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XII. Aus der Medizinischen Klinik zu WUrzburg. Uber die innere Hyperglyk~mie. Von Wilhelm Nonnenbrueh. Die Arbeiten Blidingens 1) Uber die Ern~Lhrungsbehandhng des Herzmuskels mit intraven~sen Traubenzuekerinfusionen und die Ar- beiten yon Bernstein und Falta 2) iiber ~Respiratorischer Stoffweehsel und Blutznekerregulation~ haben neuerdings das Interesse f'dr die Frage naeh dem Bhtzuekergehalt der einzelnen Gef~l~gebiete wach gerufen. Im folgenden sell zunRchst zur Lehre yon der ~inneren Hyper- glyk~mie~ Bernstein und Faltas Stellnng genommen werden. Unsere Ergebnisse und Erfolge mit der intraven~sen Traubenzuekerinfusion sollen in einer weiteren Mitteilung besprochen werden. Die herrsehende Lehre vom Bhtzueker nimmt~ ausgehend yon Claude Bernard an, dal~ die Leber unter norma]en Verh~Itnissen das Blnt bei Kohlehydratzufuhr in der I~/ahrung vor jeder Uber- flutung mit Zueker schUtzt~ indem sic den im Darm verarbeiteten Zueker~ der mit dem Pfortaderblut in die Leber kommt~ als G]ykogen ablagert und davon nur naeh Bedarf sparsam an die Peripherie ab- gibt, wobei das Gef~lle ein so geringes bleibt, dab keine merklichen Untersehiede im Blutzuekergehalt der versehiedenen Gef~Bgebiete auf- treten. DemgegenUber stellten nun Bernstein und Falta neuerdings die Lehre yon der ,inneren Hyperglyk~mie~ auf, die besagt, dad der Bhtzuckergehalt in dem inneren, zwischen Leber und Lunge gelo- 1) Biidingon, Ern~hrungsstOrungen des Herzmuskels. Leipzig 1917. 2) Bernsteln und Falta, D. Arch~ f. klin. •ed. Bd. 125. ArehiT fi exl~eriment. Path. u. Pharmakol. Bd. 86. 17

Über die innere Hyperglykämie

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Page 1: Über die innere Hyperglykämie

XII.

Aus der Medizinischen Klinik zu WUrzburg.

Uber die innere Hyperglyk~mie.

Von

Wilhelm Nonnenbrueh.

Die Arbeiten Bl idingens 1) Uber die Ern~Lhrungsbehandhng des Herzmuskels mit intraven~sen Traubenzuekerinfusionen und die Ar- beiten yon Berns te in und Fa l t a 2) iiber ~Respiratorischer Stoffweehsel und Blutznekerregulation~ haben neuerdings das Interesse f'dr die Frage naeh dem Bhtzuekergehalt der einzelnen Gef~l~gebiete wach gerufen.

Im folgenden sell zunRchst zur Lehre yon der ~inneren Hyper- glyk~mie~ Berns te in und Fa l t a s Stellnng genommen werden. Unsere Ergebnisse und Erfolge mit der intraven~sen Traubenzuekerinfusion sollen in einer weiteren Mitteilung besprochen werden.

Die herrsehende Lehre vom Bhtzueker nimmt~ ausgehend y o n

Claude Berna rd an, dal~ die Leber unter norma]en Verh~Itnissen das Blnt bei Kohlehydratzufuhr in der I~/ahrung vor jeder Uber- flutung mit Zueker schUtzt~ indem sic den im Darm verarbeiteten Zueker~ der mit dem Pfortaderblut in die Leber kommt~ als G]ykogen ablagert und davon nur naeh Bedarf sparsam an die Peripherie ab- gibt, wobei das Gef~lle ein so geringes bleibt, dab keine merklichen Untersehiede im Blutzuekergehalt der versehiedenen Gef~Bgebiete auf- treten.

DemgegenUber stellten nun Berns te in und Fa l t a neuerdings die Lehre yon der ,inneren Hyperglyk~mie~ auf, die besagt, dad der Bhtzuckergehalt in dem inneren, zwischen Leber und Lunge gelo-

1) Biidingon, Ern~hrungsstOrungen des Herzmuskels. Leipzig 1917. 2) Bernsteln und Falta, D. Arch~ f. klin. •ed. Bd. 125.

ArehiT fi exl~eriment. Path. u. Pharmakol. Bd. 86. 17

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252 XII. W~HELM ~ON~ENBRUCH.

genen Oef~Bbereieh sehon unter normalen VerhRltnissen ganz be- bedeutenden Sehwankungen unterworfen ist, und dab es hier bei reichlicher Kohlehydratzufuhr zu einer betrRchtlichen HyperglykRmie kommt,' ohne dab diese im peripheren venSsen odor Kapillarblut nachweisbar zu sein braucht, weil der ilbersehUssige Zueker auf dem Wege yon der Leber zur Peripherie bereits yon don zuekergierigen Geweben aufgenommen wird. Diese gleiche ,innere Hyperglyk~mie, im hepatopulmonalen Gef~iBgebiet nehmen Be rns t e in und F a l t a naeh der Injektion yon Adrenalin an. Ihre Ansehauung grUnden sie auf frUhere (Zuntz, Magnus-Levy~ Dur ig u. a.) und eigene Gasweehsel- untersuchungen naeh intraven~ser und peroraler KH-Zufuhr und nach Adrenalininj ektion.

Diese Untersuchungen hatten folgende Ergebnisse:

1. Bei Individuen~ deren Glykogenspeioher dutch Hunger odor KH- Entziehung ersoh~pft odor in ihrem Bostahd wonigstens stark vermindert sind, fiihren Zugaben yon KH per os zun~iehst zu keinor Stoigorung des respiratorischen Quotienton (R.-Q.) (Johannson~ Bornstein und Falta).

2. Bei gefffllten Glykogonspeiohern ftihrt die perorale KH-Zufuhr zu oiner Stoigerung dos R.-Q., der im Tiorversuoh sogar die Einheit Uber- steigen kann (Bleibtreu 7 Kaufmann, Pembreyl)).

3. IntravonSse D-Zufuhr fiihrt auoh bei einem glykogenvorarmten Organismus zu einer Steigerung dos R.-Q.

4. Die gloiche Steigernng des R.-Q. auch bei glykogenverarmtem Organismus tritt naeh Adrenalinlnjektion auL

Diese Steigerung des R.-Q. hath' KH-Zufuhr wurde yon den moisten Autoren auf eine vermehrte Zuekerverbrennung bezogen, yon anderen (Bleibtreu, Gigon u. a.) aber als Ausdruck einer Fettbildung aus Zucker aufgefaBt.

CO~ Bei reiner Zuckervorbrennung ist dot R.-Q., d. i. ~ ~ 1. Bei der

Umwandlung der Kohlehydrate in Fet~ steigt dieser Quotient sogar fiber 1, entsprechend der yon Bleibtreu aufgestellten Gloichung:

207~06 g Traubenzucker ~-~ 100 g Fett -~ 54~61 g Wassor + 115,45 g C02.

Es steigt dabei also ohno entsprechendo O-Aufnahme die Abgabe yon C02 (atypische C02-Abgabe yon Blelbtreul)). Das Steigen des R.-Q. tiber 1 hat man im Tierexperlment gefunden boi abundanter KH-Zufuhr, bei Mensehen scheint Fettb~ldung aus Zueker in fliesem Umfang kaum vor- zukommen (Bernstoin und Falta),

Die Umwandlung yon Kohlehydraten in Fett geh~rt zu den ge- sieherten physiologisehen Tatsaehen~ und es ist danaeh in F~illen~ we

1) Zitiort Gigon, PflUgers Archly Bd. 140.

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~ber die innere Hyperglyk~mie. 253

eine solehe Umwandlung stattfindet, eine hierdurch bedlngte Steigerung des R.-Q. anzunehmen. Be rns t e in und F a l t a meinen, bei vollen Glykogenspeiehern k~nnto das Ansteigen des R.-Q. naeh KH-Znfuhr auf eine solehe Fettbildung aus Zucker bezogen werden, hingegen sei diese Annahme wohl unmSglieh, wenn intraven~)so D-Zufuhr bei einem glykogenarmen Organismus zu einer Steigerung des R.-Q. fUhrt.

Wio weir dieser SehluB zwingend ist 7 soU dahingestellt bleiben. Wenn die Fettbildung peripher der Leber yon dem Zuekerangebot abhangig ist, scheint es wohI m~gfi~h, da~ die Gewebe aus dora Zu~ker, den sie ja bei fehlender Vorschaltung der Leber im OberfluB angeboten;bekommen, naeh Deekung ihres Glykogenbedarfs Fett bilden. Dafiir k~)nnten die Befunde yon Bernstein nnd Fal ta sprechen 7 we die Steigerung des R.-Q. naeh intraven6ser Zuekerzufuhr erst einsetzte~ wenn der Blutzuekergehalt sehon wieder normal war. Wenn bei der intravenSsen Zuekerzufuhr nur ein kleiner Tell als Glykogen in tier Leber abgelagert wird and tier grSl~te Tefl in die Gewebe geht, so wird dieser dort teils als Glykogen auf- gespeiehert~ teils verbrannt werden, teils aber vielleieht naeh Deekung des Glykogenbedarfs in Fett umgesetzt werden kSnnen. So k6nnte die spat eintrotende Steigerung des R.-Q. doch auf Fettbildung bezogen werden.

Berns te~n und F a l t a sehlieBen aus dem Steigen des R.-Q. nach KH-Zufuhr, dab ein Teil des Zuekers vcrbrannt wird, und glauben, daB dazu eine Hyperglyk~mie in den betreffenden GefM]gebieten nStig sei. Sie nehmen an, dab bei peroraler KH-Zufuhr ein Teil des Zuckers an den gefiillten Glykogenspeiehern der Leber vorbeistrSmt und zu oiner Hyperklyk~mie im GefaBgebiet zwisehen Leber und Lunge~ also besonders anch im reebten Herzen, fiihrt, die im peripheren Blur nicht mehr nachweisbar zu sein braueht. Sie flihren an, daB der im Darm resorbierte Traubenzucker mehrere Kapillarsysteme zu passieren hat, bevor er in die Peripherie kommt, niimlich das grebe Kapillar- system des DUnndarms, dann das der Leber~ und ein drittes in der Lunge. Dann erst gelangt es mit dem arteriellen Blur in das vierte Kapillarsystem der pel'ipheren Organe. In jedem dieser Kapillar- systeme kann Zueker abgegeben werden an die Gewebsflussigkeit. So kann eine Hyperglyk~mie des Lebervenenblutes noeh im Lungen- kapfllargebiet korrigiert werden und ist dann in der Peripherie nieht naehweisbar. DaB sieh das Blur eines Ubersehusses an Trauben- ztickel: aueh aullerhalb der Leber in die Oewebe entledigen kann~ und dab die Zuekeravidit~t der Gewebe einen ftir die Regulation des Blut- zuckergehaltes auBerordentlich wiehtigen Faktor darstellt, schlieBen B e r n s t e i n und F a l t a aus den Versuehen mit intraven~ser Zueker- zufuhr, bei denen der Zucker rasch aus dem Blur versehwindet und der R.-Q. steigt. Das Ubereinstimmende Verhalten des R.-Q. bei der

17,

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254 XII. WILHELM NON~qENBRUCH.

durch intraveniJse Zuekerzufuhr gesetzten Hyperglykiimie und tier peroralen KH-Gabe bei gefUllten Glykogendepots machen Be rns t e in und F a l t a zur ttauptstUtze ihrer Anschauung, dab auch bei der per- oralen KH-Gabe der Steigerung des R.-Q. eine Hyperglyk~mie zu- grunde !iegt. Immer, wenn es zu einer Steigerunff des R.-Q. bei KtI-Zufuhr - - oder naeh Adrenalininjektion - - kommt, nehmen Berns t e in und F a l t a eine ttyperglykamie an, die entweder all- gemein ist oder auf die ,inhere Hyperglyk~mie, besehr~nkt bleibt. Sie meinen, die eingangs erw~hnte Claude Bernardsche Vorstelhng, naeh tier jenseits der Leber keine Hyperglyk~mie besteht~ liel~e sich mit dem Ansteiffen des R.-Q. nur 'dann in Einklang bringen, wenn man annehmen wtirde: dab die durch das Ansteigen des R.-Q. an- geregte Mehrverbrennung yon Zucker aussehlieBlieh im Darm und in der Leber stattfinden wUrde.

Die Frage nach dem Bhtzuckergehalt der verschiedenen Gef'~l]- gebiete hat sehon frUhzeitig den Gegenstand der Forsehung gebildet. Die Methodik, tier man sieh dabei bediente, erforderte aber immer reeht erhebliehe Vorbereitungen und aueh operative Eingriffe und hatte dadureh Fehlerquellen an sieh, die die Resultate unsieher machten, weshalb B e rns t e in und F a l t a die Ergebnisse dieser Untersuehungen fur nieht brauchbar hielten und selbst yon solchen Untersuehungen Abstand nahmen. Bei diesen Untersuchungen war racist alas Ver- h~ltnis des Blutzuckerffehaltes yon Lebervene und Carotis oder Vena portarum bestimmt worden. Dabei war das Bht entweder dureh Er- 5ffnung der BauehhShle I) oder mit Hilfe eines yon der Jugularis aus dureh das reehte tterz in die Vena hepatica eingefiihrten Katheters gewonnen worden2).

Seegen fund dabei bis 100 ~ mehr Zueker im Blut tier Vena hepatica als in dem der Vena portarum, woftir die mit tier Laparotomie und Blut- entnahme unvermeidliehe Reizung des Ndr~ensystems und damit erfolgte Zuekerbildung in der Leber verantwortlieh gemaeht werden dtirft% denn Cavazzani (zitiert Mosse) fand~ dug Reizung des Plexus eoeliaeus eine Zunahme des Traubenzuekers in der'Leber zur Folge habe unter Abnahme des Leberglykogens. Abeles land mit der Katheterisierung ohne Er- 5ffnung der Bauchh~le ein geringes Plus yon Zucker (20--30 ~ ) im Leber- venenblut gegenilber dem der Jugularis~ Cruralis und Carotis (zitiert Mosse). Mosse fund mit der gleiehen Methode in sieben Versuehen~ dag zun~ehst kzine sieheren Untersehiede im Blutzuckergehalt der Vena hepatica mid Arteria eruralis bestehen~ dab abet bei einer naeh 10 Minuten

1) S e e g e n , Pfl i igers Arch iv Bd. 37. 2) v. M e r i n g , Du B o i s - R a y m o n d s Arch ly 1877. - - ~[ o s s e , Pfli igers Areh iv

Bd. 63 u. a.

Page 5: Über die innere Hyperglykämie

0ber die innere Hyperglyk~imie. 255

erfolgenden zweiten Blutentnahme der Zuckergehalt deutlieh angestiegen war~ und zwar in der Vena hepatica um etwa 0,01 ~ mehr als in dot Arteria cruralis. Claude Bernard (Le diab~te sucr~ S. 691 zitiert Bang S. 48) hat das Blur des rechten Ventrikels untersucht and fand einen Uberschu~ an Zucker. Diese Angabe wurde aber yon Bernard selbst als unsicher bezeichnct. Vielfaeh wurde auch der Untersehied im Blut- zuckergehalt zwischcn Arterie und Vene untersueht~ und im allgemeinen wurde ein geringes Plus in den Arterien gefunden (zitiert Bang, S. 48). Bang bereehnet den lJ'bersehul~ an Zueker, den bet einem Mensehen yon 70 kg mit einer Bhtmenge yon 5 1 und bet ether Aufnahme yon 700 g KH das Lebervenenblut haben muB. Er nimmt an 1 dab 5 1 Blut in etwa 1 Minute und 7000 1 Bht in 24 Stunden dutch die Leber zirkulieren. Mit der l~ahrung werden in dieser Zeit etwa 700 g KH aufgenommen und nach ~berfiihrung ins Blur aueh verbrannt. Das Lebervenenblut mui] dann durchsehnittlich 011 o/o o mehr Zucker als das Portablut aui]erhalb der Re- sorptionszeiten enthalten~ ein Wert 1 der vor~ibergehend wohl erheblieh iiber- schritten werden kann.

In F a l t a s Versuch mit KH-reieher Erniihrung (S. 237) wurden tiiglich neben anderer Kost an KH 250 g Haler gegeben, und am dritten Tag morgens niiehtern wurde ein gesteigerter R.-Q. (0,833) gefunden. Fiir diesen gesteigerten R.-Q. wurde die ~innere Hyper- glyki~mie verantwortlich gemacht. Berechnet man in der Art 1 wie Bang 1) es tat1 den UbersehuB an Zueker, den die Vena hepatica in diesem Fall haben muB, so kommt man auf durehsehnittlich 010034 %.

])as K~rpergewieht der Versachsperson betrug 61 kg, die KH-Auf- nahme 250 g Hafer. Die Blutmenge wiirde sich danach auf 61 ><: 55 ecru

3135 1 berecbnen~ welche in etwa 1 Minute dutch die Leber zirkulieren. In 24 Stunden zirkulieren folglich etwa 5000 1 dutch die Leber. Mit der Nahrung werden in dieser Zeit 250 g Haler ~ 170 g KH aufgenommen. Das Lebervenenblut mul~ dann durehschnittlieh 0100340/0 mehr Zueker als das Portablut aul~erhalb der Resorptionszeiten enthalten.

In dem Fal tasehen Versuch S. 242 ergibt sieh bet gleicher Reehnung ein durchsehnittlieher UberschuB an Zueker fUr die Vena hepatica yon 0~0042 o/o.

Naeh dieser Bereehnung wiirde also die ,innere Hyperglyki~mie~ in den obigen Versuchen nur sehr gering zu erwarten sein. Bet dem Versuch S. 242 k~nnte eingewandt werden 1 dab zur Zeit der Be- stimmung des R.-Q. (7 ~ 00' bis 7 h 27') die Verdauung noch auf der HShe 1 und dab der ZuekerUbersehuB der Lebervene um diese Zeit ein relativ hSherer war. In dem Versueh S. 237 fiillt abet dieser Einwand weg, da die Bestimmui~g morgens ntichtern vorgenommen

1) Bang~ Der Blutzucker. Wiesbaden 1913.

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256 XII. WILHELM NO:~EI~BRUCH.

wurde. Um diese Zeit dUrfte der ZuekerUbersehuB im Lebervenen- blut sicher nicht den oben berechneten Weft iiberstiegen haben.

Zur PrUfang der Frage der ,inneren Hyperglyk~mie~ w~re es notwendig, ohne vorbereitende operative Eingriffe, durch welehe alle Resultate unsicher werden, bei gewShnlieher Ern~hrung~ naeh reich- lieher KH-Zufuhr und nach Adrenalininjektion bei gleiehzeitiger Blu~- entnahme aus der Lebervene, dem reehten Herzen und der Peripherie und womSglieh aueh dem linken Herzen zu prUfen~ ob der Zueker- weft im Blur aus dem hepato-pulmonalen Get'~Bgebiet hSher ist~ als der im peripheren Blur bzw. linken Herzen.

Mit Hilfa der Mikromathoda naeh Bang und dar dadureh gagebenen MSgliahkeit, mit 100 mg Blur eina genaue Zuekerbestimmung zu maahen, glaubten wir, diese Frage in ainwandfreiar Weise aufnehmen zu k6nnen. Wenn. as gelang dureh annahernd gleiehzeitige Blutentnahme aus dem reehten Herzen und der Ohrvene and eventuell dam linken Harzen eine ftir die Mikromethode gen~igende Blutmenge zu gewinnen: manta sich die Frage dar ,inneren Hyperglykamie~ pr~lfen lassen. Dies war aber dm'eh perkutane Punktion dar entspreehenden Herzh~hlen mittels feiner Rekord- nadeln und gleiahzeitige Blutentnahme aus dem Ohr im Tierversueh gut m~glich und wurde yon uns in verschiedanen Versuchen an drei Kaninehen ausgefiihrt. Das-Lebervenenblut selbst wurde nieht untersueht: aber zur Vervollstandigung wurde einige Male die Leber punktiert und das gewonnene Blut auf Zucker untersuaht. Bastimmt wurde stats dar Zuakergehalt des Gesamtblutes. Die Versuehe wurden an Kaninchen gemacht, weil diase Tiere noch am leichtesten zu bekommea waren. AuBerdam eignen sle sieh besonders zu solchen Versuchan, we ein Aufbinden auf ain Versuehsbrett n6tig ist~ da sie im Gegensatz zu Hund und Katze keinen ,Fessalungs- diabetes, bekommen (B an g).

Der Blutzuckergehalt der normalen Kaninehen betr~gt nach Bang 0,08--0,13o/o. Die Punktion der einzelnen HerzhShlen gelang sieher und gut. Das venSse Blur war als solehes deuflich erkennbar. Die Tiere Uberstanden den Eingriff ohne Sehaden. Die Blutzuekerbe- stimmungen wurden mit Hilfe unserer Laborantin Fraulein W i e g a n d nach dem neuen Bangsehen Verfahren mit der Reduktion unter Dampf- einleitung und Titration ohne C09-Einleitung gemacht. Es wurden fast stets Doppelbestimmungen vorgenommen, die gut stimmten.

Versuch 1:

30. IX. 1919. Kaninahan 1. 2100 g schwer.

An den Vortagen und am Versuchstag besonders reichliche KH- Ernahrung (Hafer, Brei usw.).

Vet dem Versueh 100 ecru 10~ TraubenzuekerlOsung paroral (3 h 45').

Page 7: Über die innere Hyperglykämie

~ber die-innere Hyperglyk~mie. 257

Zeit Blntzueker

4 b 05' reehter Ventrikel 0,192 0,190

4h 07' linker u 0,203 0,208

4 h 09' Leber 0,271 0,277

4 h 15' Ohr 0,216 0~215

Versueh 2.

9. X. 1919. Kaninehen 1. Vortage wie oben. Am Versuehstag

(II h 20'). 100 ecru 10 o/oige TraubenzuekerlSsung perorat

Zeit Blutzucker

11 ~ 40; 0hr 0,220 0,223

11 ~ 42' reehter Ventrikel 0,245 0,245

11 ~ 45' linker Ventriket 0,241 0,248

II ~ 48' Leber 0,252 0~259

und um 12 ~ 40'. Zeit

1 h 01'

Versueh 3.

18. X. 1919. Kaninchen 1. Vortage wie oben. Am Versuehstag je 1,0 Adrenalin (1 : 10000) subkutan um 12 h 30'

I h 04 '

1 h 06'

1 ~ 08 r

Blutzueker

Ohr 0,198 0,199

reehter Ventrikel 0,220 0,218

linker u 0,223 0,227

Leber 0~267

u 4.

23. X. 1919. Kaninehen 2. 3000 g sehwer.

Vortage wie oben. Am Versuehstag 100 ~em 10 o/oige TraubenzuekerlSsung peroral

(11h 40').

Page 8: Über die innere Hyperglykämie

258 XII. WILHELM NOI~NENBRUCH.

Zeit Blutzueker 11 ~ 521 Ohr 0,250

0~245

12 h 081 Ohr 0,257 0,252

12 h 121 rechtes Herz 0,261 0,263

12 ~ 15' linkes Herz 0,275 0,270

12 ~ 16' Leber 07275 0~279

12 h 301 Ohr 0,254 0,251

12 ~ 30' reehtes Herz 0,267 0,261

V e r s u e h 5. 27. X. 1919. Kaninehen 2.

Vortage wie oben. Am Versuchstage wurde zuerst vor dem Einspannen auf das Ver-

suehsbrett der Blutzueker bestimmt im Blur aus der Ohrvene. Dann wurde das Tier eingespannt und wieder Blut aus der Ohrvene und dann aus Ohrvene und ganz gleichzeitig aus dem reehten tterz entnommen. Nun warde Adrenalin injiziert (1,0 einer Lilsung 1 : 20 000) und wieder gleieh- zeitig Ohr- und Herzblut entnommen. ~aeh einer weiteren kdrenalin- injektion und Punktion des Herzens trat Verblutung in den tIerzbeutel ein.

Blutzueker Zeit 11 h 40' Ohrvene

11 h 411 Einspannen

11 ~ 45' Ohrvene

11 ~ 48 I

11 ~ 52 I

11 h 52 / reehtes Herz

11 ~ 57' Adrenalin 0,00005 subkutan

12 ~ 07 ' Ohrvene

12 h 071 reehtes Herz

0,129 0~127

0,131 0,128

0,125 0,128

0,129 0,125

0,133 0,130

0,136 0,139

0,149 0,152

Page 9: Über die innere Hyperglykämie

Uber die innere Hyperglykiimie. 259

Ver such 6.

3. XI. 1919. Kaninehen 3.

Vortage gewShnliche Riibenbreikost. Am Versuehstage wurde vet dem Einspannen Blur aus dem 0hr ont-

nommen. Naeh dem Einspannen wurde gleiehzeitig Blut aus Olir und rechtem Herz genommen, dann wurden 0,05 mg Adrenalin injiziert, l~laeh 10 Minuten wnrde wieder gleiehzeitig Ohr- und rechtes Herzblut ent- nommen.

Zeit

11 h 00 ' Ohr

11 ~ 12 ' Dis 112 14 ' Einspannen

112 16' Ohr

Blutzueker

0~119 0:117

0,110 0,116

11 ~ 16 ' reehtes tterz 0,115 0,1!4

11 h 19' Adrenalin 0,00 005 subkutan

1! 2 30 ' Ohr 0,121 0,120

11 h 30' reehtes Herz 0,122 0,119

11 h 32' Leber 0.,129 0,126

V e r s u e h 7.

10. XI. 1919. Kaninchen 3.

Vortage KH-reiche Mast. Am Versuehstag 100 ecru 10 O/oige

(11, 2o'). Zeit

11 ~ 35 ' Einspannen

TraubenzuokerlSsung perorat

Blutzucker

11 ~ 41' 0hr 0,251 0,249

11 h 43 ' linkes Herz 0,253 0,253

11 h 47 ' rechtes tterz 0,255 0,260

11 ~1 47 ' Ohr 0,252 0~247

11 ~ 49 ' Lober 0,267

Page 10: Über die innere Hyperglykämie

6O XII. WILm~L~ I~ONNENBP~UCH.

Yersuchsergebnisse. 1. Bestittigung der Angabe Bangs 1 dab die Fesselung beim Kaninchen

keine Steigerung des Blutzuckers macht. In Yersueh 5 wurde das Blut der Ohrvene vor der Fesselung und 5, 8 und 12 Minuten naeh der Fesse- lung auf seinen Zuckergehalt untersucht~ wobei sich annithernd gleiehe Werte fanden. Ebenso stimmten in Versuch 6 die Zuekerwerte im Ohr- venenblut vor und nach der Fesselung fast ganz iiberein.

2. In Versueh 5 wurde einem bei gew(ihnlicher Kraut- und Breikost gehaltenen Kaninehen gleiehzeitig Blur aus dem reehten Herzen und der Ohrvene entnommen. Die Zuckerwerte waren fiir rechtes Herzblut 01133 (0,130 o/o), fiir Ohrvenenblut 0,129 (125o/o)~ waren also im Ohrvenenblut um 0~0045 % niederer als im reehten Herzblut. In Versueh 6 waren ceteris paribus die Zuckerwerte im reehten Herzblut und Ohrvenenblut gleich.

3. In Versueh 1, 2~ 4, 5, 7 wurde das Blur yore reehten und linken Herzen, Ohrvene und Leber untersucht, naehdem das Kaninchen vorher peroral 100 ecru 10 % ige Traubenzuekerl(isung bekommen butte.

S te t s f and sieh eine a u s g e s p r o e h e n e H y p e r g l y k i i m i e , die sowohl im O h r b l u t wie im H e r z b l u t n a c h w e i s b a r war.

In Versuch 1 wurde 20 Minuten naeh der peroralen Traubenzueker- zufuhr das reehte Herz punktiert, dann das linke Herz und die Leber und dann erst wnrde das Ohrblut entnommen. Der Blutzuckergehalt war hierbei im Ohrblut um 0,0245 o/o hSher als im reehten Herzblut. Besonders hoch war der hohe Zuekerwert des Leberbhtes. Dieser Versueh ist wenig brauehbar. Die Blutentnahme aus dem Ohr erfolgte erst 10 )Jinuten naeh der Punktion des reehten Herzens. In dieser Zeit kann sieh tier Blut- znekergehalt gei~ndert haben 1 und die erhaltenen Werte erlauben keinen Vergleich mehr. Es seheint, dab die Pnnktion einer HerzhShl% namentlich wenn sic nieht sofort gelingt, doeh ein Eingriff ist, der zu vermehrter Zuekerbildung ftihren kann. Andererseits scheint die wiederholte Blutent- nahme aus der Ohrvene, wobei es sieh ja immer nur um etwa 200- -300 mg handelt, keinen Einflu• auf den Blutzuekergehalt zu haben~ wie Ver- such 5 zeigt.

In Yersueh 2 wurde deshalb zuerst das Ohrblut entnommen und so- fort ansehlieliend das rechte tterz punktiert. Es vergingen abet doeh 2 Minuten zwisehen beiden Blutentnahmen. Der Blutzuckergehalt im reehten Herzblut war um 010235 o[o h~iher als im Ohrblnt. 3 Minuten sparer wurde das linke Herz punktiert und weitere 3 Minuten spiiter die Leber. Der Zuekerwert im linken Herzblut war gleieh dem im rechten Herzblut, der in der Leber etwas hiiher. Es mug sein, dab die Zuekerwerte im linken Herz- und Leberblut neben der zeitliehen Versehiebung der Blutentnahme auch dutch die vorangegangenen Punktionen beeinflui~t wurden. Die Werte far Ohrblut und reehtes Herzblut diirften abet ziemlich einwandfrei sein.

In Versneh 6 wurde zuerst im Abstand yon 4 Minuten Blur aus Ohr und rechtem Herz genommen und der Zuekerwert im reehten tIerzblut um 0,0075~/o hiiher als im Ohrblut gefunden. Weiterhin gelang es dann, ganz gleiehzeitig Blur aus Ohr und rechtem Herz zu nehmen. Hier war der Untersehied sogar 010115 o/o. Es fund sich also aueh bier bei be- stehender Hyperglykitmie in einwandfreier Weise, dal~ der Zuekergehalt im rechten Herzblut hSher war als in der Peripherie (Ohrblut). AuBerdem

Page 11: Über die innere Hyperglykämie

Uber die innere Hyperglyk~mie. 261

zeigt der Versueh 4, dal~ die Blutzuekersteigerung des Kaninchens naeh tier peroralen Aufnahme yon 100 ecru 10o/oige Traubenzuckerl~sung night immer in der yon Bang in entsprechenden Versuehen gefundenen Weise zn verlaufen braueht.

In Bangs Versuehen stieg dabei bei gut gen~thrten Tieren der Blut- zucker maximal his zu 0,20/0 an. Dieser Wert war in sukzessivem An- steigen erst naeh 3/4--1 8tunde erreicht. Im obigen Versueh wurde schon naeh 22 Minuten ein Blntzuckerwert yon 0,250 (0~245 o/o ) gefunden, der in weiteren 16 Minuten nut noch auf 0,257 (0,252 0/o) anstieg. Auffallend war der hohe Zuekerwert im linken Herzblut (0,0105 ~ > rech~es Herzblut).

Wenn man nieht mit Lgp ine annehmen sell, dab in der Lunge Zucker frei wird aus d6m ~Sucre virtue|% dtlrftr man die Ursaehen am wahr- seheinliehsten in tier Versnchsanordnung - - vorhergegangene Punktion - - erblicken.

in Versueh 7 wurde zuerst im Abstand yon 2 Minuten Bh t aus Ollr- vine und linkem Herz g~nommen. Die Entnahme gltickte nieht ganz gleieh- zeitig, da die Aufsuehung des linken Herzens Schwierigkeiten maehte. Die Zuekerwerte differierten nur um 0,003 %, ein zwischen Venen und Arterien anffallend geringer Untersehied. Es folgte die gleichzeitigo Blutentnahme aus dem reehten Herzen und der Ohrvene. Im rechten Herzen war der Zuekerwert um 0,008 O/o hSher. Das unmittelbar darauf entnommenr Leber- blut zeigte einen nm noeh weir-ere 0,0095 O/o hSheren Zuckerwert. Zwisehen dem rechten nnd linken Herzen fand sieh nur ein minimaler Untersehied.

4 . In Versueh 3~ 5 und 6 wurde das Blut der versehiedenen Gefag- gebiete naeh vorheriger Injektion yon Adrenalin nntersueht.

In Versuch 3 wnrden 0,0002 g Adrenalin injiziert. Es t r a t eine be- t r aeh t l i ehe H y p e r g l y k ~ m i e auf, die auch hier sowohl im H e r z - blur wie in dor P e r i p h e r i e n a e h w e i s b a r war. Besonders deutlieh war der Zuckerwert in der Leber erhSht.

Rechtes Herzblut: Zuckergehalt > Ohrvenenbht um 0,02050/0. Leberbht: Zuekergehalt > rechtes Herzbht um 0,0475 % .

In Ver such 5 wurden 0,00005 g Adrenalin injiziert. Naeh lOMinuten erfolgte die gleichzeitige Blutentnahme aus Ohrvene and rechtem Herz.

'Reehtes Herzblut: Zuekergehalt > Ohrvenenblut um 0,013 %. Die Hyperglyk~tmie war in beiden Gef~tBgebieten deuflich.

In Versueh 6 wurden ebenfalls nur 0,00005 g Adrenalin injiziert. In dem 10 Miunten spater entnommenen Blut war keine deutliche Hyper- glyk~mie nachzuweisen: und es bestand bei gleichzeitiger Bhtentnahme kein Unterschied im Zuckergehalt zwisehen reehtem Herzblut nnd Ohr- venenblut. Das Leberbht hatte einen um 0,007 O/o hSherenZuekergehalt als das rechte Herzblut.

Betrachten wir die Ergebnisse vom Standpunkt der Lehre yon der , inneren Hyperglyk~mie~, so zeigt sieh Zun~iehst~ dab eine Hyper- glykiimie im reehten He rzbh t stets aueh in der Peripherie deutlieh war. Untersehiede im Zuekergehalt der einzelnen GeI~t~Bgebiete wurden

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262 X~. W~n~L~ N o ~ u c ~ .

gefunden. Im reehten'Herzblut war der Zuekergehalt mehrfaeh hSher als im Ohrvenenblut. Bei unvorbehandelten Tieren mit normalen Bhtzuekerwerten waren diese Unterschiede nut sebr gering (Versuch 5 und 6) und betrugen bSehstens 0,0045 o/o. Betr~iehtlichere Untersebiede wurden einige Male gefunden, wenn nach vorberiger peroraler Trauben- zuckerzufuhr oder Adrenalininjektion eine Hyperglyk~mie bestand. Der maximale Untersehied war bier 0,0235o/o (Versuch 2). Andere Male waren aber aueh bier fast keine Untersehiede im Zuckergehalt der versehiedenen Gef~Bgebiete vorhanden. Es ist zu erwarten, dab diese Untersehiede bei Untersuchung des Lebervenenblutes deuflieber ge- wesen w~ren, da man ja im Herzbht das dutch das Hohlvenenblut verdiinnte Lebervenenbht, welches der Tr~iger des ZuekerUbersehusses ist, untersucht. Wie sich aus den Bhtzuekerbestimmungen in dem dutch Leberpunktion gewonnenen Bhlt ergibt i dtirften aber wesent- liehe ErhShungen nieht in Betracbt kommen. Bei der Lehre yon der ,inneren Hyperglyk~mier handelt es sich nieht nur um einen erbSbten Zuekergehalt des Lebervenenblutes, sondern im ganzen hepato-pulmonalen GefaBgebiet.

Wenn man naeh Bangs Rechnung den ZuckerUberschuf des Lebervenenblutes f'tir unsere Versuche berechnet, so kommen Werte beraus, die sehr gut zu den ge~undenen Werten stimmen. Nach B a n g s Untersuchungen ist der Bhtzuckerwert bei Kaninchen naeh peroraler Zufuhr yon 100 cem 10o/oige TraubenzuckerlSsung naeh 3 Stunden wieder normal. Nimmt man an, daft der ganze Zueker in dieser Zeit die Venahepatica passiert hat und verbrannt wurde, so ergibt sich nach Bangs Rechnung~) bei Annahme einer Gesamtblutmenge yon 150 ccm, dab in 3 Stunden 27000 ecru Blur dureh dis Leber zirkulierten. Das Lebervenenblut mtl•te dann durchschnittlieh 0~037 o/o mehr Zucker enthalten baben als das Pfortaderbht auBerhalb der Resorptionszeiten, ein Weft, der nach den im reehten Herzen ge- fundenen durehaus wahrseheinlich ist.

Es sind also Untersch iede im Z u c k e r g e h a l t e des hepato- pulmonalen Gef i i fgebie tes und der Pe r iphe r i e vorhanden. Diese Unterschiede sind aber nur sehr ger ing und viel wen ige r deutlieh~ als man sie nach Bernste in und Fal tas Hypothese yon der , i n n e r e n Hyperglyk~imier h~itte e rwar ten mtissen. Die Unterseb iede seheinen g r ~ f e r zu sein, wenn nach re ich- l ieher KH-Zufuhr oder naeh Adrena l in in j ek t ion eine Hyper - g lyk~miebes teh t . D i e U n t e r s c h i e d e s i n d a b e r n i c h t s o g r o f ,

1) Bang, Der Blutzucker 1913, S. 47.

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Uber die innere Hyperglykiimie. 263

dab e ine H y p e r g l y k a m i e im h e p a t o - p u l m o n a l e n Gef i iBgebie t n i ch t aueh y o n e i n e r H y p e r g l y k i i m i e in de r P e r i p h e r i e be- g l e i t e t ware. U n s e r e U n t e r s u c h u n g e n s ind k e i n e S t U t z e f U r die Ans i eh t Be rns t e in und Fa l t a s , dal~ die , i n n e r e H y p e r - g lyki imie~ e ine b e s o n d e r e Rolle spiel t .

Wir fragen uns, ob die reichliehe Zuekerverbrennung~ wie sie dutch den gesteigerten R.-Q. angezeigt wird 7 llberhaupt eine Hyper- glykamie zur Voraussetzung haben muB. B e r n s t e i n und F a l t a haben den Bhtzuekerffehalt in ihren Versuehen nicht angegeben, aber aus analogen Versuchen kann man sehliel~en, dab derselbe im peripheren Bht in den Versuchen mit peroraler Haferzufuhr zu keiner Zeit erhiiht war. Wit glauben auf Grund unserer obigen Versuche, daB dann auch im hepato-pulmonalen GefaBgebiet keine Hyperglyk- amie bestand und die Steigerung des R.-Q. ohne eine Hyperglykamie zustande kam. Dies erseheint uns sehr gut mSglieh, wenn man als maBgebend ftir den Ubertritt yon Zueker in die Gewebe das Zueker- gefiille annimmt. Geniigt bei dem normalen Bhtzuekerspiegel das Zuekergefiille vom Bht zu den Geweben 7 um den aus der Leber zu- flieBenden Zueker an die Gewebe abzuffeben, ohne dab es zu einer Zuekerstauung im Blut kommt, so bleibt der Blutzuekerwert normal. Dabei kann die dureh das Blur yon der Leber zu den Geweben trans- portierte Zuekermenge wahrseheinlieh reeht erheblieh sein und zu einer Steifferung des R.-Q. fiihren. Sobald aber bei dem normalen Bhtzuekerspiegel das Gef~alle nieht mehr genUg L 'urn das Blut vor einer ZuekerUberladung zu sehtitzen~ well entweder der Zuekergehalt der Gewebe zugenommen hat oder weil die Zuekerzufuhr dutch die Lebervene zu groB ist~ so stellt sieh der Zuekerspiegel h6her ein~ his das Gefiille wieder ein ffeniigendes ist. Wir sehen also in dem erh(ihten Btutzuekerspiegel nieht den Ausdruek einer krankhaften Zuekerstauung im Blur, sondern im Gegenteil eine zweckmaBige MaB- nahme, um eine solehe zu verhiiten.

Die Steigerung des Bhtzuekers ist in diesen Fi~llen zu 'ver- gleiehen mit dem Ansteigen des Harnstoffspiegels im Blut in v. Mo- nako ws 1) Versuehen mit mehrt~giffer Zufuhr groBer Harnstoffmengen. Bei einer einmaligen Gabe yon 20 g Harnstoff werden diese in 24 Stunden nur zu etwa .2/3 ausgesehieden unter Steigerung des Bht- harnstoffs. Gibt man aber 24 Stunden nach der ersten Harnstoffgabe noehmals 20 g Harnstoff 7 so fUhren diese zu keinem weiteren An- steigen des Bhtharnstoffs und werden in 24 Stunden quantitativ aus-

1) v. M o n a k o w , D. Arch. f. klin. Med. Bd. 123.

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264 XIL WILttEL~ NONNENBRUCH.

geschieden. Bei der ersten Harnstoffgabe hat sich das Blut auf ein h~heres Harnstoffniveau eingestellt, und dieses erm~glicht, dab weitere Harnstoffgaben so rasch ausgeschieden werden, dab es zu keiner weiteren Anh~ufung yon ttarnstoff im Blur kommt. Aueh hier ist die Steigerung des Harnstoffspiegels etwas Zweekm~Biges und dient daza der l~iere in der Zeiteinheit mehr Harnstoff zuzufUhren.

Ganz ahnlieh war es in den Versuehen B a n g s mit kontinuier- lieher Injektion einer 10o/o w~sserigen TraubenzuekerlSsung (S. 75). Dabei fand nur im Anfang, we doeh erst ein Bruehteil des Trauben- zuekers einverleibt war, eine Vermehrung des Blutzuekers statt~ bei der fortgesetzten Injektion, die die grSl~te Menge des injizierten Zuekers umfaBte, blieb der Blutzuckerwert so gut wie unver~ndert. Solehe Versuehe zeigen am besten, dab es sich bei der Blutzucker- steigerung nieht um eine Zuekerstauung im Blut zu handeln braueht, sondern dab es sieh dabei um die Einstellung auf ein hOheres l~iveau oder Konzentrationsgefalle handelt, um den einstrSmenden Zaeker raseher wieder abgeben zu kBnnen.

Wir injizierten einem erwaehsenen Individuum innerhalb 20 Minuten 60 g Traubenzueker in die u Der Blutzuekerwert stieg dabei yon 0,115 0/o auf 0~203 0/o. Bei der Annahme einer Blutmenge yon 4 1 waren also am Ende der Injoktion nur 3,52 g yon dem injizierten Zucker im Blur geblieben~ die iibrigen 56,48 g waren bereits in die Gewebe gegangen. Der geringe, hOehstens 5 g betragende u dutch den Ham ist dabei nicht beriieksiehtigt. WSh'e diese Zuriiekhaltung der 3,52 g niehts Zweek- mal~iges, so ware nieht einzusehen, warum nicht das Blut~ das 56,48 g abgegeben hat, auch noeh diese 3~52 g h~ttte abgeben kSnnen. Wenn man abet annimmt, daJ] dureh diese 3,52 g der Zuckerspiegel des Blutes und das Zuckergefalle gegen die Gewebe hSher eingestellt warden, und daft dadureh erst die raseho Abgabe der iibrigen 56~48 g ermSglieht wurde, so erschoint die Zuriickhaltung dieser B~52 g im Blut erklgrt.

Dadureh, dab die Hyperglyk~mie eine allgemeine, in allen Ge- faBbezirken vorhandene ist, kann das erhShte Zuekerget~tlle allen Geweben zugute kommen, u n d e s k~nnen viel grSBere Zuekermengen in der Zeiteinheit aus dem Blur in die Gewebe wandern, als wenn die Hyperglyk~tmio nut auf den hepato-pulmonalen Gef'~tBbezirk be- sehr~tnkt w~re.

Je intensiver die Zuekerabgabe an die Gewebe ist, am so mehr Zueker verliert das Blut auf seinem Wege yon der Lebervene zur Peripherie. Deshalb sind die Unterschiede im Blutzuekergehalt der einzelnen Gei'~tBgebiete da am deutliehsten, we eino tIyperglyk~tmie auf einen besonders lebhaften Zuekertransport veto Lebervenenblut zu den Geweben hinweist. Aber aueh in diesen Versuehen sind die

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Unterschiede nur sehr gering und fehlen zum Tell ganz. Ein hoher Blutzuckerwert beweist eben noeh kein grebes Zuckergef~tlle, denn dieses besteht relativ zum Zuckergehalt der Gewebe. Auch die Per- meabilit~t der Gef~l]e mag mitspielen und die Differenz des osmo- tischen Gesamtdruckes, was eventuell bei der ErklKrung der hohen Blutzuekerwerte bei echter Ur~tmie yon Bedeutung sein mag.

Diese ganzen Ansehauungen veto Zuekergef~lle gelten zun~tehst nur fur den Gesunden mit normaler F~thigkeit, den Zueker zu ver- werten. Beim Diabetiker sind diese Verh~tltnisse aber wohl ~thnlieh, und der erhShte Blutzuekerwert dUrfte aueh hier in erster Linie etwas Zweekm~tl~iges sein. Er erm~glieht wie beim Gesunden, dab bei er- hShter Zuekereinsehwemmung ins Blut dieser raseher wieder ~abge- geben werden kann und dab bei erh~htem Znekergehalt der Gewebe ein genUgendes Gef'~lle bestehen bleib.t. Daneben kann aber wohl beim Diabetiker der erh~hte BlutT, uekerwert der Ausdruek einer all- gemeinen Zuekerstauung in allen KSrpers~ften sein.

Zusammenfas sung .

Zur Priifung der inneren Hyperglyk~tmie Berns te in und Fal tas , d. i. einer im hepato-pulmonalen Get'~tl]gebiet bestehenden, aber in der Peripherie nieht naehweisbaren Steigerung des Blutzuekergehaltes wurde bei Kaninehen gleiehzeitig oder kurz hintereinander Bht aus dem Ohr und dureh perkutane Punktion mittels feiner Rekordnadeln Bht aus dem reehten Herzen gewonnen und mit der Mikromethode nach Bang auf seinen Blutzuekergehalt untersueht.

Dabei ergab sieh, dal~ eine Hyperglyk~tmie im reehten Herzblut stets auch yon einer Hyperglyk~mie in der Peripherie begleitet war. Der Blutzuckergehalt im reehten Herzbht wurde wiederholt h~her gefunden als im Ohrvenenblut. Die Differenz war aber nur sehr ge- ring. Die grtil]t~n Untersehiede wurden gefunden, wenn die absoluten Bhtzuekerwerte hoeh (0,2 o/o ) waren7 aber aueh hier betrug die maxi- male Differenz nur 0,0235 o/o. Die gefundenen Werte spreehen also nicht far die Ansieht~ dab eine im hepato-pulmonalen Gef~l]gebiet bestehende, in der Peripherie aber nicht naehweisbare ,innere Hyper- glyk~tmie, eine besondere Rolle spielt.