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uber die Moglichkeiten der rihtgenspektroskopischen Untersuchung von Katalysatoren Von Gy. Gciti und A. Meisel lus dem Physikalisch-Chemisctleli Institut der Karl-Marx-UnivorsitLt, Leipzig (Direlrtor : Prof. Dr. C. Ceiseler) Hewn Prof. Dr. Giinther Rienaclcer zum GO. Geburtstag gewidmet 1 m ersten Teil dieser Arbeit werden Uberlegungen angestellt, inwieweit die Methoden der ltiintgenemissions- und -absorptionsspektroskopie zur dufklarung der elektronischen Struktur von Katalysatoren und ihrer Anderung durch Wechsclwirkungen des Iiatalysutors mit Tragersubstanzen und chcmisorbierten Molekiilen beitragen konnen. Im zweiten Teil werden weitere Mijgiichkeiten der rontgenspektroskopischen Katalysatoruntersuchung am Beispiel des WS, beschrieben. Durch Aufnahme des S Ka-Dubletts wird die Moglichkeit der Bestimrnung der Konzentration verschiedener Wertigkeitsstufen erortert, und auf Grund der W L-Emissions- und -Absorptions- spektren wird die elektronische Struktur des Wolframdisulfids im Zusarnmenhang mit seinen katalytischen Eigensohaf ten diskutiert . 1. Bllgornoino Betrachtungon Bei den Untersuchungen vnn Katalysatoren mit Rontgenstrahlen hat man sich bisher im wesentlichen darauf beschrinkt, Kristallstrukturen, Gittersto- rungen und TeilchengroBen - die geometrischen Ver- haltnisse der Kristalle - zu bestimmen. Durch gut iiberlegte Anwendung der Rontgenstrahlen sollte es jedoch moglich sein, wesentlich tiefergehende Aus- kiinfte iiber die Struktur von Katalysatoren - iiber ihren elektronischen Aufbau - zu erhalten. Wenn auch die Ausnutzung der Rontgenspektroskopie zum $tudium katalytischer Probleme vernachlassigt wurde, so hat man doch schon immer groBen Wert auf die rontgenspektroskopischen Untersuchungen an Festkorpern im allgemcinen gelegt [l], [a]. Fur die Elektronenstruktur eines Katalysators, die bei glei- ehen ,,geometrischen" Faktoren die Geschwindigkeit der eigentlichen Umsetzung bestimmt, ist die Kennt- iiis folgender Gro13en von Bedeutung [3] bis [5]: die Lage des Fermi-Niveaus, die die Konzentration der freien Elektronen und Lochcr bestimmt ; die Zu- standsdichte in den besetzten undfreien Bandern (fur Akzeptoren- bzw. Donatorenreaktioncn) ; der Gra- dient der Elektronenternie ; die Breite des vcrbotenen Bandes und die energetische Lage der Storstellen im Banderschema. Dic Rontgenspektroskopie gestattet, alle Arten von Festkorprrn (Elemente, Verbindungen, Metalle, Legierungen, Halbleiter, kristalline und amorphe SubstanZen, Katalysatoren auf Tragern usw.) zu untersuchen. Man kann den Grad der Beimischung von Wellenfunktionssymmetrien in den Bandern stu- dieren, indem man Ubergange auf verschiedene innere Elektronenliicken auswahlt. Die Empfindlichkeit ist groB beziiglich des chemischen Zustandes des unter- suchten Elementes, und es lassen sich auch Elemente ben vielen anderen (z. B. in Mischkontakten) ektroskopisch erfassen. Da die Rontgenstrahlen Stoffe zu durchdringen vermogen (wie Reaktoren- fenstcr und Trager), ist cs moglich, die Spektren wahrend des Ablaufs chcmischer Reaktionen aufzu- nehmen ; auf Tonerde und Kieselsauro aufgetragene Katalysatoren lassen sich z. B. sehr gut untersuchen, (la die Rontgenstrahlung von A1,0, und SiO, nur wenig geschwacht wird. Vorteilhaft wirbt sich ferner die Tatsache aus, daIJ die Rontgenstrahlung der katalytisch wichtigen 3 d-Ubergangselemente in einem beziiglich der experimentellen Technik giinstigen Wellenliingenbereich liegt. Bei der Auswahl der zu untersuchenden Probleme darf man einige Schwierig- keiten nicht iibersehen, die die Auwendungsmoglich- keiten der Rontgenspektroskopie zum Teil begrenzen. Die Interpretation der erhaltenen Spektren kann er- schwert, werden, wenn z. B. eine Uberlagerung des ungestorten Pestkorperbandes mit lokalen diskreten Zustanden erfolgt. Es ist, moglich, daB Intensitats- probleme auftreten, denen man vielleicht nicht in jedem Fall mit leistungsfahigen Rontgenanlagen moglichst mit Ionisationsregistrierung der Spelrtren begegnen kann ; diese konnen konzentrationsbe- dingt oder auch durch die erforderliche Wahl von Rontgeniibergingen gegeben sein. - Nach diesen Vorbemerkungen sollen einige Prinzipien der Aus- wertung der Emissions- und Absorptionsspektren kurz dargestellt werden. Die einfachste Behandlung der Rontgenemission von Metallen geht vom freicn Elektronenmodell aus, wobei der mathematischen Formulierung die auf dem Pauli-Prinzip anfbauendr Fermi-Dirac-Statistik zugrurtde liegt. Danach ergibt sich folgende AbhGn. gigkeit der Zustandsdichte n von der Energie E der Elektroiienterme : (w Atonivolumen, nz Elektroncnmasse, h Plancksches Wirkungsquantum, E - E', kinetische Energie der Elektronen). Die Intensitatsvcrteilung .,I (E) der Emissionsbanden wird ferner durch die Ubergangs- wahrscheinlichkeit P bestimmt : I(E)-n(E) P(E). (2) Die entsprechendeii Berechnungen 161 liefertcn eine ziemlich gute Ubereinstimmung mit dem Expcriment. Auch Feinheiten der Spektren lassen sich interprc- tieren, wenn man beriicksichtigt, daB bei gewissen Wellenzahlen die Elektronen an den Netzebeneri des Kristalls reflektiert werden ; dadurch entstehen an EfeV]- Bild 1. Dic L-finiissiona- tincl ~-Atisorlitionsspclctrcn des dlurniniunis nach [Z] 2%. Z. Chem., 4. Jy. (1Y64) Ifdft 5 171

Über die Möglichkeiten der röntgenspektroskopischen Untersuchung von Katalysatoren

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Page 1: Über die Möglichkeiten der röntgenspektroskopischen Untersuchung von Katalysatoren

uber die Moglichkeiten der rihtgenspektroskopischen Untersuchung von Katalysatoren

Von Gy. Gciti und A. Meisel

l u s dem Physikalisch-Chemisctleli Institut der Karl-Marx- UnivorsitLt, Leipzig (Direlrtor : Prof. Dr. C . Ceiseler)

Hewn Prof. Dr. Giinther Rienaclcer zum GO. Geburtstag gewidmet

1 m ersten Teil dieser Arbeit werden Uberlegungen angestellt, inwieweit die Methoden der ltiintgenemissions- und -absorptionsspektroskopie zur dufklarung der elektronischen Struktur von Katalysatoren und ihrer Anderung durch Wechsclwirkungen des Iiatalysutors mit Tragersubstanzen und chcmisorbierten Molekiilen beitragen konnen. Im zweiten Teil werden weitere Mijgiichkeiten der rontgenspektroskopischen Katalysatoruntersuchung am Beispiel des WS, beschrieben. Durch Aufnahme des S Ka-Dubletts wird die Moglichkeit der Bestimrnung der Konzentration verschiedener Wertigkeitsstufen erortert, und auf Grund der W L-Emissions- und -Absorptions- spektren wird die elektronische Struktur des Wolframdisulfids im Zusarnmenhang mit seinen katalytischen Eigensohaf ten diskutiert .

1. Bllgornoino Betrachtungon Bei den Untersuchungen vnn Katalysatoren mit Rontgenstrahlen hat man sich bisher im wesentlichen darauf beschrinkt, Kristallstrukturen, Gittersto- rungen und TeilchengroBen - die geometrischen Ver- haltnisse der Kristalle - zu bestimmen. Durch gut iiberlegte Anwendung der Rontgenstrahlen sollte es jedoch moglich sein, wesentlich tiefergehende Aus- kiinfte iiber die Struktur von Katalysatoren - iiber ihren elektronischen Aufbau - zu erhalten. Wenn auch die Ausnutzung der Rontgenspektroskopie zum $tudium katalytischer Probleme vernachlassigt wurde, so hat man doch schon immer groBen Wert auf die rontgenspektroskopischen Untersuchungen an Festkorpern im allgemcinen gelegt [l], [a]. Fur die Elektronenstruktur eines Katalysators, die bei glei- ehen ,,geometrischen" Faktoren die Geschwindigkeit der eigentlichen Umsetzung bestimmt, ist die Kennt- iiis folgender Gro13en von Bedeutung [3] bis [ 5 ] : die Lage des Fermi-Niveaus, die die Konzentration der freien Elektronen und Lochcr bestimmt ; die Zu- standsdichte in den besetzten undfreien Bandern (fur Akzeptoren- bzw. Donatorenreaktioncn) ; der Gra- dient der Elektronenternie ; die Breite des vcrbotenen Bandes und die energetische Lage der Storstellen im Banderschema. Dic Rontgenspektroskopie gestattet, alle Arten von Festkorprrn (Elemente, Verbindungen, Metalle, Legierungen, Halbleiter, kristalline und amorphe SubstanZen, Katalysatoren auf Tragern usw.) zu untersuchen. Man kann den Grad der Beimischung von Wellenfunktionssymmetrien in den Bandern stu- dieren, indem man Ubergange auf verschiedene innere Elektronenliicken auswahlt. Die Empfindlichkeit ist groB beziiglich des chemischen Zustandes des unter- suchten Elementes, und es lassen sich auch Elemente

ben vielen anderen (z. B. in Mischkontakten) ektroskopisch erfassen. Da die Rontgenstrahlen

Stoffe zu durchdringen vermogen (wie Reaktoren- fenstcr und Trager), ist cs moglich, die Spektren wahrend des Ablaufs chcmischer Reaktionen aufzu- nehmen ; auf Tonerde und Kieselsauro aufgetragene Katalysatoren lassen sich z. B. sehr gut untersuchen, (la die Rontgenstrahlung von A1,0, und SiO, nur wenig geschwacht wird. Vorteilhaft wirbt sich ferner die Tatsache aus, daIJ die Rontgenstrahlung der katalytisch wichtigen 3 d-Ubergangselemente in einem beziiglich der experimentellen Technik giinstigen Wellenliingenbereich liegt. Bei der Auswahl der zu

untersuchenden Probleme darf man einige Schwierig- keiten nicht iibersehen, die die Auwendungsmoglich- keiten der Rontgenspektroskopie zum Teil begrenzen. Die Interpretation der erhaltenen Spektren kann er- schwert, werden, wenn z. B. eine Uberlagerung des ungestorten Pestkorperbandes mit lokalen diskreten Zustanden erfolgt. Es ist, moglich, daB Intensitats- probleme auftreten, denen man vielleicht nicht in jedem Fall mit leistungsfahigen Rontgenanlagen moglichst mit Ionisationsregistrierung der Spelrtren begegnen kann ; diese konnen konzentrationsbe- dingt oder auch durch die erforderliche Wahl von Rontgeniibergingen gegeben sein. - Nach diesen Vorbemerkungen sollen einige Prinzipien der Aus- wertung der Emissions- und Absorptionsspektren kurz dargestellt werden. Die einfachste Behandlung der Rontgenemission von Metallen geht vom freicn Elektronenmodell aus, wobei der mathematischen Formulierung die auf dem Pauli-Prinzip anfbauendr Fermi-Dirac-Statistik zugrurtde liegt. Danach ergibt sich folgende AbhGn. gigkeit der Zustandsdichte n von der Energie E der Elektroiienterme :

(w Atonivolumen, nz Elektroncnmasse, h Plancksches Wirkungsquantum, E - E', kinetische Energie der Elektronen). Die Intensitatsvcrteilung .,I ( E ) der Emissionsbanden wird ferner durch die Ubergangs- wahrscheinlichkeit P bestimmt :

I ( E ) - n ( E ) P(E) . ( 2 ) Die entsprechendeii Berechnungen 161 liefertcn eine ziemlich gute Ubereinstimmung mit dem Expcriment. Auch Feinheiten der Spektren lassen sich interprc- tieren, wenn man beriicksichtigt, daB bei gewissen Wellenzahlen die Elektronen an den Netzebeneri des Kristalls reflektiert werden ; dadurch entstehen an

E f e V ] -

Bild 1. Dic L-finiissiona- tincl ~-Atisorlitionsspclctrcn des dlurniniunis nach [Z]

2%. Z. Chem., 4. Jy. ( 1 Y 6 4 ) I f d f t 5 171

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A'3Mg2 , Mg3

/PA g (rein) /

1295 7300 1295 7300 f [ e V ] - f i e v] -

t l w Fliichen der Brihuinschen Zoneii zusatzliche Diskontinuitaten. So ist z. R. auf der liurzwelligeii Seite der LIII-Bande des A1 ein Buckel zu beobachten (Uild I), der einer Mittelung dieses Effektes in allen Haunirichtungen und einer neuen Brillouinschen Zone zuzuschreiben ist [7]. Der steile Abfall der Intensitat oharaktcrieiert ein gutes Metall und entspricht dem Permi-Niveau. Sehr aufschluBreich ist auch das ront- grnspektroskopische Studium von Legierungen. I n i\l,Mg,und Al,M!, fand Farineau [S] eine bemerkens- werte Ahnlichkeit dcr KB,-Spektren des A1 und Mg, die einen schonen Beweis fur den Elektroneniibergang zwischen den Legierungskomponenten darstellt (Bild 2 ) . Durch Aufnahmc der Cu KB2,5- iind Zn K/I2-Emissionsbariden in Messing verschiedener Zn- sammensetxung konntcn Bearden uiid Friedman [ Y ] das Abwandcrn von Zn-Elektronen zum Cu uiid be; groRercm Zn-Gehalt der Legierung vom Cu zum Zn experimentell nachweisen. Die genanntcii Beispiele fur die rontgenspektrosko- pische Bcstimmung der Zustandsdichte und ihres Gradienten deuten auf zwei grundsatzliche Moglich- keiten der Untersuchung von Katalysatoren hin : Man liann die Bandcnspektren von Legierungen, dereri katalytischc Eigenschaften bekannt sind, aufnehmeii und besonders unter Beriicksichtigung der Dowden- schcn Vorstellungen [3] diskutieren ; in diesem Zu- sammenharig sei auch auf die Arbeit Rienackers [ lo] hingewiesen. AuBerdem miiRte es moglich sein, durch ein Studium der Emissionsbaiiden von Metallcn bei cntsprechenden Atomverhiiltnissen Elelitronenuber- gange zwischen Katalysator und Substrat oder zwischen Katalysator und Trager festzustellen. In- teressant wiire cine Untersuchung von pyrophoren Metallen und von aufgedampften diinnen Schichten, init chemisorbierteri Gasen. Eine weitere Unter- suchung konnte z. R. irn Anschlulj an die Arbeit von Csiwos und Petrd [ll] durchgefiihrt werden, die sich mit dem Problem des in einem Ni-Katalysator ge- lostcn Wasscrstoffs beschiiftigten. Es sei bemerkt, da13 man durch Elektronenaustausch bedingte Veriin- clerungen der Rontgenspektren nicht nur mit Hilfe von Elektroneniibergiingen, an denen die Valenz- biinder beteiligt sind, feststellen karin ; so fand Krasnikow [12] bei den 3 d-tfbergangselementen groBerc oder lileinere Ka-Dublettabstande, wenn die Metalle mit Sauerstoff oder mit Wasserstoff beladen wareri. In jedem Fall mu13 berucksichtigt werden, von wieviel Atornschichten die erhaltene Rontgenstrah-

luiig herriihrt. Mit IIilfe dcr Masseiischwachutigs- koeffizienten kann man abschatzen, wie stark sich die Effekte der an der Oberfliiche entstehenden eleli- troiiischen Wechselwirkungen auf die Rontgenspek- tren auswirken. Die zu untersuchende Siibstaiiz sol1 sich nach Moglichkeit auRerhalb der Rontgenrohrc be- finden und grundsiitzlich nur sekundar angeregt werden ; diese experimentcllen Schwierigkeitcn ent- fallen beim Studiuni der Absorptionsspektreri . Em Rontgenabsorptionsspektrum ciitsteht durch Ubergang eines inneren Elektrons auf uribesetzte Niveaus des Atoms oder seiner Umgebung. Der Ab- sorptionslroeffizient ist deshalb proportional der Zustandsdichte in diesen Niveaus und der entspre- chcnden Ubergangswahrscheinlichkeit. Beim Ein- tritt eiiies freien Atoms in den Festkorper verbrei- tern sich die einzelneii Atomniveaus durch Wechsel- wirkungen zwischen den Gitteratomeri, und auBer- dem finden, z. B. bei Verbiridungsbildung, Elektro- iienumvcrteilungeii statt, so daB sich die Besetzung der Niveaus kindert. Die dadurch bedingte Verande- rung der effektiven Laduiig des Atoms wirkt sich anf die energctische Lagc der Niveaus am und verur- sacht Verschiebungen in den Spektren. Lnderungcn der Zustandsdichte im Kontinuum konnen Schwan- kungen des Absorptioiiskoeffizienten iiber mehrerc hundert eV im Abstand von der Hauptkante hervor- rufen. Bei geniigend groBer Lebensdauer der ange- regten Zustande mu0 man weiterhiri Wechselwir- liungen mit Phononen und Anderungen des Felds der. umgebenden Kristallatome iiifolge ihrer thermischrn Bewegung beriicksichtigen 121. Man kann behaupten, daR die Struktur der Absorptionskarite und des kantennahen Bereiches bis zu etwa 80 eV durch die Eigenschaften (die rhemische Bindung inbegriffen) des betreffenden Atoms, des Bereichs jenseits 30 eV dagegen durch die Umgebung des Atoms bestimmt wird. Wainstein, Narbutt und Barinski [ 131 cntwiclielten eine Theorie der Absorptionsspelitren einatomiger Gase, die auch auf die Spektren mehratomiger Gase und von gelosten Ionen naherungsweise anwendbar ist. Die Zerlegung des Absorptionsspektrums in eine Serie selektiver Absorptionslinien uncl den arc tan- f ormigeii Verlauf der Absorptionskante ist jedoch beim ubergang zu Festkorpern riicht rnehr ohne weiteres moglich. Infolge der Wechselwirliung werden die einzelrien Energieniveaus so stark gestort, daR

1 N i Cu Zn

E[eV] +

Uild 3. Theoretische Zubtandsclichlen in dcn Uandern der Bd-L'locrg.ulg>- elemente

172 Z. Chcni.. 4. Jg. ( 1 9 8 4 ) I l q f t 5

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-20 -70 0 10 20 30 40 AE[eV] - - - t

man die Eigentumlichkeiten der Xpektren in jedem Falle gesondert aufklaren mu13 - z. B. durch Varia- tion der Symmetrie des Endniveaus, der chemischen Biz dung oder der Umgebung des absorbierenden Atoms. Fur die ubergangselemente der 4. Periode veranschaulicht Bild 3 die Zustandsdichte in den einzelnen Banden ; die gestrichelten Linien geben an, wieweit die Energieniveaus besetzt sind. Bild 4 ent- h d t das K-Absorptionsspektrum und die K@2,5- Emissionsbande des Cu nach den Messungen von Borowslci [14]. Die weiBe Iinie m auf der langwelligen b i t e der Absorptionskante wird als obergang von K-Elektronen auf die freien 3d-Niveaus gedeutet ; die Intetsitat dieses Absorptionsmaximums ist trotz groBer Zustandsdichte gering, da es sich um eine Quadrupolstrahlung mit sehr kleiner Ubergangs- wahrscheinlichkeit handelt. Dechtjar [15] fand eine solche weiBe Linie nicht nur beim Metall, sondern auch bei Ionenverbindungen, wiihrend sie bei homoo- polaren Verbindungen, in denen die 3d-Niveaus voll- standig besetzt sind, nicht auftrat. Aus Bild 1 1aBt sich auch entnehmen, da13 bei Me- tallcn der Anfang der Absorption mit dem Ende der Emission zusammenflillt, da die Bander nicht voll besetxt sind. Der Unterschied des Absorptionsspek- trums einer frei tragenden Al-Folie (ausgezogene Kurve in Bild 1) und einer auf Zaponlack aufge- tlampften Al-Schicht (gestrichelte Kurve) kann so gedeutet werden, clalj beim Aufdampfvorgang Al- Atome in den Zaponlack eingebettet und dadurch Elcktronen vom A1 abgezogen wurden. Dies zeigt eine sehr gute Moglichlieit zum Studium des Trager- effelites bei Katalysatoren. So sollten sich auch ad- sorhierte Molekiile sowie Veranderungen des Adsor- bens untersuchen lassen. Damit ein grol3er Teil der spektroskopierten Atome an der elektronischen Wechselwirkung teilnimmt, soll deren Konzentration im Vergleich zur Konzentration der Atome, mit denen die Wechselwirkung stattfindet, moglichst klein sein. Hierzu eignen sich z. B. Metallr mit kleiner Teilchen- grrijlje auf Tragern und kolloide Katalysatoren, an denen verschiedene Molekule adsorbiert sind. Zum Trdgereffekt und zum Problem der chemisor- bierten Molekule seien folgende rontgenspektro- skopische Untersuchungen angefuhrt. flakellaridis [16] verglich die Co K-Absorptionsspektren ver- schiedener Kobaltsalze mit den Spektren, die diese Verbindungen an MgO adsorbiert ergaben, und er- hielt f iir letztere nach kiirzeren Wellen verschobene Absorptionsdiskontinuitaten. Keeling [17] unter- suchte die K-Absorptionsspektren von Co, das sich in verschiedenen Konzentrationen auf Tonerde- und

Kieselsauretragern befand. Auf Grund der Lage und der Feinstruktur der Kante soll das Co in den Co/SiO,-Katalysatoren, auf A1,0, dagegen nur bei hoheren Co-Konzentrationen, als Co,O, vorliegen, wlhrend es im Co/Al,O,-Katalysator bei Konzen- trationen unterhalb von 1% in zweiwertiger Form - entweder als COO oder als CoA.l,O, - chemisor- biert sein soll. Lewis [18] studierte die Wirkung von adsorbiertem Xauerstoff und Wasserstoff auf die Rontgenabsorptionsspektren sehr kleiner (etwa 30 A gro8er) Ni-Kristalle auf einem Al,O,-Trager ; er be- hauptet, daB die Bindung zwischen ohemisorbiertem Sauerstoff ufid Ni-Katalyaator derjenigen im NiO tihnelt und daB der durch Wasserstoff hervorgerufene

in KPl nnoh 1191

V 1

Effekt qualitativ gleich, aber nur halb so grog ist. Die Anderungen im Absorptionsspcktrum der unter- suchten Katalysatoren werden mit einer Verminde- rung des p-Charakters des 4s-Bandes und einer Ver- groRerung des p-Charakters des 4p-Bandes begrun- det. Als Beispiel fur einen Isolatorkristall werde das gut untersuchte KCI betrarhtet [19], [20). Aus Bild 5 geht die Bhnlichkeit der K- und C1 K-Absorptions- spektren im KC1-Kristall hervor. Die im Vergleich zu Metallen wesentlich groBeren Schwankungen der Absorptionskoeffizienten kann man so erklaren, daB bci Metallen durch die geringeren Entfernungen der Atome voneinander deren Wechselwirkung grofi ist und die Energiebander sich daher stark uberlappen. Von den ausgepragten Absorptionslinien ist beim Kalium die zweite und beim Chlor die erste am inten- sivsten. Zur Deutung der Xpektren hat man den Kristall aIs ein Riesenmolekul mit einem bestimmten Syateni von Anregungsniveaus aufzufassen ; diese bilden eine Xerie und fallen an der Grenze, die dem Beginn der kontinuierlichen Energieverteilung ent- spricht, zusammen. Da die Beteiligung der Wellen- f unktionen der einzelnen Bestandteile des Kristalls an den Wellenfunktionen der Niveaus der Xerie ver- schieden ist, enthiilt das erste Niveau hauptsichlich die Wellenfunktionen des Chlors, das zweite die des Kaliums usw., wodurch die unterschiedliche Inten- sitat der selektiven Absorptionslinien der beiden

173

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Elemente erklart wird. Um ein vollstandiges Bander- schema dieses Kristalls aufzustellen, muB man noch die Emissionsspektren betrachten. In Rild C, ist die encrgetische Lage der zwei Komponenten des auf- gespaltenen 3p-Bandes mit dicken Strichen und der Anregungsniveaus durch feine Schraffur gekenn- zeichnet. Die angegehenen, den tfberglngen zwischen diesen Niveaus entsprechenden UV-Wellenlangen waren bis auf eine Ausnahme tatsachlich schon friiher beobachtet worden. Aus dem Rild kann man ferner ablesen, daR der Abstand zwischen dem nominellen 3pValenzband und dem Kontinunm etwa 18 eV betrlgt.

Bild 13 Schema der Energiebande r cincs KC1- Kristiills nneh 1191

I I I

I I I I IW J I I I I 0 5 70 15 20

E [ e V l - - a

Bild 7 Dr2q K-Absorp- tionilspektrum des Knliums i n reinem KC1 (obere Kiirvef ond In KCI mit 0,l ‘X, AgCl (iinterc Kiirve) I L I P ~ I lei I

- I0 -5 0 5 70 E[eV] -

Narbutt und Smirnowa [ Z l ] untersuchten die K-Ab- sorptionsspektren in einem reinen KC1-Kristal1 und in KC1 mit Zusatz von 0,01 bis 5% AgCl (Bild 7 ) . Durch 5% AgCl wurde das Maximum der Absorption um 0,9 eV nach Iriirzeren Wcllen vcrschobcn, und auf der langwelligeri Seite der Kante erschienen kleine Absorptionsmaxima, deren Intensitat - nicht aber deren Lage - von der Konzentration der zu- gesetzten AgC1-Menge abhing. Diese Maxima 1- ,onnten als Akzeptorenniveaus im Kristall identifiziert wer- den. Die durch optische Methoden bestimmte Lage solcher Nivcaus (L, P in Bild 7 ) stimmt mit der rontgenspektroskopisch gefundenen ansgezeichnet uberein. Die starken Striche in Bild 7 geben die Lage der nominellen 3pValenzbiinder an. SclilieBlich sei noch die Kronigsche Struktur der Rontgenabsorptionsspektren von polyatomaren Systemen (Molekiilen, Fliissigkeiten, Festkorpern) betrachtet. Da die Lebensdauer eines Rontgenzu - standes in der GroRenordnung von s liegt, kann sich ein Elektron der Energie 50 eV in dieser Zeit um etwa 4 A vom Plafz der Lucke entfernen. Fiir die Fein- struktur auch der entferntereii Gebiete der Absorp- tionskante ist also in der Hauptsache die unmittel- bare Umgebung cies absorbierendcn Atoms von Be- deiitung. (Anf dieser Erkenntnis beruhen die soge- nannten Nahwirkungstheorien [22] bis [24], und zahlreiche Untersuchungen ergaben gleiche Absorp- tionsspektren, z. B. in waRrigen Losungen und in den Kristallen der entsprechenden Hydrate [25], 1261.) Daher kann mail die geometrische Lage der um- gebenden Atome auch in den Fallen feststellen, in denen rontgenographische Untersuchungsverfahren nicht mehr angewandt werden konnen, z. B. bei amorphen Katalyaatoren oder bei Substanzen, die auf einem Tragermaterial feinst verteilt vorliegen. Uber die Kristallstruktur liiRt sich auf dieser Grund- lage ebenfalls der chemische Zustand solcher Kataly- satoren feststellen. Bild 8 enthalt die Feinstruk- turen der Co K-Absorptionskante von vier ver- schiedenen Katalysatoren mit Kohle als Trager [27]. Ein Vergleich mit den bekannten Spektren des Co und COO zrigte, daB die beiden guten Katalyaatoren B-1 und B-2 als COO und die beiden schlechten A-1 und A-2 als Co-Metal1 anzusprechen sind. Gewohn- liche Rontgenmethoden ermoglichten die Identifi- zierung des Go-Metall-Katalysators, ergaben aber diffuse, nicht auswertbare Interferenzen fiir die beiden anderen Katalyaatoren.

der Co R-Ab- sorptionsspek- tren von Xat:t- 0.4

2. Untersuchungen am WS, Wolframdisulfidkatalysatoren verwendet man fur die Benzinherstellung aus Kohle, Teer und olen zum Spalten, Raffinieren und Hydrieren [28]. E’ me we- sentliche Eigenschaft des WS, ist seine Unempfind- lichkeit gegenuber Schwefel und Schwefelverbin- dungen. Als erstes sollte von uns gekliirt wcrden, ob sich rontgenspektroskopisch die Form des im Kataly- sator enthaltenen iiberschiissigen Schwefels fest- stellen 1aRt. Es ist allgemein in der Katalysator- forscliung von Interesse, in welchen Oxydations- stufen die verschiedenen Bestandteile eines Kataly- sators in den einzelnen Stadien seiner Herstellung und Alterung vorliegen. Wertigkeitsiinderungen sind mit einer mehr oder weniger grooen Verschiebung

174 2. Chem., 4. Jg. ( 1 9 6 4 ) f j Q f t 5

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Bild 9 Photometerkurve des S Kn-Duhlctts (Rreiten in 100fncher Yergro- neriing in nrm)

der Rontgenemissionslinieii verkniipft, so daB bei Anwesenheit mehrerer Wertigkeiten desselben Ele- mentes gewohnlich eine Linienverbreiterung oder auch eine Anderung des Asymrnetrieindex der untersuchten TJinie auftritt. Die Messungen wurden an einem nach der Johann- Methode fokussierenden Hochvakuumspektro- graphen [ 291 ausgefuhrt. Zur Sekundaranregung des S Kol,,,-Dubletts diente eine Palladiumanode. Die Reflexion der Strahlung erfolgte an der Glimmer- spaltfliiche in dritter Ordnung ; der Krummungs- radius der Kristallplatte betrug 1150 mm. Um den Film vor sichtbarem Licht zu schiitzen, wurde die Rontgenrohre mit einer selbst hergestellten sehr diinnen Kollodiumfolie verschlossen, die in einer Vakuumanlage mit A1 bedampft war. Diese Folien aind zwar au13erst empfindlich - sie schwiichen je- doch weiche Rontgeiistrahlen nur sehr wenig. (Die Wellenlange der S Kol-Strahlung liegt bei 5,36 A, so daB auch ein Einwickeln des Films in Papier nicht moglich war.) Ziir Ermittlung der Abhiingigkeit der Linienbreite vom Verhaltnis des elementaren Schwefels zu sulfi- dischem Schwefel wurden verschiedene Gemische aus Wolframdisulfid und Schwefel hergestellt und die S Kal,2-Spektren aufgenommen. Trotz guter Dis- persion erschienen die beiden Dublettlinien nicht vollstandig aufgelost (Bild 9). Die Genauigkeit der Bestimmung der Halbwertsbreite ist wegen der geringen Bnderung der Intensitat mit der Wellen- lange in der Hohe des Schwarzungsminimums nicht grol3. Den kleinsten Fehler bei der Linienbreitenbe- stimmung erhielten wir in der Hohe 6/10, in der sich der Schwefelgehalt bis auf etwa 7% genau be- stimmen lieB. Wenn auch die rontgenspektrosko- pische Wertigkeitsbestimmung im Falle des Schwe- fels nicht allzu giinstig ist - man mu13 auch die grol3e Empfindlichkeit des Schwefels gegeniiber ther- mischer Beanspruchung beriicksichtigen -, so konnte doch gezeigt werden, daB sich die Methode selbst bei einem unvollstiindig aufgelosten Dublett sowie his zu Wellenlangen von 5 A, also fur Ord- nungszahlen 2 2 16, anwenden 1iiBt. Diese Erkennt- nis ist besonders deshalb von Bedeutung, da man in vielen Fiillen kaum ein anderes genaues Verfahren finden kann, urn das Konzentrationsverhaltnis zweier Wertigkeitsstufen festzustellen. Zur Untersuchung der elektronischen Struktur des WS, sollte die Aufnahme bestimmter W L-Emissions- linien und der L-Absorptionskanten dienen. Dazu wurden Rontgeniibergange ausgewahlt, an denen die fur Rindungen in Frage kommenden 5 d - und 6s- Elektroiien beteiligt sind und die in einem fur uns

zuglinglichen Wellenlangeiibereich liegen. Die In- tensitat der untersuchten Ly6- und &-Linien, die Valenzelektronenubergiingen auf LII bzw. L ~ I I ent- sprechen, betriigt 0,3 bzw. 0,2, wenn man die Inten- sitat der W LLx,-Linie gleich 100 setzt. Die gewohnlich aus Wolfram bestehende Anode und Kathode der Rontgenrohre wurde durch Molybdiin ersetzt. Nach dem Umbau wurde die Rohre mehrmals griindlich gereinigt, bis auf den Spektren keine Wolframlinien zu finden waren. Verschiedene Blenden im Spektro- graphen sorgten fur eine moglichst geringe Unter- grundschwkzung. Die Rontgenstrahlung wurde an den (1340)-Ebenen einer auf den Radius von 1240 mm gebogenen Quarzplatte spektral zerlegt. Die Kristall-

Bild 10. Dns Rmissionsspektrnm des Wolframs im WS, in drr N&he der W L/3,-Linie (VergroBerung 4 : l )

kriimmung wurde an der Zn Ka,-Halbwertsbreite iiberpruft, welche die besten Literaturwerte erreichte. Die Belichtungszeit lag bei 25 kV und 30 mA zwischen 4 und 6 h. Bild 10 aeigt das Emissionsspektrum des Wolframs im WS, in der Umgebung der LB5- Linie. Die Absorptionsschichten wurden durch Einreiben der Substanzen in Zigarettenpapier hergestellt. Die benotigte Schichtdicke wurde auf 6 bis 8 Schichten ver- teilt, wodurch Schwankungen der Einzelschicht- dicken weitgehend ausgeglichen werden konnten.

Bild 11. Die W LIrr.Absor~tionskante in WS, (VergrU3erung 2: 1)

Die Absorber wurden moglichst nahe hinter dem Kristall aufgestellt. Die Betriebsbedingungen der Rontgenrohre waren 1 6 kV und 60 mA, die Belich- tungszeit betrug 5 h. Als Referenzlinien fur die Wel- lenliingenbestimmung dienten die Koll,2-Linien der Elemente 32 Ge bis 35 Br. Die LIII-Kante des Wol- frams im WS, enthalt Bild 11. Zum Vergleich wurden auch genau wie in Emission die W L-Absorptions- spektren des WO, aufgenommen. Da die Herstellung geniigend dunner Folien aus metallischem Wolfram sehr schwierig ist, wurden die diesbeziiglichen Daten von Bearden und Snyder [30] zur Auswertung heran- gezogen. Folgende Charakteristika koiinten den Spektren ent - nommen werden : Die Halbwertsbreite der unter- suchten letzten Emissionslinien vergroBert sich in der Reihenfolge metallisches Wolfram, Wolframdisulfid, Wolframtrioxid; sie betragt fur L y , 7,0, 8,4 bzw. 10,2 eV und fur LpS 6,6, 7,6 bzw. 9,3 eV bei einer MeBgenauigkeit von 0,4 cV im Falle des Metalls und von 0,8 eV fur die Verbindungen. Die Wendepunkte der LI- , LII- und ,5111-Absorptionskanten waren im WS, im Vergleich zu den Kanten des metallischen Wolframs um 0,12, 0,10 bzw. 0,09 X nach kiirzeren

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Page 6: Über die Möglichkeiten der röntgenspektroskopischen Untersuchung von Katalysatoren

Wellen verschoben ; ihnen entsprechen Energie- Bnderungen um 1,4, 1,l bzw. 0,s eV; die MeBgenauig- keit betrug hierbei 0,04 X. Im WO, erhielten Bearden und Snyder [SO] fur die Verschiebungcn der drei L-Absorptionskanten --0,34, -0,26 bzw. -0,32 X. Im Unterschicd Zuni LI-Absorptionsspektrum weisen die 1111- und LIII-Kanten vom WS, und WO, im lang- wclligen Anfangsbereich eine starke selektive Ab- sorptionslinie auf. Diese Linie wird in der Reiheri- folge W, WS,, WO, immer intensiver und breitcr. Im Gegensatz zum Metall fallt beim WS, und beim WO, das Ende der Emission mit dem Anfang der Absorp- tion fur die Llr- und LIII-Spektren nicht zusam- men. Die selektive Absorption :u Beginn der LIT- und LIIi-Kantcn stcht in guter obereinstimmung mit den vonManning und Ghodorow[ 3llberechneten Zustands - dichten, und zwar rntspricht die Form des Absorp- tionsspcktrums in groBen Ziigen der n (E)-Kurve im unbesetzten Teil des 6 d , (is-Bandes. Die im Vergleich zu dem WS, griiBeren L-Kantenverschiebungen beim WO, kann man mit der untersehiedlichen Elek- tronegativilat von Schwefel mid Sauerstoff erlrlaren. I)a Sauerstoff starker clektronegativ als Schwefel ist, wird die W-0-Bindung cinen groBeren Ionenanteil bcksitzen als die W-S-Bindung [32]. Deshalb ist im W03 die Aufenthaltswahrscheiiilichkeit der Elek- tronen um das W-Atom kleiner als im WS,. (Hinzu kommt, daB drei Sauerstoffatome zwei Schwefel- atomen gegeniiberstehen.) Mit dieser Vorstellung 1aBt sich auch erklaren, daB die selektiven Absorp- tionslinien beim WO, am starksten ausgepragt sind. Durch das Abwandern der Elektronen vom Wolfram wird die cffektive Ladung des Wolframs im Wolfram- trioxid hiiher positiv als im Metall oder im Wolfram- disulfid, wcshalb besoriders die inneren Elektronen starker geburiden sind. Auf diese Weise vergroDert sich der energetische Abstand zwischen den betref- fenden Niveaus, und die Wellenliingen der Absorp- tionskanten mussen in den beiden Verbindungen kleincr als im Element sein. Eiir die Stellung der WS,-Spektren zwischen denen des Metalls und des betrachteten Oxids spricht ferner die Kristallstruktur des Wolframdisulfids. Das WS,- (Jitter kann man als ein deformiertes Rutilgitter oder auch als eiri hexagonales Schichtengither auffassen. Aus dem Abstaiid der Wolframatome folgerte Pauling [32], daD eine betrachtliche Wechselwir- kurig zwischen den Metallatomen und ein gewisser Anteil einer Metall-Metall-Bindung vorliegen muB, wobei aher - im Vergleich zu metallischem Wolf- ram - die Konzentration der Elektronen und der Ab- stand der Atome entscheidend durch die Anwesen- heit der Schwefelatome bestimmt werden. Der ront- genspektroskopische Refund deckt sich vollkommen mit diesen Aussagen, die auch durch die schwarze Farbe und den metallischen Glanz des WS, unter- strichen werden. Die aktiven Zentren im WS, sollen nach G'riffith [33], tler Bindungsabstlnde und -winkel von Katalysatoratomen und Atomen der chemisor-

bierten Molekule berechnete, die Wolframatome bilden, die durch Abtragen einer Schwefelschicht frei geworden sind. Man kann diese Gedanken weiter- fiihren und meinen, daD die oben erwiihnte quasi- metallische Wolframschicht fiir bestimmte Reak- tionen als katalytisch aktive Stelle des WS, fun- giert. Die vorliegenden Untersuchungen wurden als Teil eines Forschungsvertrages init dem VEB Leuna-Werke ,,Walter Ulbricht" durchgefuhrt ; far Ratschlage und die Arbeit for- dernde Diskussionen donken wir Herrn Dr. E. Miinzing, Herrn Dr. E . R. Strich und Herrn Dip1.-Phys. W . Rohlarrdw.

Litorfitttr

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