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(Aus der Klinik fiir Kinderheilkunde der Kgl. ungar. Stefan Tisza-Universitgt in Debrcccn. -- Vorstand" weiland Prof. Felix v. Szontdgh.) Uber die Stiirungen des Kohlehydratstoffwechsels im Laufe yon Tonsillenerkrankungen. I. Mitteilung. Von Dr. Ladislaus v. Kosty~l, Assistent. (Eingegangen am 4. August 1930.) Der Umstand, dab man bei Sektion s~mtlicher an Diphtherie Ver- storbenen eine parenchymat6se und fettige Degeneration der Leber vorfindet, l~Bt aueh in den F~llen, die ausheilen, an eine geringere, grSl3ere, noch reparable Leberlasion schlie6en. Bekraftigt wird diese Annahme dadurch, da6 die Leber diphtheriekranker Kinder oft, ja bei sehwerer Erkrankung immer vergr6Bert ist und den l~ippenbogen fiberragt und nur mit der Besserung zuriickgeht. Jene F~lle von Stauungsleber, welche bei schwerer Myodegeneration, meistens vor dem Exitus zu beachten sind, schalten wir natiirlich aus. Wahrscheinlich besteht also bei der Diphtherie eine Leberli~sion, welche handgreiflich zu einer FunktionsstSrung, vor allem zu einer St6rung im Kohlenhydratstoffwechsel fiihrt, also die Herabsetzung der entgiftenden Wirkung der Leber nach sich zieht. EIlcele8 und Heimann konnten bei Diphtheriekranken oft eine motori- sche Unruhe beobachten, welche manchmal sieh zu Krampfen steigerte. Zuerst dachten sie auf hypoglyki~mische Krgmpfe, Blutzuckerunter- suchungen sprachen aber dem entgegen. Sehr oft fanden sie Hyper- glyki~mie, in einzelnen Fallen, Normo-, oder I-Iypoglyk~mie. Die Ur- saehe dieser St6rung sahen sie in einer Toxikose des Adrenalinsystems, teil~ des Sympathicus an. RosenthaI, Ehrmann, Cannon und Querido betonen ebenfalls die St6rung im Adrenalinsystem. Hector land in 8 F~llen von Diphtherie Hypoglyk~mie, was er dureh Funktionsstii- rungen der Leber, des endokrinen Apparates und des vegetativen Nervensystems erkl~rt. Rosenthal, Licht nnd Lauterbach fanden bei Infektionskrankheiten Hyperglyk~mie, die sie der mit dem Yieber einhergehenden Sympathieotonie zuschrieben. Nach Corral soll das Fieber im Zustandekommen der Hyperglyk~tmie nur eine geringe Rolle

Über die Störungen des Kohlehydratstoffwechsels im Laufe von Tonsillenerkrankungen

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Page 1: Über die Störungen des Kohlehydratstoffwechsels im Laufe von Tonsillenerkrankungen

(Aus der Klinik fiir Kinderheilkunde der Kgl. ungar. Stefan Tisza-Universitgt in Debrcccn. -- Vorstand" weiland Prof. Felix v. Szontdgh.)

Uber die Stiirungen des Kohlehydratstoffwechsels im Laufe yon Tonsillenerkrankungen.

I. Mitteilung.

Von Dr. Ladislaus v. Kosty~l,

Assistent.

(Eingegangen am 4. August 1930.)

Der Umstand, dab man bei Sektion s~mtlicher an Diphtherie Ver- storbenen eine parenchymat6se und fettige Degeneration der Leber vorfindet, l~Bt aueh in den F~llen, die ausheilen, an eine geringere, grSl3ere, noch reparable Leberlasion schlie6en. Bekraftigt wird diese Annahme dadurch, da6 die Leber diphtheriekranker Kinder oft, ja bei sehwerer Erkrankung immer vergr6Bert ist und den l~ippenbogen fiberragt und nur mit der Besserung zuriickgeht. Jene F~lle von Stauungsleber, welche bei schwerer Myodegeneration, meistens vor dem Exitus zu beachten sind, schalten wir natiirlich aus.

Wahrscheinlich besteht also bei der Diphtherie eine Leberli~sion, welche handgreiflich zu einer FunktionsstSrung, vor allem zu einer St6rung im Kohlenhydratstoffwechsel fiihrt, also die Herabsetzung der entgiftenden Wirkung der Leber nach sich zieht.

EIlcele8 und Heimann konnten bei Diphtheriekranken oft eine motori- sche Unruhe beobachten, welche manchmal sieh zu Krampfen steigerte. Zuerst dachten sie auf hypoglyki~mische Krgmpfe, Blutzuckerunter- suchungen sprachen aber dem entgegen. Sehr oft fanden sie Hyper- glyki~mie, in einzelnen Fallen, Normo-, oder I-Iypoglyk~mie. Die Ur- saehe dieser St6rung sahen sie in einer Toxikose des Adrenalinsystems, teil~ des Sympathicus an. RosenthaI, Ehrmann, Cannon und Querido betonen ebenfalls die St6rung im Adrenalinsystem. Hector land in 8 F~llen von Diphtherie Hypoglyk~mie, was er dureh Funktionsstii- rungen der Leber, des endokrinen Apparates und des vegetativen Nervensystems erkl~rt. Rosenthal, Licht nnd Lauterbach fanden bei Infektionskrankheiten Hyperglyk~mie, die sie der mit dem Yieber einhergehenden Sympathieotonie zuschrieben. Nach Corral soll das Fieber im Zustandekommen der Hyperglyk~tmie nur eine geringe Rolle

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Nr.

L. v. Kgsty~l : t~ber die StSrungen

Tabelle 1.

440

1

2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 4 2 43 44 45 46 47 48 49 50

Alter Name ](J'ahre) Krankheit

I

S .B . t 20 S .P . 4 S. Cs. 4 J . T . 4 S .V . 13 J . B . E . B . 4 S . K . 8 S .M. 3 M.M. 8 Z . D . 6 M.M. 8 S . U . 6 J . Sz. 5 R . W . 3 S .N . 6 G .T . 4 M.V. 4 E . S . 6 I. Sz. I 5 J . Cs. t 6 J . G . 6 Z .S . 3 J . M . 5 K . B . 13 J . V . 9 R . G . 9 Zs. H. 4 S. Sz. 10 A . F . 12 E . T . 6 S. Sz. 3 M. Sz. 6 L. Sz. 6 S. Sz. 5 S.S. 4 S .F . lX/ S .T . 3 M . G . 4 J . G . 6 J.N. 9 S. Sz. 5 J . L . 9 K; Gy. 8 g. Sz. 3 I . N . 6 J. Gy, 8 S . K . 9 Z .M. 8 T . O . 7

Diphther ia faue.

Croup. +Di . fauc . Croup. lar.

Croup.+Di . fguc. Croup. lar.

Diphther ia faue.

Croup. +Di . fauc .

Diphther ia fauc.

1

Blutzuckern0chternwerte (in der l~rtih) in 2[8

I22 92 I 98 59 I32 184

120 105 110 150 170 186 13I 163 151 110 4951232 87 2073167

109 211 100 73 114 127 95 112f116 44 1071 86

120 111 71 186 154 162 192 161 ,144 135 241 358 161 172 1184 152 1 4 4 1 9 8 161 182 1186 154 162 131 161 120 134 135 144 110

75 86 92 71 92 125 95 74 76

125 93 71 120 135 I10 158 161 144 149 - - 122 119 230 45 110 98 96 165 250 316

97 84 98 85 110 125

151 140 I25 151 128 131 117 123 84 76 84 91

119 126 131 63 54 117 98 76 92 54 58 89

151 64 66 98 95 67

121 82 86 149 161 154

98 151 120 75 84 120

110 145[ 96

2 3 2

110 175 98 +

172 365 125 158

96 117 148

78 119 118 362

75 110 120 96

109 98 86 84 76 65 72 84

154 96

115 81

104 125 142 86 68

154 126 105 104

98 85 98

172 138 114 74

I 9 ] 10 I1.

79 115 89 94 97 81 89

87 150 178 86 - - 93 143 120 118 79 127 154 128

121 125 1 2 7 84 81 110 961104 79 110 1051102 94

105 85

315 + I - - 118 96J

78 72

70 94 120 91 94 105 94 96

120 131 95 98 68 72 I03 78 38

115 124 86 72 94 93 105 86 88 92 101 94 9 6

79 72

141 98 112 96 115

120 117 96 87 142 126 74 78

76 94

125 140 151 - - 98

115 121 120 116

86 120 141 92 84

116 108 76 78 - - - - - - 84 88

~9 ~9 6 6 • 110 125 1 154 172

132 98

103 74

96 105

941 81 105

91 81 78

84 79 96 92 J 108

103 1105 104 115

99 110 91 88

86

70 75 72

71 78 75

81 84 84 70 78 84 98 - - - -

94 98 84 86 89 94

96 J 107 92 98 I 76 84

I08

98 105 91

94 81 ! 76

76 78

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des Kohlehydratstoffwechsels im Laufe yon Tonsillenerkrankungen. 233

Tabelle 1.

rag% wiihrend des Abflaufa der Krankheit i s 1 1 ~ 1 1 4 1 1 ~ 1 1 ~ 1 1 7 t 1 8 1 1 . 1 5 0 I~1 I~ ~3

89 95

92

llO 110

82 87 79 88

78 65 35: Sl 54 78 98

89

78 76 t05

- - 86 110

- - 84

9O 115 92 96

- - 8 4 7 6

82 90

- - 78

1:: 94

-~61

102 100 100

105 ")84

84

24 25

95 91

82

79

Komplikationen

�9 Myokarditis

Gangraena Gangraena

Myodegeneratio

Lymphadenitis

Myodegeneratio Lymphadenitis Lymphadenitis

Gangraena

Lymphadenitis Enteritis Scarlatina

Lymphadenitis Lymphadenitis Lymphadenitis

Gangraena. Lymph.

Landry paralys. Myokarditis Bronchitis Tonsillitis

Tonsillitis Pneumonia Tonsillitis

Lymphadenitis

Gangraena

Gangraena

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234 L.v. Kostys Uber die St6rungen

spielen, aueh Freund und Marchand stimmen dieser Meinung bei mit dem Zusatz, dal~ sie mit dem Grad der Toxikose proportional w~re. Andersen und Schmidt erblicken die Ursache der Hyperglyk~mie bei Diphtherie in einer FunktionsstSrung der l~ebennieren und der Baueh. speieheldrfise. Mikamis fand bei Tieren naeh subletalen Diphtherie- toxingaben eine Hyperglyk~mie, welehe nach Durchtrennung des Splanchnicus ausblieb. Peola _Flora erkl~rt die Hyperglyk~tmie mit einer Insuffizienz der Nebennieren. P. Lereboullett und Y. Pierott halten die Hypoglyk~mie bei der Diphtherie ffir ein ungfinstiges pro- gnostisches Zeichen, welehe die Sehwere des Prozesses proportional steige und mit d.er Besserung verschwinde.

Die Mehrzahl der Verff. land also bei der Diphtherie eine I~Iyper- glyk~mie; nur einzelne berichten fiber norma.le, oder gar subnorma]e Werte. Alle stimmen darin fiberein, dab die StSrung im Kohlehydrat- stoffwechsel durch FunktionsstSrungen der Leber, des vegetativen und endokrinen Apparates, besonders der lqebennieren aufrecht go" halten werde.

Wir stellten bei 50 Kindern systematische Blutzuekeruntersuchungen an, darunter befanden sieh 39 mit Diphtherie faucium und 11 mit Laryngitis erouposa. Die Untersuehungen wurden bei jedem Kinde (mit Ausnahme der fetal endenden F~lle) 14--25 Tage hindurch fort- gesetzt, und zwar jeden Frfih, auf niichternem Magen, naeh der Methode yon Hagedorn-Jensen.

:Die Resultate sind auf Tab. 1 dargestellt. Die Blutzuekerwerte sind bei an Diphtherie faueium leidenden

Kindern also in 100% der Fhlle gesteigert. Nur in einem Drittel der Fi~lle waren die Werte in den ersten Tagen des akuten Stadiums unter 100 rag% (und zwar bei einem 40--50, bei einem 50--60, bei einem 60 bis 70, bei vieren 70--80 und bei sechsen 80--100 rag%). In 2/3 der F~lle stiegen die Werte sofort in den ersten Tagen fiber 100rag%. Aber auch in den anderen FMlen blieben subnormale Weite nur bei 3 Kindern bestehen, bei den fibrigen stiegen sie bald fiber 100 rag%, wenn aueh nur auf einige Tage. Es ist wiehtig, das hervorzuheben, well man sieht, dal} die RegulationsstSrung im Zuckerstoffwechsel fast bei allen Kranken auftritt (unter 39 bei 36) und dal~ ti~gliche Unter- suehungen ~or T~usehungen bewahren, welche unvermeidlich w~ren, wenn [nan :nur ~n beliebigen Tagen untersuehen wfirde. Der Auftritt, die Bauer und Gr56e der Hyperglyk~mie steht in keinem Verh'~ltnis mit der Sehwere der Lokalerkrankung. Es kSnnen gedngere Rachen- ver~nderungen yon hSherer, schwererer oder geringerer Hyperglyk~mie begleitet werden. Dal~ die Hyperglyk~mie nicht immer sehon im akuten Stadium vorhanden ist, ihm oft voreilt, oder l~nger als die Diphtherie selbst besteht, weist darauf bin, da~ die StSrung im Kohlehydrat-

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des Kohlehydratstoffwechsels im Laufe yon Tonsillenerkrankungen. 235

stoffwechsel nicht nur an den lokalen ProzeB gebunden ist. Zieht man noch in Betracht, da]] im Verlauf der Krankheit, odor auch der Rekon- valeszonz auf einige Tage zurfickkehrende tIungerhyperglykamie zu beobachten ist, so wird man in bezug anf die St6rung im Kotflehydrat- stoffwechsel nicht jenen Verff. beipflichten kSnnen, die den u in 3 Stadien einteilen wollen. Die tagliche Jimderung und Daue r der Stoffwechselst6rung bei I)iphtherie sind individuellen Schwankungen unterwoffen und nur ftir das betreffende Individuum charakteristisch.

Bei Herzst6rungen im Verlaufe der Diphtherie (Myodegeneratio, Myokarditis) ist immer eine der Herzerkrankung proportionale Hyper- glyk~mie vorhanden. Je h6her sie is~, um so schlechter die Prognose. In 2 Fi~llen konnten wir auch Zuekerharn mit Blutzuckerwerten fiber 300, bzw. 400 mg% beobachten. Beide Falle verliefen t6dlich. Sonst war Zuckerharn niemals vorhanden, trotz der manchmal recht betr~cht- lichen' Blutzuckerwerte. Heinz Taferka und F. Oesterreicher fanden, dal3 bei I-Ierzinsuffizienz proportional ihrer Schwere die Hungerhyper- giykamie abgenommen hat; dasselbe beobachteten Chasano]/, Scribnerr und Braun bei Myodegenerationen infolge Diphtherie, manchmal konn- ten auch wir ein pl6tzliches Sinken der hohen Zuckerwerte vor dem Exitus beobachten, jedoch niemals Hypoglykamie. P. Lerebullet und R. Pierott weisen ebenfalls auf die schleehte Prognose der Zuckersenkung hin. Vldsovd hebt hervor, dai] die Abnahme des sympathischen Tonus ein sehlechtes Zeichen sei. Wahrscheinlieh li~Bt sich die Blutzucker- senkung teils auf die Abnahme des sympathisehen Tonus, teils auf die Yon Heinz Taterka und F. Oesterreicher angenommene und naehgewiesene Leberlasion, toils auf den yon Ohasano][ besehriebenen gesteigerten Zuckerverbrauch infolge der dutch die verlangsamte Blutzirkulation ausgelSsten gesteigerten Atmungst~tigkeit zurfickffihren.

Dem Auftritt von Lymphadenitis und Tonsillitis eilt in einzelnen Fi~llen eine Abnahme der Blutzuckerwerte, oder gar eine Hypoglyk~mie voraus, welehe entweder wahrend des ganzen Verlaufes unver~ndert bestehen bleiben, oder normalen, manchmal hypergiyk~mischen Werten den Platz iibergeben. Diese Ergebnisse sind in bezug auf das TonsiUen- ]~rob!em sehr wiehtig, ihre Erklarung wollen wir an dieser Stelle un- beriicksichtigt lassen.

Bai croupiiser Laryngitis kann man, was das Verhalten des Blut- zuckers anbelangt, 2 Formen unterscheiden: 1. Croup ~ Diphtheria f aucium; odor reines Croup. In diesen F~llen verhalt sich der Blut- zucker wie oben. 2. Croup laryngis ~ Tonsillitis. In diesen Fallen stimmt der Blutzucker entweder mit dan Werten bei Tonsillitis iiberein, oder nimmt eine Zwisehenstnfe zwisehen beiden Erkrankungen ein.

Das Fieber kann bei der Steigerung der Blutzuckerwerte keine Rolle spielen, weil aueh im Fieber Hyperglyk~mie bestehen kann, wie

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236 L. v. Kostyhl: ~ber die S~6rungen

wir das gleich bei der Tonsillitis sehen werden. Die Diphtherie pflegt iibrigens mi$ kaum hSherem Fieber einherzugehen. Die Blutzucker- werte anderten sich jedoch auch in Fallen yon Fiebe~ ganz unab- h~ngig yon diesem. Das Verhalten des vegetativen Ndrvensystems ist bei-der Diphtherie nich~ r (siehe die Ver~nderungen i m vege. tativen Nervensystem bei Tonsillenerkrankungen), die Adrenalin:

Tabelle 2.

Nr. Name

1 2 3 4 5 6 7

8 9

]0 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 ~a 24 25 16 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 4O

Alter

I (Jahre" Krankheit " Blutzuekerniichternwerte (in der F~'fih) in

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mg % witkrend des Ablaufs der Krankhett Kompllkatlonen

~ I ~ I ~ I ~ I ~ I ~ I ~ L ~ I ~ i ~ I ~ I ~ I ~1

Angina

Nephritis hae- morrhagie a

Angina, X~ym. phadenitis

zweimal rezid. .angina

Angina, Lym, phadenitis

angina

Uraemia Uraemia

des Kohlehydratstoffweehsels ira Laufo yon Tonsillenerkrankungen. 237

empfindliehkeitsprobe beweist nicht, dab in! Fallen yon Hyperg lyk i imie �9 immer Sympathicotonie, in denen yon Hypoglyki~mie aber Vagotonie vorherrschen wiirden. Abgesehen yon Schwankungen bei Kompli- kationen mtissen wit annehmen, dall fiir die KoMehydratstoffwechsel- stSrung bei Diphtherie die gestSrte Funktion der Leber und des endo- krinen Apparates verantwortlich gemacht werden ktinnen. Die Herab-

Tabelle 2.

Zeitschrifi5 fiir Kinderheilkunde. 50.

zweimal Angina reeid.

Angina reeid.

16

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238 L. v. Kostyhl: Uber die St6rungen

set~ung der Leberfunktion ~uBert sich in einer St6rung der Glykogen- fixation und samt dieser in einer Verminderung der entgiftenden Wir- kung. Fraglich bleibt nut, was -- aul~er den angenommenen Toxinen -- diese FunktionsstSrung der Leber verursaeht ?

Scharlach. 25 Scharlachkranke warden 40--50Tage hindureh ti~giich untersuch~, die Ergebnisse sind auf Tab. 2 dargestellt.

Unter 25 FRllen fanden sich am ersSen Tage bei 5 Werte mater 100 mh %. In einem Falle standen wit eher einer abortiven Form gegen- fiber, bier dominierte mehr die Tonsillitis als das Exanthem. In 3 Fallen war das Exanthem im Zunehmen begriffen, mit seinem StRrkerwerden stieg aueh der Blutzuckerwert an. Im 5. Falle trat der Scharlach mit einer mit Uramia beginnenden Nephritis auf. Der Blutzuckergehalt ist in dem akuten, fieberhaften Stadium im allgemeinen hoeh. Die HyperglykRmie ist der :Dauer mad dem Grad der Erkrankung (Fieber, Exanthem) proportional. Mit Abnahme des Fiebers, Verblassen des Exanthems sink~ auch der Zuckerspiegel. WRhrend der Rekonvales- zenz -- wenn sie komplika~ionsfrei verlRaft -- pfleg~ keine Hyperglyk- ~mie mehr aufzutreten. In Fallen, in denen Lymphadenitiden, oder Tonsillitiden auftraten, verhielt sieh der Blutzueker wie bei der :Diph- therie. ])as gleiehe gilt aueh fiir Nephri~iden, besonders wenn auch Uramie vorhanden ist.

~i2anlieh wie Andersen und Schmidt fanden also auch wir bei Schar- ]aeh eine Hyperglykamie, die aber abweichend yon der Diphtherie parallel mit den akuten Seharlaehsymptomen ansteigt und mit der Besse- rung wieder auf normale Werte sinkt und bier stehen bleibt, wenn keine Komplikationen hinzutreten. Da das ~ieber die Hyperglykamie nieht erklart, bleiben 2 MSgliehkeiten iibrig. Entweder wird die Hyper- glyk~mie dureh die yon Lenard, Koltypin, _Krowitzky und Orlova, end- lieh Miroschkin im ersten Stadium des Seharlaehs beschriebene Sym- pathicotonie bedingt, was aber unwahrseheinlieh, wenn aueh nieht un- mSglieh ist. Unwahrscheinlieh ist das deshalb, weil sie kfirzer dauert als die Sympathieotonie, ferner weil der Sympathicotonie eine Vago- ~onie folgt, we]che ihrerseits ein Sinken des Zuckerspiegels mit sich bringen miiBte, was man in der Rekonvaleszenz nur dann beobachtet, wenn Lymphadenitis, Nephritis, oder Tonsillitis aufgetreten sind. Aller- dings erheiseht das noeh weitere Untersuchungen. Man kSnnte anderer- seits annehmen, dab auch beim Scharlach eine allgemeine endogene GleiehgewichtsstSrung bestiinde, welche dureh die Eruption des Exan- thems --wenigstens was den Kohlehydratstoffweehsel a n b e l a n g t - kompensiert wird.

Tonsillitis. Die vorher erwi~hnten, komplizierenden Anginafalle niche mi~ einbereehne~, hatten wir bei 15 Anginakranken 15--23 Tage hindureh Blutzuekeruntersuchungen angestellt (siehe Tab. 2). Im

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des Kohlehydratstoffwechsels im Lauie yon Tonsillenerkrankungen. 239

akuten Stadium, besonders am ersten Tag, pflegt der Zuckerspiegel zu sinken, ja es erfolgt eine t typogiykamie. Vielleicht ] ~ t sich der anamnestisch ziemlich haufig erw~hnte Krampfanfal l dadureh er- kl~ren. Meinerseits konnte ich ihn nut bei 2 Gesehwistern beobachten. Der Blutzucker kann aber aueh normale Werte zeigen, besonders im akuten Stadium, nicht aber am ersten Tag. Die niedrigen Werte be- stehen nur kurze Zei~, dann folgt ihnen ein langsamer Anstieg, dann in einigen ~ l l e n ein plStzliches Hinau/schnellen. Unbedingt will ich be- tonen, da~ das Verhalten des Blutzuckers vom Fieber ganz unabh~ngig ist. In F~llen yon Begleitangina; die schmerzlos verlaufen, werden sie nur bemerkt , wenn man t~glieh auch 2real die Kranken gut untersucht, tier Blutzuekerspiegel ist abet aueh in diesen F~llen gesunken, ja oft schon 1- -3 Tage vorher, ist er hoch, so erfo]gt das Sinken auf die 1%rm oder auch weiter herab erst beim Auftr i t t der Angina. Tr i t t wahrend der l~ekonvaleszenz ein Rezediv auf, so erfolg~ ein neuerlicher Abfall. Das naehherige Ansteigen ist gewShnlieh so sehnell, dal3 man bei der wiederholten Untersuchung schon meistens normale Werte erh~lt.

Daraus diiffte hervorgehen, dal3 das Fieber und die angebliehen Infekt ionskrankhei ten nieht unbedingt mit Hyperglyk~mie einher- gehen.

Aueh bei der Angina besteht also eine St~rung im K0hlehydrat- stoffwechsel, aber eine gerade entgegengesetzte wie bei der Diphtherie und dem Scharlaeh. Als urs~ehliehes Moment erblicken wit die St6- rung im vegetat iven Nervensystem, namentlieh die Steigerung des Vagustonus. :Diese beiden verlaufen nicht parallel miteinander; oder man kann aueh bier eine endokrine StSrung annehmen, welche denen bei der :Diphtherie und dem Scharlach beobachteten entgegengesetzt w~ren.

Ziteraturverzeiehnis. Andersen u. Schmid~, Corral, Freund u. ~1arehand, Cannon u. Querido, Mikami ,

zit. nach A. Elkeles u. F. Heimann. - - Elkeles u. Heimann, Klin. Wschr. T, Nr 18, 836 (1928) - - Mschr. Kinderheilk. 38, H. 1/2. - - ChazanoH, Klin. Wschr. 1929, Nr 20. - - Hector, Zbl. glnderheilk. - - Taterka, H., u. F. Oesterrelcher, Klin. Wschr. 1929, Nr 30, 1401; yon hier zitiert Schkribner u. Braun. - - Cs~pai, Adrenalinemp- findlichkeit, innere Sekretion und vegetatives Nervensystem. Abh. Grenzgeb. inn. Sekre~ion 1924, H. 3. - - Koltipin, Jb. Kinderheilk. 35, 109 (1925). - - Kro- wltzky,~A., u. A . Orlova, Z. Kinderheilk. 45, 635 (1928). - - Rosenthal, Arch. f. exper. Path. 121, H. 1/2. - - Licht u. Lauterbach, Arch. f. exper. Path. 121, H. 1/2. - - Vlazova, Zbl. Kinderheilk. 23, H. 10, 414. - - Lerebonlle~ u. R. P~erott, Zbl. Kinder- heilk. 22, H. 1, 31 (1928). - - Peola Flora, Zbl. Kinderheilk. 23, H. 17, 644 (1929).

Debrecen, Klinik ftir Kinderheilkunde.

16"