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18 Ober die histologischen Ver/inderungen des Zahn-- schmelzes w hrend der Erh rtung, insbesondere beim blenschen. Von Professor V. v. Ebner in Wien. Hierzu Tafel II--V. Inhalt. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 18 I. Formen und Yerbindungen tier Szhmelzprismen . , 20 II. Struktur tier Schmelzprismen . . . . . . . , 26 III. Retziussche Streifen und Schmelzkan~Ichen . , 31 IV. Doppelbrechung. Untersuchungsmethoden, Entwick- lungsstufen des Schmelzes . . . . . . . . , 36 V. Befunde an lVI21chz~hnenund bleibenden Z~hnen yore ~enschen . . . . . . . . . . . . . , 44 VI. Theoretisches fiber die Erh~rtung des Schmelzes ~ 53 VII. Das Fortschreiten der Erhartung, die Bildung tier Retziussehen Streifen und der Druckformen tier 58 Prismen . . . . . . . . . . . . . u Die Prismenschicht der Muschelschalenund die Schmelz- prismen. Schluss . . . . . . . . . . . ~ 65 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . , 78 Erkl~rung der Abbildungen. . . . . . . . . . . . . ~ 78 Einleitung. In zwei vorlsufigen Mitteilungen (12, 13)habe ich bereits kurz den Gegenstand besprochen, welchem tier wesentliche Inhalt der f01genden Abhandlung gewidmet sein solh Wie aus dem weichen, leicht schneidbaren, embryonalen --das steinharte Schmelz- gewebe des fertigen Zahnes zustande kommt, ist ein Problem, das noch wenig in Angriff genommen wordeu ist, obwohl es sowohl -con rein histologischen Gesichtspunkten, als yon Seiten der Zahnheilkunde ein besonderes Interesse beanspruc.ht. Meine Untersuchungen suchten zunachst festzustellen, wie bei der Aus- bildung der Zahne des Menschen der ursprtinglich weiche Schmelz durch harten Schmelz ersetzt wird, wobei es sich datum handelte, an einer grSsseren Zahl yon geeigneten Entwicklungs-

Über die histologischen Veränderungen des Zahnschmelzes während der Erhärtung, insbesondere beim Menschen

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Ober die histologischen Ver/inderungen des Zahn-- schmelzes w hrend der Erh rtung, insbesondere

beim blenschen. Von

Professor V. v. E b n e r in Wien.

H i e r z u T a f e l I I - - V .

I n h a l t . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 1 8

I . Formen und Yerbindungen tier Szhmelzprismen . , 2 0

I I . S t r u k t u r tier Schmelzprismen . . . . . . . , 2 6

I I I . Retziussche Streifen und Schmelzkan~Ichen . , 3 1

IV. Doppelbrechung. Untersuchungsmethoden, Entwick- lungsstufen des Schmelzes . . . . . . . . , 3 6

V. Befunde an lVI21chz~hnen und bleibenden Z~hnen yore ~enschen . . . . . . . . . . . . . , 4 4

V I . Theoretisches fiber die Erh~rtung des Schmelzes ~ 5 3

V I I . D a s Fortschreiten der Erhartung, die Bildung tier Retziussehen Streifen und der Druckformen tier

5 8 Prismen . . . . . . . . . . . . .

u Die Prismenschicht der Muschelschalen und die Schmelz- prismen. Schluss . . . . . . . . . . . ~ 6 5

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . , 7 8

Erkl~rung der Abbildungen. . . . . . . . . . . . . ~ 7 8

E i n l e i t u n g .

In zwei vorlsufigen Mitteilungen (12, 13)habe ich bereits kurz den Gegenstand besprochen, welchem tier wesentliche Inhalt der f01genden Abhandlung gewidmet sein solh Wie aus dem weichen, leicht schneidbaren, embryonalen --das steinharte Schmelz- gewebe des fertigen Zahnes zustande kommt, ist ein Problem, das noch wenig in Angriff genommen wordeu ist, obwohl es sowohl -con rein histologischen Gesichtspunkten, als yon Seiten der Zahnheilkunde ein besonderes Interesse beanspruc.ht. Meine Untersuchungen suchten zunachst festzustellen, wie bei der Aus- bildung der Zahne des Menschen der ursprtinglich weiche Schmelz durch harten Schmelz ersetzt wird, wobei es sich datum handelte, an einer grSsseren Zahl yon geeigneten Entwicklungs-

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Veri~nderungen des Zahnschmelzes wi~hrend der Erhi~rtung. 19

stadien yon Zt~hnen die topographische hnordnung des weichen und des harten Schmelzes rein deskriptiv festzustellen. Um dieses auszuftthren, musste vor allem eine Methode gesucht werden, am den harten und weichen Schmeiz und die ?Jber- gangsformen dieser beiden Schmelzarten an Schliffen sicher zu unterscheiden. Dabei ergab sich aber alsbald die Schwierigkeit, dass auch im fertigen Zahne der Sehmelz durchaus nicht iiberall yon demselben Ausbildungsgrade ist und dass insbesondere die unter dem Namen der R e tz iusschen Streifen (Konturbttnder trod Konturstriche P r e i s w e r k s ) bekannten Bildungen, abge- sehen yon anderen, teils inselartig im Schmelze verteilten, tells die Oberflache des Zahnbeines bertihrenden Stellen, niemals die Beschaffenheit des hellen, fast durchscheinenden, ~T611ig harten, normalen Schmelzgewebes erlangen. Einige ttaupttatsachen tiber die topographische Anordnung yon weichem und hartem $chmelze liessen sich namentlich an Milchschneidez','thnen, an welchen die Re t z iu s schen Streifen oft fast ganz fehlen, mit Hiilfe der Untersuchung mit dem polarisierenden Mikroskope feststellen, da seit H o p p e - S e y l e r s (16) Untersuchungen bekannt ist, dass die jugendlichen Schmelzprismen positiv, die fertigen Schmelzprismen dagegen negativ doppelbrechend sind. Abet bei der praktischen Verwertung des Prinzipes dieser Methode zeigten sich im einzelnen solche Schwierigkeiten, dass ein genaueres Studium der Struktur der Schmelzprismen unabweisbar schien. Es war vor allem die auffallige und ftir die ganze Frage sehr ~vesentliche Tatsache zu berticksichtigen, dass eine Reihe yon Fliissigkeiten, welche die Bchmelzprismen nicht angreifen, die positive Doppelbrechung der jugendlichen Schmelzprismen in eine negative verwandeln, oder dieselbe fast zum Verschwinden bringen.

Nut Wasser und hlkohol liessen die am trockenen jugend- lichen Schmelze wahrnehmbare Doppelbrechung fast unbertthrt. Diese Tatsache war zunachst ein sehlagender Beweis daftir, dass die jugendlichen Schmelzprismen, trotz ihres bei mittleren Ver- grSsserungen scheinbar homogenen Aussehens, fiir Flt'tssigkeiten .durchdringbar, imbibirbar sind, da nach Auswaschen der die 'Doppelbrechung verandernden Fltissigkeiten dutch Alkohol oder Wasser die ursprtmgliche positive Doppelbrechung wiederkehrte. In roller tJbereinstimmung mit diesen Erfahrungen steht die Tat- sache, dass jugendliche Schmelzprismen sich in toto mit Silber-

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nitrat ( S m r e k e r ) und mit Farbstoffen imprttgnieren lassen- Ein genaueres Bild der Veranderungen, welche ein Schmelzprisma im Laufe seiner Ausbildung erfithrt, konnte nur durch neuerliche Untersuchung der Struktur der Prismen erlangt werden. Eir~ solches Studium schien umsomehr geboten, als die wichtigen,: Untersuchungen S m r e k e r s (23, 24.) zu dem tiberraschenden, Resultate f~ihrten, dass die allgemein verbreiteten Vorstellunge~ fiber die Formen der Schmelzprismen sehr unzureichende warer~ , und' eine der gewOhnlichsten Prismenformen, namlich die einer halbrunden Rinne oder einer halbrunden S~tule mit einseitigel~ Kannelierungen bisher ganz i~bersehen wurde. Nur Viggo~ A n d r e s e n (1) erwtthnt der ,,in der Regel bogenfOrmigen` Begrenzungslinien" der Prismen, ohne jedoch auf diesen Befund nhher einzugehen. So scheint es naturgem~tss, zunttchst eine Schilderung der Struktur der Schmelzprismen im jugendlichen` und ausgebildeten Zustande der t~eschreibung der Zahnschliffe und der topographischen Anordnung des jungen und fertigea Schmelzes vorauszuschicken.

I. F o r m e n u n d V e r b i n d u n g e n d e r S c h m e l z p r i s m e n .

Wie S m r e k e r an Schliffea nachgewiesen hat und zwar sowohl an solchen, die mit Silbernitrat imprttgniert waren, a ls an gewOhnlichen, gut polierten Schliffen, ist der Querschnitt d e r Schmelzprismen durchaus nicht immer rundlich oder polygonal; im Gegenteile, die Prismen zeigen vorwiegend Formelb die man-. durch einen einseitig wirkenden Druck in ahnlicher Weise sich~ bedingt vorstellen kann, wie die Zellformen eines geschichteter~ Pflasterepitheles. Wie in der Fltigel- oder Stachelzellenschicht eines geschichteten Pflasterepitheles die Zellen eine gewOlbte Oberfl~tche zeigen und eine yon Facetten eingebuchtete Unterflache, welche durch die gewOlbten Flttchen der darunter liegenden. Zellen bedingt ist, so zeigen auch haufig die SchmelzprismeI~. eine gew01bte Flache auf der einen Seite, welcher gegenfiber eine oder mehrere konkave Flachen stehen, die durch die g e - wOlbten Flachen benachbarter Prismen bedingt sind. Dadurch kommt am reinen Querschnitte einer Prismenlage eine Arkaden- zeichnung zustande, die an das Bild erinnert, welches dachziegel- fOrmig sich deckende Schuppen mit halbkreisfOrmigen, freier~ Randern geben (Fig. 17b, 39). Die konvexe Seite der Arkader~

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u des Z~hnschmelzes w~hrend der Erh~rtung. 21

ist fast ausnat~mslos der Zahnbeinseite zugewendet, wie S m r e k e r feststellte. Etne genauere Untersuchnng ergibt, dass die Quer- :schnittsformen der Prismen im einzelnen verschieden sind. Liegen die Prismen in regelmAssigen Reihen hintereinander, so erscheinen .sie wie einfache Rinnen mit stark verdiqktem, abgerundetem Boden und zugeschttrften R~ndern. Liegen die Prismen aber in -alternierenden oder unregelm~tssigen I~eihen, wobei jedes Prisma an der einen Fl~che yon zwei oder auch drei Prismen eingedrttckt erscheint, so ergeben sich, start der einfachen, doppelte, oder mehrfache Rinnen, welche yon dttnnen, blatt- oder flttgelartigen Scheidew',mden, die yon der eingedriickten Fl~Xche ausgehen, ge- sondert erscheinen. Bisweilen sind die Doppelrinnen ganz ab- geflacht und aus dem gew61bten K6rper des Prisma geht dann ein :allm~thlich sich zusch~rfender Grat oder Flttgel ab, wodurch das Prisma im ganzen eine abgeplattete Form erhttlt. Es scheint sonder- bar, dass diese bemerkenswerten Strukturbilder, welche S in r e k e r zuerst an Silberpr~tparaten sah und sp',tter auch an gefltrbteu m~d ungeft~rbteu Schliffen eingehend (24) beschrieb, so lauge ttbersehen wurden. I)er Grund liegt wohl darin, dass in fraherer Zeit meistens nur getttzte Schliffe bei schw:,tcherer Vergrt~sserung untersucht wurden. An solchen Schliffen werden die dfinneu flttgelartigen Scheidew~,tnde der l~iunen stark augegriffen und yon der obertt~tchlich gequollenen Kittsubstanz Zwischen den Prismea schwer unterscheidbar. Man erh~tlt dann bei schwachen und rnittlereu Vergr/)sserungen leicht den tr~uschenden Eindruck all- .seitig you geraden Linien begrenzter Polygone; kann sich aber bei starken VergrSsserungeu auch an solchen ge~ttzten Schliffen

r l . . O" yore wahren Sach'cerhalte ttberzeugen. Die Iauschuno wird umso begreiflicher, als .ja in der Tat auch h~tufig yon gel'aden Linien begrenzte polygonale Querschnitte vorkommen (Fig. 5 und 16). Besser mad leichter sind die rinuenf/~rmigen Einbuchtungeu der Prismen an ungeCttzten polierten Schliffen zu sehen. Da mau an Schliffen ht'tufig .ira Zweifel bleibt, ob man reine Querschliffe "con Prismen vor sich hat und ich selbst anfcmglich der Meimlng war, die S m r e k e r s c h e n Arkaden seien durch Schiefschnitte zu erklttren, so war der Versuch an isolierten Prismen die Formen derselben festzustellen, dringend geboten. An teilweise isolierten Prismen, welche an feinen Schliffen sich darboten, hat bereits S m r e k e r die fittgelartigen Fortsfitze der Prismeu sicher nach-

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gewiesen. Schwer gelingt es aus hartem $chmelze einzelne Prismen auf langere Streckea zu isolieren und man bleibt h~tufig im Zweifel, ob die isoHerten Stiicke nattirliche, oder durch Bruch verunstaltete Oberfl~tchen besitzen. Umso besser gelingt die Isolierung an jugendlichem Schmelze, der, wie S m r e k e r zeigte, schon die charakteristischen Formen tier Einbuchtuagen an Schliffen erkennen l~isst. Ich bediente mich zur Isolierung teils der Zahne yon neugeborenen Kindern, vorzfiglich aber der noch nicht durchgebrochenen Molaren eines jungen Wildschweines (Frischling), sowie yon einem Kuhka]be, welche reichliches Material boten. Die Isolierung der Prismen gelingt durch Zerzupfen mit Nadeln in Wasser. 0fter bediente ich reich auch des vor- herigen Kochens des Schmelzes in 10 pCt. Kali- oder Natronlauge, worauf eine Isolierung eines Teiles der Prismen durch Schiitteln in Wasser gelang. Diese mehr schonende Isolierung schien eine bessere Gewhhr f(ir natfirliche Oberfl~tchen zu bieten, als das einfache Zerzupfen. Es ergaben sich jedoch keine wesenflichen Unterschiede tier beiderlei Befunde. Nur das ware zu bemerken, class mit der Schtittelmethode lhngere Prismenstiicke isoliert werden konnten. Untersucht man die vorher in destilliertem Wasser gut gewaschenen Praparate trocken, so finder man, neben Prismenstiicken mit mehr gleichmassig dunklen Konturen, zahl- reiche andere mit mehr weniger gut erhaltenen, diinnen, flfigel- artigen Anhangen (Fig. 3b) und solche yon deutlicher Rinnen- form (Fig. 3 c). Die Fliigel erscheinen meist zaekig ausgesplittert (Fig. 3b und 6a) oder stellenweise ganz abgebrochen (Fig. 3e unten) und gar nicht selten, wie in eiae Reihe feiner Nadeln aufgelSst (Fig. 3d u. 6b, c, d). Letzterer Befund k0nnte viel- leicht auf eine praformierte Struktur anderer Art bezogen werden. Denn man kann mitunter auch zusammenhangende Splitter einer einfachen Prismenlage finden, an welchen benach- barte Prismen durch feine, kammartige Brficken verbunden sind (Fig. 8 u. 13), oder auch Prismenlagen, an welchen in der Auf- sicht eine aus einer Reihe yon HSckern bestehende Kante z u sehen ist (Fig. 10), welches letztere Bild wohl zu dem fr~iheren, wie Aufsicht und Profil sich verhalt. Da die fliigelartigen Fort- satze zwischen die Prismen eindringen, die zuletzt erwahnten Briicken abet zweifellos Verbindungen zwischen zwei Nachbar- prismen herstellen, welche den In~erzellularbrficken, wie man

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sie zwischen Epithelzellen findet, morphologisch entsprechen, so miissen diese I n t e r k o l u m n a r b r f i c k e n , wie ich sie nennen will, yon den flfigelartigen Fortshtzen der Schmelzprismen ebenso unterschieden werden, wie die Flfigel der Flfigelzellen eines geschichteten Pflasterepitheles yon den Stacheln, welche den ab- gerissenen Interzellularbrtmken entsprechen. Ob nun Bilder, wie das in Fig. 3d gezeichnete, auf einen in bTadeln aufgelSsten Fltigelfortsatz oder auf Interkolumnarbrficken zu beziehen sind, erscheint zweifelhaft; doch spricht die L~nge der Zacken und die Tatsache, dass alle Flt!geI eine Neigung zu zackiger Zersplitterung zeigen ftir die erstere Deutung. Die schwierige Frage der Be- ziehungen zwischen Fltigelforts~tzen und Interkolumnarbriicken wird nun noch dadurch verwickelter, dass, wie es scheint, die Interkolumnarbriicken niemals drehrunde Verbindungen zwischen Nachbarprismen, sondern leistenartige, schrag laufende Platten darstellen. Dafiir spricht, dass man solche Leisten an Langs- schliffen direkt sehen kann, wahrend an Querschliffen keine Interkolumnarbrticken gesehen wurden (Fig. 4). Es ist mir nur an Schliffen gelungen, gleichzeitig Flfigelfortst~tze und Inter- kolumnarbrficken zu sehen und ich halte es daher ffir berechtigt, Interkolumnarbrticken und nadelfSrmig aufgesplitterte Fltigel- for[srttze als verschieden anzusehen. Doch ist es h~ufig schwer, beiderlei Dinge auseinander zu halten, umsomehr, als im Laufe der Ausbildung des Schmelzgewebes ~Nachbarprismen mit ihren flfigelartigen Fortshtzen miteinander verschmelzen kSnnen, wie bereits S m r e k er nachgewiesen hat. Besonders Praparate yore jungen Schmelze des Kalbes (Fig. 6, 6d) brachten mich zu der Vermutung, dass Interkolumnarbrficken aus nadelartigen Kalk- staben yon Fliigeln der Prismen hervorgehen k0nnen. Die Unter- suchung der Isolationspraparate yore jungen Schmelze des Kalbes f~ihrte reich auch zu einer, wie ich glaube, befriedigenden Auf- klarung tiber die bisher rtttselhafte, nadelartige Aufsplitterung der jugendlichen Schmelzprismen. Bei der Herstellung yon Praparaten in Wasser sah ich oft Prismen in wMzender Bewegung und konnte dabei an vielen deutlich sehen, dass die Fliigel fast bandartig abgeplattet waren. Viele Prismen" zeigten nadelartig aufgelSste Flfigel, deren Nadeln schr,~g gegen die Lt~ngsachse der Prismen gerichtet sind (Fig. 6b, c, d, Fig. 3d). Der Winkel, welchen die Nadeln mit der L~,tngsrichtung der Prismen bilden,

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ist h~tufig so spitz, dass er unter 300 herabgeht und es ki)nnen, bei fltiehtigem Anbliek, die R'adeln wie "con dem Prisma kt~nstlieh dureh Lgmgsspaltung abgerissene Fttserchen erscheinen. Wenn nun ein solches Prisma wgthrend des W~lzens mit seiner 8ehmalseite zur Ansieht kam, so erhielt man den Eindruck, als ob das eine oder beide Enden der L~nge nach in l~*adeln aufgesplittert w~ren, wie dies Fig. 6e veransehaulicht. Zusammenh~tngende Prismen, welehe in der Ruhelage ihre Sehmalseiten darbieten (Fig. 6f), zeigen ebenfalls haufig an dem einen Ende seheinbar nadelartige Zersplitterung in der Langsrichtung, welehe sich durch die Anwesenheit "con Fltigeln mit schr~tg zur Langsaehse der Prismen verlaufenden .Nadeln erkl~ren lgtsst. Nimmt man dazu, dass stets in Zer- zupfungspr,~paraten yon jungem Schmelze zahlreiehe abgebrochene Nadelstttcke vorhanden sind, so wird man begreifen, dass man sehr leieht den titusehenden Eindruek erh~lt, dass die jugend- lichen 8ehmelzprismen der L~tnge nach in Nadeln zerfallen und eine wesentlich andere 8truktur besitzen, als die fertigen 8ehmelz- prismen, an welehen zwar h~tufig 8chr~igbrtiehe aber keine Nadeln bei Isolationsversuchen zur Beobaehtung kommen. Es wird weiter unten bei Bespreehung der feineren 8truktur der 8chmelzprismen noch ausfiihrlicher davon die .Rede sein mtissen, dass mit der zunehmenden Verkalkung des Sehmelzgewebes diese Nadelbildungen allm~thlieh verschwinden, ohne dass es, wie ieh frtiher annehmen zu miissen glaubte (8, 9), zu einem g~inzlichen molekularen Umbau der Prismen kommt.

Ist es schon recht sehwierig tiber das Verhalten der Fltigel- bildungen jugendlicher Sehmelzprismen und der Interkolumnar- brtieken sieh ein bestimmtes Urteil zu bilden, so bietet ein weiterer Befund an Isolationspr~tparaten des jugendliehen 8ehmelzes noch mehr Rgttselhaftes. iNicht selten findet man isolierte I)latten oder hgmtehenartige Bildungen, welehe die AbdrOeke yon Sehmelz- prismen zeigen (Fig. l lb) , oder welche noeh" an Gruppen yon Sehmelzprismen festhaftend, deutlich erkennen lassen, dass es sieh um Membranen handelt, welche zwisehen Lagen yon Schmelz- prismen sich befinden (Fig. 11a). Die Membranen sind an troekenen Pr~paraten seharfkantig mid zeigen ein Lichtbrechungs- vermSgen, das kaum geringer ist, als jenes tier Prismen. Die Membranen sind also wohl verkalkt. Diese Membranen seheinen sieh nur dort zu finden, wo Prismen in regelm'assigen paralleien.

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Yer~tnderungen des Zahnschmelzes wiihrcncl tier Erhartung. 25

Reihen nebeneinander liegen und am Jungen Schmelze des Frischlinges ist es mir gelungen, am Querschnitte zwischen Reihen abgeplatteter Prismen solche Membranen wahrzunehmen (Fig. 7b). Man k6nnte diese Membranen vielleicht als isolierte Sttmke yon der die Zwischenrfmme zwischen den jungen Prismen erf~dlenden Kittsubstanz ansehen. Allein die selbstandige Isolier- barkeit und besonders auch das Verhalten am Querschnitte, an dessen Rissrande die Membranen hervorragten und deutlieh als eine festere Masse yon der die Prismen zun~tehst umgebenden Substanz unterscheidbar waren, spricht dafter, dass diesen ver- kalkten Hhuten eine gewisse Selbst•ndigkeit zukommt. Eine direkte Beziehung derselben zu den Fltigelmembranen der Prismen ist unwahrscheinlich; die Struktur und das Verhalten am Quer- schnitte spricht entschieden dagegen (siehe Fig. 7).

Die komplizierten Formverhfdtnisse der jungen Schmelz- prismen lassen sich an den fertigen Schmelzprismen nur mehr teilweise wieder finden. Die in der Regel sehr sparliche Zwischen- oder Kittsubstanz zwischen den Prismen, welche ausserdem im ganz harten Schmelze selbst vSllig verkalkt, erschwert die Isolierung intakter Prismen bedeutend; immerhin kann man aus hartem Schmelze rinnenf/)rmige (Fig. l a) und mit ttt~gel- artigen Fortsfttzen versehene Prismenstiicke isolieren (Fig. l b). Dass die Prismen mit Fltigelforts/itzen-auch im fertigen Schmelze bei weitem h~mfiger sind, als rundliche und polygonale Prismen- formen, kann man bier allerdings nur an den Schliffen g u t erkelmen, da die Isolierung intakter Prismenstttcke aus dem harten Schmelz, wie gesagt, nur schwer gelingt.

Abgesehen yon den besprochenen FormverhSltnissen tier fltigel., t)latten- und nadelartigen Bildungen, welehe gewisser- mafien Anh~tnge der Sehmelzl)rismen darstellen, kommen im Verlaufe der Kt~rper der Sehmeizprismen, aueh wenn dieselben yon polygonaler Form sind, nieht selten regelmassig angeordnete Verdiekungen und Verdtinnungen der Prismenk0rper vor, welehe denselben ein varik0ses, oder an den Ritndern gezaektes kussehen "~erleilien. Letzteres hat sehon J. T o m e s (32) an regelmgtssig sieh senkreeht tiberkreuzenden Lagen ~ron Sehmelzprismen der Nagetiere gesehen. Dasselbe kann aber aueh dureh die An- wesenheit yon Interkolumnarbrtieken bedingt sein. Es kommt aber aueh an nieht sieh ttberkreuzenden Prismenbiindeln, nament-

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lich beim jungen Schmelze vor, dass dieselben abwechselnde Verdickungen und Verdtinnungen zeigen (Fig. 9), wodurch eine Art Querstreifung zustande kommt, die abet, ebensowenig als die durch senkrechte Uberkreuzungen oder dutch Interkolumnar- brficken bedingte Querstreifung mit der Querstreifung verwechselt werden daft, die durch .&tzwirkung yon Sauren auftritt, lqicht selten kann man solche Varikositaten der Prismen neben J~tz- streifung beobachten, wie dies beispielsweise in Fig. 12 ab- gebildet ist.

Ausnahmsweise kommen bei Tieren, wie es scheint, auch Prismen vor, welche tier Lange nach aus feinen Faserchen zu- sammengesetzt sind. So finde ich in der aus gekreuzten Prismen- lamellen bestehenden inneren Schmelzlage in den :Nagez~thnen des Eichh0rnchens die Schmelzprismen an Langsschliffen fei~ langsstreifig und an Querschliffen deutlich punktiert.

Uber den Verlauf und die Anordnung der Schmelzprismen sind wir -- soweit es die noch immer auf die Untersuchung von Schliffen bescbrankte Methodik gestattet - - bereits durch die alteren Arbeiten seit L i n d e r e r , H a n n o v e r , J. T o m e s , C z e r m a k, K o e t li k e r etc. viel genauer unterrichtet, als fiber die Formen der Prismen; es soll daher auf diese Frage hier nicht eingegangen werden. Nur dagegen m(ichte ich neuerdings Bedenken erheben, ,wean heute noch die Ansicht Anh~tnger finder, class namentlich in der Krone, scharfwinkelige Knickungen yon $chmelzprismen vorkommen. Ich konnte reich an Stellen, welche solche deutlich zu zeigen scheinen, stets davon iiberzeugen, dass an dem Scheitel des scharfen Winkels Prismen durch- schnitten, also Durchkreuzungen yon Prismen vorhanden waren. Die Kontinuitat der Prismen konnte ich stets nur in Wellen- biegungen, die allerdings oft ziemlich steil sein kOnnen, verfolgen ; der Krtimmungsradius der Kurve der Umbiegung war aber immer noch mindesten 25 t~, also keineswegs eine scharfe Knickung.

II. Struktur der Schmelzpr i smen. Um fiber die feinere Struktur der Schmelzprismen einen

besseren Einblidk zu erlangen, scheint es mir zweckmilssiger zu sein, nicht yon den fertigen, vSltig versteinerten Elementen aus- zugehen, sondern schrittweise die Veri~nderungen zu verfolgen~ welche die Prismen im Laufe ihrerAusbildung durchmachem Unter-

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Ver~nderungen des Zahnschmelzes wahrend der Erh~rtung. 2T

sucht man an noch leicht schneidbarem, juger.dlichen Schmelze die jfingsten, an der freien Oberfl~che befindlichen Prismenstficke, so f~llt schon bei mittlerer VergrSsserung auf, dass dieselben nicht homogen erscheinen, sondern eine kSrnig-wabige Zeichnung ~ erkennen lassen, welche bei der Untersuchung in Wasser oder in verdfinntem Glyzerin hervortritt; noch deutlicher abet an trockenen Schliffen oder Isolationspr~paraten, wobei freilich zu- fallige Unebenheiten der Oberfl~che die Untersuchung oft in st6render Weise erschweren. Mit homogener Immersion und starker Beleuchtung kann man auch am Glyzerinpr~tparate den globulitisch-wabigen Bau der Prismen deutlich erkenneni feine, rundliche oder l~ngliche, stark lichtbrechende K6rnchen, welche- teilweise untereinander verschmolzen sind, lassen zwischen sich rundliche, da und dort zusammenfliessende Raume ~ibrig, welch+ yon einer schw~cher lichtbrechenden Substanz erfilllt sind. Dies. lasst sich sowohl an der Profilansicht (Fig. 2), als an den Quer- schliffen der Prismen (Fig. 5) deutlich erkennen und es ist da= durch tier Zweifel ausgeschlossen, dass die Zeichnung etwa der zwischen den Prismen befindlichen Substanz allein zukame. Letztere hat allerdings auch ein undeutlich wabiges Ansehen, erscheint aber im ganzen viel blasser als die Substanz der Prismen. Ich stehe also nicht an, den eben in Bildung be- griffenen Prismen einen globulitisch-wabigen Bau im $inne O. B i l t s c h l i s (4) zuzuschreiben, wie ihn dieser Forscher ar~ vielen festen Substanzen, darunter an Bildungen aus kohleno saurem Kalk, an krystallinischen Strukturen verschiedener Art und sein Schiller O. R S m e r (21) insbesondere auch an den Prismen yon Muschelschalen nachgewiesen hat. Verfolgt m a n die jungen Schmelzprismen yon der Oberfiache nach innen, so. wird tier globulitisch-wabige Bau weniger deutlich und bei mitt- leren VergrSsserungen erseheinen die Prismen oft yon fast gleich- m,~ssiger Helligkeit und Durchsichtigkeit, bei starkem Licht- brechungsvermSgen. Doch erkennt man an vielen Prismen die frilher erwahnten varikSsen Anschwellungen und haufig schrag zur Langsachse des Prismas gerichtete Streifen, welche an ge- flfigelten Prismen in die nadelartigen Differenzierungen der Fliigel sich fortzusetzen scheinen. Bei starken Vergr~sserungen erkennt man dann wohl, dass auch an diesen Bildungen eine globulitische Struktur noch zu erkennen ist und dass die quere~

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Streifen, sowie die nadelartigen F~tserchen durch reihenweis dichter vereinte K0rner zustande kommen. Die Annahme einer globulitiseh-wabigen Struktur, auch f~tr anscheinend homogen erscheinende junge Prismen, findet eine Stfitze in dem Erfolge der Impr~tgnations- und Farbeversuche. Junge Schmelzprismen lassen sich leicht intensiv farben mit Methylblau, ferner mit Purpurin, welches ich nach tier Methode yon G r a n d i s und M a i n i n i (14) anwendete. Mit Jodkaliumjodl(isung erhalt man lebhafte Braunfarbung tier Prismen. Einen zuf~lligen F~rbungs- efl'ekt erhielt ich dutch die yon mir behufs Herstellung yon Zahnschliffen gewShnlich angewendete Methode. Ich brachte die zunachst aus freier Hand angeschliffenen Z~hne in eine alkoholische, mit Benzol gekl~rte LSsung yon ungebleichtem Schellack, der zur Vermeidung saurer Reaktion etwas Natriumkarbonat zugesetzt war. Die Z~hne blieben darin 24 Stunden, wurden dana auf Objekttragern mit einem grossen Tropfen der SchellacklSsung bei Ofenwarme bis zum festwerden des Schellacks belassen und nun rein geschliffen und nach LSsung des Schellacks in Alkohol poliert. An solchen Schliffen war nun jedesmal der jugendliche Schmelz lebhaft rot gefarbt durch das im ungebleichten Schellack enthaltene Erythrolaccin. Alle diese F~trbungsmethoden beweisen zunachst nur, dass die jugendlichen Schmelzprismen f~ir Fltissig- keitell durchdringbar sind, da sich die Substanz der Prismen dutch and dutch intensiv farben lhsst; iiber die feineren Ver- haltnisse der globulitischen Struktur zeigen sie jedoch nicht mehr als ungef~rbte Prismen. Um eventuell ~iber den Ort der Ab- lagerung des Calciumphosphates etwas Genaueres zu erfahren, versuchte ich nach der Methode yon L i l i e n f e l d und A. Mont i (18) zum Nachweise der mikrochemischen Lokalisation des Phospliors Schnitte yon vorher in Celtoidi~l eingebettetem, jungem Schmelze mit Ammoniummolybdat in salpetersaurer L~isung and nach- t~agliche Behandlung mit PyrogalloI zu imprhgnieren. Ich erhielt abet nut eine diffuse graublaue F~rbung. Die Prismen erschienen nur an ihren jiingsten Ltusseren Enden yon etwas grSberen dunkler gefi~rbten K(irnern erfiillt, sonst rein wabig. Eine weitere Yerfolgung solcher Versuche schien umsoweniger von Interesse', als, wie L. H e i n e zeigte (Zeitschr. f. physiol. Chemie, 22. Band, S. 132) die Reaktion auch bei phosphorfreien $ubstanzen ein- treten kann. Besondere Bilder erh~llt man abet -- wenn auch

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nicht konstant - - durch Imprttgnation mit Silbetnitrat. Bringt man kleine Splitter yon jungem Schmelz in 3/4% Silbernitrat durch einige Stunden im Dunkeln und reduziert hierauf im Lichte, so erhalt man manchmal eine Braun.-bis Schwarzfi~rbung der Prismen, welche eine mehr weniger regelmf~ssige Zeichnung erkennen lasst. Man sieht stellenweise eilie Querstreifung, be- dingt durch Reihen yon heUeren KOrnern, welche durch dunkel gefarbte Zwischenraume .getrennt sind und an den nadelartige~ Splittern ebenfalls eine Zusammensetzung aus helleren K6rner• mit dunkleren Zwischenrttumen. Doch tritt diese Ft~rbung nicht konstant auf, gewShnlich werden die Prismen gleichmassig braun bis schwarz; bisweilen bleiben die Prismen farblos und die Schwarzfarbung besehrankt sich auf die Kittsubstanz, welche im jugendlichen Schmelze immer relativ reichlich zwischen den Prismen vorhanden ist und die leiehte Isolierbarkeit derselbe~ bedingt. Bei den eigentlichen F~rbungsmethoden fitrben sich die Prismen und die Kittsubstanz; doch ist die F,'trbung der ersteren stets intensiver, als die der letzteren ; eine diflerenzierende Ft~rbung konnte ich mit Farbstoffen nicht erzielen.

Haben di~ Schmelzprismen einmal ein mehr homogenes Au- sehen gewonnen, so ist bereits, wie an v611ig ausgebildeten Prismen, eine grosse Neigung derselben beim Isolieren schrag abzubrechen, vorhanden. Es ist dies besonders deutlich an deu, h':mfig beim Wildschweine und Kalbe vorkommenden, abgeplattete~l Prismen zu sehen und man kann an diesen, wenn sie sich in: einen nadelf6rmig zersplitterten Fltigel fortsetzen, oft die Be- obachtung machen, class die Richtung des Schragbruches mit jener der Nadeln tibereinstimmt (Fig. 6b: d). Mit zunehmender Homo- genisierung der Prismen nimmt ihre F~rbbarkeit ab, die durclt Varikositttten bedingten Querstreifen verschwinden allmahlich und die nadelfOrmigen Bildungen verschmelzen mehr und mehr zu zusammenh~ngenden, blattartigen Massen. Aber noch immer sind die Prismen relativ leicht isolierbar und an Schliffen als scharf gesonderte Eiemente zu sehen. Sie zeigen ausserdem zu dieser Zeit eine besondere Neigung, dutch schwach saute Flfissigkeiten, deutliche Querstreifung zu erhalten und Schliffe, welche mit Schellackeinbettung hergestellt wurden, ohne Zusatz yon Mkalien, zeigen oft ,file Prismen deutlich quergestreift. Die Ausbildung der Flitgel bedingt nun h~ufig an Lttngsschliffen ein Bild, da~

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zu der Tauschung Anlass geben kann, als ob zwischen dell Prismen eine Substanz vorhanden sei, die das Licht stt~rker bricht, als die Prismeu. Es erscheinen namlich die Zwischenrhume zwischen den Prismen bei hoher Einstellung hell und bei tiefer Einstellung dunkel. Ich kannte diese Erscheinung schon seit meinen ersten Untersuchungen tiber den Zahnschmelz (5), glaubte sie aber .dadurch erklaren zu sollen, dass an den oberflhchlich gelegenen Prismen konkave Flhchen dutch muscheligen Bruch entstanden seien. Man kann ~ber die Erscheinung, wie ich mich jetzt iiber- zeugte, an vollstandig eben polierten Schliffen wahrnehmen. Erst durch die Entdeckung S m r e k er s, fiber das haufige Vor- kommen yon Fltlgeln an den Prismen wird die Erscheinung be- greiflich; die zwischen je zwei Prismen in der reinen Aufsicht -corliegenden Fltigelkanten bedingen die leuchtende Lichtlinie bei hoher Einstellung. Wo keine Fltigel vorhanden sind, sieht man stets das typische Bild der Kittsubstanz; dieselbe erscheint wesentlich schwacher lichtbrechend; also dunkel bei hoher, hell bei tiefer Einstellung. Mit fortschreitender Umbildung des Schmelzes wird die organische Substanz spttrlicher und beim Entkalken in Saure erhhlt man zwar noch einen zusammen- hangenden Rest der organischen Grundlage, derselbe ist aber im Bereiche der Prismen viel weniger dicht und schwacher farbbar -als im Bereiche der Kittsubstanz. Dann folgt ein Stadium, in welchem die Prismen in Sauren sich vollstandig 16sen und nur mehr die Kittsubstanz als zusammenh~tngendes Maschen- oder Wabenwerk ttbrig bleibt, das sich mit Eosin, Congo usw. lebhaft farben lttsst. Mit der vollstandigen Ausbildung des fertigen -Schmelzes verschwindet die Fhrbbarkeit desselben g~nzlich, die Widerstandsfahigkeit gegen schwache Saurewirkung nimmt zu und es kommt endlich auch noch zur teilweisen Verkalkung der Kittsubstanz zwischen den Prismen, wohl auf dieselbe Art, wie -die Yerkalkung der Prismen selbst, indem durch fortschreitende Globulitenbildung endlich die ganze Kittsubstanz erhartet. In -diesem Zustande wird dann auch die Kittsubstanz in St~uren 16slich, bleibt abet immer noch schwerer 16slich als die Substanz der Prismen. Als Beginn dieses Vorganges betrachte ich~ ab- ~;esehen yon den wohl nur zwischen regelmttssigen Reihen yon Prismen vorkommenden, selbst,~ndig verkalkenden Membranen~ die /Bildung yon Interkolumnarbrticken, beziehungsweise Interkolumnar-

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leisten, wodurch zunhchst unterbrochene Zusammenhange und endlich, durch Ausfiillung der noch vorhandenen Zwisc~enr'.~ume, ziemlich solide Verschmelzungen der Prismen zustande kommen. So entstehen noch vor dem Durchbruche des Zahnes ausgedehnte Bezirke des Schmelzes, welche fiir das freie Auge vSllig durch- scheinend sich darstellen; an polierten Schliffen abet, fast wie eine homogene Masse erscheinen, welche keine deutlichen Grenzen yon Prismen mehr erkennen l~sst. Doch kann mall auch an solchem, die hSchste Stufe der Ausbildung erreichendem Schmelze an Splittern meist noch die Prismenstruktur erkennen uad stets dutch leichte Atzung mit Salzshure dieselbe sofort zur An- schauung bringen; ein Beweis, dass auch im ganz batten $chmelze die Kittsubstanz nicht so vollkommen verkalkt ist, wie die Prismen. Der kurz geschilderte Umwandlungsprozess der $chmelzprismen .schreitet nun niemals an allen Pu~kten des Zahnschmelzes his zur ~'ollstandigen Erhartung des Schmelzes fort, am meisten n~thern sich diesem Zustande unter den menschlichen Z~thnen gut ausgebildete Milchschneidez~hne. Einzelne Schmelzbezirke bleiben dauernd auf einer relativ fri~hen Entwicklungsstufe stehen, oder machen Umwandlungen durch, welche zu anderen Strukturbildern ftihren, als jenen, weiche dem normalen vOllig harten Schmelze zukommen. Es sind dies die besonders fiir die bleibendeu Z~thne charakteristischen R e t z i u sschen Linien oder Streifen, beziehungs- weise die Konturstriche ( P r e i s w e r k , 20), dann die auch bei Milchz~thnen vorkommenden bandartigen R e t z iu s schea Streifen (Konturbhnder, P r e i s w e r k), ferner unregelmfissig angeordnete Schmelzbezirke, die durch Lficken und Kanalchen ia der Kitt- substanz und unvollsthndig verkalkten Prismen ausgezeichnet sind, endlich die durch mehr weniger zahlreiche Kan~lchen und unregelmassige Hohlraume stets ausgezeichnete Schmelzlage dicht am Zahnbeine.

III. R e t z i u s s c h e Strei fen u n d S c h m e l z k a n ~ l c h e n . Mit den R et ziusschen Streifen babe ich reich bereits •or

15 Jahren eingehend beschhftigt. Damals handelte es sich wesentlich um den hTachweis, dass die scharfen braunea Linien, so wie die breiteren, br~unlichen, bandartigen Streifen an trockenen Schliffen wesentlich dutch zwischen den Prismen befindliche Luft bedingt seien, wie zuerst B a u m e bestimmt behauptet hatte und

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um die Widerlegung jener Angaben, welche die Linien durch Pigment, oder dutch die besondere Verlaufsrichtung der Prismen erklaren wollten. Die damals gegebene Darstellung war zunhchst eine rein beschreibende und ich unterschied nach dem VerhMten an L~'mgsschliffen zweierlei Streifen, die ich als R e t z i ussche Streifen erster und zweiter Art unterschied. An den Streifen erster Art findet man stets an der Schlifffl~iche li~ngs des Streifens die Prismen abgebrochen, die Streifen zweiter Art liegen in der Tiefe, ohne class langs derselben Bruchr~nder yon Prismen zu sehen wttren. Dass beide Arten yon Streifen nur verschiedene Erscheinungsformen desselben Strukturverhhltnisses sind und an trockenen Schlifl'en luftf~ihrende Spalten um die Prismen enthalten, war ein Ergebnis, das wohl ziemlich allgemeine Zustimmung fand. Dass es sich im Bereiche der R e t z i u s s c h e n Streifen um eine unvollkommene Ausbildung des Schmelzgewebes handle, welche den durch die Interglobularri~ume bedingten Konturlinien des Zahnbeines vergleichbar sind, ist eine naheliegende Vor- stellung. Die Schichten der successiven Schmelzablagerung ent- sprechen der Richtung der R e t zi u s schen Streifen, beziehungs- weise jener Fli~chen, deren Durchschnitte die Streifen sind, und A. R e t z i u s , L i n d e r e r , H a n n o v e r u n d K o e l l i k e r n a h m e n daher an, dass die Streifen durch die schichtweise Schmelzbildung entstehen, eine Annahme, welche namentlich durch die Unter- suchungen von O. Zs i gm o n dy (29) tiber pathologische Schmelz- hypoplasie eine wesentliche $ttitze land. Eine Schwierigkeit bieten aber die an Schliffen regelm~ssig an den yon mir als erster Art bezeichneten Streifen vorkommenden Bruchenden der Prismen. Die Streifen kreuzen die Prismen meist unter Winkeln yon 40~ ~ und da die Prismen fast quer abgebrochen sind stellen die Bruchenden eine Art Treppe dar, welche die scharfe Grenze des Streifens bildet. Wie sollten diese e.rklart werden? Handelt es sich um ein successive sich ~tndernde Verlaufsrichtung der Prismen, etwa so, dass jedes der im Streifen yon der Ober- flache des Schmelzes gegen das Zahnbein sich folgenden Prismen etwas friiher aus tier Schliffebene hervortritt als das vorher- gehende? W~ire dies der Fall, miisste man Richtungsltnderungen der Prismen sowohl an L,~ngs- als an Querschliffen in den Streifen nachweisen k6nnen, was jedoch nicht gelingt, wobei allerdings nicht in Abrede gestellt werden soll, dass es auch Streifen' gibt

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in dereu Bereiche pl0tzliche Richtungsi~nderungen vorkommen. Aber gerade solche Streifen, die meistens als Konturb~n~ter im oberen Teile der Krone vorkommen und die Oberilache nicht erreichen, best~ttigen die Regel, dass die typischen feinen Re t z iu s schen Linien, die Konturstriche, welche zwischen den Schmelzwiilstchen (Perikimatien) enden, und nur bei den bleibenden Z~hnen vorkommen, 1) keine Richtungs~nderung der Prismen er- kennen Iassen. Es muss daher die Ursache des treppenartigen Abbrechens der Prismen im Bereiche der Streifen in einer be- sonderen Br[ichigkeit der Prismen an solchen Stellen gesucht werden. Die Untersuchung nicht v011ig ausgebildeter, noch im Zahnshekchen befindlicher, bleibender Z;thne des Menschen be- st~ttigt die Richtigkeit dieser Annahme. Man sieht die R e t z iu s- schen Linien an solchen Z[thnen, an welchen die Prismenstruktur tiberall scharf hervortritt, bereits als in der Entwicklung etwas weniger fortgeschrittene Stellen. Man kann abet nur ganz aus- nahmsweise und an nur sehr kurzen Streeken der L~ngsschliffe yon solchen Z~thnen ein Bild sehen, das den R e t z i u s s c h e n Streifen erster Art entspricht wie man sie an LZmgsschliffen bleibender durchgebrochenen Z~,thne in Menge sieht. Alle Streifen der noch nicht durchgebrochener Z~hne, welche feucht geschliffen und poliert wurden, entsprechen in dem gr0ssteu Teile ihres Verlaufes den Streifen zweiter Art und man sucht oft an ganzeu Schliffen vergeblieh nach einer Spur von Streifen erster Art. De r Umstand aber, dass -- wenn auch selten - - an einem oder dem anderen Streifen ein kurzes Sttick mit Prismenbrtichen sich finder, scheint mir die Richtigkeit der gegebenen Erkl~trung zu sichern. Es sind eben an noch un- fertigen, niemals trocken gewordenen Z;thnen die Prismen in den Streifen relatiu gegentiber den normalen Prismen, weniger brtichig, als bei fertigen Zahnen; namentlich wenn letztere vor dem Schleifen ausgetrocknet waren. An den R e t z i u s s c h e n Streifen der noch unfertigen Zahne, an welchen die Prismen- struktur noch tlberall im Schmelze scharf hervortritt, treten die Streifen bei schwacher u im durchfallenden Lichte

~) lq, u d a s wirft" die Konturstriche mit den Konturblindern, welch letztere aueh bei I~ilchzi~hnen vorkommen, zusammen und bezweifelt auf Grund dieses :~[issverst~ndnisses die unbestreitbare Tatsaehe, dass die Kontur- striche nut bei bleibenden Zahnen vorkommen.

A r c h i v f. mikrosk. Anat . Bd. 67, 3

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dutch geringere Durchsichtigkeit hervor und im auffallenden Lichte durch etwas sthrkeres ReflexionsvermSgen, in dem sie weisslich erscheinen. Mit st~trkeren VergrSsserungen fiberzeugt man sich, dass diese geringere Durchsichtigkeit yon zwei Ur- sachen abh~ngt. Erstens yon einer relativ dickeren Schicht yon Kittsubstanz zwischen den Prismen, zweitens yon einer haufig mehr k0rnigen Beschaffenheit der Prismen selbst -- beides Charaktere der Fr~hstadien der Prismenentwicklung. Dazu kommt die starkere F~trbbarkeit der Prismen in den Streifen gegentiber den angrenzenden Prismenabschnitten, was insbesondere bei Purpurinfftrbung deutlich hervortritt und endlich die grosse Neigung der Prismen in dell Streifen bei ganz schwacher Stture- wirkung querstreifig zu werden. Alle diese Eigenschaften kommen auch dem jugendlichen Schmelze zu. Je weiter die Ausbildung des Zahnes fortschreitet, um so scharfer tretea die Streifen, welche haufig auf tier geschilderten Ausbildungsstufe noch am fertigen Zahne zu finden sind, hervor; besonders scharf dann, wenn die benachbarten Schmelzlagen in ganz harten, fast homogenen Schmelz sich umwandeln. I)ass an troekenen Zahnen die R e t z i u s s c h e n Linien im aufl~llenden Lichte weiss wie Kreide~ im durchfallenden braunlich bis scllwarz sich zeigen, sind Erscheiuungen, die sie ebenfalls mit noch unentwickeltem Schmelze teilen, der ja iu trockenem Zustande ebenfalls weiss, wie Kreide, erscheint infolge der, hier wie dort, beim Austrocknen zwischen den Prismen in tier weichen Kittsubstanz entstehenden, mit Luft sich ftillenden Spalten. Die Farbbarkeit teilen die R e t z i u s s c h e n Streifen ebenfalls mit dem embryonalen Schmelze. P r e i s w e r k (20), welcher die Farbung der Re t z i u s schen Streifen mit Jod erkannte, wollte darin einen Beweis sehen, dass die Undurch- sichtigkeit beziehungsweise br~tunliche Farbe der trockenen Streifen nicht yon Luft herriihren. Es fitrben sich abet die auf embryo- naler Stufe stehengebliebeneu Prismen und die zwischen denselben befindliche, noch weiche Kittsubstanz, was sehr wohl vertraglich ist mit dem Auftreten yon Luft all den trockenen Schliffen.

Nicht immer bleiben die R e t z iusschen Streifen auf der geschilderten Embryonalstufe stehen. Bisweilen kommt es auch in diesen zu einer sehr dichten Verkalkung der Prismen, ja auch teilweise der Kittsubstanz, wahrend ein Teil der Kittsubstanz unverkalkt bleibt, ja vielleicht sich sogar verflt~ssigt, wodurch

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dann die mannigfaltigst gestalteten Hohlr~ume zwischen den Prismen ttbrig bleiben (Fig. 14), welche die Streifen ausser- ordentlich dunkel, auch an feucht aufbewahrten Schliffen :erscheinen lassen, da der Brechungsquotient der YSllig verkalkten Prismen gegent~ber der in den Hohlraumen befindlichen Fltissig- keit, deren Brechungsquotient yon jenem des Wassers kaum sehr raerklich versehieden sein dtirfte, ein sehr hoher ist. Die Prismen sind an solchen Stellen zum Tell sehr dt~nn geblieben, die Hohl- raume zwischen denselben Yon der mannigfaltigsten Gestalt, tells einfache Spalten, welche einen geringeren oder gr•sseren Tell der Prismen umgrenzen, tells rShrchenartige Bildungen, tells buchtige, :sternartige oder ganz unregelmassige R,'tume, welche sich zwischen unregelm,~ssig gestaltete, teilweise verschmolzene Prismen ein- schieben und an den Grenzen der Streifen blind endigen. Inter- prismatische Kanalchen kommen nun, wie bekannt, auch ander~v~rts im fertigen Schmelze vor und Yor allem finder man in den an,, das Zahnbein grenzenden, am frtihesten erh,~rtenden $chmelzlagen mehr minder zahlreiche KanMchen und unregelmt'tssige Liicken, welche zum Tell mit den arrodierten ZahnkanMchen an der Zahnbeinoberfl~ehe zusammenhangen. An Querschliffen ausgebil- deter bleibender Z~thne sieht man in der Regel eine ziemlich regelm',tssige Anordnung yon Spaltraumen, welche an trockenen Schliffen mit Luft sich ffillen und, wie bereits R u d a s und D o u g I a s E. C a u s h zeigten, Farbstoffe aufnehmen kSnnen. S m r e k e r (2r erhiett nach tier Methode yon R u p r e c h t mit Fuchsin-Alkohol intensive Fhrbungen. Es handelt sich um ~vindschief Yerbogene, blattartige Prismenlagen, welche meist an den Firsten zwischen den oberfl~chlichen Gruben des Zahn- beines ihren Ursprung nehmen und nach ausw'~rts gegen die Mitre des $chmelzes sich mehrfach zerteilen und gewShnlich die Sehmelzoberfi,~che nicht erreichen. Diese Bltttter stehen in Abst',~nden yon 0.07--0.15 ram, im Mittel etwa 0.01 mm Yon einander entfernt (Fig. 40). Die Prismen in denselben sind dtinn, unvollkommen ausgebildet und zwischen denselben ist reichliche unverkalkte Kittsubstanz, welche M i l l e r (19) und V i g g o An d r e s e n (1), jeder unabh~ngig yon dem anderen, bei u suchen den Schmelz in Sauren zu 15sen als unlt~sliche Schmelz- reste darstellen konnten, ohne die Bedeutung des Befundes klar zu stellen. Die unverkalkte Kittsubstanz dieser Sehmelzbl,~tter

3*

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hangt direkt mit den Zahnkanalchen zusammen; es wurdea diese Blatter fr~iher offenbar, so auch yon mir selbst (5), f~ir kt~nstliche Sprtinge gehalten, was um so leichter geschehen konnte, als an Langsschliffen die Regelmassigkeit der Bl~ttter nicht hervortrit t und dieselben als Stficke yon Konturbandern sich darstellen k~)nnen. Es scheint mir ausgeschlossen, alle diese mannigfaltigen Kanalchen- und Hohlraumbildungen im fertigen Schmelzgewebe anders erklaren zu kSnnen, als di~rch unverkalkte Reste der ur- sprtinglich fiberall zwischen den Prismen vorhandenen, weichen Kittsubstanz. T o d d - B o w m a n und L e s s i n g nahmen Kan~le im Schmelze zur Fortleitung yon Fltissigkeit aus dem Zahn- beine als konstant an. K o e l l i k e r wollte in seiner mikro- skopischen Anatomie (1852) nicht so welt gehen, beschreibt abet schon treffend die Schmelzkanalchen: 1. als Fortsetzungen der Zahnkan,~lchen, teilweise mit 2. Erweiterungen, 3. spaltfSrmige Lticken in den mittleren und ausseren Teilen die mit den. vorigen nicht zusammenhangen ; letztere namentlich in den farbigen. Streifen d.h. die R e t z iusschen Linien und die Konturb~mder. Er f~igt dann noch ausdrticklich bei: ,,Wo die Schmelzprismer, Kanale zwischen sich haben, ist die Zwischensubstanz nicht zu leugnen '~. Es soll bier nicht ausfiihrlich noch einmal auf die Frage der Kittsubstanz oder Grundsubstanz, wie R u d a s (22) sie nennen will, eingegangen werden, welche dutch S m r e k e rs (23} Silbermethode eine wesentliche FSrderung erfuhr und zu un- gerechtfertigten Einwendungen yon Seite Prof. O. W a l k h o f f s (25, 26, 27) Anlass gab, welche ich zu widerlegen suchte (10, 11). Ich glaubte nur nochmals betonen zu sollen, dass eine ver- standliche Darstellung der Schmelzentwicklung ohne die Annahme einer Zwischen- oder Kittsubstanz tier Schmelzprismen kaum denkbar ist und dass die yon O. W a l k h o f f behauptete Existenz einer besonderen Kortikalschicht tier Prismen eia optisches Trugbild ist.

IV. D o p p o l b r o c h u n g , U n t o r s u c h u n g s m o t h o d o n ,

Entwicklungsstufen des Schmelzes. Wie bereits einleitend bemerkt wurde, war das Zusammen-

gehen der Umwandlung des jugendlichen, weichen in den harten, fertigen $chmelz mit der Umwandlung der vor~ibergehenden positiven Doppelbrechung in eine bleibende negative das Haupt-

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hilfsmittel, um topographisch die Verteilung yon jttngerem und .~lterem Schmelz an Sehliffen durch die ganze Zahnkrone fest- zustellen. Es war somit ein eingehenderes Studium der Doppel- breehung des Schmelzes geboten. Die noch leicht isolierbaren, bereits stark gl~nzend und nicht mehr k~rnig aussehenden, jugendlichen Prismen lassen sich trocken auf ihre Doppelbrechung als vSllig isolierte Prismen untersuchen. Ihre Doppelbrechung ist auffallend stark; schon ein einzelnes Prisma erscheint in diago- haler Stellung hell im dunklen Gesichtsfeld bei gekreuzten Nicols und erhSht die Farbe t~ber ether Gypsplatte Roth I . O. bis Indigblau in Additionsstellung (Fig. 34,c) und erniedrigt die- selbe auf Gelb in der Subtraktionsstellung (Fig. 34d). Bet st~rkeren VergrSsserungen macht man die wichtige Beobachtung, dass haufig einzelne, namentlich gefltigelte Prismen bet keiner Stellung vollst~adig neutral sind, sondern in der Stellung, in welcher das Prisma die Farbe des Gypsgrundes mSglichst unver- �9 ~ndert wieder~bt, immer noch einzelne Flecken oder die ganzen Flfigel die Farbe erhShen oder vermindern (Fig. 34a und b). Die Beobachtung ist deshalb yon Wichtigkeit, weft sie zeigt, dass die Schmelzprismen auf keinen Fall die St~:uktur eines einheitlichen Krystalles haben. Eine zweite bemerkenswerte Tatsache ist die, dass sehr h',~ufig die optische Achse der Prismen nicht mit der morphologisehen Achse derselben zusammenf~llt. Ich wurde auf diese Tatsache zuerst an radiaren L[mgsschliffen yon fertigen Z'Shnen aufmerksam, an welchen die Grenzlinien der, der freien Zahnoberflhche zugewendeten Prismen, die unter sich ziemlich genau parallel sind, fast niemals mit dem im Analysatorocular die Richtung der Polarisationsebene markierenden Faden zu- sammenfie!en, wenn die Prismen die Farbe des Gypsgrundes mSglichst genau wiedergaben. Ich dachte zuerst an eine T~uschung durch in tier Tiefe des Schliffes in anderer Richtung laufende Prismen, bis ich die Ersckeiaung auch aa einzelnen, jugendliehen Prismen beobachten konnte. An einzelnen fertigen Schmelz- prismen It~sst sich diese Tatsache nicht feststellen, da die negative Doppelbreehung derselben viel schwt~cher ist, als die positive

jugendlicher Prismen und infolgedessen die Bestimmung der neutralen Richtung an einzelnen Prismen sehr ungenau wird. Ich suchte an einzelnen jugendlichen Prismen den Winkel, ~welehen die optische Achse mit der Prismenachse bildet, zu be-

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stimmen was nur mit einer Unsicherheit yon 40--60 m5glich ist und land, dass der Winkel 5~ ja 200 und dartiber und zwar sowohl an Milch- als Ersatzzahnen betragen kann. Za weiteren Untersuchungen bentitzte ich dann Schliffe fertiger Zahne um den Winkel zwischen P~ismenrichtung und Richtung der optischen Achse zu bestimmen. A n Querschliffen der Zahne bemerkte ich keine merkliche Abweichung, wohl aber an den radiaren Langs- schliffen. Daraus folgt, dass die optische Achse mit tier Langs- achse der Prismen einen Winkel bildet, dessen Schenkel an- nahernd in einer Ebene liegen, welche durch die Zahnachse geht. Entsprechend diesen Befunden an isolierten Prismen und all Lhngs- schliffen ergab sich auch, dass reine Querschliffe yon Prismen nicht immer bei jeder Stellung die Farbe des Gypsgrundes wiedergeben. Als Kriterium des reinen Querschliffes diente aus- giebige Verschiebung der Mikrometerschraube. Schiefschnitte zeigen dann eine deutliche Verschiebung der Prismendurchschnitte, wahrend an reinen Querschnitten eine solche nicht eintritt. Die Untersuchung der radiaren Langsschliffe ergab, dass im oberen Teile der Zahnkrone die Richtung der Prismen, yon der Zahn- beinseite gegen die $chmelzoberflache, kronenwarts starker ge- neigt ist, als die Richtung der optischen Achse; doch nimmt der Winkel, welchen die beiden Richtungen bilden, vom oberen Teile der Krone, wo er mehr als 200 betragen kann, bis zum Schmelz- rande am Zahnhalse auf 6--70 ab und kann auch stellenweise, namentlich an der Lingualseite der Z~hne, 0 ~ werden. Die optische Achse in Bezug auf ihre Richtung zur Oberflache des Schmelzes zeigt im ganzen eine derartige Richtungsanderung, dass sie im oberen Teile des Schmelzes eine geringe Neigung gegen die Kronenspitzen zeigt, dann gegen den Zahnhals allmah- lich sich senkrecht zur Schmelzoberflache stellt und am Schmelz-- rande des Zahnhalses schliesslich etwas wurzelwarts geneigt i s t .

Die positive Doppelbrechung jugendlicher Schmelzprismerr ist ausser an den trockenen Prismen auch an solchen, ,die in Wasser oder klkohol untersucht werden, deutlich wahrnehmbar; doch ist sie schon in diesen Fliissigkeiten etwas sehwacher als an dem trocknen Praparate. Die meisten anderen Fliissigkeiten: beeinflussen aber die Doppelbrechung in hSherem Grade. Terpentin01, Benzin und Paraffin01 schwachen die positive Doppel- brechung sehr merklich, konzentriertes Glyzerin drfickt dieselbe

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fast auf 0 ~ herab und bewirkt bisweilen bereits schwach negative Doppelbrechung, ahnlich wirken OriganumS1, Xylol und Monobrom- naphthalin, etwas st~rker AnisS1 und Schwefelkohlenstoff. Dagegen rufen ZimmtS1, CassiaS1, NelkenS1, Salizylaldehyd und AnilinSl sehr deutliche negative Doppelbrechung hervor, die jedoch viel schwacher ist, als die ursprfingliche positive. Wascht man die genannten Flfissigkeiten mit Alkohol wieder aus, so zeigt der Schmelz genau dasselbe Mal~ yon positiver Doppelbrechung wie vorher. Daraus folgt wohl notwendig der Schluss, dass die in so augenf~tlliger Weise das optische Verhalten des jugendlichen Schmelzes beeinflussenden Flfissigkeiten keine bleibende Struktur- veranderung in demselben bewirken. Man muss annehmen, dass gerade so, wie die Farbstoffe, auch die genannten Fltissigkeiten in die anscheinend schon homogen erscheinenden Prismen ein- zudringen vermSgen, abet in der rein porSsen Masse der Prismen Spannungen erzeugen, welche die totale Umkehr der Doppel- brechung veranlassen. Ich machte die Beobachtung zuerst mit ZimmtS1, das ich versuchte, um den Brechungsquotienten der jugendlichen Schmelzprismen zu bestimmen. Ich land, dass der Breehungsquotient der ordentlichen Welle flit die Linie D in den Schmelzprismen yon dem Schneidezahn eines neugeborenen Kindes mit jenem yon ZimmtS1, dessen Brechungsquotient f~ir die Linie D gleich 1.5889 war, ~ibereinstimmte, dass aber nun die ordentliche Welle die starker brechbare geworden, wahrend sie im trocknen Prisma die schwacher brechbare war. Der Befund der Umkehr der Doppelbrechung wurde yon mir bereits frfiher an anderen imbi- birbaren Gewebeelementen, ebenfalls zufallig, gemacht. In einer im Jahre 1894 verSffentlichten Abhandlung (7) hatte ich bereits nachgewiesen, dass leimgebende Gewebe, sowie Chitin und Spongin durch Zusatz phenolartiger Verbindungen, besonders yon Phenolaldehyden, zu welchen das ZimmtS1 geh~rt, eine totale Umkehrung der Doppelbrechung erleiden, welche - - nach Aus- schluss andererMSglichkeiten - - nur dutch veranderte Spannungen im Innern der Gewebeelemente begreiflich wird. DieseSpannungs- anderung hat aber die Imbibirbarkeit oder Durchdringbarkeit der Substanz dutch die wirkende Flftssigkeit zur notwendigen u Es schien mir also die leichte Beeiniiussbarkeit der Doppelbrechung der jugendlichen Schmelzprismen ein schla- gender Beweis ftir die Richtigkeit der Annahme, dass bei der

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Ausbildung der Prismen nicht bloss eine Verdickung derselben durch Auflagerung, sondern eine fortschreitende Verdichtung durch iNeueinlagerung yon Kalksalzen zwischen die kleinsten Massenteilchen stattfinde. In Ubereinstimmung damit steht auch der Befund, class der Brechungsquotient der ordentlichen Licht- welle mit zunehmender Ausbildung derPrismen betrachtlich, yon 1.5889 auf 1.6277 zunimmt. Dass schliesslich die Schmelzprismen einen Grad yon dichter Aneinanderlagerung der kleinstenMassen- teilchen erlangen, welche ein Eindringen yon Fliissigkeit aus- schliesst, muss aus der Tatsache geschlossen werden, das s die Doppelbrechung der fertigen Schmelzprismen durch Flfissigkeiten nicht mehr beeinflussbar ist - - t~tzende Fl~issigkeiten selbstver- st~tndlich ausgeschlossen -- und damit steht in lJbereinstimmung, dass fertige, vollst~tndig verkalkte Schmelzprismen mit Farbstoffen nicht mehr fftrbbar sind. Der Umstand, dass die optische Achse keineswegs immer genau mit der Langsrichtung der Prismen zusammenfitllt, ferner der-verwickette Verlauf der Schmelzprismen, wie er insbesondere im oberen Teile der Krone und in den Schregerschen Faserstreifen zutage tritt, machen es nun einiger- maven schwierig, den Charakter der Doppelbrechung an Schliffen richtig zu beurteilen. Es ist yon vornherein nicht daran zu denken, eine genaue Topographie der Verteilung des weichen und harten Schmelzes und der UbergangssteUen mit Hilfe der Untersuchung der Polarisationserscheinungen festzustellen. Immerhin ist es in der Regel mSglich an radialen Langsschliffen yon Z~hnen ftir die der Oberfl~tche n~chst liegenden und ff~r die dem Zahnbeine angrenzenden Schmelzschichten den Charakter der Doppelbrechung mit ziemlicher Sicherheit zu bestimmen, da in diesem Bereiche die Prismen auf gr~ssere Strecken einen, fast parallelen Verlauf zeigen. Nattirlich ist es nicht m~glich das Verhalten der einzelnen Prismen sicher zu beurteilen, aber man' gewinnt im grossen und ganzen eine l]bersicht, wie die Aus- bildu-ng des Schmelzes fortschreitet.

Der C h a r a k t e r derDoppelbrechung, d. h. ob positiv oder negativ, l~sst sich an radialen L~tngsschliffen--- den ob~rsten Teil der Krone ausgenommen - - fast immer sicher beurteilen, da in derEbene des Schliffes nur selten Kreuzungen yon Prismen vorkommen. Anders steht es mit der Beurteilung des Mal~es der Doppelbrechung, ft~r welches bei gleicher Dicke des Schlifl'es

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Ver~nderungen des Z~hnschmelzes w~hrend der Erh~.rtung. 41

die H0he der Interferenzfarbe nur dann entscheidend w~tre, wenn alle Prismen parallel der Schliffebene oder in gleicher Neigung

J

zu derselben verlaufen wt~rden, was insbesondere im Bereiche des mittleren Teiles der Schmelzdicke nicht der Fall ist, wo Prismen in allen I~ichtungen yore reinen Querschnitte bis zum reinen L~mgsschnitte in den Diazonien und Parazonien durch- schnitten sin& Die Untersuchung der Schliffe wurde in Wasser vorgenommen, da unter den aufhellenden Flt'lssigkeiten, die ja zur Untersuchung der Doppelbrechung sonst vorteilhafter waren, keine gefunden wurde, welche die positive Doppelbrechung des jungen Schmelzes nicht wesentlich schw~tchen wfirde. Trocken kann man die Schliffe nicht untersuchen, da der junge Schmelz dutch Eindringen yon Luft zwischen die Prismen ganz undurchsichtig wird. Bei der Untersuchung wurde nun in folgender Weise verfahren. Auf den drehbaren Tisch eines grossen alteren:Zeiss- schen Mikroskopes, das mit den yon mir beschriebenen Ein- richtungen zur Untersuchung tier Doppelbrechung (6) versehen war, kam der Schliff zwischen gekreuzten bTicols. Die Einrichtung ist deshalb sehr bequem, well ohne weiteres die Zentrierung des Schliffes w;tl~rend der Azimutaldrehungen gegeben ist; sie hat jedoch den Nachteil, dass man nur Objektive benfitzen kann, die nicht merklich doppelbrechend sind, was hSufig nicht der Fall ist. Uber den Polarisator war eine Gypsplatte Roth I. O. so eingelegt, dass deren Additionsrichtung, d. h. diejenige Richtung, zu welcher positiv doppelbrechende Fasern (Bindegewebsfasern~ Muskelfasern etc.) mit ihrer Lhngsrichtung, welche zugleich die Richtung ihrer optischen Achse ist, parallel gestellt werden mfissen, um die F~rbe des Gypsgrundes in steigendem Sinne fiber Yiolett nach Blau usw. zu verhndern, stets yon links hinten nach rechts vorne vom Beschauer verlief, wahrend die Polarisations- ebene des Analysators gerade yon hinten nac5 vorne gerichtet war. Es wurde nun mit einer massigen VergrSsserang, welche noch die Konturen der Prismen deutlich erkennen 5ess, eine Stelle des Schmelzes eingestellt und zunachst durch Drehung des Tisches die neutrale Stellung aufgesucht, in welcher die Farbe des Gypsgrundes mOglizhst rein zu sehen war. Von dieser Stellung ausgehend wurden nun die Prismenlangsschliffe in die Additionsrichtung und in die zu derselben senkrechte Subtrak- tionsrichtung gebracht und nach der Farbenanderung der Charakter

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42 V .v . E b n e r :

der Doppelbrechung bestimmt. Stieg die Farbe bei Parallel- stellung der Prismen zur Additionsrichtung und sank sie bei dazu senkrechter Stellung, so lag positiver, trat umgekehrt bei Parallelstellung der Prismenrichtung zur Additionsrichtung ein Sinken und bei dazu senkrechter Stellung ein Steigen der Farbe ein, so lag aegativer Schmelz vor. Trat trotzdem, dass Lttngs- schnitte yon Prismen vorlagen, keine Anderung der Farbe des Gypsgrundes ein, so lag neutraler, nicht doppelbrechender Schmelz vor, wie er an den Ubergangsstrecken yon positivem zu negativem Schmelz immer, aber auch bei ganz jungen Prismen, bevor sie positiv doppelbrechend werden, sich findet. So wurde der ganze Schmelz jedes Zahnschliffes yon Stelle zu Stelle untersucht und der Befund skizziert. Wollte man alle Einzelbefunde naturgetreu abbilden, so w[irde eine Unzahl yon Abbildungen ftir jeden Zahn- schliff aotwendig sein. Ich suchte daher die Summe der Einzel- befunde in einem Bilde zusammen zu fassen, indem ich die positiven Schmelzbezirke mit blauer, die negativen mit gelber und die neutralen mit roter Farbe hervorhob. Das wi~re also in .etwas schematisierter Form die Darstellung der Befunde~ welche sich bei Parallelstellung der Schmelsprismen zur Additions- richtung ergaben. Die Schematisierung bezieht sich nur auf die. Art der Darstellung der Polarisationsfarben; die topographische Verteilung des positiven und negativen Schmelzes ist abet m~)glichst genau nach den Praparaten wiedergegeben. Es sind daher auch in den in ihren Umrissen mit dem Zeicheaapparate wiedergegebenen Schliffen die durch Aussplittern verlorer~ gegangenen Schmelzteile weggelassen. Solche S~hmelzverluste traten bei dem Bestreben mSglichst dtinne Schliffe herzastellen

- - dean nur an solchen ist eine gute Beobachtung mSglich -- leider 5fter ein, besonders dort, wo harte Schmelzbezirke an jungen Schmelzgrenzen, welch letzterer wegen des geringen Zusammenhaltes der Prismen sich nur schlecht schleifen und nu t unvollkommen polieren lasst.

Erst im Laufe der Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Erythrolaccinfarbung, wie sie durch die Einbettung mit un- gebleichtem Schellack sich einstellte, sowie die Purpur in-und Methylblaufarbung sich einigermal~en deckten mit den Polarisations: befunden, insoferne der positiv doppelbrechend befundene Schmelz gef~rbt, der v~llig harte negative aber stets ungefi~rbt erschiem

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Ver~nderungen des Zahnschmelzes wahrend der Erh~rtung. 43

Eine vollstandige Ubereinstimmung war jedoch nicht vorhanden, indem auch Schmelz, der bereits negativ doppelbrechend geworden war, sich noch farbt. So war es durch die Farbung bisweilen m6glich weichen Schmelz an Stellen nachzuweisen, wo bereits negative Doppelbrechung sich eingestellt hatte oder wo wegen ungiinstiger Schlifirichtung, die Untel;suchung mit dem polari- sierenden Mikroskope erfolglos war. Ich verweise in dieser Be- ziehung insbesondere auf die Figuren 31, 32 und 37, 38 yon welchen Fig. 31 u. 37 das Polarisationsbild, die Fig. 32 u. 38 die- selben Schliffe mit Erythrolaccinfarbung darstellen.

Untersucht man noch im Zahnsackchen befindliche Zahne, an welchen bereits alle Stadien der Schmelzentwicklung sich finden, an Schliffen, so ergibt sich fiber alas Aussehen der ver- schiedenen Entwicklungsstufen des Schmelzgewebes bei Unter- suchung in Wasser oder verdt~nntem Glyzerin folgendes.

Die jiingsten I~rismenbildungen, die man als p r i m a r e n S c h m e l z bezeichnen kann, erscheinen ziemlich undurchsichtig, dabei - - bei schwacher V e r g r S s s e r u n g - mit nicht deutlich gesonderten Prismen, in dem diese und die Kittsubstanz fast yon demselben LichtbrechungsvermSgen sind. Sie sind noch nicht merklich doppelbrechend, stark fftrbbar und yon deutlich globu- litischer Struktur. Dieser prim~tre Schmelz geht nach ein~'arts in j u n g e n S c h m e l z fiber. Er erscheint etwas durchsichtiger als der primare mit deutlich gesonderten Prismen, die merklich starker lichtbrechend sind, als die Kittsubstanz. Der junge Schmelz erscheint braunlich im durchfallenden Lichte, was jedoch nicht yon einem Farbstoffe, sondern yon dem grossen Unterschiede der Brechungsquotienten der ~erkalkten Teile und der die Zwischenraume erft~llenden iFlfissigkeit herrtihrt. Die Prismen sind oft Yarik6s querstreifig. Der junge Schmelz ist stark positiv doppelbrechend und ebenfalls gut farbbar. An den jungen $chmelz schliesst sich der U b e r g a n g s s c h m e l z . Die IJrismen sind noch scharf gesondert, aber am Schliffe durchsichtiger, im durchfallenden Lichte von heller gelb-braunlicher Farbe, als im jungen Schmelze. Der ?Jbergangsschmelz umfasst tells neutralen, tells bereits deutlich negativ doppelbrechenden Schmelz. Die Farbbarkeit ist gering. Dem Ubergangsschmelz schliesst sich dann zu innerst gegen das Zahnbein der fertige h a r t e S chm el z an. Dieser erscheint im durchfallenden Lichte farblos, wasserhell,

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44 V.v. E b n e r :

homogen mit oft nur undeutlich wahrnehmbaren Prismengrenzen, namentlich an nicht tadellos polierten Stellen, und ist nicht mehr farbbar. Im barren Schmelze treten die mannigfaltig gestalteten SchmelzkanMchen, die in den jtingeren Schmelzentwicklungsstadien anr schwer wahrnehmbar sind, am sch'Jtrfsten als Lticken hervor (Fig. 17). Trocken unter~uchte Schliffe zeigen nur den fertigen harten Schmelz im durchfallenden Liehte hell, w~thrend tier jung'e und der Ubergangsschmelz an nicht ganz dtinnen Schliffen schwarz, beziehungsweise undurchsichtig, erscheinen. Es beruht dies wesentlich auf dem Eindringen yon Luft zwischen die Prismen.

V. B e f u n d e a n M i l c h z ~ t h n e n u n d b l e i b e n d e n Z a h n e n

vom Menschen.

Das Vorschreiten der Schmelzerh~trtung lasst sich, wie bereits erwahnt, an den M i l c h s c h n e i d e z a h n e n des Menschen in der relativ regelmassigsten Weise verfolgen, weil bier haufig die Bildung yon Konturbandern ganz unterbleibt. Ich verweise zu- nachst auf Fig. 18, welche den sagittalen Langsschliff eines medialen unteren Schneidezahnes vom Neugeboreneu darstellt. Die $chneide der Krone besteht bereits gr6sstenteils aus nega- tivem Schmelze; nur an der Oberflache der Schneide sind die Prismen fast gar nicht doppelbrechend. Der negative Schmelz zieht, wurzelwarts in schrager Linie sich allmahlich verdtinnend, :gegen das Zahnbein und tiberdeckt dasselbe noch mit einer ganz dtinnen Lage his etwa zur Mitre der Zahnanlage; etwas weiter herab an der lingualen, als an tier labialen Seite. Der noch deutlich positive Schmelz beginnt unter der Schneide; labial etwas hSher, als lingual und zieht dann, sich verdickend, wurzel- warts und nimmt im unteren Drittel der Zahnanlage die gauze Schmelzdicke ein. Zwischen die positive und negative Schmelz- lage schiebt sich ein allmahlich schm~tler werdendes Band yon neutralem Scbmelze, das, nachdem der negative Schmelz wurzel- warts verschwunden ist, noch eine Strecke weir alas Zahnbein direkt bedeckt um endlich ebenfalls positivem, jungem Schmelze Platz zu machen. Auch diese neutraleSchmelzlage reicht lingual viel weiter wurzelwarts, als labial. Untersucht man den Schliff im gewShnlichen Liehte, so zeigt derselbe noch tiberall scharf gesonderte Prismen auch im Bereiche des negativen Schmelzes .der Schneide und nur dicht am Zahnbeine fallt ein schmales,

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Ver~nderungen des Z~hnschmelzes w~hrend der Erh~rtung. 45.

wurzel~'r~rts sich verlierendes Schmelzband auf, das viel durch- sichtiger und heller erscheint, als der tibrige, im ganzen bei durchfallendem Lichte hell-br~unliche Schmelz. Die Grenze zwischen positivem und negativem Schmelze, welche, wie die Abbildung ergibt, in ihrem Verlaufe einem Konturbande gleicht, ist im gemeinen Lichte nicht zu erkennen, auch nicht nach Farbung, durch welche eine ziemlich gleichmal~ige Tinktion des ganzen Schmelzes erzielt wird. Bei der Untersuchung mit dem Messer auf die tt~rte, erwies sich der Schmelz dieses Zahnes noch fiberall schneidbar; nur an der Schneide der Krone zeigte sich eine gr6ssere Resistenz. Beim Trocknen wurde der Schmelz: kreidig weiss und yon zahllosen Spaltraumen durchsetzt.

Von ttlteren Milchschneidezahnen mit beginnender Wurzel- bildung vor dem Durehbruche hatte ich nur trockene ausgezogene Ztthne zur Verfflgung. Das Polarisationsbild eines solchen gibt Fig. 19. Man sieht an demselben den negativen Schmelz bereits. den gr6ssten Tell der Zahnkrone einnehmen; nur an tier Ober- fl~tche finder sich eine diinne Schicht positiven Schmelzes, welche erst gegen den Zahnhals merklich dicker (30 p) wird und nur knapp am Schmelzrande noch die ganze Schmelzdicke einnimmt. Die positive Oberflttchenschicht beginnt lingual 2.5 ram, labial 1.3 mm unter der Kronenschneide. Auch hier schiebt sich iiberall zwischen positiven und negativeu Schmelz eine neutrale Zone, ~velche am Zahnhalse am dicksten ist. Im gemeinen Lichte untersucht, zeigt dieser Zahn bereits in groger Ausdehnung- v6llig harten unfarbbaren Schmelz mit hellen, durchsichtigen, oft wenig scharf gesonderten Prismen. Nur an der Oberflttche sieht man durchaus scharfe Prismenstruktur; besonders dort, wo positiver und neutraler Schmelz vorhanden ist und letzterer in negativen tibergeht. Es finden sich aber auch mehr minder aus- gedehnte Stellen mitten im wasserhellen, negativen Schmelze, welche noch mehr den-Charakter jungen Schmelzes besitzen und yon gelblich bis br~tunlicher Farbe in der hellen Umgebung erscheinen. Diese Stellen sind wohl dadurch entstanden, dass die ~6llige Erhartung vom Zahnbeine her nicht gleichm~tssig fortgeschritten ist, sondern mit Uberspringung einzelner Partien friiher in der Oberflache n~ther gelegenen Schichten eintrat. An einigen Stellen erscheinen diese Partien in Form schr,~g, wurzel- wttrts gegen das Zahnbein ziehender Streifen und stellen daher

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Stticke yon Konturbandern dar, yon welchen an den Zahnen der Neugeborenen nichts zu sehen ist. Mit dem Messer untersucht, erwies sich tier grOsste Tell der Zahnkrone bereits so hart, dass nur die Oberflache leicht geritzt wurde, w~hrend ein Eindringen mit der Messerspitze in die Tiefe nicht mehr mOglich war. Nur am Zahnhalse liess sich der Schmelz noch leicht schneiden und trocken zeigte sich hier der Schmelz kreidig weiss; im fibrigen Tell der Krone aber schon an der Oberfl~che gl~nzend und yon gelblich durchscheinendem Ansehen.

Vergleicht man mit dem geschilderten Stadium einen vOllig ausgebildetea, bereits durchgebrochenen Milchschneidezahn (Fig.22), so unterscheidet sich derselbe wesentlich nur dadurch, dass der positive Schmelz nun g~nzlich geschwunden und an der Ober- flache tiberall heller, oft fast homogener Schmelz getreten ist. Unvollstandig verkalkte Stellen und Andeutungen yon Kontur- bandern finden sich auch hier, wie auf tier vorhergehenden Ent- wicklungsstufe. Da und dort finder man in vSllig ausgebildeten Milchschneidezahnen scharf begrenzte, oft durch die ganze Schmelz- dicke ziehende Konturbander, welche durch schmMere br~unlich erscheinende Prismen und breitere Kittsubstanz, mitunter auch durch zahlreiche unregelm~ssige Spaltr~ume (s. S. 34)~ charak- terisiert sind. Doch sind solche Streifen selten und in der Regel findet man nur unterbrochene, breite verwaschene Konturb~tnder, oder mehr unregelmassig gestaltete braunliche Stellen im Schmelze, welche durch geringere Durchsichtigkeit der Prismen und schaffer markierte, spaltartige Prismengrenzen als nicht vSllig ausgebildetes Schmelzgewebe sich charakterisieren.

Die M i 1 c h e c k z a h n e des Neugeborenen zeigen noch fiherall positiven Schmelz mit Ausnahme einer dtinnen Lage dicht am Zahnbeine, die "con der Kronenspitze an der lingualen Seite weit gegen den Schmelzrand hinzieht, an der labialen Seite dagegen nur etwa das oberste Drittel der Zahnanlage einnimmt (Fig. 23). Auch an den Milcheckz~,thnen ist in diesen fr~hen Stadien yon Konturbhndern nichts zu sehen, an alteren Stadien. an welchen bereits die Erhartung des Schmelzes eintritL treten sie dagegen haufiger auf, als an den Schneidezahnen (vergl. Fig. 20).

An den noch nicht durchgebrochenen Milcheckztthnen eines 20 Monate alten Kindes fand sich itberall negativer Schm'elz mit Ausnahme einer positiven Oberflachenschicht in der Gegend des

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Yer~nderungen des Z~hnschmelzes w~hrend der Erh~rtung. 47

Zahnhalses an der labialen Seite. Der Schmelz erschien grOssten- ~eils hell und durchsichtig, mit Ausnahme der positiven Partien und den an dieselben angrenzenden, negativen, wo noch braunlicher, in Purpurin fi~rbbarer $chmelz sich land. Die Konturbander zeigten zum Teit dasseibe %'erhalten; es waren aber in den Eck- zhhnen dieses Kindes auch einzelne auffallend dunlde Kontur- bander mit massenhaften unregelm;tssigen Schmelzkanalchen (siehe oben S. 34).

Die M i l c h m a h l z ' , ~ h n e des Neugeborenen zeigten noch tiberalt positiven Bchmelz, nur beim ersten fand sich unter den HOckern dicht am Zahnbeine eine dt~nne negative Schmelzlage. An dem noch nicht durchgebrochenen zweiten 3[ilchmahlzahn eines 20 Monate alten Kindes fanden sich noch positive Bchmelz- bezirke am Zahnhalse an der Oberflache in einer dt~nnen Lage, die sich gegen die KronenhOcker allm',~hlich verlor. Ausserdem fanden sich im Bereiche der ziemlich zahlreichen Konturstreifen mehrere Stellen, welche noch als deutlich positiv, oder fast neu- tral sich erwiesen, sowohl am Seitenabhange, als im Bereiche der HOcker und Gruben der Krone (Fig. 21). Bei der Unter- suchung im ge~vOhnlichen Lichte zeigte sich an der Spitze der HOcker und an einem grossen Tell der ttbrigen OberflZtche harter, fast homogener Schmelz und ebenso in einer Lage dicht am Zahnbein. Dagegen war die mittlere Bchmelzlage, mit Ausnahme der HOcker, fast t~beralt aus noch jungem, mehr gelbbraunlichem Bchmelze, mit scharf begrenzten Prismen, gebildet, welcher gegen den Zahnhals und teilweise auch in den Gruben z~ischen det~ HOckern die ganze Schmelzdicke einnahm.

Der eben im Durchbruche befindliche erste Milchmahlzahn desselben Kindes zeigte etwas welter geschrittene Ausbildung. Positiver Schmelz war bier nirgends mehr zu finden und der Schmelz selbst am Rande gegen den Zahnhals. zum tell aus ganz hellem, durchsichtigem, hartem Schmelz ge.bildet. Wolff aber zeigten sich in der Krone ziemlich zahlreiche, zum tell sehr dunkle Konturbander mit reichlichen Hohlraumbildungen, welche sich auch in Purpurin fArbten und.inselartige Stellen mit noch scharf getrennten Prismen, die ebenfalls noch farbbar waren (Fig. 28).

Einen sonderbaren Befund, den ich nut in diesem Falle feststellen konnte, ergab ein eben im Durehbruche befindlicher zweiter Milchmahlzahn yon einem zweijahrigen Kinde, welcher

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48 V.v. Ebne r :

bereits tiberall negative Doppelbrechung ergab, die jedoch an der Oberfl~che schwacher zu sein schien, als in der Tiefe. Das sonder- bare an diesem Zahne war, dass in demselben Konturbander sich befanden, deren Doppelbrechung anscheinend starker war, als jene der Umgebung. Doch ist, wie bereits bemerkt wurde, ein Urteil iiber das Mag der Doppelbrechung stets unsicher, da man wohl die Azimutrichtung der Prismen, nicht aber ihre Neigung gegen die Schliffebene, yon welcher die H6he der Farbe abhangt, deutlich erkennen kann.

Die Entwicklungsvorgange an den Mahlzahnen zeigen weniger einfache VerhMtnisse, als jene an den Schneidezahnen des Milch- gebisses; doch lasst sich auch bier im grossen und ganzen das Gesetz erkennen, class die zuerst gebildeten Schmelzteile auch zuerst erharten. Doch erleidet dieses Gesetz, besonders in den mittleren Teilen der Schmelzdicke und im Bereiche der Kontur- bander mannigfaltige St~rungen, die an den Schneidezahnen relativ geringer sind.

Etwas verwickelter, als an den Milchschneidezahnen g e - staltet sich die allmahliche Erhartung des Schmelzes an den b l e i b e n d e n S c h n e i d e z a h n e n . Zwar waltet auch hier im wesentlichen alas ftir die Milchschneidezahne geltende Gesetz, dass die Erhartung yon den i~ltesten Ablagerungen yon Prismen- substanz zu den jtingsten fortschreitet, aber die zahlreichen, feinen R e t z i u s s c h e n Linien, die je naher dem Zahnhalse und je naher der definitiven Oberflache umso dichter gedrangt au f - treten, bedingen ein yon jenem der Milchzahne deutlich ve r - schiedenes Bild. Das jtingste untersuchte Stadium sind drei Schneidez~hne yon einem 20 Monate alten Kinde (Alkohol- pr;tparat), welche im wesentlichen alle denselben Befund gaben. An der Oberflache des sagittalen Langsschliffes (Fig. 25) fand sich tiberall eine sehr dtinne Lage optisch neutralen Schmelzes, welche aus dunkeln, deutlich kSrnigen, also primaren Schmelz- prismen bestand. Diese neutrale Lage, welche sehr stark farbbar ist, daft nicht verwechselt werden mit jenen neutralen Prismen, welche am Obergange yon positivem in negativen Schmelz,ge- funden werden; sie stellt vielmehr ein frtihestes Entwicklungs- stadium dar, wie es zunachst aus den Schmelzzellen, beziehungs- weise deren Tomesschen Fortsatzen hervorgeht und erst z u r Bildung eines positiven Schmelzprismas ftihrt. An der Schneide

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Ver~nderungen des Zuhnschmelzes w~hrend der Erh~rtung. 49

ist unter dieser Lage eine dfinne positive Schicht, die sofort in negativen Schmelz fibergeht, welcher den grSssten Tell der Schneide bildet. Der negative Schmelz -- wieder, wie bei den Milchz~hnen - - an tier lingualen Seite etwas welter herabreichend, aIs an tier labialen, verdfinnt sich wurzelwhrts mehr und mehr und bildet zuletzt nur noch eine dt~nne Lage hart am Zahnbeine. Im Bereiehe des negativen Kronenteiles unter der Schneide, finden sich zwei bogige Konturstreifen, welche fast neutral im negativen Schmelz hervortreten und nach abwhrts his hart an alas Zahnbein verfolgbar sind. Diese neutralen Streifen sind wohl als Ubergangsschmelz, yon positiven in negativen, aufzu- fassen. Der grSsste Tell des Schmelzes unterhalb der Schneide ist positiv doppelbrechend. Doch sind in diesem positiven Schmelze

berei ts ziemlich zahlreiche R e t z i u s s c h e Linien zu sehen, welche schw~tcher positiv oder fast neutral erscheinen, was wohl nur so gedeutet werden kann, dass geradeso, wie au der Oberflache, im Bereiche dieser Streifen die Prismen noch nicht das volle Mal~ der positiven Doppelbrechung erreicht haben, w~,~hrend die neutrale Zone, welche auch bier wieder zwischen positiven und negativen Schmelz sich einschiebt, als Ubergangszone des posi- tiven, weichen in den harteren, negativen $chmelz aufzufassen ist. -- In gewShnlichem Lichte stellte sich der negatiYe Schmelz dicht am Zahnbeine als stark lichtbrechender, wasserheller, hatter Schmelz dar (Fig. 24); der negative Schmelz an tier Schneide war noch Ubergangsschmelz, hell-gelb-brftunlich, mit scharf gezeichneten I'rismenkonturen. Die Konturb[mder traten deutlich als dunklere Streifen im negativen Schmelze hervor. Die Grenze zwischen positivem und negativem Schmelze tritt im gemeinen Lichte nirgends deutlich hervor, doch ist der junge, positive Schmelz im Ganzen dunkler und die Konturstriche in demse[ben kaum wahrnehmbar dutch die etwas schm~leren Prismen mit reichlicherer Kittsubstanz, welche die Streifen noch etwas undurchsichtiger als die Umgebung erscheinen lasst. ~ach versuchter Eosinf~rbung, welche jedoch nur eine schwache Wirkung hervorbrachte, zeigte ein grosser Tell des jungen Schmelzes, be- sonders aber die Re t z iu sschen Linien, deutlich quergestreifte Prismen (Atzstreifen).

Von ;dteren, bleibenden Schneidez[thnen wurden solche eines ffmfj~hrigen und eines sechsjhhrigen Knaben untersucht. Der

A r c h i v f. m ik rosk . A n a t . Bd. 67. 4

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50 V.v. E b n e r :

mediale, rechte ufltere Schneidezahn des Ftmfjahrigen (Fig 27) zeigte im oberen Teile der Krone durchaus negativen Schmelz; nur im unteren Teile derselben ist eine positive Oberflachen- schicht vorhanden, welche jedoch die Dicke yon 50 ~ kaum tiber- schreitet, den untersten Schmelzrand nicht ausgenommen. Labial reicht wieder die postitive Lage viel welter kronenwarts, als lingual. Die R e t z i u s schen Streifen erscheinen deutlich schwacher doppetbrechend im negativen Schmelze; zwischen den in d e r Tiefe vorhandenen Konturbttndern finden sich, stellenweise, auf- fallend stark negativ doppelbrechende Schmelzb~nder, die im gewOhnlichen Lichte bereits aUe Charaktere harten Schmelzes zeigen, der tiberhaupt im oberen Tell der Krone vorherrscht

die Oberflache ausgenommen, die tiberall scharfe Prismen- zeichnung zeigt. - - Gegen den Zahnhals wird die Prismenstruktur tiberall deutlich, tier Schmelz mehr gelb-braun, besonders im positiven Anteil und nut dicht am Zahnbein hell und durchsichtig. Wo R e t z i u ssche Streifen im batten Schmelze verlaufen, erkennt man im durchfallenden Lichte gut, dass sie im ganzen schwacher lichtbrechend sind, als die Umgebung. Zwei andere Schneide- zahne yon demselben Kinde gaben fthnliche Befunde, wie die eben geschilderten.

Der E r s a t z e c k z a h n vom ffinfj~hrigen Kinde zeigt t'thn- liche VerhMtnisse wie die Schneidezahne (Fig. 29), doch nimmt der positive Schmelz im ganzen mehr Raum ein, als bei letzteren, was mit Rticksicht auf den spt~ten Durehbruch der Eckzt~hne begreiflich ist. Die positive Oberflachenschicht reicht labial his an die Kronenspitze, lingual his fast 1 mm unter dieselbe. Gegen den Schmelzrand nimmt der positive Anteil fast die ganze Schmelzdicke ein mit Ausnahme einer dtinnen Lage dicht am Zahnbeine. Die zahlreichen Retz iusschen Linien im Bereiche des negativen Schmelzes sind schwhcher doppelbrechend, als die Umgebung und am Ubergange des positiven in den negativen Schmelz, sieht man den positiven Schmelz in den Linien welter in die Tiefe dringen, als zwischen denselben. Durch Erythro- laccinfarbung erscheinen die positiven Schmelzbezirke am meisten gef~rbt, insbesondere an der Oberflache; die Farbung findet sich- auch an bereits negativem ~bergangsschmelze; doch zeigen alle gef~rbten Teile im gemeinen Lichte sehr scharfe Prismenstruktur und weniger durchsichtige Prismen, wtihrend der, die Hauptmasse

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Yer~nderungen des Zahnschmelzes w~hrend der Erh~rtung. 51

der Krone bildende, harte Schmelz mit undeutlichen Prismen- grenzen, vSllig farblos ist. - - Ein zweiter $chliff yon einem Eckzahne desselben Kindes zeigte nichts wesentlich abweichendes; doch war an diesem der im abgebildeten, vorbesprochenen Eck- zahne ausgesplitterte Schmelzrand besser erhalten und zeigte labial eine sthrkere Verdickung der positiven Schmelzlage gegen den Schmelzrand, als sie an der lingualen Seite zu finden war.

Der Schliff yore bleibenden Eckzahne eines sechsjahrigen Knaben'), den ich Herrn Dr. O. Z s i g m o n d y verdanke, zeigte etwas andere VerhMtnisse (Fig. 26). Die negative Doppelbrechung war auch bier bereits am grSssten Teile der Zahnkrone vorhanden. \Tom Schmelzrande geht aber, etwa 1,5 mm nach aufwarts, eine positive his 0,37 mm dicke Schmelzschicht, welche nur yon einer ganz dfinnen, negativen Schieht, dicht am Zahnbein, unterlagert ist. Welter hinauf reicht dann nur mehr eine 15 ,- dicke. positive Lage bis zur Mitre der Zahnkrone. An der lingualen Seite reicht diese dfinne Oberflachenschicht etwas weniger welt kronenwitrts; das Verhalten des Schmelzrandes ist wegen Ab- splitterung desselben an der lingualen Seite nicht festzustellen. An der labialen Seite zeigt sich in der Gegend, wo die dicke positive Schicht verschwindet, noch positiver Schmelz, strecken- weise rings yon negativem Schmelze umschlossen; ein Beispiel unregelm~,lssigen Fortschrittes der Erhartung. Die zahlreichen. Re t z iu s schen Streifen zeigen, wo dies mit einiger Sicherheit beurteilt werden kann, schwachere negative Doppelbrechung, als ihre Umgebung und gegen den Schmelzrand sieht man auch optisch positive Streifen in negativer Umgebung. Im. gemeinen Lichte sieht man, gbgesehen yon tier Oberfi~che und den Re tz iusschen Streifen, im Bereiche des negativen Schmelzes fast hellen, durchsichtigen, harten Schmelz mit undeutlichen Prismenkontureni sonst mehr weniger gelblich bis br~unlichen Schmelz und z~var im Bereiche der positiven Bezirke besonders deutlich.

Von b l e i b e n d e n P r a m o l a r e n wurden je ein erster und zweiter vom ffinfjahrigen Knaben an je zwei Schliffen untersucht, Der e r s t e B a c k e n z a h n (Fig. 35 u. 36) zeigte an der Spitze

1) In Folge eines Yersehens wurcle dieser Z~hn in dem zitierten Vor- trage (13) als Schneidezahn bezeichnet.

4*

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52 V.v. Ebner :

der HOcker eine fast neutrale Lage, die am Abhange der HOcker sich in eine dtinne positive Lage fortsetzte, welche gegen den Schmelzrand plOtzlich sich verdickt und an diesem selbst nu t eine ganz dtinne negative Lage unter sich hat. Eine weniger tiefgehende Verdickung der positiven Lag e finder sich auch in den Gruben zwischen den H0ckern. Bei weitem die Hauptmasse des Schmelzes ist bereits negativ und hart und im gemeinen Lichte durchsichtig, fast homogen. Durch Erythrolaccinfarbung ist der positive und tier tffbergangsschmelz blutrot geff~rbt und zeigt fiberall scharf gesonderte, wenig durchsici, tige Prismen. Dasselbe ist auch in den zahlreichen Retziusschen Streifert der Fall.

Der z w e i t e B a c k e n z a h n (Fig. 31, 32 u. 37, 38) war in dem einen Schliffe (Fig. 31, 32)gerade mitten (lurch die yon O. Z s i g m o n d y (30) genauer beschriebene Spalte, beziehungs- weise tiefe Einbuchtung des Schmelzes getroffen, zeigte aber im ganzen die Prismen so ungiinstig durchschnitten, dass in einem grossen Teile des Schliffes der Charakter der Doppelbrechung nicht sicher zu bestimmen war. Doch konnte eine dicke positive Schicht nahe am Schmelzrande aufgefunden werden. Bemerkens- weft ist das Verhalten des Schmelzes im Grunde der Einbuchtung. Trotz der geringen Schmelzdicke findet sich bier eine deutlich positive Oberflt~chenlage: die am Seitenabhange des Divertikels nicht konstatiert werden konnte. Doch ergab das Erythrolaccin- bild (Fig. 32), dass in der ganzen Umgebung tier Einbuchtung noch junger farbbarer Schmelz vorhanden ist. An dem zweiten Schliffe desselben Zahnes konnte eine ziemlich regelm~issige Dickenzunahme r positiven Schmelzes gegen den SchmeIzrand bemerkt werden (Fig. 37). Im tibrigen ergaben sich ahnliche Befunde wie am ersten Backenzahn; doch konnten die Kl:onen- hocker, die leider absplitterten, nicht ganz untersucht werden.

Von b l e i b e n d e n Mahlz ' , thnen wurden nur tier erste untersucht und zwar ein noch nicht durchgebrochener vom fiini- jahrigen Knaben und ein eben im Durchbruche befindlicher yore siebenjahrigen Knaben. Letzterer zeigte ilberall negativen Schmelz, doch war eine dfinne Oberfiachenschicht entschieden weniger stark doppelbrechend, als die tiefer gelegenen Schmelz- teile, nur die HOckerspitzen ausgenommen. Im gewOhnlichen Lichte war diese Oberflachenschicht dunkler mit scharfer kon-

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Yer~nderungen des Zahnschmelzes w~hrend der Erh~rtung. 53

turierten Prismen und mit Purpurin intensiv f~rbbar, also sicher noch nicht v011ig erh',trteter Schmelz. Auch in der Tiefe waren da und dort, abgesehen yon Re tz ius schen Streifen, stark fitrb- bare [nseln yon t3bergangsschmelz.

Der erste Mahlzahn des fiinfjt~hrigen Kindes zeigte am grSssten Teile der Krone bereits negativen Schmelz, der - - die Re tz iusschen Streifen a u s g e n o m m e n - bereits ganz erhartet war. Nur an der lingualen Seite gegen den Schmelzrand war namentlich im Bereiche "con Konturbhndern, mitten im negativen Schmelze, noch positiver und neutraler Schmelz in unregelm,~ssiger Verteilung. Leider splitterte gerade in dieser Region der Schmelz gr6sstenteils ab, wodureh eine genauere Untersuehung vereitelt wurde (Fig. 30). Diese positiven Schmelzbezirke waren durch ~die geringe Durehsichtigkeit und scharfe Begrenzung tier Prismen auch in gew0hnlichem Lichte yon dem hellen harten Schmelze tier Umgebung deutlich verschieden.

VI. T h e o r e t i s c h e s f iber die E r h ~ r t u n g des S c h m e l z e s .

Wenn in den vorhergehenden Abschnitten der Versuch ge- macht wurde, in rein beschriebender Weise die mit der all- m~thlichen Ausbildung des Schmelzgewebes einhergehenden Ande- rungen der $truktur und die topographische Anordnung der ~Entwicklungsstadien der Schmelzprismen an menschlichen Z~hnen darzustellen, so reicht das bearbeitete Material doch nicht hin, umaus demselben ein klares Bild fiber die wesentlichen Vor- g;tnge bei derErhartung des Schmelzes zu gewinnen. Wenn ich es trotzdem versuche, aus den Beobachtungen theoretische Vor- stellungen abzuleiten, so bin ich mir wohl bewusst, dass" dieselben nut einen provisofischen Charakter haben kSnnen u n d e s der Zukunft vorbehalten bleiben muss, auf.breiterer empirischerBasis eine gesicherte Theorie der Schmelzbildung aufzustellen. Es wird vor allem notwendig sein, die embryonale Schmelzbildung, die zwar schon so oft untersucht wurde, mit Rficksicht auf die ersten Vorgange bei der Anlage der Prismen, einer neuerlichen Bearbeitung zu unterziehen. Aber auch die Struktur des Schmelzes ist noch bei weitem nicht so Mar, namentlich bez~iglich der Umwandlungsvorghnge yore primaren bis zum fertigen Schmelze, dass die' mannigfaltigen Strukturbilder stets in zweifellose genetische Beziehungen gebracht werden k0nnten und es wird

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noch viele Arbeit kosten, diese notwendige Grundlage einer Theorie der Schmelzbildung lest zu begr~inden.

Dass der primate und junge Schmelz f~lr Fl~issigkeiten durch- dringbare, relativ weiche Prismen besitzen, ist durch die Er- fahrungen ~iber die Doppelbrechung und tiber die Farbbarkeit und Impragnation mit $ilber sicher gestellt. Es sind dies Eigen- schaften, welche mit der Schneidbarkeit des jungen Schmelzes zusammenfallen. Es ist aber vor allem die Frage zu beantworten, wie kommt die Abnahme der Durchdringbarkeit f~irFlfissigkeiten und endlich das vSllige Verschwinden derselben zustande, wie wird die im physikalischen Sinne por6se, junge Prismensubstanz endlich eine steinharte Kalkmasse, ~uf welchen Wegen kommt es nachtraglich zu einer festen Ausscheidung vonKalksalzen in den noch weichen Prismen. Man kann sich wohl nichts anderes denken, als dass in die Prismen aus Flfissigkeiten der Umgebung Phos- phorsaure und Kalk, um nur die Hauptbestandteile der festen Prismensubstanz zu nennen, in L6sung aufgenommen und inner- halb der Prismen ausgeft~llt, in feste Substanz fibergehen. Denn die theoretisch mSgliche Vorstellung, dass es sich nur um die Anderung des Aggregatzustandes ein und derselben Substanz handle, die aus tier fl~issigen Phase in eine feste durch pl6tzliche Gerinnung ~ibergeht, ist durch die histologischen Befunde aus- geschlossen. Die erste Anlage der Prismen geht yon den Schmelz- zellen aus und zwar, so scheint es, lagern dieselben zun~tchst einen mehr gleichm~tssigen Erguss organischer Substanz - - das Huxleysche Hautchen - ab, in welchem dann als erste Differenzierung~ in der Fortsetzung der Schmelzzellen faserartige, weiche Gebilde. die T o m e s schen Fortsatze als erste Spur tier Schmelzprisme~ entstehen. Dass die T om esschen Forts~tze direkt in prim~re. Schmelzprismen sich umwandeln und saint der zwischen denselben befindlichen primhren Kittsubstanz ein Bildungsprodukt der Schmelzzellen sind, ist sehr wahrscheinlich. Auch die Ausscheidung der Kalksalze in den primaren Prismen auf Kosten des Schmelz- organes beziehungsweise der Schmelzzellen wird allgemein a n - genommen,, da ein Vordringen v0n Fl~issigkeit aus dem Zahn- beine nicht nachgewiesen ist und es yon vornherein am wahr- scheinlichsten ist, dass die formbildenden Elemente, n'amlich die Schmelzzetlen, auch das Material f(~r die Verkalkung liefern. Es wird allerdings noch besonderer Untersuchungen bed~irfen um

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Ver~nderungen des Zahnschmelzes w~hrencl der Erhgrtung. 55

die Art der Bildung der primttren Schmelzprismen genauer, als es bisher geschehen ist, festzustellen; aber ich glaube doch, auf grund fremder und eigener Erfahrungen annehmen zu dtirfen, dass in Form kleinster TrSpfchea eine Substanz yon den Schmelz- zellen abgeschieden wird, die alsbald erstarrt und dutch teilweise Vereinigung dieser erstarrenden Trspfchen, der Globuliten, ein por6ses Gertiste yon globulitisch wabigem Baue herstellt. Ein derartiger Vorgang kann abet ohne $chwierigkeit nur ftir die erste Bildung der Prismen direkt aus den lebenden Schmelzzellen angenommen werden; mit zunehmender Verdickung des Schmelzes beziehungsweise der Verlttngerung der Prismen wird der zuerst gebildete Teil der Prismen immer weiter yon der lebenden Bildungszelle entfernt u n d e s ist nun schwer vorstellbar, class die vSllige Ausbildung dieser Prismenteile noch yon den ursprt~ng- lichen Bildungszellen direkt bedingt sei. Denn das Bildungs- material dieser Elemente wird augenscheinlich zur Verl'~tngerung der Prismen durch fortw[thrende ~Neubildung yon primi~rer Prismensubstanz verwendet und es kSnnte nur ein Rest des Biidungsmateriales in flt~ssigem Zustande weiter strSmen, alas um so mehr an Kalksalzen verarmen mtisste, je mehr dasselbe in die Tiefe gegen das Zahnbein vordringt. Da, wie aus den in den frt~heren Abschnitten besprochenen Einzelunter- suchungen hervorgeht, die u Erhhrtung des Schmelzes im allgemeinen yon den frtihest gebildeten Schmelzlagen zu den zuletzt gebildeten fortschreitet, so miisste man ferner annehmen, dass trotz der Verarmung an Kalksalzen, v~elche der yon den Schmelzzellen ausgehende Strom yon Bildungsmaterial, nach der Tiefe zu, erfahren muss, die l~,~ngere Dauer des Sti:omes schliess- lich doch zur vSlligen Erh~rtung des Schmelzes ft~hit. Aber ein solcher Ernhhrungsstrom yon den Schmelzzellen bis zu den 51testen Teilen der Schmelzprismen, wtirde weiter notwendig voraussetzen, dass das Zahnbein ft~r Fltissigkeiten durchdringbar ist, die yon der Schmelzoberfl~tche nach der Tiefe ziehen, da ohne diese Annahme, ein Strom zu der dem Zahnbein direkt anliegenden und zu allererst hart werdenden Schmelzlage undenkbar ware. Die entwickelten Annahmen wtirden also in ihren Konsequenzen zu einer u ftihren, wie sie in der Hauptsache schon J o h n H u ~ t e r (1771) vorschwebte und die dahin ging, dass der yon der Sehmelzpulpe abgelagerte weiche $chmelz dadurch

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hart werde, dass das Zahnbein die Fltissigkeit aus dem weichen Schmelze herausziehe. Wenn auch diese Form der Vorstellung entschieden als unhaltbar zur~'lckgewiesen werden muss, da eine einfache Austrocknung nicht das Wesen der Schmelzerhartung ist, so ist vielleicht doch die Annahme eines Fltissigkeitsstromes vom Schmelze zum Zahnbeine, wahrend der Entwicklung noch heute berechtigt.

Damit kommen wir zun~tchst zur ErSrterung der Frage, wie Schmelz und Zahnbein sich verbinden. Untersucht man Embryonal- stadien yon Zahnen, an welchen noch durchaus junger, possitiv doppelbrechender Schmelz vorhanden ist, so kann man mit dem Messer die gauze Schmelzkappe wie K~tse schneiden, wahrend das unter dem Schmelze befindliche Zahnbein bereits knochenhart ist. Trotzdem hat dieser noch weiche Schmelz die Zahnbeinoberfl~che in einer Weise verandert, dass sie wesentlich verschieden erscheint yon Zahnbeinoberflachen, welche niemals yon Schmelz, sondert~ nur yon Zement bedeckt werden.

Es ist bekannt, dass nur die yon Schmelz, nicht aber die yon Zement bedeckte Zahnbeinoberfl~tche von zahlreichen Kugel- meniskea darstellenden Grfibchen, die bei den bleibendeu Z~thneH besonders tier und oft yon halbkugeliger Form sind, dicht bedeckt ist und dass diese Grfibchen yon der tiefsten Schmelzlage aus- geffillt werden. Es ist ferner bekannt, dass die DentinkanalcheH in den Grfibchen grossenteils wie abgeschnitten erscheinen und dass mehr weniger zahlreiche Dentinkan~tlchen in den Schmelz sich auf eine meist kurze $trecke als Schmelzkanalchen fortsetzen. Diese auffalligen Tatsachen brachten schon W e dl zur Vermutung, dass das Zahnbein vom Schmelze teilweise arrodiert werde und ich selbst habe diese u weiter zu begrtinden versucht (5). Die auffallende J~hnlichkeit der yon der Schmelzkappe bedeckten Zahnbeinoberflache mit einer yon Howshipschen Lakunen bedeckten KnochenresorptionsflSche dr~tngt unmittelbar zu der Vorstellung, dass der Schmelz teilweise resorbierend auf das Zahnbein wirkt. Da die Zahnbeingrfibchen bei der ersten Schmelzablagerung noch nicht vorhanden sind, aber alsbald auftreten, wenn der junge Schmelz sich verdickt, so muss man dem primaren noch ganz weichen Schmelze, nicht aber dem in der Erh~rtung bereits fort- geschrittenen Schmelze, eine ~,thnliche Wirkung zuschreibeu, wie sie die 0stoklasten auf den Knochen aust~ben. Der ganz junge

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u des Zahnschmelzes withrend der Erh~rtung. 57

Schmelz muss also befithigt sein die leimgebende Substanz saint den Kalksalzen des Zahi~beines teilweise aufzulSsen. Dann aber w~tre eine Substanzwanderung vom Zahnbeine zum Sehmelze und nicht bloss eine solehe yon den Schmelzzellen zu den Prismen vor- handen und die be[' der Erhartung des Sehmelzes stattfindenden u warden daher mit einer einfaehen StrSmung "con gelSsten Stoffen "con den Sehmelzzellen gegen das Zahnbein und Ausfitllung Yon Kalksalzen in den Prismen nieht erklart werden kSnnen. Man masste wenigstens zeitweise aueh eine umgekehrte StrSmung vom Zahnbeine zum Sehmelze annehmen. Ft~r dasVorhandensein einer solehen Stri)mung beim Beginne tier Sehmelzerh~trtung, seheint mir folgende Tatsaehe zu spreehen. Bei tier Infiltrierung tier zum Sehleifen vorbereiteten Z~thne mit ungebleiehtem Sehellak fttrbt sieh bei Z~thnen, deren junger Sehmelz dureh und dureh rot gefrtrbt ist, das Zahnbein im allgemeinen nieht. Nur dort, wo dieht am Zahnbeine eben das Hartwerden der tiefsten Sehmelz- lage eintritt, farbt sieh aueh eine ganz danne Zahnbeinlage. So- wie die erste harte Sehmelzlage gebildet ist, verliert das Zahn- bein seine Frtrbbarkeit in Erythrolaecin (vergl. F!g. 33). Mit Purpurin erhrtlt man einen ahnliehen Erfolg; doeh ist das Farben- bild weniger seharf, da aueh andere Stellen des Zahnbeines, namentlieh das junge Zahnbein, sieh mehr weniger fitrben. Der Chemismus der Kalkausseheidung im Sehmelze namentlieh die Rolle, welche die organische I Substanz dabei spielt, ist vSllig dunkel; abet man ktinnte sieh vielleieht vorstellen, dass die Flttssigkeit dutch osmotisehe Vorg~tnge und periodisehe Anderungen tier Oberflrtehenspannung zwisehen festen und flassigen Teilen in der Tiefe, sowohl yon tier SeiLe der Sehmelzzellen ,~ls yon der Seite des Zahnbeins, gelSste Kalksalze anzieht, dass sie selbst fortw',thrend naeh beiden Seiten in einen ver~tnderten Zu- stand gerrtt, indem ihr yon den Prismen Kalksalze dureh Aus- fitllung entzogen werden. Es warde dann die neutrale Zone, zu weleher sowohl yon den Sehmelzzellen als yore Zahnbeine gelSste, ausfrtllbare Stoffe zufliessen, yon der Raschheit der Ausfallung und tier jeweiligen K0nzentration der in den Zahnkanalehen und in den Sehmelzzellen, sowie in der Kittsubstanz des Sehmelzes befindliehen kolloidalen SalzlSsungen abh',tngen und demgemass mannigfaehefa Weehsel unterliegen kSnnen.

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VII. Das For t schre i t en der ErhRrtung, die B i ldung der R e t z i u s s c h e n Strei fen und der

D r u c k f o r m e n der Pr ismen.

Prtift man an der Hand dieser Vorstellungen die in den~ frtiheren Abschnitten geschilderten tats~tchlichen Befunde, so werde,~ dieselben einigermal~en verst•ndlich. Sowohl an den Milch - - als Ersatzzahnen sieht man frtihzeitig, wenn der Schmelz erst eine Dicke yon 40--50 t~ besitzt, dicht am Zahnbein eine 6--10 !~ dicke Schmelzlage, welche bereits alle Charaktere des harten Schmelzes besitzt und sich namentlich bei mittleren Ver- gr0sserungen wie ein glhnzendes, farbloses Band am Schliffe vo~, dem dar~iber liegenden br~tunlichen ~'bergangsschmelze abhebt. Diese harte Schmelzlage nimmt aber lange Zeit kaum merldich an Dicke zu und wenn der Schmelz im ganzen bereits zehnmal dicker geworden, hat die Dicke des dem Zahnbeine dicht an- liegenden harten Schmelzes sich oft nur wenig geandert. Dies wtirde sich erkl~tren, wenn die neutrale Zone, in welcher die Str0mungen you den Schmelzzellen:und dem Zahnbeine sich treffen und die Ausf~'dlung der Kalksalze stattfindet, anfanglich sehr langsam yon der Zahnbeinoberfl~iche gegen die Schmelzoberfl~tche vorrtickt. An den KronenhOckern des ersten Mahlzahnes und an der Kronenspitze des Eckzahnes eines Neugeborenen finde ich die harte Schmelzlage nicht messbar dicker, als nahe am Schmelz- rande. Dagegen zeigen die Schneidezahne bereits eine Verdickung der harten Schmelzlage an der lingualen Seite der Kronenschneide auf ungefahr das dreifache der Dicke nahe am Schmelzrande. Hier ist also die neutrale Zone der beiden StrOmungen bereits erheblich nach aussen gertickt. Indem diese Verschiebung der neutralen Zone yon den Kronenschneiden, beziehungsweiseKronen- spitzen gegen den Schmelzrand fortschreitet und schliesslich zu- erst an den Kronenspitzen die freie Oberflache erreicht, geht die Erhartung im ganzen in Linien weiter, welehe der Richtung yon Konturbandern entsprechen, ohne dass es, im regelmassigsten.. Falle, bei Milchzahnen zur bleibenden Ausbildung yon Kontur-- bandern kommen muss. Das Zustandekommen wirklicher Kontur- bander wfirde sich aber dadurch erklaren, dass infolge einer periodisch verminderten Str6mung yon den Schmelzzellen nach der Tiefe, eine Verschiebung der neutralen Zone stattfindet, ehe

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Ver~nderungcn des Z~hnschmelzes w~hrend der Erh~rtung. 5~

es zur v~lligen Erhgrtung der im Konturbande gelegenen Prismen- abschnitte gekommen ist, die spt~ter nur dann nachgeholt werden. k~nnte, wenn eine neuerdings sehr verstarkte StrSmung yon Seite der Schmelzzellen die neutrale Zone wieder gegen das Zahnbein~ zurttckdrangen wfirde. Es gibt nun in der Tat Konturbander, die man sich auf diese Weise entstanden denken kann, nt~mlich Konturbtmder, welche dicht verkalkte Prismen besitzen und nut mehr dadurch als Konturbttnder hervortreten, dass zwischen den Prismen zahlreiche, unregelmttssig gestaltete, blind endigende Schmelzkanttlchen und interprismatische I-Iohlr',tumchen vorhanden sind. Im allgemeinen wird aber wohl eine Rfickverlegung der neutralen Zone nicht stattfinden, da eine bereits v~llig harte Schmelzlage der StrSmung aus den Schmelzzellen sehr hinderlich sein muss. Normalerweise geht wohl der Strom yon den Schmelz- zellen direkt in die Prismen, deren globulitische $truktur nach der Tiefe ganz allmahlich feiner wird, wahrend umgekehrt tier Strom yore Zahnbeine nur durch die Kittsubstanz yon den Dentinkanalchen h e r sich fortsetzen kann, da die v~llig hart gewordenen Prismen nicht mehr imbibirbar sind. In der neutralen Zone aber muss der osmotische Ausgleich in der Kittsubstanz stattfinden, w~thrend die Ausfallung yon Kalksalzen in den Prlsmeu durch das Zusammentreffen der yore Zahnbein in der Kittsubstanz und in den Prismen yon den Schmelzzellen str6menden Fltissigkeit eintritt. So w,~ren denn die K o n t u r b t t n d e r - soweit sie nicht~ ausnahmsweise durch pl6tzliche Richtungsanderung der Prismen bedingt sind -- nicht schon mit der ersten Bildung der Prismen angelegt,.sondern erst die Folge yon St6rungen in den bei der Erht~rtung der Prismen beteiligten FlassigkeitsstrSmungen you den Schmelzzellen und yore Zahnbeine. Die entwickelten Vor- stellungen sind auch auf die unregelm~ssigen Erhtirtungsvorgfmge anwendbar, wie sie z.B. in Fig. 21 u. 30 im Polarisationsbilde dargesteUt sind. ttier sind inselartige Strecken des Schmelzes, wie dies haufig vorkommt, yon tier vSlligen Erhttrtung aus- geschaltet undes mttsste hier angenommen werden, dass plStzliche Versehiebungen der neutralen Zone durch zeitweilige, ungttnstige: Ern~hrungsbedingungen einer Gruppe yon Schmelzzellen ver- ursacht wurden. Durch die angenommene Wechselwirkung yon Schmelzzellen und Zahnbein gelangt man auch zu einer einiger- massen befriedigenden Vorstellung tiber die Bedeutung der~

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besonders in der tiefsten Schmelzlage, zahlreichen und mit den Dentinkanttlchenoft zusammenhttngendenSchmelzkanMchen. Denn es ist Mar, dass Rttume in der Kittsubstanz, die nur von Fliissig- keit erffillt sind, osmotischen Vorgt~ngen zwischen Schmelz und Zahnbein sehr f6rderlich sein miissen.

Nicht die gleiche Erklt~rung, wie fiir die Konturbt~nder und die br~tunlichen, nicht vSllig verkalkten Inseln im Schmelze, mSchte ich fiir die Konturstriche, oder feinen Retziusschen Linien, welche mit den Schmelzwt~lstchen (Perikymatien, P r e i s w e rk) in inniger Beziehung stehen und daher nur bei bleibenden Zahnen vor- kommen, fiir ausreichend halten. Die Konturstriche sind auch dort, wo die Schmelzprismen in vSllig unveranderter Richtung weiter ziehen, schon im jungen Schmelze, wenn auch schwach wahrnehmbar; sie sind also wohl prim'~r als etwas schwtichere Prismenabschnitte mit reichlieherer Kittsubstanz dazwischen an- gelegt und sie bleiben als solche im fertigen $chmelz erhalten. Obwohl nun die Vorstellung yon einem Vorrticken der neutralen Zone bei der Verkalkung, ehe es zum vt~lligen Hartwerden der

Prismen kam, auch hier in vielen Fallen ebenfalls anwendbar ist, da in der Tat oft die Prismen in den Streifen noch nicht vSllig verkalkt sind, so gibt es doch auch viele Konturstriche mit ganz dichten, harten Prismen , die nur durch reichlichere vt~llig unverkalkte Kittsubstanz auffallen. Man muss sehon wegen des Umstandes, class die Konturstriche nur den bleibenden, zu viel l~ngerer Dauer und zu grSsseren mechanischen Leistungen bestimmten Z,~thnen zukommen, den Milchzahnen aber fehlen, den Gedanken abweisen, dass die Konturstriehe eine einfache Entwicklungshemmung, eine unvollkommene Ausbildung des Schmelzgewebes und daher etwas Pathologisches seien. Die Konturstriche sind etwas Typisches, alas sicher eine physiologische Bedeutung hat. Worin diese besteht, ist schwer zu sagen, aber es ware nicht undenkbar, dass die feinen kittsubstanzreichen Schmelzlagen, die an den Schliffen als Konturstriche erscheinen, die Druckfestigkeit und Elastizittit des Schmelzes erh5hen ohne seine H~rte merklich zu vermindern. Die sehon im weichen Schmelze erkennbare Anlage der Konturstriche spricht, wie ich glaube, sehr bestimmt daftir, dass dieselben als eine normale, aber besondere Form des Schmelzgewebes zu betrachten sind, die allerdings - - dem vt~llig harten, transparenten Schmelze gegen-

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Yeri~nderungen des Zahnschmelzes w~hrend der Erhiirtung. 61

f i b e r - - wie ein Stehenbleiben auf einer tieferen Entwicklungs- stufe erscheint. Man kann wohl auch den Konturbandern der Milchzahne Und der bleibenden Zahne, obwohl diese nicht so typisch angelegt sind, eine ahnliche physiologische Bedeutung zu- schreiben, wie den Konturstrichen.

Mit der v011igen Erhartung der Schmelzprismen erscheint die Entwicklung des Schmelzgewebes noch nicht abgeschlossen. Es folgt derselben in den am vollkommensten ausgebildeten Teilen des Gewebes, im transparenten Schmelze noch eine Ver- kalkung der Kittsubstanz, die aber niemals so vollstltndig ist, wie jene der Prismen. Fast regelmgtssig findet man die direkt an das Zahnbein grenzende Schmelzlage, welche am frtihesten erhartet - - abgesehen yon de~ mehr weniger zahlreichen Schmelz- k a n a l c h e n - yon fast homogenem Ansehen an gut poliertea Schliffen.*) Es ist dies nur dadurch mOglich, dass der Kitt- substanz nahezu ein gleicher Brechungsquotient zukommt, wie den Prismen selbst, dass mithin die Kittsubstanz reichlich Kalk- salze aufgenommen hat. Damit stimmt auch, dass bei Farbung und Impragnation solcher Schmelz, abgeset~en yon den Schmelz- kanalchen und -Lticken, keine Farbe an Schliffen annimmt. Trotzdem ist die Kittsubstanz nicht yon gleicher Beschafl'enheit wie die Prismen selbst; denn bei schwacher ~ltzung mit Sauren tritt die organische Substanz des Kittes deutlich hervor, die Prismen 10sen sich aber v011ig auf, und es erscheinen am geltzten Querschliffe an Stelle der Prismeu Vertiefungeu. Dieses homogene Schmelzgewebe wird nun namentlich im Bereiche der Kronen- hocker yon der erwahnten basalen Schicht sich ausbreitend in mehr weniger grosset Ausdehnung: oft bis an das Schmelz- oberhautchen heran gefundeu und erscheint dasselbe nur durch Schmelzkanalchen, unregelmassige Schmelzlticken und R e t z iu s sche Streifen da and dort unterbrochen. Gegen den Schmelzrand findet man in der Regel vorwiegend deutliche Prismenstruktur und bei den Milchzahnen ist der homogene Schmelz oft auch an den Kronenh0ckern yon sehr beschrankter Ausdehnung. An durch-

1) Man hiite sich die leuchtende Lichtlinie, die man an der Grenze -con Zahnbein und Schmelz immer sieht, wenn der Schliff nicht genau senk- recht zur Trennungsfli~che gefiihrt ist und welche yon der starken Licht- brechung im Schmelze im Vergleiche zum Zahnbeine herrtihrt, mit dieser homogenen Schmelzlage zu verwechseln.

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brechenden bleibenden Ztthnen sieht man manchmal die dicht unter dem Schmelzoberhautchen gelegene Schmelzlage noch tiberall mit deutlich unverkalkter Kittsubstanz, wahrend nach der Tiefe der Schmelz fast homogen erscheint. An durchgebrochenen Zahnen ist aber die oberflachlichste Schmelzlage in tier Regel, wenigstens an den Kronenhtickern mehr homogen. Dies scheint mir kaum eine andere Deutung zuzulassen, als dass eine Ver- kalkung, wenigstens der Kittsubstanz des Schmelzes noch - - nach- �9 dem die Schmelzzellen ihre Bildungst~tigkeit vollstandig ein- gestellt h a b e n - vom Zahnbeine her stattfinden kann. Dean dass durch das Schmelzoberhautchen beim Durchbruche der Zahne aus dem Mundspeichel Kalkphosphat in den Schmelz tritt und .dort ausgefitllt wird, ist zwar nicht undenkbar, aber doch wenig wahrscheinlich. Die Schmelzzellen selbst k6nnen ftir die erst bei und nach dem Durchbruche der Z~thne noch Kalksalze auf- ~ehmenden Schmelzlagen nicht mehr yon Bedeutung sein, da- wie neuerdings H. K a l l h a r d t (17, S. 29) betont, die Schmelz- zellen schon vor dem Durchbruche der Z~hne rudimentar werden. Dass tatsachlich die H~rte des Schmelzes noch nach dem Durch- bruche der Z~thne zunimmt, wird durch die Beobachtungen ,erfahrener Zahn~trzte best~tigt. S m r e k e r (24) hebt ausdrt~cklich hervor, dass man an den Z/thnen ein und desselben Menschen �9 eine Zunahme der H~rte des Schmelzes im Laufe der Jahre feststellen kSnne, indem der Schmelz des jugendlichen Individuums .den bearbeitenden Instrumenten merklich geringeren Wider- stand biete, als jener des Erwachsenen. Als Wege, welche ein Eindringen yon kalkhaltiger Fltissigkeit aus dem Zahnbeia in den Schmelz erm(iglichen, mtissen wohl in erster Linie die besonders im Bereiche des oberen Teiles der Zahnkrone, in ziemlich regelmttssiger Anordnung, in Form yon sich aufsplitternden Bl~tttern vorkommenden unverkalkten Stellen yon Kittsubstanz betrachtet werden, welche yon der Oberflache des Zahnbeins mehr weniger weit oft bis an das Schmelzoberhttutchen in den Schmelz eindringen. (Fig. 40 b.)

Die Frage der Erhartung des Schmelzgewebes ware nach ihrer morphologischen Seite nur unvollst,~ndig er0rtert, wenn nicht auf die so auffallenden Druckformen der Prismen, wie sie zuerst yon S m r e k e r genauer studiert wurden, Riicksicht genommen wtirde. Wie kommen diese Druckformen zustande,

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Ver~nderungen des Zahnschmelzes w~hrend der Erh~rtung. 63

in welcher engeren Beziehung stehen dieselben zu tier Bildungs- s der Schmelzzellen?

Die Schmelzzellen selbst zeigen polygonale Querschnitts- formen mit geradlinigen Begrenzungen, wahrend die Prismen, wie fr~iher (S. 20) besprochen wurde, gewShnlich bogige Be- grenzungslinien besitzen, welche gegen das Zahnbein in der Regel konvex: gegen die Schmelzoberflache aber konkav gekr~immt sind. Man kann sich diese Kr~immungen der Oberflachen wohl nur dadurch eutstanden denken, dass die noch weicheu Prismen ihre INachbarprismen mit ihrer konvexen W01bung dr~icken, a n ihren konkaven Fl~tchen aber selbst yon anderen Nachbarprismen gedrfickt werden. S m r e k e r hat kfinstlich die Druckformen der Prismen dadurch hergestellt, dass er Wachszylinder der Lunge nach halbierte und nun wieder ganze Wachszylinder herstellte, welche zur H~'dfte aus weichem und zur Hiflfte aus hartem Wachs bestanden. Diese zusammengesetzten Wachszylinder wurden mit Ziunfolie umhfillt und nun in einem Metallk~stcheu zusammell- gepresst. S t a r e k e r erhielt auf diese Weise den natfirlichen Arkadenformen und Kannelierungen ganz entsprechende Druck- formen. Der natfirliche Vorgang dtirfte aber diesem schematischen Versuche insofern nicht entsprechen, als die Zust~nde der Weich- heir und H~,trte, die am schematischen I~risma gleichzeitig an den beiden }talften desselben vorhanden sind, in Wirklichkeit zeitlich aufeinanderfolgende Zust~inde ein und desselben Prismas in dessen ganzer Dicke sein werden. Es muss wohl fflr alle Prismen mit arkadenfSrmigem Quersclmitte ein Entwicklungs- stadium geben, in welchem tier Turgor des noch weichen Prismas ein Maximum erreicht, das noch vor der vOlligeu Erh~lrtung wieder betrachtlich absinkt, denn dadurch lasst sich begreifen, class relativ jfingere Prismen relativ [dtere zusammenpressen. Dass es die relativ alteren Prismen sind, welche you den jiingeren gedrfickt werden, geht woh]_ unzweifelhaft daraus hervor, dass die konvexe Seite, also die drfickende, fast ausnahmslos gegen die Zahnbeinseite gekehrt ist. Da die Prismen yon den Kronen- spitzen gegen den Schmelzrand aufeinanderfolgend immer sparer entstehen und die Prismen in der Hauptsache yore Zahnbeine gegen die Kronenspitzen geneigt sind, so gehSreu die ~m Schlif[en erscheinenden Prismenquerschnitte im allgemeinen umso jfingeren Prismen an, je naher sie tier ausseren Schmelzoberfl~che gelegen

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sind. Die Erreichung des gr6ssten Turgors in den Prismen muss schon sehr frtih, wabrscheinlich im Stadium des prim~tren Schmelzes eintreten; denn im jungen Schmelze findet man die Druckformen der Prismen schon deutlich ausgebildet. Eine genauere Untersuchung dieser VerhMtnisse bleibt der Zukunft vorbehalten, aber schon jetzt daft als sicher angenommen werden, dass der Fl(~ssigkeitsdruck im Innern der Prismen mit fort- schreitender Kalkablagerung rasch abnimmt. Die typische Ver- laufsrichtung und die Kreuzuffgen der Prismen, welche namentlich in den mittleren Schmelzlagen auftreten, k0nnen nicht als Folge yon ausseren Druckwirkungen ~.ngesehen werden; sie sinY1 viel- mehr als primar yon den Bildungszellen ausgehende spezifische Formbildungen anzusehen , worauf sparer (Abschnitt VIII) naher eingegangen werden soll.

Ausser dem Drucke, den die Prismen gegenseitig auf- einander aus['~ben, kommt bei der Schmelzbildung noch der Druck in betracht, welchen der sich ablagernde Schmelz im Ganzen erfithrt. Der Schmelz ruht yon der ersten Bildung an auf dem festen Widerlager des Zahnbeines und die Schmelzzellen stehen. unter dem Drucke der Fliissigkeit der Schmelzpulpa, mit welchen. sich der Turgor der Schmelzzellen ins Gleichgewicht setzen muss. Der Gesamtdruck der Schmelzpulpa lastet nun auf den noch weichen Prismen. So lange die Prismen als geradlinige senk- recht zur Zahnbeinoberflache stehende Verl'~tngerungen der $chmelz- zellen erscheinen, wird dieser Druck keine wesentliche Form- verltnderung hervorrufen; sobald abet die Prismen sich schief zu legen beginnen, muss wohl yon der $chmelzpulpa ein Druck auf die jungen Prismen ausge~Libt werden, welcher im ganzea senkrecht zur Prismenrichtung stattfindet. Denn die Prismen werden in ihrem Querdurchmesser gegeniiber den Schmelzzellen etwas verkleinert, da jene konvexe Oberflache tier Schmelz- membran, welche die der Schmelzpulpa zugewendeten Endea der Schmelzzellen bilden, im ganzen gr0sser ist als die Flache, welche jewei]ig die Querschnitte der primaren Prismen deckt. Die seitliche Kompression, welche die jungen Prismen erfahren,: und die nicht selten zu einer bandartigen hbplattung ffihrt, findet wohl auch darin ihren Ausdruck, dass die Prismen positiv: doppelbrechend werden inbezug auf ihre Prismenrichtung als. optische Achse. Denn ein allseitig gleichmassiger Druck senk-

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recht zur Lt~ngsrichtung der Prismen mt~sste bei einer normal reagierenden Substanz diesen optischen Ef~ekt nach den Spannungs- gesetzen hervorrufen. Dass man aber die Doppelbrechung der jungen Schmelzprismen als Folge yon Spannungen ansehen daft, dafCir spricht insbesondere die nicht ganz regelmt~ssige Orientierung der optischen Achsen in den Prismen und das haufige nicht Zusammenfallen yon Prismenrichtung und optischen Achsen, welche Umst~nde eine krystallinische Struktur ausschliessen, so sehr man versucht sein kSnnte, eine solche ebenso anzunehmen, wie in der Prismenschicht der Muschelschalen, in-~velcher die krystallinische Struktur ausser Zweifel steht.

V I I I . D ie P r i s m e n s c h i c h t d e r M u s c h e l s c h a l e n u n d die Schmelzprismen. Schluss.

Man hat frtiher wohl 6fter, in neuerer Zeit noch R u d a s (22), daraa gedacht, dass die Prismenschicht der Muschelschalen in Bau und Bildung grosse Analogien mit dem Zahnschmelze zeige. Allein alles, was w i t gerade durch eingehendere Untersuchungen aus neuerer Zeit, zuletzt dutch W. B i e d e r m a n n (3) und O. ROm er (21) tiber diese so merkwtirdigen Kutikularbildungen erfahren haben, spricht daftir, dass trotz mancher ~Jbereinstimmung, doch tiefgreifende, prinzipielle Verschiedenheiten zwischen den beiderlei Kutikularbildungen bestehen.

Altere Forscher, wie B o w e r b a n k und C a r p e n t e r betrachteten die Prismen der Muschelschalen als versteiaerte Zellen, wie man dies seit S c h w a n n ftir die Schmelzprismen wenigstens insoweit fast allgemein anerkennt, als man jedes Schmelzprisma als Bildungsprodukt je einer Schmelzzelle ansieht. Die Prismenschicht der Muschelschalen (Anodonta, Pinna usw.) besteht abet aus polygonalen Elementen, deren Querdurchmesser vielmal grSsser ist, als jener der Epithelzellen des Mantelrandes, welche die Prismen absondern und es ist daher v011ig unmSglich, je ein Prisma als direktes Bildungsprodukt je einer Epithelzelle anzusehen. Trotzdem zeigt die Anordnung der organischen Substanz, welche als ein zusammenhangendes Wabenwerk die Zwischenri~ume zwischen den Prismen erftillt, eine gewisse Analogie mit der Kittsubstanz der Schmelzprismen und an den Prismen selbst lasst sich eine Querstreifnng nachweisen u n d - wenigstens in den Frtihstadien der B i l d u n g - auch organische Substanz,

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welche bei LSsung der Kalksalze mitunter in Form quer durch- gehender Blt~tter sich darstellen kann. Es sind dies lauter Analogien mit den Schmelzprismen; ja auch darin liegt eine Analogie, dass yon den Bildungszellen zunttchst eine zusammen- h~ngende hautartige Lage organischer Substanz. abgelagel"t wird, in welcher erst sekundhr die Prismenanlagen auftreten. Diese hautartige Lage kann man mit dem primaren Abscheidungs- produkte der Schmelzzellen, dem sogenannten H u x l e y s c h e n H;tutchen, das zwischen den eigenttlmlichen Prismenanlagen und den Schmelzzellen gelegen ist, vergleichen. Eigentt~mlich ist der fast parallele Verlauf der Prismen der Muschelschalen und das h~mfige Vorkommen yon zugespitzten Prismenenden zwischen weiter nach der Tiefe verlaufenden Prismen. Was die feinere Struktur anbelangt, so kommt den Prismen, neben einer.wabig- globulitischen, entweder eine sph~trokrystallinische Struktur (z. B. Arodonta), oder eine rein krystallinische in der Weise zu~ dass jedes Prisma einen einheitlichen Kalkspathkrystall darstellt (z. B. Pinna), dessen optische Achse mit der Prismenachse zusammen- f~fllt, wie das Achsenkreuz im konvergenten Lichte beweist. Die Seitenflttchen der Prismen sind aber im allgemeinen keine krystallographiseh mSglichen Prismenflachen. Zwar hat O. ROmer. (21) auch die Prismen yon Pinna auf einen sphttrokrystallinischen Bau zurfickzuffihren versucht und die Prismen als radi~re Sttlcke yon Sph~rokrystallen mit unendlich grossem Radius erklt~rt. Diese Deutung scheint mir abet deshalb unzul~ssig, weil man bei Atzung mit Ameisens~mre an den Querschliffen yon Pinna- prismen ~_tzfiguren erh;dt, welche an der ganzen Querschnitts- fl~che je eines Prismas durchaus parallele Kanten zeigen, was nur an einem einheitlichen Krystallindividuum, nicht aber an einem Sph~trokrystalle mSglich ist. Ich verweise zur Erltmterung des oben Gesagten auf Fig. 15.

Ich ft~ge noch bei, dass ich auch an L~,tngsschliffen yon Pinnaprismen, namentlich solchen, an welchen zufifllig Prismen- flachen angeschliflen waren, welche ich auf Grund meiner Er- fahrungen fiber Atzfiguren des Kalkspathes als Deuteroprismen- fl~tehen deuten musste, auf lunge Strecken schr':tg zur Prismen- achse, durchaus parallel verlaufende J~tzstreifen erhielt, was eben- falls nur an einem einheitlichen Krystallindividuum nicht aber an einem aus vielen Individuen bestehenden Sph~rokrystalle mSglich ist.

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Ver~,nderungen des ZMmschmelzes w~.hrend der Erh~rtung. 67

Vielfach habe ich reich bemttht an Schmelzprismen .s iiguren darzustellen. Der Versuch scheiterte stets; vielleicht nur wegen der geringen Durchmesser der Prismen. Ich erhielt nur regellose _~tzflecken an Querschliffen und Lhngsschliffen oder an letzteren regelm~tssige Querstreifung, welche jedoch, wie ich jetzt glaube, ebenso wie die Querstreifung an den Prismen yon Muschelschalen, auf eine praformierte Struktur, auf das schicht- weise Vorschreiten der Verkalkung zur(ickzuf(lhren ist. Achsen- kreuze im konvergenten Lichte konnte ich an Querschliffen de r $chmelzprismen niemals sehen; vielleicht nur deshalb, weil eine genttgend dicke Schicht mit genau parallelen und zugleich senk- recht zur optischen Achse getroffenen Prismen nicht aufzufinden war. Die Beobachtungen zwischen gekreuzten Nikols im parallelen Lichte, namentlich an gefltlgelten Prismen (Fig. 34 und S. 37) zeigen aber in (Jbereinstimmung mit diesen wegen ungt'mstigen Bedingungen der Beobachtung unsichern Befunden, dass die t~rismen weder einheitliche Krystalle noch Sph~rokrystalle sind, sondern sich ahnlich verhalten wie verhornte Epitbelzellen, welche ihre Doppelbrechung dutch Spannungen erlangt haben. Die Um- kehrung der Doppelbrechung der Prismen aus einer urspr(inglich positiven in eine negative in dem Marie, als die Ausscheidung tier Kalksalze in den Prismen zunimmt, ist ebenfalls nut unter tier Annahme verstandlich, dass die Doppelbrechung der $chmelz- prismen durch Spannungen entsteht, nicht aber unter der An- nahme einer eigentlich krystallinischen Struktur. Dies schliesst jedoch nicht aus, dass die globulitisch-wabige Struktur, welche O. R 0 m e r in den Prismen yon Margaritana finder, viele Analogien mit der Struktur der Schmelzprismen zeigt und dass selbst bei tier Bildung der Prismen gewisse (Jbereinstimmungen vorhanden bind. Wie W. B i e d e r m a n n bei Anodonta finder, treten in der organischen Grundlage der Prismenschicht die ersten Spuren der Prismen als relativ welt auseinanderliegende Tropfen verkalken- der Substanz auf, welche allm~,thlich, unter teilweiser Verschmelzung und Auflagerung konzentrischer Schichten sich vergrSssern his die endlich aneinander stossend sich gegenseitig im Wachstume behindern und nun zu Polygonen mit ebenen Seitenfl~tchen sich abplatten. Dieses Wachstum der verkalkenden Substanz ist nicht gebunden an einzelne Zellindividuen und ihre Form; ja bei Margaritana kommen nach R S m e r zweierlei Epithelzellen

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vor, welche an der Prismenbildung beteiligt sind. Die Schmelz- zellea dagegen bilden wohl jede ffir sich ein Prisma. Der ausserst komplizierte Verlauf der Schmelzprismen ware vSllig ratselhaft, wenn die Schmelzprismen in einer yon den Bildungszellen ebenso~ losen Abhangigkeit entstehen wfirden, wie dies bei den Prismen der Muschelschalen in der Tat der Fall ist. Aber immerhin geht auch im Schmelze die Prismenbildung in einer organischen Grundlage vor sich, in welcher zunachst KSrner verkalkender Substanz sich ausscheiden. Ein spharokrystallinisches Wachstum derselben ist nicht nachgewiesen; man sieht vielmehr eine k5rnig wabige, stellenweise fadige Kalkmasse sich abscheiden, die aber in ihrer Anordnung und Begrenzung vonder zugeh~rigen Schmelz- zelle direkt abhangig zu sein scheint. Kana man auf der einen~ Seite die Bildung der Prismenschicht der Muschelschalen als einea chemisch-physikalischen Prozess bezeichnen, in welchem die vitale Tatigkeit tier Bildungszelle nahezu darauf beschrankt ist, das Bildungsmaterial abzusondern, dessen weitere Formung dann unabhangig yon den lebenden Zellen sich vollzieht, so muss maa die Bildung der Schmelzprismen in viel h0herem Mal~e als direkt. abhangig yon tier vitalen Tatigkeit der Schmelzzellen ansehem. Obwohl auch bei den Schmelzprismen die erste Kalkablagerung- yon der Mitte der Tomesschen Fortsatze gegen die Peripherie fortschreitet undes yon vornherein recht wohl mSglich erschiene,. dass die Ausbreitung der u ahnlich, wie bei der~ Muschelschalen zu Prismenbildungen ffihren wfirde, die ohne- nahere Beziehungen zu den Zellen stehen, so ist doch tatsachlich: jedes Schmelzprisma eine direkte Fortsetzung je einer Schmelz- zelle, wie die in Zusammenhang mit Schmelzzellen isolierbaren, oft langen Tomesschen Fortsatze die nichts anderes sein kSnnen, als die primaren Schmelzprismen, zweifellos beweisen. Das ant Schnitten wie eine gleichartige Membran erscheinende Huxleysche~ Hautchen ist dennoch ein hOher differenziertes Zellprodukt, in: welchem die direkte Fortsetzung der Schmelzzelle yon anderer Beschaffenheit sein muss, als jener Anteil des Hautchens, welcher den Schlussleisten der Schmelzzellen anliegt. Denn ohne diese Annahme ware die Isolierbarkeit yon Schmelzzellen mit langen Tomesschen Fortsatzen kaum zu verstehen. Anderseits kann die Verschiedenheit zwischen primarer Prismensubstanz und der dieselben umgebenden primaren Kittsubstanz keine sehr t i e f -

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Ver~.nderangen des Z~hnschmelzes w~.hrend der Erh~rtung. 69

greifende sein, da die Prismen sich auf Kosten der Kittsubstanz ~erdicken. Immerhin ist es wahrscheinlich, dass tier prim~Wen Prismensubstanz eine vitale, assimilatorische Tatigkeit zukommt, welche der Kitt- oder Zwischensubstanz fehlt.

Da die direkte Fortsetzung der Schmelzzellen in Schmelz- prismen zwar ziemlich allgemein angenommen, aber keineswegs unzweifelhaft bewiesen ist und t t u x l e y , sp~,~ter insbesondere

W i l l i a m s (28) dieser Annahme entgegengetreten sind, schien es mir wfinschenswert, eine direkt anschauliche L0sung dieser Frage anzustreben. Der verwickelte Verlauf der Schmelzprismen im Zahnschmelze des Menschen und die vielfachen, vielleicht .dutch sekund~tre Druckwirkungen w~'thrend der Erh/~rtung auf- tretenden Biegungen der Prismen, liessen es yon vornherein als wenig aussichtsvoll erscheinen, an Menschenzithnen und diesen /thnlich gebauten TierzShnen mit Sicherheit festzustellen, ob jedes Schmelzprisma die direkte Fortsetzung einer Schmelzzelle ,darstelle. Dagegen schien der Schmelz der Schneidez~lhne yon Mttusen und Ratten in doppelter Beziehung ein gfinstiges Unter- suchungsobjekt zu sein. Erstens dadurch, dass die innere Schmelz- lage, wie man seit den Untersuchungen yon J. T o m e s weiss, aus regelmassig wechselnden Schichten sich fast senkrecht ~'lber- kreuzender Prismen besteht, zweitens dadurch, class die Schneide- z/ihne der Muriden mit offenen Wurzeln best;mdig fortwachsen und daher stets alle Stadien der Schmelzbildung gleichzeitig darbieten. Die sich fiberkreuzenden Prismenschichten bestehen in der Regel aus je einer einzigen Reihe yon Prismen und ver- laufen in Ebenen, welche nicht reinen Querschnitten des Zahnes entsprechen, sondern kronenwhrts nach aussen yon der Zahnbein- oberfl~tche unter Winkeln yon 50 o bis 700 ansteigen. Herr Dr. F l e i s c h m a n n fertigte auf meine Anregung an entsprechend fixierten und entkalkten KieferhMften yon Ratten Querschnitt- serien an und ick hoffte ar~ jenen Stellen, wo gerade die gekreuzten Prismenlagen in Bildung begriffen waren, entsprechend gekreuzte Lagen yon Schmelzzellen oder wenigstens der inneren Enden derselben zu finden. Davon war aber nichts zu sehen; fiberall waren die auffallend hohen Schmelzzellen in genau paralleler .$tellung senkrecht zur Schmelzoberflache angeordnet, "con zu- fMligen Verschiebungen durch die Prapan~tion abgesehen. Dagegen konnte man die Tomesschen Fortsatze yon der Kutikula der

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Schmelzzellen aus seitlich abbiegen sehen. An Praparaten, welche mit Z e n k e r s Flfissigkeit fixiert und entkalkt und dann in Celloidin geschnitten worden waren, zeigten sich die Schmelzzellen in der Querrichtung stark geschrumpft und kaum dicker als 1--2 ,% wahrend frisch isolierte Zellen fiber 5 ,, dick sind. Infolge dieser starken Schrumpfung waren zwischen den Zellen klaffende Zwischenraume vorhanden und der Ubergang der Zellen in die Tomesschen Forts~ttze liess sich an vielen Stellen der Schnitte sicher verfolgen. Dieser Befund schien aber in Wider- spruch zu stehen mit den Ergebnissen der Isolationsversuche. Sowohl bei M~tusen als Ratten versuchte ich wiederholt an Kiefern, welche ktirzere oder langere Zeit i n M f i l l e r s Flfissigkeit konserviert worden waren, Schmelzzellen in Zusammenhang mit Tomesschen Forts/ttzen zu isolieren, da es an tthnlich konser- vierteh Praparaten "con embryonalen Menschenzahnen verh~ltnis- massig oft gelingt linge Tomessche Fortsatze in Zusammenhang- mit den Schmelzzellen darzustellen. Bei Ratten und M~usen gelang es mir aber niemals aus der kritischen Region der Schneide- zahne Schmelzzellen mit Tomesschen Fortsatzen zu {solieren. Die schSnen, hohen, auffallend stark gekSrnten Schmelzzellen zeigten an ihrer, dem Schmelze zugewendeten Seite stets ein rein quer abgestutztes Ende mit einem breiteren oder schmttleren~ glttnzenden, oft undeutlich gestrichelten kutikularen Saume ohne Spur eines Tomesschen Fortsatzes. Ausserdem ergab die ver- gleichende Messung der Durchmesser der Zellen und der in Stricken yon Lamellen vorliegenden gekreuzten Prismen ff ir erstere im Mittel 5,4 ~.,, fiir letztere 3,6 ,,: Diese Zahlen scheinen die direkte Fortsetzung einer Zelle in ein Prisma auszuschliessen. Bedenkt man jedoch, dass - - wie sich aus den Schnitten ergibt - - die Prismen in den Lamellen unter Winkeln yon circa 450 zu der Achse der Zellen orientiert sind, so ist der Durchmesser der Bertihrungsflache der Zellen mit den Tomesschen Fortsatzen beziehungsweise der Prismen der durch sin. 45 ~ (--- 0,7). dividierte wahre Durchmesser der Prismen daher 3,6 p : 0 , 7 --- circa 5 p~ wie eine einfache Konstruktion ergibt. Es ist also trotz der ohne Messungen auffallenden Dickendifferenz yon Schmelzzellen und Prismen an Isolationspraparaten, die direkte Fortsetzu~g je einer Zelle in ein Prisma sehr wohl mSglich u n d e s besteht nur ein scheinbarer Widerspruch mit den Befund~n an Schnitten.

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YerSnderungen des Zahnschmelzes w~thrend der Erh~rtung. 71

Da ferner auch S a c h s e (31, S. 176) an Schnitten yon den Schneidez~hnen der Maus die Tomesschen Forts~tze gesehen hat, so darf man an dem Vorhandensein derselben und ihrer Fort- setzung in die Prismen wohl nicht zweifeln und die Schwierig- keit, die Tomesschen Forts~tze der den gekreuzten Prismenreiheu anliegenden Schmelzzellen zu isolieren, muss darauf beruhen, dass wegen der Kreuzungen der Tomesschen Forts~ttze dieselben jedes- real dicht am Kutikularsaume der Zellen abbrechen. Diese An- nahme ist umsomehr berechtigt, wei les auch an Menschenzahnen keineswegs immer gelingt, Tomessche Forts'~tze darzustellen und h;tufig die Schmelzzellen ohne solche isoliert werden. Steht es aber fest, class bei den Schneidezahnen der Ratten die Tomesschen Forts~ttze unter einem WinkeI abgehen, so hat dies zur not- wendigen Folge, dass die Prismen in der Knickungsebene, in welcher dieselbea mit den Schmelzzellen einen Winkel bilden, eine andere Querschnittsform annehmen m[issen, als die im Quer- schnitte isodiametrischen Schmelzzellen. Es scheint zun~%chst, class entsprechend der frtiher angefflhrten Rechnung, die Prismen in den Ebenen der sich kreuzenden Lamellen schmaler werden mt'tssten, als in der Richtung senkrecht zu diesen Lamellen. Die Mteren Befunde yon J. T o m e s wfirden diese Folgerung tatsachlich stfitzen, indem derselbe die Prismen im Querschnitte elliptisch, mit dem lt~ngeren Durchmesser der Ellipse senkrecht zur Lamellenebene darstellt (32, Seite 577). Allein dutch eigene Untersuchungen konnte ich dies nicht bestatigen. Ich fand viel- mehr die Prismen yon halbmondfOrmigem Querschnitte, ungef~hr wie die in Fig. 7 yore Wildschweine abgebildeten Prismenreihen, wobei die ArkadenbOgen stets - - entsprechend der yon S m r e k e r ftir Menschenztthne gefundenen Regel - - dem Zahnbeine zu- gewendet sind. Die Prismen fiben also eine Pressung aufeinander aus, welche statt zur einfachen Abplattung, zur rinnenfOrmigen Vertiefung derselben fiihrt. Aber immerhin darf man die Form- verhnderung als eine notwendige Folge der starken Abweichung der Richtung der Schmelzprismen yon der Richtung der Schmelz- zellen ansehen. Die Formveranderung ist deshalb sehr verwickelt, weil die Schmelzprismen nicht bloss in der Ebene der Lamellen, sondern auch senkrecht zu derselben mit der Richtung der Schmelzzellen Winkel bilden. Relativ einfachere VerhMtnisse zeigen die Lamellen der gekreuzten Prismen in den Nagezahnen

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der EichhSrnchen. Bei diesea Tieren steigen, wie J. To m e s land, die Lamellen nicht wie bei den Mausen und Ratten schrag "corn Zahnbeine an, sondern sie stehen senkrecht zur OberflSche des Zahnbeines. Es mfissen demgem~tss die Lamellen in der Richtung der Achsen der Schmelzzellen liegen und die Prismen nur in der Ebene der Lamel]en mit den Zellen Winkel bilden. In der Tat finder man nun hier die Prismen im Querschnitte yon abgerundet rechteckiger oder nur leicht halbmondf6rmiger Gestalt, wobei der kfirzere Durchmesser parallel, der langere senkrecht zu den Lamellen orientiert ist.

�9 So ergibt sich unter der Annahme, dass jede Schmelzzelle je ein Prisma bilde, die Formver~aderung der Prismen als bedingt durch die gegebenen RaumverhMtnisse. Dagegen ist das Auf- treten gekreuzter Prismenlagen an sich, nicht direkt mechanisch zu erkl~tren und als eine ,,Selbstdifferenzierung" der Schmelz- zellen aufzufasse.n, etwa in dem Sinne, dass aufeinanderfolgende Reihen yon Zellen - - so lange gekreuzte Prismen entstehen - - die einen linksseitig, die andern rechtsseitig mehr Prismen- substanz und dadurch schr~tglaufende Prismen bilden, whhrend in den FMlen, wo die Prismen in dcr Verlangerung der Achse der $chmelzzellen liegen, die Zellen an der ganzen Oberfl~tche gleichm~tssig Prismensubstanz abscheiden. In dem letzteren Falle werden auch die Prismen rein polygonale Querschnittformen zeigen k6nnen. So wird man aueh die komplizierteren Verlaufs- verhMtnisse tier Prismen in den als Schregersche Faserstreifen bekannten, entgegengesetzt gerichteten Zfigen "con Schmelzfasern sich zurecht legen mtissen. Ich habe'seinerzeit der Behauptung "con W i l l i a m s (28), dass die Richtung der Sehmelzzellen mit jener der darunter liegenden Schmelzfasern nicht immer fiber- einstimme, ~tls eine Thuschung zu erkl~tren versueht (9); nach den Erfahrungen am Schmelze der Nager zweifle ich nicht mehr an der Richtigkeit der Beobachtungen des geuannten Autors, obwohl ich nach wie "cor daran festhalte, dass jedes Prisma yon je einer Schmelzzelle gebildet wird, was W i l l i a m s mit.Unrecht als mit seinen Beobachtungen unvereinbar hielt und ihn zu der Behauptung verffihrte, die Tomesschen Fortstttze tier Schmelz- zellen seien Kunstprodukte und ohne Bedeutung fiir die Bildung der Prismen. Was reich damals zu der Annahme bestimmte, dass die Schmelzzellen stets in det, Richtung der Achse der

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Yeriinderungen des Z~hnschmelzes wi~hrend der Erh~rtung. 73

jeweiligen Prismenrichtung sich befinden~ war die Beobachtung an abgel~)sten Schmelzmembranen yon Z~hnen neugeborener Kinder, an welehen ich in der Flachenansicht den Schmelzgtirteln entsprechende Schiehtellungen yon Zellengfirteln bei Verschiebung tier Mikrometerschraube zu sehen glaubte. Doch babe ich das Marl dieser Schiefstellungea nicht genauer zu bestimmen ver- mocht u n d e s muss der Zukunft vorbehalten bleiben, die Bildung tier Schmelzgtirtel eingehender zu "~erfolgen.

Uber den Chemismus der Schmelzerhgtrtung befinden wir uns ganz im dunkeln. Welche komplizierte Vorghnge hier statt- iinden mSgen, dart~ber kann man vielleicht ahnende Vermutungen haben, wenn man die Erfahrungen zu Rate zieht, welche W. B i e d e r m a n n (2) ttber die Verkalkung des Krebspanzers gewonnen hat. Bei Hummern und Flusskrebsen fand B i e d e r - m a n n die tieferen Schichten des Chitinpanzers mit einer amorphen, kalkigen Substanz infiltriert, aus welcher bei Zusatz ~'on Wasser monoklinische, mit einer organischen Grundsubstanz versehene Mischkrystalle yon Calciumphosphat und Calcblm- karbonat heraus krystallisierten, welche in Essigs:Cure vSllig 15slich sind, in Chroms~ture aber einen deutlich geschichteten organischen Rest zurtickliessea.

Da Bi e d e r m a n n dieselben Krystalle auch aus dem Blute "~on Mollusken (Helix pomatia) darstellen konnte, so schien es nicht ausgeschlossen, dass bei der Schmelzbildung. dieselben Doppelsalze yon Phosphat und Karbonat auftreten k(innten. Ieh zerzupfte den in Bildung begriffenen Schmelz yon den Schneide- z~thnen der Maus, nachdem ich die Wurzel. des Zahnes am frischen Objekt blossgelegt, in Wasser. Eine Ausscheidung der Biedermannschen Krystalle konnte ich aber niemals wahrnehmen, obwohl an den stets offenen Wurzeln der Schneidez~hne der Nager alle Entwicklungsstufen des Schmelzes nebeneinander Vor- kommen. Die Zusammensetzung des Schmelzes ist yon jener der verkalkten Crustaceenpanzer nnd der Molluskenschalen aller- dings durch den Reichtum an Kalkphosphat wesentlich verschieden and daher war auch die Wahrscheinlichkeit, dass bei ersterem dieselben chemischen Prozesse eine Rolle spielen, wie bei letzteren, ~on vornherein gering. Dajedoch bei Mollusken, nach B i e d e r - m a n n insbe~ndere bei Helix, die jt~ngsten Schichten der Sch~Ien fast nur aus Calciumphosphat bestehen, schien es immer-

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hin yon Interesse, den Versuch zu mache~l, ob die B i e d e r m a n n - schen Krystalle aus jungem Schmelze dargestellt werden kt)nnen.

Welcher Natur die in dem noch weichen Schmelze sich in L6sung befindenden Kalkverbindungen sind, ist unbekannt; es ist daher auch nicht m6glich, fiber den chemischen Vorgang der Erhartung der Prismen und t~ber das Verschwinden der organischen Substanz in denselben sich eine prazise Vorstellung zu machen und man kann nur als mit den Tatsachen am besten vereinbar im allgemeinen annehmen, dass die Abscheidung der Kalksalze aus einer kolloidalen LOsung erfolgt. Die organische Substanz schwindet mit fortschreitender Erhartung immer mehr, doch ist dieselbe an nicht v611ig verkalkten Stellen noch in fertigen Z~,thnen nachzuweisen, und W. D. Mil ler (19), sowie Viggo A n d r e s e n (1) haben an ferfigen Z~thnen Zusammenhttngende Reste organischer Substanz, welche yon dem Schmelzoberhhutchen bis ana Zaha- bein reichten durch Salz- und Salpeters~ture isoliert. (Siehe S. 35.) Diese organische Substanz erscheint in Form yon Flocken .und H~utchen; sie stammt wesentlich yon der Kittsubstanz der Prismen, w~hrend in den vollstandig ausgebildeten Prismen keine organische Substanz mehr nachweisbar ist. Der Zusammenhang dieser H~,tutchen mit dem Schmelzoberh~mtchen wird durch die Entwicklung verst~tndlich, der zufolge das Schmelzoberh~,tutchen bei Abschluss der Schmelzbildung yon denselben Schmelzzellen abgesondert wird, welche bis dahin die Prismen gebildet hatten. Die im fertigen Zahne noch vorhandene Kittsubstanz in Form

.yon blattartigen Ausbreitungen zwischen, in ziemlich regelmassigen Entfernungen befindlichen Prismenlagen (siehe S. 35 und Fig. 40), ferner die Schmelzlt~cken und Schmelzkanalchen ermOglichen noch nach dem Durchbruche der Zahne einen, wenn auch beschrankten Flt~ssigkeitsaustausch zwischen Zahnbein und Schmelz. Ein guter Teil der yore Zahnbein zum Schmelz ziehenden Kanalchen bleibt zeitlebens erhalten; doch scheint mir, als ob die Zahl der Schmelz- kanalchen, welche an sich entwickelnden Z~thnen mit den Zahn- kanalchen zusammenhangen, grOsser w~tre, als an fertigen Zahnen, Bei der geringen Regelmassigkeit und komplizierten Anordnung dieser Strukturteile infolge der Anwesenheit der zahlreichen Grt'lbchen im Zahnbeine sind vergleichende Zahlungen nicht woht auszufi~hren und eine Sch~,ttzung nach dem Augenmaf~e, wie ich sie vornahm, kann leicht infolge zufalliger Umst~tnde zu irrtilm-

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Ver~nderungen des Zahnschmelzes w~hrend der Erh~rtung. 75

lichen Annahmen ffihren. Es muss daher diese Frage often gelassen werden. Die grosse Harte und die durchscheinende Beschafl'enl~eit des auf der h0chsten Stufe der Ausbildung befindlichen Schmelzes macht denselben f~lr Flfissigkeitsstr0mungen jedenfalls sehr un- geeignet und damit stimmt die Erfahrung, class der ganz harte Schmelz nicht fsrbbar ist und auch bei hochgradig Ikterischen, deren Zahnbein yon Gallenfarbstoff intensiv gelbbraun gefhrbt ist, keine Spur yon F~rbung zeigt.

Ohne auf die fiber die allm~hliche Erh~rtung des Schmelzes bei menschlichen Zahnen gewonnenen Erfahrungen nochm~ls ein- zugehen, m0chte ich schliesslich nur einige Ergebnisse mehr allgemeiner Natur mit wenigen S~ttzen zus~mmenfassen:

1. Die nadelartige Zersplitterung junger Schmelzprismen bei Isolationsversuchen beruht wesentlich auf einer schr;tg- faserigen Struktur der sp[tter meist unter einander ver- schmelzenden Fl~igelforts~ttze der Prismen.

2. Die Erhartung des Zahnschmelzes schreitet langsam yon den zuerst gebildeten Gewebeteilen zu den zuletzt ge- bildeten vor; doch erleidet dieses Gesetz im einzelnen zahlreiche St~rungen.

3. Um die Vorg[tnge bei der Erh~trtung des Schmelzes einigermafien zu verstehen, erscheint es notwendig eine Beteiligung des Zahnbeines bei der definitiven Erh[trtung des Schmelzes in dem Sinne anzunehmen, dass ein S~tfte- strom yore Zahnbeine in die interprismatische Kitt- substanz stattfindet.

4. Die nur bei bleibenden Z~,thnen vorkommenden typischen Retziusschen Linien, die Konturstriche, sowie die auch bei Milchzt~hnen vorkommenden Konturbander sind durch ein Stehenbteiben der Schmelzentwicklung auf einer frt~hen Entwicklungsstufe bedingt.

5. Die an Langsschliffen in den Konturstrichen an ,~us- gebildeten Zahnen sichtbaren, treppenf0rmig angeordneten Prismendurchschnitte sind durch eine besondere Br~'tchig- keit der Prismen, nicht aber durch eine Richtungs- anderung derselben bedingt.

6. Die Bildung der Schme!zprismen steht in einer viel innigeren Beziehung zu der vitalen T~tigkeit der Schmelz- zellen, als die in vieler Beziehung ,~hnliche Bildung

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76 V. v. E b n e r :

7.

.

d e r Pr ismenschicht der Muschelschalen z u den Epithel-

zellen des Mantelrandes.

Die Pr ismen des Schmelzes haben zwar eine globul i tsch- wabige S t ruk tur , sie zeigen aber Formbi ldungen, nament -

lich Druckformen, wie Epithelzellen und ve rdanken ihre Doppelbrechung nicht Krystal l isa t ionsvorgangen, sondern

Spannungen. Die typische Anordnm~g und Ver laufsr ichtung dr Pr ismen, insbesondere in del~ gekreuz ten Schmelzlamellen der

Nagezahne, ist durch eine ererbte Selbstdifferenzierung

der Schmelzzellen bedingt ; dagegen lassen sich die Querschni t ts formen derPr i smen direkt mechanisch erklaren.

Wien im April 1905.

L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s .

1. A n d r e s e n, V i g g o: Beitrag zur Histologie des Schmelzes. Deutsche Menatschr. f. Z~hnheilk., XX. Jabrg., August-1902.

2. B i e d e r m a n n , W.: Uber den Zustand des Kalkes im Crustaceen- panzer. Biol. Centralbl., XXL Bd., No. 11 (S. 3~3).

3. Derselbe: Untersuchungen fiber Bau und Entstehung der Nollusken- schalem :/enaische Zeitschr. f. Naturwissenschaft, XXXVI. Bd, 1901.

4. B f i t s c h l i , 0.: Untersucbungen fiber Strukturen etc. mit Atlas. Leipzig 1898.

5. v. E b n e r , V.: Strittige Fragen fiber den Bau des Zahnschmelzes. Sitzber. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien. Math. nat. CI., Bd. 99, Abth. III , Januar 1890, S. 57.

6. Derselbe: Uber A. Frommes Einrichtung des Polarisatiensapparates zu his~tologischen Zwecken. Zeitschr. f. wissensch. ~Iikroskopie u. f. mikroskop. Technik, Bd. IX, 1892, S. 161.

7. Derselbe: Uber eine optische Reaktiou tier Bindesubstanzen auf Phenole. Sitzb. d. k. Akad~ d. Wissensch. in Wien. M. n. CI., Bd. 103, Abth. III, Juni 1894.

-8. Derselbe: ttistologie der Zi~hne in Scheffs Handbuch d. Zahnheil.kunde, 2. Auflage, I. Bd., Wien 1902.

9. Derselbe: A. Koellikers Handbuch der Gewebelehre, IIL Bd, 6. Auflage, Leipzig 1902.

10. Derselbe: Uber die Kittsubstanz der 8chmelzprismen. Deutsche Monatschr. f. Zahnheilk., XXI. Jahrg., 0ktober 1903, S. 505.

11. Derselbe: Schmelzstruktur und tt611enstein. Ebenda XXIL Jahrg., Januar 1904.

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Ver~nderungen des Zahnschmelzes w~hrend der Erhartung. 7 7

12. Derselbe: ~ber das Hartwerden des Zahnschmelzes. Sitzb. d. k. Akad. d. W. in Wien. Math. nat. CI., Bd. 112, Abth. III, Juli 1903, S. 191.

13. Derselbe: Das Hartwerden des Schmelzes. Vortrag. 0esterr. Zeitschr. f. Stomatologie, I. Jahrg.. 14. Hft., Dezember 1903, S. 453.

14. G r a n d i s V. e M a i n i n i C. Studi sui fenomeni chimiciehe hanno luogo nella cartilagine epifisaria etc. Archivio p. 1. scienze mediche Vol. 24, N. 2, p. 49, anno 1900.

15. H e i n e, L.: ~ber Molybd~ns~ure als mikroskopisches Reagens. Zeitschr. f. physiol. Chemie, 22. Bd., S. 132, :lahrg. 1896/7.

16. H o p p e - S e y 1 e r in Virchows Arch., 24. Bd., 1862.

17. K a l l h a r d t , H. Beitr~ge zum Durehbrueh der bleibenden Z~hne.: Miinchener Dissertation. Wien 1904 u. Oesterr.-Ung. Vierteljsehr. f. Zahnhk., Hft. 1 u. 2.

18. L i l i e n f e l d , L .u . M o n t i A.: ~)ber diemikrochemische Lokalisation des Phosphors. Zeitschr. f. physiol. Chemie, 17. Bd., 1893, S. 410.

19. M i 11 e r , W., D.: Einige bei der Entkalkung des Schmelzes auftretende Erscheinungen. Deutsche Monatschr. f. Zahnheilk., XX. Jahrg. 1902, ~aiheft. Haupttitel: Das Vorkommen eines Bakterienh~utchens auf der Oberfl~che der Z~hne und seine Bedeutung.

20. P r e i s w e r k , G. Beitrage zur Kenntnis der Schmelzstruktur bei Saugethieren mit besonderer Berficksichtigung der Ungulaten. Dissert.,~ Basel, i895.

21. R 5 m e r, O. Untersuehungen fiber den feineren Bau einiger ~r schalen. Zeitschr. f. wissensch. Zool., 75. Bd., 3. Hft., i903.

22. R u d a s , G. Beitrt~ge zur Histologie des Zahnschmelzes. Mittheilung aus dem Insti tute Stephan v. Ap~thy's. Vortrag. Kfil~nlenyomat a Stomatologiai KSzl~ny i902, ~vi 7. sz~m~b61.

23. S m r e l t e r , E.: tiber die Darstellung der Kittsubstanz des Schmelzes. menschlicher Zahne. Anatom. Anz., 22. Bd., 1903, S. 467.

24. Derselbe: Uber die Form der Schmelzprismen menschlicher Z~hne und die Kittsubstanz des Schmelzes. Arch. f. mikrosk. Anat. und Entwicklg., Bd. LXVI, 1905, S. 312.

25. W a 1 k h o f f, O. : Die vermeintliche Kittsubstanz des Schmelzes. Anatom. Anz., 23. Bd., S. 199.

26. Derselbe: Beitrag zur Lehre yon tier Struktur des Schmelzes. Deutsche ~Ionatschr. f. Zahnheilk., XXI. Jahrg., Dezember 1903, S. 625.

27. Derselbe: Ergebnisse neuerer Arbeiten fiber die Schmelzstruktur. Ebenda XXII. :lahrg., M~trz 1904.

28. W i l l i a m s , J . L . : On the Formation and Structure of the Dental enamel. Dental Cosmos, u 38.

29. Z s i g m on d y, 0.: Beitr~ge zur Kenntnis der Entstehungsursache der hypoplastischen Schmelzdefekte. Transactions of the World's Co-- lumbian Dental Congress. Chicago 1894.

30. Derselbe: ?2ber die Entstehung der Fissuren in der die Kaufl~chen iiberkleidenden Schmelzdecke bei Premolar- und ~Iolarz[~hnen. 0 e s t e r r . ungar. u f. Zahnheilk., 19. Jahrg., 3 Hft., 1903, S. 318.

Page 61: Über die histologischen Veränderungen des Zahnschmelzes während der Erhärtung, insbesondere beim Menschen

78 V.v . E b n e r :

31. S a e h s e , B e n n o : Beitr~ge zur Kenntnis der Entwicklung der Schneidez~hne bei l~[us musculus, Deutsche Monatschr. f. Zahnheilk., XIII. Jahrg. 1895, S. 156 u. 205.

32. T o m e s , J o h n . : On the Structure of the Dental Tissues of the Order of Rodentia. Philosoph. Transact. of the Royal Soc. of London for the year 1850, Part II, p. 529.

E r k l ~ r u n g d e r A b b i l d u n g e n a u f T a f e l I I - - V .

T a f e l II .

Fig. 1. Mittelst einer Knoehenzange isolierte Sehmelzprismenstiicke yon einem l~Iahlzahne eines Erwachsenen a. RinnenfSrmiges Prismensttiek in sehr~ger Aufsieht auf die Rinne b. Prismenstiick mit anh~ngendem Fltigel. Profilansicht. Vergr. 700.

Fig. 2. Prim~re Schmelzprismen im L~ngsschliffe yon der Oberfl~ehe eines bleibenden lateralen Sehneidezahnes yore 20 ~Ionate alten Kinde (vergl. Fig. 25) Globulitische Struktur der Prismen. Vergr. ca. 1000.

Fig. 3. Junge noch schneidbare Schmelzprismen yon einem nicht durcti- brochenen l~iahlzahne eines Frischlings (Wildschwein) durch Zer- zupfen isoliert, a) Prisma mit Schr~igbruch ohne FlUgel; b) Prisma mit zersplittertem Fliigel, Profilansicht; c) rinnenfSrmiges Prisma, Aufsicht auf die Rinne; d) Prisma mit in sehr~ig stehende Nadeln zerspaltenem Fltigel, Profil; e) Prisma mit teilweise abgebrochenem Fliigel im Profih

Fig. 4. Yon einem L~ingsschliff durch einen Milehsehneidezahn yore 20 Monate alten Kinde. Eine Prismengruppe in der N~ihe des Zahn- beines mit schr~g aufgesetzten Leisten: Interkolumnarbriicken yon tier Fl~iche gesehen zu vergleichen mit Fig. 13.

Fig. 5. Prim~ire Schmelzprismen yon der 0berfl~ehe desselben Zahnes wie Fig. 2 im Quersehliffe. Globulitische Struktur.

Fig. 6. a) Junges Prisma yore Frischling dureh Kochen mit verdiinnter Kalilauge und Schfitteln des ausgewaschenen Schmelzstiickes in Wasser isoliert. Anh~ngende Fliigel teilweise abgebroehen, b), c), d), stark abgeplattete Prismen yon einem noch nicht durchgebrochenen ]~[ahlzahn eines Kalbes dureh Zerzupfen isoliert. Fltigel im Profil in schrSg stehende Nadeln zerspalten, e), u. f) Flache Prismen yon der Kante gesehen scheinbar in l~ngslaufende lYadeln zer- spalten.

Fig. 7. Querschnftte yon jungen Schmelzprismen yon einer nieht entl~alkten in Celloidin eingebetteten Sehmelzkappe eines nicht durehgebrochenen Mahlzahnes yore Frischling. Methylblauf~rbung: a) Reihen rinnen- fSrmiger Schmelzprismen; b) verkalkte Blatter zwisehen diesen Reihen. Vergr. ca. 1200.

Fig. 8. Schmelzsplitter yon einem ~'Iahlzahne des Erwachsenen mit dem l~Ieissel abgesprengt. Interkolumnarbrtieken im Profil.

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79

Fig. 12.

Fig. 13.

Fig. 14.

Yer~nderungen des Zahnschmelzcs w~hrend der Erh~rtung.

Fig. 9. Von tier Oberflache eines L~ngssehliffes durch den bleibenden seitlichen Schneidezahn eines 20 l~onate alter Kindes. Junge varikSse Prismen. Vergr. ca. 700.

Fig. 10. Schmelzsplitter yon demselben Zahne wie Fig. 8. Drei Prismen mit nach oben stehenden HSekerreihen (abgebroehene Fliigel in der Aufsicht).

Fig. 11. a) 5unge Sehmelzprismen yore Frischling dutch $chiitteln in Wasser nach vorherigem Koehen in Kalilauge isoliert. u noch zusammen- h~ngende Prismen, teilweise yon einem verkalkten H~utehen be- deckt (vergl. den Querschnitt Fig. 7). b) Ein vSll ig isoliertes H~utchen bei st~rkerer VergrSsserung. Von demselben Sehliffe wie Fig. 9; a) u der Prismen; b) Querstreifuug durch Atzung (saure SchellaklSsung) entstanden. Von demselben Schliffe wie Fig. 4; a) Zahnbein; b) Schmelzprismen mit Interkolumnarbriicken. u demselben Sehliffe Gegend eines Konturbandes (Breiter Retzius'seher Streifen); a) Unvollstandig ausgebildete Prismen; b) Unregelm~ssige Liicken zwischen den Prismen.

T a f e l I I I .

Fig. 15. Querschliff durch die Prismensehicht einer Steekmuschel (Pinna) mit conc. Ameisensaure 1~2 l~tinuten geatzt. _~tzfiguren teils gleichseitige Dreiecke (in den Prismen die genau senkrecht zur optischen Achse geschliffen sind) tells ungleichseitige Dreiecke (Prismen deren optisehe Achse zur Schliffebene geneigt ist). Inner- halb eines Prisma alle Atzfiguren mit genau parallelen Seiten. (Beweis, dass die Prismen einheitliche Krystalle und nicht Sphaero- krystalle sind). Vergr. ca. 500.

Fig. 16. Vom Querschliffe eines Mahlzahnes yore Erwachsenen. Der Sch[iff mit Salzs~ture oberflachlieh ge~tzt, dann neuerdings etwas ab- ~geschliffen und poliert. Eine Region mit polygonalen Prismen. a) Prismen dutch die Atzung gelSst, nur die Kittsubstanz erhalten; b) Prismen teilweise gelSst, woclurch ein leerer Raum zwisehen Prisma und Kittsubstanz entstanden ist; c)Prismen an wele!len die geatzte Oberfi~tche ganz weggeschliffen wurde.

Fig. 17. a) Querschliff yon einem I. Mahlzahn yore 20 Monate alten Kinde. Hatter Sehmelz mit unregelm~tssigen Prismen und Sehmelzkan~lehen. Letztere sehwarz. Vergr. 1000. b) Von einem l~Iahlzahn des Erwachsenen.

T a f e l IV.

D i e Figuren 18, 19, 21, 22, 23, 25, 26, 27 und 29 sowie Fig. 30, 31, 35, 36, 37 der Tafel V stellen Zahnschliffe auf Grund tier Untersuchung im polarisierten Lichte dar. Optisch positiver Sehmelz ist mit blauer, optisch negativer mit gelber, optisch neu- traler Sehmelz mit roter Farbe dargestellt. Zahnbein nut in Um- rissen. Uber die Art der Herstellung dieser Abbildungen muss auf den Text $eite 41 verwiesen werden.

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SO V. v. E b n e r :

Fig. 18.

Fig. 19. Fig. 20.

Fig. 21.

Fig. 22. Fig. 23. Fig. 24.

Fig. 25. Fig. 26.

Fig. 27.

Fig. 28.

Fig. 29.

Sagittaler Langsschliff dutch einen medialen unteren Schneidezahr~ yore neugeborenen Kinde. Die linguale Seite des Zahnes links; ebenso an den folgenden Figuren. Yergr. 9. Milchschneidezahn -ira Durchbruehe. Vergr. 9. hIileheckzahn vom 20 Monate alten Kinde. Farbung mit Purpurin. Die nicht viillig verkalkten Partien des Schmelzes rot gefiirbt besonders intensiv ein Konturband an der labialen Seite rechts. Ausserdem ist bei 5)d) die oberflachlichste Zahnbeinlage dicht unter dem Sehmelze tief rot gef2rbt. Vergr. 9. Zweiter Milchmahlzahn yore 20 Monate alten Kinde. Die Kontur- bander, soweit sic negativ doppelbrechend sind, dutch graue Farbe hervorgehoben; auf der rechten Seite sind auch optiseh neutrale (rote) und positive (blaue) Konturb~inder. Vergr. 9. Voll bewurzelter, abgeseheuerter ~[ilchsehneidezahn. Vergr. 9. Milcheckzabn yore neugeborenen Kinde. Vergr. 9. Bleibender medialer unterer Schneidezahn vom 20 ~onate alten Kinde. Schliff in verdiinntem Glyzerin angesehen um die relative Undurchsiehtigkeit des positiven Schmelzes zu zeigen. Das Bild ist mit Fig. 25 zu vergleiehen, welche denselben Sehliff im polarf- sierten Lichte darstellt. Vergr. 8. Derselbe Schliff wie Fig. 24 im polarisierten Lichte. Vergr. 18. Bleibender Eckzahn vom 6-j:,thrigen Kinde. Praparat yon Dr. O. Zsigmondy. Vergr. 9. Medialer anCerer bleibender Schneidezahn vom 5-jiihrigen Knaben. Vergr. 9. Erster oberer l~/Iilehmablzahn yore 20 l~ionate alten Kinde. (eben im Durchbruche) Purpurinfi~rbung. Die nicht viillig verkalkten Schmelz- partien rot gefarbt. Vergr. 8. Unterer bleibender Eckzahn vom 5-jiihrigen Kinde. Vergr. 9.

Fig. 30.

Fig. 31.

Fig. 32. Fig. 33.

Ta fe l V.

Bleibender noch nicht durchgebrochener 1. Mahlzahn yore fiinf- j~hrigen Knaben. Vergr. 9. Bleibender zweiter unterer Backenzahn yore 5-jiihrigen Knaben. Die Polarisationsfarben auf der rechten Seite des Bildes grSssten- tells nicht dargestellt, da der optische Charakter der Schmelzprismen nicht sicher erkennbar war. Vergr. 9. Derselbe Schliff in natfirlichem Lichte nach Erythrolaccinfarbung. Noch nieht durcbgebrochener Mahlzahn yore Frischlinge (mit leicht schneidbarem, mit Ausnahme einer diinnen Schicht am Zahnbeine unter den Hiickern noch durchaus positivem Schmelze). Der schlecht schleifbare und daher vielfach abgesplitterte Schmelz mit Erythro- ]accin tiberall rot gefarbt. Noch intensivere Rotfarbung zeigt das Zahnbein dicbt unter dem Schmelze, doch fehlt diese Rot- f~rbung unter den KronenhSckern. Dagegen ist die jfingste Zahn- beinschicht dicht an der PulpahShle ebenfalls rot gefiirbt.

Page 64: Über die histologischen Veränderungen des Zahnschmelzes während der Erhärtung, insbesondere beim Menschen

Fig. 34.

Fig. 35.

Fig. 36. Fig. 37.

Fig. 38.

Fig. 39.

Fig, 40.

Yer~nderungen des Zahnschmelzes w~hrend der Erh~rtung. 8 I

Isolierte junge, Positive Schmelzprismen mit fliigelartigen Anh~ngen yore Frischling zwischen gekreuzten ~icols im Rot I. Ordnung einer Gipsplatte. AA Riehtung der Polarisationsebene des Analy- sators, P P des PolarAsators, h I ~ der Additionsriehtung (erste Mittellinie) tier Gipsplatte. a und b zwei Sehmelzprismen in mSglichst neutraler Stellung bei welcher sie jedoch noch tells steigende tells sinkende Polarisationsfarben zeigen; e Schmelz- prisma in Additionsstellung; d in Subtraktionsstellung, wobei die Fliigel fast neutral in tier Farbe des Gipsgrundes erschienen. Vergr. ca. 300. Bleibender erster unterer Baekenzahn yore 5-j~hrigen Knaben. Yergr. 9. Ein zweiter Schliff yon demselben Zahn wie Fig. 35. Vergr. 9. Ein zweiter Schliff yon demselben zweiten Backenzahne wie Fig. 31 und 32. Derselbe Schliff wie Fig. 37 in natiirlichem Lichte mit Erythro- laccinfitrbung. Yergr. 9. Querschliff yon tier Krone eines ~Iahlzahnes vom Erwachsenen. Alkohol-Fuehsin-Pr~parat yon Dr. Smreker. Schmelzprismen grossenteils im Querschnitte mit Arkaden. Die Grenzen mit Farbstoff einpr~gniert, soweit der Sehmelz nicht vSllig hart und transparent ist. u ca. 500. Querschliff yon der Krone eines l~Iahlzahnes vom Erwachsenen. Pr~parat yon Dr. Smreker. Alkohol-Fuchsin. D Dentin, S Schmelz, b, b Bfischelartig angeordnete mit Farbstoff erf[illte Spaltr~ume, welehe yon der Dentinoberflache ausgehend gegen die mittlercu Sehmelzlagen zwisehen den Prismen sich allmahlich verlieren. Vergr. ca. 120.

A r c h i v i mik rosk . A n a l Bd. 67. 6

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