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~o. AUGUST x938 KL-INISCHE WOCHE2gSCHRIFT. 17. J, AHRGANG. Nr. 34 1183 (6, Abb. 2) beobachten, die vollst~ndig den bet Gesunden nach Ffillung mit Oraltetragnost erzielten (1, Abb. I) glich. Es ist damit eindeutig erwiesen, dab die gfinstige Resorption moderner, zu orMer CholecystogralShie benfitzter Prgparate auf der Verwendung yon B-Tetragnost beruht und dab weitere Beimengungen keinen Js ant Tempo und Aus- inaB tier Resorption besitzen. Wieweit diese flit die Vertr~g- lichkeit des Pr~tparates und fiir das Zustandekommen guter Bilder yon Bedeutung sind, steht hier nicht zur Debatte. t~eim Versuch, die letzte der oben gestellten Fragen zu beantworten und ein Bild fiber den der Resorption der ge- brgnchlichen Tetragnostmischungen zugrunde liegenden Vor- gang zu entwerfen, ist es n6tig, sich an 2 Beobaehtungen zu erinnern, welche im vorhergehenden eingehende Besprechung fanden. Es ist dies einmal die Tatsache, dab B-Tetragnost die ausgiebigste Resorption und die besten t3ilder zeigt, und ferner, dab zu seiner Resorption Galle unbedingt n6tig ist. Wit gehen wohl nicht fehl, wenn wir damit die Vorstellung verbinden, dab in der Galle irgendwelche Substanzen vor- handen sind, welche die Resorption des an sich unl6slichen 13-Tetragnost erm6glichen. Man hat dabei zun~chst an das Alkali tier GalIe gedacht und sich vorgestellt, dab mit seiner Hilfe eine Rfickverwand- lung yon 13- in A-Tetragnost stattfindet; eine Ansicht, gegen welehe sehon weiter oben Stellung genommen wurde. DaB die dort gebrachten Einwgnde zu Recht bestehen, zeigen in klarer und eindeutiger *Weise die Jodknrven, welche an ge- sunden Personen mit A-. und B-Tetragnost erhalten wnrden. Sollte tatsgchlich die letzte Phase der Resorption yon 13-Tetra- guest mit der yon A-Tetragnost idenfisch sein, mit anderen Woreen: Sollte B-Tetragnost letzten Endes als A-Tetragnost resorbiert werden, so mfiBte A-Tetragnost mittels Sonde ins Duodenum eingebracht, besser Ms B-Tetragnost, mindestens abet gleich gut resorbiert werden. Da dies, wie ein 13lick auf die Kurven zeigt, nicht zntrifft, im Gegenteil A-Tetragnost beim Normalen wesentlich schlechter und unvoltkommener resorbiert wird Ms B-Tetragnost, mfissen x~dr annehmen, dab beide Substanzen verschiedene Wege gehen. Wghrend der yon A-Tetragnost mit dem yon anderen 16slichen Salzen be- schrittenen identisch sein dfirffe, mfissen dem B-Tetragnost andere M6glichkeiten zur Verffigung stehen. DaB es sich dabei nicht nur darum handeln kann, den Farbstoff wasser- 16stich zu machen, sondern dab damit eine besondere, die Resorbierbarkeit desselben hochgradig fSrdernde "Wirkung verbunden sein muff, geht wiederum aus dem Vergleich der zuletzt gezeigten Kurven hervor (4, 5, 6, Abb. 2), ans wetcben ersichtlich wird, wie sehr sich Tempo nnd Ausmag der Resorp- tion bet Verwendung yon B-Tetragnost steigem lassen. Dabei m6ge znn~chst dahingestellt bleiben, welcher Mechanismus dieser ]~rscheinung zugrunde Iiegt nnd ob die Galle allein oder im Verein mit anderen im Darm vorhandenen S~tften die be- sprochene VV'irkung ausfibt. :Es wgre verlockend anzunehmen, dab bier wie bet der Resorption verschiedener Nahrnngs- bestandteile (Fetts/iuren, Cholesterin usw.) das bekannte Choleins~urenprinzip (WlELAND) eine Rolle spielte, und wir werden demngchst in einer Arbeit Beobaehtungen bringen, welche in diesem Sinne zu sprechen scheinen. Obwohl die endgtiltige Kl~irung dieser Frage, vet allem eine exakte Definierung dieser Vorg/~nge in chemischem Sinne noch aussteht undes deshalb nicht m6glich ist, abschliel3end hierzu Stellung zu nehmen, sind wir an Hand der neu gewon- nenen Erkenntnisse doch in der Lage, uns ein zur Er~assung der praktisch wichtigen Gesichtspunkte ausreichendes Bild fiber den Vorgang zu machen, der bei der Resorption oral verabreichter Gallenblasenkontrastmittel ablgufL Die Non- trastmittel scheinen im allgemeinen so resorbiert zu werden, wie sie den Dfinndarm erreichen. Weml auch ein Obergang yon ]3-Tetragnost in A-Tetragnost aIs Voraussetzung der per- oralen Wirksamkeit vow Tetragnost abgelehnt werden muB, so sell nicht fiber.4ehen werden, dab es sich bet der Umsetzung yon Tetrajodphenolphthaleinnatrium zu Tetrajodphenol- phthalein und umgekehrt nm eine unter dem EinfluB des S~iure-t3asenangebotes stehende Reaktion handelt und dab demnach einem jeden pu-\Vert eine bestimmte Lage des Gleichgewichtes zwisclsen A- und t3-Tetragnost entspricht. Es kann also angenommen werden, dab bet jeder Yerab- reichungsart beide IVlodifikationen des Farbstoffes, allerdings in wechselndem Verhgltnis zueinander, vorliegen. So wird verstgndlicb, dab auch beim kompletten VerschluBikterus, we reines t3-Tetragnost nicht resorbiert werden kann, gewisse wenn auch niedrige Jodwerte zu finden sind. So dfirfte auch normalerweise bet. oraler Cholecysto- graphic die Resorption yon A-Te• eine wenn auch untergeordnete Rolle spielen. ]~s erscheint daher n6tig, der Pufferung der Farbstoffmischungen die n6tige Aufmerksam- keit zu schenken. Der GroBteiI des gontrastmittels gelangt jedoch, wie oben dargelegt, nach Einwirken der Galle ats B-Tetragnost zur Resorption, weshalb Verwendung yon B-Tetragnost und r Guiles/furl als unbedinfft ngtige Voraussetzungen ffir das Gelingen ether oralen Cholecysto- graphie zu bezeichnen sin& Ich glaube mit meinen Versuchen mit dazu beige~agen zu haben, verschiedene MiBerfolge, mit denen die orate Cholecystographie anfangs zu k~mpien hatte, verst~tndlich zn machen und einige Gesichtspnnkte gezeigt zu hubert, yon denen aus methodische Fragen beurteilt und vielleicht auch neue Verbesserungen gesucht werden k6nnen. Zusammen/assung: I. Es wurde an Hand mehrerer Blut- jodkurven die Resorption des Tetrajodphenolphthaleins mit der seines Natriumsalzes verglichen und ant das unterschied- Iiche Verhalten beider Substanzen in ihrer Abh~mgigkeit veto GallenfluB hingewiesen. e. Die ~3berlegenheit s~uregef~llter t(ontrastmittel wurde durch eigene Versuche dargestellt. 3. Es wurde versucht, an Hand der nengewonnenen Er- kenntnisse eine Erkl~rnng fiir das Versagen frfiherer Verfahren zu geben. Literatur: E. A. GRAI~AM and W. Iff. COLE, ]. amer. reed. Assoc. 82, Nr 8, 613 (I924). -- t3. FA~lTus, J. amer. reed. Assoc. 89, Nr 3, 183 (1927). -. 14OFMANN, Mfinch. reed. Wschr. 1929, 629. -- t3. R. KIRKLIN, Fortschr. R6ntgenstr. 38, H. 5, 852 (1928). -- L. L~VYN and A. H. AARO?r Amer. J. R6ntgenol. x8, Nr 6, 557 (1927). -- W. Lv~rz u. H. SE~C~'RIXD,Kiln. Wschr. I938, 933. -- T. O. MENEXSand 14. C. ROBI.nSON,Amer. J. R6ntgenol. 19a5, 368. -- C. S. OAKMANN, Amer. J. RSntgenol. I4, Nr 2, Io5 (1925). -- C. SANnS~ROM,Acta radiol. (Stockh.) Io, fuse. 3, lgr 55 (I929). -- W. H. STEWARTand E. J. R'ZAN, Amer. J. lZ6ntgenol. I6, 234 {I926). - L. R. WItlrAKER, G. MILLIKENand E. O. VOG:~, Surg. etc. 40, 847 (1925). OBER DIE ERSTEN VERANDERUNGEN DES WEISSEN BLUTBILDES BEI BLEIGEFAHRDETEN. Von A. HERMANN MOLLER, Oberarzt. Aus der Inneren und Nervenklinik des St'~dtischen Krankenhatlses ~{ainz (Direktor: Prof.Dr. G. DEUSCH). Zum Schntz des deutschen Arbeiters wird zunehmend die Forderung nach dem BetrAebsarzt laut und wo m6glich auch in die Tat umgesetzt. Wo die GrSBe des ]Betriebes oder die Zahl der beschMtigten nnd gef~hrdeten Arbeiter die An- stellung hauptamtticher ~Verk~rzte nicht gestattet, ffihren verantwortungsbewuBte Betriebsffihrer gef~hrdete Arbeiter regelmABigen grztlichen Untersuchungen zu. Soll der Zweek soleher Untersuchungen das m6gtichst frfihe Erkennen yon Initialsylnptomen bestimmter Schgden sein, so muB gr6Bter Wert darauf gelegt werden, dell lgetriebsarzt auf neue diagnosfische VVege, Merkmale oder Fingerzeige hin zu- weisen, die es erst gestatten, unter den gleichermaBen sub- jektiv und objektiv Gesunden die in geringstem Mate doch schon Gesch~digten' m6glichst frifilzeitig herauszufindem Frfih- oder Vorsyallptome in diesem Sinne kSnnen einstweilen weder die Praktiker noch die Klinik in hinreichender Menge aufweisen. Denn bisher kamen vorwiegend Kranke zum Arzt oder ins Krankenhaus. Es wird letzten Elides Sache der Betriebsfirzte selbst seJn, dutch geeignete diagnostische Methoden jene ersten warnenden Symptome bei Gesunden zu

Über die Ersten Veränderungen des Weissen Blutbildes bei Bleigefährdeten

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~o. AUGUST x938 K L - I N I S C H E W O C H E 2 g S C H R I F T . 17 . J, A H R G A N G . Nr. 34 1183

(6, Abb. 2) beobachten, die vollst~ndig den bet Gesunden nach Ffillung mit Oraltetragnost erzielten (1, Abb. I) glich. Es ist damit eindeutig erwiesen, dab die gfinstige Resorption moderner, zu orMer CholecystogralShie benfitzter Prgparate auf der Verwendung yon B-Tetragnost beruht und dab weitere Beimengungen keinen Js ant Tempo und Aus- inaB tier Resorption besitzen. Wieweit diese flit die Vertr~g- lichkeit des Pr~tparates und fiir das Zustandekommen guter Bilder yon Bedeutung sind, steht hier nicht zur Debatte.

t~eim Versuch, die letzte der oben gestellten Fragen zu beantworten und ein Bild fiber den der Resorption der ge- brgnchlichen Tetragnostmischungen zugrunde liegenden Vor- gang zu entwerfen, ist es n6tig, sich an 2 Beobaehtungen zu erinnern, welche im vorhergehenden eingehende Besprechung fanden. Es ist dies einmal die Tatsache, dab B-Tetragnost die ausgiebigste Resorption und die besten t3ilder zeigt, und ferner, dab zu seiner Resorption Galle unbedingt n6tig ist. Wit gehen wohl nicht fehl, wenn wir damit die Vorstellung verbinden, dab in der Galle irgendwelche Substanzen vor- handen sind, welche die Resorption des an sich unl6slichen 13-Tetragnost erm6glichen.

Man ha t dabei zun~chst an das Alkali tier GalIe gedacht und sich vorgestellt, dab mit seiner Hilfe eine Rfickverwand- lung yon 13- in A-Tetragnost s tat tf indet; eine Ansicht, gegen welehe sehon weiter oben Stellung genommen wurde. DaB die dort gebrachten Einwgnde zu Recht bestehen, zeigen in klarer und eindeutiger *Weise die Jodknrven, welche an ge- sunden Personen mit A-. und B-Tetragnost erhalten wnrden. Sollte tatsgchlich die letzte Phase der Resorption yon 13-Tetra- guest mit der yon A-Tetragnost idenfisch sein, mit anderen Woreen: Sollte B-Tetragnost letzten Endes als A-Tetragnost resorbiert werden, so mfiBte A-Tetragnost mittels Sonde ins Duodenum eingebracht, besser Ms B-Tetragnost, mindestens abet gleich gut resorbiert werden. Da dies, wie ein 13lick auf die Kurven zeigt, nicht zntrifft, im Gegenteil A-Tetragnost beim Normalen wesentlich schlechter und unvoltkommener resorbiert wird Ms B-Tetragnost, mfissen x~dr annehmen, dab beide Substanzen verschiedene Wege gehen. Wghrend der yon A-Tetragnost mit dem yon anderen 16slichen Salzen be- schrittenen identisch sein dfirffe, mfissen dem B-Tetragnost andere M6glichkeiten zur Verffigung stehen. DaB es sich dabei nicht nur darum handeln kann, den Farbstoff wasser- 16stich zu machen, sondern dab damit eine besondere, die Resorbierbarkeit desselben hochgradig fSrdernde "Wirkung verbunden sein muff, geht wiederum aus dem Vergleich der zuletzt gezeigten Kurven hervor (4, 5, 6, Abb. 2), ans wetcben ersichtlich wird, wie sehr sich Tempo nnd Ausmag der Resorp- tion bet Verwendung yon B-Tetragnost steigem lassen. Dabei m6ge znn~chst dahingestellt bleiben, welcher Mechanismus dieser ]~rscheinung zugrunde Iiegt nnd ob die Galle allein oder im Verein mit anderen im Darm vorhandenen S~tften die be- sprochene VV'irkung ausfibt. :Es wgre verlockend anzunehmen, dab bier wie bet der Resorption verschiedener Nahrnngs- bestandteile (Fetts/iuren, Cholesterin usw.) das bekannte Choleins~urenprinzip (WlELAND) eine Rolle spielte, und wir werden demngchst in einer Arbeit Beobaehtungen bringen, welche in diesem Sinne zu sprechen scheinen.

Obwohl die endgtiltige Kl~irung dieser Frage, vet allem eine exakte Definierung dieser Vorg/~nge in chemischem Sinne noch aussteht u n d e s deshalb nicht m6glich ist, abschliel3end hierzu Stellung zu nehmen, sind wir an Hand der neu gewon- nenen Erkenntnisse doch in der Lage, uns ein zur Er~assung der praktisch wichtigen Gesichtspunkte ausreichendes Bild fiber den Vorgang zu machen, der bei der Resorption oral verabreichter Gallenblasenkontrastmittel ablgufL Die Non- trastmittel scheinen im allgemeinen so resorbiert zu werden, wie sie den Dfinndarm erreichen. Weml auch ein Obergang yon ]3-Tetragnost in A-Tetragnost aIs Voraussetzung der per- oralen Wirksamkeit vow Tetragnost abgelehnt werden muB, so sell nicht fiber.4ehen werden, dab es sich bet der Umsetzung yon Tetrajodphenolphthaleinnatrium zu Tetrajodphenol- phthalein und umgekehrt nm eine unter dem EinfluB des S~iure-t3asenangebotes stehende Reaktion handelt und dab demnach einem jeden pu-\Vert eine bestimmte Lage des

Gleichgewichtes zwisclsen A- und t3-Tetragnost entspricht. Es kann also angenommen werden, dab bet jeder Yerab- reichungsart beide IVlodifikationen des Farbstoffes, allerdings in wechselndem Verhgltnis zueinander, vorliegen. So wird verstgndlicb, dab auch beim kompletten VerschluBikterus, we reines t3-Tetragnost nicht resorbiert werden kann, gewisse wenn auch niedrige Jodwerte zu finden sind.

So dfirfte auch normalerweise bet. oraler Cholecysto- graphic die Resorption yon A-Te• eine wenn auch untergeordnete Rolle spielen. ]~s erscheint daher n6tig, der Pufferung der Farbstoffmischungen die n6tige Aufmerksam- keit zu schenken. Der GroBteiI des gontras tmit te ls gelangt jedoch, wie oben dargelegt, nach Einwirken der Galle ats B-Tetragnost zur Resorption, weshalb Verwendung yon B-Tetragnost und r Guiles/furl als unbedinfft ngtige Voraussetzungen ffir das Gelingen ether oralen Cholecysto- graphie zu bezeichnen sin&

Ich glaube mit meinen Versuchen mit dazu beige~agen zu haben, verschiedene MiBerfolge, mit denen die orate Cholecystographie anfangs zu k~mpien hatte, verst~tndlich zn machen und einige Gesichtspnnkte gezeigt zu hubert, yon denen aus methodische Fragen beurteil t und vielleicht auch neue Verbesserungen gesucht werden k6nnen.

Zusammen/assung: I. Es wurde an Hand mehrerer Blut- jodkurven die Resorption des Tetrajodphenolphthaleins mit der seines Natriumsalzes verglichen und ant das unterschied- Iiche Verhalten beider Substanzen in ihrer Abh~mgigkeit veto GallenfluB hingewiesen.

e. Die ~3berlegenheit s~uregef~llter t (ontrastmit tel wurde durch eigene Versuche dargestellt.

3. Es wurde versucht, an Hand der nengewonnenen Er- kenntnisse eine Erkl~rnng fiir das Versagen frfiherer Verfahren zu geben.

L i t e r a t u r : E. A. GRAI~AM and W. Iff. COLE, ]. amer. reed. Assoc. 82, Nr 8, 613 (I924). -- t3. FA~lTus, J. amer. reed. Assoc. 89, Nr 3, 183 (1927). - . 14OFMANN, Mfinch. reed. Wschr. 1929, 629. -- t3. R. KIRKLIN, Fortschr. R6ntgenstr. 38, H. 5, 852 (1928). -- L. L~VYN and A. H. AARO?r Amer. J. R6ntgenol. x8, Nr 6, 557 (1927). -- W. Lv~rz u. H. SE~C~'RIXD, Kiln. Wschr. I938, 933. -- T. O. MENEXS and 14. C. ROBI.nSON, Amer. J. R6ntgenol. 19a 5, 368. -- C. S. OAKMANN, Amer. J. RSntgenol. I4, Nr 2, Io 5 (1925). -- C. SANnS~ROM, Acta radiol. (Stockh.) Io, fuse. 3, lgr 55 (I929). -- W. H. STEWART and E. J. R'ZAN, Amer. J. lZ6ntgenol. I6, 234 {I926). - L. R. WItlrAKER, G. MILLIKEN and E. O. VOG:~, Surg. etc. 40, 847 (1925).

OBER DIE ERSTEN VERANDERUNGEN DES WEISSEN BLUTBILDES

BEI BLEIGEFAHRDETEN. Von

A. HERMANN MOLLER, Oberarzt . Aus der Inneren und Nervenklinik des St'~dtischen Krankenhatlses ~{ainz

(Direktor: Prof. Dr. G. DEUSCH).

Zum Schntz des deutschen Arbeiters wird zunehmend die Forderung nach dem BetrAebsarzt laut und wo m6glich auch in die Tat umgesetzt. Wo die GrSBe des ]Betriebes oder die Zahl der beschMtigten nnd gef~hrdeten Arbeiter die An- stellung hauptamtticher ~Verk~rzte nicht gestattet, ffihren verantwortungsbewuBte Betriebsffihrer gef~hrdete Arbeiter regelmABigen grztlichen Untersuchungen zu. Soll der Zweek soleher Untersuchungen das m6gtichst frfihe Erkennen yon Init ialsylnptomen bestimmter Schgden sein, so muB gr6Bter Wert darauf gelegt werden, dell lgetriebsarzt auf neue diagnosfische VVege, Merkmale oder Fingerzeige hin zu- weisen, die es erst gestatten, unter den gleichermaBen sub- jektiv und objektiv Gesunden die in geringstem Mate doch schon Gesch~digten' m6glichst frifilzeitig herauszufindem Frfih- oder Vorsyallptome in diesem Sinne kSnnen einstweilen weder die Praktiker noch die Klinik in hinreichender Menge aufweisen. Denn bisher kamen vorwiegend Kranke zum Arzt oder ins Krankenhaus. Es wird letzten Elides Sache der Betriebsfirzte selbst seJn, dutch geeignete diagnostische Methoden jene ersten warnenden Symptome bei Gesunden zu

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finden. Hierans erwgchst die weitere Forderung, dab den Betriebsgrzten unbedingt auch die modernsten und besten Untersuehungsverfahren znr Verffigung gestellt werden mfissen.

Seit Herbst I93~ haben ~dr Getegenhei~, in regelm~13igen halbj~hrigen Abst~nden die mit dem Lackieren yon StraBen- bahnwagen und Autobussen besehXftigten Arbeiter vorsorg- lich zu untersuchen. Die Arbeiter streichen mit der Hand und verwenden u. a. BleiweiB. Sie sind hinreiehend mit den etwa,igen Gefahren ihrer Lackierarbeit vertraut . Sie sch~tzen aus diesem Grund die Handarbei t und ~uBern Bedenken gegen die eventuelte Einffihrung des Spritzverfahrens in ihrem Betrieb. Zu den ambulant durchgefiihrten Unter- suchungen kommen sie stets gem und anerkennen diese Vor- sorge. Ohne hypoehondrische Kngstlichkeit zeigen sie ver- st~ndliches Interesse ffir die jeweiligen Ergebnisse der Unter- suchung. Die Untersuchungen erstrecken sieh auf alle lebens- wichtigen inneren Organe einschl. Nervensystem und Harn- untersuchung auf t t~matoporphyrin. Besonderes Angenmerk wird dem Blutbild gezollt. Arts technischen Griinden wurden ,chemische Bleianalysen bisher nicht durchgeffihrt.

Auf eine Schitderung der Symptome der akuten oder chronischen Bleivergiftung kann hier verzichtet werden. Auch die meist als typiseh bezeichneten Ver~ndernngen des roten Blntbildes sind allgemein bekannt . Die t31eianamie isi durch die Herabsetzung der Erythrocytenzahl und des tt~mo~ globins bet vermehrtem Auftreten der basophil getiipfelten Erythrocyten gekennzeichnet. Es set j edoch bier erneut darauf hingewiesen, dab das Auftreten der basophil Getfipfelten keineswegs als spezifische Erseheinung der Bleivergiftung ge- deutet werden dart. Die basophilen Tfipfelzellen treten sowohl bet Gesunden, die mit Blei zu tun haben, auf, sie l inden sich andererseits auch bet Krankheiten, die mit Blei sicher nichts zu t un haben. LI~ZN~R wies auf ihre Vermehrung bet renalem Hochdrnck ohrm BleiXfiologie hin. NAEGELI betont, dab das massenhafte Vorkommen der basophilen Punkt ie rung bei ~le ikranken geradezu selten ist und nur bet erheblicher An- ~mie mit starker Regeneration - - abet aueh bet anderen An~mien - - auftri t t . Selbst bet positivem Bleibefund in der Harnanalyse k6nnen die basophil Gettipfelten iehlenl Ein Parallelismus zwisehen der Schwere der Erkrankung und der basophflen Punkfierung besteht keinesfalls. Neben diesen VerXnderungen fiadet man im roten Blutbild b ei Bleian~mie zahlreiche Reticulocyten, polychromatische Zellen, Normo- blasten, Anisocytose und Poikilocytose. Wiirde man sich bet vorsorglicher Untersuchung yon Bleigefahrdeten nur nach dem Befund der basophilen Granulierung richten, so wiirde man ohne Zweifel sowohl Frfihf~lle fibersehen, wie auch v611ige Gesunde fAlschlicherweise als bleigesch~digt ansprechen {SELLERS, LEITZ). Unter unseren a u s 7 J a h r e n gesammelten roten Blutbildern yon Lackierern fanden sich prakfisch nie- reals getfipfelte Erythroeyten in gr6Berer Menge. Eine einzige Untersuchung ergab bet emem Mann 5ooo Zellen auf I ooo ooo Erythrocyten. Aueh land sich nur vereinzelt ein Absinken des H~moglobins auf Werte um 7 ~ % (SAHLI). Bereits nach kurzer Zeit waren diese beginnenden An~mien wieder ausgeglichen, ohne dab eine diesbezfigliche 13ehandlung oder eine Arbeits- .~anterbrechung 'durchgeffihrt worden w~re. Von 9 regel- m~Big Untersuehten wurde vorsorglich einmal ein Wechset des Arbeitsplatzes durchgefiihrt (Hb. 68%, Erythrocyten 36ooooo). Weiterhin land sich nie ein durch Blei bedingter Hochdruck (ein Mann, leidet an essenfieller Hypertonie), nie eine Bleisch~digung der Niere (dagegen eine orthostatische Albuminurie) und niemals ein. positiver H~matoporphyrin- befnnd im Harn. Im Gegensatz zu diesen prakfisch negativen Ergebnissen fiel das u des weiBen Btutbildes ant.

Der Leukocytenzahl und ihrer Znsammehsetzung wnrde bisher bet Untersuchungen yon Bleikranken nnd bet experi- mentellen Versuchen fiber t31eivergiftung keine genfigende Aufmerksamkeit geschenkt.

NA~GELI berichtet iiber eine chronische ~31eikrankheit mit akuter Kolik, in deren VerIauf eine Leukocytose yon 128o0 mit o,7 % Myelocyten auftrat. In einem ahnlichen Fall sah er 14 2oo Leu- kocyten und erw~hnt gleichzeitig, daB auch WOLF~ bei schwerer~

t6dlieh endender Bleian~mie eine neutrophfle Leukocytose be- obachtete. Im allgemeinen soll auch bet leichter Bleivergiftung eine prozentuale Vermehrung der Neutrophilen, der Mastzellen und Plasmazellen auffallen. Andererseits soil noeh vor der baso- philen Punktierung der Erythrocyten eine Lymphocytcse in Er- scheinung treten (NAI~GlgLI, W . SCHULTZ, KOST), d o e h wnrde dies systematisch noch nicht untersucht. Die hierdber vorliegenden sp~rlichen Angaben widersprechen sich demnach. KLI~A und S~Y~RIED stellten im Tierexperiment beim Meerschweinehen und Kaninchen eme Leukocytose test, die auf eine Einwirkung des Bleis auf das Knoehenmark zurfiekgeffihrt wird. Dutch Verwen- dung bleihaltiger hider und Schminken komnit es in Japan noch h~tufig zu Bleivergiftungen bet S~uglingen und Kleinkindern. ~3ei diesen Kranken sahen I~ASAHARA und NAGAtIANA ein ge- h~uftes Auftreten pathologisch granulierter Leukoeyten. Die Zahl derselben ist bei letal verlanfenden Fallen besonders hoch nnd liegt im meningitischen Stadium der japanischen iniantilen Blei- vergiftung und bei Bleimeningismus ebenfatls h6her als bet unkom- plizierter Bteian~mie. In der Genesung verschwinden die patholo- gisch granulierten Leukocyten wieder. Ihre Zahl geht -- mlt Ausnahme der umgekehrten VerhXltnisse bet Memngismus -- jener der basophilgranulierten wie auch der silbenmpr~gnierten Erythro- eyten parallel. Klinisch verl~tuft die infantile Bleiintoxikation der Japaner wesentlich anders als das uns bekannte Bild der BIm- krankheit der Erwachsenen. Bet sehweren Bleivergiitungen sail auch SCmLZlNG regenerative Neutrophflien mit Kernversehiebung, Eosinopenie, Lymphopenie. Nach operativer Entiernung einer Schrapnellkugel land er einen Rfickgang der 1I proz. Lymphopenie auf 2o% und ein gleichzeitiges Ansteigen der Leukocytenzahl

0 t 2 s r 5

o **

7 8 g fat/

Abb. x. Streuung der Lymphocytenwerte in den einzehxen Fallen. Prozentuale An- gabem Die Werte liegen in 7 Fallen unter der Norm, in I6 Fallen irmerhalb und

in 60 Falten uber der Norm.

yon 9600 auf 10500. Diese postoperative Xnderung des weiBen Btntbildes (3 Tage p. op. !) ist wohl weniger ein Operationserfolg (Besei• der Bleiquelle), als vielmehr Folge des operativen Ein- griffes als solchen.

AuBer diesen sp~rlichen Angaben enth~lt das Schrifttnm keine Mitteilungen fiber Bleiwirkungen auf das weiBe ]Nut- bild. Insbesondere linden sich keinerlei Hinweise allf Frfih- symptome ether Bleieinwirkung am Leukocytenbild*.

LTnseie eigenen Untersuchungen bet~effen 9 ~ l l e (Tabel- Ien 1--9). Es handelt sich um Lackierer, die durchweg schon seit Jahren in ihrem Beruf in demselben oder vorher in einem anderen Betrieb f~Lt~g waren. Bet diesen Arbeitem wnrden zum Tell seit 1:931 j~hrlich I - - 2 m a l Blutuntersuchungen durchgefifiart, so dab das vorliegende Material 84 Blutbilder umfaBt. Die Ergebnisse sind in maneherlei Hinsicht yon Interesse. Bet keinem der Untersuchten land sich I~ngere Zeit eine wesentliche Herabsetzung der Leukocytenzahlen. Gelegentliche Lenkocytosen voriibergehender Art (Tabelle 2) sind auf interkurrente Ereignisse zurflckzuffihren und k6nnen nicht mit einem etwaigen Bleieinflug in Zusammenhang ge- brach* werden. Die mittlere LenkocytenzahI alIer F~ile be- tr~gt 7545- Eine deutliche Neutrophilie oder Linksverschle- bung besteht nieht. Dagegdn springt die fast durchweg vor- handene L y m p h o c y t o s e in die Augen. Aus den Tabellen geht l~ervor, dab sich diese Erscheinung nahezu regelm~flig und auch bei kurzfristiger Beobachtung yon nu t 11/2 Jahren (Tabelle 4) finder. Eine nn r zufXllige Verschiebung des weigen

* Vgl hierzu auch die Ausfubrungen uber Bleisehaden im Berieht des Reichs- und PreuBlsehen Arbeitsministeriums 1938.

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2 0 . AUGUST 1938 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 17 . J A H R G A N G . Nr . 34

Blutbi ldes nach der lymphocyt~ren Seite zur Zeit der Un te r - suchung ist .wegen der sich oft fiber Jahre hinziehenden Regel- m~13igkeit der Ver~nderung auszuschliel3en. Nur der in Tabel le 7 wiedergegebene Fal l l~Bt eine deutliche und l~iiger w~hrende Lymphocytose vermissen. Die Lymphocy ten - v e r m e h r u n g ist am auffal lendsten bei Bet rachtu i ig der pro- zentualei i Zahlell. Diese schwallken zwischen 11 und 57 %. Die mit t lere prozell tuale Lymphoey tenzah l be t rggt 3%7% gegenfiber e inem Normalwer t yon 21--25 % (NAEaELI). Das erh6hte Niveau der Lymphocy tenzah len in den 9 einzelneii 138obachtungsf~llen zeigt Abb. I. Un t e r 83 Different ia lblut-

T a b e l l e I .

! o 2 0 2 2oo 4 o 9 o o

M~irzI932113,6 I 74tl ,O2 7600 y / i 66]28 I o 2128 Okt. 193211 4,6 { 92 I I,O 6700 60 29 * I963 Mi~rz 193311 4,5 / 93/ I '~ 69oo 61 29 0 2 0 0 I

Okt" i933116'~ 96/~176 94oo ~/___i/6 60 /26 / I 0 2 4 4 4 April 193411 4,4 ! 91 [ 1,o3 71oo 3 ~ 7 55/351 o 2485 61 [29 o 1972 Okt. 19341 4,4 88/ i ,o 6800 4 67 126[ o

April I93511 88 I 1 2 Okt. 193511 I 57 32 0 'Okt. 1936113,6 72 I,O 8200 2 57128/1 0 2296 Nov. 1937l 5,0 98 /~ 85oo 6 60 25 / 0 2125 M~rz 1938 4,6 / 9500 2 _Z 3153 30 o 285o

* 500:I000000.

Fall 1. Pat. Schn. Orthostatische Albuminurie.

Sept. I93 I 2r I932i ,Okt. 1932 MXrz 1933 Okt. I933 April I934 ,Okt. 1934 April 1935 Okt. 1935 'Oks 1936 Sept. 1937 -MArz 1938

Fal l 2.

Sept. 1931 MXrz 1932 .Okt. 1932 Nov. 1932 2r 1933 Okt. 1933 April I934 .Okt. 1934 April 1935 Okt. 1935 Okt. 1936 Sept. I937 M~rz 1938

Fal l 3.

,Okt. 1936 I Sept. 1937 Mkrz 1938

Fal l 4.

4,4 89 1,o2 I O I

5,1 lO4 1,o3 5, ~ 99 0,99 5,4 1Ol o,93 4,0 84 1,o5 5,0 IOI I,OI

lO5

3,9 77 0,98 920o 4,9 1~ 1,o 5 10600 5,0 85001 Pat. St. gesund.

4,8 95 0,98 96

3,2 76] 1 , I 8 5,O OI 1,01

4,7 95 I,OI 5,0 98 0,98 4,6 OI 1,09 5, ~ 97 I 0,97

OO

14,o 721 o,9 o 4,8 95 ] o,98 4,8

T a b e l l e 9200 --

1 7 ioo I 740o I

io8oo I

15500 2 8 60o 5

2 I

4

7 4

T a b e l l e 7 600 I

6 400 -- 7300 I 6500 --

2.

- - 3 - - 3 - - 2

- - 2

- - 2

- - 3

3.

- 1 7 - - 1 2

ii 1 4

9200 i - - ilOOO i 81oo 2

I I

950o I 10400 -- ~ i I 7700 --

0 0 0 : I 0 0 0 0 0 0 .

5 66: : 1 o 2 6 8 o

3 64 21 II r 4 62 31 21 o 2 6 2 3 1 31 o 4 73 18 31 o

66 24 21 o 56 34 51 o 61 34 21 o 47 4 1 6 I o 52 3, 2 60 3 1

62 12I 9 o 67 ] 29 2 o 6 9 2 4 3 : 69 23 7 ~ (23 2 o 56 26 13 o 61133 4 o 6o 133 3 o 67 26 3 o 54 i3o 7 61 ]3 ~ 6 r 67 25 6 o 67 26 7 r

Pat. Jam. Essentielle Hypertonie.

T a b e l l e 4- 4,5 95 1,o5 7000 I 4,7 94 I,O 4900 2 4,8 55 ~ 4 Pat. Lu., gesund.

T a b e l l e 9oli ~ ~176176 68 o,94 7 ooo 2 9o I,O4 66oo I I

1,o 5 66o0 12 4 400 I

2 43 46 , o I 2 7 0

5.

i7111 o 4 51 3I I IO o 4 I o 2 o

_7 4 331 8 o 6 29 7 o 3 52 36 8 o

2300

1491 2294 3348 2790 2064

3772 3 7 I o 2635

1596

Pat. Fi. Im September 1937 keine Wurmeier im Stuhl.

'Ok~. 1934114.9 Aprd 1935 II Okt. 1935ii Okt. i9361/3,6 Nov. I9361[ 4,3 Sept. I937 I 4'0 M~rz 1938 3,9

Fal l 5.

Klinische Wochenschrift. 17. Jahrg.

~r85

bildern l and sich 6omal eine mehr oder weniger ausgespro- chene Lymphocymse , n u r I 6m a l lageii die Wer te innerha lb der Norm, 7real lag eine Lymphopen ie vor. Dies~ S t reuung is t in Abb. 2 bildlich dargestell t . Nhiiliche Verh~ltnisse er- gibt auch die B e t r ach tung der absoluteii Zahlen. Dies~ wurden 65real er rechnet ; bei den fibrigen Untersuchui igei i waren die Gesamt leukocyten n ich t gezghlt, so dab zu einer Reihe voii hohen prozentua len Lymphocyte l lwer ten die absoluteii Zahleii n ich t b e s t i m m t werden konn ten . Die absoluten Zahlen schwankten zwischeii 9o2 uiid 3772 Zellen. Sie betrugeii im Mittel 2295 gegenfiber einer normalei i Streuui ig yon 15oo bis 2ooo (NAEGELI). W e n n SCnlLLINa die Normalwer te wei ter fagt und Zahlen zwischen 12oo und 25oo lloch als inne rha lb der Norm liegeiid allsieht, so en tspr ich t dies IIach unseren Erfahrungei i n ich t den hiesigen Verh~tltnisseii (vgl, hierzu E. F. N[0LLER). Von den 65 er rechneten absoluten Lympho- cytenwerte i i lagen 39 fiber der angegebenen Normlalzahl, 18 innerha lb der Norm, 8mal l a n d sich eine absolute Lympho- penie (Abb. 3). Die somit bei unseren Bleigef~hrdeten ge- fundene Lymphocytose ist e indeut ig ulId s teht auBer Zweifel. Sie ist l l icht immer hochgradig, aber von auffalleiider Regel- m~tBigkeit Da zwischeii den e inzelnen Un te r suchungen 1/~--i Jahr liegt, k a n n sie h~ufig fast als Dauerersehe inung angeseheii werden. E in al lmghlicher Anst ieg der Lympho- cyten im Laufe der Beobaehtungs jahre l and sich n u r e inmal bei ]3erticksichtigung der absoluten Wer te (Tabelle 3). Im

I I I I I **-851 IZl I I t / I

- T G

I I

,ss-0"o ~ I I I I t I

Abb. 2. Lymphopemsche, normate und Iym- phocytotische Werte nach lhrer H~iufigkeit geordnet Es zeigt sieh das starke Oberwiegen

hochnormaler und erhShter Werte.

//#~Syke// .~ 0 g 8 72 Ig 2d

~ :ooo . 3 '<v 7 I I

N nseo 5 ~ 9 2 soool /~'~-~ N,,oo - l l l

Abb. 3. Darstellung der absoluten Lymplmcytenwerte nach ihrer H~uflg- keit geordnet. Sehwarze S~ulen: Lymphopenien. Schraffierte Saul~ Normalwerte. WeiBe S~ulen: hoch-

normal~ und erhohte Zahlen.

1536 1679 fibrigeii bes t and die Lymphocytose fast durchweg schon zu 1495 Beginn der Beobachtung. Dies erklgr t sich zwanglos daraus, 2392 dab es sich u m Arbei te r hande l t , die berei ts vor der E in - 363o ffihrung regelmgBiger Kontrol lu l l te rsuchungei i durch uiis in 2673 ihrem Beruf t~tig waren. Andere Ver~iiderungeii des weiBeii

Blutbi ldes lieBen sich IIicht feststelleI1. Gelegelltlich auf- t re tende vorfibergehende Eosinophile k6nnei i n ich t ohne

2850 weiteres auf den EinfluB einer gerillgen t31~iaufnahme zurfick- 2600 2002 gefiihrt werden (Tab. I, 2, 5, 8 und 9).

Auf eine Erkl~rui ig dieser L y m p h o c y t e n v e r m e h r u n g im s t r6menden Blur muB IIoch verzichte t werden. Sie ist selbst- vers t~ndl ich eille unspezifische Erseheinuiig. Abet andere Ursachen als der BleieinfluB konn t en IIicht zur Erk l~ rung

2760 herangezogen werdeii. Wie aus den tabel lar isch mitgeteil tei i 2254 ]3efundeii hervorgeht , besta i iden nie sonstige hgmatologische 1595 Ver~nderungen, insbesoiidere l l icht solche, die auf das Ei i t -

steheii einer echten Ble iana 'm@ hinweisen kSni i ten. Der H~matoporphyr in i iachweis im t l a r n fiel s tets IIegativ aus. E in Bleisaum bes tand IIie, Einige Arbei ter leiden all Alveolar-

2640 pyorrh6e. Diese l and sich aber IIicht h~ufiger als bei aiideren Krankel l und bei sonst Gesundeii der hiesigen Gegelld. Die

175o absolute L y m p h o c y t e n v e r m e h r u n g muB demnach als Ta t - 2178 sache gebucht werden. Wi r k6i inen einstweilen IIicht en t - 1914 scheiden, ob sie e twa Ausdruck einer d i rekten Re izung des 1584 lymphopoet ischen Appara tes durch kleinste ]31eimengeii oder

eiiie besondere AbwehrmaBnahme des Orgaii ismus ist. u

82

Page 4: Über die Ersten Veränderungen des Weissen Blutbildes bei Bleigefährdeten

! 1 8 6 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 17. J A H R G A N G . N r . 34 20. A U G U S T 1938

T a b e l l e 6.

April1934 Okt. 1934 April I935 Okt. 1935 Okt. 1936 Sept. I937 M~rz 1938

Fall 6.

ooli 4,2 841 1,o 82oo

4,3 95 ~ 6 4 : : 1 2 ]-- 4,9 4,8 62o0 4 ~-- Pat. Seha., WaR. + + + .

T a b e l l e 7.

56131 i24 I8 63120 ~ o 164o i i 43134 9 o 3 49142 6 o 3 39152 3 o 3328

- - 52 42 4 0 2560 6 56 28 6 o 1736

Sept. 1931! 5,0 lO 5 1,o 5 6900 -- 8 24 4 o 1656 M~z1932] 4,1i 8o5i1,o3 7200 : ~ 2o1 2 o 144o O k t 1932 4,9 I I,O2 ~ 7400 2I t 3 o 1554 M~rz I933 3,9t 75 o,96 71oo I 7 4 29[ 5 r 2059 Okt, 1933 4,6 9511,o3 6Ioo 2 3 251 2 0 1525 April 1934 4,6 95 1,o3 8200 i i ] II o 902 Okt. 1934 4,2 I 85 I I,OI 65o0 2 - - 4 21 5 ~ 1365 April 1935 93 I i i I 3 Okt. 1935 2 2 26 5 o Okt. 1936 4[~ 905 i,o 6800 2 19 7 0 1292 Sept. I937 I 1,o 4 52oo I i 23 26 8 0 I352 Marz 1938 5,3 t [ i 72oo 2 22 8 o 1584

Fall 7. Pat. Schm., gesund.

Sept. I93I!15,I Okt. 1933 5,2 April 1934 4,9 Okt. I934i4,6 April 1935 Okt. 1935 Okt. 1936 3,5 Sept. I937 4,8 Marz 1938 4,8 April 1938 4,4

lO6 t 1,o3 93 o,89

1o3 1,o5 91 o,98 97

7 ~ I,O 95 0,98

T a b e t l e 8.

79 ~ I I IOOOO I 7 ] -- 4300 I

I 62oo ! I

57 ~ ' 2 ' 2 I

82oo123 7 7 ~ I 8Ioo 123

62 28 5If35 48143 50140 39142 35155 55 32 29 46 42 28 45 23

2 0 2212

8 r 3500 r 1419

2480

i ~ 1824

o 377 e 9 o 2156

r 1701 ~mStuhl. Bet Fall 8. Pat. Ku. Im M~rz 1938 keine Wurmeier

Berechnung der Durchschnitts- und Mittelwerte im Text wurde der ]31utbefund veto April 1938 nieht mehr mitberficksichtigt.

T a b e l l e 9.

Okt. 1933 ~ 4,6 97 1,o5 i64o~ April 1934 5,4 94 j o,87 153 oo Okt. 1934 5,0 IO4 1 1,o4 44 ~ April 19351 lO8 Okt. I935~[ Okt. 19361i 4,8 8ooo Sept. I937J4,5 89~ :[~ 67 o~ M~rz 1938 5,0 6ooo

Ealt 9. Pat. He., gesund.

1 - -

7 I

8 2

6 2

4 2

9 I

3 9 3

I

49141 26157 46 41 38148 34 38 54134 41 32 34 56

3 e 2624 4 o 3o2~

r 17o4 0

17 o 6 o 2720

IO 0 2144 5 O 336o

te icht kSnnen hier sehr Iangfrist ige exper imente l l e U n t e r - suehungen eine Kl~rung br ingen.

Der Zweck dieser Mi t te i lung erfi i l l t sich, wenn auf das Auf t re ten solcher ger ingen Ver~nderungen des Different ia l - blutbi ldes aueh andernor t s geach te t wird. Es bes teh t die M6g- l ichkeit , dureh wei tere derar t ige Beobach tungen ]ene an die Grenze des Pathologischen re ichenden S y m p t o m e in gr6gerer Zahl aufzuf inden, als dies bisher der Fal l war. Tats~ichlich m u g unser Interesse n ich t n u t dem Ausbau diagnost ischer Verfahren bet berei ts bes tehenden pa thologisch-anatomischen oder pa thologisch-funkt ionel len Vers und bet be- fe l t s e inge le i te ten Abwehrmat3nahmen - - also bei berei ts erfglgter E r k r a n k u n g - - geIten. Gerade auch bet Berufs- k rankhe i t en ist n ich t n u t eine Diagnose, n ich t n u t eine Frtah- diagnose, sondern, wenn m6glich, eine Vordiagnose, eine vor- schauende Diagnose zu stel len. Bet A n e r k e n n u n g eines solehen Zieles erscheint die Mi t te i lung unserer Beobach tung gerade

deswegen berecht ig t , weil es sich zum Tell u m scheinbar n u t geringfiigige Abweiehungen yon der N o r m h a n d e l t Der Nach- wets gerin gffigiger Ver~inderungen is t dort , we grebe noch n ich t e r w a r t e t werden k6nnen, besonders wer tvol l ffir unser p ro- phylakt i sches Verha l ten .

Die Frage , ob nun der Nachweis der L y m p h o c y t e n v e r m e h . r u n g bet Bleigef~ihrdeten zu p rak t i schem Eingre i fen fi ihren muff, is t einstweilei1 zu verne inen . Wir haben weder die Zu- weisung eines anderen Arbei t sp la tzes noch gar die E in l e i t ung ~rzt l icher 13ehandlung veranlal3t. Fs ist abet eine dringende _Forderung, Bleige/~hrdete beim Au/treten ether l(~nger dauernder~ Lymphocytose ganz besonders regelmdifiigen Untersuehungen zu unterziehen. Besondere Sorgfal t is t dabe i auf die Suche nach sicheren S y m p t o m e n ether B le i au fnahme oder Bleisch~idigung zu verwenden . Wie unsere Beobach tungen zeigen, kann die Lymphocy tose j ahre lang als einzige Ersche inung bes tehen , ohne dab sieh eine Bleisch~idigung en twicke ln mug. Aus d iesem Grund haben wir die Arbe i t e r auch noch n ich t an bleiffeie Arbei tsp l~tze verse tzen lassen. Sollte sich aber zeigen, dab die Lymphocy tose ta ts~chl ich der Vorl~tufer einer sp~iteren Bleisch~digung ist, so miiBte du rchweg die Arbe i t m i t Blei p rophylak t i sch un te rb rochen werden. ~Tbrigens b a t t e n wir bisher noch keine Gelegenhei t , das Yerha l ten des weiBen 131ut- bildes mi t Lymphocy tose nach l~ingerem Ausse tzen der blei- gef~thrdenden T~t igkei t zu verfolgen. I m Z u s a m m e n h a n g m i t anderen b le iverd~cht igen Ersche inungen gewinn t der Nach- wets der L y m p h o c y t e n v e r m e h r u n g grogen diagnost ischen Wef t . Es ist demnach zu fordern, dab werk~irztliche U n t e r - suchungen yon Ble iarbe i te rn in Zukunf t n i ch t n u t auf die Suche nach basophi l get i ipfe l ten Ery throcy~en beschr~inkt ble iben, sondern auch das gauze weiBe Blutbi ld be t ref fen mfissen.

Zusammenjassung: Mit BlelweiB a rbe i tende Lackierer zeigen bet j ahre langer Kont ro l le m i t groBer t%gelm~Bigkei t eine e rh6h te L y m p h o c y t e n z a h l ohne sonstige Zeichen einer B le iaufnahme oder Bleisch~idigung. Es wird auf die 13e- deu tung dieser Ersche inung ffir betr iebs~rzt l iche Unter* suchungen hingewiesen.

L i t e r a t u r : ~4~ASAHARA l l . N A G A H A M A , Fol. haemat. (Lpz.} 53, 37 (1935) ; 56, 221 (1937); 59, 209 (1938) ; Z. Kinderheilk. 55, 583 (1933). - - KLIMA U, S~YFRIED, Fol. haemat. (Lpz.) 57, 283 (1937). - - Kos% Arch. Gewerbepath. 4, 42 (1932). - - [mlTZ, Arch. f. Hyg. lO9, I99 (I933). - - LITZNER, Med. Klin. i933 I, 81. -- E. 1 ~. MOLLER, Handbuch der allgemeinen HAmatologie v. HIRSCHFELI) U. HITTMAIR I/2, 854. Berlin, Wien 1933. -- NAEG~LI, Blutkrankheiten und Blutdmgnostlk. Berlin 193 I, 5- Anti. -- SCHILLING, Das Blutbfld, 9. u. Io. Aufl. Jena 1933. --- WER~'Ert SCH'ULTZ, Med. Welt z935, Nr 33. - - S E L L E R S , zit. nach N A E G E L I ,

KongreBzbl. inn. Med. 17 , 165 (1921). -- WOLFF, zit. nach ~ A E G E L I . - - Der gewerbe~rztliche Dienst in den Jahren 1935 und 1936. Bearbeitet veto Reichs- und Preuflischen Arbeits- ministerium. In Arbeit und Gesundheit, Heft 32. Leipzig 1938. --. BERGER, Gewerbliche UnIMle und Erkrankungen dutch ehemische Wirkungen. In Arbeitsmedizin, Abhandlungen aber Berufskrank- heiteu und deren Verhiitung, Heft 3- Leipzig 1936.

U N T E R S U C H U N G E N O B E R D I E M O G L I C H K E I T

D E R T U B E R K U L O S E O B E R T R A G U N G

D U R C H K I N D E R * .

Von

Prof. A. VIETHEN. Aus der Unlversit~t~-Kinderklin[k Frelburg i. Br. (Vorstand: Prof. C. NOEGGERATH).

Prfifungen der Magenspiilfhissigkeit mit l-Iilfe des Tier- versuehes haben ergeben, dab die Zahl der 13acillenausscheider unter den tuberkul6sen IKindern viel gr6Ber ist, als man frfiher angenommen hat. Nich~ nur Kinder mit kavern6ser Prim~r- herd- oder Pubert~tsphthise, sondern auch solche mit gut- arfigen Infiltraten haben heute sehr oft als Ausscheider zu gelten. Diese yon ARMAND DELILLE, VON POULSEN, in Deutsch- land yon OPITZ erhobenen Befunde sind inzwischen yon zahl- reichen Nachuntersuchern (s. b. VIETHEN 2) best~tJgt worden.

* N a c h e i n e m Vor~rag a u f d e m I V . I n t e r n a t i o n a l e n K o n g r e B t ier I ( i n d e r , l r z t e i n R e i n .

S e p t e m b e r 1937,