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XXI. Aus dem Pharmakologischen Institut in Ziirich. Uber die Wirkung der Kationen Ca, Mg, St, Ba, K und ~a bei intrazerebraler Injektion. (Beitrag zur Genese yon Schlaf und Erregung.) Von ~I. Clo0tta und It. Fischer. (Mit 4 Abbildungen und 2 Kurven.) (Eingegangen am 23. X. 1930.) Durch die Untersuchungen yon D e m o 1 e 1) im hiesigen Institut war festgestellt worden, da6 die intrazerebrale Injektion von etwa 1 mg CaC12 in die Infundibulargegend yon Katzen regelm~6ig einen Zustand hervorrief, der dem des natiirlichen Schlafes entsprach und andererseits KC1 am gleichen Ort appliziert in der Dosis von 1--2 mg starke Er- regungserscheinungen auslSste. Es war daher gegeben diese wichtigen Tatsachen weiter zu verfolgen. Wir haben in den letzten 3 Jahren nach allen Richtungen den Zusammenhang zwischen Schlaf und Erregung einerseits und Ionenverschiebung andererseits weiter studiert und hoffen in absehbarer Zeit trotz den enormen Schwierigkeiten, die sich im Verlauf der Untersuchungen immer aufs ~eue einstellten, doch zu einer be- friedigenden Auffassung und Erkl~rung dieser Vorg~nge zu gelangen. Da sich bei den erwahnten Versuchen yon Demole ergab, da] Ca und K in einem auffallenden Antagonismus zueinander standen und dat] nur eine bestimmte zirkumskripte Stelle fiir diese scheinbar spezi- fische Wirkung der beiden Kationen in Betracht kam, so mu6te zuerst einmal festgestellt werden, wie sich an@re Kationen bei der intra- zerebralen Injektion verhalten und ob fiir deren eventuelle Wirkung auch nur jener begrenzte Bezirk des Gehirnes in Betracht kommt. 1) Dieses Archiv 1927, Bd. 120, S. 229.

Über die Wirkung der Kationen Ca, Mg, Sr, Ba, K und Na bei intrazerebraler Injektion

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XXI.

Aus dem Pharmakologischen Institut in Ziirich.

Uber die Wirkung der Kationen Ca, Mg, St, Ba, K und ~a bei intrazerebraler Injektion.

(Be i t rag zur Genese yon Schlaf und Erregung. )

Von

~I. Clo0tta und It. Fischer.

(Mit 4 Abbildungen und 2 Kurven.) (Eingegangen am 23. X. 1930.)

Durch die Untersuchungen yon D e m o 1 e 1) im hiesigen Institut war festgestellt worden, da6 die intrazerebrale Injektion von etwa 1 mg CaC12 in die Infundibulargegend yon Katzen regelm~6ig einen Zustand hervorrief, der dem des natiirlichen Schlafes entsprach und andererseits KC1 am gleichen Ort appliziert in der Dosis von 1--2 mg starke Er- regungserscheinungen auslSste. Es war daher gegeben diese wichtigen Tatsachen weiter zu verfolgen. Wir haben in den letzten 3 Jahren nach allen Richtungen den Zusammenhang zwischen Schlaf und Erregung einerseits und Ionenverschiebung andererseits weiter studiert und hoffen in absehbarer Zeit trotz den enormen Schwierigkeiten, die sich im Verlauf der Untersuchungen immer aufs ~eue einstellten, doch zu einer be- friedigenden Auffassung und Erkl~rung dieser Vorg~nge zu gelangen.

Da sich bei den erwahnten Versuchen yon Demole ergab, da] Ca und K in einem auffallenden Antagonismus zueinander standen und dat] nur eine bestimmte zirkumskripte Stelle fiir diese scheinbar spezi- fische Wirkung der beiden Kationen in Betracht kam, so mu6te zuerst einmal festgestellt werden, wie sich an@re Kationen bei der intra- zerebralen Injektion verhalten und ob fiir deren eventuelle Wirkung auch nur jener begrenzte Bezirk des Gehirnes in Betracht kommt.

1) Dieses Archiv 1927, Bd. 120, S. 229.

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Versuche an Ratten .

Um an einem leichter zug~nglichen Material zuerst eine allgemeine Orientierung zu erhalten, haben wir unsere Versuche an Ratten be- gonnen und sp/~ter an anderen Tieren weitergefilhrt. Wir gingen in der Weise Yor, dal~ in ~thernarkose raseh dureh Hautschnitt das Sehiidel- daeh freigelegt und im hinteren Winkel zwischen L/~ngs- und Quernaht des Seh/~dels beiderseitig eine kleine Offnung gebohrt wurde. Durch dieselbe wurde die feine Hohlnadel (Nr. 18) einer Tuberkulinspritze eingeftihrt, wobei zum voraus eine Marke an der I~adel 8--9 mm von der Spitze entfernt angebraeht war. Hat diese Marke die/iul]ere Schadel- deeke erreieht, so befindet sich die Spitze etwa 1 mm fiber der Hirnbasis. Dieses Vorgehen ist empfehlenswerter als zuerst die l~adel bis zur Basis durchzusteehen und dann um 1--2 mm zurfickzuziehen, well man so, die Reizung der basalen Meningen vermeidet. Um das Auslaufen von Flfissigkeit w/ihrend der Einfiihrung der Nadel zu verhindern, war der Stempel der Spitze durch einen kleinen Gummiring arretiert. Es braucht natiirlich viel Ubung, umbei den kleinen Verh/iltnissen die I~adel so zu dirigieren, da6 sie speziell bei den basalen Injektionen genau in den eng: umgrenzten Bezirk des Infundibulums gelangt. Um die anatomisehe Kontrolle ausfilhren zu kSnnen, war die Injektionsfliissigkeit mit Kongo- rot gef/irbt, so dal] an den in Formalin geh~rteten Gehirnen die Lokali- sation des Stiches verfolgt werden konnte. Unter etwa zehn versehic- denen Farbstoffen hat uns Kongorot die besten Resultate ergeben. Die Mischung des Farbstoffes mit der SalzlSsung daft aber erst un- mittelbar vor der Injektion erfolgen, well einzelne Kationen denselben nach kurzer Zeit ausfiocken und dadurch die Kaniile verlcgt wird. Dutch besondere Kontrollen haben wir uns fiberzeugt, da6 die KongolSsung wie wir sie verwendeten als solehe keinerlei Wirkung ausfibt. Die In- jektion wurde in der Regel beiderseitig gemaeht, wobei auf jeder Seite 1/5o--1/so ecru eingespritzt wurden. Um aueh nach der Athernarkose jede stSrende sensible Reizung auszuschalten, wurde die kleine Wunde mit NovokainlSsung befeuchtet. Etwa 3--5 Minuten nach der Injektion hatte sich das Tier yon der kurzen ~thernarkose vSllig erholt undes konnten die Wirkungen der Injektion an ihm Studiert werden. Nach Beendigung des Versuehes wurden die Tiere durch Chloroformnarkose getStet und die Gehirne in Formalin eingelegt.

Calcium.

AnschlieBend an die Ergebnisse yon Demole haben wir mit CaCI 2 unsere Versuche begonnen, um festzustellen, ob die an Katzen so typische

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Schlafwirkung sich auch bei Ratten durch die Infundibularinjektion hervorrufen lassen. Wit geben hier drei Protokolle wieder, die wegleitend sind ftir den Gang und die Resultate der Versuche.

Tier 5Tr. 24. Ratte, 170 g Gewicht. Beidseitig in Infundibulargegend je 1/5 o ccm einer

0,5~ CaC12.LOsung = 0,1 mg CaCl~. 2 Minuten nach der Injektion erwacht das Tier aus dem ~therrausch, legt sich aber sofort auf die Seite und sehli~ft ein. In den ni~chsten 5 Minuten vertieft sich der Schlaf, durch stiirkere Reize ist das Tier immer wieder erweckbar, verf~llt aber sofort wieder in Sehlaf. 5Taeh 1 Stunde nimmt die Weckbarkeit zu, nach 11/3 Stunden erwacht das Tier, setzt sieh auf, l~uft herum, keine Li~hmungserscheinungen.

Sektion: Rechter Stich endigt am vorderen Rand des Infundibulums, 1 mm fiber der Basis, 1 mm lateral vom Medianspalt. Linker Stich endigt am hinteren Rand des Chiasmas, ] mm fiber der Basis, 1/~ mm lateral vom Medianspalt, keine Blutungen.

Tier 5Tr. 3. Genau die gleiehe Injektionsteehnik wie im vorhergehenden Versuch.

Das Tier erwacht aus der ~thernarkose im Verlauf yon 5 Minuten nach der Injektion, setzt sich auf, geht herum, ist empfindlich ftir leiehte Reize, zeigt gegenfiber einem normalen Tier nur eine gewisse Tr~gheit. Sektion: Beide Stiche 4 mm vor dem Infundibulum am vorderen Ende des Chiasmas, 1 mm yon der Basis und vom Medianspalt endigend, keine Blutung.

Tier 5Tr. 6. Genau gleiche Injektionstechnik wie bei Tier 5Tr. 4. Verlauf i~hnlich wie

bei Nr. 3, kein Sehlafzustand. Sektion: Beide Stiche 3 mm hinter dem Infun- dibulum, keine B]utung.

Auf der untenstehenden Abb. 1 sind die Richtungen der Stiche angegeben. Aus dem Verlauf der drei beschriebe~en Experimente ergibt

r s ich, da6 die CaC12:Injektion einen t y p i s c h e n ! , r �9 b Schlafzustand dann zur Folge hat, wenn sie in die ' ' , ni~chste Umgebung des Infundibulums gemacht ~"+ wird, da6 dagegen ein Halbkreis mit einem

Radius von etwa 2 mm um das Infundibulum herum eine Zone angibt, au6erhalb welcher die Injektionen unwirksam sind. Diese Feststellung

InfundibularSffnung basiert nattirlich nicht etwa nur auf den erwiihnten Abb. 1. a = richtiger drei Experimenten, sondern ist das Resultat der Stich, b~--zuweit bin- Symptomatologie und Obduktion yon 25 weiteren ten, c=iiberChiasma. Tieren, die in der gleichen Art behandelt worden

waren. Erreicht die Injektion die unmittelbare 5Tahe des Infundibulums, so folgt darauf stets ein typischer Schlafzustand yon 1/2--11/2 Stunden

Uber die Wirkung der Kationen Ca, ~Ig, Sr, Ba, K und ~Na usw. 257

Dauer. Dagegen ist bei manchcn Tieren nach dem Aufwachen das Verhalten kein vSllig normales, indem eine gewisse Tri~gheit zuriiek- bleibt. Wahrseheinlieh wtirde eine genaue mikroskopisehe Untersuehung des Gehirns uns die Ursache hierftir im Vorhandensein kleiner Ver- letzungen bestimmter Stellen ergeben. Fiir uns handelte es sich zu- ni~ehst nut datum festzustellen, dal~ die intrazerebrale CaCl2-Injektion bei Ratten in der Dosis yon 0,1 mg Schlaf verursacht, vorausgesetzt, dal~ die beschriebene Lokalisation innegehatten wird.

Wir haben dann auch versucht festzustellen, ob die einseitige In- jektion mit der erwi~hnten LSsung zur Sehlaferzeugung geniigt. Sowohl bei der Injektion aui der reehten wie aUf der linken Seite ist dies ge- lungen, aber die Lokalisation mu$ dann sehr exakt sein und die Schlafdauer und Tiefe ist )veniger ausgesprochen als bei der doppel- seitigen, tiber die quantitative Seite dieser Frage kSnnten nur grol~e Serienversuche mit mikroskopisehen Befunden genauen Aufschlul3 erbringen.

Wit haben im ferneren festzustellen versucht, welche Konzentration der CaC12-LSsung die besten Resultate ergibt. Dabei zeigte sich, dal3 eine LSsung yon 0,25% bei beiderseitiger Injektion in die Infundibutar- gegend in der Menge yon je 1/s o ccm eben noch die typische Sehlaf- wirkung hervorruft, abet nur fiir die Dauer yon 10--]5 Minuten. Hierbei sind die Tiere dutch allerlei Reize leicht erweckb~rr, legen sigh aber sofort wieder auf die Seite. Wit ktinnen also diese Dosierung als die untere Grenze ftir das Eintreten eines Erfolges bezeiehnen. Verwendet man eine LSsung yon 0,5 % CaClz in der Dosis yon 1/5o--1/s o eem beiderseitig, so zeigen bei richtig plazierter Injektion alle Tiere ausnahmslos den ty- pisehen Schlafzustand, eharakterisiert dutch Seitenlage, SchlieSen der Augen, starke Herabsetzung des Muskeltonus, vSllige Ruhigstellung der Sehnauzhaare, stark verlangsamte Atmung aber sie sind stets vortiber- gehend weckbar dureh allerlei Reizel). Die Abwehrbewegung auf Kneifen ist etwas trigger als normal. Bei einer Konzentration von 1,0% und glei- eher Injektionsart ist der Schlaf entsehieden tiefer, die Weekreize mtissen vie1 starker sein, die Erschlaffung der Muskulatur ist sehr ausgesprochen. Bei dieser Dosis kommt es ab und zu vor, dal~ im Verlauf des Sehlaf- zustandes die Atmung oberfli~ehlieh wird und plStzlieh ganz still steht, wi~hrend das Herz noch kri~ftig welter sehli~gt. Durch ktinstliche Atmung gelingt es einen Teil dieser Tiere iiber das kritische Stadium hinweg

1) Unter ~Reize~ verstehen wir bei Ratten alas Beriihren des Ohrinnern mit einem Faden, das Fassen der Haut mit einer Pinzette, das Drticken der Ffote oder des Schwaazes zwisehen den Fingern.

Archly f. experiment. Path. u. PharmakoI. Bd. 158. 17

258 XXL M. CLOi~T'ra uncl H. FISCUE~. :

zu bringen, einzelne sind uns aber an Atmungslghmung gestorben. Bei einer Konzentration von 2?/o CaC12 ruft die Injektion fast sofortige Narkose hervor, die Sensibilit~tt ist aufgehoben, die Mehrzahl der Tiere geht nach versehieden grol~en Intervallen an Atmungslghmung zugrunde, wobei stets das Herz naeh Aussetzen der Atmung anf~tnglieh noeh krgftig weiter schlgtgt. Gelingt es, ein solches Tier doeh durehzubringen, so dauert dert iefe Sehlafzustand etwa 2 8tnnden. Bei noch hSheren Konzentrationen trJtt der Atemstillstand bei kompletter allgemeiner Lghmung sehr rasch ein (2--5 Minuten nach der Injektion).

Wir kSnnen also a~s diesen Versuchen den 8chluf~ ziehen, dab die CaCle-Injektion in die Infundibulargegend ]e naeh der Konzentration der LSsung einen leiehten Sehlaf bis zu allgemeiner Narkose mit Atem- stillstand hervorzurtlfen vermag. Irgendwelehe Erregungssymptome wurden bei dieser Injektionsart hie beobaehtet.

Ansehlie6end haben wir das Verhalten tier Tiere bei CaCle-Injek: tionen in andere Gehirnpartien untersueht. Anf~nglieh waren die Resul- tate hierbei ziemlieh ungleieh. Wie die Sektionen ergaben, war dies darauf zurfiekzufiihren, dab die Rinde bei den Ratten sehr wenig ent- wickelt ist und man bei den Injektionen in das Vorderhirn oder den Schlgfenlappen sehr leicht bereits in das Gebiet der groBen Kerne gelangt. Naehdem wir diese Fehlerquelle erkannt haben, gelang es dutch be- stimmte Nadelfiihrung zuverlgssig die Injektionen entweder nur in die gin@ oder in die Kerne auszuftihren.

Die Injektionen yon 0,5% CaC12 in die Rinde des Vorderhirns oder des Schlgfenteils in der Menge yon 1/5o--1/s o Gem hatten nie einen typischen Sehlafzustand zur Folge. GewShnlieh reagierten die Tiere tiberhaupt nieht auf diese Injektion, d. h. 5 Minuten naeh dem Erwachen aus der ~thernarkose waren sie wieder vSllig normal mit Ausnahme der kleinen StSrungen, die bei einer Reihe von Tieren dureh die meeha- nisehe Stiehverletzung an und ftir sieh hervorgerufen wird. Dureh Kontrollen mit Leerstiehen ohne Injektion oder Einspritzung yon 9% o NaC1-LSsung haben wit uns tiberzeugt, dab die im Verh~tltnis zur Klein- heit des Gehirns doeh betrgehtliehen Verletzungen dureh die feine l~adel allerlei kleine motorisehe oder allgemeinere Symptome bedingen, die sieh aber immer gut unterseheiden lassen von den typisehen Ca-Ionen- wirkungen. Bei Injektion yon l%iger CaC12-LSsung in die erwghnten Rindengebiete tritt oft Bin leiehter Erregungszustand auf mit Hyper- sensibilitgt und Tonussteigerung tier Muskulatur; in der Regel ist die Erholung eine rasehe. Bei Konzentrationen bis zu 2,5% CaC!e ist das Bild ghnlieh, die l~bererregbarkeit ist dabei oft sehr deutlich, eine

l~ber die Wirkung der Kationen Ca, Mg, Sr, Ba, K und Na usw. 259

Beeintr~ehtigung der Atmung haben wir night beobaehtet, w~hrend diese Konzentration, wie erw~hnt, im Infundibulargebiet sigher eine Atmungsl/~hmung hervorruft. Wir konnten auch keinen Untersehied prinzipieller Natur zwisehen den Injektionen in das Vorderhirn oder den Sehl/~fenlappen beobaehten, die vielerlei Variationen der Symptome h~ngen sigher mit den Stiehverletzungen zusammen. Als Beispiel mSgen folgende Protokolle dienen.

Protokoll Nr. 104. Ratte, 120 g Gewieht, erh~lt in die Rinde beider Vorderhirne je 1/s o eem

einer 2,5% igen CaC12-LOsung. Keine AtemstSrung, naeh 3 Minuten beginnende Zunahme der Erregbarkeit bei Reizen, aueh ab und zu spontane Zuekungen, keinerlei Sehlaf. Naeh 20 Minuten Erholung, 4 Stunden sparer reehts und links in die Infundibula,rgegend je 1/so ecru einer 0,5%igen CaCl~-LSsung. Sofort Seitenlage, Augen gesehlossen, Atmung verlangsamt, Sensibilit~t herab- gesetzt, aber auf Reize reagierend, Muskulatur ersehlafft. Sehlafdauer 20 Minu- ten. Bei der Sektion erwiesen sieh alle vier Stiehe riehtig plaziert.

Protokoll Nr. 99.

Ratte, 189 g Gewicht. In beide Sehl~fenlappen je 1/s o eem einer 2,5%igen CaC12-LSsung: Vorfibergehend etwas Dyspnoe, dann zunehmende Erregung, erhShter Tonus der Nuskulatur, Zusammenkauern, ab und zu ein Sprung in die HShe. Naeh I Stunde in beide Infundibulargebiete je 1/80 ecru einer l~ CaCl2-LSsung. Sofort tiefer Schlaf, tr~ige Re~ktion auf sensible Reize, nacb 5 Minuten zunehmende AtemstSrung, nach 7 Ninuten Atemstillstand bei guter Herzthtigkeit. Die Sektion ergab, dab die SehlSfenstiehe in der Rinde saf~en, die Basisstiehe genau auf das Infundibulum geriebtet waren, 1/2 mm yore Medianspalt lateral.

Wesentlieh anders ist das Bild, wenn die Injektion die Kerne im Gebiet des Vorderhirns oder Sehlhfenlappens erreieht oder den Seiten- ventrikel. Bei sehwaehen Konzentrationen his 1,5% waren die Sym- ptome gering, bei st/~rkeren treten neben L/~hmungen auch Erregungs- zust/inde auf. Dagegen wurde zweimal auch bei diesen Lokalisationen Tod dureh Ateml/~hmung beobachtet. Nur dureh ein grolges VergMeh s- material mit genauer anatomischer Untersuchung liege sigh bei dieser Art der Injektion feststellen, was speziell Ca-Ionenwirkung ist und was auf eine allf~llige Stiehverletzung zuriiekzufiihren ist.

S t r o n t i u m .

Als dem Ca sehr nahestehend in der biologischen Wirkung wird das Strontium betrachtet. Wir haben deshalb, namentlich auch mit Riicksicht auf die yon mancher Seite empfohlene therapeutische An-

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260 XXI. M. CLOETTA und H. FISCHER.

wendung von SrBr,2 an Stelle yon NaBr auch mit diesem Ion Injektions- versuche ausgefiihrt.

Werden in die Infundibulargegend beiderseitig je x/s o ccm einer l~oigen SrC12-LSsung eingespritzt, so zeigt das Tier zungchst eine seheBkartige Wirkung, die aber schon nach 2--3 Minuten vortibergeht~ In der Regel stellt sieh nachher eine Steigerung der Erregbarkeit ein, und zwar nieht nur auf Reize hin, sondern es kommt aueh zu spontanen Muskelzuckungen und leiehteren allgemeinen Krampfanfhllen, die Atmung ist dabei fast nie gestOrt. Die Symptome lassen in der Regel naeh 10 1Viinuten nach, aber die Tiere erholen sieh nur sehwer wieder vollstgndig. Es bleibt noch ziemlieh lange eine Steigerung der Reflexe zuriiek, die in einzelnen Versuchen fast an leiehte Stryehninwirkungen erinnerte. Bei hSheren Konzentrationen von 2--6~o SrC12 treten dann die Lghmungserseheinungen immer mehr hervor, so dab z. B. bei In- jektion einer 6%igen LSsung schon in 2 Minuten der Atemstillstand eintritt. Bei 3- und 4%igen LSsungen war eine eigentiimliche Misehung von Erregung und Lghmung vorhanden, es wurden auch einzelne Sehlaf- odor Narkosezust~nde beobaehtet, aber dieselben waren hie so klar und einheitlieh wie bei Ca-Injektionen. Man hat den Eindruek, dab dem Sr trotz einer gewissen Verwandtschaft zum Ca doch viol mehr toxisehe Nebenwirkungen zukommen, die sich namentlieh in den Erregungs- symptomen guBern. In bezug auf die Atmung ist alas Sr viol weniger toxiseh als das Ca, offenbar hgngt das mit der erregenden Komponente seiner Wirkung zusammen. Auch die Reversibilit~t der Wirkung ist nieht so regelmg6ig, was vielleicht mit der notwendigen stgrkeren Konzentration der LSsungen zusammenh~ngt. Wit kSnnen auf Grund dieser Versuche das Sr nicht als Bin Ion betraehten, dessert Injektiou in das Infundibulargebiet einen typischen Sehlafzustand hervorruft.

Unter diesen Umstanden hatte eine genauere Prtifung, wie sich an@re Gehirnstellen gegeniiber dem Sr verhalten, fiir uns keinen groBen Wert. Wir stellten lediglich lest, dab selbst Injektionen yon 6%igen LSsungen beiderseitig je 1/s o cem in die Vorderhirnrinde yon drei Tieren gut ertragen wurde, wobei aueh wieder die Misehung von vortiber- gehender L~hmung mit naehfolgender Erregung beobaehtet wurde. Wurden beider Injektion die Kerne getroffen, so schien die Erregung eher noch stgrker, sic trat aber ziemlieh sp~t auf, d. h. etwa 20 MJnuten nach der Injektion.

Offenbar besteht also zwisehen dem kOrpereigenen Ion des Ca und dem kOrperfremden Sr Bin deutlieher Unterschied in der Wirkung.

L~ber die Wirkung der Kationen Ca, Mg, Sr, Ba, K und Na usw. 261

Bsrium.

Systematische Untersuchungen tiber die Wirkung des Ba-Ions auf das Zentralnervensystem haben wir in der Literatur nieht gefundenl). Schon bei den ersten diesbeztigliehen Experimenten waren wit iiber- rascht vonder konstanten typischen Wirkung, die sich stets in einer hochgradigen Erregung iiu6erte, wobei es ziemlich gleiehgtiltig war, an weleher Stelle das Ba eingespritzt wurde. Dabei erwies sich aueh in quantitativer Hinsieht das Ba bedeutend wirksamer als Ca und Sr in dem schon beidseitig je 1/s o cem einer 0,05%igen LSsun.g--~ 0,0125 mg BaC12 eine typische Wirkung bedingt. Im allgemeinen verliiaft der Versuch folgenderma6en: Sofort nach der Injektion in das In- fundibulargebiet besteht ein Zustand kompletter L~ihlnung, der zum Teil wohl noeh auf die ~thernaehwirkung zurtiekzufiihren ist. Die Liihmung weieht im Verlauf yon 2--5 Minuten und nach einem Intervall yon 5--8 Minuten post injeetionem treten die eharakte- ristischen Erregungssymptome hervor. Diese iiul~ern sich in zu- nehmendem Tonus der ganzen Muskulatur, dann kommt ein rein oder grobsehliigiger Tremor, die Schnauzhaare sind i n starker Be- wegung, es treten Zuekungen in einzelnen Muskelgruppen auf und hiiufig allgemeine Konvulsionen. Bis zu diesem Punkt halt das Tier meist noch Seitenlage ein, dann maeht es mitunter starke Spriinge vorwiirts oder in die HShe. Die Atnmng ist beschl(~anigt, die Reflexe gesteigert. Charakteristisch ftir diese Ba-Wirkung ist die lange Dauer, denn nach einer einzigen Injektion yon 1/lOO--2/lOO mg kann die f]bererregung stundenlang andauern. Eine Atmungslhhmung haben wir nieht beobaehtet, aueh Dosen Yon beiderseitig je 1/s o ccm einer 0,7~oigen LSsung wurden noeh ertragen, wobei dann allerdings die Kriimpfe sehr heftig sein kSnnen, so dab wir sie mit Chloroform unterdrtiekt haben.

Angesichts dieser ausgesprochen gegensiitzlichei1 Wirkung des Ba gcgeniiber denl Ca sehien es interessant festzustellen, inwieweit die beiden Ionen sieh in ihrer Wirkung aufzuhebeu vermSgen. Wir haben dabei bald das BaC12 zuerst eingespritzt und nach Auftreten der Er- regungssymptome CaC12, oder'wir haben das Tier zuerst dureh eine Ca-Injektion ins Infundibulumgebiet in Schlaf versetzt und dann hier oder an anderer Stelle im Gehirll Ba eingespritzt. Als Beispiel seien die folgenden Versuche erw~hnt:

1) Erst naeh Abschlul3 dieser Untersuchungen erschien die Arbeit you Bun-ichi Hasuma. Dieses Archiv 1930, Bd. 153~ S. 291.

2 6 2 XXI. ~ . CLOETTA nnd H. FISCHER . . . . .

Protokol l ~r. 69. Ratte, 220 g Gewicht, erh~lt beidseitig in Infundibulum je 1/s o cem einer

l~ LSsung yon CaC12. Sofort typischer Schlafzustand bei erhaltenen Reflexen. 5 Minuten sp~ter an gleieher Stelle beidseitig je 1/s o ccm BaC12: 1%ig. Zun~chst eher Vertiefung des Schlafzustandes; 5 Minuten naeh der zweiten Injektion wird die Atmung raseher, die Sehnauzhaare fangen an sieh zu bewegen, 15 Minuten sp~ter einzelne Muskelzuekungen~ Zittern, Reflexe gesteigert, nach und nach Auftreten yon Konvulsionen. Eine erneute In- jektion yon CaC12 bringt sofort alle Kr~mpfe und Zuckungen zum Versehwinden, dagegen bleibt der erhShte Muskeltonus bestehen. ~aeh etwa 15 Minuten Ruhe kehren die Kr~mpfe zurtick; das Tier wird mit Chloroform get6tet.

Pro tokol l ~'r. 112. Ratte, 173 g Gewieht. In Vorderhirnrinde je I/s o cem einer 0,1%igen

BaC12-LSsung, Naeh 4 Minuten Zunahme des Muskeltonus, hierauf Infundi- bularinjektion yon je 1/s o eem einer 0,5%igen CaCl2-LSsung. Sofort Sehlaf- zustand, Seitenlage, Tonusabnahme. Nach 8 Minuten zeigt sich bei Fort- dauer des Schlafzustandes eine ZLmahme des Tonus der :~Iuskulatur, die Sensi- bilitat ist gesteigert, es tritt Zittern auf, abet keine Kr~mpfe. Das Tier erholt sich vollst~ndig im Verlauf yon 2 Stunden.

Der zuletzt .erwahnte Fall ist der Typus ftir das baste therapeutisehe Resultat, das wit nlit Ca erreiehen konnten. 2qie ist as uns gelungen die Ba-Wirkung vSllig zu unterdrticken dutch Ca, immer ist mindestens eine ErhShung des Muskeltonus geblieben. Ubereinstimmend mit der sehon erw~hnten langen Dauer der Ba-Wirkung ist as wohl gelungen durch Ca-Injektionen ftir 10--20 Minuten die Zuekungen vSllig zu unterdriieken, aber immer wieder kamen dieselben naeh Ablauf der Ca- Wirkung erneut zum Vorsehein. Wit haben alle mSgliehen Variationen versueht, auch in bezug auf die Dosierung. Dabei zeigte sich die ja nieht iiberraschende ~ratsaehe, dal3 Tiere, welche dutch Ba-Injektion ins Vorderhirn in starker Erregung sieh befanden, grSgere Ca-Dosen ins Infundibulum ertragen, als normale Tiere, ohne Atmungslahmung zu zeigen. Wir konnten einmal 2,5%ige CaC12-Ltisung einspritzen, tIShere Konzentrationen verursaehten aber aueh bei diesen Tieren in etwa 5 Minuten Ateml~hmung, wobei dann allerdings die Ba-Wirkungen in diesem kurzen Interval1 fast komplett unterdrtickt waren. Da as abet fraglich ist, ob man bei der tiefen kurzdauernden Narkose, die man mit Injektionen yon 3%igen LSsungen yon CaC12 erzielt, von einer vSlligen Unterdrtickung der Ba-Wirkung vor Eintritt der Ca-Ateml~hmung spreehen darf, wobei a11erdings auch der Tonus gesehwunden war, so mSehten wit im Prinzip an der nicht vSlligen Aufhebbarkeit der Ba- Wirkung dutch Ca festhalten, da eben die v(illige Unterdrtickung nur mit letalen Dosen yon Ca mSglieh ist.

Uber die Wirkung der Kationen Ca, Mg, Sr, Ba, K und lga usw. 263

Es stehen diese Beobachtungen scheinbar in einem Gegensatz zu der allgemeinen Regel, dab Erregungen durch Li~hmungen leichter aufz~heben sind als umgekehrt. In diesem Falle kommt offenbar dem Zeitmoment eine groBe Bedeutung zu: die Ca-Wirkung ist, wie bereits betont, zeitlich beschri~nkt, well reversibel, die Ba-Wirkung dagegen sehr lange fortdauernd, so dab schon aus diesem Grunde die Ba-Erregung immer wieder zum Durchbruch kommen muB.

Magnesium.

Wir hatten eigentlich bei der ausgesprochenen Neurotropie des Mg-Ions, wie wir sie yon der ~ntravenSsen und subkutanen Injektion her kennen, erwartet, dal3 bei diesen Versuchen die Ergebnisse klar und einheitlich i~usfallen werden; das war aber durchaus nicht der Fall. Ganz besonders erschwerend ftir die Beurteilung der Zusthnde nach intrazerebralen MgCle-Injektionen war der Umstand, dab diese Injek- ~ionen im Gegensatz zu den bisher besprochenen Kationen auffallend hi~ufig Blutungen verursachten. Fast bei der Hi~lfte der Versuche konnten wir bei der Sektion des Gehirns grSBere oder kleinere Blutungen ieststellen, so da6 es in diesen Fi~llen unmSglich war zu entscheiden, was yon den funktionellen Veri~nderungen auf die Blutung und was auf die Mg-Wirkung zuriickzufiihren war. Es werden im folgenden nur die F~lle besprochen, bei denen keine Blutung festgestellt wurde.

Werden konzentrierte LSsungen yon MgC12 (7,5--10%) in der Menge yon 1/40 ccm beiderseitig in die Infundibulargegend eingespritzt, so tritt innert weniger Minuten der Tod in !Narkose durch Atemli~hmung ein. Bei einer Konzentration von 5~ und je 1/5 o ccm beiderseitig ein- gespritzt sind die Resultate schwankend, indem auch hier bei der Mehr- zahl der Tiere innert etwa 3 Minuten Narkose und Tod durch Atem- l~ihmung eintrat, nut wenige Tiere iiberstandcn diese Dosis. Bei diesen wurde ein narkoseartiger Zustand beobachtet, der etwa 10 Minuten dauerte, w/~hrenddessen alle Reflexe aufgehoben waren. 1Nach dieser Zeit kehrte die Sensibiliti~t allm/~hlich zuriick, es bestand abet noch ein schlafartiger Zustand, der dann allmahlich sich verlor, so da6 nach etwa 20 Minuten die Tiere sich wieder zu bewegen anfingen. In tier Regel schloB sich an dieses Schlafstadium, in welchem die Muskulatur v511ig erschlafft war, ein Stadium der Erregung yon rauschartigem Charakter mit Ataxie an. Die Muskulatur zeigte erhShten Tonus, die Bewegungen waren ungeschickt, der Gang taulnelnd, der Schwanz nlanchmal spastisch aufgestellt, einzelne Tiere fiihrten auch Roll- bewegungen um die Lgngsachse aus, machten vereinzelte krampfartige

264 XXI. M. CLOETTA lind H. FISCHER,

Sprtinge oder kauerten sich spastisch zusammen. Dieses Stadium dauerte in der Regel ziemlich lange, 1 2 Stun@n, worauf dann allm~h- lich eine vSllige Erholung eintrat.

Bei Konzentrationen yon 3% wurde auch noch Atemstillstand beobachtet, doch konnte dieser durch ktinstliche Atmung in der Regel wieder behoben werden, worauf dann die oben erwfihnten Schlafzustiinde mit nachfolgendem Rauschstadium sich einstellten. Alle diese Tiere erholten sich im Verlauf yon etwa 3 Stunden vollst~tndig. Im Gegensatz zu den Tonussteigerungen bei Barium wurde hier die wirbelnde Bewegung der Schnauzhaare nicht beobachtet, und es fehlte die gewaltige moto- rische Propulsion. Obwohl der Schlafzustand ~hnlichkeit hat mit dem durch Ca bedingten, unterscheidet er sieh doch deutlich yon jenem durch das nachfolgende spastische Erregungsstadium. Konzentrationen yon 2 ~o und 1~o machen nut noch ganz leichte schlafahnliche Zust~tnde, indem ftir einige Minuten Seitenlage elngehalten wird, doch auch hier wurde einige Male die sekund~re Tonuszunahme der Muskulatur beob- achtet.

Injektionen in das Rindengebiet des Vorderhirns oder der Schlafen- lappen sind yon keinen charakteristischen Erscheinungen gefolgt. Hohe Konzentrationen yon 7% an aufwarts bedingen auch hier Atemstill- stand, wobei sich das Vorderhirn als deutlich empfindlicher erwies als der Schl~fenteil. Injektionen yon 2--5~oigen LSsungen in den Schl~fen- lappen machen in der Regel gar keine Erscheinungen, auBer etwas Tonuszunahme und leichte Spasmen. jedenfalls eher Erregungssymptome als eine Narkose oder Schlaf. Im Vorderhirn kann eine 5 ~oige L6sung noch eine narkoseartige Wirkung ausiiben, die dann auch yon rausch- artiger Err+gung gefolgt ist, niedrigere Konzentrationen machen in der Regel nur die erw~hnten Erregung~symptome und Zunahme des Muskel- tonus.

Im Gegensatz zum Ba und Sr ist bei den mit Magnesium behandelten Tieren naeh Ablauf all der erwhhnten Symptome eine weitgehende oder v(illige Erholung die Regel. Die Erholung bildet aber nieht einen so reaktionslosen l~bergang vom Sehlaf zum Waehbefinden wie bei CaC12.

Kalium.

Wie bei Ca und Ba sind die Symptome bei KCl-Injektionen ziemlich klar und einheitlich, als Beispiel diene folgendes Protokoll:

Ratte, 170 g Gewicht. erh~lt beidseitig in die infundibuIargegend je 1/5 o ccm einer 1% igen KC1-L6sung. 5Tach 2 Minuten Zunahme des Muskel- tonus, die Zehen werden gespreizt, die Atmung wird rascher, die Bulbi treten

Uber die Wirkung tier Kationen Ca, Mg, St, Ba, K und Na usw. 265

hervor, die Sehnauzhaare werden naeh vorn gestellt und geraten in wirbelnde Bewegungen. P15tzlich maeht das Tier einen grol~en Satz naeh vorwgrts, li~uft aufgeregt herum, bei6t in verschiedene Gegenstiinde. Dieser Erregungs- zustand dauert etwa 10 Minuten, dann allmghliehe Beruhigung mit rasch nachfolgender vOlliger Erholung.

Die besehriebenen Erseheinungen haben eine gewisse ~[hnliehkeit mit denen bei Ba-Injektionen. Sic unterseheiden sich aber durch das rasehe Eintreten der Wirkung, das Fehlen der Konvulsionen und nament- lich durch das relativ rasehe Versehwinden aller Erregungserseheinungen und die v611ige Erholung der Tiere. Ein weiterer eharakteristischer Untersehied ist die lgSgliehkeit der vSlligen sofortigen und dauernden Aufhebung aller Erregungszeiehen dureh eine basale CaC12-Injektion, was ja bei Ba nie vSllig gelingt. In diesem Sinne kann man voa einem eigentliehen Antagonismus KCI:CaC12 sprechen, dagegen nicht ira um- gekehrten Sinne, indem ein richtiger CaC12-Schlaf dureh eine KCl-Injek- tion nicht aufgehoben warden kann. Das die lokale Begrenzung fiir den typischen Erfolg einer KCl-Injektion seheint aber nicht so deutlich abgegrenzt zu sein wie bei Ca-Injektionen:K-Injektionen, die das Chiasma trafen, hatten die gleiehen Wirkungen zur Folge und ebenso Injektionen in die Rinde des Vorderhirns, nur waren die Ertegungs- symptome hier bedeutelld milder a]s bei Injektion einer gleichstarken Konzentration in die Infundibulargegend. Dagegen ist es uns nieht gelungen, bei Injektion 1%iger KC1-LSsungen in den Rindenteil des Schlgfenlappens irgendwelehe Erregungssymptome hervorzurufen. Wir hatten vielmehr den Eindruek, dab die Injektionen an dieser Stelle eher sedativ wirken.

Wghrend nun die Wirkungen der Ca- und Ba-lnjektionen mit absoluter Sieherheit die betreffenden 8ymptome der Beruhigung oder Erregung bedingen, fehlt die Regelmgl~igkeit der Wirkung bei den KCl-Injektionen. Wit haben bei einer Reihe yon Tieren mit der 1%igen LiSsung im Infundibulum fast keine Wirknngen erzielt und ebenso- wenig im Vorderhirn oder Sehl~tfenlappen bei reinen Rindenstiehen. Worauf dieses Versagen der KCl-Injektionen heruht, kSnnen wir nieht erkl~tren. Wit haben namentlieh versueht festzustellen, ob die Kon- zentration der LSsung yon Einflul3 sei. Es hat sieh dabei gezeigt, dab 0,5 To ige LSsungen an allen Stellen nahezu unwirksam sind, naeh einigen Minuten sind die Tiere wieder ganz normal; dagegen haben LSsungen von 2--4% namentlieh vom Infundibulum aus fast stets einen lghmungs- artigen Einflul3, Sensibilitgt und 1VIotilitgt werden far etwa 5 3/Iinuten vSllig aufgehoben, so dal~ die Tiere fast aussehen, als hgtten sic eine

266 XXI. M. CLOETTA und H. FISCHER.

Calciumdosis bekommen. W/~hrend aber CaC12 schon in 1% igen LSsungen ftir die Atmung gef/~hrlich wird, ist das hier meist sogar bei 4%igen LSsungen nieht der Fall, auch bei diesen hohen Konzentrationen ist die rasehe Erholung auffallend. Nie haben wir dureh diese hSheren Konzentrationen eine Steigerung der Erregungssymptome beobaehten kSnnen, diese waren vielmehr durch die L/ihmungserscheinungen fast ganz verdeckt. Woher riihrt diese Unsicherheit der Wirkung bei den K-Injektionen? Wir vermuten, dab der groBe K-Reichtum der Gehirn- substanz daran Schuld tr/~gt. W~enn man berficksiehtigt, dab etwa 60mal so viel K als Ca im Gehirn sich befindet und etwa 25real so viel als D/[g, so erscheint es verst/~ndlich, dab besonders gtinstige Bedingungen vorliegen miissen, damit ein typischer K-Erregungseffekt hervorgerufen werden kann und ebenso erkli~rt sich aueh die rasehe Erholung yon der Injektion selbst hochprozentiger K-LSsungen. I~aeh alledem ware fiir typische zerebrale FunktionsstSrungen viel mehr zu erwarten von einem lokalen K-Entzug, aber dieser 1/~Bt sich experimentell nicht erreichen. Immerhin li~Bt sich erw/igen, ob nicht ein Tell der beruhigenden Wir- kungen, die das Ca auslSst auf einer K-Verdr/~ngung beruht, so dab zu der spezifischen kolloidchemisehen Wirkung des Ca sich die vorfiber- gehende" K-Armut als in der gleichen Riehtung wirkend hinzugesellte, Es 1/~ge dann eine gewisse Analogie vor zu den spezifisehen Br-Ionen- wirkungen, die unterstfitzt werden dureti ein C1-Defizit, obwohl w i r fiber die kolloidchemisehen Wirkungen dieser beiden Anionen viel weniger orientiert sind als fiber die der genannten Kationen. Die bet/~ubende Wirkung, welche 3--4~oige KC1-LSsungen austiben, kSnnten natfirlieh aueh durch etwas durchaus unspezifisches, d.h. durch eine osmotisehe Wirkung erkl/irt werden.

N a t r i u m .

Gerade mit Rficksicht auf die zuletzt angefiihrte ~iSglichkeit eines osmotischen Einflusses haben wir einige Versuche mit I~aC1-LSsungen gemacht. Injiziert wurde ausschlieBlich in die Infundibulargegend, die Menge war die gewShnliehe, etwa 1/40 ccm, die Konzentrationen sehwank- ten yon 0,8--4~o. Bei LSsungen bis zu 2~o NaC1 lieB sich nie eine be- son@re Wirkung feststellen, bei den hSheren Konzentrationen bekamen wir in der Mehrzahl der F/~lle eine/~hnliehe Wirkung wie bei den 4~oigen KC1-LSsungen, d. h. ein allgemeines li~hmungsartiges Stadium, aus dem sich die Tiere naeh etwa 10 Minuten rasch erholten, wobei neben der Li~hmung auch leiehte Erregungserscheinungen sich zeigten. Wir haben daraus den Eindruck gewonnen, dab das l~a-Ion weitgehend indifferent

Uber die Wirkung tier Katioaen Ca, Ng, Sr, Be, Kund Na usw. 267

ist und dal3 die erw~hnten Wirkungen der konzentrierteren L~sungen auf osmotisehe Einfliisse zurfickzufiihren sind.

V e r s u c h e an K a t z e n .

Nachdem durch die im vorstehenden beschriebenen Versuche eine Orientierung fiber die Grundwirkungen der versehiedenen Kationen bei intrazerebraler I1~jektion an Ratten erhalten worden war, haben wir die gleichen Ionen aueh an der Katze geprfift. Es erschien dies not- wendig, weil die versehiedenen Phasen der Wirkung, speziell auch in spastiseher Hinsieht, viel genauer verfoIgt werden konnten. Bei diesen Versuehen ist Gewiebt darauf zu legen, dal] die Tiere durch keinerlei Schmerzempfindung in ihrer Reaktion auf das betreffende Ion gestSrt werden. Wir haben deshalb stets im Xtherrauseh Hautsehnitt und Dureh- bohrung des Schhdels und der Dura ausgefiihrt, was in 3--4 Minuten erledigt werden kann, die kleine Wunde wurde mit Phenol-Novokain- 15sung abgetupft und erst dann die an sieh ja sehmerzlose intrazerebrale Injektion ausgeftihrt. Dann wurde die Hautwunde raseh mit Klemmen geschtossen. Die Behand~ung der Wunde m~t e~ner an~sthe~isierenden LOsung ist sehr zu empfehlen, weiI sonst die Tiere durch den, wenn aueh nur geringen Wundsehmerz beunruhigt werden, kratzen, mit den Pfoten wischen usw. und so des reine Bild der Ionenwirkung gestt~rt werden kann. W~hrend der Injektion braueht es 1--2 Personen, welehe gcnau die Lage des Kopfes und die t~iehtung der Nadel in den versehiedenen Dimensionen kontrollieren, sonst ist es unmOglieh mit ann~hernder Sieherheit die gewfinsehte Stelle zu treffen. Die Nadeln sollen unten abgesehliffen, sehr fein sein und eine ]~arke tragen, die bei Iniektion in die Basis far mittelgroge Katzen 27 mm von der Spitze entfernt ist, bei Injektion in den Seitenventrikel 15 ram. Natiirlieh braucht es trotz aller Hiife eine zfemliche (:-:bung, bis man einigermagetl die Sache beherrscht. Naeh Beendigung des Versuehes wurden die Tiere mit Chloroform getStet, das ttirn in Formalin geh5rtet und dureh Sehnitte makroskopiseh die mit Kongo gefgrbten Stiehe in ihrer Riehtung ver- folgt, wobei besonders auf Blutungen in ihrem Verlauf zu aehten ist.

Calcium.

Ill bezug auf die Ca-Wh'kungen ist der yon Demole gegebenen Darstellung aus dem hiesigen Institut nur noch wenig beizuftigen. Wir haben zun:ichst versueht, die ftir Ca, empfindliehe Stelle noeh etwas genauer z~: umgre~ze~, wobei sich aber kein+ wesentliehe ~4nderung

268 x x I . M. CLO~TTA u n d H. FISCHER.

ergab. Ganz genau ist nattirlieh eine Abgrenzung tiberhaupt nicht mSglieh wegen der raseh sieh vollziehenden Diffusionsstriimungen, es bliebe hSehstens das Zeitmoment als Indikator, indem die Schlaf- Narkoseerscheinungen um so sehneller nach der Injektion auftreten werden, je direkter dieselbe die empfindliehe Zone getroffen hat. Bei Verwendung yon 1--2~oigen LSsungen yon CaC12 und beiderseitiger Injektion yon je 1/4 o cem zeigen sieh bei guter Lokalisation innerhalb 1--2 Minuten alle charakteristisehen Symptome: Herabsetzung der Atmung und der Pulsfrequenz, Ersehlaffung der Muskulatur, Schlaf- stellung, Herabsetzung der Reflexe, Sehlie6en der Augen, Vortreten der Niekhaut und Verengerung der Pupille, abet alles verbunden mit steter Weekbarkeit. Dauer dieses Zustandes etwa 20--50 Minuten, naehher vSllige Erholung. Yoraussetzung ftir dieses reine Bild ist das Fehlen jeglieher Verletzung oder ZerstSrung des Gehirns. Diese empfind- liche Zone seheint sich naeh vorn etwa 3 mm yon der Infundibular- 5ffnung,gegen alas Chiasma zu erstreeken, naeh hinten etwa 2 mn~r und nach auBen etwa 3 ram, so da6 eine nahezu halbkreisartige Begrenzung festzustellen ist. In bezug auf die HShe dieser Zone dtirfte die Be- grenzung etwa 4 mm oberhalb der Gehirnbasis liegen. Um diese Stelle zu treffen, bestehen zwei MSgliehkeiten. Bei horizontaler Kopflagerung wird an der Kreuzungsstelle der Liings- und Koronarnaht entsprechend der Abb. 2 beiderseitig die Nadel leicht sehriig naeh hinten etw~ 2,7 cm

Sutura cornoalis f

ol i Sutura frontalis

Abb. 2.

tier eingeftihrt (bei mittelgrol~en Katzen) oder man kann 7 mm hinter diesen StiehSffnungen hineingehen und dann die Nadel ganz senkreeht nach unten einftihren. Die Resultate sind bei beiden Methoden gleieh, wir haben sie abwechselnd angewendet, um den Einflu~ andersartiger Verletzungen durch den Stich eventuell erkennen zu kSnnen. CaCle- Injektionen bis zu 4% in die Rinde des Vorder-, Sehli~fen- oder Hinter- lappens erwiesen sieh, abgesehen yon allfi~lligen durch mechanisehe Verletzungen verursaehten Symptomen als wirkungslos, dagegen gelang es durch Injektion in den Seitenventrikel eine abgeschwiichte Sehlaf- wirkung mit einem etwa 5--10 Minuten verzSgerten Eintritt zu erzielen. Als Beleg hierftir sei ein diesbeziiglieher Versuch beschrieben.

Uber die Wirkung der Kationen Ca, Mg, Sr, Ba, K und Na nsw. 269

Versueh yore 12. XI. 1929.

Katze, 2000 g Gewieht. In beide Seitenventrikel je 1./4 o eem CaC12 2%ig, wobei die Nadel yon der Seh~deldeeke an nur 15 mm welt vorgestogen wird. Die Katze erwaeht naeh 3 Ninuten aus dem Xtherrauseh, die Pupillen sind weir, Atnmng 40. Nach 10 Minuten ]egt sieh das Tier behaglieh auf die Seite in Sehlafstellung, Atmung 28, Pupillen bedeutend enger, Augen fast ganz gesehlossen. Das Tier ]ggt sieh ruhig in eine an@re Lage bringen und behalf dieselbe bei, sehr schlhfrig. Nach 40 Minuten sitzt das Tier auf, springt vom Tisch. Es erhNt die gleiche Injektion in dZe Infl~ndibulargegend. Sofort ganz ruhig. Naeh 5 Minuten hat die Nickhaut schon ein Drittel des Auges bedeckt, die Pupille ist stark verengert, Atmung 20, Seitenlage in ruhigem Sehlaf bei vtilliger Entspannung der Muskulatur. Sehlafdauer 50 Minuten. Bei der Sektion erwiesen sieh alle vier Stiehe als korrekt plaziert, ohne Blutungen.

Aus noeh drei anderen gleieh verlaufenden Versuehen hatten wir den Eindruek, dag die Injektion in den Ventrikel zuerst eher eine leiehte Erregung mit weiten Pupillen und dann allm~hlieh eintretende Beruhi- gung veranlasse, die aber hie den Grad erreieht, wie bei der Infundi- bularinjektion. Offenbar gentigen die dureh Diffusion ins Infundibulum gelangenden Mengen nieht zur Sehlafwirkung, aueh wenn die Konzen- tration der L6sung his 4% gesteigert wird, w~hrend bei der Basis- injektion ja sehon 1% gentigt.

Magnesium. Entspreehend dell grSl~eren Verhi~ltnissen bei der Katze hofften wir

ein etwas besseres Bild der Wirkung dieses Ions zu erhalten, als dies bei den Ratten mSglich gewesen war. Es wurden aueh hierbei Injek- tionen in die Infundibularzone sowie in versehiedene andere Gehirn- partien vorgenommen. Dabei ~iel uns bald ein deutlieher Unterschied gegentiber dem Ca auf: Wir brauehten, um iiberhaupt eine Wirkung zu erzielen, bedeutend st~trkere LSsungen, and es traten wie bei den Batten viel leiehter Blutungen an der Injektionsstelle auf als bei Ca. Dieser letztere Umstand hat die Deutung der FunktionsstSrm~gen sehr er- sehwert, es mul~ten fast die H•lfte der Experimente ausgesehaltet werden, weil sieh naehtr~glieh bei der Sektion kleinere oder gr56ere Blutungen zeigten, yon denen man nieht angeben kann, wie weir sie das Bild funktionell beeinflul~ten.

Ist es gelungen vine Injektion von einer 5%igen Mgel2-LSsung in der 5Ienge yon ~/2o--~/4o ecru beiderseitig in die besehriebene Zone zu bringen, ohne dal3 eine Blutung eintrat, so beobaehtete man folgendes: Naeh dem Erwaehen aus dem ~therrauseh ist das Tier zun~ehst ganz normal, naeh e~tligen ]~qinuten trit~ vine Beruh~gung mit behaglieher

270 XXI. M, CLOETTA und H. FISCHER.

Ruhe ein, die Atmung verlangsamt sich etwas, die Pupillen bleiben fast stets yon normaler Weite, die ~ickhaut wird nicht vorgezogen, die Muskulatur ist nicht ganz erschlafft. Manchmal mischen sich in dieses Bild, das man als eine abgeschw~chte Ca-Wirkung bezeichnen kSnnte, einzelne Erregungssymptome motorischer Art, die aber nie st~rkere Grade erreichen, und deren Deutung nicht gut mSglich ist. Wir hatten den Eindruck, dal~ die Tiere sich etwas weniger vollkommen erholten als nach dem Ca. LSsungen von 1--2% MgCI~ haben gar keine deut- liche Wirkung. Bei Injektion in die Rindengebiete der Vorder-, S~iten- und Hinterlappen haben wir keinerlei charakteristische Wirkungen feststellen kSnnen '

Da, wie erwi~hnt, die Mg-Wirkung einige ~hnlichkeit mit einer milden Ca-Wirkung hat, so haben wir versucht, ob Kombinationen der beiden Kationen besondere Resultate ergeben. Es wurde hauptsiichlich gepriift, ob eine 0,5--1%ige CaC12-LSsung in ihrer Wirkung dutch Beigabe yon 1--2% MgC12 Veri~ndert werde. Es ergab sich dabei, dab das Ca die Neigung zu Blutungen nicht unterdrticken konnte, so dal~ auch hier wieder ein gro6er Teil der Versuche ausscheiden mul~te. Aus den wenigen einwandfreien Experimenten haben wir nicht den Eindruck gewonnen, dab in den erwiihnten Konzentrationen Mg einen fSrdernden Einflul~ auf die Schlafwirkung des Ca austibe.

Vergleicht man einerseits die typischen Schlafwirkungen des Ca bei 1--2 % igen LSsungen mit den untypischea tier 5 ~o igen Mg-LSsungen

�9 (1--2%ige LSsungen sind wirkungslos) und beriicksichtigt, dal~ im Blutplasma etwa 4--5mal mehr Ca als Mg enthalten ist, so hat man nicht den Eindruck, als ob das Mg sich durch eine Verschiebung aus dem Plasma in bestimmte Gewebe in so aktiver und typischer Weise am dem Eintritt des Schlafes beteilige, wie das auf Grund der bisherigen Arbeiten aus unserem Institut ftir das Ca angenommen wurde. Es ist ferner an die ~Sglichkeit zu denken, dab zum Teil die Wirkungen der 5 % igen LSsungen dutch osmotische Einfltisse hervorgerufen sein kSnnen, wie wir das bereits bei den Rattenversuchen mit 5TaC1-LSsungen er- wiihnt haben. Es muB spiiteren, namentlich chemischen, Arbeiten vor- behalten bleiben zu entscheiden, ob und was ftir eine Rolle eventuell das Mg beim Schlaf spielen kann. Ausschlaggebend scheint sie uns nicht zu sein. Die Mg-bTarkose bei intravenSser Injektion ist ja faktisch jedenfalls keine einfache Narkose, sondern mehr einer Mischung der- selben mit einer Kurarewirkung vergleichbar, wie dies Wiki und Bi- boux 1) mittels der gekreuzten Zirkulation nachgewiesen haben.

1) Schweiz. med. Wochenschr. 1929, S. 337.

[~ber die Wirkung der Kationen Ca, Mg, Sr, Ba, K und Na usw. 27I

B a r i u m .

Sehon bei den Rattenversuchen waren wir iiberraseht gewesen von der starken und einheitliehen Wirkung des Bariums be i der intra- zerebralen Injektion. Die eigentiim]iehe auffallende Wirkung dieses Kations lieg sieh bei den Katzen in psyehiseher und somatiseher Hin- sicht noeh genauer feststellen. Wir wollen zuerst an einem Beispiel die Wirkung des Ba auf die Infundibulargegend besehreiben:

Versuch vom 5. VI. 1929.

Katze, 1500 g Gewicht. Im ~therrausch in beide Infundibularzonen In- jektion yon je 1/4 o ecru einer 0,8%igen BaC12-LSsung. Beim Erwachen aus dem Atherrausch ist das Tier ruhig, aber apathisch. 2each 5 Ninuten beginnen die Kaumuskeln zu zittern, der allgemeine Muskeltonus nimmt zu, die Pupillen erweitern sieh fast maximal, der Gesichtsausdruck wird feindlich, die Atmung steigt und wird st01~artig. Naeh 7 Minuten zeigen sieh ehoreaartige, atheto- tisehe Bewegungen. Die Katze wifft sich lolOtzlieh yon einer Seite auf die an@re, sie ist stark aui Abwehr eingestellt, beim N~hern irgendeines Gegen- standes sehl~gt sie mit heftigen Tatzensehl~igen dagegen und faueht. Daneben besteht aber offenbar eine starke Desorientierung und manehmal auch teil- weise Anhsthesie an den Pfoten. Vereinzelt allgemeine klonische Kriimpfe yon epileptisehem Charakter mit Schaum vor dem Munde. Dieser schwere Erregungszustand dauert unter Einschiebung yon Remissionen etwa 1 Stunde, abet aueh nachher ist das Tier noeh stark iibererregbar. TStung dutch Chloro- form.

Um festzustellen, wie andere Gehirnpartien sich gegenaber Ba verhalten, wurde die genau gleiehe Menge, 1/40 ecru einer 0,8% igen LOsung, bei einer andern Katze zuerst in den Sehlafenlappen beiderseitig eingespritzt. Nach 20 Minuten erst zeigten sielh leiehtere Erregungssymptome, die bNd wieder versehwanden. Es erfolgte dann, immer in 2~therrauseh, eine genau gleiehe Injektion ins Vorderhirn mit ghnlieh schwaehem Effekt. Nach vSlliger Er- holung wird die gleiehe Injektion in die Infundibulargegend ausgefiihrt. Naeh einer Latenzzeit yon 6 Minuten treten die in dem ersten Versueh besehrie- benen heftigen Symptome in der typischen Weise auf. Aueh bei Injektion der genannten Menge in den Hinterlappen treten nur sehwaehe Reizersehei- nungen auf.

Es ergibt sieh somit, da6 far gleiehe Konzentrationen die Infundi- bulargegend starker mit psyehisehen und motorisehen Reizerseheinungen reagiert als die versehiedenen Rindenpartien. Allerdings kann man die Wirkung yon dort aus aueh verstarken bei Konzentrationen von 2 und 3 % Im Gegensatz zum Mg haben wir bei den Ba-Injektionen nur selten eine Blutung beobaehtet, die Stiehe zeigten bei der Sektion meist einen feinen linearen Verlauf.

Auffallend bei fast allen Ba-Injektionen ist die Latenzzeit. Wie erw~hnt, zeigen die Tiere zuerst eher Beruhigungssymptome und erst

272 XXI. M. CLOi~TTA und H. FISCHER.

nach etwa 10 Minuten beginnen die typisehen Erregungen sich ein- zustellen. Da aul~erdem bei geniigender Konzentration sieh fast yon jeder Hirnstelle aus die volle Wirkung erzielen l ~ t , aber manehmal mit Latenzzeiten yon 20 Minuten, so fragten wir uns, ob eventuell erst die Resorption des Ba erfolgen mfisse, um dann von einer bestimmten, uns unbekannten Stelle aus die Wirkung zu bedingen. Wir haben des- halb bei zwei Katzen je 1/3 o ecru einer 1%igen BaC12-LSsung in beide Seitenventrikel eingespritzt und dabei eine wesentliehe Abkt~rzung des Latenzstadiums auf 1 bzw. 2 Minuten erzielt. Wir m@hten aber auf Grund dieser ungen~genden Versuehszahl uns tiber diesen Punkt kein Urteil erlauben. Das Resultat w~re aueh ffir unsere eigentlichen Zweeke irrelevant. Denn bei den nlinimalen Mengen Ba, die sieh im tierischen KSrper befinden, erscheint es ganz ausgesehlossen, da~ dureh eine Ver- sehiebung dieses Kations in bestimmte Gehirnpartien bei Menseh oder Tier psychisehe und somatische Erregungen pathologiseher Art hervor- gerufen werden kSnnten. Dagegen lag es im Rahmen unserer Unter- suehungen festzustellen, ob das Ca imstande ist, diese schweren Er- regungszust~nde zu beeinflussen. Wir haben deshalb bei ftinf Katzen, die dureb Ba-Injektion in das Infundibulum oder in die Seitenventrikel in die typisehe Ba-Erregung versetzt women waren, Ca-Injektionen in das Infundibulum ausgefiihrt. Es zeigte sieh dabei, dal] mindestens 2--4%ige LSsungen yon Cat12 genommen werden milssen, um e inen therapeutischen Effekt zu erzielen. Die Wirkung war eine ganz gleieh- m~Bige: sofort nach den Ca-Injektionen ver~ndert sich die Situation. Das Tier verliert sein aggressives, mil~trauisehes Wesen, es wird freund- lich, laBt sich streieheln, legt sieh auf die Seite. Der Muskeltonus wird entspannt, zu einer vSlligen Muskelersehlaffung kommt es aber nieht. Obwohl die Pupille sieh verengt, die Niekhaut vorriiekt, die Atmung z. B. von 130 auf 50 herabgeht, die Augen gesehlossen werden, kommt es doeh nieht zu einem vollendeten, natiirliehen Schlafzustand, wie er dieser Ca-Dosierung entsprechen sollte. Diese typiseh sedative Wirkung des Ca ist auch interessanterweise kiirzer als normal. Meist nach 20 Minuten wird das Tier wieder unruhiger, die Ba-Wirkungen breehen wieder hervor und kSnnen sogar die volle HShe wieder erreichen. Von der ganz auffallenden Irreversibilitat der Ba-Wirkung haben wir uns bei einem Tier auf folgende Weise iiberzeugt: Zuerst wurde die Ba-Wirkung dureh eine Ca-Injektion in die Infundibularzone fast vSllig unterdriiekt. Als naeh 50 Minuten die Erregung psyehiseh und motorisch wieder voll ausgebildet war, haben wir dutch )[therinhalation das Tier bis zur Beruhigung narkotisiert. Der Ather wurde dann abgesetzt und bei

lJber die Wirkung der Kationen Ca, Mg, St, Bu, K und bTa usw. 273

druck, dail das Tier aus dem Xtherrausch etwas rascher erwaeht und lebhafter ist, mit leieht gesteigertem Muskeltonus, besehleunigter Respi- ration und Herzaktion. Es ist aber sehwer zu sagen, inwieweit die Stichverletzung an sieh schon solche Symptome verursaehen kann. Wird die gleiche Injektion in die Rinde des Schli~fenlappens ausgeftihrt, so treten gar keine Erregungen auf, sondern eher eine Beruhigung, die in einigen Fhllen fast narkoseartig war mit sensibler und motorischer Parese. Dabei waren abet die Pupillen im Gegensatz zu den Ca-Wir- kungen an der Basis stets welt undes fehlte auch die Euphoric. Injek- tionen von 1%igen LSsungen sind an beiden Rindenstellen fast ganz wirkungslos.

Die Wirkung vom Seitenventrikel aus seheint, wie dies auch bei Ca der Fall war, abgesehwi~eht zu sein, wie folgendes Beispiel zeigt:

Versuch vom 20. X. 1929.

Katze, 3,1 kg Gewicht. In beide Seitenventrikel je 1/4 occm 2%ige KC1- LSsung. Das Tier erwacht raseher aus dem ~therrausch 'als normal, geht herum, ist nicht bSsartig, Atmung 30, Pupille mittelweit, normales Verhalten. Nach 20 Minuten erneuter )[therrausch und gleiche Injektion in Infundibular- zone. Nach 3 Minuten sitzt das Tier auf, beginnt zu miauen und knurren, macht plStzlich einen gewaltigen Luftsprung in die HShe, springt mehrmals ~om Boden aufwi~rts gegen eine Tischplatte, klettert an einer Leiter in die H6he. Pupillen maximal erweitert, Atmung 120, mi~trauische Einstellung auf Abwehr. 5Tach 10 Minuten ist die Erregung voriiber, das Tier ist auch psychisch wieder normal. Dutch Chloroform getStet. Bei der Sektion erwiesen sich alle vier Stiche riehtig plaziert.

Bei sthrkeren Konzentrationen, z.B. 4%, kann man auch vom Seitenventrikel aus Symptome der Erregung provozieren, doch sind dieselben hie so ausgesprochen wie bei der Basiseinspritzung. Die Lokali- sation fiir die optima]e Wirkung scheint i~hnlich zu sein, wie die fiir Ca. Jedenfalls hat sich ergeben, dab Einspritzungen 1--2~oiger LSsungen in die Gegend des Corpus mammiiiare keine Wirkung mehr auslSsen, so de6 also kaudal hinter dem Infundibulum tier Wirkungsbereich rasch aufhSrt. Seitlich yon der Infundibulargegend scheint die Zone nach aul~en a~f etwa 3 mm beschri~nkt zu sein und nach vorn bis zum Chiasma zu geheu. Nattirlich kSnnen aueh bier nur genauere anatomische Unter- suehungen Bin bestimmtes Resultat ergeben. Nimmt man sti~rkere Konzentrationen yon KC1, so ist unsicher, was wirkliche K-Wirkung und was dem hypertonisehen Reiz zuzusehreiben ist. Au6erdem wird aus solchen LSsungen auch raseher eine Diffusion der K-Ionen in die Umgebung erfolgen, so da6 eben als typisch empfindlieh nur solche

Arch iv f. exper iment . Pa th . u. Pha rmako l . Bd. 158. 18

274 x x I . M. CLOi~TTA und tI. FISCHER.

Wiederauftreten der Erregung sofort erneut zugeftihrt. Auf diese Weise konnten wir 8 Stunden lang die Fortdauer der ]atenten Ba-Wirkung feststellen, worauf das Tier durch Chloroform getStet wurde.

S t r o n t i u m .

Als letztes der zweiwertigen Kationen sei fiber den Effekt des Strontiums an Katzen berichtet. Im allgemeinen stimmen die Ergeb- nisse mit denen bei den Ratten tiberein. Die Injektion yon 2 5~oigen LSsungen yon SrC12 in die Infundibularzone hat uns nur einmal einen Effekt ergeben, der mit der Ca-Injektion fibereinstimmt. Sonst bestand in der Regel eine Mischung yon Li~hmungs- und Erregungssymptomen. Psychisch namentlich ist die typisch eaphorische Wirkung des Ca bei der Sr-Injektion nioht vorhanden, die Tiere sind eher miBtrauisch und /~ngstlich und damit hiingt vielleicht auch die unvollsti~ndige Erschlaffung der Muskulatur zusammen. Ziemlich hiiufig werden Sekretionsreizungen, Speicheln und 57ieBen beobachtet. Die Pupille war selten maximal verengt. Daneben lagen die Tiere aber in einem leichten L~hmungs- zustand in Schlafstellung auf der Seite, so daB sich eben die erwi~hnte Mischung der Symptome ergibt. Auch die Erholung ist weniger deutlich als nach Ca oder Mg, fast nie vollstiindig. Wir kSnnen also das Sr nicht als ein ~quivalent ftir das Ca betrachten; es kommt zu der Ca-ahnlichen Wirkung entschieden eine toxische Beiwirkung hinzu, die das gesamte Bild trfibt und dadurch das Sr nicht als einen physiologischen Ersatz fiir das Ca betrachten l~Bt. Damit ist natfirlich kein Urteil gefallt tiber die eventuelle Brauchbarkeit des Sr in therapeutischer Hinsicht, z. B. als SrBr2, doch erscheint es nach den erwahnten Resultaten sehr frag- lich, ob hierbei die Wirkung nicht ausschlieBlich dem Br-Ion zuzu- schreiben ist.

K a l i u m .

Durch die Untersuchung yon Demole (a. a. 0.) waren wir bereits orientiert dariiber, dab KCl-Injektionen in das Infundibulargebiet bei der Katze starke Erregungen bedingen kSnnen, die mit Erweiterung der Pupille, Besehleunigung von Atmung und Herzaktion einhergehen. Da diese Wirkung einigermaBen der Ba-Wirkung gleieht, wie schon bei den Rattenversuchen betont wurde, so handelte es sich darum, die K-Wirkung noeh etwas genauer abzugrenzen.

Im Gegensatz zum Ba, das von fast allen Gehirnstellen aus uns in versehiedener Intensit/~t seine Wirkung erkennen lfi.Bt, zeigt die In- jektion yon KC1 in 2~oiger L6sung beiderseitig je 1/2 o ecru in die Rinde des Vorderhirns fast gar keine Wirkung. Man hat lediglich den Ein-

t~ber die Wirkung der Kationen Ca, Mg, Sr, Ba K and Na usw. 275

Stellen angesprochen werden dtirfen, die auf 1- bis hSchstens 2%ige LSsungen reagieren.

Entsprechend den Versuchen die Ba-Wirkung dutch Ca aufzuheben, haben wir dies auch gegentiber dem K versucht.

Versuch vom 3. II. :1929.

Katze, 2500 g Gewicht. Im ~therrausch in beide Infundibularzonen je l / a o ccm 1,5~o KC1. Nach 3 Minuten wird die Muskulatur spastisch, das Tier legt die Ohren zuriick, faucht, beim Aufheben im Genick werden die Pfoten steif in die Luft gestreckt. Beim Annhhern eines Stabes starke Tatzenschl~ige gegen denselben unter wiitendem Fauchen. Pupilleu maximal erweitert, Atmung 80, miauen und knurren. In diesem Stadium erneuter ~therrausch und rasche Ca-Injektion, 2~oig, je 1/40 ccm in beide Seiten der Basis. Nach 2 Minuten tritt v(illige Erschlaffung der auch im Atherrausch noch spastisch gebliebenen Muskulatur ein, die Pupillen werden enger, die Atmung sinkt auf 40, das psychische Verhalten ist ein durchaus freundliches. Das Tier legt sich auf die Seite und schl~ft ein. Dutch Chloroform getStet. Die Sektion zeigt, da6 alle vier Stiche zwischen Infundibulum und Chiasma liegen.

Auch durch Injektion yon 3% igen CaC12-LSsungen in die Seiten- ventrikel li~6t sich die durch K hervorgerufene Erregung unterdriicken, nut ist der sich anschliel~ende Effekt des Ca nicht so deutlich, well, wie frtiher angegeben, die Ausbildung der sedativen Wirkung des Ca yore Seitenventrikel aus li~ngere Zeit beansprucht als bei der Injektion in die Basis, so dal~ deshalb ein Teil der K-Erregungen schon spontan in dieser Zeit zurtickgehen kann.

]m Gegensatz zum Ba li~l~t sich also die K-Erregung prinzipiell und u mit Ca unterdriicken, es handelt sich bier um einen richtigen aber einseitigen Antagonismus, wie dies schon D e m o l e angenommen hat. Es ist uns auch dementsprechend nie gelungen, bei einem im Ca-Schlaf befindlichen Tier die K-Erregung zu provozieren, w~hrend dies mit Ba unter Berticksichtigung der Latenzzeit der Ba-Wirkung mSglich ist.

Yersuehe an tIunden.

Die technischen Schwierigkeiten der Injektion sind bei diesen Tieren noch bedeutend grSl~er, well im G egensatz zu der gleichmh~igen Sch~del- bildung bei Ratten und Katzen fast bei iedem Hunde eine individuelle Knochenbildung des Schadeldaches vorliegt, so da6 es sehr schwierig ist, sich richtig ftir die Injektion zu orientieren. Am besten w~thlt man den Punkt, wo sich die Sutura coronalis vereinigt mit der linea semi-

circularis ossis frontis. Allerdings ist bei manchen Tieren dieser Punkt

18.

276 xxl. M, CLO~TTA Ulld H. FIscH~a,

nicht leicht zu finden. Etwa 2--3 mm nach yarn und seitlich yon diesem Punkte wird beiderseitig eingegangen' (s. Abb. 3). Die Pri~paration ge- schieht in der Weise, dal3 in guter Lokalani~sthesie mit Phenol-Novokain- 15sung die betreffende Knochenstelle freigelegt wird und mit einem womSglich elektrisch betriebenen Bohrer der Knochen rasch durchbohrt wird. Man bringt dann noch ein TrSpfchen des Lokalanasthetikums auf die blol3gelegte Dura, weil deren 0ffnung sonst sehmerzhaft w~tre und, wie schon bei den Katzenversuchen erwahnt wurde, im Interesse

StichSffnung

/

Sutura coronalis /

~ Linea semicircularis ossis frontis

Sutura nasalis Abb. 3.

einer richtigen Beurteilung der Iu- jektionswirkung alle stSrenden, schmerzhaften Empfindungen aus- geschaltet werden mfissen. Durch Unterlegen yon Ttichern wird der Kopf so gestellt, da6 der Unter~ kiefer horizontal ]iegt. Mit einer feinen, langen, unten abgestumpften Nadel geht man senkrecht bis auf die Basis des Schadels und zieht dann die Nadel etwa 5 ram zurfick,

um die Gegend der InfundibularSffnung zu erreichen und fiihrt die Injektion aus. Wit haben uns bei diesen Versuchen auf die Ca-Injek- tion vorii~ufig beschrankt, weil sie nach den vorausgegangenen Resul- taten das meiste Interesse beanspruchte. Da wir eine gro6e Erfahrung besitzen fiber die durch Schlafmittel an Hunden hervorgerufenen Ver- anderungen, so waren gerade diese Injektionen fiir uns besonders wert- roll, um die Symptome mit den durch Schlafmittel hervorgerufenen vergleichen zu kSnnen. In dieser Hinsicht war der Hund fiir uns das vollkommenste Versuchsobjekt.

Versuch vom 24. II. 1930. Dackel, 11,8 kg Gewieht. Sehr lebhaftes Tier, das nicht gern liegt and

ziemlich bissig ist. Injektion auf jeder Seite 1/i o cem einer 2,5~oigen CaCle- Liisung. Die Atmung war uamittelbar vor der Injektion 90. 3 Minuten nach derselben war sie auf 34 gesunken, die vorher stark tonisierte Muskulatur ist fast vSllig erschlafft, der Hund kann sich kaum auf den Beinen halten, nament- lich die Hinterhand ist paretisch, so dal~ das Tier wie betrunken taumelt. Nach 10 Minuten legt sich das Tier nieder, schlie6t die Augen, die Atmung sinkt auf 24. Bei jedem Gergusch in seiner 2qghe 5ffnet der Hund die Augen, hebt den Kopf, sieht etwas blfde und schlaftrunken um sich, urn dann sofort den Kopf wieder auf den Boden sinken zu lassen. Die Stimmung ist eine durchaus freundliche im Gegensatz zum Normalzustand. Nach 50 Minuten erhebt sich der Hund, bei Beriihrung versucht er wieder zu beil3en; w i r d

[Jber die Wirkung tier Kationen Ca, 3Ig, Sr, Ba, K und Na usw. 277

dureh Chloroform get(itet. Die Sektion ergibt, dag der eine Stieh vor, der andere hinter der InfundibulariSffnung liegt, beide 2 mm lateral vom Median- spalt, keine Blutungen oder Verletzungen.

Versueh yore 10. VI. 1930. 'Seh~ferhund, 14,5 kg Gewieht. Lebhaftes Tier. Beiderseitige Injektion

yon je 1/10 Gem einer 2,5%igen CaC12-Ltisung. Sowie die Nadel herausgezogen ist naeh dem zweiten Stieh sinkt die Atmung yon 80 auf 30, dann auf 24. Der vorher unruhige ttund wird plStzlieh ganz still, der Kopf sinkt auf die Seite, so dab der Abwart meint er stirbt. Die Muskulatur ist vSllig ersehlafft~ 3 Minuten sp~ter beg inn t der Hund auf die e h a r a k t e r i s t i s e h e Art , hell und stol3weise zu bel- len, wie diese Tiere es beim Tri~umen im Schlaf zu tun pfle- g e n. In behaglicher Seitenlage werden auch einzelne Laufbewegungen, trotz der Muskelersehlaffung ausgefiihrt, die ebenfalls charakteristisch ftir im Schlaf tri~umende Hunde sin& Die Atmung ist auf 16 gesunken. Durch st~rkere akustische oder Berfihrungsreize ist das

Chiasma

Stieh - - ~ : ~ Stieh

~ ~ "" ", Infundibular- I 6ffnung

Abb. 4. Basis des IIundehirns.

Tier weekbar, versinkt aber sofort wieder in Sehlaf. Naeh a/~ Stunden beginnt allmi~hlieh das Erwaehen. TStung dureh Chloroform. Bei der Sektion zeigt sieh, dal~ die beiden Injektionsstellen vSllig symmetriseh links und reehts yon der InfundibMarSffnunv, 2 mm lateral liegen (s. Abb. 4).

Es h~ngt mit den erwi~hnten technisehen Sehwierigkeiten zusammen, dab einige Versuehe ganz negativ verliefen, die Hun@ reagierten iiber- haupt nieht auf den Eingriff. Hierbei zeigte sieh, dab die Injektionen stets einige Millimeter aul~erhalb des besehriebenen Aktionsbereiehes lagen, einige Male waren die Wirkungen unvollkommen, indem nut euphorisehe Stimmung, starkes Sehwanken beim Gehen und Herab- setzung des Muskeltonus erreieht wurde. In diesen Fallen war meist nur ein Stieh auf einer Seite riehtig plaziert.

u an l ~ a n i n c h e n .

Wir haben im vorausgehenden mehrfaeh yon den Symptomen ge- sproehen, die den dureh eine gut gelungene Ca-Injektion in die Infundi- bulargegend hervorgerufenen Sehlafzustand begleiten. Unter diesen wurde die Veri~nderung der Zirkulation hie erwi~hnt, weil dureh die bloge Inspektion keine Ver~nderung fests~ellbar war. Wir wissen aber, da6 im Sehlaf aueh dieses System eine ~nderung zu erfahren pflegt und deshalb haben wit versueht an Kaninehen diese graphiseh zum Ausdruek zu bringen, well sieh diese Tiere hierftir am besten eignen.

278 XXI. M. CLO]~TTA and H. FISCHER.

Wir haben uns deshalb auf die Ca-Injektion besehri~nkt und die tibrigen Kationen nieht auch noeh an diesen Tieren probiert, well ja nichts Neues zu erwarte~l war. Merkwiirdigerweise ist es bei diesen Tieren viel schwieriger die Ca-Injektion riehtig zu plazieren, so da6 der volle Erfolg eintritt. MSglieherweise ist die betreffende Zone noch zirkumskr.ipter als bei den anderen Tieren.

Kaninehen, 2500 g Gewicht. In Lokalani~sthesie wird die eine Carotis freigelegt, mit dem Hg-Manometer verbunden und eine Pulskurve gesehrieben (Kurve 1). DaRn wird das Tier sorgf~iltig umgedreht und ebenfalls in Lokal-

Kurve 1. Links Normalkurve, rechts Schlafkurve nach Injektioa yon 0,1 ccm einer 2o/oigen CaC1-LSsung in die Infundibnlargegend.

an~sthesie die Ca-Injektion in die Infundibulargegend ausgefiihrt, auf beiden Seiten je 0,1 eem einer 2%igen CaCle-LSsung. ]~ach 3 Minuten ist der Muskel- tonus vSllig aufgehoben, der Kopf fhllt zur Seite, die Pupillen sind stark ver- engt, die Atmung ist yon 70 auf 35 gesunken, das Tier schl~ift. Es wird eine zweite Kurve gesehrieben. Genau der gleiehe Versuch wird noehmals an einem anderen Tier ausgeftihrt, aber an Stelle der intrazerebra]en eine schwache intravenSse Somnifeninjektion gemaeht 0,3 ecru pro Kilogramm. Vor und nach der Injektion wurden Kurven aus der Carotis mit dem ttg-Manometer gesehrieben (Kurve 2).

Kurve 2. Links Normalkurve, rechts Schlafkurve nach einer intraven(isen Injektion yon 0,3 ccm Somnifen pro Kilogramm.

Vergleicht man die Kurven 1 und 2 miteinander, so ergibt sich eine weitgehende ~hnliehkeit, indem sowohl der durch die intrazerebrale Ca- wie durc~ die intravenSse SomnifeIlinjektion bedingte Sehlafzustand beide Male eine Anderung der Pulskurve bedingt, so da6 dieselbe jene eharakteristische Form annimmt, wie sie jedem Experimentator yon den Blutdruekversuehen am narkotisierten Tier her bekannt ist, indem der Einflu~ tier verlangsamten Atmung auf die Kurve viel deutlicher wird und andererseits stSrende Einwirkungen wegfallen. Die Sektion

Uber die Wirkung der Kationen Ca, Mg, Sr, Ba, K und Na usw. 279

des Tieres mit der Ca-Injektion ergab, dag die beiden Stiehe links etwas vor, reehts etwas hinter der InfundibularSffnung liegen, beide je I mm lateral davon, sie sind also naeh unserer Auffassung sehr gut plaziert.

Besprechung der Ergebnisse. Uberprtift man das grol]e Material, das wir im Verlauf yon 3 Jahren

bei diesen Untersuchungen gewonnen haben, so hebt sich trotz einiger Unklarheiten doch eine Reihe eindeutiger und wie uns scheint sehr wichtiger Ergebnisse Mar heraus. Besonders fi~llt auf, dab die beiden Kationen, die auch sonst im tierischen Organismus eine so grot~e Rolle spielen das Ca und das K nieht nur sehr typische; einander entgegen- gesetzte Wirkungen yon einer bestimmten Hirnstelle aus auszulSsen imstande sind, sondern aueh, dal] die erregende Wirkung des einen (K) dureh die beruhigende des anderen (Ca) aufzuheben ist. Hierbei stimmen unsere Ergebnisse erfreulich iiberein mit den Versuchen yon H asama , Bun- ich i (a. a. 0.) irr bezug auf das Verhalten des Temperatur- und SchweiBzentrums gegentiber diesen Kationen. Was aber ganz besonders wertvoll erscheint, ist die M6glichkeit der weitgehenden Beeinflussung p s y c h i s c h e r Einstellung durch diese Kationen. Wenn man gesehen hat, wie Bin sonst ganz friedliches Tier durch eine K-Injektion in einen manisch-aggressiven Zustand versetzt wird, begteitet yon bestimmten vegetativen Funktionsi~nderungen, und wie dieser Zustand innerhalb 2--3 Minuten dureh eine Ca-Injektion in den einer behagliehen, wohl- wollenden Ruhe verwandelt werden kann unter Rtickbildung tier vegeta- tiven Funktionssttirungen, dann stimmt das sehr naehdenklieh. Da diese Tatsaehen sigh bei Ratten, Katzen und Hunden wiederholten, so besteht die Wahrseheinliehkeit, dag dies aueh beim Nensehen so sein wird, was' zu einer etwas modifizierten nnd beseheideneren Einstellung des homo sapiens sieh selber gegentiber fiihren mtil~te. Von besonderem Interesse ist ferner die Beobaehtung, dag die beruhigende Wirkung des Ca-Ions bei der Infundibularinjektion yon si~mtliehen somatisehen und psyehi- sehen Begleitumsti~nden des Sehlafes umgeben ist, wie sich dies nament- lieh aus den naeh augen projizierten Traumerseheinungen bei den Hunden ergeben hat. Wenn wir die bei Mensehen so oft beobaehteten Erschei- nungen des Sehlafes: Muskelersehlaffung, Pupillenverengerung, ger- langsamung yon Atmung und Puls, psyehisehe Beruhigung und Euphorie, Weekbarkeit, Auftreten yon typisehen Traumvorstellungen dureh ver- sehiedene Tierklassen hindureh bei Injektion kleinster Mengen einer 0,5--2,5%igen CaC12-LiSsung an einer bestimmten sehr zirkumskripten Hirnstelle beobaehteten, dann liegt die Sehlugfolgerung nahe, dal~ tier

280 XXI. ~i. 0LOETTfl,- und H. FISC~IEIr

provozierte Sehlaf, die genannte Topographie und das Ca-Ion in einer bestimmten Verbindung zueinander stehen. Welcher Art dieselbe ist und wie die chemisehen Vorg~nge sieh dabei abwickeln, das ist Gegen- stand einer anderen Untersuchung, die, hervorgerufen durch die vor- stehenden Ergebnisse uns sehon seit 2 Jahren beschhftigt, aber infolge der ungeahnten Sehwierigkeiten noch zu keinem Absehlu$ gelangt ist. Erst wenn hier ein befriedigendes Resultat erzielt wird, kann die Dis- kussion des ganzen Problems einer LSsung zugefiihrt werden. Es wird sieh dann vielleieht auch ergeben, ob go wie das Ca-Ton zur Euphorie, Beruhigung und zum Sehlaf in einem kausalen Verh~ltnis zu stehen scheint, umgekehrt das K-Ion fiir ein zu diesen Einstellungen gegen- s~ttzliehes Verhalten verantwortlieh zu machen ist.

Gegenilber der klaren funktionellen Beeinflussung dureh K- und Ca-Ionen spielt das Mg-Ion eine etwas unsichere Rolle. Man hat eher den Eindruek, dal~ dasselbe eine mehr ausgleiehende als direkt be- stimmende Wirkung ausiibe, jedenfalIs steht es im Prinzip tier Wirkung" dem Ca-Ion n~her als dem K-Ion. Vielleieht ergeben aueh in dieser Riehtung die ehemisehen Untersuehungen noeh einen weiteren Auf- sehlu$ tiber die eigentliche Rolle, welche das Mg-Ion am Zentralnerven- system spielt. Die beiden fast kSrperfremden Ionen Ba und Sr fallen durch ihren mehr oder weniger ausgesproehenen toxisehen Einflul~ aus dem Rahmen der fiinf Kationen heraus. Wenn aueh bei Sr gewisse Anklange an die Ca-Wirkungen vorhanden sind, wie sieh dies nach allem, was wir sonst von seinem Verhalten gegenfiber vegetativen Organen wissen, erwarten lie~, go besteht sicher nicht eine Identit~tt oder gar Vertretbarkeit der beiden Ionen in ihren Wirkungen am Gehirn. Das Ba-Io~ hat sieh als ein so spezifisehes, heftiges und merkwiirdiges Gift fiir das Gehirn erwiesen, da6 uns dasselbe hSehstens als ein viel- leicht wertvolles Hilfsmittel in der neurologisehen Forschung erscheint. Fiir unser Arbeitsgebiet scheidet es vollst~ndig aus, da aueh nicht die Spur einer im physiologischen Funktionsbereieh liegenden Aktion bei diesem Kation beobaehtet wird. Die Wirkungen haben einen durehaus pathologischen Charakter, verbunden mit einer schweren Reversibilit~it, w~hrend umgekehrt die drei kSrpereigenen Kationen bei aller Ver- schiedenheit ihrer Grundwirkungen ausgezeichnet sind dureh eine zeit- lich ziemlieh kurze Besehrankung ihrer Wirkungen mit naehheriger Riickkehr normaler Verhhltnisse. Dem Na-Ion scheint in nicht hyper- tonisehen LSsungen gar keine Wirkung zuzukommen. Stark hyper- tonische LSsungen (3--4%) zeigen leiehte Erregungssymptome, yon denen aber nieht sicher ist, ob sic dem Na-Ion oder der Hypertonie

(~ber die Wirkung der Kationen Ca, Mg, Sr, Ba~ K und Na usw. 281

zuzuschreiben sind. Wenn in bezug auf das Temperaturzentrum durch massive NaC1-Dosen Erregungen beobachtet wurden, so kann dies, ab- gesehen yon der osmotisehen Wirkung ebenso dureh das Cl-Ion wie dureh das Na-Ion bedingt sein.

Wir haben bei diesen Untersuehungen absiehtlieh nur die Halogen- verbindungen si~mtlicher Kationen benutzt, weil erstens dieses Anion in so grol~er Menge im Blut sieh befindet, dal3 eine spezifische Wirkung der angewandten Mengen nieht zu erwarten war und weil zweitens die Dissoziationskonstante ftir die versehiedenen Salze so am ehesten gleiehmi~l~ig ausfallen dtirfte.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

Durch intrazerebrale Injektionen der Chloride des Ca, Mg, Sr, Ba, K und Na wurde versucht festzustellen, welche besonderen Wirkungen die betreffenden Kationen auslSsen k(innen.

Das Ca-Ion bedingt yon der Infundibulargegend aus in Mengen von 0,05--1,5 mg je naeh der Tierart beiderseitig eingespritzt einen typisehen Sehlafzustand, begleitet yon allen aueh fiir den Sehlaf des Menschen eharakteristischen Begleiterscheinungen. Von anderen Gehirnstellen aus ist in derselben Dosis das Ca gar nicht oder nur schwaeh wirksam.

Dem Mg-Ion kommt eine nut undeutliehe Wirkung zu, die au6er- dem erst in wesentlich grSl]eren Dosen als t)ei Ca auftritt.

Bei dem Sr-Ion kommt es zu einer Misehung yon Li~hmungs- und Erregungssymptomen, die gar nichts charakteristisches haben und bereits einen toxischen Einschlag zeigen mit teilweiser unvollkommener Rever- sibiliti~t.

Das Ba-Ion ist weitaus das giftigste, seine Wirkung besteht nut in starker Erregung, namentlich motoriseher Art, die sich yon allen Gehirn- stellen aus, am leichtesten vom Seitenventrikel aus, erzielen l~l]t; die Wirkung ist nut schwer reversibel.

Das K-Ion vermag namentlieh yon der Infundibulargegend aus psychische und motorische Erregung hervorzurufen. Die Symptome gehen ziemlich rasch vortiber und sind dutch eine Ca-Injektion in die Infundi- bulargegend sofort zu unterdrticken. Von anderen Gehirnstellen aus lassen sich keine charakteristischen oder einheitlichen Wirkungen erzielen.

Dem 5~a-Ion scheint keine charakteristisehe Wirkung zuzukommen. Erst wenn stark hypertonische LSsungen angewendet werden, treten leichte motorische Reizerscheinungen auf, die sowohl dutch die Hyper- tonie an sich, wie dutch das Na- oder Cl-Ion bedingt sein kSnnen. LS- sungen yon 0,7--2~ ') sind yon alien Hirnstellen aus indifferent.