12
Aus dern Balneologisehen Institut der Hansisehen Universiti~t Hamburg, Bad Oeynhausen und dem Krankenhaus St. Georg, Hamburg. (Leitung: Prof. Dr. @ollwitzer-Meier.) [~ber die Ver~nderungen der Wasserstoffionenkonzen- tration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock. Von E. Lerche. Nit 4 Textabbildungen. (E4mgeffa~Nen am 18. Februar 1939.) Im experimentellen Histamin- und Peptonschock verschiebt sich die aktuelle Reaktion des Arterienblutes zur sauren Seite 1, 2, s, 4. Die Ur- saehe dieser Reaktionsversehiebung wird vornehmlieh in einem primgren Alkaliverlust gesehen, den man als Begleiterseheinung des Plasmaaustrittes aus den Gef~gen auffal3t 1, 2,5, 6 Danach miigte man erwarten, dal~ der primate Alkaliverlust und mit ibm die Acidose im Blute am st/~rksten bei denjenigen experimentellen Schockformen ist, bei denen die protoplasmati- schen Koeffizienten des Schocks aim Vordergrund stehen, also besonders beim Histamin- und Peptonschock, dal~ dagegen beim zentralnervSsen Schoek, bei dem nach Epl?inger 7 protoplasmatische Koeffizienten fehlen und Plasmaverschiebungen zwischen Blur und Gewebe nicht bekannt sind, auch die Reaktionsversehiebung naeh der sauren Seite ausbleibt. Untersuchungen fiber das Verhalten der Blutreaktion im experimentellen zentralnervSsen Kreislaufsehoek seheinen bisher nicht vorzuliegen. Wir haben in einer ersten Versuehsreihe das Verhalten der aktuellen Blutreaktion im Histamin- und Peptonschock untersucht, in einer zweiten Versuchsreihe die aktuelle Reaktion bei experimenteller Ausschaltung der Gef~l]zentren gemessen. Methode. Die Versuehe wurden an insgesamt siebzehn 12--20 kg sehweren Hunden in Morphin-Chloralos enarkose ausgeffihrt. Durehweg kiinstliehe Beatmung (Starling-Pumpe) bei geSffnetem Brustkorb. Beiderseitige Phrenieotomie. 1 Bigwood, E. J., P. Cogniaux u. R. Collard: C. r. Soc. Biol. 91, 118 (1924).--~ Gollwitzer-Meier,Kl.: Z. exper. Med. 51,466 (1926).--- 3Alzon~, L.: Arch. Sci. reed. 60, 841 (1935). -- 4 Gollwitzer-Meier, KI.: Verh. dtsch. Ges. Kreisl.forsch. 1938. -- 5 Dautrebande, L. : Ann. Soc. Sci. m6d. et natur. Brux. 8, 123 (1924). -- 6 Alsina, F. D.: C. r. Soe. Biol. 100 1098 (1929).-- 7 Eppinger, H. und Mitarbeiter: ,,Die serSse Entzt~ndung", Jul. Springer 1935.

Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

Aus dern Balneologisehen Institut der Hansisehen Universiti~t Hamburg, Bad Oeynhausen und dem Krankenhaus St. Georg, Hamburg.

(Leitung: Prof. Dr. @ollwitzer-Meier.)

[~ber die Ver~nderungen der Wasserstoffionenkonzen- tration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock.

Von

E. Lerche.

Nit 4 Textabbildungen.

(E4mgeffa~Nen am 18. Februar 1939.)

I m experimentellen Histamin- und Peptonschock verschiebt sich die aktuelle Reaktion des Arterienblutes zur sauren Seite 1, 2, s, 4. Die Ur- saehe dieser Reaktionsversehiebung wird vornehmlieh in einem primgren Alkaliverlust gesehen, den man als Begleiterseheinung des Plasmaaustr i t tes aus den Gef~gen auffal3t 1, 2,5, 6 Danach miigte man erwarten, dal~ der primate Alkaliverlust und mit ibm die Acidose im Blute am st/~rksten bei denjenigen experimentellen Schockformen ist, bei denen die protoplasmati- schen Koeffizienten des Schocks a i m Vordergrund stehen, also besonders beim Histamin- und Peptonschock, dal~ dagegen beim zentralnervSsen Schoek, bei dem nach E p l ? i n g e r 7 protoplasmatische Koeffizienten fehlen und Plasmaverschiebungen zwischen Blur und Gewebe nicht bekannt sind, auch die Reaktionsversehiebung naeh der sauren Seite ausbleibt. Untersuchungen fiber das Verhalten der Blutreaktion im experimentellen zentralnervSsen Kreislaufsehoek seheinen bisher nicht vorzuliegen.

Wir haben in einer ersten Versuehsreihe das Verhalten der aktuellen Blutreaktion im Histamin- und Peptonschock untersucht, in einer zweiten Versuchsreihe die aktuelle Reakt ion bei experimenteller Ausschaltung der Gef~l]zentren gemessen.

Methode.

Die Versuehe wurden an insgesamt siebzehn 12--20 kg sehweren Hunden in Morphin-Chloralos enarkose ausgeffihrt.

Durehweg kiinstliehe Beatmung (Starling-Pumpe) bei geSffnetem Brustkorb. Beiderseitige Phrenieotomie.

1 Bigwood, E. J., P. Cogniaux u. R. Collard: C. r. Soc. Biol. 91, 118 (1924).--~ Gol lwi tzer -Meier ,Kl . : Z. exper. Med. 51,466 (1926).--- 3Alzon~, L.: Arch. Sci. reed. 60, 841 (1935). - - 4 Gol lwi tzer-Meier , KI.: Verh. dtsch. Ges. Kreisl.forsch. 1938. - - 5 D a u t r e b a n d e , L. : Ann. Soc. Sci. m6d. et natur. Brux. 8, 123 (1924). - - 6 Alsina, F. D.: C. r. Soe. Biol. 100 1098 (1929).-- 7 Epp inge r , H. und Mitarbeiter: ,,Die serSse Entzt~ndung", Jul. Springer 1935.

Page 2: Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

310 E. LERC]tE :

Die aktue]le Blutreaktion wurde fortlaufend mittels Glaselektrode und R~ihren- voltmeter gemessen. Bei diesem yon G o l l w i t z e r - M e i e r s ausgearbeiteten Ver- fahren treten StrSmungspotentiale praktisch nicht in Erscheinung 9. - - Durch verschiedene Mal~nahmen liel~ sich die st6rungsfreie Registrierung der Blutreaktion vervollkommnen: 1. Aufladungen des Elektrodensystems yon Seiten elektro- sta~ischer Fremdfelder konnten durch weitgehende Verwendung keramischer Isolierstoffe verhindert werden. 2. Auf die gleiche Weise war es mSglich, jede St6rung durch niederfrequente magnetische Wechselfelder (Starling-Pumpe) aus- zuschalten, ohne dab sich eine Absehirmung des Mel]geriites als notwendig erwies. 3. Kompensationsvorrichtungen zwischen Elektrodenkette und Verstiirkereingang kamen in Fortfall. Dadurch liel~ sich der Isolationsweg zwischen Gitter und Kathode der ElektrometerrShre erheblich verl~ingern und die Belastung der Glaselektrode auf ein Minimum reduzieren. - - Die p~-Messung erfolgte im Blute der Art. carotis communis, die Registrierung optisch.

Neben dem Blutdruek (Art. femoralis) verzeichneten wit in mehreren Ver- suchen den Druck der oberen Hohlvene, der Lungenarterie und des linken Vorhofs mittels Frankscher Spiegelsegmentkapseln.

Die Gefiil~zentren in der Medulla oblongati~ wurden dureh suboccipitale In- j ektion yon 1 - -2 ccm einer 10 % igen NovocainlSsung nach dem von P. T r e n d e 1 e n - b u r g 10 angegebenen Verfahren ausgeschaltet.

Als Schockgifte verwandten wir Histamin (Hoffmann-la Roche) und sogenanntes histaminfreies Pepton*, in Ringer geliist und durch Phosphatpuffer neutralisiert. S~mtliche Tiere wurden mit Heparin (Promonta) vorbehandelt.

Wir haben in fast alien Versuchen die Lichtdurehlgssigkeit des arteriellen Blutes photoelektrisch nach K r a m e r 11 gemessen. Mit diesem Verfahren lassen sieh _~_nderungen der arteriellen Sauerstoffsgttigung registrieren unter der Voraus- setzung einer konstanten BlutkSrperchenkonzentration. Da es nun gerade im Histamin- und Peptonschock regelm~iBig zu einer starken Bluteindickung kommt, bestimm~en wir in kleinen Zeitabstiinden das SauerstoffbindungsvermSgen des Blutes nach v a n Slyke , gleichzeitig den arteriellen Sauerstoffgehalt und die Gesamtkohlensgure.

I. Ver~nderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen ttistamin- und Peptonschock.

Die folgenden Versuche sind ausschliei~lich bei kiinstlicher Lungen- ventilation durchgefiihrt worden. Das geschah aus zwei Griinden: 1. pflegt die im Histamin- und Peptonschock regelmal]ig ver~nderte Lungenatmnng den Reaktionsverlauf ira Arterienbht erheblich zu modifizieren 1~, 13. Dadurch wird eine Beurteilung jener StSrungen im Sgurebasengleiehgewicht, die anderen Einfliissen zuzusehreiben sind, erschwert. -- 2. lassen sich im zentralnervSsen Schoek Versuche mit spontaner Atmung experimentell n i c h t durchf i ihren (s iehe unten) . D a a b e t unsere F r a g e s t e l l u n g g le i che e x p e r i m e n t e l l e B e d i n g u n g e n f i ir be ide V e r s u c h s r e i h e n fordert , m n B t e n a u e h i m H i s t a m i n - u n d P e p t o n s c h o c k s i i mt l i che Tiere k i in s t l i ch b e a t m e t werden.

* Von der Firms Friedrich Witte uns freundlicherweise zur Verfiigung gestellt. 8 G o l l w i t z e r - M e i e r , Kt. , H. H a e u s s l e r u. E. Kr i iger : Ffliigers Arch.

229, 120 (1937). -- 9 H a e u s s l e r , I-I.: Ebenda 229, 143 (1937). -- lo T r e n d e - l e n b u r g , P. in Heffters II. Handb. d. Pharmak. 1924, Bd. 2, Seite 223. -- 11 K r a m e r , K.: Z. Biol. 96, fll (1935). -- 12 B i g w o o d , E. J.: C. r. Soc. Biol. 91, 395 (1924). -- is G o l l w i t z e r - M e i e r , KI.: Z. exper. Med. 51, 466 (1926).

Page 3: Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

Uber die Veranderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes usw. 311

a) Histaminsehoek.

Den typischen Ver l au f der z k t u e l l e n R e a k t i o n des Arterien- blutes im Beginn des I t i s t a m i n s e h o e k s zeigt Abb. 1. Naeh intra- venSser Injektion yon 3 mg Histamin versehiebt sieh die pu-Kurve mit dem Abfall des Blutdrueks voriibergehend zur sauren Seite, erreieht naeh 2--3 Minuten wieder ihr Ausgangsniveau* und sinkt dann erneut ab.

02-S~ttigung : 86 O[o. 02-Kapazitii, t : 25,0 u pC02: 21ram Hg.

02-Si~ttigang: 63 O[o. 02-Kapaziti~t: 27,6 Vol.-O/o. pC02; 25mm tIg.

O2-SNtigung: 68 o/0. 02-Kapazitiit: 27,0 Vol.-0]0. ~0C02: 20mm Hg,

Abb. 1. Hund, 18 kg. Kiinstliehe Beatmnng. Initiale Reak~ionsschwankungen im Arterlenblut nach intravenSser lnjektion einer mittleren Histamindosis. - - Zwei Minuten sparer: 10it stellt sich auf ein neucs Ni~,eau ein. Keine wesentliche StSru~g des ~,enSsen Ri ickf lusses . - Be5

Doppelliehtzeiehen Blutentnahme.

lJber die Ursachen dieser initialen zweiphasisehen Reaktions- verschiebung geben die Ergebnisse tier Blutgasanalysen Aufschlul3.

Wir haben der Ubersicht]ichkeit halber auf eine tabe]lenm~l~ige Zust~mmen- stellung verzichtet und die Gaswerte in die Originalkurven an den Punkten ein- gezeichnet, an denen die entsprechenden Blutproben der Art. femoralis entnommen W&F~I1.

Wit sehen in Abb. 1 noch vor dem Einsetzen der p~-Verschiebung ein Sinken der Photometerkurve. Dies bedeutet lediglich eine Abnahme der Liehtdurchl~issigkeit des arteriellen Blutes, ohne dait gesagt ist, ob es sieh um eine Eindickung des Blutes handelt oder um eine Abnahme seiner Sauerstoffs~ittigung. Wie ans den B]utgasanalysen hervorgeht, ist die Sauerstoffkapazit~t bereits ] Minute naeh den Histamininjektion um 2,6 Vol% angestiegen: Das Blur hat sieh stark eingedickt. Gleichzeitig abet zeigen die Analysen aueh einen Abfall der arteriellen Sa,uerstoffsi~ti- gung yon 86 auf 63 %. -- Auf der einen Seite hat also ein erheblieher Plasmaverlust stattgefunden, der wahrseheinlieh von einem entspreehend grogen Alkaliverlust begleitet ist, auf der anderen Seite ist das Arterienblut stark anoxi~miseh geworden.

* Gelegentlich auch Werte, die etwas unterhalb des ursprflnglichen Niveaus lieg en.

Page 4: Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

312 E. LERCHE :

Das Absinken der arteriellen Sauerstoffs~ittigung nach Histamin ist zuerst yon K re e t z und R tihl beschrieben und auf eine Endothelfunktionsst6rung in der Lunge bezogen worden, die naeh R tihl auf einem Pr~iSdem der Lungenkapil]aren beruht und den Durchtritt fiir Sauerstoff erschwertlL 1~

Dutch das Sauerstoffdefizit im Arterienblut wird Alkali zur Kohlen- saurebindung frei 16, 17, is, 19, ein Vorgang, der die aktuelle Reaktion des Blutes nach der alkalischen Seite verschieben muI3. Umgekehrt vernfindert die gMchzeitige Abwanderung yon Alkali aus der Blutbahn die zur Kohlen- saurebindung verfiigbaren basischen Valenzen und begiinstigt damit eine Reaktionsverschiebung naeh der sauren Seite. I m Sinne einer Reaktions- verschiebung nach der sauren Seite wirkt sehliei~lich noch ein dritter Vorgang, namlich ein Anstieg der Kohlensaurespannung im Blute (siehe Abb. ]). Auf ihn schlief~en wir aus dem Anstieg der Gesamtkohlensaure bei gleichzeitig sinkendem p~ (Bereehnung naeh H a s s e lb a l e h- H e n d e r - s on). Diese Zunahme der arteriellen Kohlens~urespannung im Beginn des Histaminschoeks weist auf eine voriibergehende Kohlensaureretention, die nicht auf einer Anderung des Atemvolumens beruhen kann, das ja in unseren Versuehen konstant gehalten wird. Wir m6chten daher annehmen, dab sieh die GasaustauschstSrung in den Lungen im Beginn des Histamin- schocks nicht nur auf den Sauerstoff, sondern auch auf die Kohlensaure erstreckt, wobei die DiffusionsstSrung fiir Kohlensaure, die im Gegensatz zu der ffir Sauerstoff nur ganz voriibergehend ist, andere Ursachen haben mull. Es ist deshalb zu erwagen, ob nicht auger einem ,,kapillaren 0 d e m " Bronchokonstriktionen an der Entstehung der GasdiffusionsstSrung be- teiligt sind. R iih 1 ~0 fand bei Versuchen an der Katze neben dem arteriellen Sauerstoffdefizit nur eine A b n a h m e der arteriellen Kohlens~iure und hielt daher eine Beteiligung yon Bronehokonstriktionen an der Gasdiffusions- stSrung fiir unwahrseheinlieh. Auch seine Atemkurven spreehen gegen das Auftreten starkerer Bronchalkr~impfe. Wit haben in mehreren Versuchen die Atmung mit dem Stoffwechselspirometer nach K r o g h in Verbindung mit der S t a r l i n g s c h e n Ventilationspumpe aufgezeiehnet und beobachtef, en in den meisten Fallen unmittelbar nach der Histamininjektion einen kurzen, sehr steilen Anstieg des Exspirationsvolumens, der sich durch ein LungenSdem oder eine ~_nderung der Lungendurchblutung nieht erklaren last. Dieser Befund macht es in hohem MaBe wahrscheinlich, dal~ im Beginn des Histaminschoeks -- jedenfalls beim Hund -- Bronchokonstrik- tionen fiir die Entstehung des gestSrten Gasaustausehes in den Lungen mitverantwortlich sin&

~4 Kroe tz , Chr.: Verh. dtsch. Ges. inn. Med. 41, 449 (1929); 43, 165 (]931). _ 15 Riihl, A.: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 158,282 (]930). -- 16 Chr is t ian- sen, J., C. G. Douglas u. I. S. Haldane : J. Physiol. (Brit.) 48, 244 (1914). -- iv Joffe , J . , u . E . P . Poul ton: Ebenda 54, ]29 (1920). - is Slyke, D.D. van, A. B. Has t ings , J. H. Neill, H. He ide lbe rge r u. Ha r r i ng ton : J. biol. Chem. (Am.) 69, 89 (1924). -- 19 Pe te rs , J .P . , u. D.D. van Slyke: Quant. clin. Chem. Vol. ]. London Bailliere. Tindall 1931. -- ~o Riihl, A.: Naunyn- Sehmiedebergs Arch. 158, 282 (1930).

Page 5: Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

~Tber die u der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes usw. 313

An der initialen Reaktionsversehiebung naeh der sauren Seite kann demnach sowohl die Zunahme der Kohlens~urespannung im Arterienblut als auch die Abwanderung yon Alkali aus der Blutbahn urs~chlich be- teiligt sein. Dagegen setzt sieh die Wirkung der Anox~imie auf die Blut- reaktion nicht dutch. Wahrend der zweiten Phase, in der die aktuelle Reaktion vori~bergehend nach der alkalischen Seite verschoben wird, geht das arterielle Sauerstoffdefizit nut wenig zurfiek, desgleiehen hat sich auch die Bluteindickung kaum ge~indert. Der Einflu], der yon diesen beiden Faktoren auf die Blutreaktion ausgeht, bleibt also in der zweiten Phase ann~hernd derselbe wie in der ersten. Dal~ die p~-Kurve dennoch auf ihren Ausgangswert zuriickkehrt, hangt allein damit zusammen, dag jetzt die Kohlens~urespannung im Blute sinkt, die Bronehokonstriktion also wohl gel6st ist.

Viel wichtiger als diese initialen Reaktionsschwankungen ist die d r i t t e Daue rphase , in der sich die p~-Kurve ein zweites Mal naeh der sauren Seite verschiebt. W~hrend der Reaktionsverlauf in den beiden ersten Phasen verh~iltnisma~ig unabhiingig yon der verwandten ttistamindosis ist, wird das u der aktuellen Reaktion in Phase 3 sehr weitgehend yon der Gr6ge der injizierten Dosis bestimmt.

Naeh kleinen und mittleren Histamindosen (0,01--0,2 mg/kg) sinkt pH nur selten um mehr als 0,05 und stellt sieh binnen kurzem auf ein neues Niveau ein, wobei die tiefsten pH-Werte im allgemeinen hSher liegen als in der ersten Phase (siehe Abb. 1). Die Aeidose bleib~ unvergndert bestehen, wiihrend sieh der Kreislauf sehr raseh zu erholen pflegt, das Minutenvolumen ansteigt (Gollwitzer-Meier~l) , der Arterien- und Venendruek seine Anfangsh6he wieder erreieht.

Als Ursache dieser anhaltenden pH-Senkung naeh kleinen und mittleren Histamindosen diirfte yon den genannten Faktoren nut der Plasmaverlnst und der ihn begleitende Alkaliverlust des Blutes in Betraeht kommen, da einerseits die Kohlens~urespannung in Phase 3 niehg mehr erh6ht ist, andererseits aber bei unveri~nderter Bluteindiekung die arterielle Sauerstoff- s~ttigung naeh ihrem initialen Tiefstand um einige Prozent zugenommen hat.

Bei Verwendung grSgerer I-Iistamindosen (0,5--2,0 mg/kg) hi~ngt das Verhalten der Blutreaktion in Phase 3 hauptsgehlieh yon hgmodynamisehen Faktoren ab. Erholt sieh der Kreislauf innerhalb kurzer Zeit und treten keine wesentliehen Stgrungen des ven6sen Riiekstromes zum Herzen auf, so verhglt sieh die Blutreaktion wie naeh kleinen und mittleren Histamin- dosen, wir finden eine anhaltende Aeidose, die sieh lediglieh mit der Ein- diekung des Blutes ~ndert. Kommt es dagegen zu ausgesproehenen St6- rungen des venSsen Riiekflusses und dadureh zu einer Senkung des Herz- minutenvolumens 22, so pflegt die Aeidose in Phase 3 sehr viel sehwerer zu sein, als der Plasmaverlust des Blutes erwarten liege.

~t Gollwitzer-Meier, KI.: Verh. dtseh. Oes. Kreisl.forseh. 1938. -- ~a.z Goll- witzer-Meier, K1., u. E. Gelhaar: Naunyn-Sehmiedebergs Arch. t61,325 (1931).

Page 6: Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

314 E. L~acHE:

k u f e ine V e r m i n d e r u n g des v e n 6 s e n R t i ck f lus ses z u m H e r z e n g l a u b t e n wir in al len den F a l l e n sehlie/]en zu df i r fen, in denen der V e n e n d r u e k n a e h grSBeren H i s t a m i n d o s e n t ier a b s a n k , z u m a l a t e m m e c h a n i s e h e F a k t o r e n in

0

igung: 70 O/o :apazit ~it : , Vol.-O/o 27,5 mm Hg : 84 Vol.-~

igung: 68 o/o [apazit~it : , Vol.-O/o 24,8 mm ltg

a : 86 Yol,-O/0

:igung : 88 o/o ~apa~it lit: ) u 21,5 mm Hg 3 : 35Vol.'~

;1 0~ o ~ ~ "~

h Qm o

m

unseren Versuohen ausgeseha]tet sind. Den Venendruek haben w i t in der oberen ~oh lvene d i rekt an Jhrer Einmt indungs- stelle in den reehten Vorho f gemessen und in den meisten Versuchen mit- registriert.

Abb. 2 gibt einen Versueh wieder, in dem der Venendruck nach 10 mg Histamin tief sinkt und lange Zeit erniedrigt bleibt*. Wit sehen zungehst im Anschlufl an die Injek~ion jene sehon besproehenen initialen Reaktionssehwankungen, die bier besonders deutlieh aus- gepr~gt sind, well die Kohlensgure- retention im Beginn des Sehoeks reeht erheblich ist (vgl. Abb. 1) und eine tiefe p~-Senkung zur Folge hat. Doeh kehrt p~ beim Abklingen

der Kohlensgurestauung trotz der Eindiekung des Blutes auf den Ausgangswert zurtiek, da das starke arterielle Sauer- stoffdefizit offenbar geniigend alkalisehe Valenzen zur Ver- ftigung stellt, um den primaren

* Es w u r d e in d iesem Ver- s u c h abs i ch t l i eh ke ine al lzu hohe H i s t a m i n d o s i s gegeben , a m e inen vo rze i t i gen T e d des Tieres n a e h MSgl iehke i t zu v e r m e i d e n .

Page 7: Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

Uber die Yer~nderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes usw. 315

Verlust an Alkali vollkommen auszugleiehen. In diesem Punkt beginnt die Phase 3, in der die Sauesstoffsgttigung des Arterienblutes allmghlich wieder um einige Psozent steigt und dadurch alkalische Valenzen binder, wghrend die Bluteindiekung nahezu unvergndert bleibt. Infolgedessen verschiebt sich pu erneut nach des sauren Seite, stellt sieh aber nicht wie in Abb. 1 auf ein festes Niveau ein, sobald die arterielle 8auerstoff- sgttigung einen konstanten Wert angenommen hat, sondern sinkt konti- nuierlieh weiter ab, obwohl die Eindickung des Blutes aueh jetzt noch un- vergndert geblieben ist.

Dieses anhaltende, vom Plasmaverlust des Blares unabhgngige Sinken der pu-Kusve sahen wir ausschliel~lich bei Versuchen, in denen der Venen- druck nach Histamin stark fiel und lange Zeit niedrig blieb. Wir sind dahes des Ansicht, dab die naeh sogenannten 8ehockdosen auftretende Acidose nicht allein dutch die prim~tre Abwanderung basischer Valenzen hervorgerufen wird, sondern au6erdem noeh mit der Verminderung des venSsen Riickstromes zum Heszen in ursiichliehem Znsammenhang steht.

b) Peptonsehoek.

Die Yergnderungen des aktuellen Blutreaktion im Peptonschock gleiehen denen ira Histaminschoek so weitgehend, dai] sich eine Wiedergabe von Osiginalkurven eriibrigt. Geringe Unterschiede ergehen sich lediglich im Ausma[~ des Reaktionsverschiebungen.

Zuni~chst ist die initiale pu-Senkung sehr viel geringer als im Histamin- schoek und in manchen Fiillen sogar nicht eimnal andeutungsweise vor- handen. Wir m6ehten daher annehmen, dal] unter der Wirkung von Pepton eine Austausehst6rung ftir Kohlensgure in den L'ungen entwedes tiberhaupt nicht zustande kommt odes aber nut sehs fliichtig stattfindet, zumal ein Anstieg der arteriellen Kohlensiurespannung im Beginn des 8chocks nicht sicher nachweisbar ist.

Aueh die zweite Phase des initialen I~eaktionsschwankung zeigt ge- wShnlieh eine etwas andereVerlaufsform als beim Histaminschoek. Wghrend dort die pu-Kurve nach ihrem initialen Abfall auf ihr Ausgangsniveau zuriickkehrt, weehselt sie im Peptonsehoek vielfaeh nach der alkalischen 8eite hiniiber und sinkt erst gegen Ende der Phase 2 wieder ab. -- Die Entstehung dieser voriibergehenden Alkalose fiihren wir darauf zuriiek, dab die Bluteindiekung nieht -- wie irn Histaminsehock -- unmittelbar naeh der Injektion schlagartig auftritt, sondern sich allmihlieh zu ent- wickeln pfleg~, um meist erst in Phase 3 mit Sicherheit nachgewiesen zu werden. Wir diirfen also in Phase 2 noch nicht mit einer primgsen Ab- wanderung basiseher Valenzen sechnen, wohl aber mit einem vermehrten Angebot; denn im Ansehlu6 an die Peptoninjektion nimmt die a,rtesielle 8auerstofs -- i~hnlich wie auch nach ttistamin -- pl6tzlich ab,

Page 8: Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

316 E. LE~cE~:

und Alkali wird zur Kohlens~turebindung frei, so da~ die Blutreaktion naeh der alkalisehen Seite versehoben werden mull.

Gegen Ende der Phase 2 finder man allerdings ein Sauerstoffdefizit ira Arterien- blug gewShnlich nieht mehr vor. Der Sauerstoffaustausch in den Lungen seheint demnaeh bei Verwendung yon histaminfrelem Pepton nur voriibergehend gest6rt zu sein*.

W~hrend der dritten DauerI)hase verschiebt sieh p~ in jedem Falle mit der zunehmenden Eindickung des Blutes nach der sauren Seite. Doch pflegt die p~-Senkung naeh kleinen Peptondosen (0,05--0,1 g/kg) aueh bei stgrkerer Bluteindickung verhgltnism~Big gering auszufallen, sofern sich nut der Kreislauf nach dem Eingriff rasch wieder erholt**. K o m m t es hingegen bei Injektion grSl~erer Peptonmengen (0,2--0,4 g/kg) zur Ver- minderung des venSsen Riickflusses und dadurch zu einer t terabsetzung des Herzminutenvolumens, so kann die entstehende Acidose wesentlich schwerere Formen annehmen, ohne da~ die Bluteindickung besonders hochgradig sein mu$. Der Reaktionsverlauf w~hrend der dritten Dauer- phase scheint also auch im Peptonschock yon hiimodynamisehen Faktoren erheblich beeinflul~t zu werden.

II . Ver~inderungen der Wassers tof f ionenkonzent ra t ion des Blutes im zentralnervSsen Kreislaufschock.

Die Ausschaltung der Gef~i~zentren in der Medulla oblongata fiihrt zu einem Tonusverlust des gesamten peripheren Ge f~sys t ems sa. Kapillar- mikroskopische Untersuchungen ergeben eine starke Erweiterung der Strombahn bei hochgradiger Stromverlangsamung 24' 25 Permeabilitgts- vergnderungen der Kapillarw~nde kommen dabei nicht zustande 2s. Der zentralnervSse Kreislaufschock unterscheidet sich demnach yore tI istamin- und Peptonschoek haupts~tchlieh dureh das Fehlen protoplasmatischer Faktoren.

Bei Ausscha]tung der Gef~tl~zentren im Kopfmark dutch suboccipita]e Novocain- injektion tritt regelmgl3ig eine Lghmung des Atemzentrums auf. Wir haben daher sgmtliche Tiere yon vornherein kiinstlich beatmen miissen (siehe S. 310).

Abb. 3 zeigt die Anderungen der aktuellen Reaktion im Arterienblut bei Ausschaltung der Gef~zen t r en dutch Novocain. Unmit telbar nach

* Vgl. unver6ffentlichte Versuche von Laszlo und Schi i rmeyer ; zit. bei A. Rtihl: Naunyn-Sehmiedebergs Arch. 158, 232 (1930).

** Mit der yon Epp inge r (,,Die ser6se En~ziindung") vorgeschlagenen Peptondosis (0,1 g/kg) haben wit nur se]ten einen ausgesproebenen Sehock hervor- rufen k6nnen. Gew6hnlich mul3ten wir die doppelte bis vierfaehe Dosis des yon uns verwandten ,,histaminfreien" Pepton geben, um eine u des ven6sen Rfiekflusses zu erzielen.

2a T igers ted t , R.: Physiologie des Kreislaufes, Bd. 4 (1923). -- 24 Koch, E., u. M. Nordmann: Z. exper. Med. 61, 505 (1928). -- 25 Rfihl, A.: Naunyn- Schmiedebergs Arch. 148, 24 (1930). -- ~ Eppinger , H., u. Mitarbeiter: ,,Die ser6se Entztindung". Jul. Springer 1935.

Page 9: Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

~ber die Veriinderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes usw. 317

der Novocaininjektion f~llt der Blutdruck steil ab und erreieht schon naeh 11/2 Minuten einen Wert yon 24 mm Hg. Etwa 20 Sekunden spgter, noeh ehe der Blutdruck seinen tiefsten Wert erreieht hat, f~llt auch ps -- etwas weniger steil, doeh vollkommen gleiehmgBig -- von 7,34 a u f 7,25.

02-Si~ttigung: 83 ol 0 02-Si~ttigung: 83,5 o[o 02-Kapazit~t : 23,6 Vol.-O]o 02-Kapazitiit : 23,5 Vol.-O/o B H C 03 : 41:5 u B H C Oa : 35 Vol..-0]o

Abb. 3. Hand, 16 kg. l~eaktionsverlauf im Ar~erienblut bei Aasschal tung der bulbi~ren GefiilS- zentren durch suboccipitale Novoeaininjektion. Trotz fehlender Bluteindickung starke pH-Senkung. Fri ihzei t iger Anstieg des Dracks im linken Vorhof als Ausdruck einer sekund~ren Herzseh'~digung.

Dabei finder weder eine Eindickung des Blutes start noch eine Verdiinnung, wie sie E p p i n g e r 27 zuweilen beobachten konnte. Auch die Sauerstoff- s~ittigung bleibt trotz des daniederliegenden Kreislaufs nahezu unver/indert. Bei einem B lutdruck yon nur mehr 20 mm Hg vermag sich das Blut also noch ausreichend mit Sauerstoff zu s~ittigen.

In den meisten Versuchen war es nicht mSglich, das Verhalten der Blutreaktion fiber l~ingere Zeit zu verfolgen. Denn bei experimenteller Ausschaltung d e r Gef/il3zentren nimmt die Volumleistung des Herzens mit fortschreitendem Kleinerwerden des Arteriendrucks gewShnlich sehr rasch ab (siehe auch Abb. 3)2s. Nur in einem einzigen Versuch blieb das Herz bei einem Arteriendruek yon 30-- 10 mm Hg genfigend leistungs- fiihig, urn die Blutzirkulation bis fiber das Abklingen der Novocainwirkung hinaus aufrechtzuerhal~en. Dieser Fall kommt in Abb. 4 zur Darstellung. ihn l i ch wie in Abb. 3 f/illt die p~-Kurve zuerst verhgltnismggig steil, bis der Arteriendruck ein Niveau yon 30 mm Hg eingenommen hat, die Gef/~l~zentren also offenbar vollst~indig gel/ihmt sind (Abb. 4a). Alsdann verschiebt sich p~ wesentlich langsamer nach der sauren Seite, sinkt aber kontinuierlich welter und erreicht im Laufe yon 3 Stunden einen Weft yon unter 7,10 (siehe Abb. 4b) gegen einen Anfangswert yon 7,46.

E~wa eine halbe Stunde naeh der Novoeaininjektion maehten wir die merk- wiirdige Beobaehtung, dal3 der Arteriendruck bei einem p~ yon 7,28 sein Niveau yon 30 mm Hg plStzlich verlieB und mit der kontinuier]ich sinkenden p~-Kurve

27 E p p in g e r, I-I. u. Mitarbeiter: ,,Die serSse Entziindung". Jul. Springer 1935. __ as Riihl, A.: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 148, 24 (1930).

Page 10: Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

318 E.L~ac~:

allm~ihlieh bis auf 10 mm Hg fiel, ohne daft der Venendruok stieg, ohne dab also eine Herzinsuffizienz auftrat. Diesen, yon zentralen Vorg~ingen sieherlieh un-

e - - , ~ J~

o N

r

. o . o

g~

abh~ngigen Ab~all des Arteriendruekes mOohten wir auf einen vasodilatorischen SS~ureeffekt beziehen.

Page 11: Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

Uber die Ver~nderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes usw. 319

Eine Eindickung des Blutes finder auch in diesem Versuch zungchst nicht start*. Desgleichen bleibt die arterielle Sauerstoffsgttigung un- ver~indert.

Uber 3 Stunden h~lt die L~hmung tier GefgBzentren an. Dann klingt die Novocainwirkung allmghlich ab. Siimtliche Drucke beginnen zu steigen, und die p~-Kurve stellt sich nunmehr auf einen konstanten Wert ein (Abb. ~b).

III. Diskussion.

Unsere Versuche haben als wichtigsten Punkt ergeben, da~ sich die aktuelle Reaktion des Arterienblutes nicht nur im Histamin- und Pepton- schock, sondern auch im zentra]nervSsen Kreislaufschock nach der sauren Seite verschiebt. Dieser Befund ist insofern iiberraschend, als wir yon der allgemeinen Auffassung ausgingen, da~ die im Kreislaufschock ent- stehende Acidose in erster Linie auf die p r o t o p l a s m a t i s c h e n Koeffi- zienten des Schocks zu beziehen sei. Der zentralnervSse Kreislaufschock stellt abet den Prototyp der rein h~imodynamischen Form des Schocks dar (Eppinger) , und wir hatten deshalb erwarten miissen, da~ in ibm die pH-Senkung ausbliebe oder zumindest wesentlich geringer sei als im Histamin- und Peptonschock, den beiden Repr~isentanten der protoplasma- tischen Form des Schocks. Indessen sahen wir gerade beim zentralnervSsen Schock die weitaus stiirksten Reaktionsverschiebungen im Blur. -- Wir ziehen aus dieser Tatsache zun~ichst den Schlu~, da~ es nicht in jedem Falle protoplasmatische Faktoren sein miissen, die zur Acidose im Kreis- laufschock fiihren, sondern da] auch rein hamodynamische Faktoren unter Umst~inden Ursachen der Acidose sein kSnnen. -- Damit ist aber noch nicht erkl~rt, warum die pE-Senkung bei L~hmung der Gefiil~zentren um so viel hochgradiger ausfiillt als im Histamin- und Peptonschock! Wenn w~r daran festhalten, da~ die Acidose im zentralnervSsen Schock lediglich auf hiimodynamische Faktoren, im Histamin- und Peptonschock dagegen hauptsi~chlich auf protoplasmatische Faktoren zuriickgehl~, so kSnnen diese Unterschiede ira Ausma~ der p~-Senkung nur darauf be- ruhen, da~ bestimmte hi~modynamische Faktoren, die im Histamin- und Pep~onschock weniger zur Geltung kommen als im zentralnervSsen Schock, einen besonders starken Einflu~ auf die Reaktionslage im Blute haben.

Wir batten bereits in unserer ersten Versuchsreihe die Beobachtung gem~cht, da~ die p~-Senkung nach grSi~eren Histamin- und Peptondosen besonders hochgradig war, wenn der venSse Riickstrom zum Herzen abnahm, und bezogen diese yon protoplasmatischen Faktoren unabhangige

* Die geringe ErhShung der O~-Kapazit~t in Abb. 4b ist etwa 21/2 Stunden nach der Novoeaininjektion aufgetreten und dfirfte mit der hochgradigen Ver- ]angsamung der Blutzirkulation in Zusammenhang stehen, also sekund~rer Natur sein (vgl. Krogh: ,,Anatomie und Physiologie der Kapillaren").

Page 12: Über die Veränderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes im experimentellen Kreislaufschock

320 E. LEIlCHIr Ver[nderungen der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes usw.

pn-Senkung auf eine tIerabsetzung des Herzminutenvolumens. Nun ist abet die Minutenvolumenverminderung unter der Wirkung yon Histamin und Pepton selten nut annghernd so stark wie bei experimenteller Aus- sehaltung der Gefiil3zentren, da in einem Falle venokonstriktorisehe Reak- tionen -- vor allem im Beginn des Sehoeks -- eine maximale Erweiterung der venSsen S~rombahn zu verhindern loflegen 29, im anderen Falle siimt- liehe Gefiil3e zur gleiehen Zeit ihren Tonus verlieren. Wir kommen daher zu dem Sehlul3, dal~ die sehwere Aeidose im Blute bei zentraler Vasomotoren- lghmung dureh die hoehgradige Verminderung des Herzminutenvolumens verursaeht wird, w~hrend die p~-Senkung im Histamin- und Peptonsehock in erster Linie auf protoplasmatisehe Faktoren zuriiekzufiihren ist.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. I m e x p e r i m e n t e l l e n K i s t a m i n - und P e p t o n s c h o e k ver- sehiebt sich die aktuelle Reaktion des Arterienblutes nach der sauren Seite (for~laufend registriert am kiinstlieh beatmeten Ilund).

2. Naeh kleineren I-Iistamin- und Peptondosen ist diese geaktions- versehiebung verhaltnism~/3ig gering. Sie geht der Eindiekung des Blutes paral!el und wird auf eine prim~re Abwanderung basiseher Valenzen aus der Blutbahn bezogen.

3. Gr613ere Histamin- und Peptondosen fiihren nut unter der Bedingung zu einer wesentlieh starkeren p~-Senkung, dag gleiehzeitig der ven6se Riiekflul3 zum Herzen herabgesetzt ist.

4. Die im Beginn des Sehoeks regelmggig auftretenden Reakti'ons- sehwankungen werden dureh initiale StSrungen des Gasaustausehes in der Lunge verursaeht.

5. Im z e n t r a l n e r v 6 s e n K r e i s l a u f s c h o e k kommt es zueiner welt stgrkeren Aeidose im Blur als beim I-Iistamin- und Peptonsehoek. Die p~-Senkung kann bis zu 0,37 betragen. Sie wird im wesentliehen als Folge einer I-Ierabsetzung des Herzminutenvolumens aufgefagt.

39 Gollwitzer-Meier, KI.: Verh. dtseh. Kreisl.forsch. 1938.