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460 W~L~g KEmERSX!CG: tiber die Kupfer-Protein-Verbindung ~m Btutplasma. Ktinische Wochenschrift [~BER DIE KUPFER-PROTEIN-VERBINDUNG IM BLUTPLASMA*. Von WALTER KEIDERLING. Aus der M:edizinischen Universi~£tsklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof Dr. L. HEI~EYER). In den letzten Jahrzehnten wurden dutch experi- mentelle und klinische Studien zahlreiehe Beweise daffir erbraeht, dab das Kupfer im Organismus als kSrpereigener und physiologisch bedeutungsvoller Stoff lebenswichtige Funktionen erfiillt. Wie HE~- MEYER, KEIDERLING und ST~WE 1941 gezeigt haben, kommt dabei der Kupferfraktion des zirkulierenden Blutplasmas eine besondere Bedeutung zu. Sie rSmmt im intermediaren Kupferstoffwechsel eine Sehlfisselposition ein. Unter physiologisehen Be- dingungen ist das Plasmakupfer auf eine sehr kon- stant gehaltene Konzentration yon 10-6g/cm ~ ein- reguliert. Bei dan natiirlichen Abwehrreaktionen des o, os / / i / / / 7 I / i I // / / Lx-- / 8,0 '8 z,8 z,2 s,g s,¢ "~---PH Abb. 1. Dissoziation des Kupfer-Proteinkomplexes bei kns~uerung nativen Blutserums. Organismus werden dagegen als gesetzmaBige Reak- tionsfolge SerumkupfererhShungen auf das 2- bis 3fache der Norm und mehr beobachtet. RegelmaBig tritt diese ErhShung der Serumkupferkonzentration in der Sehwangerschaft als Ausdruck der mfitterlichen Abwehr gegenfiber den Stoffwechselprodukten des Embryos, wie aueh bei allen experimentellen und klinisehen Infektionen und Intoxikationen and bei malignen Neubildungen ein. Erst nach Oberwindung des Infektes oder nach Beseitigung der Noxe kehren die erhShten Serumkupferwerte in ihren Normal- bereich zurfick. In Anbetracht dieser gesetzmaBig ablaufenden Konzentrationsschwankungen im Serum- kupfergehalt, welche als humoraler Abwehrvorgang gedeutet wurden, sind die chemiseh-physikalischen Eigensehaften des Serumkupfers und die Art der Kupferbindung im Blutserum yon besonderem In- teresse. Schon ABDEZ%nALDEN und iV[6LLER 1928 stellten fest, dab das Kupfer beim physiologischen p~-Wert des Blutes dutch Dialyse nicht entfernt werden kann. Das Kupfer liegt also im Serum in mehr oder weniger fester Bindung an eine organische, nieht dialysierbare Substanz wahrscheinlich yon Proteincharakter vor. Naeh F/£11ung der Plasmakolloide dureh Salzsaure- oder Trichloressigsaarezusatz (WA~BURG und KREBS 1927, LOCKE U. a. 1933, TO~SETT 1934) gibt es aber seine Bindung im Serum auf und kann durch Dialyse * Herrn Prof. Dr. HEILMEYER zum 50. Geburtstag gewidmet. entfernt (BoYDEN und POTTER 1937) oder naeh Abtrennung der ausgef/~tlten EiweiBkSrper quantitativ bestimmt werden (HE~rEYER, KEIDERLING und STt)WE 1941). Das Kupfer wird aber nicht nut bei Zusatz organiseher und anorganischer Sauren zum Serum, sondern auch bei p~-Versehiebung nach der alkahschen Seite in Freiheit gesetzt und dialysiert aus dem Serum heraus (YosrKAWA 1939). Auch diese Untersuchungsbefunde weisen darauf b_in, dab das Kupfer im Serum an EiweiBstoffe gebunden ist. Der Beweis wurde durch MANNund KEmrw 1938 erbracht, welche die Kupferproteinverbindung in hoehgereinig- ter krystalhner Form aus Seren verschiedener S/~uge- tiere isolierten und als ,,H/~mocuprein" bezeichneten. Das Kupfer liegt irn Btutplasma, wie PmIE 1931 nachweisen konnte, in Cupriform vor und geht in Gegenwart yon Sulfhydrilverbindungen in die ein- wertige Cuproform fiber. Wahrend im Blutplasma derartige Verbindungen fehlen, kann das Kupfer in den roten BlutkSrperchen dutch Gegenwart yon Glutathion zum Tell in einwertiger Form vorHegen. Um eine Vorstellung fiber die Stabiht/it des KupfereiweiBkomplexes im Serum zu erhalten, wurde in eigener Versuchsanordnung der pa-Wert im nativen Serum immer weiter nach der sauren Seite verschoben. Gleiehzeitig wurde mit Hflfe yon Na-di/~thyldithio- carbamat photometrisch bestimmt, wieviel Kupfer in den einzelnen Portionen aus dem Kupfereiweil]- komplex in ionisierter Form freigesetzt wurde. Zu- naehst ergab sieh bei den Untersuehungen als bemer- kenswerter Befund, dal~ das eiweiBgebundene Kupfer im nativen Serum beim physiologischen Pn des Blutes nicht mit Carbamat reagiert, gleichgfiltig ob die Serumkupferkonzentration normal oder stark erhSht war. Bei normalem wie auch bei erh6htem Kupfer- spiegel ist also im Serum kein ionisiertes Kupfer vorhanden. Bei Verschiebung des Serums-p~ r nach der sauren Seite beginnt jedoch der KapfereiweiB- komplex, wie Abb. 1 zeigt, schon in anmittelbarer N~he des physiologisehen p~-Bereiehes zu dissoziieren, und Hand in Hand mit dem sinkenden Serum-pa werden zunehmend Kupferionen frei, was sich photometrisch meBbar an der Zunahme der Farbintensitat des gold- gelben Kupferearbamatkomplexes dokumentiert. Ans diesen Untersuchungen geht eindeutig hervor, dab das Kupfer hn nativen SerumkupfereiweiBkomplex nur lose mit dem Proteintefl verbunden ist und schon bei geringer p~-Verschiebung nach der sauren Seite in ionisierter Form erscheint. Bei Feststellung der EiweiBbindung des Kupfers im Blutserum erhebt sich naturgemaB die Frage, welehe EiweiBkSrper als Kupfertrager fungieren. EISL~R, ROSDAHL and TaEORELL 1936 verglichen deshalb in Kataphoreseexperimenten die Ionenbeweg- liehkeit der SerumeiweiBkSrper und des Serumkupfers und stellten lest, dab das Kupfer mit den Albuminen wandert. Aueh nach Ansicht yon KE~r~ u. I~'~N gehSrt das ,,H~mocuprein" wahrscheinlich zur Klasse der Albumine. Wir sind der Frage mit Hilfe der fraktionierten Fallung der EiweiBk6rper dutch Am- monsulfat nachgegangen. Dabei zeigte sich, dab bei

Über die Kupfer-Protein-Verbindung im Blutplasma

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Page 1: Über die Kupfer-Protein-Verbindung im Blutplasma

460 W~L~g KEmERSX!CG: tiber die Kupfer-Protein-Verbindung ~m Btutplasma. Ktinische Wochenschrif t

[~BER DIE KUPFER-PROTEIN-VERBINDUNG IM BLUTPLASMA*. V o n

W A L T E R K E I D E R L I N G .

Aus der M:edizinischen Universi~£tsklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof Dr. L. HEI~EYER).

In den letzten Jahrzehnten wurden dutch experi- mentelle und klinische Studien zahlreiehe Beweise daffir erbraeht, dab das Kupfer im Organismus als kSrpereigener und physiologisch bedeutungsvoller Stoff lebenswichtige Funktionen erfiillt. Wie HE~- MEYER, KEIDERLING und ST~WE 1941 gezeigt haben, kommt dabei der Kupferfraktion des zirkulierenden Blutplasmas eine besondere Bedeutung zu. Sie rSmmt im intermediaren Kupferstoffwechsel eine Sehlfisselposition ein. Unter physiologisehen Be- dingungen ist das Plasmakupfer auf eine sehr kon- stant gehaltene Konzentration yon 10-6g/cm ~ ein- reguliert. Bei dan natiirlichen Abwehrreaktionen des

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8,0 '8 z,8 z,2 s,g s,¢ "~---PH

Abb. 1. Dissoziation des Kupfer-Proteinkomplexes bei kns~uerung nativen Blutserums.

Organismus werden dagegen als gesetzmaBige Reak- tionsfolge SerumkupfererhShungen auf das 2- bis 3fache der Norm und mehr beobachtet. RegelmaBig tritt diese ErhShung der Serumkupferkonzentration in der Sehwangerschaft als Ausdruck der mfitterlichen Abwehr gegenfiber den Stoffwechselprodukten des Embryos, wie aueh bei allen experimentellen und klinisehen Infektionen und Intoxikationen and bei malignen Neubildungen ein. Erst nach Oberwindung des Infektes oder nach Beseitigung der Noxe kehren die erhShten Serumkupferwerte in ihren Normal- bereich zurfick. In Anbetracht dieser gesetzmaBig ablaufenden Konzentrationsschwankungen im Serum- kupfergehalt, welche als humoraler Abwehrvorgang gedeutet wurden, sind die chemiseh-physikalischen Eigensehaften des Serumkupfers und die Art der Kupferbindung im Blutserum yon besonderem In- teresse.

Schon ABDEZ%nALDEN und iV[6LLER 1928 stellten fest, dab das Kupfer beim physiologischen p~-Wert des Blutes dutch Dialyse nicht entfernt werden kann. Das Kupfer liegt also im Serum in mehr oder weniger fester Bindung an eine organische, nieht dialysierbare Substanz wahrscheinlich yon Proteincharakter vor. Naeh F/£11ung der Plasmakolloide dureh Salzsaure- oder Trichloressigsaarezusatz (WA~BURG und KREBS 1927, LOCKE U. a. 1933, TO~SETT 1934) gibt es aber seine Bindung im Serum auf und kann durch Dialyse

* Herrn Prof. Dr. HEILMEYER zum 50. Geburts tag gewidmet.

entfernt (BoYDEN und POTTER 1937) oder naeh Abtrennung der ausgef/~tlten EiweiBkSrper quantitativ bestimmt werden (HE~rEYER, KEIDERLING und STt)WE 1941). Das Kupfer wird aber nicht nut bei Zusatz organiseher und anorganischer Sauren zum Serum, sondern auch bei p~-Versehiebung nach der alkahschen Seite in Freiheit gesetzt und dialysiert aus dem Serum heraus (YosrKAWA 1939). Auch diese Untersuchungsbefunde weisen darauf b_in, dab das Kupfer im Serum an EiweiBstoffe gebunden ist. Der Beweis wurde durch MANN und KEmrw 1938 erbracht, welche die Kupferproteinverbindung in hoehgereinig- ter krystalhner Form aus Seren verschiedener S/~uge- tiere isolierten und als ,,H/~mocuprein" bezeichneten. Das Kupfer liegt irn Btutplasma, wie PmIE 1931 nachweisen konnte, in Cupriform vor und geht in Gegenwart yon Sulfhydrilverbindungen in die ein- wertige Cuproform fiber. Wahrend im Blutplasma derartige Verbindungen fehlen, kann das Kupfer in den roten BlutkSrperchen dutch Gegenwart yon Glutathion zum Tell in einwertiger Form vorHegen.

Um eine Vorstellung fiber die Stabiht/it des KupfereiweiBkomplexes im Serum zu erhalten, wurde in eigener Versuchsanordnung der pa-Wert im nativen Serum immer weiter nach der sauren Seite verschoben. Gleiehzeitig wurde mit Hflfe yon Na-di/~thyldithio- carbamat photometrisch bestimmt, wieviel Kupfer in den einzelnen Portionen aus dem Kupfereiweil]- komplex in ionisierter Form freigesetzt wurde. Zu- naehst ergab sieh bei den Untersuehungen als bemer- kenswerter Befund, dal~ das eiweiBgebundene Kupfer im nativen Serum beim physiologischen Pn des Blutes nicht mit Carbamat reagiert, gleichgfiltig ob die Serumkupferkonzentration normal oder stark erhSht war. Bei normalem wie auch bei erh6htem Kupfer- spiegel ist also im Serum kein ionisiertes Kupfer vorhanden. Bei Verschiebung des Serums-p~ r nach der sauren Seite beginnt jedoch der KapfereiweiB- komplex, wie Abb. 1 zeigt, schon in anmittelbarer N~he des physiologisehen p~-Bereiehes zu dissoziieren, und Hand in Hand mit dem sinkenden Serum-pa werden zunehmend Kupferionen frei, was sich photometrisch meBbar an der Zunahme der Farbintensitat des gold- gelben Kupferearbamatkomplexes dokumentiert. Ans diesen Untersuchungen geht eindeutig hervor, dab das Kupfer hn nativen SerumkupfereiweiBkomplex nur lose mit dem Proteintefl verbunden ist und schon bei geringer p~-Verschiebung nach der sauren Seite in ionisierter Form erscheint.

Bei Feststellung der EiweiBbindung des Kupfers im Blutserum erhebt sich naturgemaB die Frage, welehe EiweiBkSrper als Kupfertrager fungieren. EISL~R, ROSDAHL and TaEORELL 1936 verglichen deshalb in Kataphoreseexperimenten die Ionenbeweg- liehkeit der SerumeiweiBkSrper und des Serumkupfers und stellten lest, dab das Kupfer mit den Albuminen wandert. Aueh nach Ansicht yon KE~r~ u. I~'~N gehSrt das ,,H~mocuprein" wahrscheinlich zur Klasse der Albumine. Wir sind der Frage mit Hilfe der fraktionierten Fallung der EiweiBk6rper dutch Am- monsulfat nachgegangen. Dabei zeigte sich, dab bei

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Jg. 28, Heft 27/28 WALTEt~ KEIDERLING: l~ber die Kupfe r -P ro te in -Verb indung im Blutplasma. 461 15, Juli 1950 -.

H~lbs~ttigung des Serums mit Ammonsulfat keine Farbreaktion mit Na-di~thyldithiocarbamat ein- trit t . Der Kupfereiweigkomplex bleibt also bei Aus- f~llnng der Globuline in L6sung und gibt sein Kupfer nieht frei. Erst nach Triehloressigs~uref~llung der im Fittrat in LSsung gebliebenen SerumeiweigkSrper wird das Kupfer frei and gibt die Farbreaktion mit Carbamat. Diese Untersuchungsbefunde spreehen ebenfalls flit eine Bindung des Kupfers an die Serum- albumine. Sie stehen jedoeh in krassem Widerspruch zu den klinisehen und experimentelI erh/irteten Ergeb- nissen des Serumkupferstudiums am K~ankenbett. Wie bereits erw~lmt, finden wit gerade beim Abwehr- vorgang, weleher bekanntlich mit einer Abnahme der Serumalbumine einhergeht, eine starke Zunahme der Serumkupferkonzentration. Dieser offensichtliehe Widersprueh hat erst dureh die verfeinerte

ffir diese Untersuchungen als besonders geeignet. Bestimmte Kupfermengen wurden in Form yon KupfersulfatlSsungen frischen Seren mit verschieden hohem Serumkupfergehalt unter Einhaltung des physiologisehen p~-Bereiehes zugesetzt. 2 - - 4 S t d spi ter wurde gepriii~, ob das dem Serum zugeffigte Kupfer noeh die Farbreaktion mit Na-di~thy]dithio- earbamat ergab. Dabei zeigte sich als iiberraschender Befund, dab das zugefiigteKupfer quanti tat iv mitCar- bamat reagierte. Das Ergebnis war um so bemerkens- wetter, als in vitro zum Serum zugesetztes Eisen (Fe ++ und Fe ÷÷+) nach LAUI~ELL 1947 bis zu einer gewissen Grenzkonzentration in der gleiehen Weise gebunden wird, wie es im nativen SerumeiweiBkomplex vorliegf. Im Serum ist aiso eine eisenbindende Komponente vorhanden, welehe in vitro zum Serum zugesetztes

Tabelle 1. Bindung von in. vitro zum Serum zugesetztem Kup]er.

Untersuchungsmethodik der Proteinehemie Auf- Sr. kl irung erfahren. Mit Hilfe der Xthanolfrak- tionierung der Plasma- 1 proteine konnte Co~N 2 1947 in Fraktion IV -~ 3

4 ein lipoidfreies /~l-Glo- 5 bulin naehweisen, wel- ches Bindung und Transport yon Kupfer 6 und Eisen im Blur- 70 plasma versieht. Das 9

o

kupferbindende fli- Glo- 10 bulin steht hinsichtlich 11 seines osmotischen Ver- 12

13 haltens den Albuminen

Name

D ° De. S. Sch. E.

F . Str. K. W. Kr. Li. O. We.

?

9

Krankheit sbezeiehnung

Normal Normal Normal Normal

Cirrhotische Lungen- tuberkulose (TB I-

Behandlung) Ulcus ventrikel

Cholangitis Polyarthritis

Lymphogranulomatose Pneumonie

Endokarditis Abklingende Hepatitis

Polyarthritis

I

Cu-Gehalt I Zugesetzte i im nativen, 0u-Nenge

Serum

94 390 118 390 108 390 110 390 75 390

136 390 139 390 168 390 175 390 175 390 175 390 168 390 181 390

Gefunden (direkte

l~eaktion)

402 418 402 402 428

Prozentuale Abweichung

+ 1,5 +3,5 + 1,5 +1,5 +4,6

402 + 1,5 415 + 3,2 368 - - 2 , 9 415 + 3,2 389 --0,1 428 +4,6 389 --0,t 402 + 1,5

vet allen anderen Globulinen am niehsten. Hieraus erkl~rt sieh aueh das im Widersprueh zu den klinisehen Beobaehtungen stehende Verhalten des Kupfereiweil3- komplexes, weleher bei I talbsi t t igung mit Ammon- sutfat nicht mit den Globulinen ausf~llt, sondern seheinbar mit den Albuminen in LSsung bleibt. Auch hinsiehtlieh seiner molekularen Dimensionen steht das metallbindende ill-Globulin mit einem Molekular- gewieht yon 90000 und einer GrSBe yon 37/190A den Albuminen (Molekulargewieht 69000, GrSl?e 38/150 ~) setu" nahe (ONcLEY, SCATOHAR.D und BR.O~ 1947). Die klinisehen und ebenfatls die eiweiBehemi- sehen Untersuchungsbefunde lassen also eindeutig erkennen, dab das Kupfer im Serum als Kupfer- woteinverbindung, und zwar ~ls Kupferglobulin vor- liegt. Da das Kupfer normalerweise ziem]ich gleieh- m~gig auf Plasma und rote BlutkSrperchen vertei]t ist, war anzunehmen, dab aueh die roten Blutzeller/ die gleiehe Kupferproteinverbindung enthalten. In der Tat konnte sie aueh yon M ~ N und KEILIN aUS roten Blutk5rperchen yon Siugetieren in hochgereinig- ter Form gewonnen werden.

Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse gaben Veranlassung, die Bindungsverh£1tnisse des Kupfers im Serum welter zu studieren. Wichtig ersehien zunichst die Frage, ob in vitro zum Serum zugesetztes ionisiertes Kupfer yon den Plasmakolloiden in gleieher oder ihnlicher Weise gebunden wird, wie es im nativen SerumkupfereiweiBkomplex vorliegt. Die Methodik der direkten Farbreaktion yon ionisiertem I(upfer mit Na-dii~thyldithioearbamat im Serum erwies sich

Eisen zu binden vermag. Beim Kupfer ist das offenbar, wie aus Tabelle 1 hervorgeht, nieht der Fall, gleieh- giiltig ob der native Serumkupfergehalt erhSht oder normal ist. Andererseits wissen wir abet vom Kupfer, dab es die Fihigkeit hat, mit Proteinen Komplexver- bindungen versehiedener Stabilitiit einzugehen(MACHE- BOEmr und VlSCO~TINI 1943). Naeh den vorliegenden Untersuehungsergebnissen kann jedoeh die einge- gangene Komplexverbindung zwisehen zugesetztem Kupfer und Plasmakolloiden nnr yon geringer Stabili- t~t sein, was sieh im Auftreten der goldgelben Farb- reaktion mit Carbamat dokumentiert. Bei dem ver- sehiedenartigen Verhalten der beiden Metatle mug es daher zweifelhaft erseheinen, ob tats~ehlieh nut eine Proteinkomponente als gemeinsames Trigerprotein fiir Kupfer und Eisen fungiert.

Wiehtiger noeh fiir die Beurteilung des Kupfer- bindungsverm6gens ersehienen in vivo-Versuehe mit IIilfe intravenSser Iniektionen yon Kupfersulfat- 15sung. Verabreieht wurden jeweils 10em S einer 0,4%igen Kupfersulfatl6sung, welehe yon gesunden und kranken Versuchspersonen vSllig reM~tionslos vergragen wird. Dutch Injektion yon 10 em ~ Kulofer- sulfatl6sung wird die im Gesamtblut vorhandene Kupfermenge yon etwa 5--6 mg nm weitere 10 mg erhSht. Bei einer gesunden Versuehsperson yon 70kg KSrpergewieht und einer Blutmenge yon 70--80 em~/kg mfigte daher - - ann~hernd gleiehe Verteilung der injizierten Kupfermenge zwisehen Plasma und Blutk6rperehen vorausgesetzt - - eine Erh6hung des Serumkupfergehaltes um 180--200 ~- %

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462 W~L ~ KEIDEI~LING: i)ber die Kupfer-Protein-Verbindung im Blutplasma. Klinische Woehenschrif$

eintreten. In der Tat steigt der Kupfergehalt im Blutplasma und ira Gesamtblut unabh~ngig yon der HShe der Ausgangswerte unmittelbar naeh der Kupferinjektion stefl an. Die hSehsten Kupferwerte in Plasma und Gesamtblut linden sieh, wie Abb. 2 erkennen I/£Bt, I rain nach der Injektion. Danach kehren sie rasch zur Ausgangslage zuriiek, welche meist sehon nach 3 Std wiecrer erreicht ist. Die mittlere Zunahme der Kupferkonzentration betrug

3OO

2~01 "~"'. \

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Abb. 2. EinfluI~ intraven6ser Kupferinjektionen auf den Blutkul)fergehalt

im Serum 98~-% und im Gesamtblut 1107- %. Auch das injizierte Kupfer ist also wie das kSrper- eigene Kupferglobulin ziemlieh gleiehm~Big auf Plasma und Blutk6rperchen (Gesamtblut) verteilt. Die Kon- zentrationszunahme im Serum und Gesamtblut bleibt jedoeh auffallend welt hinter den erreehneten Werten yon 180--200y-% zuI~ck. Das stimmt gut mit den Befunden von SC~V~RT und RIEZS~R 1947 iiberein,

Tabe l l e 2. Ein/lufl hotwx intravenSser Kup]ergaben au/ die Serumkup]erkonzentration bei tuberkulSsen Erkrankungen.

Name, Alter, Krankhei~sbezeichnung Nr. Geschlecht

1 E., 47 Jahre Exsudativ-kavern6se Lungentuberkulose

2 L., 41 Jahre

3 K., 21 Jahre

4 T., 32 gahre

5 S., 30 Jahre

Cirrhotisch-kavernSse Lungentuberkulose

ExsudMdv-kavern6se Lungen~uberkulose

Exsuda.tiv-kavernSse Lungentuberkulose

Exsudative Pleuritis

Serumkupferkonzent;ra,fion Injizierte ' Cu-l~enge

m g

60 164

100

11o

13o

90

Vor 24Std naeh Behan~ung Behandlung

w-% v-%

175

148 143

133 100

159 128

117 119

(Fall 5) wurden durch t/~ghche intravenSse Injektionen Kupfermengen yon insgesamt 60---130 mg innerhalb yon 6--13 Tagen verabreieht. Vor Beginn und 24 Std nach Absehlug der Kupferbehandlung wurde der Serumkupfergehalt bestimmt. Tabelle 2 I~Bt ein- drueksvoll erkennen, dab selbst dutch hohe par- enterale Kupfergaben der Serumkupfgrgehalt nieht entscheidend beeinfluBt werden kann. Der geringe Anstieg des Kupferspiegels um 11 y- % in Fall 1 liegg noeh innerhalb der Fehlerbreite der Methodik. In Fall 2 und 5 bleibt der Kupferspiegel etwa gleieh, und in Fail 3 und 4 sinkg er weiter ab. Auf Grund dieser Untersuehungsbefunde muB der Wert einer Kupfertherapie der Tuberkulose freilieh fraglich er- seheinen. Allerdings konnten SeHtr~ICT und I~T~ZL~R in tuberkulSsem Lungengewebe yon Meerschweinehen eine erhShte Kupferspeieherung naehweisen.

Wenn es selbst durch maximale Kupfergaben nieht gelingt, eine ErhShung der Serumkupferkonzentration zu erzielen, so miissen daf/ir besondere Griinde vorliegen. Die Ergebnisse der angefiihrten in vitro-Versuehe maehen es wakrscheinlieh, dab die Art der EiweiB- bindung des injizierten Kupfers im Serum mit der rasehen Abwanderung des Kupfers aus der Blutbahn in engem Zusammenhang steht. Zur Prtifung dieser Frage wurden in versehiedenen Zeitabsti~nden naeh der Injektion Blutentnahmen vorgenommen. Dann wurde das native Serum der einzelnen Portionen wieder der direkten Reaktion mi~ Na-di//thyldithio- carbamat unterworfen. Dabei zeigte sieh, dab nur unmittelbar naeh der Injektion die Farbreaktion eintrat. Im Niiehternserum und in den sp/i.ter ent-

nommenen Serumportionen da- gegen, in denen die Ausgangswerte bereits wieder erreieht waren, wurde die Carbamatreaktion vermiBt. Es kann demnaeh kein Zweifel dariiber bestehen, dab das intravenSs ver- abreiehte Kupfer im Serum in anderer Form an die Plasmakol- loide gebunden wird, Ms es im nativen SerumkupfereiweiBkomplex vorliegt. Aus den Untersuehungen geht abet noeh weiterhin hervor, dab die spezifische kupferbindende Eiweil3komponente im Serum often- bar yell mit Kupfer abges~£tig~ ist. Das fiberschiissige Kupfer diMysiert deshalb raseh aus der Btutbahn

welche nach intravenSser Injektion radioaktiven Kupfers eine Blutaktivit/~t yon hSchstens 60% nach- weisen konnten. Der ItShepunkt der Blutaktivit/~t wurde zwischen 50 und 75 see erreicht, und nach 2 Std waren nut noch 3,9 % der injizierten Aktivit~t vorhanden. Das aul3erordentlich rasche Abwandern yon parenteral verabreiehtem Kupfer aus der Blutbahn gab Veranlassung, bei einigen Tuberkulosef~tlen zu prfifen, ob dutch hohe innerhalb eines kurzen Zeit- raumes verabreichte intraven6se Kupfergaben Ein- flug auf die Serumkupferkonzentration gewonnen werden kann. Im Hinbliek auf den fragliehen thera- peutisehen Weft der .Kupfertherapie bei Tuberkulose gewann diese Frage noeh zus~tzlieh an Gewicht. Die Ergebnisse finden sich in Tabelle 2. Bei 4 F~llen yon Lungentuberkulose mit versehiedener Verlaufs- form nnd bei 1 Fall mit extrapulmonaler Tuberkulose

heraus und wird besonders in der Leber, welche das IIaul0tdepotorgan ftir den Kupferstoffwechsel bildet, gespeichert.

Wenn es durch parenterale Kupfergaben nicht gelingt, den Kupferglobulinspiegel im Serum kiinstlich zu erhShen, dann erhebt sich die Frage, welche anderen Faktoren EinfluB auf die Serumkupferkonzentration gewinnen. Das Kupfer ist im Blutplasma, wie bereits eingangs erw~hnt, auf einen sehr konstant gehattenen Spiegel einreguIiert, welcher normalerweise nur ge- ringen Schwankungen unterworfen ist. Ein Kupfer- mangel, der auch in erniedrigten Serumkupferwerten zum Ausdruck kommen miiBte, ist zumindes~ beim Erwachsenen nicht bekannt. Dagegen kommt es als Ausdruek einer unspezffischen Abwehrreaktion gese~z- m~Big bei der Infekt- und Giftabwehr des Organismus und bei allen Eingriffen, welche aktivierend auf das

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Jg. 28, Heft 27/28 WALTER KEIDERLING: LSber die Kupfex-Pro te in -Verb indung im Blur, p lasma. 463 15. Juli 1950

retieuloendhotheliale System einwirken, gemeinsam mit den Ver~nderungen in der Zusammensetzung der Plasmakolloide zu starker Erh6hung der Serum- kupferkonzentration. Das Kupferglobulin wird also im I~ahmen der Abwehrvorg/~nge vermehrt aus der Leber in die Blutbahn ausgeworfen, um bier wahr- seheinlieh humorale Abwehraufgaben zu erfiillen. Dutch experimentelle Einverleibung unspezifiseher I~eizk6rper (lebende und abgetStete Mikroorganismen, Bakterientoxine, ProteinkSrper, Abbauprodukte kSr- pereigener Eiweigstoffe u. a.) mtigte es also gelingen, den Kupferspiegel im Serum zu erhShen. In der Tat konnten H~I~MEY~I~, KEIDIgRLING und ST/3W~ in zahlreiehen experimentellen Untersuehungen naeh- weisen, dab bei der unspezifisehen Reiztherapie die gleiehen Serumkupferbewegungen in Erseheinung tre~en, wie sie im Ablauf yon Infektionen und Ingoxi- kationen am Kxankenbett zu beobaehten sind. Um- gekehrt kehren die erhShten Kupferwerte bei Anwen- dung bakterizider oder bakteriostatiseher lVlittel,welehe verkiirzend in den Heilverlauf bakterieller Infektionen eingreifen, raseher in den Normalbereieh zurtick. Beson- ders reizvoll ersehien es in diesem Zusammenhang, den Einflug des Thiosemiearbazons (TB I) auf den Plasma- kupferspiegel zu studieren, zumat ein grol3er Teil der mit TB I behandelten F/~lle einen auffallend rasehen Rfiekgang der BlutkSrperehensenkungsge- sehwindigkeit erkennen l~Li]t (H~in~l~Y~ 1948). Wie aus Abb. 3 hervorgeht, kommt es unter TB I-Behand- lung tuberkulSser und niehttuberkul6ser Erkran- kungen besonders bei hyperergiseher Reaktionslage des Organismus zu einem rasehen Abfall der stark erh6hten Serumkupferwerte, weleher dem t~iiekgang der Senkung weitgehend parallel l~Luft. Das Thiosemi- earbazon vermag also unspezifisehe Abwehrreaktionen des Organismus wie besehleunigte Blutk6rperchen- gesehwindigkeit und Kupferglobulinvermehrung im Serum zu hemmen. Gleiehzeitig damit setzt meist aueh eine altm/~hlieh zunehmende Besserung des Krankheitsbitdes ein. Jedoeh Iaufen tiemmungs- wirkung des Thiosemiearbazons und Besserung des klinisehen Bildes nieht parallel. Wie Abb. 4 eindrueks- roll erkennen l~Lgt, steigt aueh bei Absetzen der TB I-Behandlung der Serumkupferspiegel wieder auf erhShte Werte an, um unter der Hemmungswirkung neuer TB I-Gaben sofort wieder auf Normalwerte abzufallen. Es kann demnaeh kein Zweifel bestehen, dab das Thiosemiearbazon auf bisher noeh ungekl£rte ~Veise tief in den Regulationsmeehanismus der Plasma- kolloide und ganz besonders aueh des Kupfergtobulins eingreift. Damit ist die 5{Sgliehkeit gegeben, einer- seits dutch Aktivierung des Retieuloendothels eine ErhShung des Kupferglobulinspiegels im Blutplasma zu bewirken und andererseits bei hyperergisehen Prozessen einen erhShten Kupferspiegel mit Hilfe des Thiosemiearbazons zu normalisieren.

Z u s a m m e n J a s s e n d wird festgestellt, dab das Kupfer im zirkulierenden Blutplasma nieht in ionisierter Form, sondern in komplexer Eiweigbindung vorliegt. Die Kupferproteinverbindung des Blutserums ist in vitro yon relativ geringer Stabilit~t. Bei Verschiebung des Serum-p~ naeh der sauren oder a]kalischen Seite wird Kupfer in ionisierter Form frei. Das Serum- kupfer ist wahrseheinlieh an ein lipoidfreies fit- Globulin

gebunden. Durch in vitro- und in vivo-Versuche wurde naehgewiesen, dag zum Serum zugefiigtes Kupfer nieht in der gleiehen Weise gebunden wird,

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Abb. 3. EinfluB des Thiosemicarbazons auf den Plasmakupferspiegel bei tuberkulSsen und niehttuberkul6sen Erkrankungen.

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wie es im nativen KupfereiweiBkomplex vorliegt. Die spezifisehe kupferbindende Proteinkomponente des Kupferglobulins im Serum ist ~demnaeh voll mit Kupfer ges~ttigt. Uber- sehiissiges Kupfer wandert ~e,~,~,~u,w~/~a

deshalb raseh aus der Blut- ~ ss. es. zs. es 35 ~os .~ 72s

bahn ab und wird in der Leber gespeiehert. Selbst dureh maximale intrave- nSse Kupfergaben gelingt es nicht, ktinstlich eine Er- hShung der Serumkupfer- konzentration zu bewirken. Dagegen steigt nach Ein- I verleibung unspezifischer cu Reizk6rper der Kupfer- globulinspieget in gleieher Weise an, wie es bei In- fektionen und Intoxika- tionen beobaehtet wird. Unter Thiosemiearbazon- Abb, 4. Verhalten des Plasma-

kupferspiegels bei exsudativer behandlung hyperergischer Lungentuberkulose nach Absetzen Krankheitsprozesse tritt der TB I-Behandlung. dagegen infolge Hemmung der unspezifisehen humoralen Abwehrvorg£nge eine rasche Normalisierung des Serumkupferspiegels ein.

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