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12 Uber die Entstehung des Glanzeindruckes. Von H. Zoeher~ experimentell mit F. Reinieke in Berlin-Dahlem. Aus dem Kaiser Wilhclm-Institut ftir physikalische Chemie und Elektrochemie, Berlin-Dahlem. Mit zwei Abbildnngen. (Eingegangen am 29. Mai 1925.) Es werden die physikalisehen Grundlagen des Glanzes erli~utert, die 5[omente er- mittelt, die ihn zur Wahrnehmang bringen, und die ~[Sglichkeiten zur Glanz- tiiuschung daraus abgeleitet und durch Experimente und Beobachtungen bestiitigt. Unter den verschiedenen Eindriicken, die wir durch das Auge yon den Dingen unserer Umwelt empfangen, spielt der yon ihrem Glanze eine besondere Rolle. Schon seit langer Zeit hatte er trotz seiner au~ den ersten Bllck vielleicht banalen Natur das lnteresse der Psychologen und Physiker erweckt. Uber die physikalischen Grundlagen des Glanzes beriehtete Oersted 1) im Jahre 1843, and aucher begann sehon seinen Vortrag mit der Feststelhng, dal~ er nichts Neues, sondern nur eine Zusammenstelhng alter Wahrheiten bringe. Sparer hat man sich aueh damit besch~ftigt, welehe ~omente uns die Vorstellung yore Glanz ver- mitteln, and z~Tar hat vor allem Dove s) ausgehend yon Experimenten mit dem Stereoskop elne Theorie dieses Eindruekes aufgestellt. Eine ganze Anzahl yon Autoren kniipfte dann an seine Ausfithrungen an, ein- zelne gingen aueh yon anderen Gesiehtspunkten aus. Es soll nun nlcht eine Darste]]ung der gesamten Literatur gegeben werden, sondern nur die Arbeiten yon Wilhelm Wundt s) und Hermann vi-Helmholtz ~) seien hervorgehoben, in denen dem Verst~ndnis die richtigen Wege gezeigt werden. Wenn hier nochmals das gleiehe Thema aufgegri~en wird, so gesehieht das nicht nut, well diese Arbeiten zlemlieh unbeaehtet blieben nnd anch neuerdings nieht berticksichtigt warden 5)6)7). Einmal ist meines Wissens noch keine alle wiehtigen Momente umfassende Darstelhng ge- geben worden. Andererseits wurde in neuerer Zeit wieder der Versuch gemacht, andere Wage zu gehenS). u allem aber ist das Problem yon 1) j. C. Oersted, Pogg. Ann. 60, 49, 1843. 2) H. W. Dove, ebenda 88, 169, 1851; 114, 163, 1861. ~) W. Wundt, ebenda 116, 627, 1862. t) H. v. Helmholtz, Handb. d. physiolog. 0ptik, 3. Aufl., 8, 417, 1910. ~)) J. B. Esslen~ Naturwiss. 10, 791, 1922. ~) E. M. v. Hornbostel, ebenda. 7) L. Graeper, ebenda 10, 1056, 1922. s) W. D. Bancroft, Journ. phys. chem. 28, 343, 1919.

Über die Entstehung des Glanzeindruckes

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Uber die Ents tehung des Glanze indruckes . Von H. Zoeher~ experimentell mit F. Reinieke in Berlin-Dahlem.

Aus dem Kaiser Wilhclm-Institut ftir physikalische Chemie und Elektrochemie, Berlin-Dahlem.

Mit zwei Abbildnngen. (Eingegangen am 29. Mai 1925.)

Es werden die physikalisehen Grundlagen des Glanzes erli~utert, die 5[omente er- mittelt, die ihn zur Wahrnehmang bringen, und die ~[Sglichkeiten zur Glanz- tiiuschung daraus abgeleitet und durch Experimente und Beobachtungen bestiitigt.

Unter den verschiedenen Eindriicken, die wir durch das Auge yon den Dingen unserer Umwelt empfangen, spielt der yon ihrem Glanze eine besondere Rolle. Schon seit langer Zeit hatte er trotz seiner au~ den

ersten Bllck vielleicht banalen Natur das lnteresse der Psychologen und

Physiker erweckt. Uber die physikalischen Grundlagen des Glanzes beriehtete O e r s t e d 1) im Jahre 1843, and a u c h e r begann sehon seinen

Vortrag mit der Fests telhng, dal~ er nichts Neues, sondern nur eine Zusammenstelhng alter Wahrheiten bringe. Sparer hat man sich aueh damit besch~ftigt, welehe ~omente uns die Vorstellung yore Glanz ver- mitteln, and z~Tar hat vor allem D o v e s) ausgehend yon Experimenten

mit dem Stereoskop elne Theorie dieses Eindruekes aufgestellt. Eine

ganze Anzahl yon Autoren kniipfte dann an seine Ausfithrungen an, ein- zelne gingen aueh yon anderen Gesiehtspunkten aus. Es soll nun nlcht

eine Darste]]ung der gesamten Literatur gegeben werden, sondern nur die Arbeiten yon W i l h e l m W u n d t s) und H e r m a n n v i - H e l m h o l t z ~) seien hervorgehoben, in denen dem Verst~ndnis die richtigen Wege gezeigt werden. Wenn hier nochmals das gleiehe Thema aufgegri~en wird, so gesehieht das nicht nut, well diese Arbeiten zlemlieh unbeaehtet blieben nnd anch neuerdings nieht berticksichtigt warden 5)6)7). Einmal ist meines Wissens noch keine alle wiehtigen Momente umfassende Dars te lhng ge- geben worden. Andererseits wurde in neuerer Zeit wieder der Versuch gemacht, andere Wage zu gehenS). u allem aber ist das Problem yon

1) j. C. Oersted, Pogg. Ann. 60, 49, 1843. 2) H. W. Dove, ebenda 88, 169, 1851; 114, 163, 1861. ~) W. Wundt , ebenda 116, 627, 1862. t) H. v. Helmholtz , Handb. d. physiolog. 0ptik, 3. Aufl., 8, 417, 1910. �9 ~)) J. B. Esslen~ Naturwiss. 10, 791, 1922. ~) E. M. v. Hornbos te l , ebenda. 7) L. Graeper , ebenda 10, 1056, 1922. s) W. D. Bancrof t , Journ. phys. chem. 28, 343, 1919.

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Glanzeindruck dutch die neuerliche Beobachgung einer Olanzt~uschung yon E s s l e n 1) in den Vordergrund des Interesses getreten, die besonders dutch die ErklSrung yon G r a e p e r 2) der Anlal] zu tier vorliegenden kleinen Studie war. Die [~berlegungen ft~hrten zu einer Anzahl einfacher, aueh zur obiektiven Demonstration geeigneter Versuehe mit iiberrasehend guter Olanz~ausehung nnd zur Sammlung einer Reihe sehr h~ufig anzu- stellender Beobaehtungen, sodal] die Theorie veto Glanz um einiges ver- vollsti~ndigt und dutch experimentelle Grundlagen wesentlieh gesttitzt, wohl noeh einmal neues Interesse beanspruehen dart.

Es sell ohne weitere Bespreehung der frtiheren Arbeiten versueht werden, im folgenden eble m~gliehst allgemeine deduktive DarstelIung des kleinen Gebietes zu geben, und zwar sell znn~ehst das Wiehtigste t~ber die physikalisehen Grundlagen und dann die Entstehmag des Glanz- eindruekes erSrter~ werden, um darans die NSgliehkeiten yon Olanz- t~iusehungen zur Prtifnng der Vorstellungen abzuleiten.

P h y s i k a l i s e h b e d e u t e t da s W o r k G l a n z e i n e u n v o l l - k o m m e n e r e g u l ~ r e t l e f l e x i o n . (Das Pr~dika~ ,,unvollkommene" wird aus einem erst sparer zu er~rterndem, losyehologisehen Grunde hin- zugenommen.) Was den XSrpern die F~higkeit zu reg'ul~rer Reflexion verleiht, ist eine Oberfl~ehenbesehaffenheit. Im Grenzfall der idealen Spiegelung haben wit, abgesehen yon der Totalreflexion, eine Ober~laehe vet nns mlt einem sehr grol3en Ur~tersehied im optisehen Verhalten (Breehung und Absorption) gegeniiber dem umgebenden 3ledium nnd mit (gegeniiber der Lieh~wellenl~nge) sehr gro/~em Krtimmungsradius. Letzfere Bedingung l~l]t sieh aueh so formulieren, dal3 man sag~ die Durehmesser und die Absfande der Elemen~e dieser Flaehe m~ssen sehr klein gegen- ~iber der Liehtwellenl~nge sein. ]~Ian sieJat sofort, dal] die Unvollkommen- heir tier Ref]exion zweierlei Art s en kanm Einmal kann es sein, dal] der optlsehe Un~ersehied ifieht sehr grol? ist. Dann wird die Reflexion quantitativ unvollkommen, die reflektierende Fl~ehe aber noeh ,,blank" sehl, indem nut wenig Lieht, dieses abet streng naeh den Gesetzen der geometrisehen Optik reflek~iert wird. Zweitens kann es sein, dag die Kriimmungen der Oberfl~ehe, bzw. ihrer E]emente nieht mehr sehr klein gegen~iber tier Liehtwellenl~nge sin& Dann wird man keine streng naeh den Reflexionsg'esetzen geregelte Zurttekwerfnng des Liehtes mehr haben. Ein paralleles Strahtenbi~ndel kann aber sehr wohl noeh nngefahr 51 die

1) j. B. Esslen, Naturwiss. 10, 791, 1922. ~) L. Graeper, ebenda S. 1056, 1922.

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Re[lexionsrichtung geworfen werden, dabei abet eine Streuung um die Hauptrichtung erfahren 1). Ich mSchte fiir diese beiden Artea des Glanzes

die Bezeiehnungen ,, splegelnder Glanz" und ,,matter Glanz" vorsehlagen.

Diesen Unterschied hat man bisher nur Wenig beachtet, und unter den

versehiedenen Glanzarten, die z. B. bei der Unterscheldung der Mineralien eine Rolle spielen, finder man Yertreter dieser beiden Arten bunt durch-

einander. Als Arten yon ,,spiegelndem Glanz" kann man vielleieht unter- scheiden Diamantglanz, Glasglanz und Wasserglanz, unter den Arten yon

,,mattem Glanz" seien hervorgehoben t)erlmutterglanz und Fettglanz. Dal] z.B. Perlmutterglanz dureh starke, abet nicht ganz regulare Reflexion

charakterisiert ist, geht aus der ~hnliehkeit vieler ungescMiffener D i a - ,

manten mlt Perlen hervor2). DiG vollstandige Charakterisierung des Glanzes dnrch ) I e s s u n g e n -

es wurden bereits mehrere Mel]methoden angegeben - - , mull also dureh

wenigstens zwei Indlzes erfolgen. Da efixe Flache zweidimensional ist, also zwei Hauptkriimmnngs-

radien besitzt, karm die Unvol]kommenhelt der Reflexlon naeh ver-

schiedenen Richtungen versehieden sein. Man hat es fix diesen Fallen mit

Seidenglanz oder dem Glanz geriefter Fiiichen zu tun. Das gleiche Yerhalten wig dig beschriebenen mattglanzenden Flaehen

und damitauch den glelchen Glanz zeigen bei makroskopischer Betrachtung

Flachen, die Systeme ldefixer, ev. mikroskopischer Teile mit splegelndem

Glanz sind. Ein seh(ines Beispiel daftir ist der sehr matte Glanz unserer Haut, der, wie man im Stereomikroskop lelcht erkennt, durch den fast

spiegelnden Glanz ihrer stark gekriimmten Efixzelteile zustande kommt.

Momente dieser Ar t spielen auch bei dem oft komplizierten Gl,'mz der

Textilwaren eine Rolle. Sfixd die kleinen Elementarfl~ehen eben and stark gegenefixander geneigt, so sprieht man yon ,,Glitzern", sind sie

einander ungefahr parallel, so sprieht man wohl yon ,,Sehimmern". Aueh kSnnen Fli~ehen, die nicht direkt an der Oberflache efixes Ktirpers liegen, an dem Zustandekommen seines G]anzes beteiligt sein (z. B. Perlmutter).

1) Dieses u erinnert an die yon M ie bereehnete Beugung des Liehtes an (ira Verh~ltnis zur Wellenl~inge nicht mehr sehr kleinen)Metallteilchen, bei 'der die t{auptmenge des Lichtes mit geringer Streuung um die urspriingliehe Fort- pflanzungsriehtung abgebengt wird. Letzteres wurde yon Sze gvar i (ZS. f. Phys. 21, 348, 1924) beobaehtet und als ~ieeffekt bezeiehnet, im vorliegenden Falle h~tte man kS mit einem Spiegdlungs-~ieeffekt zu tun.

~) ~,Perlmutter~thnliehes Aussehen" zeigen iibrigens nach einer Bemerktmg yon Dr. F. Siiffert aueh Fli~chen, die neben weiller diffuser Reflexion sehwaehen farbigen Glanz haben.

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Uber die Entstehung des Glanzeindruekes. 15

Sehlieltlich mSgen auch Systeme versehieden glgnzender Elementarfliiehen verschledene Arten des Glanzes gleichzeitig zeigen.

Warm gewinnen wir nun den Eindruck, eine Flgehe glgnze ? Ste{s wenn wir bemerken, daf sic unvollkommen regnlgr refiektiert. Die voll- kommene regu]gre Reflexion zeigt uns der Spiegel. Seine Eigentiimlich- keit besteh{ darin, d a f e r yon allen Gegenst~nden vor ihm virtuelle Bilder im gleiehen Abstand hin{er ihm erzeugt. Bei einer unvollkommen reflektierenden Fl~ehe werden diese Spiegelbilder sehwach, bzw. unscharf seln, evil. sieh~ man nnr die hells{en Teile der Umgebung gespiegelt nnd aueh diese nnr als verwasehene Fleeken. Auf alle Fglle aber ist das Spiegelbild einer Lichtquelle zugeordnet nnd nich{ untrennbar mi~ der Flgehe. verbnnden. Es lleg~ gew~hnlieh hinger der Flgche, wghrend wit die Flgehe selbs~ - - vielleiche dank einer gleiehzeitig vorhandenen diffusen Reflexion oder an einer Fgrbung oder an den Umrissen - - M s vorne liegend erkennen. G l a n z e i n d r u e k is{ a l so der E i n d r u c k yon F l ~ e h e n m i t d u t c h sic e r z e u g { e n S p i e g e l b i l d e r n . Er versehwindet mit dem AufhSren der Vorstellnng von Spiegelbildern ebenso, Me wenn der Eindruek yon der Flaehe zuriicktri~, welch letz{eres wit am Spiegel beobaeh[en. Dieser sehon yon W u n d { ~) be{on{e Ums~and war der Grund, den Glanz physikaliseh Ms ,,unvollkommene" regulate Reflexion zu definieren. Bei der Subiek~ivitgt aller Urteilsprozesse (Eindriieke) wird man freilieh keine seharfe Grenze ziehen k~nnen. Es kommt also naeh obigem in erst.er Linie auf den Eindruek yon einer rgumliehen An-

ordnung, oder wenigs~ens anf die Wahrnehmung yon Ums{~nden, v ie bei einer rgumliehen Anordnung an. Es kann aueh sein, daft diese Wahr- nehmnng nich~ erst die Vors~ellung yon der Anordnung im Raume, sondern wegen der Fes{stellung, daft das innerhalb der Flgche Gesehene nich{ not- wendig zu ihr gehbr~, direk{ den Glanzehldruek erweek~.. Ein Spiegel- bild muf stets innerhalb der glgnzenden Figehe (innerhalb ihres Raum- winkeis), nieh~ aber immer in dem gleiehen Teile derselben gesehen werden. Das ist es wohl, was v. I - Io rnbos t e l ~) mit K i e s e r mi~ tier Bezeiehnnng ,,zwei weder volls~ndig getrenn~e, noeh vollstgndlg versehmolzene Ge- gebenheiten" andeu{e~, aedenfalls aber werden alle Momen~e, die zur Ents~ehung einer Ranmvorstellung fiihren k~nnen, geeignet sein, Glanz- eindriieke zu vermi~teln. Deshalb seien sie zungehs~ er~r~ert.

Bereits der Anbliek, wie er sieh dem rnhenden Ange darbie{et; und wie er im Bilde festgehalten werden kann, ist geeigne~, den Eindrnek

~) W. Wund~, Pogg. Ann. 11~, 627~ 1862. ~) E. M. v. Hornbostel , Naturwiss. 10, 791, 1922.

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der Rgumlichkeit zu erweeken, zumal wenn es sieh um uns wohl bekannte Geg'enst~nde handelt. In einem Bride kann natiirlieh allein die Verteilung yon Hell und Dunkel und yon Farben wirksam seth. Vor allem werden es die otfenbar ant der gleiehen ~lgche liegenden Helligkeitskontraste seth, die besonders bei entsprechender Form die Vorstellung des Glanzes erweeken, gleiehwie Sehattenwirkungen den Ranmeindruek hervorbringen. Geniigend hohe Intensit~t des reflektierten Lichtes vermag ebenfalls den Glanzeindruck hervorznrufen. Auch der Umri$ eines Spiegelbrides wird, sofern es noeh dem Gegenstande ~hnelt, im gleichen Sinne wirken. Als Mnsterbeispiel hiertiir diene das auf Abbildungen glgnzender Gegenstgnde fast stets angebraehte Spiegelbrid eines Fensters, das wegen seiner cha- rakteristlschen Form als Liehtqnellenspiegelbild leieht erkannt wird. Anch die eharakterisierten hellen Sektoren ant konzentrisch geriet~en Flgchen sind zur bildlichen Wiedergabe des Glanzes sehr geeignet. ~ieht nur bei Abbildungen kann dies Prinzip der groSen Helligkeitskontraste zu Glanztgnschungen AnlaS geben. Auch starke einseitige Be]euehtung rgmnlicher Gebilde evtl. mit versteckten Lichtquellen, vermag den Ein- druck starken Glanzes zu erwecken, wo keiner oder schw~cherer vor- handen ist. Daranf beruht es aueh zum Tell, dab Metalle, Edelsteine und Stotte, wie Seide, im fast allseitigen Tageslichte hie so lenehtend glgnzen, wie bet der Belenchtung mit nnseren mehr punk ttSrmigen kiinst- lichen Liehtquellen, etwa in den Auslagen der Warenh~user oder in test- lich erleuchteten Rgumen. Aneh die raumliche Vorstellung wird ia unter solchen Umstgnden sehr belebt und iede Plastik wird besonders wirksam. Aber anch die Farben tragen auSerordentlich zur Hebnng der Raum-und damit der Glanzvorstellung bet, wovon man sieh beim Yergleich ether Farbenphotographie mit der entspreehenden Schwarzwei~autnahme sehr leicht iiberzeugen kann. Die wei~en Retlexe auf tarbigen Gegenstgnden lasscn den Glanz vorziiglich erkenneJ1. Farbengleiehheit kann auch dort noch den Eindruek des zu einem Gegenstande zugehSrigen Spiegelbildes hervorruten, wo der UmriB intolge yon Undeutliehkeit nicht mehr aus- reicht. Aneh der bunte Film gibt Rgnmliehkeit nnd Glanz viel besser wieder als der eintarbige. Es soll nieht versneht werden, alle mSglicher- weise wirksamen N[omente autzudecken, hervorgehoben set nnr noeh, dab die tarbig reflektierenden Metalle, wie Knpter nnd Gold in tarbigen Dia- positiven unmittelbar metallisch - - im Beispiele also nich~ rStlich and gelblieh, sondern kuptrig und golden - - anssehen. Es beruht dies wohl z.T. anch ant der St~rke der Helligkeitsunterschiede. Diese Verstgrkung des Glanzeindrueks dureh Farbuntersehiede war wohl auch der An]aS

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~ber die Entstehung des Glanzeindruekes. 17

dazu, dal3 D o v e seine Theorie haupts~chlich auf verschiedene Wirkung ver-

schiedener Farben aufbau~e, and H e l m h o l t z das Wesen des Metallglanzes in der Farbigkeit des reflektier~en Lichtes erbliekte, wghrend kaum mehr

ein Zweifel dar~ber existieren kann, dab die.Intensitgt des Glaazes das Charakteristisehe des metallischen Aussehens ~st 1). Dal] demnach farbige

Lichtquellen besonders geeignet sein werden, Glanzeindrticke hervorzu- rufen oder zu verstgrken, braueht wohl kaum betont zu werden.

Ein Moment, das bei monokularer Betrachtung yon einem Stand- punkt aus noch Ranm- and Glanzeindriicke ~ allerdings meist nur in sehwaehem Mal]e - - zu iibermitte]n vermag, ist die Empfindung der

Akkommoda~ionsanstrdngnng. Die MOgliehkeit, dureh ehl ebenes Bild eiaen Raumeindrnek zu er-

halten, ist ziemlieh besehr~nkt, und man mul] gewShnlieh sehon besondere

Vorsiehtsmal]regeln aawenden. Abgesehen davon, daft man zur Erziehng

der r]eh~igen Perspektive aus bestimmter Entfernung ebene Bilder be- ~raeh~en mul], ist es gewShnlieh noeh nStig, das Ange durch eine Loeh-

blende an den unwillkiirliehen k]einen Bewegungen und ebenso an den

grSl]eren willkiirliehen zu verhindern, bei denen leieht der falsehe Raum- eindruek zerstgr~ wird. Das viel starker Ms die blol~e Anordnung yon Hell, Dunkel und Farbe wirkende Moment znr Erkennung des Gesehenen

ist n~mlieh die V e r ~ n d e r l i c h k e i t des .~_nblieks r~umlieher Gebilde. Und zwar mug man urlterseheiden: Die Versehiedenheit des Bildes yon

versehiedenen Often ans, die bei vers@iedener Anordnung der KSrper und die bei Beleuehtung yon versehiedenen Seiten her. Die Untersehiede bei Beobaehtung yon versehiedenen Standpunkten aus, vermSgen wir gleieh-

zeitig wahrzunehmen, wenn wir mit beiden Augen sehen. Diese stereosko- pisehe WahrnehmungsmSg]iehkei~ ist diejenlge, die ganz zu Unreeht h~ufig

allein in Betraeh~ gezogen wird.

Eine ~hnliehe, weniger wieh~ige 3Iggliehkeit zur Erweekung yon Raum- bzw. Glanzeindriieken bei blnokularer Betraehtung ist die Empfin- dung der Augenkonvergenz.

Die versehiedenen Bilder bei )[nderung des Beobaehtungsor~es, der Anordnung der Gegenst~nde und der Beleuehtung, wirken gewShnlieh nut zur Erzeugung des Raumeindruekes, wenn sie sieh kontinuierlieh anein- ander reihen. Wie vorher bereits erw~hnt, geniigen zuweilen sehon die

1) Glanz ist aber notwendig fiir metallisches Aussehen, hohe InCel~sit~it diffus reflektierten Lichtes reicht nieht aus. Aueh BariumsulfatpuP,-er vermag fast die gesamte aufgestrahlte Lichtmenge zu reflektieren, ohne metal!.isek z~ oa'sche{nera VSllig mattes Silber erscheint weft], Kupfer rosa, Gold gelb~ra~m.

Zeitschrift fiir Physik. Bd. XXXIII. 2

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18 tI. Zocher and F. Reinicke,

kleinen unwillktirlichen Bewegungen des Auges, die richtige Raumvor- stellung zu gewinnen. Oft sind dazu grSl]ere Bewegungen erforderlich anch grSl3ere als dem Augenabstand entsprechen, so dal~ stereoskopische Eindrticke nicht mehr m~glich sind. Bewegen des Kopfes, Gehen oder Fahren kann also zur Orientierung fiber die rgumliche Anordnung des Gesehenen nStig sein. Ja, die rasche Fortbewegung nnserer modernen Fahrzeuge setzt uns o~t sogar instand, yon grol]en und weitentferntea Dingen (z. B. Bergen) plastisehe Eindriicke zu erhalten, die wir gewShnlich nur flachenhaft sehen. Die Veranderung des Bildes bei Bewegnngen des Beobachters is~ immer derart, dal] sich die entfernteren Gegenstande in bezng auf die nghere Umgebung im Sinne der VeranderUng des Beobachtungs- ortes verschieben, so wie wit es yon Sonne und ~ond bzw. ihren Spiegel- bildern im Wasser zn sehen gewohnt sin& ,,Glaazlichter" werden sieh im allgemeinen in bezug aaf die glanzende Fl~che ebenso verhalten, nur bei konkaven Fl~tchen kann das Umgekehrte eintreten. Wieviel starker hgufig die Vergndernngen der Bilder bei Bewegungen wirken als die stereoskopischen Unterschiede, geht daraus hervor, da$ erstere' uns sehr gate Raumeindriicke erweeken kSanen, auch wenn beiden Augen genau das gleiche Bild geboten wird. Dies hat man bei kinomatographischen Vorfiihrungen hanfig Gelegenheit zu beobaehten, besonders wenn die Auf- nahme vom bewegten Apparat (yon Fahrzeugen aus) gemacht wurde oder die Gegenstande bei der Aufnahme bewegt, vor allem gedreht wurden Die starke Yergnderlichkeit des Bildes durch Bewegungen des XSrpers bei einseitiger (kiinstlicher) Beleuchtuag oder durch Bewegungen der annahernd punktf8rmigen kttnstlichen Lichtquellen (etwa im Scheine flackernder Kerzen oder Fackeln), werden wir nun ohne weiteres als besonders wirksames Moment zur Erweckung and Verstgrkung yon Raum- vorstellungen und Glanzeindriickea erkennen.

Wie kSnnte man es nun erreichen, dal] auch diese Hi~smittel zur Gewinnung yon Glanzeindriieken zu Glanztauschungen dienen'? Stereosko- pischen Glanzeindruck karm man natiirlieh - - wie yon vornherein dann selbstverstandlich war, da das Stereoskop uns alles vermittelt, was wir sonst sehen - - schon mit dem S~ereosl~op erhalten. Wie D o v e zeigte, geniig~ eine ganz einfache Zeichnnng, bei der man eine Flache in dem einen Stereoskopbild in Helligkeit oder Farbe anders als im anderen Bilde halt. Ja, man brancht nnr in das Stereoskop zwei verschiedene Papiere einzulegen, am starken Glanzeindruek hervorzabringen. Es ist selbstverstandlich, dal] man iede stereoskopisehe Methode anwenden kann, z. B. auch die, bei der man zwei aaf dem gleiehen Papier in verschiedenen

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~ber die Entstehung des Glanzeindruckes. 19

Farben ausgefiihrte Zeichnungen durch zwei verschieden farbige Gl~iser betrachtet. Abet es glbt noch andere M~glichkeiten, als die stereosko- pischen. Wenn es nur darauf ankommt, das Bild einer Liehtquelle hinter einer Fl~che vorzut~usehen, so kann man das "bei durchscheinenden Fl~ehen am elnfachsten erreiehen, indem man das Bild durch eine wirkliche Licht- quelle ersetzt. ~Ian steLle also vor and hinter einer marten dureh- scheinenden Wand (Mattglas, Seidenpapier, Tiillstoff) im gleichen Abstand zwei gleiche Lampea auf, nnd ieder unbefangene Besehauer w~rd glauben, es mit einer stark gl~nzenden Fl~che zu tun zu haben. Nattirlich darf die Anordnung nicht so getroffen sein, dab man dnreh seitlich hervor- kommendes Licht oder ahnliche ]~[omente den wahren Sachverhalt zu leicht err~tt. Bei n~cht zu grol]em Abstand werden stereoskopische Momente oder kleine Bewegungen des Beobachters ausreichen, die T~uschung herverzurufen, bei g r~ e rem Abstand rut man am besten, die beiden Lampen gleichm~ig zu bewegen, z. B. um eine gemeinsame, mit der Verbindungslinle paratle]e Aehse zu drehen. Als besonderes ~Ioment zur Verst~rkung des Glanzeindruckes bei einer solehen Anordnung mit Mattglasscheibe sei noch erw~hnt~ dal] man etwa mlt einem feuchten Tuche die Scheibe teilweise abreiben kann, so da~] sie dart anscheinend starker gl~nzt, in Wahrheit besser durchscheinend wird. Dieser Versuch ist mlr mit einer grol]en Anzahl yon Personen, aueh sehr guten Beobachtern, stets ohne weiteres gelungen. Noch eine weitere Beobachtung einer sehr groben Glanzt~tuschung, bei der das scheinbare Spiegelbild ein wirklicher K~rt~er war, sei mitgeteilt. Dureh die rait WassertrSpfchen schwaeh beschlagenen Fensterseheiben eines D-Zuges sah ich auf einer Fahrt in gebirgiger Gegend auf einer Anh~he ein weil]es ttaus, und darunter schien sich eine groSe Wasserflache zu befinden. Bei n~herem Zusehen zeigte es sieh iedoch, dal3 das vermeintliche Spiegelbild des IIauses ein we~13er Kraftwagen war, der unge~hr mit der gleichen Geschwindigkeit wie der Zug in der gleiehen Richtung parallel zu ihm auf einer ziemlieh tief- lieg'enden Stra~e fuhr.

]~[an kSnnte nun noch daran denken, die Liehtquelle durch irgend- welche reellen Bilder zu ersetzen, wird dabei abet kaum andere als die besehriebenen Wirkungen erzielen. Aueh an virtuelle Bilder wlrd man denken. Einen Versuch dieser Art hat schon W u n d t besehrieben. Er verwendete das an einer G]asseheibe gespiegelte Bild, um an einer da- hinterliegenden nieht glgnzenden Fl~che Glanzeindruek hervorzubringen. Dabei wlrd der wahre Glanz des Glases einer in Wirklichkeit marten Flgche zugeordnet.

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20 It. Zocher und F. Reinicke,

Will man andere Mtiglichkeiten, unsere Art optisGher Tauschuagen hervorzubringen linden, so mull man tiefer gehen. Das Problem ist, das Bild elner Lichtquelle oder, was dasselbe ist, eine Lichtquelle vorzu- ti~uschen. Eine Lichtquel]e ist null ein Oft des Raumes, yon dem alas Licht radial nach allen Seiten ausgeht. I11 der Licht[iille, die yon einer ausgedehnten Fl~Ghe herkommt, sind stets Strahlen enthalten, die sigh in einem beliebigen Punkte vor oder hinter dieser Fli~che schneiden. Der Eindruck, da~ sich an einem solchen Orte eine Lichtquelle be~indet, wird nur durch die grol]e ]genge anderer Strahlen zerstSrt. StSrendes LiGht beseitigt man am einfachsten durGh ]~lenden oder Lichtschirme. In diesem Fa]le miil]ten die Blenden so angeordnet sein, dal~ sic allem LiGht, welches hie]at von diesem Punkte kommt, den Durchtrltt verwehren. Handelt es sigh um absorbierende Ebenen (sehwarzes Papier), so miissen diese so an- g~eordnet sein, dal] sic s~mtlieh durch diesen betreffenden Punkt gehen. Fiir eine allseltig begrenzte Lichtquelle miii~te man mindestens zwei Scharen yon Ebenen nehmen, z.B. zwei Ebenenbtische], deren Achsen sigh in dem betre~fenden Punkte senkrecht schneiden. Fiir rSntgendiagnostische ZweGke sind derartige Blenden aus Bleiblech yon B u c k y 1) konstruiert worden, nm die yon dem durch die RSntgenstrahlen getroffenen KSrper ausgehende Streustrah]ung zu vcrmeiden. Fiir unsere Zwecke k(innte Gin solches Gitter aus schwarzem Papier geniigen, auch wenn die Ebenen ein- ander parallel stehen. Die llchtspendende Fl~che kann in beliebigem Abstand hinter dem Gitter Hegen. Wir haben ein solches Gitter aus 60, ie 5 cm breiten and 16 cm langen Papierstreifen hergestellt, die yon elner Se~te her in Abst~nden yon ie 5 mm zur Halfte eingeschnitten und mit diesen Schlitzen yon entgegengesetzten Selten ineinander gesteckt wordea waren. Das urspriinglieh para]lelwandige Gitter last sieh ]eicht zu einem konvexen oder konkavcn verbiegen. Schon aus einer Entfernung yon einigen Metern (bet nicht zn intensiver Beleuchtung) erweckt dieses Model] vor he]lem Hintergrund den Eindruck einer stark glanzenden Fli~ehe, der ~iir grSl]ere Entfernungen haupts~Ghlich beim Bewegen hervortritt. We- sentlich leichter sind derartige Gitter herzustellen, bel denen die Blenden- lamellen direkt auf einer diffns reflektlerenden Flache aufsitzen. Dabei kSnnen die ,,Blenden" aul]erordentlich schmal sein. So geniigt es, etwa ein mattgeschwgrztes Drahtnetz crier einen geniigend weitmaschig gewebten Stoff dicht au~ eine helle Unterlage zu bringen. Yor allem auf gekrtimmten Oberf]i~chen rufen derartige Gitter ohne wesentlichen Eigenglanz mehr

1) Vgl. H. Kiistner, Naturwiss. 11, 97, 1923.

Page 10: Über die Entstehung des Glanzeindruckes

Uber die Entstehung des Glanzeindruckes. 21

oder minder ]ebha~ten Glanzeindruck hervor. :Hun hut h~nfig Oeiegen- heir, derurtigen fulschen Olanz zu beobuch{en, und vor allem die Textil- wurenbranche vers{eh{ sich gut daruuf, bewuBt oder unbewu~t sich diese Erseheinung zunu~ze zn machen.

Sofern die Systeme zwei (meis~ zueinunder senkrechte) Schuren yon Blenden besitzen, entsprechen sie genau obigem Papiermodell. Noch h~ufiger sind uber Flachen unzutreffen, bei denen der Seidenglanz, bzw. der Ghnz geriefter Flgehen vorgeti~useht wird. Solche gerieften Fl~ehen geben yon Liehtquellen gewtihnlieh in lunge Streifen ausgezogene Bilder. Sehr leicht kann man sich ein dem obigen Gitter entsprechendes her- stellen~ indem man ein Biindel gleich breiter Papierstrei[en in gebogenem Zustand an belden Enden zusummenklemmt und dann aufbiegt, wobei ziemlich gleichm~l]ige Zwisehenraume zwisehen den einzelnen Blattern entstehen. Dieses Gitter verhalt sich im Prinzip genau wie das oben beschriebene. Unter den Geweben finder man viele Beispiele yon der- artigem Ball und ghn]ichem Yerhalten, wobel die Blenden - - in diesem Falle die F~den - - auf einer hellen Unterlage direkt uufsitzen. Aueh der ,,bnnte Schiller ~' der Changeantstof[e kommt auf diesem Wege zu- stande, wenn aueh bei ibm der wahre Glanz der F~den eine Rolle spielt. Sehr leieh~ kunn man sieh aueh Modelle dieser Art baden, bel denen die Blendenlamellen direkt anf der liehtgebenden Fl~che au[sitzen. Legt man n~mlich abweehselnd verh~ltnism~l~ig dleke helle Papiers~reifen (weii3en Karton) und etwa 1 bis 2 mm breitere dunlde Papierstreifen so aufein- under i daiS sie mit der einen Kante ulle in einer Ebene liegen (dureh Aufklopfen auf eine ebene Unterlage leicht zu erreichen), so erseheint dieses Puket yon der anderen Seite aueh bei Betrachtung uus n~chster Nahe als sehr stark glgnzend. Strenge Regelmal]igkeit in der Breite der Streifen ist znr Erzielung eines guten Effektes wesenttich. Ein Modell aus weil]en und schwarzen Streifen wnrde yon verschiedenen Beobaehtern und unter versehiedenen Be'dingungen fiir Stuhl, Graphit oder laekiertes Holz ungesproehen. Besonders schSne Wirkungen erzielt man mit far- bigem Untergrund, bei dem ein Eindruck wie yon Changean@gewebe oder yon den buntschillernden Sehmetterlingen erzeugt wird. ~[erkwttrdiger- weise scheinen Griin, Blau und Violett slch nieht als Untergrund, sondern nur uls Wgnde zu eignen, wghrend Rot, Orange und Ge]b sehr gut fiir den Boden passen. Sicherer ist de1, Eindrnek natiirtieh aus einiger Ent- fernung zu gewinnen, yon wo die wahre Struktur nieht, allzu deutlieh mehr zu sehen ist. Dabei rut man gut, wie sieh aus dem Voransgeschiekten ergibt, wegen der fehlenden stereoskopischen Effekte die Modelle zu be-

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wegen. Nimmt man helle W~nde (breite Streifen) und dunklen Boden (schmale Streifen), so wirkt das Lamellenbiindel kaum gl~nzend. Nach dem gleiehen Prinzip last sleh aueh leieht der eharakteristische Glanz konzentrisch geriefter Fl~chen (gedrehter Metallflaehen an Gewichtstiieken, Sehrauben, Perpendike]seheiben tier Pendeluhren) naehahmefi, indem man die Papierstreifen spirallg aufwiekelt, bzw. ein diekes Paket unter gleich- m~l]iger Versehiebung ihrer Enden gegeneinander aufrollt. Diese gleieh- maSige Verschiebung erreieht man dureh wiederholtes Zusammenbiegen und Festhalten der so erhaltenen gegenseitigen Lage.

Es ist aber nicht nnbedingt n~tig, die Struktur auf den Fl~ehen so ~eia zu machen, daS sle unauffifllig wird, man kann sie auch ganz grob bauen and durch rasche Bewegung unerkennbar machen. Am leichtesten last sich so der G]anz konzentrisch geriefter Flachen nachahmen. Zu diesem Zwecke braucht man nur dunkle, dem Radius an H(ihe propor- tionale Papierlamellen radi~r senkrecht ant eine Kreisscheibe aufzukleben und zwischen sie helle Sektoren als Boden einzufiigen 1). Bei nieht zu langsamer Rotation erhMt man den Glanzeindruck stets in iiberraschender St~rke, eben dadurch, dai] man den hellen Boden nur in den Sektoren in der Einiallsebene des Liehtes sieht. So gelang es beispielsweise, einmal unter besonders giinstigen Beleuchtungsverh~]tnissen einem Meehaniker- meister, der t~glich mit Metallen arbeitete, mit einem solchen Mode]l den Eindruck yon einer Metallscheibe zu erweeken. Auch hier sind ~arbige Modelle besonders wirksam. Z . B . erhalt man bei griinen Wanden aug totem Boden den Eindruek einer griinen, rotschillernden Fl~che, wenn die Beleuchtung gleichmaSig yon allen Seiten oder yon einem Punkte der Achse her erfolgt.

Auch auSerordentlich grob gebaute Systeme soleher Art kiinnen unter Umst~nden als glanzend gesehen werden, und gerade die yon E s s l e n gemachte Beobaehtung, die der AnlaS zu vorliegender Studie war, wurde an einem sehr groben System gemaeht. Es handelte sieh um ein Ge- treidefeld mit den griinen, in exakten Drillreihen stehenden jungen Saat- pflanzen auf rotem Boden. Der giinstige Umstand, der hler den Eindruek einer griinen, rotglanzenden Flaehe zustande kommen lieS, war wohl die Tatsaehe, dal~ die Beobaehtung vom fahrenden Zuge aus gemaeht wurde. Dabei wurde dutch die rasche Bewegung und die groSe Entfernnng die wahre Struktur verschleiert. Angesiehts der zuvor erSrterten Wichtlg-

1) Diese Struktur ist durchaas analog der auf der Unterseite des Hutes yon einem Bl~tterpilze. Dort ist sie oft regelm~llig genug, um ohne Bewegung starke Glanzt~uschung zu bewirken.

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keit der Bewegungen fttr das Zustandekommen raumlieher Eindriicke und der geringen stereoskopischen Unterschiede bei den grol]en Entfernungen (mindestens 20 m), wird man sieh wohl kaum der Ansieht versehlie~en kSnnen , daft das stereoskopisehe Sehen hier eine geringe Rolte spielte, und ein Einaugiger diese Beobaehtung ebenso gut h~itte maehen k~in~enl).

Es ist aueh mSglieh, bei diesen und den vorherbesehriebenen Mo- dellen Boden und Lamellen yon tier gleiehen Farbe zu maehen, nnd die Helligkeitsunterschiede dureh Beleuchtung hervorzurufen. Auch :die dareh seitliche Beleuchtung hervorgebrachten Helligkeitsunterschiede der.W~nde untereinander kihmen starke Glanzeindriieke hervorbringen. Diese Licht- und Schattenwlrkungen erweeken gewShn]ich den Eindruck yon Seiden- glanz. Sie k0nnen bei den ]~odellen mit versehiedenen Farben auf Boden und Lamellen such Glanz in der Farbe der Lamellen hervorrufen. Ein Rotationmodell mit sehwarzen Lamellen auf schwarzem Boden, welches wir bauten, zeigte bei starker einseitiger Beleuchtung genau das Aussehen wie der Boden eines Zylinderhutes.

Es liegt nun nahe, ~odelle zu bauen, bei denen nieht gerade ebene Gebilde, wie Papierstreifen, auf den glanzend erseheinenden Flaehen an- gebraeht sind, sondern lineare. Wean es auch nicht leieht ist, derartige Modelle zu bauen, so hat man doeh h aufig genug Getegenheit, sie in ihrer Wirksamkeit zu beobschten. Gerade unter den Textilwaren linden wir wieder h~ufig sehr schiine Beispiele. Es gibt Gewebearten (z. B. sog. Changeantsamt), bei denen dunkle Fasern senkreeht auf einem hellen Untergrund stehen; und weffn such die Fasern an sich vsllig matt sind, so erscheint doeh tier Stoff - - wenigstens aus grSi]erer Entfernung - -

stark gliinzend. Zuweilen sieht man aueh Pelzimitationen, bei denen starker Pseudoglanz durch die nur am Grunde dunklen, an den Spitzen aber hellen Fasern erzeugt wird. A u c h an Tieren (z. B. Raupen)m[t heller Haut und dunklen tIaaren oder umgekehrt kann man gelegentlich entspreehende BeobaChtungen maehe n.

Betrachten wir nun elnmsl ein analoges System aus extrem groben raumlichen Gebilden (Fig. 1). Dabei fallt aul, daft nieht nu~ die wle beim Lamellengitter SeitenWande, sondern auch die Vorderfiachen we- sentlieh zum Abblenden beitragen (in Richtung B). ~Ian kSnnte auf den Gedanken kommen, einmal die Seitenw~nde v0111g wegzulassen und nur u und ttinterflaehen stehen zu lassen (Fig. 2). ~an sieht, daI]

t ) Graeper (Naturwiss. 10, 1056, 1922) schri~b dem stereoskopischen Sehen bei dieser Beobachtung den ausscl/laggebenden Einflufl zu.

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~etzt eine der bisher besprochenen Wirkung ahnliehe resultiert, indem das System wiederum den Durehbllck in lotreehter Riehtung (Richtung A) gestattet und daneben nicht mehr (Richtung B). Zum Untersehied gegen vorher ist ein derartiges Gitter bei grSl3erer Abweichung wieder dureh- siehtig (Richtung C), bei noeh gr~l~erer wieder undurehsichtig usw. Die M~glichkeiten, solche Systeme zu beobaehten, sind ~ul]erst mannig[altig und h~ufig, so dal~ gestattet sei, auch einige nieht gerade glanzvortausehende zu erwahnen. Schon sehr grobe Systeme, wie zwei hintereinander stehende Z~une, verhalten sich so. Beim Vorbeigehen oder Fahren sieht man dunkle Schatten durch sie hindurchhuschen, die sieh meist in der gleichen Richtung bewegen, wie der Beobachter. Nur wenn das v0rdere Gitter such in der Proiektion in die Bildebene eine k]einere Periode hat, als das entferntere,

Fig. i.

BD

\

Fig. 2.

kehrt sich dies um 1). Derartige Anordnungen kSnnen als gute Modelle fiir zwei interferierende We]lenzfige dienen. Auch eine Anzahl Gegen- st~nde des t~gliehen Gebrauches, wie Kt~rbe ~us grobem Geflecht, Be- h~lter aus Drahtnetz usw., zeigen dies Verhalten sehr schSn. In besonders tiberraschender Form erhielt ich derartige ,,InterferenzstreiIen" beim An- fertigen eines Kollodiumabzuges yon einem R o w l a n d - G i t t e r , als die Kollodiumhaut sich gerade gelSst und etwas verzogen hatte. Schliel~lich sei n0eh erw~hnt, da~ der unangenehme Eindruck, den stark streifige Muster aut alas Auge maehen, zum Tell ~edenfalls auf eine derartige I_nter-

ferenz des wlrklichen Musters mit den Naehbildern im Auge bei den un- wi]lkiirlichen Bewegungen zuriiekzu~iihren ist. Dadureh entstehen Sehwan- kungen in der Gesamthell~gkeit der Fl~ehe, die d ie Empfindung des

Flimmerns ausl~aen.

1) Etwas k0mplizierter ist das yon Burmester (Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss., ~iinchen 1914, S. 141) b~handelte Staketph~nomen, bei dem sich die t~ber- kreuzungsflecken yon den Latten eines Zaunes mit den Speichen~ eines dahinter rollenden Rades zeitlich zu Kurven aneinanderreihen.

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Solche Doppelgitter erwecken h~ufig auch Glanzeindriicke bei v(flliger Mattheit des Materials. Als Beispiele kiinnen zwei aufeinander liegende Drahtnetze oder doppelt gelegter Voilestoff dienen. Die hellen und dunklen Fleeken bilden dabei gewiihnlich sog. Moireefiguren. An Stelle zweier Gitter kann man auch ein Gitter und sein Spiegelbfid oder ein Gitter und seinen Sehatten verwenden. Vor allem bei Beleuehtung mit einer punktfiirmigen Liehtquelle erweckt ein Drahtnetz anf weil3em Papier den Eindruek des Glanzes, ebensogut wle die an den K16idungsstiieken haufig zu beobaehtende Kombination eines dunklen Voilestoffes vor hellem Untergrund. Zur Demonstration fiir eln grSl3eres Publikum elgnen sieh vor allem besonders weitmasehlge Gewebe (z. B. Erbstifll), yon denen man ein gr(ii]eres Stiiek vor dem Proiektlonssehirm mlt der Bogenlampe be- leuehtet. Der Pseudoglanz kann so stark sein, wie der elner Glasscheibe.

Bei dieser Art yon scheinbar glanzenden Systemen kann man han[ig aueh Stellen beobachten, an denen die hellen bzw. dunklen Fleeken nm- gekehrt wandern, Wle man sieh selbst bewegt. Sie entspreehen also vor der Flaehe gelegenen Spiegelbildern, ruben den Glanzeindruck aber ebenso gut hervor, wle (tie anderen. Als zusammenfassendes Kriteritun dieser and vieler der zuvor besproehenen FaHe yon Glauzt~ialsehungen kann man die Tatsaehe ansehen, da~ (bel Vergnderungen des Beobaehtungsortes oder bei Bewegungen der Flgche oder bei Bewegungen der Lichtquelle) helle, evtl. farbige Fleeke auf elner Flgche sieh bewegen. Diese Flecke werden als Spiegelbilder gedeutet, weft sie nieht an einen Ort in der Flgche ge- bunden sind. Die ~hnliehkeit mlt den dahinter liegenden Splegelbfldern besteht manchmal nut in der Bewegliehkeit. Das beste Beispiel dafiir ist wohl der , glgnzende Schatten". La~t man das Lieht einer ann~hernd punktf(irmigen Liehtquelle (Bogenlampe) derart auf eines der durchsieh- tigen Modelle vor hellem Sehirm auffallen, dad viel Licht hindurchtritt, und bewegt das ~odel], wobei in seinem Sehatten starke Helligkeitsver- gnderungen auftreten, so hat man deutlieh den Eindruek des Gl~nzens. Die ~hnliehkeit der hellen Fleeken mit Spiegelbildern hinter der Flaehe besteht bier nu r noeh in" der Beweglichkeit bei Bewegungen des Gegen- standes. ~hnllch beobaehtete W u n d 1) das Entstehen des Glanzeindr~ekes bei dem erwghnten Versuch mlt dem Spiegelbild an der Glasscheibe, aueh wenn das Spiege!bild und die gl~nzend ersche~ende Flgehe in einer Ebene ]agen; das Spiegelbild sich abet bewegte. Ebenso wie hler wird dutch den , glanzenden Schatten" sehlagend bewiesen, da~ das Stereosehen dnreh-

1) W. Wundt, Pogg. Anm 116, 627, 1862.

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aus nieht immer den Glanzeindruek vermittelt, da ja beiden Augen der gleiehe Anblick geboten wird. Einen sehr ghnliehen Fall y o n Glanz- tiusehung kann man an Getreide[eldern beobachten, wenn der Wind die Xhren nmlegt und tells ihre anders gefirbte Unterseite, tells die tIalme unseren Blicken freimaeht. Natiirlieh spielt der echte Glanz der Grannen, der tIalme und der Blittter anch eine Rolle.

Noeh besser als diese Schattenbilder werden natfirlich die bewegten Bilder bei kinematographisehen Vorfiihrungen imstande sein, Glanzein- drfieke zu verfiaitteln, ebenso wie es Ifir die Raumeindrficke er(irtert wurde.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. Physik~lisch bedeutet der Glanz quuntitativ oder qualitativ nn- vollkommene regulire Reflexion.

2. Glanzelndruck hat man stets, wenn man den Eindruck yon einer Fliche und einem dutch sie entstandenen Spiegetbild hat. Dieser Ein- druck ist gleichbedeutend mit dem Urteil, dab das als Spiegelbild Be- trachtete nicht an einen O r t d e r Flitche gebunden ist, sondern sieh in irgend einer Beziehung wie dahinterliegend verhiilt. Man erhilt diese Erkenntnis

I. durch die entspreehende u yon Hell, Dunkel und Farbe, II. dutch die Verschieden]aeit der Lage des als Spiegelbild Betrachteten a) yon verschiedenen Standorten aus (Parallaxe)

~) gleichzeitig dureh stereoskopische Wirkungen, fl) nacheinander bei Verinderungen des Beobaehtungsortes,

b) bel Bewegungen der K~rper, c) bei Bewegungen der Lichtquellen, d) fin Falle yon Tiuschungen bel beliebigen Bewegungen, die als

Verinderungen der Art b) nnd e) gedentet werden kSnnen, - - die letzteren drei Falle erm(iglichen die Beobachtung und die De-

monstration elner Reihe yon Glanzt~uschungen aueh auf gr(il~ere Ent-

fernungen hin - - , III. dutch die Empfindung yon der Akkommodationsanstrengung

oder yon der Augenkonvergenz. 3. Eine Reihe yon Beobachtungen und aus 1. und 2. abgeleiteten

Versuchen fiber Glanztiusehungen bestitigt obige Auffassung. Die leieht auch obiektiv zu demonstrierenden Versuehe bestehen in Glanztiuschungen

a) an dnrchscheinenden Fliehen mit wirkliehen Liehtquellen dahinter, b) an durchsichtigen wabenf(irmigen Gitterblenden aus Papierlamellen

oder an Bfin4r ai~fg~blit~erter i)apierstrei~en,

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{}ber die Entstehung des Glanzeindruckes. 27

c) gn irgendwelchen gen~tgend weitmaschigen dunklen Dr~htnetzen oder Geweben auf hellem Untergrund,

d) an Geweben mit parallelen dunklen F~den au~ heller Unterlage oder an Paketen abwechsel=d breiter dunkler und heller schmaler Papier- strelfen (bei 1%rbenunterschieden bunter Schiller),

e) an rotierenden Scheiben mit radialen nach auBen hSher werdenden Papierlamellen auf hellem oder andersfa.rbigem Untergrund bei symme- trischer Beleuchtung,

f) an einfarbigen ]~odellen der Art d) und e) bei seitllcher Beleuchtung, g) an Geweben oder anderen Systemen mit dunk]en anfrechten Faserrt

auf hdlem Untergrund, h) an zwei hintereinander stehenden Gittern (Drahtnetzen, Oeweben)

bzw. an elnem Gitter und seinem Schatten, i) an dem Schat~en der durchsich{igea ~[odelle (Wabengltter, Papier-

streifenb~indel, Doppelgitter).