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XLV. Ueber die Nierenth~tigkeit nach Unterbindung der Nierenarterien. Von Dr. K. Kawashima (Tokio). Die Nierenar~erien sind bekanntlich Endarterien im functionellen Sinn, wenngleich schon die Entstehung eines h/~morrhagisehen Infaretes die absolute Richtigkeit dieses Satzes in Fragc stellt. Aus demselben Grunde wurde bisher die MSglichkeit der Ausbildung eines arteriellen Collateralkreislaufes yon der Rinde der Niere aus geleugnet. Bei Unter- suehungen, die sich hierauf bezogen, gelang as Katzenstein, einen Collateralkreislauf der Niere zur Ausbildung zu bringen, und um dessen functionelle Bedeutung zu priifen, unterband er bei mehreren Thieren die Nierenarterien. In 3 Versuehen gelang es, die Versuehsthiere naeh Unterbindung beider Nierenarterien l~ingere Zeit am Leben zu erhalten, und ieh babe auf Veranlassung des Herrn Prof. Brflgseh an zwei dieser Thiere Stoffwechseluntersuehungen gemacht, um festzustellen, wit welt functionstiiehtig diese Nieren sind, wenn deren Blutzufluss fiir ihre Er- n/~hrung und Function lediglieh dutch den kiinstlieh erzeugten Collateral- kreislauf stattfand. Ausser den operirten Thieren unCerzog ich eine ge- sunde Hiindin, wenn aueh nur fiir wenige Tage, einer Controluntersuehung. Es wurde hauptsKehlieh die Ausseheidung der Nieren hinsiehtlieh Stick- stoff und Chlor, sowie der Gefrierpunkt des Harns untersueht. Aueh die Ausseheidung von Indigsehwefels'/iure-Carmin wurd6, herausgezogen. Es sei zun~chst die Versuehsanordnung besehrieben. Die Thiere wurden im K/trig gehalten und t/~glieh mit 200 g Hundekuehen und 400 ecm Wasser gefiittem Die N-Bestimmung gesehah naeh Kjeldahl, der Chlorgehalt im Harn naeh Volhard, w~hrend derselbe im Koth naeh Mohr titrirt wurde~ naeh Veraschung auf troekenem Wege. l)er Gefrier- punkt wurde im Beckmann'sehen Apparat bestimmt. Die Indigearmin- 16sung wurde naeh VSlker bereitet (0,08 g lndigearmin und 0,1 g Natrium- ehlorid, dazu 20 ecru Wasser); naeh vollstiindiger Entleerung der Blase braehte man sic mit der Sehlundsonde statt der Injection ein. Naeh 10 Minuten wurde katheterisirt und so lange gewartet, bis eine blaue F/irbung des Harns sieh zeigte. Um den KoCh abzugrenzen, wurde Carmin verwandC. Die eigent- liehe Untersuehung konnte bei den Thieren erst naeh einigen Tagen

Ueber die nierenthätigkeit nach unterbindung der nierenarterien

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Page 1: Ueber die nierenthätigkeit nach unterbindung der nierenarterien

XLV.

Ueber die Nierenth~tigkeit nach Unterbindung der Nierenarterien.

Von

Dr. K. Kawashima (Tokio).

Die Nierenar~erien sind bekanntlich Endarterien im functionellen Sinn, wenngleich schon die Entstehung eines h/~morrhagisehen Infaretes die absolute Richtigkeit dieses Satzes in Fragc stellt. Aus demselben Grunde wurde bisher die MSglichkeit der Ausbildung eines arteriellen Collateralkreislaufes yon der Rinde der Niere aus geleugnet. Bei Unter- suehungen, die sich hierauf bezogen, gelang as K a t z e n s t e i n , einen Collateralkreislauf der Niere zur Ausbildung zu bringen, und um dessen functionelle Bedeutung zu priifen, unterband er bei mehreren Thieren die Nierenarterien. In 3 Versuehen gelang es, die Versuehsthiere naeh Unterbindung beider Nierenarterien l~ingere Zeit am Leben zu erhalten, und ieh babe auf Veranlassung des Herrn Prof. Brflgseh an zwei dieser Thiere Stoffwechseluntersuehungen gemacht, um festzustellen, wit welt functionstiiehtig diese Nieren sind, wenn deren Blutzufluss fiir ihre Er- n/~hrung und Function lediglieh dutch den kiinstlieh erzeugten Collateral- kreislauf stattfand. Ausser den operirten Thieren unCerzog ich eine ge- sunde Hiindin, wenn aueh nur fiir wenige Tage, einer Controluntersuehung. Es wurde hauptsKehlieh die Ausseheidung der Nieren hinsiehtlieh Stick- stoff und Chlor, sowie der Gefrierpunkt des Harns untersueht. Aueh die Ausseheidung von Indigsehwefels'/iure-Carmin wurd6, herausgezogen.

Es sei zun~chst die Versuehsanordnung besehrieben. Die T h i e r e wurden im K/trig gehalten und t/~glieh mit 200 g Hundekuehen und 400 ecm Wasser gefiittem Die N-Bestimmung gesehah naeh K j e l d a h l , der Chlorgehalt im Harn naeh Volhard, w~hrend derselbe im Koth naeh Mohr titrirt wurde~ naeh Veraschung auf troekenem Wege. l)er Gefrier- punkt wurde im Beckmann 'sehen Apparat bestimmt. Die Indigearmin- 16sung wurde naeh VSlker bereitet (0,08 g lndigearmin und 0,1 g Natrium- ehlorid, dazu 20 ecru Wasser); naeh vollstiindiger Entleerung der Blase braehte man sic mit der Sehlundsonde statt der Injection ein. Naeh 10 Minuten wurde katheterisirt und so lange gewartet, bis eine blaue F/irbung des Harns sieh zeigte.

Um den KoCh abzugrenzen, wurde Carmin verwandC. Die eigent- liehe Untersuehung konnte bei den Thieren erst naeh einigen Tagen

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Ueber die Niorenth~tigkeit nach Unterbindung der Nierenarterien. 657

vor sieh gehen, sobald sie sieh an gleiehm~ssige Nahrungsaufnahme und Entleerung der Excrete gewShnt hatten.

Der yon uns benutzte Hundekuehen zeigte naeh eigenen Analysen folgende Zusammensetzung:

N-Gehalt 3,9340 pCt. C1-Gehalt 1,5756 ,

Betraehtet man Tabelle I u n d II, so ergiebt sich, dass die t/igliche N- und C1-Ausscheidung im Harn beim operirten Thier ann/ihernd gleich- m~ssig vor sich geht, und zwar wird ausgesehieden bei der

I. Htindin N C1 t~gl. durchschnittlieh 5,6628 g -~ 71,972pCt. der Einnahme 1,7003 g = 53,957pCt.

II. Hfindin N C1 t~igl, durchschnittlich 5,5239 g ~ 70,207pCt. dor Einnahmo 1,6391 g ~ 5.9,015pCt.

Zieht man die Bilanz zwischen der eingenommenen N-Menge und der durch Koth und Urin abgegebenen, so ergiebt sich bei Hiindin I:

eingenommene N-Menge = 7,8680 g 5,6628 g = 71,972 pCt. (Harn)

ausgeschiedene N-Menge ~ 7,2041 g 1,5413 g ~ 19,589 pCt. (Koth)

Bilanz ~- 0,6639 g (8,438 pCt.)

und hinsiehtlich des CI:

eingenommene C1-Menge ~ 3,1512 g {1,7003 g ~ 53,957 pCt. (Harn)

ausgeschiedene CI-Menge ~ 2,0689 g 0,3686 g ~ 11,697 pCt. (Koth)

zurfickgehaltene CI-Menge ~ 1,08'23 g (34,346 pCt.).

Diese tiigliehe Retention yon Chlor und Stiekstoff ist vielleieht darauf zurfickzuffihren, dass die Thiere sieh gewissermaassen wie Reeonvalescenten mit der Tendenz zum Stickstoffansatz verhalten. Allerdings besteht auch die MSgliehkeit, dass die Hiindin in Folge einer gewissen Nieren- insufficienz nieh~ die gesammte N- und C1-Menge auszuseheiden in der Lage ist. Fiir die letztere MSglichkeit kSnnte die Thatsache sprechen, class mit dem Kothe eine verh~iltnissm~:ssig grosse N-Menge (19,589 pCt.) and Chlormenge verloren geht. Betraehtet man indessen die Verh~ltnisse bei dem gesunden Controlthier, so finder sich demgegeniiber, wie unten gezeigt~ zwar eine geringe negative N-Bilanz, dabei ist aber auch bier der N-Werth der F/tees ein relativ sehr hoher, so class wit in dem Zustande eines hohen :N-Werthes des Kothes keine Bestittigung ffir die zweite in Discussion gezogene MSglichkeit haben.

N-Einnahme beim Controlthier (Tab. III) 7,8680 g 6,5713 g = 83,520 pCt. (Ham)

N-Ausgabe ,, ,, 8,0825 g 1,5112 g = 19,206 pCt. (Koth)

Bilanz -- 0,2145 g (2,726 pCt.).

Es wurde aber auch beim gesunden Controlthier Chlor zur(ick- gehalten, wie bei der Hiindin I:

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658 K. K a w a s h i m a ,

Einnahme 3~1512 g { 1~6064 g ----= 50,977 pCt. (Ham)

Ausgabe 1,9797 g 0,3733 g ~--- 11~846 pCt. (Koth)

-[- 1,1715 g (37,177 pCt.).

Aus diesem Umstandc heraus halten wir uns nicht fiir berechtigt, aus einer geringen Cl- und N-Retention bei dcr Hiindin I auf eine In- sufficicnz der Nieren zu schlicssen.

Beurtheilen wir die Vcrh~iltnisse bei der Hiindin ]l, so stellen diese - - obschon die Kothanalysen nicht zu Ende gefiihrt werden konnten - - sich genau so dar wie bei der Hiindin I, nur dass die t/igliche N- und CI-Ausscheidung um etwas geringer ist wie bci Hiindin I, so dass wit auch aus diesem Versuch keinc Insufficienz der Nieren gegenfiber einiger- maassen normalen Stoffwechselverhitltnissen herauszulc,sen berechtigt sind.

Was im Uebrigen den Gcfricrpunkt des Hams betrifft, so stellt er sich als normal ffir den Hundeharn und entsprechend der Tagesmenge des Hams dar.

Die Farbstoffausscheidung trat bei der II. operirten ttiindin erst nach 20 Minuten ein, w/ihrend es bei dem gesundcn Controlthicr schon nach 15 Minuten der Fall war. Die Ausscheidung des gef/irbten Harns dauerte etwa 20 Stunden, sowohl beim operirten als beim gesunden Thier. Es soll die Ausschddung des gefitrbten Harns durch Injection des Indigcarmins normaler Weise erst nach 4--10 Minuten, manchmal nach 15--30 Minuten beginnen und 15--18 Stunden dauern. Bei unseren F~llen kann man daher annehmen, dass die Farbstoffausschcidung yon dem normalcn Verhalten nicht abweichend war.

Tabelle I. I. Htindin, yon etwa 11 kg; 95Tage naeh der l e t z t en Operat ion.

Reihe

1,

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

10. 11. 12. 13. 14.

Datum Menge

ccm

H a r n

- ~ n g e N C1 (nach dem

Trocknen) ~ g g g

2,0419 1,7465 2,3713 1,7953 1,3601 1,3061 1,8781 1,129(I 1,5908 1,7233 1,5271 1,716C 1,2544 2,3638

2,91 2,89 3,04 2,66 2,72 2,87 2,64 2,80 2,15 2,33 3,08 2,42 2,51 2,41

5O

62

35 3O

47 34

4. X~ 5. X. 6. X. 7. X. 8. X. 9. X.

10. X. l l .X. 12. X. 13. X. 14, X. 15, X. 16. X. 17, X.

Summe Durchschnitt

230 220 280 250 185 185 245 190 210 236 210 235 180 290

3146 224,7

5,2808 5,1128 7,7616 6,5415 4,9754 5,3406 6,1946 5,4408 5,8212 5,5045 4,4717 5,945C 4,1363 6,7518

79,2786 5,6628

23,8037 1,~003

37,43 2,67

427 30,5

K o t h

N CI

g g

2,~10 0,5-757

3,0640 0,8266

3,1335 0,5636 1,6660 0,3607 1,4490 0,2727

2,3520 0,7575

2,9526 0,7599 2,5221 0,5696 1.6184 0,4739

21,5786 5,1604 1,~4:13 0,3686

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Ueber die Nierenthgtigkeit nach der Unterbindung der Nierenarterien.

Tabelle II. II. Hiindin, yon etwa 9,5 kg; 43 Tage nach der letz~en Operation.

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Reihe

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Datum

23. XI. 24. XI. 25. XI. 26. XI. 27. XI. 28. XI. 29. X[.

Summe Durchschnit~

Menge

ecru

270 200 185 210 260 186 182

1493 213,3

H a r n

N

g

6,2030 5,4320 4,9117 5,7154 6,5993 5,0466 4,7590

38,6670 5,5239

C1

g

2,0616 1,4908 1,4126 1,6544 2,0325 1,4653 1,3566

11,4738 1,6391

Tabelle III. IH. Hfindin, yon e~wa 12,5 kg; als Controlthier .

2,80 2,50 3,05 2,85 2,62 2,83 2,79

19,44 2,78

H a m KoCh

Menge �9 Datum Menge N CI 6' (nach dem N CI

Troc~nen) ccm g g g g g

27. XI, 235 6 ,6980 1,6377 3,08 - - - - 28. XI. 230 6 ,4446 1,5750 2,95 56 3,0223 0,7466

Suture(? Durchschnitt

465 13,1426 232,5 6,5713

3,2127 1,6064

6,03 3,01~

56 28

3,0223 1,5112

0,7466 0,3733

Aus den obigen Untersuchungen geh~ also hervor, dass gegeniiber normalen Anspriichen eine Sch/idigung der excretorischcn Nierenverh/iltnisse durch den kiinstfich erzeugten Collateralkreislauf nach der Unterbindung tier Nierenarterien an der Aorta nicht stattgefunden hat. Diese That- sache ist viellcicht so zu erkltiren, dass eine StSrung in einer Partie der Niere durch compensatorische Wirkung der anderen ausgeglichen wird, in analoger Weise, wie thatsSchlich h/iufig eine H~lfte des paarigen Organs hypertrophisch compensir~, falls eine andere hypoplastisch is~ oder fchl~.

Zeitschrift f. exp. Pathologie u. Therapie. 8. Bd. 43