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Aus dem lnstitut fur Physiologic, Physiologische Chemie m d Ernahrungsphysiologie im Fadbereid fiermedizin der Universitat Miinchen Ober die Regulierung der a-Ketoglutarat-Dehydrogenase beim Huhn Von J. WITTMANN und C. CHON Eingang des Ms. 27. 12. 1971 Einlcitung Die 1-Ketoglutarat-Dehydrogenase katalysiert die oxidative Decarboxylierung von .I-Ketoglutarat zum Succinyl-CoA. An dieser Reaktion sind, ahnlich wie beim Ab- bau von Pyruvat, NAD+, Thiaminpyrophosphat, Coenzym A, n-Liponsaure sowic 2-wertige Kationen beteiligt. AuBerdem laufl der Reaktionsmechanismus in beiden Fallen nach dem gleichen Schema ab (11). Ein entscheidender Unterschied zwischen a-Ketoglutarat-Dehydrogenase und Pyruvat-Dehydrogenase scheint aber in der Regu- lierung der Aktivitat zu bestehen. Untersuchungen (6, 12, 13) in den letzten Jahren haben gezeigt, da8 die katalytische Kapazitat der Pyruvat-Dchydrogenase uber eine Phosphatase und eine Kinase gesteuert wird. Angaben aus der Literatur (2, 9, 14, 15) zur Folge stellt auch die a-Ketoglutarat-Dehydrogenase ein regulierbares Enzym dar; eine Beeinflussung der Aktivitat uber ein Interconvertierungsgleichgewicht konnte abet bis jetzt nicht nachgewiesen werden (12). Die bisherigen Untersuchungen uber die Regulierung der n-Ketoglutarat-Dehy- drogenase wurden alle unter In-vitro-Bedingungen durchgefuhrt. In der vorliegenden Arbeit sol1 geklart werden, inwieweit die oxidative Decarboxylierung von a-Keto- glutarat auch in vivo beeinfluat werden kann. Bei der Pyruvat-Dehydrogenase des Huhnes (17) konnte, ahnlich wie bei der Ratte, durch Futterentzug und hormonelle Einwirkungen das AusmaI3 der Aktivitat vcrandert werden. Es war daher von Inter- esse, ob auch bei der a-Ketoglutarat-Dehydrogenase unter diesen Umstanden Verande- rungen der Aktivitat auftreten. Daruber hinaus wurde der Einfluf3 der Narkose auf den Multienzymkomplex der a-Ketoglutarat-Dehydrogenase untersucht. Material und Methodik Die Untersudiungen wurden an WeiSen Leghornhuhnern vorgenommcn und erstreck- tcn sich auf H e n , Leber und Niere. Die A-Ketoglutarat-Dehydrogenase-Aktivitat wurde uber die Abnahme des Stubstrates bestimmt. Eine genaue Besdweibung der Methode wurde in einer vorausgegangenen Arbeit (1 8) mitgeteilt. 2. Ticrphysiol., Tierernahrg. u. Putterniittelkde. 37 (1976), 63-69 @ 1976 Verhg Paul Parcy, Hamburg und Berlin ISSN W44-3565 I ASTM-Coden: ZTTVAA

Über die Regulierung der α-Ketoglutarat-Dehydrogenase beim Huhn

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Page 1: Über die Regulierung der α-Ketoglutarat-Dehydrogenase beim Huhn

Aus dem lnstitut fur Physiologic, Physiologische Chemie m d Ernahrungsphysiologie im Fadbereid fiermedizin der Universitat Miinchen

Ober die Regulierung der a-Ketoglutarat-Dehydrogenase beim Huhn

Von J. WITTMANN und C. CHON

Eingang des Ms. 27. 12. 1971

Einlcitung

Die 1-Ketoglutarat-Dehydrogenase katalysiert die oxidative Decarboxylierung von .I-Ketoglutarat zum Succinyl-CoA. An dieser Reaktion sind, ahnlich wie beim Ab- bau von Pyruvat, NAD+, Thiaminpyrophosphat, Coenzym A, n-Liponsaure sowic 2-wertige Kationen beteiligt. AuBerdem laufl der Reaktionsmechanismus in beiden Fallen nach dem gleichen Schema ab (11). Ein entscheidender Unterschied zwischen a-Ketoglutarat-Dehydrogenase und Pyruvat-Dehydrogenase scheint aber in der Regu- lierung der Aktivitat zu bestehen. Untersuchungen (6, 12, 13) in den letzten Jahren haben gezeigt, da8 die katalytische Kapazitat der Pyruvat-Dchydrogenase uber eine Phosphatase und eine Kinase gesteuert wird. Angaben aus der Literatur (2, 9, 14, 15) zur Folge stellt auch die a-Ketoglutarat-Dehydrogenase ein regulierbares Enzym dar; eine Beeinflussung der Aktivitat uber ein Interconvertierungsgleichgewicht konnte abet bis jetzt nicht nachgewiesen werden (12).

Die bisherigen Untersuchungen uber die Regulierung der n-Ketoglutarat-Dehy- drogenase wurden alle unter In-vitro-Bedingungen durchgefuhrt. In der vorliegenden Arbeit sol1 geklart werden, inwieweit die oxidative Decarboxylierung von a-Keto- glutarat auch in vivo beeinfluat werden kann. Bei der Pyruvat-Dehydrogenase des Huhnes (17) konnte, ahnlich wie bei der Ratte, durch Futterentzug und hormonelle Einwirkungen das AusmaI3 der Aktivitat vcrandert werden. Es war daher von Inter- esse, ob auch bei der a-Ketoglutarat-Dehydrogenase unter diesen Umstanden Verande- rungen der Aktivitat auftreten. Daruber hinaus wurde der Einfluf3 der Narkose auf den Multienzymkomplex der a-Ketoglutarat-Dehydrogenase untersucht.

Material und Methodik

Die Untersudiungen wurden an WeiSen Leghornhuhnern vorgenommcn und erstreck- tcn sich auf H e n , Leber und Niere. Die A-Ketoglutarat-Dehydrogenase-Aktivitat wurde uber die Abnahme des Stubstrates bestimmt. Eine genaue Besdweibung der Methode wurde in einer vorausgegangenen Arbeit (1 8) mitgeteilt.

2. Ticrphysiol., Tierernahrg. u. Putterniittelkde. 37 (1976), 63-69 @ 1976 Verhg Paul Parcy, Hamburg und Berlin ISSN W44-3565 I ASTM-Coden: ZTTVAA

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64 /. Wttmann nnd C. Chon

In die Untersuchungen wurde die Succinat-Thiokinase (P-Enzym) mit einbezogen. Dieses Enzym ist ebenfalls am Abbau von a-Ketoglutarat zum Succinat beteiligt. Es fuhrt die hydrolytische Spaltung von Succinyl-CoA unter Bildung von Guanosintri- phosphat durch. Die Aktivitatsbestimmung der Succinat-Thiokinase erfolgte nach der Beschreibung von KAUFMANN (3). Abweichend davon enthielt der Reaktionsansatz kein Glutathion. Die Homogenisierung der Organe wurde auf dieselbe Weise wie bei der a-Ketoglutarat-Dehydrogenase-Bestimmung durchgefuhrt. Vorvcrsuche ergaben, daB im Uberstand des Homogenates, der durch Zentrifugation (10 000 x g, 10 Minu- ten, 4’ C) gewonnen wurde, die Extinktion im Vergleich zum Homogenat hoher war. Bei der Aktivitatsbestimmung wurde daher der Uberstand eingesetzt. Die Reaktion verlaufl unter optimalen Bedingungen bei 37’ C und pH 7.0 20 Minuten linear und proportional der eingesetzten Probenmenge. 1 Einheit (E) ist die Enzymaktivitft, die in 1 Minute 1 pMol a-Ketoglutarat abbaut (a-Ketoglutarat-Dehydrogenase) bzw. 1 pM Succinylhydroxamat bildet (Succinat-Thiokinase).

Glucagon wurde von Ely Lilly, Indianapolis, A.drenalin von Serva, Heidelberg, u rd Nembutal von S d Fse des Leb. Abbot, Saint Remy sur Avre, bezogen. Die Coen- zyme mit Ausnahme von Thiaminpyrophosphat stammten von Boehringer, Mann- heim, die ubrigen Reagenzien sowie Thiaminpyrophosphat von E. Merck AG, Darm- stadt.

Ergebnisse

Wurde 8 bis 10 Wochen alten Tieren iiber einen Zeitraum von 4 Tagen das Futter entzogen, so fuhrte dies zu einem deutlichen Anstieg der a-Ketoglutarat-Dehydro- genase-Aktivitat in der Leber (Abb. 1). Im Herzen und in der Niere konnte die Akti- vitatszunahme statistisch nicht gesichert werden. Auswirkungen auf die Succinat- Thiokinase waren nicht nachzuweisen. Der Aktivitatsanstieg konnte darauf zuruck-

’ “ 1

m 0

l A

3

n

K OH PEnzym H l N

9 9 9 6 7 7

0 Kontrolle % Hungertiere

Abb. I . EinfluB des Futterentzuges auf die a-Ketoglutarat-Dehydrogenase (KDH) und Succi- nat-Thiokinase (P-Enzym). H = Herz, L = Leber, N = Niere, n = Anzahl der Vcrsuchc

++ p < 0,001 nach dem [-Test

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H

K OH

L

n 5 8 5 6 7 5 0 Kontrolle % Glutamat

Abb. 2. Einflull von Glutamat auf die a-Ketoglutarat-Dehydrogenase (KDH) und Succinat- Thiokinase (P-Enzym). H = Herz, L = Leber, N = Niere, n = Anzahl der Versuhe -+ p < 0,001 nach dem t-Test. In der Abbildung sind die Werte von Tieren wiedergegeben,

bei denen Glutamatapplikationen eine Gewichtszunahme bewirkte.

zufuhren sein, daR im Hungerzustand infolge der gesteigerten Proteolyse in erhohteni AusmaRe Aminosauren uber das Glutamat in a-Ketoglutarat ubergefuhrt und an- schlieRend uber die a-Ketoglutarat-Dehydrogenase im Citratzyklus weiter verstoff- wechselt werden. Trifft diese Uberlegung zu, so sollten ein exogen bedingter Gluta- matanstieg oder eine hormone11 ausgeloste Proteolyse zu ahnlichen Veranderungeii fuhren. Dies wurde im folgenden uberpruft. Bei den Versuchen mit der Aminosaure wurde uber einen Zeitraum von 7 Tagen eine tagliche Dosis von 0,s g Glutamat/kg Korpergewicht intraperitoneal verabreicht. Unter diesen Bedingungen war in der Regel eine leichte Gewichtszunahme (ca. 9 O/O) gegenuber den Kontrolltieren zu beob- achten. Bei 4 Tieren wirkte sich das applizierte Glutamat jedoch hemmend auf die Gewichtszunahme aus. Diese Tiere hatten gegenuber den Kontrolltieren einc uni durchschnittlich 20 o/o geringere Wachstumsrate und zeigten auBerdem ein apathisches Verhalten. Ein aktivierender Effekt von Glutamat auf das Enzym war nur in den Fallen zu beobachten, wo Glutamat die Wachstumsrate erhohte (Abb. 2). Auch hier war ein signifikanter Aktivitatsanstieg nur in der Leber nachzuweisen. Die Succinat- Thiokinase veranderte unter diesen Bedingungen ihre Aktivitat ebenfalls nicht.

Ein kataboler Proteinstoffwechsel wurde durch die Applikation von Glucagon angestrebt. In der einen Versuchsreihe wurden zweimal je 0,s mg Glucagon/kg Kor- pergewicht im Abstand von einer Stunde intramuskular appliziert. 30 Minuten nadi der 2. Injektion wurden die Tiere getotet. Bei einer 2. Gruppe wurde das Hormon 6 Tage lang in einer taglichen Dosis von 0,s mg/kg Korpergewicht verabreicht. Die letzte Applikation erfolgte 60 Minuten vor der Totung.

Wie die Tabellen 1-2 zeigen, ist zwar in der Leber der glucagonbehandelten Tiere die Tendenz eines Aktivitatsanstieges im Vergleich zu den Kontrolltieren angezeigt, der Unterschied lie6 sich aber statistisch nicht sichern. Auf die Aktivitat der Succinat- Thiokinase hatte das verabreichte Glucagon keine Auswirkungen.

In Vorversuchen, die sich mit der Gewinnung der Organproben beschaftigten, war aufgefallen, daR inm Herz narkotisierter Tiere eine geringere Aktivitat vorlag. Die

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66 J . Wirrmann m d C. Chon

Zbel le 1

AktivitYt der n-Ketoglutarat-Dehydrogenase (KDH) und der Succinat-Thiokinase (P-Enzym) nach kurzzeitiger Glucagonapplikation

(n = Anzahl der Versuche)

! Organ ! n

I

Herz Kontrolle ......... 11 Glucagon ......... 11

Lcber Kontrollc ......... 8 Glucagon ......... 8

Nierc Kontrollc ......... 8 Glucagon ......... 8

h k r i v i t a t (E!g 1:rischpcwichr f SA)

K D H I n I P-Enzym

3,02f0,41 8 9,52 f 1,83 3,17 f 037 8 10,41 f2,OI 1 ,I9 5 0,37 1,40 f 0,39 2,50 f 0,35 9 8,53 f 1,32 2,31 f0,35 9 8,53 f 1J8

Zbel le 2

Aktivitiit der a-Keteglutarat-Dehydrogenase (KDH) und der Succinat-Thiokinase (P-Enzym) nach langzeitiger Glucagonapplikation

(n = Anzahl der Versuche)

A k i i v i t a t (El6 I:rirchgcwicht f Sh) Orpnn n

K L) H I 11 I I’-Enryni - .

Herz Kontrollc ......... 8 3,02 k 0,4 1 8 8,04 f 1,13

Leber Kontrolle ......... 11 0,84 f 0,27

Niere Kontrolle ......... 8 2,16f0,39 9 8,76 k 0,87

Glucagon ......... 8 2,94 f 0,62 S 8,04 f 1,27

Glucagon ......... 11 1,07 f 0,27

Glucagon ......... 8 2,10f0,42 9 8,70 f 0,98

H

n 12 12 12 6

0 Kontrolle W Nembutal $$ Nembutal+Adrenalin

Abb. 3. EinfluB von Nembutal auf die a-Ketoglutarat-Dehydrogcnase (KDH) und Succinat- Thiokinase (P-Enzym). H = Herz, L = Leber, N = Niere, n = Anzahl der Versuche

++ p < 0,001 nach dem t-Test

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Auswirkungen der Narkose wurden daher naher untersucht. In der Regel wurdcn 5 0 mg NembutaVkg Korpergewicht intramuskular verabreicht, um cine Narkoscdauer von 60 Minuten aufrechtzuerhalten. Da diese Menge nicht immer ausreichte, wurde in diesen Fallen eine zweite Dosis appliziert. Im Verlauf der Narkose kam es t u einem Abfall des Blutzuckers - bestimmt nach der GOD-Methode - um ca. 25 Vo. Abbil- dung 3 teigt einen deutlichen Abfall der ,I-Ketoglutarat-Dchydrogenase im Herz. Wurde gleichzeitig mit dem Narkotikum Adrenalin (1,s mg/kg KSrpergewicht) ver- abreicht, so war die Wirkung von Nembutal auf die a-Ketoglutarat-Dehydrogcnase nicht mehr zu beobachten. Die Succinat-Thiokinase veranderte auch in dieser Versuchs- reihe ihrc Aktivitat nicht.

Diskussion

Aus den Untersuchungen von GARLAND (2), OLSON ct al. (9) und SMITH et al. (14) geht hervor, daB die oxidative Decarboxylierung von .I-Ketoglutarat einer mctabo- lischen Kontrolle unterliegt. Produkte, die beim Abbau von ~1-Ketoglutarat tum SUC- cinat entstehen, wie z. B. Succinyl-CoA, NADH und Guanosintriphosphat, teigtcn eine hemmende Wirkung auf den Multicnzymkomplex der a-Ketoglutarat-Dehydro- genase. Ur et al. (15) schlossen aus Veranderungen im Metabolitstatus, daR Glucagon in der Leber den 3-Ketoglutaratumsatz beschleunigt und auf diesc Weise eine crhohte Gluconeogeneserate aus Glutamat ermoglicht. Eine cnzymatische Bestatigung diescs Befundes wurde von den Autoren nicht angestrebt. Alle diese Erkenntnisse uber die Regulierung der o-Kctoglutarat-Dehydrogenase wurden unter In-vitro-Bedingungen gewonnen.

Die Ergebnisse aus der vorliegenden Arbeit zeigcn, daR der Multienzymkomplex auch unter In-vivo-Bedingungen beeinfluat werden kann. Futtcrentzug und hohe Dosen von Glutamat fuhrten zu einer Steigerung der Aktivitat in der Leber, wahrend in der Narkose eine Abnahme der Aktivitat im Herz eintrat.

Der Aktivitatsanstieg in der Leber, der im Hungerzustand und nach Glutamat- applikation zu beobachten war, durfte uber dasselbe Stoffwechselschema zustandc kommen. Es ist bekannt, daR in der Leber ein Stoffwechselweg vom Glutamat zum ,I-Ketoglutarat und von hier weiter uber den Citratzyklus zur Glucose fuhrt. Beson- dere Bedeutung gewinnt der Aufbau von Glucose aus Glutamat bei Tieren im Hun- gerzustand, da auf diese Weise die G~ucoseversorgung unterstutzt wird. Die erhohtc Bereitstellung von Glutamat erfolgt in diesem Fall uber die gestcigertc Protcolyse, bei der eine Reihe von glucoplastischen Aminosauren in Glutamat ubergefuhrt wer- den. Da die wKetoglutarat-Dehydrogenase eine Stufe in dieser Stoffwechsclfolgc katalysiert, erscheint es sinnvoll, wenn Futterentzug oder Gabcn von Glutamat cine Aktivitatssteigerung der 3-Ketoglutarat-Dehydrogenase zur Folgc haben.

Aus der Tatsache, daR Glutamat bei Tieren mit verringerter Wachstumsratc keincn signifikanten Aktivitatsanstieg ausloste, muR geschlosscn werden, daR dem Glutamat- abbau uber den Citratzyklus unter dicscn Umstandcn keine erhohte Bedeutung zu- kommt. Das apathische Benehmen dieser Tiere ist auRerdem als Hinweis einer toxi- schen Einwirkung der Aminosaure zu betrachten. Derartige Effekte als Folge crhohter Glutamatgaben wurden in jungster Zeit vor allem im Zusammenhang mit Gehirn- schaden bei diversen Tiersperies diskutiert (t,7, 8).

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Eine signifikante Zunahme der Enzymaktivitat hatte man aufgrund der Versuchc von UI et al. (1 5) an der perfundierten Rattenleber auch bei den glucagonbchandeltcn Huhncrn erwartet. Moglicherweise ist unter In-vivo-Bedingungen die Bereitstellung von Glutamat ubcr die Proteolyse nicht in dem erforderlichen AusmaR gcwahrleistet. Da Glucagon und Insulin vice versa ihre Sekretion regeln, muR bei exogen bedingter Anhebung des Glucagonspiegels auch mit einer erhohten Insulinausschuttung gerechnct werden (16). Die antiproteolytische Wirkung von Insulin konnte somit einen ausge- pragten proteolytischen Effekt von Glucagon unter In-vivo-Bedingungen verhindern.

SchlieRlich bleibt noch zu klaren, warum im Hungerzustand und nach Glutamat- gaben nur in der Leber signifikante Aktivitatsveranderungen auftraten. Die Ursachc durfte darin zu suchen sein, daR in vivo Glutamat bevorzugt von der Leber aufgenom- men und auch umgesetzt wird. Nach Untersuchungen von PITTS (10) ist hingegen die Aufnahme von Glutamat in die Niere, die ebenfalls eine gluconeogenetische Kapazitat besitzt, unbedeutend. Die Aktivitatsabnahme im Herzen narkotisierter Tiere laRt sich mit der negativ inotropen Wirkung der Barbiturate (4) erklaren. Infolge der verrin- gerten Kontraktionskraft des Herzmuskels erniedrigt sich dessen Energiebedarf, der zu einem wesentlichen Anteil aus dem Citratzyklus gedekt wird. Diese Annahme wird durch die Beobachtung bekraftigt, daR in Anwesenheit von Adrenalin, das eine posi- tive inotrope Wirkung besitzt, der Aktivitiitsabfall nicht in Erscheinung trat.

Vergleicht man das Verhalten der a-Ketoglutarat-Dehydrogenase mit dem dcr Pyruvat-Dehydrogenase, so lassen sich grundsatzliche Unterschiede in der Regulierung der beiden Enzyme unter In-vivo-Bedingungen feststellen. Beim Pyruvat wird das AusmaR der Coenzym-A-abhangigen oxidativen Decarboxylierung indirckt durch den Fettsaurestoffwechsel bestimmt. Der durch Glucagon oder Futterentzug bedingte Fett- saureanstieg fuhrte auch beim Huhn zu einer Abnahme der Pyruvat-Dchydrogenasc- Aktivitat (1 7). Bei der x-Kctoglutarat-Dehydrogenase war unter diesen Bedingungcn eher eine aktivierende Wirkung zu beobachten. Die Befunde, daR nach Futterentzug und nach Applikation von Glutamat eine Stimulierung der a-Ketoglutarat-Dehydro- genase zu beobachten war, sprechen eher fur cine Regulierung von seiten des Protein- stoff wechsels.

Die Untersuchungen erbrachten keinen Hinweis, daR die Veranderungen der oxi- dativcn Decarboxylierung mit der Succinat-Thiokinase korrelieren. Auch aus dcr Literatur liegen bis jetzt keine Ergebnisse vor, die in diese Richtung wcisen. Einc Aktivierung der Succinat-Thiokinase unter In-vivo-Bedingungen konnten bis jctzt nur LABB~. et al. (5) nachweisen, und zwar in Verbindung mit einer Steigerung dcr Porhpyrinsynthesc. Eine erhohte Umsatzrate des Citratzyklus war damit allerdings nicht vcrbunden.

Zusammenfassung

Die Ergebnisse aus diesen Versuchen zeigen, daR die a-Ketoglutarat-Dehydrogenase i n vivo einer metabolischen Kontrolle unterliegt.

Im Hungerzustand und nach intraperitonealer Glutamatapplikation erhohte sich die Aktivitat in der Leber signifikant. Bei narkotisierten Tieren hingegen war einc Aktivitatsabnahme im Herzen zu beobachten. Dieser Abfall konnte durch gleichzeitigc Adrenalinverabreichung verhindert werden. Glucagon hatte keine signifikante Ver-

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anderung der a-Ketoglutaratoxidation im Herz, in der Lebet und in dcr Niere zur Folge.

Im Gegensatz zur a-Ketoglutarat-Dehydrogenase traten bei dcr Succinat-Thio- kinase keine Aktivitatsveranderungen auf.

Summary

Studies on the regulation of a-ketoglutaratc dehydrogenase in chicken

The results presented here indicate that in vivo a-ketoglutarate dehydrogenase is under metabolic control. The rate of x-ketoglutarate oxidation in liver increased significantly after food deprivation. A similar effect was achieved, when glutamatc was intraperitoneally administered. In heart of anaesthesized chidtens, however, a decreased activity was observed. This effect could be prevented by an simultaneous administration of epinephrine. Glucagon dit not exert an significant influence on n-ketoglutarate oxidation in heart, liver and kidney.

In contrast to a-ketoglutarate dehydrogenase, no activity alterations were observed with succinate thiokinase.

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AnsdriP der Verfasser: Institut fiir Physiologie, Physiologische Chemie und Ernahrungsphy- siologie, Veterinarrtraae 13, 8000 Munchen 22