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40, Band. 15. Juli 1920. ] Tillmans u. Obermeier, Wasserstoffionenkonzentra~ion der Milch. 23 Wie sich aus den vorstehendei1 Versuchen ergibt, ist die Uttrafiltrationsmethode wohl geeignet, einen Einblick in die bei der Reifung des K£ses sich abspielenden Vorg~nge zu gewinnen. Das beigebrachte Material ist zwar gering, lii~t aber doch sehon erkennen, da~ auf diesem Wege noch manches zu erreichen sein wird. Viel- ]eicht wird es die Ultrafiltrationsmethode ermSglichen, analytische Daten da~fir zu gewinnen, wieweit der Reifungsgrad eineu Kiises fortgeschritten ist und ob die Reifung normal verlaufen ist. Beides kann flit die Beurteilung eines K~ises yon Wert sein. Vielleicht regt diese kurze Abhandlung den einen oder andern Fachgenossen zur Fortsetzung der Versuche an. Uber die Wasserstoffionenkonzentration der Milch. Von J. Tillmans und W. Obermeier. Mitteilung aus dem Stadt. Hygienischen Universi~i~tsinstitut and Sti~dt. Nahrungsmitteluntersuchungsamt in Frankfurt a. M. (Direktor des Nahrungs- mi~teluntersuchungsamtes: Prof. Dr. J. Tillman s). [Eingegangen am 4. Mal 1920.] Die Wasserstoffionenkonzentration [C(u-)] der Milch ist bisher nach nahrungsmittel- chemischeu Gesichtspunkten noch nicht systematisch untersucht worden. Wir haben deshalb eine Reihe yon Versuchen in dieser Richtung angestellt, fiber die der eine von uns 1) in seiner Dissertation ausffihrlich bericbtet hat. Im nachstehenden teilen wir die wichtigsten Ergebnisse unserer Arbeit mit. Die Messungen wurden vorgenommen nach dem elektrometrischen Verfahren. Die Gaselektrode besal~ das yon Michaelis 2) empfohlene Prinzip der stehenden ~Vasserstoffatmosphi~re. Die RShren hatten die ebenfalls yon Michaelis angegebene U-Form. Bei der Apparatur wurde insofern eine Neuerung angebracht, als die Mess- brticke an Stelle der tiblichen beiden Rheostaten in einem yon O. Heublein kon- struierten und yon der hiesigen Firma Hartmann & Braun ausgeffihrten Wider- standskasten von 1100 Einheiten bestand. Statt der St5psel waren Doppelkurbeln angebracht. Die Widerst~inde waren in 2 verschiedenen Halbkreisen angeordnet. Beim Drehen der Kurbeln wird in einen Halbkreis ebensoviel Widerstand eingeschaltet wie in dem anderen ausgeschaltet wird. Durch diese Vorrichtung eriibrigte sich das l~stige StSpseln bei den gheostaten, welches oft infolge nicht geniigenden Schlusses der StSpsel Fehlerquellen ergibt. Der Wasserstoffexponent p(H') wurde berechnet nach der Formel EH - - ER p(H) -- 0,0001983 T worin EH die elektromotorisehe Kraft der Gaskette, ER die der Kalomelelektrode und T die absolute Temperatur bedeutet. (Vergleiche Michaelis S. 121.) ~) W e r n e r O b o r m e i e r , Die Wasserstoffionenkonzentration der Milch. Inaug.-Diss. Frankfurt a. M. 1919, Naturwissenschaf~liche Fakuliiit der Universit~t. "~) LeonorMichaelis, Die Wasserstoffiononkonzeniration. Verlag von Julius Springe r, Berlin 1914.

Über die Wasserstoffionenkonzentration der Milch

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Page 1: Über die Wasserstoffionenkonzentration der Milch

40, Band. 15. Ju l i 1920. ] T i l lmans u. Obermeier , Wasserstoffionenkonzentra~ion der Milch. 23

Wie sich aus den vorstehendei1 Versuchen ergibt, ist die Uttrafiltrationsmethode wohl geeignet, einen Einblick in die bei der Reifung des K£ses sich abspielenden Vorg~nge zu gewinnen. Das beigebrachte Material ist zwar gering, lii~t aber doch sehon erkennen, da~ auf diesem Wege noch manches zu erreichen sein wird. Viel- ]eicht wird es die Ultrafiltrationsmethode ermSglichen, analytische Daten da~fir zu gewinnen, wieweit der Reifungsgrad eineu Kiises fortgeschritten ist und ob die Reifung normal verlaufen ist. Beides kann flit die Beurteilung eines K~ises yon Wert sein.

Vielleicht regt diese kurze Abhandlung den einen oder andern Fachgenossen zur Fortsetzung der Versuche an.

Uber die Wasserstoffionenkonzentration der Milch. Von

J. T i l lmans und W. Obermeier .

Mi t t e i lung aus dem Stadt . H y g i e n i s c h e n Un ive r s i~ i~ t s in s t i t u t and Sti~dt. N a h r u n g s m i t t e l u n t e r s u c h u n g s a m t in F r a n k f u r t a. M. (Direktor des Nahrungs-

mi~teluntersuchungsamtes: Prof. Dr. J. T i l lman s).

[Eingegangen am 4. Mal 1920.]

Die Wasserstoffionenkonzentration [C(u-)] der Milch ist bisher nach nahrungsmittel- chemischeu Gesichtspunkten noch nicht systematisch untersucht worden. Wir haben deshalb eine Reihe yon Versuchen in dieser Richtung angestellt, fiber die der eine von uns 1) in seiner Dissertation ausffihrlich bericbtet hat. Im nachstehenden teilen wir die wichtigsten Ergebnisse unserer Arbeit mit.

Die Messungen wurden vorgenommen nach dem elektrometrischen Verfahren. Die Gaselektrode besal~ das yon M i c h a e l i s 2) empfohlene Prinzip der stehenden ~Vasserstoffatmosphi~re. Die RShren hatten die ebenfalls yon M i c h a e l i s angegebene U-Form. Bei der Apparatur wurde insofern eine Neuerung angebracht, als die Mess- brticke an Stelle der tiblichen beiden Rheostaten in einem yon O. H e u b l e i n kon- struierten und yon der hiesigen Firma H a r t m a n n & B r a u n ausgeffihrten Wider- standskasten von 1100 Einheiten bestand. Statt der St5psel waren Doppelkurbeln angebracht. Die Widerst~inde waren in 2 verschiedenen Halbkreisen angeordnet. Beim Drehen der Kurbeln wird in einen Halbkreis ebensoviel Widerstand eingeschaltet wie in dem anderen ausgeschaltet wird. Durch diese Vorrichtung eriibrigte sich das l~stige StSpseln bei den gheostaten, welches oft infolge nicht geniigenden Schlusses der StSpsel Fehlerquellen ergibt.

Der Wasserstoffexponent p(H') wurde berechnet nach der Formel EH - - ER

p(H) - - 0,0001983 T worin EH die elektromotorisehe Kraft der Gaskette, ER die der Kalomelelektrode und T die absolute Temperatur bedeutet. (Vergleiche M i c h a e l i s S. 121.)

~) W e r n e r Oborme ie r , Die Wasserstoffionenkonzentration der Milch. Inaug.-Diss. Frankfurt a. M. 1919, Naturwissenschaf~liche Fakuliiit der Universit~t.

"~) LeonorMichael i s , Die Wasserstoffiononkonzeniration. Verlag von Jul ius Spr inge r, Berlin 1914.

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24 J, T i 11 m a n s und W. O b e r m e i e r , [Zeitschr. f. Untersuchung ~d. N~hr.- u. Gem~i~mttteL

Uber die weiteren Einzelheiten der angewandten Meigmethode wollen wir uns bier nicht iiul~ern, da es sich dabei um bekannte Dinge handelt. Wir verweisen dazu auf das erw~hnte Buch von M i c h a e l i s und die Dissertation.

Der Einflu$ der S ~ u e r u n g i n u n g e k o e h t e r M i l c h .

Um den Einflui~ der natiirliehen S~i.uerung auf die C(~I') der Milch kennen zu lernen, iiberliel~en wit in 4 verschiedenen Versuchen eine grS~tere Milchmenge in einem gleichmi~t~ig warmen Raum bei Zimmertemperatur der spontanen S~uerung. Der Fort-

n gang der Sfiuerung wurde dutch Titration mit ~ - L a u g e nach S o x h l e t und H e n k e l

in besfimmten Abstiinden untersucht. In gleichzeitig entnommenen Proben wurde der Wasserstoffexponent, die Leitf~higkeit und die einfache und doppelte Alkoholprobe ermittelt. Die Resultate waren im Mittel der 4 Versuche folgende:

Stunden

1V8 3 5 7 9

11 13

.. Leit fiihig. Sam'egrad keit: 10-4

6,15 48,8 6,40 49,5 6,53 50,0 6,77 50,4 6,93 50,6 7,07 50,8 7,20 50,8

p(H')

6,40 6,35 6,35 6,35 6,35 6,35 6,28

Stunden

15 17 19 21 23 25 27

Sauregrad

7,42 7,67 7,95 8,55 9,20

10,60 12,60

Leitfiihig- keit: 10 -4

50,8 51,1 51,1 51,6 51,8 53,1 55,6

p(H')

6,23 6,10 5,92 5,73 5,48 5,24 4,93

Aus diesen Zahlen ergibt sich, da$ der Siiuregrad langsam und stetig ansteigt bis etwa zur 20. Stunde. Von hier an ist ein schnelleres Anwachsen des Si~uregrades festzustellen. Es handelt sich dabei um das bekannte Inkubationsstadium yon Soxh l e t , welches jetzt fibersehritten wird. Anders, als der S~uregrad, verh~ilt sich die C(K'). :Nach den ersten Stunden ist zunhchst ein nennenswertes Ansteigen nicht zu bemerken. Bis zur 11. Stunde ist eine Ver~inderung in der C(m) fiberhaupt nicht festzustellen, trotzdem der Sgmregrad stetig steigt. Von Bier an steigt nun abet die CtH')dauernd und utetig an. Die Zunahmen warden fortgesetzt grS$er his zur 27. Stunde, bei welcher die Versuche abgebrochen wurden. Die XVasser~toffionenkonzentration frischer Milch liegt etwa in der Mitte zwischen den S 5 r e n s e n-Stufen 6 und 7. Bis zur 1 t. Stunde behielt die Milch die p(H-) 6,35. :Nach 27 Smnden war sic bis auf 4,93 angesfiegen.

Uber den Z u s a m m e n h a n g y o n S ~ u r e g r a d u n d A l k o h o l p r o b e liegt eine groge Literatur vor. Zun~chst ist behauptet worden, dal~ das Nichtaushalten der einfachen Alkoholprobe bei einem bestimmten S~iuregrad zu beobachten sei. Von verschiedenen anderen Seiten sind aber hiergegen Zwei~el geKul~ert worden und ab- weichende Beobachtungen mitgeteilt. Bei den von uns angestellten 4: Versuchen wurde die einfache Alkoholprobe nicht ausgehalten, bei folgenden Wasserstoffkonzen- trationen:

bei Versuch I bei einer p(H.)yon 5,69 , , II . . . . 5,94 , , IIl ~ , ~ , 6,20 . , :IV . . . . 6,01

:Mittel 5,95

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40. Band. ] 15. Juli t 9 2 0 . J Wasserstoflionenkonzentration der Milch. 25

Zu diesen verhMtnismiil]ig betrachtlichen Differenzen i~t aber zu bemerken, dalil die Untersehiede leicht in der Versuchsanstellung liegen k5nnen. Wie oben erw~hnt, wurden niimlich in bestimmten Zeitabsehnitten, im allgemeinen alle zwei Stunden, die Versuche ausgeffihrt. Es ist demnach leicht m5glich, dal~ bei Versuch I, bei dem sieh die verhMtnismal~ig hohe Wasserstoffionenkonzentration von 5,69 ergab, als die Milch mit Alkohol koagulierte, die Untersuchung zu sp~t ausgefiihrt wurde. MSglicherweise h~itte sleh auch schon eine Alkoholkoagulation 1/4 Stunde nach Ausffihrung der letzten Probe gezeigt, sodal~ die C(w) zu hoch gefunden wKre. Mit Riicksicht hierauf haben wit noch- reals bei drei neuen Proben alle Viertelstunde die Alkoholprobe ausgeffihrt und sobald die Alkoholprobe nicht ausgehalten wurde, sofort p~H.) bestimmt. Es ergab sicb, dal~ die Alkoholprobe nicht ausgehMten wurde bei

p(H') Probe I . . . . . . . . . . 6,02

, II . . . . . . . . . . 6 ,03

III . . . . . . . . . . 5,97

Hieraus seheint hervorzugehen, dal~ bei normal si~uernder ungekoehter Milch die AlkohoIprobe nicht ausgehalten wird, wenn die p;H') etwa die Stufe 6 erre~cht hat.

Ohne Frage geht die p(H-) in erheblich h5herem Matte parallel mit tier Alkohol- probe als der S~iurograd. Bei den ersten drei Versuchen wurde zwar ein ziemlich gleicher Siiuregrad gefunden, als die Alkoholprobe nicht mehr ausgehalten wurde, namlich 7,6, 7,7 und 7,6. Bei Versuch 4 hatte aber d er Siiuregrad schon 9,6 erreicht, als die Koagulation mit Alkohol eintrat. Trotzdem war die p(H') hier erst 6,01.

Im fibrigen ist die p(H-) auch nicht allein ausschlaggebend ffir die Ausflockung der Milch mit Alkohol; sie ist aueh abhangig yon der Zusammensetzung und der Art der Zersetzung. Die ZahI p r o ' ) ~ 6, bei der die einfache AlkohoIprobe im atlge- meinen nieht ausgehalten wird, bezieht sich nur auf eine Milch mittlerer Zusammen- setzung, sowie normaler Zersetzung durch Milchsiiurebakterien. Wenn eine Milch mehr Albuminmikronen enthiilt, als Milch normaler Zusammensetzung, z. B. Kolostral- milch, so muf~ die Flockung schon bei elner geringeren p(g.) vor sich gehen. Wenn die in de~r Milch vor sich gehende Zersetzung nicht oder nicht vorwiegend dutch Milchsi~urebakterien veranlaBt ist, so verlaufen die Zersetzungen ganz anders. Die S~iuregrade sind dann erheblich geringer, wenn die Alkoholprobe nicht mehr ausge- halten wird.

Die A l i z a r o l p r o b e . Um solehe abnorm zersetzte Milchproben aufzufinden, hat M o r r e s 1) die Alizarolprobe eingefiihrt. M o r r e s bereitet eine gesi~ttigte Alizarin- tSsung in 70°/0-igem Alkohol und verwendet diese L5sung an Stelle des Alkohols zur Priifung. Er beobachtete nun die Art der entstehenden ]?lockung und gteichzeitig die entstehende F~rbung. M o r r e s hat spi~ter eine Farbenskala gegeben, die zum Vergleich der entstehenden Fi~rbungen herangezogen werden soll. Diese besteht aus 10 verschiedenen TSnen. Die ersten 8 beziehen sich auf reine Milchs~ureg~rung. Sie beginnen bei Lilarot und gehen fiber BlaBrot, Br~iunlichrot, R5tliehbraun, Braun, Gelbliehbraun, Bri~unlichgelb zu Gelb fiber. Bei anormal zersetzter Milch unterscheidet Mor r e s zwei FarbentSne, einen dunkelroten mit einem Si~uregrad yon 7- -8 und einer flockigen bis sehr dickflockigen Gerinnung und einen violetten mit einem Sii~lregrad yon 8 - -9 und einer feinflockigen bis flockigen Gerinnung. Der erstere der letztgenannten

x) Diese Zeitschrift 1911, 22, 459.

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26 J. T i 11 m a n s und W. 0 b e r m e i e r [Zeitschr. f. Untersuchung [d, Nahr.- u, GenuBmittel .

TSne soil eine vorgeschrittene sogenannte Labg~irung, der zweite eine stark abnorme alkalische Milch andeuten. Die Mor res ' s che Probe ist, ohne daI~ dies dem Autor offenbar zum Bewul]tsein gekommen ist, nichts weiteres, als die Verbindung einer kolorimetrisehen Ermittelung der p(E') mit der Ausffihrung der Alkoholprobe. Finder er eine Ausflockung bei einer C(~-), die niedriger Iiegt, als die C(u') normaler Milch, so schlie~t er mit Recht auf eine Zersetzung, bei der neben sauren Bestandteilen, die aus Milchzucker gebildet werden, auch aus den EiweiBkSrpern alkalisch reagierende Zersetzungserzeugnisse entstanden sind. Die Mischung von alkalischen und sauren Zersetzungsprodukten bewirkt damn, dal] dieC(w) niedriger liegt, als es bei einer normalen Milch der Fall ist.

Wit haben nun zuni~chst festge~tellt, welche C(H') den Morres ' schen Farbenstufen entspricht. Der Versuch wurde in folgender Weise ausgeffihrt: Eine frische Milch mittlerer Zusammensetzung wurde stufenweise mit normaler Milchsi~ure versetzt, bis die Farbenstufen nach dem Schiitteln mit Alizarol auftraten. Dann wurde ]edesmal die C(g') ermittelt. Zur Erreichung einer alkalischen Milch, wie sie sich in den Stufen 9 und 10 yon M e t r e s darstellt, wurde frisehe h~[ilch mit normater Sodal5sung versetzt, his die FarbentSne der beiden letztgenannten, abnorm reagierenden alkalischen Milch- arten erreicht waren~ und dann ebenfalls die p(w) gemessen. Dabei ergab sich folgendes:

1,

3. Mit 4.

M i l c h s ~ u r e l 5. versetzte Milch [ 6.

! 7. 18.

Mit Soda l ( i sung [ 9. versetzte Milch !

10. (anormale Milch)

p(H') Farbenton : Lilarot . . . . . . . . 6,53

, Blafirot . . . . . . . . 6,49 , Braunlichrot . . . . . . 6,10 , R6tlichbraun . . . . . . 5,83 , Braun . . . . . . . . 5,17 , Gelblichbraun . . . . . . 4,57 , Br~unlichgelb . . . . . . 4,06 , Gelb . . . . . . . . . 3,70

p(H-)

Farbenton: Dunkelrot . . . . . . . 6,61 , Violett . . . . . . . . 6,83

Es zeigt sich "also, dai~ die abnorm alkaiische Milch (Stufe 9) eine geringere p(~') als frische Milch, die Milch mit fortgeschrittener Labg~rung (Stole 10) einen noch ge- ringeren Weft besitzt. Die fibrigen 8 Smfen der normal zersetzten Milch zeigen einen gleichm~ii~ig ansteigenden Wert der p(H') yon 6,53 his 3,70 an.

Wir haben uns nun auch in der Praxis bemiiht, sich nach M o r r e s abnorm verhaltende Milehproben aufzufinden und haben sie sowohl mit Alizarol, aIs aueh dutch die Bestimmung des Si~uregrades und dutch Messung der p(~') untersucht. Bei diesen Prfifungen stellte sich heraus, dass bei der Unterseheidung der FarbentSne, insbesondere der FarbentSne 1 - - 3 und 9 gewisse Schwierigkeiten erwachsen. Eine genaue Bestim- mung, welcher Farbenton vorliegt, liil~t sich mit Sicherheit nicht immer feststellen. Auf diese Schwierigkeiten hubert auch schon andere Autoren wie G r i m m e r und H o p p f e t) hingewiesen. Bei den 3 Milchproben, welche wit unter Handen batten und die mSglieherweise nach M o r r e s abnorm zersetzte Milch darstellten, zeigte sich, dal~ 2 der Proben h6chstwahrseheinlich der Farbenstufe 3 der Skala und nicht der Farbenstufe 9

~) Milchw. Zentralbl. 1915, 44, 257.

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4o. Band. 1 27 15. Ju l i 1 9 " 2 0 . ] Wasserstoffionenkonzentration der Milch.

entspraehen. Die elektrometrisch gemessene p¢H') betrug n/imlich 6,20 und 6,21, die Gerinnung war alterdings sehr geringffigig. Die dritte Probe hingegen zeigte bei der gleichen Sti4rke der Gerinnung eine p(rI.) von 6,57, reichte also sehr nahe an die Wasserstoffionenkonzentration, wie die Farbenstufe 9 sie verlangt, heran. Hier lag also ohne Frage eine abnorm zersetzte Milch vor.

Das W e s e n der S[iure f r i scher Milch.

Durch die Messung der C(H')versuchten wir ferner nachzuweisen, auf welche Bestandteile die S/lure frischer Milch zurfickzuffihren ist.

Zun/ichst ergibt sich aus der C~n')-Messung klar, da$ es nicht Milchs~iure sein kann. Wir bereiteten bestimmte MilchsfiurelSsungen mit Siiuregraden yon 3- -50 ° und maSen die p(H-). Sic lag zwischen 2,89--2,21. Da die Dissociationskonstante der Milchs/iure bekannt ist, so konnte man die p(H.) auch berechnen. Die ausgefiihrte Rechnung ergab Zahlen yon 2,92--2,11, also eine gute Ubereinstimmung mit dem gemessenen Werten. Da die gemessene p(H-) in der Milch erheblich tiefer liegt, n/imlich zwisehen 6 und 7, so kann geschlossen werden, d'ag Milchs/iure mit der Siiure der frischen Milch nichts zu tun hat.

In der Literatur ist nun schon erw/ihnt, da$ die Phosphate eine Rolle spielen. Dies priiften wir in folgender Weise nach: Die Messung der p~n') einer normalen Mischmilch ergab den Wert yon 6,46. Wir filtrierten nun einen Tell derselben Milch durch eine Filterkerze unter vermindertem Druck und erhielten ein klares Filtrat, welches yon Caseinmikronen vSllig befrelt war, aber noch Eiweil~mikronen enthielt. Die p(H-~ dieses Filtrats betrug 6,52, also ein praktisch wenig abweichendes Resultat yon dem der frischen Milch. Die Caseinmikronen beeinflussen also die C(a.) der Milch kaum. Nun wurde das Filtrat aufgekocht, um es yon Albumin und Globulin zu befreien. Das abgekfihlte Filtrat wurde Wicderum gemessen, und es er- gab sich eine p(m) yon 6,50 d. h.'abermals praktisch keine nennenswerte Anderung.

Wir dfirfen also schliefen, da$ diejenigen Bestandteile, welche in der frischen Milch sauer reagieren, nichts mit den EiweiSbestandteilen der Milch zu tun haben, sondern jedenfalls im wesentlichen aus anderen Substanzen, die im Serum verbleiben, bestehen. Da tier Milehzucker keinerlei S/iureeigenschaften besitzt, so kann er aus- scheiden. Da$ die Milchs~iure nicht in Frage kommt, haben wir sehon oben gezeigt. Es bleibeu also als wahrscheinliche Tr~iger der S/~urereaktion nur die Phosphate fibrig.

Wir ermittelten nun den Gesam~-Phosphatgehalt des betreffenden Milchserums und fanden ihn zu 0,134°[o PO v Um nun festzustellen in welcher Form diese Phosphorsiiure vorlag, bereiteten wir LSsungen yon primiirem Kaliumphosphat und sekund/irem :Natriumphosphat, und zwar in der Weise, da$ der Gesamtgehalt an PO 4 immer wieder 0,134°/o war. Die erste Mischung enthielt 90O/o sekundiires und 10°/c prim/ires Salz, die letzte 10 °/o sekund/ires und 90 °]o prim/ires. Die fibrigen Mischungcn bewegten sieh in fallender bezw. steigender Tendenz zwischen diesen beiden Grenzen. Nun wurde die pCa'~ dieser LSsungen gemessen. Sic bewegte sich yon 7,44~5,94. Diese Werte wurden graphisch aufgetragen, und zwar in der Weise, da$ die erhaltene Kurve es gestattete, ffir jedcs p(w) abzulesen, wieviel prim/ires und wieviel sekund/ires Phosphat vorhanden sei. In der oben mitgeteilten Tabelle ist angegeben, dag der Wert tier p(H-) yon friseher Milch im Mittel der dort mitgeteilten Versuche 6,40 betrug. Wie die Kurve zeigt, sind bei einer p(~') yon 6,40 35°,/o sekundiires und 65°/o prim/ires Phospha~ vorhanden.

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Aus den Versuchen kann also geschlossen werden, dab die Saure frischer Milch durch die 15slichen Phosphate bedingt ist, und zwar liegt das Gesamt-PO 4 normaler Weise zu ~/3 in Form yon prim~rem und zu 1/3 in Form yon sekund/irem Phosphat vor.

Bei der S~tuerung der Milch ver/indern sich diese Siiureverh/~ltnisse nach und nach. Durch das Wachstum der Milchs/iurebakterien wird aus dem Milchzueker Milch- siiure gebildet, was in einer Zunahme des Siiuregrades und in einer Zunahme der p(g') zum Ausdruck kommt. Die Milchs/iure bleibt abet zum grSl~ten Tell nicht in freier Form in der Milch vorhanden. Man kSnnte annehmen, dal~ das Phosphat- gemisch seine hekannte Pufferwirkung ausiibt und demnach durch die Milchs/iure das sekundi~re 1)hosphat in prim~tres, und das primKre schliel~licb in freie Phosphors/iure fiherginge. Erst yon diesem Zeitpunkt an kSnnte freie Milchs/~ure auftreten. Wir vermochten nun mit Hilfe der oben mitgeteilten Daten zu berechnen, bei welchem S/iuregrad alles sekund/ire Phosphat in primiires und alles primi~re Phosphat in freie Phosphorsi~ure iibergehen und warm frei Milchs~iure auftreten wfirde, wenn diese An- nahme zutr~fe. Es ergab sich, dal~ bei einer Vermehrung um 2 S/iuregrade ungef~ihr alles Phosphat .in prim/ires Phosphat fibergegangen w/ire. Die Betraehtung der Tabelle auf S. 24 ergibt nun, dat~ einer ErhShung des Si~uregrades um 20 etwa die p(~') yon 6 oder etwas unter 6 entspricht. Wit wissen aber, daI~ die p(H-) yon prim/irem Phos- phat viel hSher, n/imlich etwa bei 4 liegt. Es [olgt aus diesen Untersuchungen, dal~ die Milchs~ure sich nicht allein mit den Phosphaten umsetzt, sondern, dal~ sie offenbar in erster Linie mit dem Casein reagiert. Wit kSnnen das Casein auffassen als das neutrale Calcimnsalz einer zweibasigen S/iure. Die Siiure selbs~ ist in Wasser un- 15stich, das neutrale Salz dagegen kolloidal 15slich. Es ergibt sich also auch aus diesen Untersuchungen die Tatsache, daI~ die freie Milchsi~ure das Casein angreift unter Bildung yon milchsaurem Kalk unter Abspaltung der unlSslichen Caseins/iure. Letztere kann wegen ihier UnlSslichkeit die p(n.) nut unerheblich vergrSt~ern.

Die C(w) in gekoch te r Milch.

Zun/ichst stellten wir fest, ob das Kochen der Milch an sich Veri~nderungen der p(g-) mit sich bringt. Es ergab sich, dab sie praktisch dieselbe bleibt wie in der ungekochten Milch. Bei 2 Versuehen trat eine Erniedrigung um 1/lo0 ein yon 6,42 auf 6,43 und yon 6,~5 auf 6,46. Die ErhShung ist also so unbedeutend, dal~ daraus nichts geschlossen werden kann.

Welt interessanter war dana die Feststellung, wie die C<H') sieh helm Stehenlassen yon gekochter Milch ver/~ndert. Es ist eine bekannte Tatsache, dat~ die S/iuerung in gekochter Milch anders verl~uft, als in ungekoehter. Beim Kochen der Milch werden die Milchs/~urehakterien abgetStet und an ihre Stelle treten die widerstandsfiihigeren, endogene 'Sporen bildenden Eiweii~zersetzer. Diese 'bewirken eine faulige und ganz anders verlaufende Zersetzung der Milch. Bei den ersten Versuchen gelang es uns iedoch nicht, diese faulige Zersetzung der Milch hervorzurufen. Es trat offenbar viel- mehr eine naehtriigliche Infektion der Milch mit Milchsgmrebakterien ein, ~vas ein verspi~tetes Eintreteu der MilchsKuregi~rung zur Folge hatte. W/ihrend bei der un- gekochten Milch die Inkubation nach etwa 19 Stunden bei einer p(H') yon 6 fiber- schritten war, war dasselbe Resultat bei der gekochten Milch erst nach 35 - -40 Stunden zu verzeichnen. Dann s~uerte aber die Milch durchaus normal weiter, wobei sich auch die Steigerung der p(~') ahnlich verhielt wie bei der ungekochten Milch. Dieser Fall,

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dal] die Milchsi~ureg/irung eine bestimmte Zeit spi~ter einsetzt, dann aber roll zur Wirkung kommt, diirfte bei gekochter Milch in der Praxis h/iufig vorkommen.

Um nun noch festzustellen, wie sich die Zersetzung der ~ Milch unter v511igem Ausschalten yon Milchs~urebakterien bel anderen Milchbakterienarten verh/ilt, sorgten wir dafiir, dal~ bei einer erneut gekochten Milch elne nachtr~gliche,Infektion mit Milchs/£urebakterien nicht eintreten konnte, indem wir die Milch in einem mit Watte- bausch verschlossenen Erlenmeyer-Kolben koehten und stehen liel]en. Die Entnahme der Milch zur Untersuchung geschah mit sterilen Pipetten unter Beachmng aller not- wendigen Vorsichtsmal~regeln. Die Milch zeigte ers~ nach 17 Tagen einen S~iuregrad yon 8,8 °, nach 25 Tagen einen solchen yon 19,4 °. Die p(H) hielt sich 8 Tage lang auf derselben H5he (6,57--6,54). Die Alkoholprobe wurde naeh 5 Tagen nieht mehr ausgehalten. Die p(~') lag bei 6,5, also bedeutend niedriger, als bei einer normal ge- s~merten Milch. Die Alizarolprobe zeigte deutlich das Bild der alkalischen Zersetzu~g durch dunkelrotbraune Farbe an. l~-ach 8 Tagen stieg die C(H') allm~hlich und langsam an. Sie erreichte nach 21 Tagen den Weft yon p(H-)-~-6,11. In der Milch war nach dieser Zeit ein deutlich k/iseartig-fauliger Geruch nach alkalischen Zersetzungs- produkten festzustellen. Die Leitf~higkeit stieg yon 58,3 X 10 -4 innerhalb der ersten 17 Tage langsam bis auf 79,2 X 10 -~ an. Hier handelt es sich also um den typi- schen Fall einer alkalischen Zersetzung der Milch, etwa der Morres 'schen Skala 9 entsprechend.

N e u t r a l i s a t i o n y o n saurer Milch durch N a t r i u m b i c a r b o n a t .

Wiihrend des Krleges ist es in vlelen Grol~stSdten fiblich gew.orden, die Milch, welche in den Molkereibetrieben angesi~uert ankommt, durch Zusatz yon ]Natriumbicar. bonat auf einen normalen S~iuregrad zu bringen, um sie noch verwertbar zu machen. Fiir die ~'ahrungsmittelchemie i~t es von Interesse, fiber Verfahren zu verfiigen, mit deren Hilfe sich feststellen l~il3t, ob eine neutralisierte Milch oder einc normale Milch vorliegt. Der Aschengehalt solcher Milch wird zwar erhSht, indessen zeigt eine kurze lJberlegung, dal~ die Zunahme eine so geringfiigige ist, da[~ sic innerhalb der m5glichen ,latfirlichen Schwankungen des Aschengehaltes liegt. Auf diesem Wege diirfte also ein Nachweis kaum zu erbringen sein. Wit versuchten deshalb festzustellen, ob durch die Messung der C(H-) oder der Leitfi~higkeit ein solcher Zusatz yon Bicarbonat nach- gewiesen werden kann.

Als die Entsiiuerung der Milch unter unserer Kontrolle in Frankfurt am Main begonnen wurde, stellten wir sofort die interessante Tatsache lest, dal~ das Bicarbonat durch die sauren Bestandteile der Milch in der Kiilte nicht restlos umgesetzt wurde. Es bedarf also jedesmal einer Erhitzung, was in tier Praxis dutch Pasteurisieren geschieht. Die Versuche ergaben, dab die C(~') einer neutralisierten Milch im all- gemeinen etwas hSher liegt, als die einer ganz frischen normalen Milch. Indessen ist die Differenz so gering, dalit eine praktisehe Anwendung der Bestimmung des p(H') zum Zwecke des Nachweises yon neutralisierter Milch nicht in Frage kommt. Dagegen ergab die Messung der Leitfiihigkeit einen guten Anhalt, ob neutralisierte Milch vorliegt oder nicht. Die Leitffihigkeit einer normalen frischen Milch schwankt etwa zwischen 45- -54 X 10 -4. Dutch die Zugabe yon Bicarbonat wird, wie zu el'- warten war, die Leitf/~higkeit erheblich gesteigert. So erhShte sich bei einer neutrali- sierten Milch, die vom Si£uregrad 28 auf den S/iuregrad 7,4 gebracht wurde, die Leit-

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~'~0 J. T i l lmans und W. Oberraaier , [Zeitschr. f. Untersuchung [d, Nahr . - u. Genui~mit~L

f~ihigkeit yon 58,3 X 10 -4 auf 79,7 X 10-4- Die Leitf~ihigkeit erhSht sich natiirlich mit der S~iuerung der Milch. Eine Leitf~higkeit yon 79,7 ist aber fiir einen S~ure- grad 7,4 vSllig abnorm. Sie kann nur dann vorhanden sein, wenn die Milch yon kranken Tieren stammt.

Man kan~ also schliel~en, daI~ eine Milch, die elnen normalen Shuregrad, aber hohe Leitfi~higkeit zeigt, neutralisiert ist, vorausgesetzt, dal~ es sich nicht um Milch kranker Kiihe handelt. Ist man beziiglich letzterer Frage im Zweife|, so mul~ die Statlprobe Auskunft geben.

Der Einflafi yon Konserv ie rungsmi t te ln .

Die Einfliisse folgender Konservierungsmittel: Sublimat (0,04°/o), SenfS1 (12 Tropfen auf 1 Liter), Kaliumbichromat (0,018°/o), Thymol (0,1°/o), Wasserstoffsuper- oxyd, Phenol (0,04°/o), Natriumfluorid (0,04°/0) und Formalin (4 Tropfen 40°/0-ige LSsung auf 1 Liter) auf die C(w) der Milch wurden untersucht. Es zeigte sich zun~ichst, dal~, abgesehen yon Wasserstoffsuperoxyd, alle zugesetzten Konservierungsmittel, in den Mengen, in denen sie fiir die Milchkonservierung Verwendung finden, keinen oder nur einen sehr gerlngen Einflul~ auf die C(n') der Milch haben. Bei Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd war die C(w) nicht bestimmbar; ablesbare Werte konnten nicht erhalten werden. Das riihrt offenbar daher, dal~ sich bei Beriihrung der Milch mit der platinierten Elektrode Sauerstoff entwickelt, der den Wasserstoff verdt~ingt und infolgedessen die Messung unmSglleh machL

Die Milch blieb, mit diesen Konservlerungsmitteln versetzt, bls zu 48 Stunden stehen, und nun wurde von Zeit zu Zeit die p(w) gemessen. Bei einzehmn Konser- vierungsmitteln ver~nderte sie sich kaum, bei anderen stieg sie langsam an. Sublimat, SenfSl, Kaliumbichromat und Formalin konservierten die Milch am besten. Der Ab- fall der p(H.) war innerhalb 48 Stunden nur ein geringer. Dagegen zeigten Thymol, Phenol und Natriumfluorid einen sehr starken Abfall der p(a-). Die Milchsgtm'eg~irung war also nicht oder kaum unterdrfickt. Dieses Resultat deckt sich mit den Befunden von J. T i l l m a n s , A. S p l i t t g e r b e r und I-I. R i f f a r t l ) , "welche auf anderem Wege gefunden wurden. Bei der mit Sublimat konservierten Milch hatten wir eigent- lich eine Vergiftung der Elektrode erwartet. Diese Vergiftung zeigte sich aber nicht. Es lieB sich vielmehr in der mit Sublimat konservierten Milch die p(~') normal bis zur Konstanz bestimmen, und es wurden ganz normale Werte erhalten. Offenbar erkl~irt sich das daraus, dal~ das Hg-Ion sich mit den Eiweil~kSrpern der Milch zu unlSslichen Verbindungen umsetzt, womit eine Reaktion mit der Platinelektrode aus- geschlo~sen erseheint. Es wurde nur die merkwiirdige Beobachtung gemacht, daI~ sich der Wert bei der p(H')-Bestimmung in saurer Milch, die mit Sublimat konserviert war, viel langsamer einstellte, als wenn eine frisehe Milch verwendet wurde.

Einflufi yon Entrahmung und W~isserung.

:Die Entrahmung hat, wie die Versuche zeig~en, auf die C(H.) keinen Einftut~; vor und nach der Entrahmung wurden dieselben oder praktisch dieselben Werte ge- messen.

1) Diese Zeitschrift 1914. 27, 893.

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40. Band. 1 Wasserstoffionenkonzentration der Milch. 31 15. Juli 1920,j

Ebenso zeigten die Versuehe, da~t auch die W~isserung der Milch gar keinen Einflu~ auf die p~H') besitzt. Die Versuche warden sowohl mit destilliertem ~Vasser vo~enommen, als auch mit einem Leitungswasser, welches 121 nag Bicarbonat-Kohlen- s~iure und 34 mg freie Kohlens~iure i. L. aufwies. Bei einer 60°/o-igen W~isserung war die pity) noch praktisch dieselbe. Die p(H.) des Wasserleimngswassers wurde zu 6,95 berechnet.

Hier schlie~en wir nun noch einige Versuche fiber die ¥ e r f i n d e r u n g d e r s p e z i f i s c h e n L e i t f i ~ h i g k e i t der Milch durch Wasserzusatz an.

P e t e r s e n x) hat festgestellt, dat~ die Leitf~ihigkeit ein gutes Mittel ist, ual ge- whsserte Milch yon solcher Milch zu unterscheiden, die yon :Natur aus diinn ist Dutch das W'iissern der Milch werdeu alle Besmndteile heruntergesetzt, mit Einschlul~ der spezifisehen Leitfiihigkelt. Milch yon kranken Tieren, die yon Natur aus abnorm dfinn ist, besitzt einen geringen G¢halt an :Nfihrstoffen, aber meist einen hohen Ge- halt an Salzen und infolgedessen eine hohe Leitf~.higkeit. Wir fanden bei unserer Naehprfifung zuni~chst ebenfalls, dal~ dureh destilliertes Wasser und dutch Wasser- leitungs- and Brunnenwasser, welche keine abnorm hohen Salzmengen enthielten, die Verdfinnung der Milch ein Heruntergehen der elektrischen Leitf£higkeit zvr Folge butte. In tiindlichen Betrieben gibt es abet vielfach Wiisser, die eine hohe HSrte, einen hohen Gehalt an Salpeter und einen hohen Koehsalzgehalt aufweisen. Es handelt sich dabei meist um uuhygienische Brunnenw~sser, bei denen der Brunnen in n~chster N~the von Dungstiitten, Misthaufen und iihnlichen Abfalls~{itten liegt. Es schien uns wahrseheinlich, dal~ solche salzreiehen und harten W~isser die Leitf£hig- keit nicht mehr herabsetzen. Dies war in der Tat der Fall, als wit ein Wasser verwandten, welches je 20 o Calcium- und Magnesiumearbonathfirte, je 10 o Gips-, Ma- gnesiumchlorid- und Caleiumehloridharte, 0,1°]o ~:atriumchlorid und 0,2°/o Kalisalpeter aufwies. Die Leitf~ihigkeit dieses Wassers war etwas hSher als die der Milch, and so wurde durch Zusatz eines solchen Wassers zu Milch die Leitf~ihigkeit nicht nur nlcht erniedrigt~ sondern sogar erhSht. Die Versuche sollen keineswegs das Verfahren von P e t e r s e n in Zweifel ziehen, welches uns ebenfatls in der Praxis zum Nachweis yon Milchfiilschungen schon wertvolle Dienste geleistet hat. Wir haben nur geglaubt, auf den Umstand hinweisen zu sollen, dal~ das Verfahren bei satzreichen W£ssern unter Umstiinden versagen kann. Derartige Wi~sser sind zwar nicht hi~ufig, kommen aber in b~iuerlichen Betrieben doch nicht selten vor.

Die p(a.) der bei der M i l e h u n t e r s u e h u n g i ibl ichen Seren.

Es erschien uns yon Interesse die C(H.) der bei der Milchuntersuchung fiblichen Serea kennen zu lernen. Die folgende Tabelle gibt die Resultate der Messungen an:

p(H') Milch . . . . . . . . . . . . . . 6,63 Essigsfureserum . . . . . . . . . . 4,80 Essigs~ureserum nach R e i c h . . . . . 4.90 Chlorcalciumserum . . . . . . . . . 5,71 Tefraserum I nach P f y l und T u r n a u . 3,23

, II , ~ , 3,36

~) F. P e t e r s e n , Untersachung fiber den elektrischen Widerstand der Milch. Inaug.- Dissert. Kiel 1904.

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32 J. T i l lmans und W. Obermeler , [ Zeitschr" f" Un~rsuchung |d. Nahr.- u. Genui3mit~eL

Bei der Betraehtung der Resultate ffilIt die allgemeine ErhShung der C(w) auf, was aber nicht wundernehmen kann, da zur Herstellung der Seren ja stets Siiuren verwendet werden, abgesehen yon dem Chlorealeiumserum. Das Chlorealciumserum zeigt aber ebenfalls eine viel sauerere Reaktion als die Milch selbst. Offenbar wird dutch das Chlorcalcium Eiwei~ geffillt, wobei das Calcium gebunden wird, wiihrend die abge- spaltene Salzs{iure sich mit den Phosphaten der Milch umsetzt.

Die Wirkung der C(H.~ auf die Enzym.Reaktionen.

Die Wirkung der C(•') auf die Reaktion der Oxydasen, Reduktasen und Kata- lasen wurde mit Hilfe yon VergleiehslSsungen, bezw. Messung der entwickelten Sauer- stoffmengen quantitativ untersucht. Die Resu]tate sind kurz zusammengefal~t folgende :

Mit der Zunahme der C(w), sei sie auch noch so gering, zeigt sich bei der S to rch ' - s c h e n P r o b e sofort eine erhebliche Absehwiiehung der Reaktlon. Ein Steigen der p(~') yon 6,62 auf 6,35 bewirkte schon eine 25°/0-ige, eine ErhShung auf 5,92 eine etwa 50°/o-lge und endlich eine ErhShung auf 5,72 eine etwa 75 °/o-ige Abschw{iehung der Farbe. Ein vSllig negatives Resultat wird auch bei ganz hohen Werten yon p0t.) (4,54 ~ 30 Siiuregraden) nieht erhalten.

Noch empfindlicher gegen eine Ver~inderung der C(n.) ist die R e a k t i o n n a c h S c h a r d i n g e r . Eine ErhShung der p(n) yon 6,62 auf 6,35 bedingt schon eine erheblich verliingerte Reaktionszeit. Eine ErhShung auf 5,92 ver]iingerte die Reaktions- zeit yon 2' 35" auf 6' 10". Bei einer ErhShung der p(H) auf 5,72 (14 Siiuregrade) trat iiberhaupt keine Entfiirbung mehr ein.

Das V e r h a l t e n der K a t a l a s e wurde im Lobeck ' schen Apparat untersuchL Das entwiekelte Gas wurde nach 2, 4 und 6 Stunden gemessen. Die Katalase verhMt sich ganz anders als die Oxydase und Reduktase. Sie ist verh~iltnism~iBig unempfind- lich gegen eine ErhShung der p(H'L Diese konnte, ohne dal~ eine Veriinderung der Gas- menge zu verzeichnen war, auf 5,30 erhSht werden. Von hier ab machte sieh eiue starke Abschwiichung der Katalase durch eine weitere ErhShung der p(w) bemerk- bar. Sie sank um 30°/o, als die p(H') auf 4,85, um 80°/o als die p(n.) auf 3,32 erhSht wurde.

Sonstiges.

Eine K o l o s t r a i m i l c h zeigt eine hShere p(H') als normale Milch (6,04). Sie stellt sich aber schon 2 Tage spiiter auf einen normalen Wert yon 6,35 ein.

Eine t u b e r k u l S s e K u h , welehe Milch mit ganz abnorm niedrigen Zahlen fiir fettfreie Trockensubstanz, Refraktion und Fettgehalt lieferte, zeigt~ eine normale p(H.) Yon 6,33. Dagegen war bei einer anderen Milch mit normalen Zahlen, die ebenfalls yon einem kranken Tier stammte, die p(I~.) mit 6,13 abnorm hoeh.

Bei der Milch einer e u t e r k r a n k e n K u h wurde sine p(H') yon 6,45 festgestellt, also eine ganz normale Zahl.

Bei zwoi r i n d r i g c n K i l h e n war die p(u.) etwas erhSht, da 6,17 gefun- den wurde.

Eine s t a r k a n g e s t r e n g t e K u h lieferte Milch mit einer p(~') yon 6,24, also ebe'nfalls ziemlich normal.

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40. Band. ] 15. Juli 1920 .1 Wasserstoffionenkonzentration der Milch. 33

Ferner untersuchten wir, ob bei g e b r o c h e n e m M e l k e n ein Unterschied in der p(H') vorhanden ist. Es wurde in 4 Abschnitten gemolken. Die p(u.) war 6,22 und 6,23.

Eine normale Z i e g e n m i l c h , die Milch einer weiBen Saanenziege, eines ost- friesischen M i l c h s c h a f e s und einer schwarzen Ziege wurden ebenfalls untersucht. Es ergaben sich folgende Zahlen 6,38, 6,41, 6,41, 6,24. Die p(~') yon frischer Ziegen- milch scheint sich demnach in ~ihnlichen Grenzen zu bewegen, wie die der Kuhmilch.

Zusammenf&ssung der Ergebnisse .

Die Hauptergebnisse unserer Arbeit fassen wir kurz, wie folgt, zusammen:

1. Die C(rI.) frischer, normaler Milch liegt bei pCw) 6,3--6,6.

2. Bei der S / i u e r u n g u n g e k o c h ~ e r Mi l ch steigt die C(Et.) innerhalb der ersten 3 Stunden etwas an, bleibt dann liingere Zeit auf derselbon H5he stehen, um dann langsam, nach Beendigung des Inkubationsstadiums schneller anzusteigen. Eine Parallelitfit zwischen C(H') und S/turegrad ist meistens nicht vorhandcn.

3. Die einfache A l k o h o ] p r o b e steht in nahem Zusammenhang zur C(a-); bei normaler, ungekochter Milch wird bei einer p(rr) 6,6 die einfache Alkoholprobe nicht mehr ausgehalten. Die doppelte Alkoholprobe wird bei einer p(rI.) 6,35 gewShnlich nicht mehr ausgehalten, doch bietet sic kein sicheres Kritcrium ffir eine zersetzte Milch, da cs auch vorkommt, dal~ bei ganz frischer Milch die doppelte Alkoholprobe nicht mehr ausgehalten wird.

4. Die A l i z a r o l p r o b e ist eine Kombination der Alkoholprobe mit der kolorime- trischen Bestimmung von p(H.). Die Werte von p(H.) der yon M o r r e s angegebenen Farbenskala wurden ermittelt. Wird eine Austlockung beobachtet bei einer C(r~-), die niedriger liegt, als die normaler Milch, so l{iliit sich auf eine Milch schlielilen, die neben saueren Bestandteilen auch alkalische Zersetzungsprodukte aus EiweiSkSrpern enthifit.

5. Dutch Messung der C(rl.) konnte gezeigt werden, dal~ das W c s e n der S~ure f r i s c h e r M i l c h bedingt wird durch saute Phosphate, und zwar wird die S/iurc frischer Milch bewirkt dutch Mischung yon etwa 35 °/o sekund/irem und 65 °]o primarem Phosphat.

6. In g e k o c h t e r M i l c h liegen im allgemeinen die Verh/iltnisse iihnlich wie in frischer, mit dem Unterschied, daft die S~iuerung langsamer eintritt, indem" in tier durch Erhitzen von Milchs/iurebakterien freien Milch erst spiiter eine nachtr/igliche Infektion mit Milchsiiurebakterien eintritt, sodaB die Milchs~ureg£rung erst sp~ter ein- setzt. In einer Milch, die so behandelt wurde, daI~ eine nachtriigliche Infektion mit Milchs~urebakterien nicht m6glich war, verlief die Zersetzung anders, und zwar im Sinne der yon M o r r e s angedeuteten alkalischen Zersetzung. Die pCH') lag niedriger, als bei frischer, gewShnlicher Milch.

7. Bei n e u t r a l i s i e r t e r M i l c h licgt die p(H.) im allgemeinen etwas hSher als bei gew6hnlicher Milch, indessen ist die Differenz so gering, dab die Messung der p(m) ffir einen Nachweis neutralisierter Milch praktisch nicht in Frage kommt. I-Iingegen lal~t die h6here Leitf~ihigkeit bei normalem S~uregrad darauf schliei~e.n, daft neu- tralisierte Milch vorliegt, wenn nicht die Milch von kranken Tieren stammt.

N. ~o. 3

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34 It. Sche l lbach und Fr. B o d i n n s , [Zeltsehr. f. Un~ersuchung [d. Nahr.- u. Genui~mittel.

8. K o n s e r v i e r u n g s m i t t e l ver~ndern die C(H.) der Milch nieht oder nur wenig. Die Wirkung der Konservierungsmittel auf die Haltbarkeit der Milch war bei Sublimat, SenfS1, Kaliumbichromat und Formalin am grSl~ten.

9. E n t r a h m u n g und W i i s s e r u n g waren ohne Einflug auf die C(H') der Milch. Wahrend aber im allgemeinen die Leitf~higkeit der Milch durch Wi~sserung sinkt, konnte gezeigt werden, daI~ hartes und sehr salzreiches Wasser die Leitfiihigkeit sogar etwas erhShen kann.

10. Die zur Milchuntersuchung hergestellten S e r e n zeigten folgende (mittlere) Werte von p(H')

Essigsaureserum . . . . . . . . . . 4,80 nach Reich . . . . . 4,90

Chlorcalciumseram . . . . . . . . . 5,71 Tctraserum I . . . . . . . . . . . 3,23

, II . . . . . . . . . . . 3,36

11. Von den E n z y m e n ist gegen elne Steigerung der C(H'I die Reduktase am empfindlichsten, am wenigsten empfindlieh die Katalase; die Oxydase steht etwa in der Mitte zwischen beiden.

12. Die C(H') von K o 1 o s t r a 1 m i 1 c h seheint, entsprechend dem hohen SRuregrad, hSher zu liegen, stellt sich aber schnell auf einen normalen Wert ein. Abnorm zusammengesetzte Milch infolge yon Krankheit der Tiere scheint keine abnorme p(H-) ZU besitzen. G e b r o e h e n e s M e l k e n hat keinen Einfluf~ auf die p(H'). Die p(H.) frischer Z i e g e n m i l c h seheint sich in iihnliehen Grenzen zu bewegen wie bei Kuhmileh.

Uber Vanillin-Erzeugnisse. Von

H. Sehellbaeh und Fr . B o d i n u s .

Mit te i lung aus dem St~idtischen Untersuchungaam~ Bielefeld.

[Eingegangen am 26. Mai 1920.]

Zur Erghnzung unserer VerSffentlichungen 1) fiber Vanilllnzueker haben wit noeh eine Reihe yon Versuchen fiber die Flfiehtigkeit yon Vanillin in Zuckermischungen und Mehlmischungen ausgefiihrt und geben die Untersuchungsbefunde in nachstehenden Tabellen wieder.

Die Vanillin-Mischungen wurden yon uns, naeh vorhergehender Prfifung des Vanillins auf Reinheit, selbst hergestelit und in Vanillinzuckerbeute], die uns yon einer hiesigen Firma in ausreiehender Menge freundliehst zur Verfiigung gestellt wurden, in Mengen zu je 10 g abgepaekt. Die Angaben fiber die Aufbewahrung bedeuten:

K a l t u n d f e u c h t : Die Packungen wurden in einem wfi~Lrend des ganzen Winters nicht geheizten Raume bei einer etwa zwisehen 3--70 schwankenden Temperatur aufbewahrt, wegen der fehlenden tteizung war der Raum ziemlich feucht, jedoch war die Feuchtigkeit nicht derart, dab die Packungen infolge Feuchtigkeit irgendwelche wahrnehmbaren Ver~nderungen erlitten.

~) Diese Zeitschrift 1918, 86, 187 und 1919, 88, 292.