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1528 KLINISCHE \VOCHENSCH gezeigt, die Pankreaslipase auch bel der Anwesenheit von Serum auf ihre Giftempfindlichkeit naher zu untersuchen. Zur Anwendung konnten Mer aber nur das AtoxyI und das Cocain kommen, weil Chinin und Strychnin bel beiden Lipasen in gleichem Sinne wirken. Die Versuche Iiihrten aber zu dem Ergebnisse, dag es nicht m6glich ist, auI dieser Weise die GiftempfindIichkeit der Pan- kreaslipase zu priifen, weil wahrscheinlich das Serum selbst schon eine maximal hemmende Wirkung auI das lipolytische Pankreasferment ausiibt, wie sich ungezwungen aus nach- stehender Tabelle ablesen l~Bt. Bel den Versuchen kamen I ccm normales Menschenserum und I ccm 12o ~ach verdiinn- tes Pankreasextrakt zut Anwendung. Serum allein . . . . . . . . . . Pankreasextr. allein ....... Serum + Pankreasextr ...... Serum + Pankreasextr. + 2 mg Cocain ............. 3 iV[in. I 30 Mire 60 Min. 129 116 lO 5 133 I21 112 13o , 117 106 131 130 128 Serum + Pankreasextr. + 2 mg [ Atoxyl . . . . . . . . . . . . 131 I 13~ 128 Aus diesen Versuchen stellt sich heraus, daB die Mischung von P• und Serum nicht st~rker lipolytisch wirkt, wie das Serum allein, was doch erwartet werden miiBte, wenn beide Wirkungen sich addieren wfirden. DaB es die Pankreas- lipase ist, die in dem Gemische unwirksam geworden ist, geht hervor ans den Proben, die Giftl6sungen zugestellt bekamen. Obgleich das Atoxyl und das Cocain keine Hemmung auf die Pankreaslipase ausfiben, wird doch das Gemisch von Pankreas- extrakt und Serum durch diese beiden Gifte vollkommen ihrer lipolytischen Wirkung beraubt. Es muB also angenommen werden, daB das Serum die Eigenschait besitzt, die lipolytische Wirkung des Pankreas- fermentes zu hemmen, eine Eigenscha~t, die sich nnzweideutig der schon lgngst bekannten antitryptisehen \Virkung des Serums angliedert. Wodurch diese Antisteapsin-Wirkung des Serums, wie man sie nennen konnte, ausgetibt wird, bleibt vorl~u{ig unbekannt. Dieselben Fragen tun sich auf, bel dem Antitrypsin. Man k6nnte hier mit einem richtigen Anti- ferment zu tun haben, das dann also durch das %rtwghrende Ubertreten der Pankreaslipase in das Serum gebildet werden miiBte. Oder es wgre auch m6glieh, daB bestimmte nicht spezi- ira Serum vorhandene t™ Lipoid-EiweiBstoffe, hier- bel eine Rolle spielten. Eine Erklgrung also, wie Sc~wARz i~) sie tiir das Antitrypsin gegel~en bat. Fiir diese letzte Auffas- sung wiirden vielleicht auch sprechen die Untersuchungen von EDgLNAN~la), der zeigen konnte, daB die Menge der anwesoe den Lipoide nicht ohne EinfluB ist auf die ~ettspaltende Wir- kung des Serums. Ist das Antisteapsin ein richtiges Ferment, so muBte e wartet werden, daB die Inaktivierung dieses Fermentes auch die hemmende Wi des Serums auf die Pankreaslipase auf- heben wiirde. Es wurde nnn nochmals normales Menschen- serum, das durcis Erhitzen aut 6o ~ wghrend einer Stunde vor- behandelt war, dem Pankreasextrakte zugegeben. Es kamen bei den verschiedenen Proben wieder I ccm Serum nnd i ccm des verdfinnten Pankreasextraktes zut Anwendung. Eine Probe bekam i mg. Atoxyl zugeftigt, die anderen i CCln destil- liertes Wasser, Das Resultat gibt folgende Tabelle wieder: ' I , 3 Min-- i3o Min. i6o Min. 9o Min. Serumal~e~n .......... "~~8 ~28 ~~812~ Pankreasextr. allein ....... i/ 133 t23 I15 IIO Serum + Pankreasextr ....... 131 I27 124 12I Serum + Pankreasextr.+ I mg I Atoxyl . . . . . . . . . . . . 13o ~27 124 I 12s Die Pankreaslipase wird also auch durch das inaktivierte Serum noch deutlich gehemmt, wenn auch nicht mehr maximal. Die wirksame Komponente in dem Gemische wird durch das RIFT. 3. JAHRGANG. Nr. 34 i9. AUGUST i9a4 Atoxyl nicht gehe~ Einen sicheren Beweis, dag man es bei dem Antisteapsin mit einem wirMichen Antiferment zu tun bat, wird man in diesem Versuehe natiirlieh nieht sehen dtirfen. Eine m6gliche L6sung dieser Frage wird spgteren Untersuchungen vorbehalten werden miissen. Obgleich die VersuCne im Reagenzgtas nicht ohne weiteres auf den lebenden Organismus iibertragen werden diirfen, mul3 es nach den obenstehenden Versuchen doch als fraglich er- scheinen, ob es iiberhaupt m6glich sein wird, bei Pankreas- erkrankungen die Anwesenheit der Pankreaslipase im Serum durch ihre speziIische GiItempfindlichkeit festzustellen, und ist die Frage erlaubt, ob die atoxylfeste Lipase, welche SINON s) und MARcws n) im Serum ihrer Pankreaskranken fandmL nicht anderer Herkunft sei. BLOCK i~) rand jedenfalls bel seinen Patienten mit m6glichen Pankreasschgdigungen diese atoxylfeste Lipase im Serum nicht. Literatur: ~) Klin. Wochenschr. 1924, Nr. 2o, S. 874. -- 2) Biochem. Zeitsehr. I4x, 222. 1923 . _ a) Arch. f. exp. Pathol. n. Pharmakol. Ioo, 77. 1923. -- 4) Klin. Wochenschr. 1922, Nr. 48, S. 2366. -- 5) IKlin. Wochenschr. 1923, Nf. 27, S. 1248. -- ~) Dtsch. med. Wochenschr. 1923, Nf. 16, S. 5o6. -- v) ]3iochem. Zeitschr. 3x, 345. 1911. -- s) Klin. Wochenschr. 1924 , Nr. I6, S. 674. -- 9) Klin. Wochenschr. 1924, Nf..25, S. 1113. -- ~0) Biochem. Zeit- schr. x34, lO8. 1923. -- ri) I™ Wochenschr. 1923, Nr. 29, S. 1356. _ ~2) Wien. klin. Wochenschr. 19o9, Nf. 33, S. 1151. -- ia) Zeit- schr. f. d. ges. exp. Med. 3 o, 221. 1922. -- i4) Klin. W'ochensehr. 1923, Nr. 39, S. 1793 . OBER DIE ENTSTEHUNG DES ARCUS LIPOIDES CORNEAE IM TIEREXPERIMENT UND BEIM MENSCHEN. Von Prof. V~Rs~ und Dr. ROHRSCHNEIDER. Aus dem PathologischenInstitut der Universit~t Marburg. Bel den Untersuchunge~, wdche V~Rss an zahlreichen mit Cholesterin bzw. Cholesterin-O1-Gemisch gefiitterten Kaninchen a~ustellte, zeigte sich, dag bel entsprechender Fiitterungsdauer stets, meist Ms eines der ersten Symptome, eine s• Trtibung ara Hornhautrande auftrat, die, durch Fettablagerung entst~nden, dem sog. Arcus senilis des Menschen sehr ghnelte. Es handelt sieh dabei um eine auf der Basis einer h6hergradigen Cholesterinimie entstehende Lipoidinfiltration in den oberflgchlichen Hornhautschichten, die, nach ihrem optischen und ~~trberischen Verhalten zu urteilen, gr6Btenteils nus Neutralfett zusammengesetzt ist. In den m eisten Fgllen blieb der Areus auI die Peripherie der Hornhaut beschrinkt; m veremzelten aber schob er smh von verschiedenen Richtungen ber halbmondf6rmig weiter axialwirts vor, wobei sich die Triibungen gelegentlich iiber- schnitten und am sMeralen Rande wieder aufhellten. Genauere Beobachtungen dieser Erscheinung zeigten, daB entztindliche Verinderungen mit Goe dabei im Spiele waren, und veranlal3ten uns, eine experimentelle Nachahmung dieses Vorganges zu versuchen*). Zu diesem Zwecke gtzten wir einerseits bel Cholesterin-01-gefiitterten Kaninchen .nach Anftreten des Arcus die Hornhaut in verschiedenoe Ent- Iernungen von ihrem Rande, andererseits setzten wir kleine Verletzungen and schlieBlich oe wir noch durch Ein- impiung von Staphylokokken in die Hornhaut stArkere ent- ziindliche Reizungen. In allen diesen F~llen blieb der er- wartoe Eifekt nicht aus, mit einer Ausnahme: bei mechani- sehen und chemischen Schgdigungen ira zer~tralen Gebiet der Cornea. Es zeigte sich also, daB der Entziindungsreiz in der Tat imstande ist, eine Vermehrung der Fettablagerung in der Hornhautperipherie herbeizufiihren und bis zum Pupillar- gebiet vorzutreiben, ja, dal3 man durch Anlegung mehrerer Atzstellen die Triibungen I6rmlich guirlandenartig vorziehen kann. Vom Zemrc4geb™ ans wirken nur stgrkste entztindliche *) Diese neueren Uriterschungen wurden von ROHRSCHNEIDER mit Hilfe der ihm seitens der ROCKEFELLER-Stiftung Iiir Deutschland fiberwiesenen MitteI durchge- fiihrt. Eine ausftihrliche Mitteilung_ der Ergebnisse wizd ir~ einer FachzeitsehrKt erfolgem

über die Entstehung des Arcus Lipoides Corneae im Tierexperiment und Beim Menschen

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Page 1: über die Entstehung des Arcus Lipoides Corneae im Tierexperiment und Beim Menschen

1528 K L I N I S C H E \ V O C H E N S C H

gezeigt, die Pank r ea s l i pa s e auch bel der A nw esenhe i t von S e r u m auf ih re G i f t empf ind l i chke i t n a h e r zu un t e r suchen . Zur A n w e n d u n g k o n n t e n Mer aber n u r das AtoxyI u n d das Cocain k o m m e n , weil Ch in in und S t r y c h n i n bel be iden L ipasen in g le ichem Sinne wirken.

Die Versuche I i ih r t en aber zu d e m Ergebnisse , dag es n i c h t m6gl i ch ist, auI dieser Weise die G i f t empf ind I i chke i t der P a n - k reas l ipase zu pri ifen, weil wahr sche in l i ch das S e r u m se lbs t schon eine m a x i m a l h e m m e n d e W i r k u n g auI das l ipo ly t i sche P a n k r e a s f e r m e n t aus i ib t , wie sich u n g e z w u n g e n aus nach - s t e h e n d e r Tabe l l e ab lesen l~Bt. Bel den Ve r suchen k a m e n I ccm no rma le s M e n s c h e n s e r u m u n d I ccm 12o ~ach ve rd i i nn - tes P a n k r e a s e x t r a k t zu t A n w e n d u n g .

Serum allein . . . . . . . . . . Pankreasextr . allein . . . . . . . Serum + Pankreasextr . . . . . . Serum + Pankreasextr . + 2 mg

Cocain . . . . . . . . . . . . .

3 iV[in. I 30 Mire 60 Min.

129 116 lO 5 133 I21 112 13o , 117 106

131 130 128 Serum + Pankreasextr . + 2 mg [

Atoxyl . . . . . . . . . . . . 131 I 13~ 128

Aus diesen Ve r suchen s te l l t s ich heraus , daB die Mischung v o n P • u n d S e r u m n i c h t s t~ rke r l ipo ly t i sch wirkt , wie das S e r u m allein, was doch e r w a r t e t we rden miiBte, w e n n be ide W i r k u n g e n sich add ie ren wfirden. DaB es die P a n k r e a s - l ipase ist, die in d e m Gemische u n w i r k s a m geworden ist, geh t h e r v o r ans den P roben , die Gi f t l6sungen zuges te l l t b e k a m e n . Obgle ich das A t o x y l u n d das Cocain ke ine H e m m u n g auf die P a n k r e a s l i p a s e ausf iben, wi rd doch das Gemisch v o n P a n k r e a s - e x t r a k t u n d S e r u m d u r c h diese be iden Gif te v o l l k o m m e n ih re r l ipo ly t i schen W i r k u n g b e r a u b t .

E s muB also a n g e n o m m e n werden , daB das S e r u m die E i g e n s c h a i t bes i tz t , die l ipo ly t i sche W i r k u n g des P a n k r e a s - f e r m e n t e s zu h e m m e n , eine Eigenscha~t , die s ich n n z w e i d e u t i g der schon lgngs t b e k a n n t e n a n t i t r y p t i s e h e n \ V i r k u n g des Se rums angl ieder t . W o d u r c h diese A n t i s t e a p s i n - W i r k u n g des Serums, wie m a n sie n e n n e n konn te , ausge t ib t wird, b l e ib t vorl~u{ig u n b e k a n n t . Diese lben F r a g e n t u n sich auf, �87 bel d e m A n t i t r y p s i n . M a n k 6 n n t e hier m i t e inem r i ch t igen Ant i - f e r m e n t zu t u n h a b e n , das d a n n also d u r c h das % r t w g h r e n d e U b e r t r e t e n der P a n k r e a s l i p a s e in das S e r u m geb i lde t werden miiBte. Oder es wgre a u c h m6gl ieh, daB b e s t i m m t e n i c h t spezi- ™ ira S e r u m v o r h a n d e n e t™ Lipoid-EiweiBstoffe , h ier- be l e ine Rol le spie l ten. E i n e E r k l g r u n g also, wie Sc~wARz i~) sie t i ir das A n t i t r y p s i n gegel~en ba t . F i i r diese l e t z t e Auffas- s u n g wi i rden v ie l le ich t a u c h sp rechen die U n t e r s u c h u n g e n v o n EDgLNAN~la), der zeigen konn te , daB die Menge der anwesœ den Lipoide n i c h t ohne Einf luB is t auf die ~e t t spa l t ende Wir- k u n g des Serums.

I s t das A n t i s t e a p s i n ein r ich t iges F e r m e n t , so m u B t e e�9 w a r t e t werden, daB die I n a k t i v i e r u n g d ieses F e r m e n t e s auch die h e m m e n d e W i � 9 des Se rums auf die P a n k r e a s l i p a s e auf- h e b e n wi i rde . Es wurde n n n n o c h m a l s no rma le s Menschen- serum, das durcis E r h i t z e n au t 6o ~ w g h r e n d e iner S t u n d e vor- b e h a n d e l t war , d e m P a n k r e a s e x t r a k t e zugegeben. Es k a m e n be i den v e r s c h i e d e n e n P r o b e n wieder I ccm S e r u m n n d i ccm des v e r d f i n n t e n P a n k r e a s e x t r a k t e s z u t A n w e n d u n g . E ine P r o b e b e k a m i mg. A t o x y l zugeftigt, die a n d e r e n i CCln desti l- l ier tes Wasser ,

Das R e s u l t a t g ib t fo lgende Tabel le wieder :

' I , 3 Min-- i3o Min. i6o Min. 9o Min.

Serumal~e~n . . . . . . . . . . "~~8 ~28 ~ ~ 8 1 2 ~ Pankreasextr . allein . . . . . . . i/ 133 t23 I15 IIO Serum + Pankreasextr . . . . . . . 131 I27 124 12I Serum + Pankreasex t r .+ I mg I

Atoxyl . . . . . . . . . . . . 13o ~27 124 I 12s

Die P a n k r e a s l i p a s e wi rd also a u c h d u r c h das i n a k t i v i e r t e S e r u m noch deu t l i ch g e h e m m t , w e n n auch n i c h t m e h r m a x i m a l . Die w i r k s a m e K o m p o n e n t e in d e m Gemische wird d u r c h das

R I F T . 3. J A H R G A N G . Nr . 34 i9. AUGUST i9a4

A t o x y l n i c h t gehe~�9 E i n e n s icheren Beweis, dag m a n es bei d e m A n t i s t e a p s i n m i t e inem wi rMichen A n t i f e r m e n t zu t u n ba t , wi rd m a n in d iesem Versuehe na t i i r l i eh n i e h t s ehen dtirfen. E ine m6gl iche L 6 s u n g dieser F r a g e wi rd spg te ren U n t e r s u c h u n g e n v o r b e h a l t e n werden miissen.

Obgle ich die VersuCne im Reagenzg tas n i c h t ohne wei teres auf den l e b e n d e n O r g a n i s m u s i i b e r t r a g e n werden diirfen, mul3 es n a c h den o b e n s t e h e n d e n Ver suchen doch als f rag l ich er- scheinen, ob es i i b e r h a u p t m6gl i ch sein wird, bei P a n k r e a s - e r k r a n k u n g e n die A n w e s e n h e i t der P a n k r e a s l i p a s e im S e r u m d u r c h ih re speziI ische G i I t e m p f i n d l i c h k e i t fes tzus te l len , u n d i s t die F r a g e e r laub t , ob die a toxy l f e s t e Lipase, welche SINON s) u n d MARcws n ) i m S e r u m ih re r P a n k r e a s k r a n k e n fandmL n i c h t andere r H e r k u n f t sei.

BLOCK i~) r a n d jedenfa l l s bel se inen P a t i e n t e n m i t m6gl i chen P a n k r e a s s c h g d i g u n g e n diese a toxy l fes t e Lipase im S e r u m n ich t .

L i t e r a t u r : ~) Klin. Wochenschr. 1924, Nr. 2o, S. 874. -- 2) Biochem. Zeitsehr. I4x, 222. 1923 . _ a) Arch. f. exp. Pathol. n. Pharmakol. Ioo, 77. 1923. -- 4) Klin. Wochenschr. 1922, Nr. 48, S. 2366. -- 5) IKlin. Wochenschr. 1923, Nf. 27, S. 1248. -- ~) Dtsch. med. Wochenschr. 1923, Nf. 16, S. 5o6. -- v) ]3iochem. Zeitschr. 3x, 345. 1911. -- s) Klin. Wochenschr. 1924 , Nr. I6, S. 674. -- 9) Klin. Wochenschr. 1924, Nf..25, S. 1113. -- ~0) Biochem. Zeit- schr. x34, lO8. 1923. -- ri) I™ Wochenschr. 1923, Nr. 29, S. 1356. _ ~2) Wien. klin. Wochenschr. 19o9, Nf. 33, S. 1151. -- ia) Zeit- schr. f. d. ges. exp. Med. 3 o, 221. 1922. -- i4) Klin. W'ochensehr. 1923, Nr. 39, S. 1793 .

O B E R D I E E N T S T E H U N G DE S A R C U S LIPOIDES C O R N E A E IM T I E R E X P E R I M E N T U N D

BEIM MENSCHEN.

Von

P ro f . V ~ R s ~ u n d Dr . ROHRSCHNEIDER. Aus dem Pathologischen Institut der Universit~t Marburg.

Bel den U n t e r s u c h u n g e ~ , w d c h e V~Rss a n zah l re i chen m i t Choles te r in bzw. Choles te r in-O1-Gemisch ge f i i t t e r t en K a n i n c h e n a~ustellte, zeigte sich, dag bel e n t s p r e c h e n d e r F i i t t e r u n g s d a u e r s tets , me i s t Ms eines der e r s t en S y m p t o m e , eine s• T r t i b u n g ara H o r n h a u t r a n d e au f t r a t , die, d u r c h F e t t a b l a g e r u n g en t s t~nden , d e m sog. Arcus senilis des Menschen sehr ghne l te . Es h a n d e l t s ieh dabe i u m eine au f der Bas is einer h 6 h e r g r a d i g e n C h o l e s t e r i n i m i e e n t s t e h e n d e L ipo id in f i l t r a t i on in den ober f lgch l ichen H o r n h a u t s c h i c h t e n , die, n a c h i h r e m op t i schen u n d ~~trberischen V e r h a l t e n zu ur te i len , gr6Btente i ls nus N e u t r a l f e t t z u s a m m e n g e s e t z t ist . I n den m e is ten Fgl len b l ieb der Areus auI die Per ipher ie der H o r n h a u t b e s c h r i n k t ; m v e r e m z e l t e n aber schob er smh von ve r sch i edenen R i c h t u n g e n be r h a l b m o n d f 6 r m i g wei te r a x i a l w i r t s vor, wobei s ich die T r i i b u n g e n ge legent l ich i iber- s c h n i t t e n u n d a m sMeralen R a n d e wieder aufhe l l ten . Genaue re B e o b a c h t u n g e n dieser E r s c h e i n u n g zeigten, daB en tz t ind l i che V e r i n d e r u n g e n m i t Gœ dabe i i m Spiele waren , u n d veranla l3 ten uns, eine exper imen te l l e N a c h a h m u n g dieses Vorganges zu versuchen*) . Zu d iesem Zwecke g t z t e n wir e inersei ts bel Cho les t e r in -01-ge f i i t t e r t en K a n i n c h e n .nach A n f t r e t e n des Arcus die H o r n h a u t in ve r sch iedenœ E n t - I e r n u n g e n v o n i h r e m R a n d e , andere r se i t s s e t z t en wir kleine V e r l e t z u n g e n a n d schlieBlich œ wir n o c h d u r c h E in - i m p i u n g v o n S t a p h y l o k o k k e n in die H o r n h a u t stArkere en t - z i indl iche Re izungen . I n al len d iesen F~l len b l ieb der er- w a r t œ E i f e k t n i c h t aus, m i t e iner A u s n a h m e : bei mechan i - sehen u n d chemischen S c h g d i g u n g e n ira zer~tralen Gebie t der Cornea. Es zeigte sich also, daB der E n t z i i n d u n g s r e i z in der T a t i m s t a n d e ist, eine V e r m e h r u n g der F e t t a b l a g e r u n g in der H o r n h a u t p e r i p h e r i e he rbe i zu f i i h r en u n d bis z u m Pup i l l a r - gebie t vo rzu t r e iben , ja, dal3 m a n d u r c h A n l e g u n g m e h r e r e r Atzs te l l en die T r i i b u n g e n I6 rml ich g u i r l a n d e n a r t i g vo rz i ehen k a n n . V o m Zemrc4geb™ ans wi rken n u r s tg rks te en tz t ind l i che

*) Diese neueren Ur i te rschungen wurden von R O H R S C H N E I D E R m i t Hi l fe der ihm seitens der ROCKEFELLER-Stiftung Iiir Deutschland fiberwiesenen MitteI durchge- fiihrt. Eine ausftihrliche Mitteilung_ der Ergebnisse wizd ir~ einer FachzeitsehrKt erfolgem

Page 2: über die Entstehung des Arcus Lipoides Corneae im Tierexperiment und Beim Menschen

i9. AUGUST x924 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

Reizungen (durch infekti6se Sch~digungen); dieses selbst wird jedoch niemals in den t3ereich der Verfettung einbezogen.

Diese experimentellen Uiitersuchungeli zeigen also aux der einen Seite, dal3 die Entstehung und die Weiterbildung des Arcus lipoides beim Kaninchen abh~ngt einmal von einer allgemeinen Erh6hung des Cholesterin-Fettgehaltes im 13lute, das andere Mal von den lokalen besonderen Verh~ltnissen. Diese letzteren sind offenbar auch bestimmend fur das mehr oder weniger frtihzeitige Hervortreten an dem einen oder anderen Auge desselben Tieres, wobei gelegentlich groBe zeitliche Differenzen (bis zu 43 Tagen) beobachtet werden.

Auf der anderen Seite aber erscheinen uns die aufexperi- mentellem Wege gewonnelien Erkenntnisse sehr bedeutungs- voll ffir die Auffassung des Zustandekommelis der entsprechen- deli Ver~nderung am menschlichen Auge. Schon 1916 bat VERS• im Allschlul3 an seine ersten Mitteilungen darauf au~merksatn gemacht, dal3 wahrscheinlich auch beim ~{en- schen das Auftreten des Arcus sich an eine chronische Chol- esterin~mie anschl6sse und fur diese als klinisches Symptom gelten k6nne. So Iand sich in der Tat beispielsweise bel einem 48 j~hr. Diabetiker (L. Nf. 548/18) eine far dieses Alter hoch- gradige Fett infi l tration ara Rande der CQrnea, welche auch mikroskopisch sehr stark bei Sudanf~rbung hervortrat, neben ebenfalls h6hergradigen Verfettungen des Corpus ciliare und der Skiera besonders am Sehnerveneintritt. Uber- haupt liel3en sich bel der Untersuchung menschlicher Augen von Diabetikern neben den cornealen Vefitnderungeli nament- lich in der SMera, dann aber auch in der Uvea starke Fett- einlagerungen nachweisen, die den experimentell erzeugbaren Feetinfiltrationen in ihrer Lokalisatioll (wenn auch niche in ihrem Ausmal3) glichen. Aul3er diesen bisher niche ver6ffelit- lichten Beobachtungen best~tigt auch die neuerdings in dieser Wochenschrift erschienene Mitteilung Joƒ fiber den Arcus corneae bei Jugendlichen die frtiher von VERS• ge~ul3erte Ansicht, dal3 auch beim menschlichen Arcus lipoides die Cholesterinanreicherung im Blutserum eine wesentliche Rolle spielt.

Die Bedeutung der lokalen Momente, welche im Experi- ment so stark hervortritt , l~13t sich auch aus einigen Beobach- tungen beim Menschen herauslesen. So ~and sich an Pr~- paraten des Auges eines von VERS• ullte�9 5j~hr. diabetischen M~dchens (L. Nr. 129/17) im Anschlul3 an eine t™ eine deutlich nachweisbare Fettablagerung in den Hornhautk6rperchen. Hierffir sprechen auch zwei F~lle von Jo~L, bei denen im AnschluB an ein Trauma der Arcus an dem gesch~digten Auge eine ungleich st~rkere Aus- pr~gung zeigte.

Mit einigen Worten mtissen wir noch auf eine, der letzten Mitteilung VERSs in Virchows Arch. t. pathol. Anat. u. Physiol. 25o vorallgehende Arbeit SCH6�9 eingehen. Dieser behauptet, bel seinen Experimenten am Kaninehen eine Differenz ira Auftreten des Arcus in bezug auf die Ge- schlechter beobachtet zu haben; er sei konstant bei seinen 3 Weibchen, inkonstant bei seinen 4 M~nnchen hervor- getreten. Demgegeniiber sei hier kurz festgestellt, i. dal3 die Zahl der Versuche SC~6NHEINERS viel zu gering est, um fiberhaupt Schliisse nach dieser Richtung hin zuzulassen, 2. daB wir bei 20 t™ (IO M~nnchen und IO Weibcheli), die uneer ungef~hr gleichen Bedingungen geniigend lange gef tittert worden waren, niemals das Auftreten des Arcus vermiBt haben, der durchschnittlich am 22. Tage erschien, mitunter aber auch erst riel sp~ter (beispielsweise am 77. Tage bei einem M~nnchen und ara 133. Tage bei einem Weibchen), 3. daB die Ausbi!dung des Arcus insofern sehr schwankte, als er bel gewissen F~llen w~hrend der ganzen Versuchsdauer als ganz schmaler, leicht der Beobachtung entgehender Streifen bestehen blieb (8 F~tlle), w~hrend er bel anderen sich aus den eingangs erw/~hnten Ursachen spontan ver- breiterte (9 F~lle). Es est aus den Ausfiihrungen Sc~6~- HXlMXRS nicht ersichtlich, ob er diesen Unterschied bertick- sichtigt hat. Die vorher von uns erw~hneen Grenzzahlen frit das sp~tte Auftreten des Arcus gewinnen noch eine be- sondere ]~edeutung dadurch, dal3 sie einer Versuchsserie ent- s tammen, bei der 5 Tiere des gleichen Wurfes unter gleichen

R [ F T . 3. J A H R G A N G . Nr. 34 z529

]Bedingungen gehalten und gefiittert wurden. ]3et 3 Tieren (I m., 2 w.) t ra t der Arcus ara 17. Tage auf, bei einem "lier (in.), wie schon erwghnt, ara 77., und beim fiinfteli (w.) ara I33.Tage. ~_hnliches beobaehteten wir auch in anderen Fgllen bel Geschwistertieren. Es spielen also zweifellos individuell- konstitutionelle Momente eine bedeutsame Rolle, worauf schon Iriiher VERS• besonders im Hinblick auf dit Schwan- kungen, die bei der gleichzeitig bestehenden Lip~imie zu be- obachten sind, hingewiesen bat, abgesehen davon, daB nach unseren neuesten Untersuchungen diese in den spgteren Stadien der Ffitterung synchron mit dem Cholesteringehalt absinkt, offenbar infolge besserer Gew6hnung an dit abnorme Nahrung. Dag tibrigens das Cholesterin IIur in Verbindung mit Neutralfett verfiittert solche frfihzei™ Vergnderungen ara Auge wie ira ]31u4c und den iibrigen Orgallen hervorruIen kann, geht aus einer weiteren Beobacheung an den Versuehs- tieren VERSs hervor, bel denœ das eine (Kan. XXII I ) be- reits am 16. Ffitterungstage einen Arcus aufwies, der stiirktr war als bel einem bis zum gleichen Datum 519 Tage lang mit reinem Cholesterin gefiitterten Kaninchen (XVI). Dieses hatte bis zu diesem Tage 309,6 g Cholesterin erhalten, wghrend dem ersterw~hnten Tier bis dahin 25 g Cholesterin und 111,5 cern O1 zugeIfihre worden waren. (}ber dit ]3estgndig- keit des experimentellen Arcus gibt der von VEI~Ss bereits miegeteilte Versuch Auskunft, bel dem der in 88 Fiieterungs- tagen entstandene strichf6rmige Areus I 1/oE Monate IIach Ein- stellen der Fti t terung kaum vergndert war*) und nach 41o Ta- gen zwar stark abgenommœ h• aber sich doch noch makroskopisch erkennen lieB. Da ein 6rtlieher Verbrauch des Fettes niche alizunehmen est, muB der Abbau dureh ein Absptilell erfolgt sein. Dit relative Intakthei t des Cornea- gewebes an den frtiher verfettet gewesenen Stellen zeigt weiter, dal3 der ganzen Vergnderung weniger eiI1 degeneraeiver als ein infiltrativer Charakter zukomm™

L i t e r a t u r: JoitL, iKlin. Wochenschr. 1924, I-I. 7. -- SCI~6N- t~EIMER, Virchows Arch. f. pathol. Anat. u. Physi01. 249. -- VERsk, Mfinch. me(t. Wochenschr. I916, Nr. 30; Beitr. z. pathol. Anat. u. z. allg. Pathol. 63 u. Virchows Arch. f. pathol. Anat. u. Physiol. 250.

UNTERSUCHUNGEN ƒ DEN WlNTERSCHLAF.

Ein'Beitrag zum Wert der Organextrakte,

Von

Pr iva tdozen t Dr. BERNHARD ZONDEK, Assistent der Universit/its-Frauenklinik der Charit6 Berlin

(Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. K. FRANZ).

Den eigenartigen ulid r~tselhaften Vorgang des Wi¡ schlafes der Tiere hat ADLt~R 1) auf elidokrine Vorggnge zurtick- geftihrt. Dit histologische Ulltersuchung t o n Schilddrfisen winterschlafender Flederm~tuse und Igel hatte Ver~nderungen im Sinne einer Rtickbildung ergeben, w~thrend zur Zeit des Erwachens (ira Frfihjahr) regenerative Prozesse ali der Drtise festgestellt wurden. Daraus schlol3 A�87 daB die Schild- drtisenfunktion beim Winterschlaf eine Rollt spiele. Um seine Ansehauung zu sttitzen, versuchte ADLER, schtafende Titre durch Zufiihrung t on Schilddrfisenstoffen aufzu- wecken. Solche Versuehe sind nur am Igel m6glich, weil der Igel -- im Gegensatz z .B. zur Fledermaus -- sich durch mechanische iReize (Werfen, Schlagen, Stechen) n i ih t aufwecken l~13t. AI)LER injizierte wineerschlafenden Igeln subcutan Sehilddrfisenextrakt (Thyreoglalidol), und es gelang in der Tat, die Tiere nach einigen Stunden zu erwecken. Der Reiz der Injektion k” wie Kontroll-

*) SCH™ ~ehauptet zwar, 12 Tage nach Unterbrechung einer zwei- monatigen Fiitterung eine deutliche Abnahme des Arcus beobachtet zu haben. Auch in anderen Punkten stimmen wir mit den weitgehenden aus Einzelbefunden ge- zogenen Schlfissen SCHONHEIMERS nicht fiberein. So sind Kaninchen, welche l~ingere Zeit mit Cholesterin-01 ge[fittert worden sind, sehr wohi irnstande, Iebens- krfiftige Junge zu werfen, wie wir allein bel einem Tiere zweimal beobachten konnten. In Mnem frfiheren Versuch ton VERSE war w~ihrend der Schwangerschaft ira Gegen- satz zu den Angaben S C H O N H E I M E R S eine Reduktion der Lip~imie eingetreten, die fin fibrigei1 bei gleichbleiben:ter Ffitterung durchaas niche st~ia:lig anzusteigea braucht.