15
758 [Jber die histologischen Ver/inderungen der Bauchspeichel-- driise nach Unterbindung des Ausffihrungsganges. Zur Frage fiber den Bau und die Bedeutung: der Langerhansschen lnseln. Von Dr. reed. S. Tschassownikow, Assistent am histologisehen Institute zu Warsehau. Hierzu Tafel X,YXVI. In der Reihe der Verdauungsdr~isen nimmt unstreitig eine der ersten Stellen die Bauchspeicheldr(ise ein. In der Tat ver- arbeitet ihr Sekret alle Arten yon Nahrungsmitteln: peptonisiert Eiweissstoffe, verwandelt St~rke in Dextrin und Zucker und spaltet endlich das neutrale Fett in Glyzerin und Fettsauren. Damit aber erschSpft sich noch lange nicht die physiologische Arbeit des Pankreas. Wie J. Mering und O. Minkowski nachgewiesen haben, verursacht die totale Exstirpation der Drfise alle typischen Erseheinungen eines schweren Diabetes mellitus, und weitere Unter- suchungen fahrten, nachdem sie die Beteiligung des Pankreas an einer inneren Sekretion best~ttigten, zum Schlusse, dass das Pankreas eine Substanz abgibt, welche den im Blute zirkulierenden Zucker reduziert. Den versehiedenartigen physiologischenAufgaben entsprechend, ist auch der Ban der Bauchspeicheldr~ise ziemlich kompliziert. Seit dem Erscheinen der Arbeiten yon P. Langerhans (1869), W. Kfihne, A. Lea (1875 und 1882) und R. Heidenhain (1883) ist es bekannt, dass das Pankreas einerseits aus Dr(isen- tubuli besteht, die mit zymogenhaltigen Zellen ausgekleidet sind und mit den Ausftihrungsgangen in Verbindung stehen, und anderseits aus Zellenhaufen, die unter dem Namen ,,Langer- hanssche Inseln" bekannt sind. Man kann jetzt kaum zweifelfi, dass alle Fermente des pankreatischen Sekrets dutch die zymogenhaltigen Zellen, d. h. Driisentubuli sensu strictiori, allein geliefert werden. Was aber

Über die histologischen Veränderungen der Bauchspeicheldrüse nach Unterbindung des Ausführungsganges

Embed Size (px)

Citation preview

758

[Jber die histologischen Ver/inderungen der Bauchspeichel-- driise nach Unterbindung des Ausffihrungsganges.

Zur Frage fiber den Bau und die Bedeutung: der Langerhansschen lnseln.

Von

Dr. reed. S. Tschassownikow,

Assistent am histologisehen Institute zu Warsehau.

Hierzu Tafel X,YXVI.

In der Reihe der Verdauungsdr~isen nimmt unstreitig eine der ersten Stellen die Bauchspeicheldr(ise ein. In der Tat ver- arbeitet ihr Sekret alle Arten yon Nahrungsmitteln: peptonisiert Eiweissstoffe, verwandelt St~rke in Dextrin und Zucker und spaltet endlich das neutrale Fett in Glyzerin und Fettsauren. Damit aber erschSpft sich noch lange nicht die physiologische Arbeit des Pankreas. Wie J. M e r i n g und O. M i n k o w s k i nachgewiesen haben, verursacht die totale Exstirpation der Drfise alle typischen Erseheinungen eines schweren Diabetes mellitus, und weitere Unter- suchungen fahrten, nachdem sie die Beteiligung des Pankreas an einer inneren Sekretion best~ttigten, zum Schlusse, dass das Pankreas eine Substanz abgibt, welche den im Blute zirkulierenden Zucker reduziert.

Den versehiedenartigen physiologischen Aufgaben entsprechend, ist auch der Ban der Bauchspeicheldr~ise ziemlich kompliziert. Seit dem Erscheinen der Arbeiten yon P. L a n g e r h a n s (1869), W. Kf ihne , A. Lea (1875 und 1882) und R. H e i d e n h a i n (1883) ist es bekannt, dass das Pankreas einerseits aus Dr(isen- tubuli besteht, die mit zymogenhaltigen Zellen ausgekleidet sind und mit den Ausftihrungsgangen in Verbindung stehen, und anderseits aus Zellenhaufen, die unter dem Namen ,,Langer- h a n s s c h e I n s e l n " bekannt sind.

Man kann jetzt kaum zweifelfi, dass alle Fermente des pankreatischen Sekrets dutch die zymogenhaltigen Zellen, d. h. Driisentubuli sensu strictiori, allein geliefert werden. Was aber

Die histologischen Ver~nderungen der Bauchspeicheldriise. 75~

die Langerhanssehen Inseln anbetrifft, so gehen die ~Ieinungen bedeutend auseinander. 1) .Einstweilen kann man nur das eine:als festgestellt betrachten, dass diese Gebilde aus ganz eigenartig differenzierten Epithelzellen zusammengesetzt sind, reichlich mit Blutgefassen versehen sind und gewShnlich mit den Ausfiihrungs- gangen nicht in Verbindung stehen.

Ferner bilden sich nach unsern und Prof. A. M a n k o w s k i s iibereinstimmenden Angaben die Langerhansschen Inseln aus eiu- fachen Drfisenschlauchen; als Bestatigung dessen kann die Ver- gr6sserung derselben bei gewissen Bedingungen, die Existenz unzweifelhafter Ubergangsformen yon den zymogenenthaltenden Elementen za den Zellen der Inseln, die zeitweise Konstatierung yon Lichtungen in den Inseln und such die Verbindung der letzteren mit entleerten Gangen dienen.

Was die Bedeutung dieser Gebilde fiir M a n k o w s k i an- betrifft, ,,so unterliegt es keinem Zweifel, dass die Langerhansschen Inseln in physiologischer Beziehung eins der morphologischen Stadien tier Tatigkeit der Pankreasdrfise darstellen", welches er ,,Stadium der Langerhansschen Inseln" zu nennen vorschlagt. ,,Jedes L~tppchen der Dr~ise muss am Ende seiner Sekretions- tatigkeit ins ,,Stadium der Langerhansschen Inseln" kommen, welches die morphologische Erscheinung tier hOchsten Ersch6pfung oder der energischsten T~tigkeit des Lappchens darstellt". Im Gegenteil zeigten unsere Beobachtungen, dass die Langerhansschen Inseln nicht fahig sind, sich wieder in gew6hnliche Drfisenschlauche umzuwandeln, und dass sie keinen Anteil an der Bildung der Bestandteile des Pankreassekrets nehmen; am richtigsten sollte man die Inseln als Organe der inneren Sekretion anerkennen,

I) Die umfangreiehe Literatur betreffs der Langerhansschen. Inseln ist in den folgenden Arbeiten ausfiihrlieh angegeben: E. L a g u e s s e : Structure et d~veloppement du pancreas d'apr~s les travaux r~eents (Journal de l'anat. et physiol., An. 30, 1894) ; O. P i s c h i n g e r: Beitr~ge zur Kenntnis des Pankreas (Diss., ~iinchen 1895); T s c h a s s o w n i k o w : Uber die Struktur und die funktionellen Ver~nderungen der Pankreaszellen (Diss., Warschau 1900); A. M a n k o w s k i : Zur l~ikro-Physiologie der Pankreasdriise. Die Bedeutung tier Langerhanssehen Inseln (Diss. Kiew, 1900) und in den Be- riehten A. B r u n n s , A. O p p e l s : u (Ergebniss. f. Anat. u. Entwicklungsgesch., Bd. 4, 7, 9 u. 11, 1895--1902) und E. S a u e r b e c k s : Die Langerhansschen Inseln des Pankreas und ihre Beziehung zum Diabetes mellitus (Ergebniss. f. allg. Pathol. u. pathol. Anat. Bd. 8, 1904).

760 S. T s c h a s s o w n i k o w :

die dazu bestimmt sind, den im Blute zirkulierenden Zucker zu zerstSren. 1) Zwischen diesen beiden Ansichten nimmt eine Mittel- stelle die Anschauung yon E. L a g u e s s e-~) ein: bei seinen Studien an den Inseln des menschlichen Pankreas lasst er auf Grund tier Ubergangsformen, die yon ihm nicht naher beschrieben wurden, sowohl die Verwandlung der Drtisenschlauche in Inseln, als auch die Rfickmetamorphose zu; zur selben Zeit aber meint er, dass die Inseln, solange sie vorhanden sind, tier inneren Sekretion dienen.

Zur LSsung der ~'rage fiber die Bedeutung der Langer- hansschen Inseln kam yon selbst der Gedanke, die morphologischen J~nderungen der Bauchspeicheldrtise nach Unterbindung ihres Ausftihrungsganges zu studieren. In der Tat, die Versuche, die in dieser Richtung von Prof. J. P a w l o w und manehen anderen ( R i b b e r t , R e m i und S l o w e , A r n o z a n und V a i l l a r d , V a s a l l e , M o u r e t ) unternommen wurden, haben erwiesen, dass dabei eine Atrophie des ganzen Drtisengewebes, welches in Ver- bindung mit dem System der Ausftihrungsgange ist, auftritt. In Anbetracbt dessen war es unbedingt nStig, a priori zuzulassen,

dass, wenn die Inseln nur ein eigenartiges Stadium der Ruhe tier Drtisenschlauche darstellten, sie dann gleichfalls zugrunde gehen mfissten; und im Gegenteil musste die Unversehrtheit der Inseln unter diesen Bedingungen als Beweis gelten, dass diese Gebilde

zu ganz anderen physiologischen Zwecken bestimmt sind.

Da unsere Aufmerksamkeit darnals durch andere rein cyto- logische Fragen abgelenkt wurde, konnten wir nur in der letzten Zeit die experirnentelle Bearbeitung des yon uns ins Auge ge- fassten Problems unternehmen; wahrend des vierj~thrigen Zwischen- raums seit der VerSffentlichung unserer Dissertation erschienen einige weitere Arbeiten fiber dasselbe Thema.

1) Der Gedanke an die Teflnahme der Inseln an der inneren Sekre- tion des Pankreas war frtiher schon yon E. L a g u e s s e (Sar la formation des ilots de Langerhans dans le pancreas. Compt. rend. de la Soci~t~ de Biolog. de Paris, An. 30, 1894) erw~hnt, der sich mit der ttistogenese der Inseln besch~ftigte, und yon V. D i a m a r e (Studii comparativi isole di Langerhans del pancreas. - - Internat. ]gonatschr. f. Anat. u. Physiol., Bd. 16, 1899), der seine Schliisse auf vergleichend-hist01ogische Studien dieser Gebilde griindete.

'~) Sur qaelques d~tafls de la structure du pancreas h u m a i n . - Compt rend. de la Soci~t~ de Biolog. de Paris, An. 46, 1894.

Die histologischen Veranderungen der Bauchspeicheldrfise. 761 ~

Zunt~chst yon W. S c h u l z e , 1) der an der Bauchspeichel- drtise yon Meerschweinchen eine Ligatur anlegte, und yon L. S s o b o 1 e w, 2) der eine Reihe yon Versuchen mit Unterbindung resp. Durchschneidung der Ausftihrungsgt~nge bei Kaninchen, Hunden und Katzen machte. Beide kommen dabei zu demselben Resultate, dass nt~mlich alle Drfisenschl~tuche atrophieren, die Langerhansschen Inseln aber ohne irgend eine Vert~nderung zurtick- bleiben. Demzufolge meinen beide Autoren, dass die Inseln keine Beziehung zum Gangsystem des Pankreas haben und sich als besondere Blutgefassdrtisen erweisen, welche wahrscheialich an der Regulierung des Zuckergehaltes im Blute beteiligt sind.

Bei seinen Versuchen fiber den Einfluss d e r Unterbindung des Ausftihrungsganges beim Kaninchenpankreas land A. M a n - k o w s k i 3) sechzig Tage nach der Operation gewisse besondere Zellengruppen, er ht~lt aber fiir unmSglich, die letzteren als ]dentisch mit Langerhansschen Inseln anzusehen. In seiner anderen Arbeit, 4) die Beobachtungen yon W. S c h u l z e kontrollierend, beschreibt Prof. NI a n k o w s k i verschiedene Verhnderungen in Abhangigkeit yon der Unterbindung. Er legte in der Bauch- speicheldrtise d e r Meerschweinchen zwei Ligaturen in Entfernung yon 1 cm an und bemerkte, dass zwischen den Ligaturen und hinter denselben sowohl die Drtisenschlt~uche, als auch die Langer- hansschen Inseln verschwunden; vor den Ligaturen aber bleiben die Inseln intakt und in der Nahe der Ligaturen konnte man nicht selten Bilder beobachten, die ganz ahnlich denen waren, welche yon W. S c h u l z e beschrieben und gezeichnet wurden.

Ebenso konnte auch D. H a n s e m a n n 5) auf Grund seiner Experimente mit Liga[uranlagen der Bauchspeicheldrt~se bei

1) Die Bedeutung der Langerhansschen Inseln im Pankreas. Arch. f. m[kr. Anat. Bd. 56, 1900.

~) Zur Horphologie des Pankreas nach Unterbindung seines Ausfithr- ganges, bei Diabetes und einigen anderen Bedingungen. Diss., Petersburg 1901. -- Zur normalen und pathologischen Horphelogie der inneren Sekretion der Bauchspeicheldrtise. Virch. Arch. Bd. 158, 1902.

~)1. c. 4) Uber mikroskopische Vert~nderungen des Pankreas nach Unterbindung

einzelner Teile und fiber einige mikrochemis'che Besonderheiten der Langer- hansschen Inseln. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 59, 1902.

5) lJber die Struktur und den Weft der Geft~ssinseln des Pankreas. Verhand.d. deutsch, pathol.Gese Ilsch.in Hamburg, 1901. Zitiert. nach S a u e r b e c k.

762 S. Tschassownikow:

Hunden bestimmte Verhnderungen nur in geringer Entfernung yon der Ligatur konstatieren. Hier wird Dank einer reichen Entwicklung des Bindegewebes das ganze Drtisenparenchym ge- wissermal~en erdrtickt, die Langerhansschen Inseln aber erhalten sich oft lange, andere aber gehen auch fibr0s zu Grunde.

E. S a u e r b e c k 1) sucht schliesslich beide entgegengesetzte Ansichten auszugleichen, indem er sie beide bis zum gewissen Grade der Wirklichkeit entsprechend findet. In einigen Zeilen erwahnt or, dass bei den yon ihm operierten Kaninchen die Langerhansschen Inseln gleichfalls verschwanden, obgleich spater als die Drtisenschlauche, namlich erst dreissig Tage nach Unter- bindung des Ausfiihrungsganges, wobei yon der Zeit an in dem Harn der operierten Tiere Zucker erschien.

Aus den bier erw,'thnten Literaturangaben ist es Mar, class alle bis jetzt ausgeftihrten Versuche zu entgegengesetzten Resul- taten ffihrten. Die Ursache liegt wahrscheinlich teils in ver- schiedener Operationsmethodik, teils in ungleichen Methoden der histologischen Behandlung des Materials. Um die Bauchspeichel- drtise vom Darm zu isolieren, zogen die einen die Drtise mit Faden zusammen, die andern aber legten Ligaturen am Ductus pancreaticus a n und zerschnitten ihn zwischen den Ligaturen. Wir miissen dem letzten Verfahren entschieden den Vorzug geben, da bei demselben einerseits die Bedingungen der Blutzirkulation in dem untergebundenen Pankreas sich nicht im geringsten andern und anderseits die Durchgangigkeit des Ausftihrungsganges sich nicht wieder herstellen kann, was nicht selten bei einfacher Ligatur- anlegung vorkommt (Pawlow, Ssobolew) . Zu solchen Opera- ~ionen taugen aus allen im Laboratorium gebrauchten Tieren nur Kaninchen, deren Bauchspeicheldrtise nur einen und dazu noch leicht auffindbaren Ausfiihrungsgang hat. Auf Grund des eben erw~hnten wurden alle unsere Operationen (14 an tier Zahl) an diesen Tieren vollfiihrt, das Pankreas wurde dabei je 2, 3, 5, 7, 10, 15, 20, 30, 35, 40, 50, 60, 70 und 75 Tage nach der Opera- tion untersucht. Infolge der Angabe Sau e rb e cks , dass nach Unterbindung des Ausftihrungsganges Diabetes mellitus auffritt, priiften wir bei allen operierten Kaninchen yon Zeit zu Zeit und vom 20. Tage nach der Operation fast taglich den Harn mittels

1) loccit.

Die histologischen Ver~nderungen der Bauchspeicheldrtise. 763

T r o m m e r s c h e r Probe auf Zucker, und unsere Analysen gaben ohne A u s n a h m e in al len FMlen n e g a t i v e R e s u l t a t e .

In Beziehung auf die Behandlung des Pankreas zeigten unsere Beobachtungen, dass viele yon den konservierenden Fltissig- keiten, unter anderen Alkohol und Sublimat, welche M a n - k o w s k i und S c h u l z e benutzten, die Struktur der Inselzellen fast garnicht erhalten; ohne Zweifel die besten fixierenden Mittel sind 10% Formalin und die Podwyssotzkysche Fltissigkeit, die S s o b o l e w gebrauchte, jedoch aueh nach diesen Fixatoren tritt nicht gentigend scharf der Unterschied zwischen den Inselzellen und den zymogenthaltigen Elementen des Pankreas hervor. Den erw~thnten Forderungen entspricht v~llig die Hermannsche Fltissigkeit; aber um mit deren Hilfe gebiihrende Bilder zu erhalten, ist es nStig, dieselbe in das entspreehende Blutgef~ss (Arter. oeliaca) zu injizieren nach vorheriger Aussptilung des Gef~tsses mit einer physiologisehen KoehsalzlOsung; wobei nur der obere Teil der Drtise sich ausfttllt, welcher zur Milz, zum Magen und zum oberen Abschnitt des Duodenumgewandt ist. Nach der Injektion werden kleine Stiickchen vom Paukreas in He rm an n sche Fltissigkeit auf zirka 2~ Stunden versenkt, nachher sorgfMtig in fiiessendem Wasser ausgewaschen, in Alkohol yon allm,~thlich steigender Konzentration gehi~rtet und nach bekannter Weise in Paraffin eingebettet. Zur F~trbung der Schnitte yon 31/~--5 p, mit Eiweiss aufgeklebt, benutzten wir teils das F 1 e m m i n g sche Orangeverfahren (Modifikation yon R e i n k e), hauptsachlich aber S a f r a n i n nnd M e t h y l g r i i n . Ausserdem untersuchten wir vergleichungshalber auch Stt'Lckchen aus dem unteren nicht injizierten Teile der Bauchspeicheldrtise nach deren Behandlung mit verschiedenen Fixierungsmitteln, vorzugsweise mit Alkohol,. Sublimat, Formalin und Podwyssotzkyscher Flf~ssigkeit.

Beschreiben wir zuerst die Langerhansschen Inseln in der Gestalt, in weleher man sie bei Kaninchen bei gewShnlichen Be- dingungen findet. Die Zellen, aus denen sie bestehen, haben eine vieleckige oder unregelm~tssig zylindrische Form; sie liegen eng aneinander und sind durch ganz deutliche Grenzen von- einander getrennt. '1) Meistens bilden sie ein l~etzwerk anasto-

1) Weder bei Kaninchen, noch bei anderen yon uns untersuchten S~uge- tieren haben wir auch nu~ Spuren interstitiellen Bindegewebes zwischen den Inselzellen gesehen, welches yon E. H o tm g r en besehrieben ist, und welches

764 S. Tschassownikow:

mosierender Balken, welche durch erweiterte Kapillaren ab- gesondert sind; aber gleich diesen Gebilden, obwohl seltener, kommen auch mehr oder weniger bedeutende Aufhaufungen yon Zellen v o r u n d auch Ubergangsformen, d. h. wenn in einem Teil der Insel solide Haufen yon Zellen und im andern eine balken- artige Verteilung vorkommt. Der innige Zusammenhang zwischen den Inseln und den~ Blutgefassen ist eine allgemein bekannte Tatsache, die schon yon K t ihne und L e a festgestellt wurde. Was jedoch den Bau der Wande dieser Gefasse anbetrifft, so kommen wir jetzt: nach sorgfaltiger Prtifung unserer Praparate zu dem Schluss, dass in den Kapillaren ausserhalb des Epithel- rohres, obgleich auch sehr schwach entwickelt, eine Bindegewebs- adventitia vorhanden ist, welche keine elastischen Fasern enthalt. Irgend eine eigenartige Kapsel, auf deren Vorh,~ndensein Kt ihne und Lea, H a r r i s und Gow, S c h l e s i n g e r , J a r o t z k i und Opie hinweisen, haben im normalen Zustande die Inseln garnicht; das die Inseln umgebende scharf ausgepragte Bindegewebe befindet sich nur dort, wo die Inseln den peripherischen Teil des Drtisen- lappchens einnehmen, und wo folglich das Bindegewebe die nattir- liche Begrenzung des letzteren bildet. Am meisten schliessen sich die Inseln ihrer ganzen Peripherie nach an die sie um- gebenden Drtisentubuli an und clabei gehen sie unmittelbar in die letzteren iiber, oder sie trennen sich yon den Schlttuchen dutch ebensolche dtinne Scheidewttnde, wie sie die Membranae propriae der ttchten Drtisenschlauche darstellen.

In der Mitte jeder Inselzelle befindet sich gew6hnlich nur ein kugeliger oder ovaler Kern, welcher eine Menge feinster Chromatink6rnchen besitzt, die gleichmassig wie im inneren, so auch auf der Membran des Kerns verteilt sind; der Kern enthtflt auch ein oder einige Chromatinkltimpchen, aber etwas gr~ssere als die KOrnchen. Echte Kernk6rperchen gelang es mir bei keiner der benutzten Behandlungsweisen zu sehen, und dieser Umstand ist ein gewisser Unterschiedspunkt zwischen derKernstruktur der Inselzellen und der der zymogenhaltigen Elemente, in welchen die Kernk0rperchen vorhanden sind und sogar nicht selten in der Mehrzahl. Schon bei schwacher Vergr6sserung fallt es ins Auge,

er in Verbindung mit den yon ihm entdeckten endozelluli~ren Trophospongien stellt. (Beitriige zur M orphologie der Zelle II. Verschiedene Zellarten. Anat. Hefte, 1. Abtl., S. 75 ft., 1904).

Die histologischen Ver~nderungen der Bauchspeieheldriise. 765

dass gleich dem normalen Kerne auch Riesenkerne in den Inseln vorhanden sind, die in ebensolchen Riesenzellen liegen, aber diese Eigentiimlichkeit, auf die E. S a u e r b e c k 1) gewiesea, kommt nach unseren Beobachtungen so selten vor, dass man dieselbe als eine Differenzierung, die die Inseln "con den Drfisenschl~mchen unterscheidet, nicht recht gelten lassen kann.

Die Zellen tier Langerhansschen Inseln zeigen eine eigen- artige, nur ihnen angehSrige Struktur, welche zuerst yon mir beobachtet 2) und spater auch yon D i a m a r e , L a g u e s s e und anderen beschrieben wurde. Ihr ZellkSrper ist namlich mit einer Masse yon feinsten KSrnchen bes~et, weshalb er wie bestaubt erscheint; die KSrnchen haben dabei eine ungleiche Affinitat zu den Farbstoffen. Im grSssten Tell der Zellen f~trben sich diese KSrnchen mit Grundfarben, z: B. Methylgriin, in manchen Zellen jedoch, hauptsachlich in denen, die auf der Peripherie der Inseln gelagert sind, farben sie sich /~hnlich dem Kernchromatin, in unserem Falle mit Safranin. Im Gegensatz zu S s o b o l e w konnten wir keinen Unterschied in der GrSsse und Lage dieser verschieden- farbigen K/~rnchen bemerken. Das eine, was die Aufmerksamkeit auf sich lenkte, ist, dass die mit Kernfarbe gefarbten KSrnchen sch~trfer hervortraten, als andere, die blass erschienen und manches- real als wie in eine homogene Masse verschmolzen waren.

In unserer Dissertation haben wir schon darauf hingewiesen, dass die Zellen, die chromatophile KSrnchen enthalten, als erstes Stadium der Umwandlung tier zymogenhaltigen Elemente zu den Inselzellen erscheinen, und deswegen trifft man sie bald einzeln, bald als kleine Gruppen in den Driisenschlauchen zwischen den gew~hnlichen Sekretzellen. Dazu kann man noch hinzuffigen, dass zwischen den beiden Zellenarten der Inseln noch ~bergangsformen existieren: so beobachtet man einerseits in ein und derselben Zelle die eine und die andere KSrnung und anderseits bekommt die letztere zuweilen beim F~rben in manchen Zellelementen einen deutlich gemischten Ton~ welcher yon der Kombination der Kern- und Grundfarbe herkommt. Ausser den KSrnchen kommen auch im Zellk/)rper Vacuolen v0r, die charakteristisch auf der zu den

i) Die Langerhansschen Inseln im normalen unfl kranken Pankreas des l~enschen, insbesondere bei Diabetes mellitus. u Arch., Bd, 177. Suppl. 1904.

~) Travaux de la soci~t~ des n~turalistes de u 1898. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 67. 49

766 S. T s c h a s s o w n i k o w :

Blutgefitssen gewandten Seite liegen. Diese Gebilde sowohl wie auch manche andere, namlich die hom0genen Schollen, welche die Kerne als Kappe bedecken und die Trophospongien yon t t o l m g r e n sind nicht besti~ndig und sind wahrscheinlich nur Afisdrficke eines ungleichen physiologischen Zustandes der Inseln. Gleichfalls mfissen im Zusammenhange mit dem Zustande der Inseln auch der grsssere oder kleinere Umfang der Zellen sein und ebenso die Menge der in den Zellen sich befindenden KSrnchen,

Auf der ersten Figur, die eine typische Langerhanssche Insel vorstellt, treten ganz klar die Strukturunterschiede zwischen den Inselzellen und den zymogenhaltigen Elementen hervor. Die letzten, wie es bekannt ist, sind aus zwei Zonen zusammengesetzt : einer ausseren protoplasmatischen, gestreiften, die einen kugeligen oder ovalen Kern enthalt, und einer inneren Zone, die. mit Sekret- kSrnchen ausgeffillt ist, oder im Falle, class dieselben sich im Fixator, z. B. in der H e r m a n n schen Flfissigkeit auflSsen, sieht die innere Zone wie ein Wabenwerk aus. Wenn wit noch hinzu- ftigen, dass in den Ausftihrungsgangen die Zellen sich ganz homogen zeigen, so wird es klar, dass es unmSg!ich ist, die Inselzellen mit anderen Gebilden in der Bauchspeicheldrfise .zu verwechseln.

Die morphologischen Anderungen des Pankreas, die durch Unterbindung desAusffihrungsganges hervorgerufen werden, ent- wickeln sich ziemlich schnell und der Bequemlichkeit der Be- schreibung wegen kann man dieselben in einige Stadien teilen, die ohne scharfe Grenze inein~nder fibergehen.

Im Laufe des Anfangsstadiums, ungefshr in den zwei ersten Wochen nach der Operation erleiden hauptsachlich die Drfisen- schli~uche Veranderungen; in ihren zymogenhaltigen Zellen ver- mindert sich infolge der Sekretentleerung erst die innere, Sekret- k0rnchen enthaltende Zone und nachher auch die aussere. Die Atrophie der Zellen schreitet allmahlich fort und am sechsten Tag nach der Unterbindung begegnet man nur noch als seltenen Ausnahmen Zellen, die eine kSrnige Innenzone zeigen. Zur selben Zeit kann man in den Zellen die Zeichen der Degeneration wahr- nehmen; in ihrem ZellkOrper kommen namlich homogene spharische Schollen, kleinste Fettr0pfchen vor und manchmal auch Neben- kernfiguren in der Weise derer, die yon E. M f i l l e r beschrieben wurden. Alles das endigt damit, dass der Zellk(irper, in welchem man derzeit kaum eine zarte Streifung des Protoplasmas bemerken

Die histologischen u der Bauchspeicheldrfise. 767

konnte, sich in Grundfarbe dunkel gef~rbt, FettrSpfchen ent- haltend und yon runden Vacuolen oder yon einem System kleiner Spalten durchdrungen erweist.

W~hrend der Atrophie der Drfisenzellen wechseln die Kerne derselben zuerst nur ihre aussere Gestalt und werden eckig, er- halten aber verh~ltnismhssig lange ihre Struktur. Nachher jedoch unterliegen auch sie regressiven Prozessen, welche augenscheinlich in verschiedenen Zellen nicht auf gleiche Weise verlaufen: bald nach dem Typus der'Chromatolyse, bald mittels einfacher s oder Pyknose. Merkwfirdig ist es, dass im Laufe der zweiten Woche nach der Operation nicht selten karyokinetische Figuren in den Driisenelementen vorkommen; dass aber dieser Prozess keinen regenerativen Charakter hat, sieht man daraus, dass im KSrper solcher Zellen ganz deutliche, yon uns schon frfiher be- schriebene destruktive Erscheinungen zu bemerken sind. Zum Anfang der dritten Woche bleiben yon den Dr~isentubuli, die fr(iher die Hauptmasse des Pankreas bildeten, nur kleine Gruppen aus zwei, drei, selten einer grSsseren Zahl Zellen fibrig, im Ver- laufe aber der nachsten zwei Wochen verschwinden spurlos auch diese sparlichen Reste.

Im Gegensatz zu den Dr~sentubuli bewahren die Zellen der Langerhansschen Inseln ihre Struktur und charakteristische Lage in Form yon Balkennetzwerk und deswegen treten diese Gebilde umso sch~rfer hervor, als das sie umgebende Dr~isen-Parenchym tieferen Vert~nderungen unterliegt.

Was die Ausffihrungsg~mge anbetrifft, so dehnen sich die- selben nut info!ge der Stauung des sie ausft~llenden Sekrets aus. bTachher werden die Epithelzellen, die vorher platt waren, kubisch und erhalten eine unregelm~ssige Gestalt; yon der Mitte der zweiten Woche nach der Unterbindung an beginnt wie in den kleinen, so auch in den mittleren Ausffihrungsg~ngen eine Ver- mehrung der Zeilelemente mittels Karyokinese.

In dem Mal~e, wie die Drfisentubuli zugrunde gehen, schreitet die Entwicklung des sie ersetzenden Bindegewebes fort. Wie unsere Beobaehtungen zeigten, wachst die Zahl der Zellelemente im Binde- gewebe schon erheblich am vierten bis sechsten Tag, einer- ~eits infolge des Erscheinens yon mono- und polynucle,~ren Leukocyten, Plasmazellen yon W a l d e y e r - U n n a und Mast- zellen yon E h r l i c h , anderseits wegen einer lebhaften Vet-

49*

768 S. T s c h a s s o w n i k o w :

mehrung der eigentlichen fixen Biadesgewebszellen. Die Bildung der Bindegewebsfibrillen und elastischen Fasern erscheint zwischerl den Lappchen und um die grossen Ausitihrungsg~nge ; aber sieben Tage nach tier Operation kann man bier und da bemerken, wie die F/~dchen des neugebildeten Bindegewebes yon der Peripherie nach dem Innern der Driisenlappchen durchzudringen anfangen; doch nachher schliesst sich noch die Vermehrung ihrer eigeuen Bindegewebszellen innerhalb tier Dr~isenl~ppchen an.

Im Laufe des zweiten Stadiums, welches die Zeit zwischen dem Anfang der dritten Woche bis zum 40. Tage nach der Unter- bindung umfasst, existieren die schon erw,~thnten Anderungen tells welter und entwickeln sich, tells aber treten neue Erscheinungen hervor. Auf diese Weise kann man an den kleinen und mittleren Ausfiihrungsg~ngen die noch nicht zu Ende gebrachte Hyperplasie des Epithels verfolgen, obwohl dieselbe nicht welt so lebhaft, wie vorher erfolgt. Im Bindegewebe dauert tiberall die Entwicklung der kollagenen und elastischen Fasern fort, welche in der Mitte dieses Stadiums ihr Maximum erreicht und einem gi~nzlich reifen, fibrill~ren Gewebe zum Ursprunge dient. Das intral6bulare Binde- gewebe, ungeachtet der obenerwtthnten zweiseitigen Entwicklungs- quelle, bildet sich dabei in sehr geringer Menge, womit sich auch die Verminderung der Lappchen, sowie auch der Bauchspeichel- dr~ise selbst erklart. V/el sch,'trfer ist der Entwicklungsprozess in dem interlobularen Bindegewebe, welches sich zugleich zur Umwandlung ins Fettgewebe vorbereitet, ausgepragt : darauf weist das ErsCheinen you Fettr6pfchen in den Zellen, deren Zahl und Or6sse allmahlich wachst.

Einerseits durch das ganzliche Schwinden der Drtisen- schl/~uche und anderseits durch das t3berwuchern des Binde- gewebes andert sich der Bau des Pankreas bis zur Unerkennbar- keit. Beim Untersuchen entsprechender Pr,~parate des Pankreas mit schwachen Objektiven, kann man sehr verkleinerte Drtisen- lappchen sehen, die voneinander durch genfigend breite Zfige des fibrillRren Bindegewebes getrennt sind. Im Innern der L,~tppchen, in dem dort existierenden Bindegewebe, befinden sich AusfahrgRnge mit zum Teil erweiterten Lichtungen und Zellen- gruppen, die nach naherem Pl'fifen sich als Langerhanssche Inseln erweisen. Es ist merkwtirdig, dass die letzteren jetzt ebenso in Ver~nderungen hineingezogen werden, welche sich im sichtbaren

Die histologischen Ver~nderungen der Bauchspeicheldriise. 769

Zusammenhange mit der Entwicklung des Bindegewebes befinden und sonderbarerweise keine Aufmerksamkeit der friiheren Forscher auf sich lenkten. In der Tat, yon der dritten Woche nach der Operation an (Fig. 2) gelingt es sehr seiten, Inseln mit charak- teristischer Zellenverteilung in einer Art yon Balkennetzwerk zu finden; ans ta t t dessen kommen ununterbrochene grSssere oder kleinere Anhaufungen yon Zellen vor, die entweder in dieser Gestalt bleiben oder weiteren Umwandlungen unterliegen. Im letzten Falle kann man Schritt ffir Schritt beobachten, wie das sich entwickelnde Bindegewebe mittels dfinner Strange, welche fixe Zellen und Leukocyten enthalten, ins Innere der Langer- hansschen Inseln dringt, sie durchzieht, und den Zerfall der Inseln auf einzelne Balken oder sogar auf geringe Zellengruppen (Fig. 3) hervorruft. 1) Aber obwohl die Inselzellen ihre typische Lagerung verlieren, bewahren sie ihre innige Beziehung zu den Blutkapillaren, enthalten nach wie vor die eine oder die andere KSrnung, und offenbaren keine Zeichen yon degenerativen Pro- zessen. Sonach kSnnen wir mit S s o b o l e w nicht einverstanden sein, dass manche der Zellen, die auf der Peripherie der Inseln gelagert sind, zugrunde gehen, und die yon ihm beschriebenen Anderungen (Verminderung und schlechte Farbung tier Zellen) stellen nichts charakteristisches dar und erweisen sich hSchst wahrscheinlich nicht als Ausdruck der Degeneration, sondern als Resultat ungeniigender Behandlung der Objekte.

Das dritte und unseren Beobachtungen nach alas letzte Stadium der Ver~nderungen der Driise nach Unterbindung des Ductus pancreaticus charakterisiert sich dutch definitive Ent- wicklung yon Fettgeweben zwischen den Driisenlappchen und dureh die Degeneration des Epithels der kleinen und mittleren Aus- ffihrungsgange. Deswegen sieht man zu Ende dieses Stadiums auf den Praparaten start des ehemaligen Pankreas ein reichliches Fettgewebe, im Inneren dessen man Abschnitte yon fibrillarem Bindegewebe erkennen kann, die zur Aufnahme yon Blutgefassen, grossen Ausfiihrungsgangen oder Langerhansschen Inseln dienen. Zum 70., 75. Tage nach der Operation begegnet man Gangen

1) Dergleichen Bilder im Zusammenhang mit nicht geniigend aus- gepr~gter Struktur der Zellen gab vielleicht Mankowski, Hansemann und S a u e r b e c k die Veranlassung, zu behaupten, dass die Langerhansschen Inseln auf ~hnliche Weise wie das Driisenparenchym umkommen.

770 8. Tschassownikow:

mittlerer und kleinerer Gr6sse fast gar nicht: sie gehen vorher mittels einfacher Atrophie unter, teils aber nach vorheriger vacuol~trer oder Fettdegeneration. Die L a n g e r h a a s schen Inseln stellen hier keinen Unterschied im Yergleich mit dem vorigen Stadium vor, d. h. wir finden auch hier entweder kleine Zellen- gruppen oder gr/)ssere Anhhufungen yon Zellen, die manchmal eine so betrachtliche Dimension erreichen (Fig. 4), class der Ge- danke tiber die Verkleinerung dieser Gebilde ausgeschlossen ist.

L/~ngere Versuche, tiber 75 Tage hinaus, unternahmen wir nicht, da erstens yore Moment des Schwindens his zum 75. Tage nach der Operation ein gentigender Zeitraum verging und zweitens nach der definitiven Entwicklung des Bindegewebes (was zum 40. Tage geschieht), man kaum irgend welche Anderungen in den Langerhansschen Inseln erwarten durffe. Wir mtissen noch hinzu- ftigen, dass S s o b o l e w , der seine Untersuchungen bis zum 200. Tage nach der Unterbindung verlangerte, w~thrend dieser Zeit keine besonderen Veri~nderungen, ausser der angefangenen Degeneration in den grossen Ausftihrungsgangen (die Verkalkung deren W~tnde und die ttyalindegeneration der Fasern), fand.

Das unmittelbare Resultat der oben erwahnten Beobachtungen ist die unzweifelhafte Tatsache, dass die Zellen der Langer- hansschen Inseln erhalten bleiben. Wir stimmen in dieser Grund- thesis mit S c h u l z e und auch zum Tell mit S s o b o l e w tiberein, aber ihnen gegeniiber k6nnten wir Veranderungen der Form und Gr6sse dieser Gebilde in Abh/tngigkeit yon der Wucherung des Bindegewebes konstatieren.

Es ist gleichfalls ganz klar, dass wenn die Inseln erhalten bleiben und sich auf diese Weise yon den zugrunde gehenden Drtisentubuli unterscheiden, so sind die Inselzellen eo ipso un- fahig, sich in zymogenhaltige Elemente, wie es viele Autoren ( L e w a s c h e w , P i s c h i n g e r , L a g u e s s e , ~ I a n k o w s k i ) be- haupten, zu verwandelfi. ~)

~) Anderseits kann man in keiner Weise mit W. Schulze tiber- einstimmen, da derselbe auf Grund der yon ibm erhaltenen Resultate (die Unversehrtheit der Inseln) die Herkunft der Inselu aus den Driisenschlii.uchen fiir unwahrscheinlich hiilt. Ungeachtet dessen, dass zugunsten dieser Ansichl; unsere und l~ankowskis direkte Beobachtungen dienen, so stellt solch eine Erscheinung sogar vom theoretischen Standpunkte aus, keine Ausnahme dar. Als Analogie kSnnten wir zum Beispiel darauf hinweisen, dass manche

Die histologischen Ver~nderungen der Bauchspeicheldrtise. 771

Wenn wir endlich in Betracht ziehen, dass die yon uns vorgenommenen Analysen des Hams auf Zt~ckergehalt bei allen operiertea Tieren negative Resultate gaben, und wenn wit dies mit dem Faktum zusammenstellen, dass die rotate Exstirpation der Drtise die Symptome des Diabetes mellitus hervorruft, so kSnnten wir daraus nattirlich schliessen, dass beim Prozess der Zerst6rung des im Blute zirkulierenden Zuckers eben die Langer- hansschen Inseln Anteil nehmen.

Man kann gewiss erwidern, dass nach Unterbindung des Ductus pancreaticus, resp. nach dem Ausschluss der Bauchspeichel- drtise aus der Verdauungst~ttigkeit, sich im Organismus irgend welche andere kompensatorische Vorrichtu~gen entwickeln, die das Ausscheiden des Zuckers verhindern; wenn man aber yon diesem Standpunkte ausgeht, kann man sich nicht die funktio- helle Selbstandigkeit der Inseln, ihren innigsten Zusammenhang mit den.Blutgef'assen und auch die verschiedenen Strukturmerk- male der Inselzellen bei verschiedenen sogar nicht operierten Tieren erkl~tren.

Um jedoch diesen letzten $chatten des Zweifels zu be- seitigen, daehten wir daran, eine Reihe yon Versuchen (an Ferkeln) mit Exstirpation tier atrophierten Bauchspeicheldrtise zu vollfiihren, um auf experimentelle Weise die Zuckerkrankheit bei solchen Tieren hervorzurufenl), leider aber hinderten uns daran, wie auch am Studium tiber die histologischen Anderungen der InselzelZen nach Einffihrung yon Glukose ins Blut der Tiere die Studienaufhebung an den hSheren Lehranstalten Russlands.

Zum Schluss muss angemerkt werden, dass die oben an- gewiesenen Wege zur Bearbeitung der Inselfrage unserer Meinung nach die einzigen zum Ziele fiihrenden zu sein scheinen. Im Vergleich mit ihnen ist das andere u namhch die Unter- suchungeu der Drtisen yon Menschen, die am Zuckerleiden starben, viel weniger zuverlassig, erstens weil man in diesem Falle mit

Forscher die Entstehung der Becherzellen aus dem gewShnlichen Zylinder- epithel zplassen, obwohl die Becherzellen eine eigenartige Struktur und eine ganz andere physiologische Bestimmung besitzen, dieselben Forscher ver- neinen abet die M5glichkeit der Rtickmetamorphose.

~) Zu solchen Versuchen sind Ferkel am geeignetsten, weil deren Pankreas mit den Wanden des Darmes nicht zusammengewachsen ist, ein kompaktes Organ darstellt und nut einen Ausfiihrungsgang besitzt.

772 S. Tschassownikow: Veranderungen der Bauchspeicheldr~ise.

Leichenmaterial zu tun ha t , was die MSglichkeit, instruktive mikroskopische Bilder zu erhalten, fast ausschliesst; und zweJtens nach tier ganz richtigen Ausserung yon S a u e r b e c k , kann in tier Pathogenese des Diabetes ausser den Langerhansscheu Inseln noch die Hypersekre~ion des Zuckers dutch die Leber eine Rolle sp ie len .

Alle 0perat ionen wurden fiir uns im Laborator ium der all- gemeinen Pathologie der Universit~lt teils durch Herrn Prof. N. G. U s c h i n s k y , hauptsachlich aber darch unseren Freund, Her rn Dr. A. M. K a s c h , ausgefiihrt. Wit danken hier beiden ffir die uns in so liebensw~irdiger Weise erwiesene Hilfe!

W a r s c h a u , 15. Juni 1905.

E r k l ~ r u n g d e r A b b i l d u n g e n a u f T a f e l X X X V I .

S~mtliche Abbildungen sind yon mir mit Hilfe des Abbeschen Zeichenapparates (die Projektion auf den 0bjekttisch) mit Zeiss 01apochromat 3 mm und Ocular compens. 4 entworfen worden. Die Zeichnungen sind nach Pr~paraten aus- gefertigt, die mit Hermannscher Fl~issigkeit fixiert und mit Safl'anin und

5Iethylgrfin gef~rbt waren. Fig. 1 stellt eine Langerhanssche Insel aus einem Kaninchenpankreas in

gewShnlichem Zustande vor. Diese Insel, welche den ganzen periphe- rischen Abschnitt des L~ppchens einnimmt, ist yon einer Seite dutch Bindegewebe und yon den anderen yon zymogenhaltigen Driise,- tubuli begrenzt.

Fig. 2. Pankreas eines Kaninchens 15 Tage nach Unterbindung des Ductus pancreaticus: in der iH.itte eine Langerhanssche Insel, die im Binde- gewebe lagert, an den Seiten kleine Gruppen ebensolcher Zellen, Ausfiihrgange und an drei Stellen geringe Dr~isentubulireste.

Fig. 3 stellC das Bild der Bauchspeicheldr~ise 40 Tage nach Unterbindung dar; man sieht im Bindegewebe kleine Gruppen yon Inselzellen und kleine Ausfiihrungsg~nge; Dr~isenschlauche sind nicht vorhanden.

Fig. 4. Eine grosse Langerhanssche Insel aus e/nero Kaninchenpankreas 75 Tage nach tier Operation.