidefadenmethode l~ hingewiesen worden: Vena portae und Vena cava inferior werden in einem Gebiet yon 3--5 cm L~nge unterhalb der Einmtindungstelle der Vena lienalis in die Vena portae dureh eine Orundnaht miteinunder vereinigt. Atsdann wird yon caudal her ein Paden in das Lumen der einen Vene hinein- und cranial wicder herausgeftihrt, ansebliefJend der gleiche Faden cranial in die andere Yene hinein- und caudal wiederum herausgeleitet, so dab sich Anfang und Ende des Fadens caudal nebeneinander befinden. Bevor die benach- barren Wandstficke yon Vena cava und Vena pprtae mit~els dieses Padens durchs~igt werden, mul~ eine Decknaht zur ventralen Abdiehtung der Anastomosenstelle fiber die Grundnaht gelegt werden.

Da man nun bei dieser Operation erfahrungsgem~g gerade dureh Vernach- ]gssigung scheinbar unwichtiger Einze]heiten sehr h~iufig unliebsame Zwischenfalle erlebt, soll im fotgenden die Teehnik d er E c kschen Fistel geschildert werden, wie sic yon uns unter Berficksiehtigung derartiger Einzelheiten ausgeftihrt wird (siehe aueh Gerez und Weiss 11).

Wir gehen grundsgtzlich von einem 2 cm unterhalb des rechten Rippenbogens, diesem parallel verlaufenden Schnitt an die Leberpforte heran. Dieser Schnitt ge- stutter gute Ubersicht und Operationsfreiheit, ver]angt aber sorgf~ltigste Blut- stillung. Nach Verlagerung der Dfinndarmsehlingen in den ]inken Tell der Baueh- hShle dutch feuchtwarme Ttieher wird die nun gut siehtbare Vena portae yon ihrer Adventitia dutch stumpfe Prgparation befreit. Wir benutzen dazu zwei sehr ]ange anatomische Pinzetten, mi~ denen wir in grot3er Tiefe arbeiten kSnnen, oIme dM3 die eigene Hand die Sicht nimmt. Die sehr vorsichtig ausgefiihrte Abtrenmmg der Adventitia an der ventralen und rechten Fl~che der Vena portae in einer L~nge yon 3--5 cm zwischen Abgang der Vena lienalis und Aufteilung der Pfortader in die

9 L a m s o n , P.D., A.F. Abt , C.A. Oos thu i s en u. S.M. R o s e n t h a h J. Pharmacol. (Am.) 21,401 (1923). -- 10 F i seh le r , F., u. R. Schr6der : Naunyn- Sehmiedebergs Arch. 61,428 (1909). -- 11 Gerez, L., u. A. Weiss: Z. exper. Med. 100, 281 (1937).

678 E. L]~ttCHE und A. W~ISs:

I)armvenen gesehieht zu dem Zweck, die sp~ter yore Seidenfaden zu durch- trennende Wand mSg]ichst dfinn zu maehen. Die Vena eava hat keine abtrennbare Adventitia, sondern eine Serosa-Bedeckung, die nicht entfernt werden darf. Ober- halb der Abgangsstelle der Vena lienalis wir d die Pfortader rundherum yon ihrer Adventitia befreit, was ohne Sehwierigkeiten zu gelingen pflegt. Wird die Ad- ventita an dieser Ste]le nieht vollkommen entfernt, so l~uft man Gefahr, bei der Ab- bindung der Pfortader an der Leberpforte andere wiehtige Gef~i~e mitzuunterbinden.

Ftir die Gef~Bniihte benutzen wir den Nadelhalter nach L i c h t e n b e r g (Fimna Windler, Berlin), der sehr schlank gearbeitet und besonders geeignet ist, die feinen Darmnadeln (Kriimmungsdurchmesser 1 era) sicher festzuhalten. Bei der Auswahl der Nadeln ist darauf zu achten, dab ihre Stiirke nieht wesentlich grSl~er ist als die der F~iden, da sonst der Stichkanal in der Venenwand nur ungeniigend verschlossen wird. Die meisten Btutungen stehen jedoch nach 1--2 Minuten.

Fortlaufende N~hte lassen sich zwar schnell und bequem ausfiihren, bilden aber einen erheblichen Unsieherheitsfaktor, da hSufig genug der Faden einmal relict. Wir setzen daher grunds~tzlich am Anfang und Ende der geplanten Naht eine Knopfnaht und n~hen dann das dazwischenliegende Sttick fortlaufend. So ver- fahren wir sowohl bei der Grundnaht wie aueh bei der Deeknaht. Die Endf~den dieser beiden N~hte werden vor dera Sehneiden der Fistel am cranialen Ende mit- einander verknotet und nach dem Schneiden der Fistel auch am eaudalen Ende. Als Schneidefaden benutzen wit naeh friiheren triiben Erfahrungen stets einen doppelten Seidenfaden, ~: da nieht allzu selten der Faden reil3t und dann alle Miihe umsonst ist. Zum Schneiden wird jewei]s nur ein Faden verwandt, so dal~ man beim ReiI~en des Fadens stets noeh einen Reservefaden zur Verffigung hat.

Nach Anlegung der Fistel erfolgt sehliel~lich die Abbindung der Pfortader leberw~rts. Hierbei treten niemals Schwierigkeiten auf, sofern die Unterbindung in der oben angegebenen Weise bereits vorbereitet ist und nur noch gekniipft zu werden braueht.

Zum VersehluB der H~ut empfiehlt sieh die intrakutane fortlaufende Naht, die yon den Hunden nicht aufgebissen werden kann.

Ergebnisse. Von insgesamt 13 Hunden , die zur Voroperat ion kamen, s t a rben

3 Tiere schon w~hrend des Eingriffs oder wenige S tunden danach, 1 Tier ging 2 Tage sp~ter an schwerer Pneumon ie zugrundel die i ibrigen 9 erhol ten sich rasch und bl ieben bei fleischloser Di~t in ausgezeichnetem Zustande. Ers t 10--12 Tage nach Anlegung der E c k schen Fis tel l and der eigentliche

Versuch start .

S~mtliche Hunde wurden mit Morphin-Chloralose narkotisiert und kiinstlieh beatmet. Nach Einbindung der Kantilen ftir die Registrierung des Venen- und Arteriendrucks zwecks optischer Kontrolle der Kreislauflage erhielten eiuige Tiere zur Verhiitung der Blutgerinnung Heparin (Promonta) in der yon uns seit Jahren angewandten Dosierung. Hierbei maehten wit die Beobachtung, dab dieses Mittel eine stark kreislaufsch~digende Wirkung entfaltet, sobald das Pfortaderblut nieht mehr die Leberkapillaren passiert, sondern unter Umgehung der Leber direkt in die untere Hohlvene fliei]t. W~ihrend man an Normaltieren bei Verwendung yon Heparindosen, die das Blur fiir 2--3 Stunden in vivo ungerinnbar machen, einen Ausgangsblutdruck yon 120--140 mm Hg vorzufinden pflegt, sank der Arterien- druck bei allen Fistelhunden unmittelbar nach der Heparinzufuhr ausnahms]os auf unter 80 mm Hg.

Bedeutung tier Leber fiir den Plasmaverlust Oes Blutes. 679

Es kamen insgesamt 9 Versuche an Hunden mit E ckscher Fistel zur Durchfiihrung. In den ersten 4 Versuchen wurde Histamin (,,Imido- Roche") in kleinen und mittleren Dosen als Schockgift verwandt, fiir die zweite Versuchsreihe stand uns sogenanntes histaminfreies Pepton-Witte zur Verfiigung.

Histaminsehoek.

Entgegen der Feststcllung M a n w a r i n g s 12 da$ die Entfernung der Leber fiir die Erholung des Kreislaufs im Histaminschock bedeutungslos ist, mul~ten wir die Beobachtung machen, dal] bereits eine Histamindosis yon 0,007 mg/kg bei Hunden mit E ckscher Fistel zum sehweren Kreislauf- schock fiihrt, dem das Tier nach einiger Zeit regelm/il~ig erliegt. Es konnte daher an einem Fistelhund nut je ein Histaminversuch durchgefiihrt werden.

Tabelle 1.

Versueh

Ia

IIa

E c k sche Fistel

02-Maximal Zeiten u o/o

ante inj. I 20,3 0,007 mg Histamin/kg i. v. 40" post inj. I 24,7 15' ,, ,, I 23,4

ante inj. I 15,1 0,01 mg Histamin/kg i. v. $0" post inj. 17,1

21,1 . . . . . i 20,6

Versuch Normaltier

Zeiten I 02"MaximaIu

I ante inj. 1 20,5 Ib 0,009 mg ttisgamin/kg i. v.

I 40" post inj. [ 22,7 15' ,, J 21,8

l ante inj. I 15,8 0,012 mg ttistamin/kg i. v.

IIb 40" post inj. 16,2 8' ,, ,, 20,3

12' ,, ,, 20,5

Das typisehe Verhalten der Sauerstoffkapazit/~t des Blutes * unter der Wirkung yon Histamin zeigt Tabelle 1. In der linken Spalte sind 2 charak- teristische Versuche an Hunden mit E ckscher Fistel zusammengestellt, in der reehten Spa]te zum Vergleich 2 Versuehe am Normaltier**. Zun~chst f/~llt auf, dal3 die Anfangswerte der Sauerstoffkapazit~t in Versuch I I a und b ungewShnlieh niedrig liegen. Wit hatten bier den Tieren noch vor der t[istamininjektion je 300ccm Ringer infundiert, um an Hand der Versuche von L a m s o n und Mitarbeitern (s. S. 676) unsere eigenen Beob-

12 Manwaring, W. H., R. E. Monaco u. H. D. Marino: J. Immunol. (Am.) 8, 217 (1923).

* Doppelbestimmung nach van S]yke. ** Die Auswahl der Kontrollversuche am Normaltier riehtete sich in erster Linie

nach den Anfangswerten der Sauerstoffkapazit/~t beim entsprechenden Haupt- versueh.

680 E. LE~Ct[E und A. WEISS:

achtungen unter ~Lhnlichen Voraussetzungen iiberprtifen zu kSnnen. Aus den Zahlenwerten in Versuch II geht klar hervor, dab unsere Ergebnisse mit denen Lamsons vollkommen iibereinstimmen: Die Sauerstoffkapa- zit~t des durch die Ringer-Infusion stark verdiinnten Blutes nimmt unter der Wirkung yon Histamin nieht nut bei Hunden mit normal durchbluteter Leber, sondern auch bei solchen, deren Leber funktionell (bei L a m s o n anatomisch) ausgeschaltet worden war, rapid zu, um sogar unter Umst~nden innerhalb weniger Minuten Werte zu erreichen, wie sie vor der Ringer- Infusion bestanden haben mochten. In keinem Fall zeigen sich irgendwelche charakteristischen Unterschiede im Verhalten der Sauerstoffkapazit~t bei Hunden mit und ohne E ek-Fistel. Hieraus ergibt sieh, dal] die fiir das An- steigen der Sauerstoffkapazit~Lt verantwortliche Plasmaverschiebung ins Gewebe keineswegs an die Existenz der Leber bzw. an ihre Blutversorgung seitens der Pfortader gebunden ist, sondern da~ vielmehr der Plasmaaus- tritt aus der Blutbahn iiberwiegend im Bereieh yon Kapillargebieten start- findet, die aul~erhalb der Leber liegen. -- Dieser Befund kann indessen eine allgemeine Gtiltigkeit nut dann beanspruchen, wenn naehgewiesen ist, dab auch die Sauerstoffkapazit~t des unverdtinnten Blutes unter der Wirkung von Histamin in gleieher Weise bei Hunden mit und ohne Fistel ansteigt. -- In Versuch I der Tabelle 1 liegen die Anfangswerte der Sauerstoffkapazit~t um 20,5 Vol.%. Die Abweichung vom Normalwert ist somit gering. Bereits 40 Sekunden nach intravenSser Injektion yon nut 0i007 mg/kg Histamin beim Fistel-Hund und von 0,009 rag beim Normaltier hat die Sauerstoff- kapazit~t um 4,4 und 2,2 Vol.% zugenommen. In beiden F~llen, sowohl bei normal durchbluteter wie bei funktionell ausgeschalteter Leber is+ as also zu einer erheblichen Eindiekung des Blutes gekommen. Unterschiede im Sinne einer deutlich geringeren Eindickung bei ausgeschalteter Leber sind nicht zu beobaehten, die Eindiekung kann sogar -- wie in unserem Beispiel -- beim Fistel-Hund wesentlich hochgradiger sein als beim Normal- tier. -- Aus diesem Ergebnis ziehen wit den allgemeinen Schlu6, dal~ die Bedeutung der Leber flit den Plasmaverlust des Blutes im experimentellen Histaminsehock verh~ltnism~l~ig gering sein mul~.

Peptonschock.

Auch im Peptonsehock finder eine Erholung des Kreislaufs bei Hunden mit Eckscher Fistel niemals start. Dies entsprieht ganz den Erfahrungen Manwar ings 1~ an entleberten Hunden mit vereinfachter Eckscher Fistel naeh Dale und Laid law. Wir konnten deshalb auch bier an einem Fistel-Hund nut je einen Versueh durchftihren, obwohl Peptondosen (0,1 g/kg) zur Verwendung kamen, die beim Normaltier noch keinen aus- gesproehenen Schock hervorzurufen pflegen 14.

13 Manwaring, W. H., W. S. Clark u. R. C. Chilcote: J. Immunol. (Am.) 8, 191 (1923). _ 14 Lerche, E.: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 192, 309 (1939).

B e d e u t u n g de r L e b e r f i i r den P l a s m a v e r l u s t des B lu t e s .

T a b e l l e 2.

681

Versuch

I a

E c k sche Fistel

Zeiten" 02-Maximal yoLO/o

a n t e inj . 15,2

0,1 g P e p t o n / k g i. v.

1' p o s t inj . i 16,9 3' ,, ,, I 17,6 5' ,, ~, 19,5

10' ,, ,, 20,5 22' ,, ,, I 18,6

s n t e inj . I 24,2

0,1 g P e p t o n / k g i . v .

I I a 50" pos t inj . ] 24,0 100" ,, ,, ] 24,4

10' ,, ,, 25,3 25 ' . . . . 25,1

u

I b

Normalfier

Zeiten 02-Maximal Vol.O[o

a n t e in j . 16,7

0,1 g P e p t o n / k g i. v.

30" pos t inj . 16,8 90" ,, ,, 16,9 13' , ,, : 17,3 17' ,, ,, [ 18,6 24' ,, ,, I 18,2

IIb

a n t e inj . i 23,4 0,1 g P e p t o n / k g i. v.

2 ' p o s t inj . 24,1 7' , . . . . "24,5

12' ,, ,, 24,3

Die Ver~nderungen der Erythrocytenkonzentration unter der Wirkung yon ,,histaminfreiem" Pepton beim Fistel-Hund und vergleichsweise beim Norma[tier kommen wiederum an zwei charakteristischen Beispielen zur Darstellung. Tabelle 2 gibt zun~chs~ in Versuch Ia und b zwei Versuche wieder, in denen das Blur yon vornherein dutch 300 ccm Ringer verdiinnt war. Wit sehen nach intravenSser Injektion yon 0,1 g/kg Pepton (gelSst in 5 ccm Ringer) ghnlieh wie im Histaminschock ein deutliches Ansteigen der Sauerstoffkapazit~t sowohl beim Normaltier wie beim Fistel-Hund. In beiden Fgllen entwickelt sich j edoch die Eindickung des Blutes wesentlieh langsamer als nach Histamin, was mit friiheren Beobachtungen gut iiberein~ stimmt (Lerche). Typische Unterschiede im Verhalten der Sauerstoff- kapazit~t bei HundeIf mit und ohne Fistel sind nieht festzustellen, man gewinnt vielfach sogar den Eindruck, aIs ob die Bluteindickung bei Hunden mit Eckscher Fis~el noch etwas stgrker ausf~llt ~ls beim entsprechenden Normaltier. Sicher ist jedenfalIs, dal] der Flasmaaustritt ins Gewebe auch nach Pepton iiberwiegend im Bereich yon Kapillargebieten stattfindet, die aul]erhalb der Leber gelegen sin& Fiir eine allgemeine Giiltigkeit dieser Schlul~folgerung spreehen weitere Peptonversuche, in denen eine prim~re Verdiinnung des Blutes vermieden war. In Versuch IIa und b (Tabelle 2) liegen die Anfangswerte der Sauerstoffkapazitgt um 24 Vol.% , also ver- haltnism~13ig hoch. 7 Minuten nach intravenSser Injektion yon wiederum 0~1 g/kg Pepton ist beim Normaltier die Sauerstoffkapazit~t um 1,1 Vol. % angestiegen. Den gleichen Anstieg sehen wir beim Fistel-Hund 10 Minuten nach Iniektion derselben Peptondosis. Es finden sich also auch hiel keine wesentlichen Unterschiede im Verhalten der Sauerstoffkapazit~t bei Tieren mit normal durchbluteter und funktionelI ausgeschatteter Leber. Wir

682 E. L]~RCI{E und A. WEIss: Bedeutung der Leber ffir den Plasmavertust,

miissen aus diesem Ergebnis den Schlu~ ziehen, da~ das im Peptonschoek auftretende LeberSdem fiir den Plasmaverlust des Gesamtb]utes von ver- schwindend geringer Bedeutung ist.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. Ausfiihrliche Besehreibung einer modifizierten Technik in der An- legung E ckscher Fisteln fiir den Dauerversuch.

2. Im experimentellen tIistamin- und Peptonschock kommt es zu einer erheblichen Eindickung des Bhtes nicht nut bei normalen Hunden, sondern auch bei solchen, deren Leber dutch eine sterile Voroperation aus dem 1Jfortaderkreislauf ausgesehaltet wurde. Das sowohl im Histamin- wie auch besonders ira Peptonschock auftretende LeberSdem kann daher yon keiner ausschlaggebenden Bedeutung fiir den Plasmaverlust des Gesamtblutes sein.

3. Es wird auf die stark kreislaufsch~idigende Wirkung yon tIeparin bei Hunden mit E ckscher Fistel hingewiesen.