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Über die Wirkung des Morphins auf die Atmung der weißen Maus

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Page 1: Über die Wirkung des Morphins auf die Atmung der weißen Maus

Aus dem Pharmakologisohen Institut der Universit~t Gra~. (-Vorstand: Professor Dr. W. Blume.)

Uber die Wirkung des MorpMns auf die Atmung der weilten Maus.

Von Wilhelm Blume.

Mit 6 Textabbildungen.

(Eingegangen am 20. Jun~ 1942.)

Wghrend die Wirkung des Morphins auf die Atmung des Menschen und der iiblichen grSB3ren Versuchstiere vielfach untersucht worden ist, sind wir noch nicht fiber die Wirkung des Morphins auf die Atmnng der weil~en Maus unterriehtet. Eine derartige Untersnchung ist insofern yon Interesse, als dem Morphin an der Maus im Gegensatz zu den bekannten Erfahrnngen an anderen Versuchstieren und am Mensehen nach Pu 1 e wk a 1 eine erregende bzw. erregbarkeitssteigemde WJrkung auf das Atemzentrum zukommen soil. Nach Pu 1 e wka tritt im Gaswechselversuch an der weiJ]en Maus in den der Einspritzung folgenden Minuten eine den Sauerstoff- verbrauch wesentlieh iibersteigende Ausscheidung yon Kohlens~ure auf, die als Folge einer erregenden oder erregbarkeitssteigernden Wirkung des Morphins auf das Atemzentrum angesehen wird. Ebenso beobaehtete Pu 1 ewka naeh subeutaner Morphininj ek~ion eine Erweiterung der Pupillen der wei]en Maus, die im gleiehen Sinn als Ausdruek der Abnahme der Blut- kohlens~ure und der Erregung des Atemzentrums gedeutet wird.

Da eine Methode zur Bestimmung der AtemgrN]~ der Maus bisher fehlte, waren nut diese mittelbaren Schlu]]folgerungen fiber die Wirkung des Morphins auf die Atmung der wei]]en Maus mSglich. Friiher babe ich eine Methode zur Messung and Registrierung des Atemvolumens kleiner Versuehstiere entwiekelt (B~ume "~). Sic ist geeignet, die Atemgr6~e der wei~en Maus mit hinreichender Genauigkeit zu bestimmen: Dariiber hinaus gibt die optiseheRegistrierung dieM5gliehkeit, in der aufgenommenen Kurve die Aufeinanderfolge der jeweils gefSrderten Luftvolumina messend zu verfolgen und dureh den Verlauf der Kurve Einbliek zu gewinnen in die Besonderheiten der normaten Atmung, wie der Atmung unter der Wirlrung des Morphins. Der Zweek der vorliegenden Versuche ist daher, zun~ehst die normale Atmung der Maus kennenzu]ernen, weRerhin die Morphinwirkung zu studieren und so aueh die Frage zu entseheiden, ob dem Morphin eine seinem son~tigen Wirkungseharakter an der Maus

1 Pulewka, P.: Naunyn-Sehmiedebergs Arch. 123, 259 (1927). -- 2 Blume, W.: Ebenda 180, 616 (1936).

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entsprechende erregende Wi rknng auf das A t e m z e a t r u m zukommt oder nicht . Die nachs tehenden Versuche solien ferner zeigen, dal] die weille Maus auch zu pharmakologischen Un te r suchungen am A t e m z e n t r u m branchbar ist.

Versuehsanor~ung. Als Versuohstiere dienten weilSe M~use, deren Gewieht durchschnitthch 25 g

betrug. Es wurden aueh Tiere unter 20 und t~ber 30 g verwendet. Die Versuche wurden, mit Unterbrechungen, im Verlaufe des Jahres !941 durohgeffihrt. Das Morphin kam als salzsaures Salz in 0,9 ~ Kochsalz15sung gel~st, subcutan mit einer Tuberkulinspritze unter die Riickenhaut gespritzt, zur Anwendung. Es staramte yon der I-Ieilmittelstelle Wien. Die injizierten Volumina betrugen durch- sehnittlich 0,1 bis 0,2 com.

Zur Messung und Registrierung der Atmung wurde die in der friiheren Arbeit (s. oben) angegebene Versuchsanordnung verwendet. Erg~nzend ist tfierzu neck

folgendes zu bemerken: Die Glasmaske, die der Malls fiber den Kopf gestiilpt wurde, ist mit einer seitlichen 0ffnung versehen, die jeweils zur ~essung mit dem Dauraen verschlossen wird. Der tIiipfer (s. Abb. 1, oben) besteht aus einer 8 ~ starken Aluminiurafolie, die yon der Firma Rheinische Blattraetall A.-G. in Grevenbroieh (Niederrhein) entgegenkoramenderweise zttr Verfiigung gesteUt wurde. Die beiden sehr sorg- f~ltig gearbeiteten Scheiben sind mit Cellonlack an die Stirnseiten desVerbindungszylindersgeklebt. Der

Abb. 1. Der Aluminiumhiipfer. I-Iiipfer wurde mit eigens dafiir hergestellten Werk- ErHiuteruag s. Text.

zeugen yon I-Ierrn Universit~tsraechaniker E d u a r d G i i n t h e r , Bona, Richard Wagnerstral~e 11, ange-

fertigt, und zwar in zwei Ausfiihrungen: 1. Fiir das enge Rohr Abb. 1 oben 1 ccm = 5 em Roba'l~nge, und 2. fiir das weite Rohr, •bb. 1 unten i ccm = 1 em Rohr- l~nge. Das weite Rohr dient fiir die Ateravolumenraessung an Ratten und ~eer- schweinohen. In den vorliegenden Versuehen an M~iusen wurde nur das enge Rohr verwendet. Um 'ein mSgliehst reibungsloses Gleiten des Hiipfers zu ge- wahrleisten, hat es sick als zweckmaBig erwiesen, die Prazisionsglasrohre innen mit I-Iilfe yon Pariser Rot zu polieren.

Die Mel~vorrichtung wurde nach raeinen Angaben yon der Firma E. Zimmer- mann, Leipzig, mittels eines trichterf6rmigen, mSglichst lichtdichten Sohachtes mit einem Photokymographion verbunden und die gesamte Anordnung auf einen fahrbaren Tiseh raontiert. So ist die friihere etwas umst/indliche Projektion in die Dunkelkammer iiberfltissig geworden und die Aufnahmen k6nnen leicht bei hellera Tage in e i nem Raura yon e iner Person ausgefiihrt werden.

Die MeBanordnung ist aueh a l l e i n ohne Photokymographion anwendbar. Um mSg]ichst genaue Werte zu erhalten, ist sie zu eiehen. Diese Eichung ist wesent- lieh vereinfaeht, da der rotierende I-Iahn we~aHen kann. Denn wie friiher gezeigt wurde, slnd bei gleichbleibender Offnung des Nadelventils die Sauggeschwindigkeit Vol/Sek und damit das gef6rderte Volumen dasselbe, ob der I-Iahn rotiert oder nicht. Es kommt also nur darauf an, in einem genau abgeraessenen Volumen in der friiher beschriebenen Weise einen Unterdruck yon z. B. 95 mm Hg herzustellen, dieses Volumen mit der Mef~ordnung zu verblnden und nach Offnung des Nadelventils die Zeit festzustellen, wiihrend welcher der Hiipfer eine bestimmte Strecke zurficklegt, und die entsprechend.e Druckzunahrae am Manometer abzulesen. Wit Hilfe des Nadelventils kann die Sauggeschwindigkeit variiert werden. Dieser Sauggeschwin- digkeit entsprieht die ,,absolute Sauggeschwindigkeit" des natiirliehen Atera-

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vorganges. Sic ist gleieh der Summe der Einatmungszeiten, w~hrend weleher der Hfipfer denWeg yon der einen zur anderenAbstandsmarke zurficklegt. Sic ist aus der Atemkurve zu ermitteln, wie welter unten gezeigt wird. An der normalen Maus sehwankt die Sauggeschwindigkeit zwisehen 3 und 6 cem pro Sekunde. Unter der Morphinwirkung sinkt sie bis auf den bisher ermittelten niedrigsten Weft yon S = 0,97 ccm pro Sekunde. Innerhalb des Bereiehs dieser Sauggeschwindigkeiten streuen die N{eflpunkte nieht erheblieh, so dal3 die frtiher gewonnene Kurve aueh naeh erneuter Prfifung gtiltig ist. Es braucht also auch die Hfipfdauer in diesem Bereieh nicht bertieksichtigt zu werden. Das seit 1936 verpaekte Rohr zeigt e eben- falls nach fast 5 Jahren dieselbe Empfindlichkeit, d. h. die untere MeBgrenze betrug 0,022 cem pro Sekunde. Die unter der Morphinwirkung gefundenen NIinimalwerte der absoluten Sauggesehwindigkeit (denn nur diese ist mit den Eichwerten zu vergleichen) liegen also urn fiber das 40 faehe h6her als die untere Mel]grenze. An der Hand der Abb. 2 wird das weiter unten erkl/irt und bewiesen werden.

Die Messungen wurden alle 5 Minuten durehgefiihrt, zwei bis vier G~nge des Hfipiers mit der Stoppuhr in der Hand jeweils beobachtet bzw. registriert und so Volumen, Frequenz und AtemgrSl3e errnittelt.

Um die Atmung w~hrend der Umsehaltung des Luftstromes nicht zu beein- tr~iehtigen, wurde im Augenblick der Drehung des 5-Weghahnes die seitliehe 0ffnung an der Atemmaske durch Abheben des Daumens freigegeben.

Im folgenden entsprechen die Atemvolumina stets den nach der Eiehkurve ermittelten Werten.

Die normale Mausatmtmg.

Die Atemfrequenz der frei unter einer Glasg!ocke s ich b e w e g e n d e n wei~en Maus ist otme besondere Hilfsmittel nut in den kurzen l~ausen, in denen d~s Tier sich ruhig verh~lt, mit der Stoppuhr in der Hand zu z~hlen. Bei den versehiedenen Tieren t re ten die Pausen mehr oder weniger hiiufig auf und da,uern hSchstens ]0 bis 20 Sekunden. Nach zahlreichen Messungen betriigt die durchschnitt]iche Atemfrequenz unter den genannten Be- dingungen 250--350 Atemztige in der Minute. Bei l~inger anhaltender Ruhe und im Schlafe wird die Frequenz spontan herabgesetzt, sie kann dann absinken bis auf 80--90 Atemziige in der Minute. Setzt man das Tier, das sich zun~chst frei unter der Glasglocke bewegte und eine Atem- frequenz yon 250--350 Atemziige pro Mimlte zeigte, in den zur Atem- volumenmessung verwendeten Holzkasten, so n immt die Frequenz eben- falls ~b, zuweilen um 100 Atemziige in der ~inute , durchschnittlieh sinkt sie abet nur um etwa 50 Atemziige gegeniiber der normalen Frequenz. Die dnrchschnittliehe Atemfrequenz im Kasten ist also r~iedriger, als wenn sich das Tier frei bewegt, sie betr~gt 200--300 Atemzfige pro Minute. Vgl. aueh T e s c h e n d o r f 3 und R i k l 4. Die Atemfrequenz steigt sofort, sobald man d ~ Tier aus dem I (as ten he~ausnimmt, sie sinkt, sobald man das Tier ein- setzt. Wahrscheinhch sind diese ~nderungen durch die ver~nclerte Thorax- bzw. Zwerehfellstellung bedingt (He s s 5), denn bei einer besonders zahmen Maus zeigte sieh, dal~ auch die Atemfrequenz nach Enffernung aus dem

Teschendor f , W.: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 92, 335 (1922). -- 4 Rikl, A.: Ebenda 127, 187 (1928). -- 5 Hess , W. R.: Die Regulierung der Atraung, S. 60. Leipzig 1931.

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Kasten stieg, wean no'ch die Glasmaske fiber die Schnanze gestfilpt blieb. Die Fixation erfolgte in diesem Falle vorsiehtig mit der Han4. Da 4as htemvolumen konstant blieb, erh5hte sieh die Atemgr6J~e etwas.

Das Volumen des einzelaen Atemzuges schwankt durchsehnittlieh zwisehen 0,2 und 0~4 ccm bei Miiusen yon 20--30 g Gewicht.

Bei Mgusen yon fiber 30 g Gewieht wurden mitunter Atemvolumina 0,4--0,53 ecru beobaohtet. Ebenso kommen Atemvolumina yon weniger als 0,2 ccm unter normalen Bedingungen nut ausnahmsweise vor. Sie wurden bei Miinsen yon 20 g Gewicht und weniger beobach~et.

Die durehschnittliche Atemgr6ge schwankt entspreehend der dureh- schnittlich beobaehteten Freqnenz und den durehschnittlichen Atem- volumina zwischen 40 und 120 ccm. Bei 20 M~nsen mit dem Dnrchschnitts- gewieht von 23 g betrug die Atemgr61~e durchsehnittlieh 73 com. Bei 26 M~usen mit dem Durehsclmittsgewieht yon 30 g 89 ecru.

Die Normalperiode.

Bei der gro$en Schwankungsbreite der Atemfrequenz der Maus, die schon bei einfacher Beobachtung auffgllt, schehlt es zun~Lchst unmSglich, die Wirkung einer Substanz auf das Atemvolumen und die Atemfrequenz messend zu verfolgen. Die Versuche haben gezeigt, da~ die Sehwierig- keiten bei M~usen nicht gr51ter sind als bei den iiblichen gr5Beren Versuehs- tieren, insbesondere dem Kaninchen. Nach dem Verbringen in den Kasten nnd dem Aufstfitpen tier Atemmaske tritt nach anf~nglichen Abwehr- bewegungen Beruhigung ein, so da$ eine hinreichend gleichm~Ll~ige Norma[- periode in der Mehrzahl der Fi~lle zu verzeichnen ist. Gerade der Aufent- halt in dem Kasten tr~gt dazu bei, die Atmung verh~ltnism/~ig gleieh- m~tl~ig zu gestalten, so wie sie bei freier Bewegung jedenfalls kaum zu be- obachten ist. Der anhaltende Berfihrungsreiz, der dutch die Kastenwand hervorgernfen wird, hat offenbar einen regularisierenden Einflug anf die Atmung, entsprechend der friiheren Beobachtung an unregelm~gig atmen- den aufgeregten Kaninchen. Eine bran&bare Normalperiode kam bei derartigen Tieren zustande, wenn man ihnen einen Wasserpfropfen auf die Nase brachte oder eine kleine Klemme an der Nase fixierte (Blume 6).

Schwankungen um die oben angegebenen Normalwerte der Atem- grgSe um dz 5, seltener nm ~ 10 cem, kamen jedoch vor. Vet jeder Mor- phininjek4ion wurde eine Normalperiode von 1/2 bis 1 Stunde in jedem Faile beobaehtet.

Die Morphinwirktmg auf die Atmung der Maus naeh subeutaner Injektion.

Nach Dosen yon 1--2 mg salzsauren ~orphins pro kg Maus, in physio- logischer KochsalzlSsung subcutan injiziert, wurde ausnahmsweise in

6 Blume, W.: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 133, 202 (1928).

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Tdber die Wirkung des Morphins auf die Atmung der weil~en Maus. 393

einzehlen Versuchen eine Frequenzsteigerung um etwa 100 Atemzfige pro Minute festgestellt. Sie t r ~ 3--~ Minuten naeh der Injektion auf und hielt bis gu 1 Stunde an. Die AtemgrSBe gnderte sieh jedooh nicht, da das Atemvoiumen entsprechend sank.

In ahnIicher Weise wurde eine Reihe yon Versuchen mi~ je 2,5, 5 und 10 mg Morphia pro kg Maus durchgeffihrt.. Verlauf und Dauer der Wirkung waren trotz der Versehiedenheit der Dosen grundsatzlich dieselben. Die Wirkung setzte sofort Bin, bei vereinzelten Versuehen mit 2,5 mg pro kg Maus erst naoh einigen, spiitestens nach 5 Minuten. Es wird in jedem Falle die Frequenz herabgesetzt, anf/inglich kann gMchzeitig das Volumen steigen, so dab die AtemgrS$e sich kurze Zeit auf der Norm hglt, dann nimmt abet auoh das Volumen des einzelnen Atemguges ab und die Atem- grSl]e sinkt. Durehsehnittlich geht das Atemvoiumen auf rund 60--70 % der Norm, die Atemgr6f~e en~spreehend der g'rS~eren Abnahme der Frequenz auf 30--403/0 der Norm zurfiek. Die Dauer der Wirkung erstreckt sieh durchsehnittlich auf 31/e--41/~, Stunden naoh der Injektion. Mit dem Ab- klingen der Morphinwirkung geht meist sine Steigerung der Atemfreqnenz einher, mit der eine geringe Zunahme der AtemgrSlae verbunden ist. Erneute InjelGion yon 2,5 bzw. 5 mg pro kg Maus zeigten grundsgtzlich am selben Tier diesetbe Wirkung auf die Atmung, wenn die Wirknng der ersten Dosis abgeklungen war, in ~bereinstimmung mit Versuchen Grf iningers v am Kaninchen.

20 mg pro kg Maus, subeut~n verabreicht, setzten die Atemgr6Se auf 15 % der Norm herab. Die Wirknng hidt tiinger, his gu 24 Stunden an. Bei einzelnen Tieren trat naeh diesen naeh der Literatur sehr kleinen Dosen sehon der Ted ein.

Bei grSBeren G~ben, 50, 100, 200 mg Morphin pro kg Maus, wurde die AtemgrSl~e nieht weiter herabgesetzt, dagegen zeigten sich bei diesen Dosen Krgmpfe, wie sie bei Gaben yon 20 mg Morphin pro kg Maus und darunter nicht beobachtet wurden. Die Krgmpfe ~raten meis~ 1--2 Stunden naeh der Injektion auf.

Die AtemgrSBe selbst sagt niehts aus fiber die Gr61]e der einze]nen einander folgenden, vielMcht wechselnden Volumina, fiber die entspreohen- den Zeiten der Ein- und Ansatmung. Hierfiber gibt die photographisch aufgenommene Ateral~rve Auskunft, sic zeigt die EinzeJheiten and damit die Besonderheiten der Atmnng der normalen wie der mit Morphin be- handelten Maus an dem Bewegungsbild des Hfipfers. Dieses Bewegungsbild des Hfipfers stellt eine treppenfSrmige Kurve dar, deren einze]ne Stufen mn so deutticher in Ersche~nung treten, je rascher das Kymographion im Verhaltnis gum Hiipfer l~iuft. Vergleiche die NormaIknrve der Maus- atmung in der friiheren Arbeit a. a. O. und die Normalknrven der vor- liegenden Abbildungen, die bei langsamem Gang des Kymographions auf-

7 Grfininger, U.: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 126, 82 (1927).

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genoraraen sind (durchschnitt[ich 2 ranra gegeniiber 11 rara pro Sekunde in der hfiheren Abbildung).

Zu beraerken ist noch, dal] die angewandte Methode keine MSg[ichkeit bietet, die Ausatraungszeit yon einer raSgliehen gleichzeitig eingetretenen Aterapause abzugrenzen, da in beiden F~iien der Hiipfer stillsteht und dutch seinen Schatten je aaeh der Dauer des Stillstandes ein grSl~eres oder kleineres Reehteck auf dera photographischen Papier abbildet. Wenn also yon der Ausatmungszeit die Rede ist, so besteht die MSglichkeit, dal~ eine Atempanse in die betreffende Zeit rait eingeschlossen ist.

Im folgenden sollen einige eharakteristisehe AtraungsknIven wieder- gegeben werden, wie sie in ~hntieher Form 5fter ~nter der Morphinwirkung der Maus beobaehtet wurden.

Abb. 2. ~orl0hinwirkung auf die Atmung der Maus. Aufgenommen 42 Minuten nach der subcutanen Injek$ion yon 200 mg Morphinhydrochlorid pro kg Tier. Mausgewicht: 16,5 g. Links: Die normale

Atmung beim selben Tier. Zeitsehreibung: Sekunden.

Abb. 2 zeigt die ansgesprochene Morphinwirkung, wie sie an einer Maus von 16,5 g Gewicht nach der subeutanen Injektion von 3,3 rag Morphinura hydrochloricura, eAso yon 200 rag pro kg Maus auftrat, ~eben der Morphinatraungskurve ist die entsprechende ~orraalkurve desselben Tieres abgebildet. Die Aufnahrae erfolgte 42 Minuten nach der Injektion.

Frequenz und Volumen sind erheblich herabgesetzt. Die AteragrSl]e betr~gt 7,7 start 62 ccra in der Norm, ist also auf 11% der Norm gesunken. Aus der Kurve ist auch zn ersehen, dal~ mit wachsenden Ateravolumina die Aterazeiten abnehraen, rait abnehmenden Atemvoluraina die Atem- zeiten wachsen. Bei den sehr kieinen Voluraina nehraen in suffaUender Weise die Ausatraungszeiten gegeniiber den Einatraungszeiten zu. Diese sind auf den I(nrvea ann~hemd ausrae~bar. Der Quotient Ausatmungs- zeit : Einatmungszeit ergibt in der hTorra ira vorIiegenden Falle etwa 1,6. Unter der Morphinwirkung betrggt er nach der vorliegenden Kurve duroh- schnittlich 9,35, also fast das Sechsfache der Norm. Der Ver[auf der Kurve gibt aueh ein Bild der periodisch wechselnden Sanggeschwindigkeit.

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Uber die Wirkung des 1YIorphins auf die Atlnung der weiBen Maus. 395

V Die Sauggeschwindigkeit S = ~-. V = 6 eem ftir einen Gang. t setzt sieh

zusammen aus der Einatraungszeit = te und der Ausatmungszeit = t a (gege- benenfalls Ausatmungszeit + Atempause). Es fragt sieh, ob nieht unter der Morphin- wirkung die Sauggesehwindigkeit unter die ermittelte untere MeBgrenze sinkt, so dab die sehr kleinen Atemvolumina tiberhaupt nieht mehr mit der vorliegenden Methode zu messen sind. Nach der Kurve werden in 64,2 Sekunden 6 ccm ein-

geatmet. Das entsprieht der Sauggeschwindigkeit S -- V 6 t -- 64,2 = 0,0935. Die untere MeBgrenze ist 0,022 ecru pro Sekunde. Sle liegt also unter dem ermittelten Weft der durch die Kurve gefundenen Sauggesehwindigkeit. Die Sauggesehwindig- keit ist als relative Sauggesohwindigkeit S r zu bezeiehnen, denn sic bezieht sieh auf die gesamte Atmungszeit, sie umfai~t also auoh die Zeit, in weleher der Hiipfer stillsteht. Auf den tIiipfer wirkt aber nur das wShrend der Einatmungszeit te geatmete Volumen. Die Einatmungs~eit te ergibt sioh dureh Subtraktion der Summe der von der Kurve ablesbaren Ausatmungszeiten t a yon de rgesamten Atmungs- zeit t. Also t - - t a - - 64,2-- 58 = 6,2 Sek. = te. So erhal- ten wir die absolute Saug-

6 geschwi~digkeit S a --

6,2 = 0,97. Nach der Kurve wir- ken also auf denKt~pfer dureh- sehnittlieh in Wirklichkeit 0,97 cem pro Sek. Ein Wert, der um das 44 faehe die untere Me~grenze i/lbersehreitet. So- mit ist erwiesen, daI~ auch die ausgesprochene Morphin- wirkung auf die Atmung der Abb. 3. Cheyne - Stokessches Atmea an tier Maus. Aufge- Maus mit der vorliegenden nommen 1 Stunde nach der subcutanen Injekt~on yon 5 mg tYie thode m e , b a r i s t . Morphinhydrochlorid pro kg Tier. Mausgewieht: 28 g. Links:

Die relative Sauggesehwin- NormaleAtmungdesselbenTieres. Zeitschreibung: Sekunden.

digkeit entsprieht der Neigung der Kurve gegeniiber der Horizontalen, d.h. die relative Sauggesehwindigkeit ist um so kleiner, je flaeher bei gleicher Umlaufgeschwindigkeit der Trommel des Kymographions, um so grOBer, je steiler sie aufsteigt. VgI. auf Abb. 2 die Normal- kurve mit der Morphinatmungskurve.

Die absolute Sauggesehwindigkeit ist gekennzeichnet dureh den Winkel, den bei der Einatmung der Hiipferweg auf der Kurve mit der Horizontalen bildet.

Die relative Sauggeschwindigkeit ist umgekehrt proportional der gesamten Atmungszeit, einsehliel]lich der Atempausen. Die absolute Sauggeschwindigkeit ist umgekehrt proportional der Einatmungszeit.

Die sehr ausgesp~ochene Morphinwirkung , wie sie die Abb. 2 wieder- g ib t , i s t c h a r a k i e r i s i e r t du tch iange A u s a t m u n g s z e i t e n bei kurzen Ein- a t m t m g s z e i t e n ~md k le inen Volumina . Man beobach te t sie me i s t inner- ha lb der e r s t en S tunden aach In j e l~ ion groBer Morphindosen yon 50rag p ro kg Malls und dariibe~. Sie karm abe r auoh schon Ilach beden t end k le i l l e , en Dosen auf t re ten , wie aus der obigen Abbildur~g zu e rsehen ist .

Die Abb. 3, au fgeaommen nach der In j ek t ion yon 5 mg pro kg Maus, a n einer Maus yon 28 g Gewicht, 1 S t u n d e nach der subcu tanen In jek t ion ,

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396 W. BLU~IE :

zeJgt den Cheyne-Stokesschen Atemtyp. Er ist gekennzeiehnet dutch Atemstillst~nde zwischen den einzelnen Perioden, yon denen 12 siehtbar sind. 10 Perioden beginnen dnrchschnittlich mit einem Atemvolnmen yon 0,1 ccm, das durchschnittlich auf 0,3 ccm wi~chst und dann wieder anf 0,1 ecru zuriickgeht. In zwei Perioden (yon/inks nach reehts in der zweiten und fiinften) nimmt das Atemvolnmen nut zn bzw. ab. Sehr deutlich erkennbar ist die regelm~ige Abnahme der Atemzeiten mit den wachsen:len Volumin~ und umgekehrt, die Znnahme der Atemzeiten mit dem Kleinerwerden der Atemvolumina. Die absolute Sauggeschwindigkeit entspricht mit 1,82 etwa der Norm, wohingegen die relative etwa nut den fiinfzehnten Tell betr~gt�9 Der Quotient Ansatmungszeit : Einatmungszeit bel~tuft sich nach Abzug der grol]en Atempausen auf 6,75:1 gegeniiber 1,86 : 1 der Norm, siehe die nebenstehende Normalkurve. Die Wirkung

auf die Ausatmungsphase ist auch bier sehr ausgesprochen. DieAtemgrS~e be- tr~gt nut 9,5 ccm gegeniiber 82 ecru der Norm. Die Sauggesehwindigkeit innerhalb der Perioden nimmt zu nnd wieder ab. Die grol]en Pansen, zn denen noch die Zeit einer Ansatmung geh5rt, zeigen insofern ebenfalls eine Periodizit~t, als abwechselnd eine kiirzere Pause einer lg~ngeren folgt; so betr~gt die Daner der Pansen yon links nach rechts 2,35 �9 1,25. 3,35- 1,75 �9 3,40.2,3.3,1 �9 1,0.2,1- 1,15.3,65 Se-

Abb. 4. :Periodische Atmnng bei wechselnder kunden. Sauggesehwindigkeit und wechselnden Atem- Die sehr ausgesprochene Morphin- volumina. Dasse]be Tier wie bei Abb. 3. Aufgenommen 21/, Stunden nach der subcn- wirkung auf die Ausatmnngsphase, tanen Injektion yon 5 mg pro kg Marts. Zeit-

schreibu~g: Seku~de~. wie sie die beiden Abb. 2 nnd 3 zeigen, ist bei abklingender oder beginnender

Morphinwirkung kaum festzustellen, wohl ~ber werden Ansatmungs- und Ein~tmnngsphase in gleicher Weise beeinflul3t, daneben ist ~uch deutlich, wie bei nahezu allen Morphinatmungskurven, periodische Atmnng fest- zustellen. Als Beispiel sei die Abb. ~ gebracht.

Abb. 4: wurde beim selben Tier nnd beim selben Versnch wie Abb. 3, abet 21/~ Stunde nach der Injektion yon 5 mg Morphin pro kg Marts erhalten, also bei abklingender Morphinwirkung. Sie kann als das Gegenstiick zur Abb. 3 angesehen werden. Die Perioden bei Abb. ~ werden begrenzt dutch ein bis zwei gr51~ere Atemziige, bei Abb. 3 durch Atemstillst~nde.

Die Abb. 4 zeigt fiinf Perioden, sie nmf~ssen je 8, 14, 12, 14, 22 Atem- ziige. D~s durchschnittliche Atemvolumen innerha.lb der Periode betr~gt 0,11--0,14 cem, die jeweils grSl~ten Atemvolumina am Anfang nnd am Ende der Periode 0,2--0,22 ccm. Die Sanggeschwindigkeit nimmt inner-

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halb der Periode nach dem groBen Atemzug ab und wieder an, his der ngchste groge Atemzng erfolgt. Der Quotient Ausatmungszeit:Ein- atmnngszeit betr/igt durehschnittlieh 1,95 gegenfiber 1,68 der Normal- period< Die absolute Sauggesehwindigkeit ist 0,57, die relative 0,19, ent- sprechend ist die AtemgrSl~e mit 15,4 ecru gegenfiber 82 der Norm noeh gering. Aber das Verhgltnis Ausatmungszeit :Einatmungszeit entspricht schon weitgehend der Norm.

In ghnlieher Weise wird periodisehe Atmung aueh bei b eg innende r Morphimvirkung beobachtet. Sie kommt ebenfalls durch weehselnde Sauggeschwindigkeit zustande. Trotz des Weehsels der Sauggesehwindig- keit kSnaen die einzelnen Atemvolumina armghernd gleich bleiben. Der Wechsel der Sauggeschwindigkeit ist dana bedingt dutch eine diesem

a b e

ADD. 5. Die drei Kurven der ADD. 5 s tammen yore selden Tier. l~fausgewieht: 19,5 g. a) Die normale Atemkurve. D) Kramlofhafte Atmung. Aufgenommen 2l/'= Stunden naeh der snbeutanen Injektion yon 100 nag

!Viorphinhydrochlorid pro kg Tier. e) Krampfhaf te Atmung. Aufgeaommen 31/2 Stunden naeh der subcutanen Injektion yon 100 mg

:~Iorphinhydrochlorid pro kg Tier. Zeitschreibung: Sekunden,

Weohsel entsprechende Zu- nad Abnahme der Atmungszeiten, in denen aber annghemd gleiche Voiumina gefSrdert werden. Der Qnotient Ans- atmungszeit:Eina~mungszeit hat sich gegenfiber der Norm nicht ver- iindert, wohl abet si~d absolute win relative Sauggeschwindigkeit in gleicher Weise gesunken. Entsprechend ist die AtemgiSBe gering.

Fiir die gorphinwirkung an der Mans ist weiterhin charakteristisch die krampfhafte Atmung, wie sie nut nach Dosen yon 50 mg Morphin pro kg Maus nnd dariiber zu beobachten ist. Zwei hgufiger beobachtete Formen der krampfhaften Atmung zeigt die Abb. 5.

Die Kurven dieser Abbildung stammen vom setben Tier and wurden 21/2 Stunden (b) bzw. 31/2 8tunden (c) naeh der Injektion yon 100rag salzsauren Morpbins pro kg Maus aufgenommen. Links ist fiber a die normale Atmung dieses Tieres aufgezeiehnet. Die Kurve b der Abb. 5

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398 W. BLv~i~:

zeigt Gruppen kleiner, langsamer Atemzfige, wechseind mit Gruppen grofter frequenter, so da~ auch hier wieder Perioden auftreten. Die ldeinen Atemzfige weisen ein Volumen auf, das unter 0,t ccm sinken kann, dabei ist die Ausatmungszeit relativ fang, im Gegensatz zu den groften Atemziigen, deren Volumen maximal auf 0,58 cem, also auf mehr als das Doppelte des einzelnen normalen Atemzuges steigen kalm, bei ~erh~tltnism~ig kieinen Ausatmungszeiten. Eine genauere Aus- messung der Zeiten ist bei langsamem Gang des Kymographions kaum mSglieh. Die AtemgrSl~e ist bei dieser krampfhaften Atmung auf 85 ge- stiegen, hat aber die Norm, die mit 120 sehr hoeh lag, nicht erreieht.

Beim Fortbestehen der krampfhaften Atmung werden die Atemzfige immer gr5ger, abet die Ausatmungszeiten nehmen bedeutend zu, so wie es aim Zeichen ausgesproehener Mbrphinwirkung friiher nut bei kleinen Atemziigen beobachtet wurde. Die Kurve c der Abb. 5 zeigt yon links nach rechts 10 und ansehliel]end 9 sehr tiefe Atemzfige yon einer GrSge bis z u l ecru, dazwischen r und 5 minimale Atemziige yon 0,1 ecru und darunter, denen wie sonst unter der Morphinwirkung lange Ausatmung s- zeiten bzw. Atempausen folgen. Die tiefen Atemzfige erreiehen maximal mehr a]s dam Dreifaehe der Norm. Die Pausen zwisehen den einzelnen Atemzfigen (Ausatmungszeit-b Atempause) weehseln zwisehen 0,5 und 3,2 Sek'anden, entspreehend nimmt die relative Sauggeschwindigkeit ab bzw. zu. Die absolute Sauggesehwindigkeit entsprieht etwa der Norm. Wesentlieh ist abet der Quotient Ausatmungszeit : Einatmungszeit gegen- fiber der Norm ver~ndert. Im vor]iegenden Falle bel~Luft er sieh alff 1116 bis 13,7 gegeniiber 1,65 bis 1,75 der Norm. Die grol]en Ausatmungszeiten bzw. Atempausen sind wohl als Ausdruek hSchster Erregung bei grSl~ter ErsehSpfbarkeit dutch den Krampfzustand oder als Hyperventilations- apno~ anzusehen.

Die vorliegenden Versuche zeigen, dal~ bei allen wirksamen Morphin- dosen an der Maus periodische Atmung auftreten kann. Die Morphin- wirkal~g all der Maus ~iu]ert sieh in einem periodischen Wechsel der Saug- geschwindigkeit, anf~nglich bei ann~hernd gleiehbleibenden Atemvolumina, sparer bei wechseInden Atemvolumina (Abb. 2, 3 und r Charakteristisch ist welter ffir die Morphiuwirkung der hohe Weft des Quotienten Aus- atmungszeit:Einatmungszeit mit dem Auftreten kleiner Atemzfige bei starker Morphinwirkung. So kommt es sehliel~lieh mit waehsender Aus- atmungszeit zu Atemstillst~nden.

Die Formen periodiseher Atmung, die in den Abb. 2, 3, 4, 5 wieder- gegeben sind, kSnnen, wie gezeigt, bei den verschledensten Morphindosen auftreten.

Die krampfhafte Atmung wird nut bei Dosen von 50 mg und hSher beobaehtet. Auf der H5he der Krampfatmung w~ichst der Quotient Aus~ atmungszeit : Einatmungszeit bei gr o~ el1, t i efen Atemzfigen, zum Unter- schied vonder sonst beobaehteten Morphinwirkung. Auch die krampfhafte Atmung zeigt periodisehen Charakter.

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fiber die Wirkung des Morphins auf die Atmung der weil~en Maus. 399'

Alle gesehilderten Formen der periodisehen Morphinatmnng kSnnes_ aueh naeheinander beim selben Tier beobachtet werden. Liegt die gew/~hlte Dosis fiber 50 mg pro kg, so zeigt sich auch die periodische Krampfatmung.

Die Tatsache, dal~ therapeutiseh u.a. sensible Reize angewandt werden, um bsi Vergiftungsfgllen dnreh l~forphin die darniederliegende Atmung in Gang zu bringen, fiihrte dazn, die Wirkung einfaeher sensibler Reize auf die Atmung der normalen nnd der mit Morphin vergifteten Maus zu studieren. Es ist bekannt, wie ausgesprochen namentlich Mguse ins- besondere auf akastisehe Reize reagieren. Daher schien es yon Interesse, aul]er den sensiblen Reizen, Kneifen des Sehwanzes, auch akustisehe Reize (Knipsen mit der P4ant-Klemrne) in ihrer Wirlmng auf die normale und die Atmung der mit Morpbin behandelten Maus zu studieren. Es schien~

a b

[Abb. 6. a) Wirkung akustiseher (links) und sensibler (reehts) lleize auf die n o r m a l e A t m u n g tier Maus,. b) Wirknng akustiseher (links) und sensibler (reehts) [geize auf die N o r p h i n a t m u n g der Maus.

Aufgenommen 22 Ninuten naeh tier subentanen Injektion yon 20 mg l~Iorphinhydroehlorid pro kg Tier. Die Augenblieke der l~eizung sind dutch Punkte gekennzeiehnet. Zeitsehreibung: Sekunden.

hierdureh aueh eine N6gliehkeit gegeben, einen weiteren Einbliek in die: Wirkung des Moriohins auf die Atmung der Naus zu erhalten.

Normale Mgnse reagieren auf akustisehen tleiz (Knipsen mit der P6ant-Klemme) mit einem grSl3eren Atemzug, zuweilen mit einer ErhShung der Frequenz, oft iiberhaupt nioht. Auf sensible Reize (Kneifen des Schwanzes) kann man bei einfacher Beobaohtnng eh~er normalen Maus an der Bewegung der Barthaare feststellen, dab die Atmung verlangsamt; wird. Die Registriernng der Atmung ergibt noeh welter, dab mit der Verlangsamung der Atmung aaf den Kneifreiz aueh die Atemvolumina zunehmen. Ist die Frequenz normalerweise gering, so wird sie dureh Kneifreize erhSht. Vergleiehe hierzu aneh entspreehende Beobaehtnngen am Mensehen (Henderson s und Meyerg).

s Henders on: Amer. J. Physiol. 25, 385 (1910) ; John Hopkins hosp. reports~ 21,233 (1910); zig. naeh Bayer, O.: I-Iandb. d. norm. u. pathol. Physiologie 2, 252. (1925). -- 9 Meyer: J. physiol. 48, 47 (1914).

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400 W. BLu~:

In der vorstehenden Abb. 6 ist auf der Knrve a die Wirkung zweier akustischer Reize und dreier sensibler Reize auf die Atmung der normalen Ma~s zur Anschauung gebracht. Beim ersten Reiz, auf der Kurve dutch einen Punkt gekennzeichnet, nimmt das Volumen eines Atemznges yon 0,18 auf 0,21 zu, sonst ist niehts Besonderes festzustellen. Atff den zweiten akustischen Reiz ist keine Wirkung erkennbar.Dagegen zeigen die sensiblen Reize sehr deutliche Wirkung: Bei Befiihrnng des Sehwanzes erfolgt ein minimaler Atemzug, ansehlie]~end eineAtempause (Ansatmung § Pause) v o n 2,1 Sekunden Dauer, wiederum ein mi~imaler Atemzug und darauffolgende gleicheVolumina yon 0,25 ecru bei gleichbleibend er Sauggeschwind~gkeit, Das Volumen ist yon 0,18 ecru vor dem Reiz auf 0,25 ccm gestiegen. Bei zwei weiteren Reizen ist die Wirkung ~hnlieh. Zu Beginn trod zum Ende der jeweils eintretenden Pausen je ein sehr kleiner Atemzug. Die Dauer der Pausen nimmt regeIm~l~ig ab, yon 2,1 anf 1,1 und sehliel~[ich auf 0,57 Se- kunden. Der Atemstillstand war nicht in jedem Fall zu erhalten, wohl aber die Wirkung auf die Atemvolumina, die auf den sensiblen Reiz bin grSl~er wurden, zwisehen den Reizen aber gleich blieben.

Naeh den vor!iegenden Versuchen ist also zu sagen, dal] am normalen Tier der Einflul~ des angewandten akuStisehen Reizes. auf die Atmnng gering ist und in einer ErhShung.der Frequenz besteht; dal~ sensible Reize (Kneifen des Schwanzes ) starker wirken, indem sie Atemvo]umen und Frequenz erhShen kSnnen, in einzelnen F~llen kann sogar, wie in dem vor- liegenden, Atemstillstand eintre~en. In anderen gehen den erhShten Volumina eine t~eihe einzelner kleiner Atemziige voraus, ohne dab Atem- stillstand eintritt. Die Sanggesehwindigkeit bleibt zwischen den einzeinen Reizen konstant. Genauere Untersuchungen, die Reize ihrer Intensit~t naoh zu variieren, wurden nicht angestellt, da es ja nut darauf ankara, ~iberhaapt den Einflul~ der genannten Reize auf die Atmnng zu zeigen.

Im Gegensatz hierzu sind unter der Morphinwirknng die Reaktionen auf akustische wie sensible Reize in eigentiim]ieher Weise refUnd err: Es gelingt, wie ein B]ick auf die Abb. 6, Knrve b, zeigt, wiIlktirlich Perioden allm~hlich zu- nnd abnehmender Sauggesehwindigkeit zn erzeugen. Die sensorisehen und sensiblen Reize sind offenbar nach Morphinbehandlung der Tiere wirksamer. Das kSnnte jedoeh nach der Kurve bei der ohnehin ver]angsamten Atmung vorget~useht sein, da bei entspreehend rascherem Gang des Kymographions die Ausschl~ge der Atemregistriernng anf der Kurve gr5]er werden. Eine Vergleichung mit einer Normalkurve mit rasehem Gang, die bier nicht abgebifdet ist, zeigt jedoch deatlich, daf~ die Reaktion nach Morphin nicht nur charakteristisch vergndert, sondern auch wahrscheinlich der angewandten Morphindosis entspreehend intensiver ist: Vergleiche auch die ]~eobachtung yon S t r au b lo am Morphinkaninchen.

10 Straub,W.: Bioohem. Z. 57, 159 (1913).

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Uber die Wirkung des 3/Iorphins au~ die Atmung der weigen Maus. 401

Der linke Ast d er Kurve zeigt zuniichst die Wirknng yon vier auf- einanderfolgenden aknstischen Reizen auf die Atmung. (Auf der Knrve durch vier Punkte bezeichneg.) Auf den ersten Reiz erfolgt ein gro/~er Atemzug yon 0,3 corn, auf den zweiten drei Atemziige yon 0,3 bis 0,32 ccm, auf den dritten und vierten je zwei yon 0,3--0,32 ccm. Diese grol~en Atemziige seh]iegem wie die Kurve zeigt, jeweils eine offenbar dnrch akustisehen Reiz entstandene Periode allmghlich abnehmeader Sang- geschwindigkeit ein. Die innerhalb der Perioden unxegelm~igig weehselnde GrSf~e der einzelnen aufeinanderfolgenden Atemvolnmina ist wohi als Ansdrnck der Interferenz der nrspriingliehen durch )/iorphin bedingten periodischen Atmnng mit der nenen durch den aknstischen Reiz ent- standenen zu deafen. Das durchschnittli&e Volumen des einzelnen Atem- zuges betrggt 0,26 ccm.

Viel eingreifender wirken Ifmeifreize auf die Atmung. Siehe rechten Ast der Knrve b, Abb. 6. Es werden dureh die Kneifreize nette, charak- teristische Perioden erzeugt. Anf jeden der drei Kneifreize wnrde das Volumen eines Atemznges yon 0,26 auf 0,31, maximal auf 0,38 ccm ver- grS~ert. Anf den ersten Reiz trat unmitgelbar, anf den zweiten nnd dritgen Reiz erst naeh ein his drei kleinen Atemziigen eine Atempanse yon 2,0, 1,2 und 1,8 Sekunden Dauer ein. Den Pausen folgen regelm~il]ig wachsende Atemvolnmina yon 0,15--0,26 ccm bzw. yon 0,18--0,32 ccm allmahlich steigender Sauggeschwindigkeit, die, wenn kein neuer Reiz gesetzt wird, entsprechend der Cheyne-Stokesschen Atmung abnimmt, wie andere hier nicht wiedergegebene Knrven zeigten.

Bespreehung der Versuchsergebnisse.

Die in der Einleitnng aufgeworfene ~rage, ob dem Morphin eine erregende Wirkung anf die Atmnng der Maus znkommt, wie Pu lewka annimmt, ist dahin zu beantworten: Durch Morphindosen yon 1--2 mg pro kg Maus kann es in vereinzelten F•len zu einer ErhShnng der Atem- freqnenz kommen, olme dal3 die AtemgrSl3e znnimmt. In der Mehrzahl der Fglle wird aneh dureh kleine Morphingaben die Atmnng gel~hmt. Vielleicht entsprechen die vereinzelten g~ille erhShter Atemfreq~enz nach kleinen 5{orphindosen den ebenfalls nich~ regelm~Ng beobachteten Stoff- wechselsteigernngen an Miiusen nach Morphin, wie sie Pul ewka beschreibt. Eine erregende Wirknng des Morphins auf die Atmung ist jedoeh hiiufig als Nachwirkung Meiner nnd mitglerer Dosen yon 2,5--20 mg Morphin pro kg ?Claus festzustellen. Kleine nnd mittlere lV[orphindosen setzen abet sofort naeh der Injektion die Atmnng herab.

Groge Morphindosen, 50 mg pro kg ~aus nnd hSher, fiihren zu krampf- halter Atmnng, die, wie oben geschilder~ wnrde, entweder dutch rasche schnell aufeinanderfolgende Atemziige wechselnder GrSl3e eharakgeris~ert

Archly f. experiment. Path. u. Pharmakol. Bd. 200. 26

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402 W. B]~u~r~:

ist oder durch verlangsamte wesentlich Vertiefte Atmung. Dieser Morphin- wirkung folgt nahezu regelm~tl3ig der Tod der Versuchstiere.

Die Morphinwirkung an der ~aus iiul~ert sich in einer Herabsetzung der Atemfrequenz und des Atemvolnmens. Die Dauer der Exspiration und der Inspiration wird verNingert. Namentlieh bei grSi~eren Dosen wird vor allem die Exspiration betroffen, entsprechend den Versuohen yon Schoen n am Kaninohen. Die Zeit der Exspiration iibertrifft die der Inspiration dann um das Mehrfache. Naeh der vorliegenden ~ethode schliel~t die Ausatmnngsperiode mggliche Atemstillst~nde mit ein. Die Wirkung anf die Ausatmungsphase kann sioh schon bei kIeinen Dosen geltend maehen, tritt aber meist erst bei grolten, 50 mg Morphin pro kg Maus und dariiber in die Erscheinung.

Unter der Morphinwirkung gndert sich nicht narder Atemtyp, sondern auch der Atemrhy~hmus. Es zeigen sich rerschiedene Formen periodischer Atmung, yon denen die am hgufigsten beobachteten oben geschildert sind. Die Formen periodischer Atmung, wie sie die Abb. 2, 3, 4, 5 zeigeu, kSnnen bei den verschiedensten Dosen yon 2,5--200 mg Morphin pro kg Maus auftreten. Die Cheyne-Stokessche Atmung wurde bereits bei 5rag lgorphi~ pro kg beobachtet. Die krampfhafte Atmung (Abb. 5) tritt nnr nach Dosen yon 50 mg pro kg und dariiber auf.

Die X~derungen der Atmung, wie sie nnter der Morphinwirkung an der ~aus sich zeigen, entsprechen etwa den Atemformen, wie sie nach stufenweiser Abtragung des Hirnstammes yon Lu msd en m beobachtet wurden.

Aus den vorliegenden Versuchen geht weiterhin hervor, dab die An- sprechbarkeit des durch ~[orphin gelghmten Atemzentrnms auf akustische und sensible Reize gegenfiber der Norm erhSht sein kann, dab abet das Atemzentrum gegeniiber diesen Reizen Viel ieichter erm~idbar ist als im normalen Zustand. Die Wirkung der genamlten akustischen Reize auf die Atmnng des normaIen Tieres ist gering oder iiberhaupt nicht fes~zustellen, wghrend nach M0rphinbehandlung auf akustjschen Reiz ein his drei grS~ere Atemziige erfoIgen, an welche sich eine Periode abnehmender Sauggeschwin- digkeit mit wechse]nder GrS~e der Atemziige anschliel]t. Sensible Reize (Schwanzlmeffen) fiihren.am normalen Tier, ausnahmsweise nach einer Atempause, meist zur unmittelbaren ErhShung der Sauggeschwindigkeit, die zwischen zwei kurz aufeinanderfolgenden Reizen konstant bleibt, an der Morphinmaus dagegen zu e inem gegeniiber der Norm vertieften Atemzug mit anschliel]ender Atempause und a l lmghl ich anwachsender Zunahme der Sauggeschwindigkeit mit regelmgl~iger Zunahme der Atem- volumina. Der Atemstillstand ist nicht als Folge der ~berventilation dutch den vorausgehenden grdBen Atemzug anznsehen, denn gleich grol]e Atem-

n Schoen, R.: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 135, 157 (1928). -- 1~ Lums- den: a. Physiol. 57,354 (1923); 58, 81 (1923); zit. nach Schoen, R.: a. a. O.

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Uber die Wirkung des iViorphins auf die Atmung der weii3en Maus. 403

ziige beim selben Tier fiihren, wie der linke Kurvenast mit den akustisehen Reizen (Abb. 5) bei b zeigt, nicht zam Atemstillstand. Der Erscheinnng Iiegt die dutch Morphin erhShte Empfindlichkeit des Atemzentrums anf sensible Reize zugrunde. Der Atems~illstand ist wahrscheinlich dem Herz- stills~and beim Go It z sehen Klopfversueh am Frosch an die Sei~e zu setzen. DaB die sensiblen Reize st/irker wirken als die aknstischen, ist wohl nicht nut auf ihre versehiedene Qnalit~t, sondern aueh anf ihre in den vor- liegenden Versnchen verschiedene Dauer znriiekzuf~ihren. Beim akustisehen Reiz handelt es sieh beim einmaligen Xnipsen mit der P6ant-Klemme, wie es in den vorliegenden Versnchen angewandt wnrde, nm einen Reiz yon der Dauer des Bruchteiles einer Sekunde.

Mit dieser erhShten Empfindliehkeit is~ eine gegeniiber der Norm gesteigerte Ermiidbarkeit des Atemzentrums auf sensible Reize verbnnden. Sie zeigt sich darin, da~ die Sanggesehwindigkeit naeh dem gro~en Atemzug mit anschliei~ender Panse al lm/ihl ieh zunimmt. (En~sprechend der Cheyne-Stokessehen Atmung nJmmt sie anch wieder ab, wie andere Versnehe zeigten, die bier nicht wiedergegeben sind.) Am normalen Tier bleibt dagegen die auf den Reiz erhShte Sauggeschwindigkeit innerhalb desselben Intervalls konstant.

W~brend nnter der Morphinwirkung also gleiebzeitig die Empfindlich- keit des Atemzentrums gegeniiber dem Kohlens~nrereiz des Blu~es offenbar herabgesetzt ist, ist die Erregbarkeit desAtemzentrnms gegeniiber anderen Einfliissen, akustischen und sensiblen Reizen, gesteigert. Dem entsprechen frtihere Beobaehtungen am homolateralen Bengereflex des Riickenmarks der dekapitierten Katze (Bin m e 1~). Am normalen Pr~parat isf der Reflex dutch Drehen einer tier in die 1VIusknlatnr gebohrten Nadel, die an der Spitze hakenfSrmig umgebogen ist, ausznlSsen, aber nicht dnrch leiehtes Beriihren des l~elles der betreffenden Extremitgf. Unter der Morphin- wirkung, 20--60 nag pro kg, wird die Empfindlichkeit des Felles gegen geringste Beriihrnng erhebIieh gesteigerf nnd der homolaterale Beuge- reflex prompt ausgelSst, dagegen ist er gegeniiber dem ReLz dutch Drehen der Nadel in der Mnskulatnr erlosehen.

Das Atemzentrum reagiert also als Tell des Riickenmarks unter der Morphinwirkung bei versehiedenen Reizen iitmlich wie das Riiekenmark mif seiner Reflexfunktion, die am homolateralen Beugereflex nntersncht wnrde.

Wie oben gezeigC werden konnte, gelingt es, dnrch willkfirlieh gesetzte periphere, sensible Reize die periodische Atmnng hash Morphin in auf- fallender Weise zu beeinflussen bzw. nene charakteristisehe Perioden zn bilden. Diese Beobaehtungen legen die Vermntnng nahe, da~ fiir das Zustandekommen der periodischen Atmung nach Morphin iiberhaupt periphere nervSse Einfliisse yon Bedenfnng sind, und das ani~erdem

is Blume, W.: Naunyn-Sehmiedebergs Aroh. 119, 24 (1926). 26*

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40~ W. B~u~:

entspreehend den gesehilderten Versnchen die leiehtere Ermtidbarkeit des Atemzentrums dureh Morphin eine Helle spielt. Welches sind nun diese normalerweise anf des Atemzentrum wirkenden t~eize ?

Aui]er durch denKohlensttnrereiz und die Temperatur des Blutes wird das Atemzentrum in seiner natiirlichen Funktion reflektoriseh beeinfluBt. Wit vdssen, dab es unter anderem In- und Exspirationsreflexe gibt, die bei der Spannung bzw. Entspannnng des Lnngengewebes auf dem Wege des Vagus dem Atemzentrum zngelei~et werden 1~. Es sei ferner daran erinnert, dab auch reflektorisch Dauerwirkungen yon der Lungs auf die Atem- muske]n, insbesondere auf des Zwerehfell fiber den sensiblen Vagus be- stehen. Von der Lunge aus wird ja nach der Lnngenffillnng der Zwerch- felltonus bestimmt, yon dem Tiefe and Frequenz der Atembewegungen abhg.ngen. In die Atmung greifen abet auch Reflexe ein, die yon den l~Inske]n, Gelenken und B~tndern des Thorax ausgehen, als propriozeptive Atemreflexe, entspreehend den Eigenreflexen der willkfirlichen Muskeln (Hess, a. a. 0.). Dazu kommen noch periphere sensible Reize, wie sie z. B. dutch die Berfihrung des Felles mit der Unterlage rhythmisch (lurch die A~mung ausgelSst werden, aber in der Norm ffir die Atmung nnter- schwetlig b[eiben. Des geordnete Zusammenspiel slier dieser Einflfisse ergibt die normale Atmung.

Nach den oben gesehi]derten Reflexversuehen am Atemzentrum and den Eigentfimlichkeiten der Morphinwirkung am zentralen Nervensystem ist anzunehmen, dab die versehiedenen Reflexmeehanismen, die auf des Atemzentrum auf versehiedenen Wegen normalerweise einwirken, ebenfalls dureh Morphin nieht alle gleiehmgBig beeinflulR warden. Es kommt znr Bildung heterotoper Reize, vet allem ist hier an die zahlreichen sensiblen Reize der Peripherie zu denken, die anf des Atemzentrum wirken. Ver- gegenwgrtigen wit uns z.B., wie am ~ensehen ein FremdkSrper- oder Entzfindungsreiz im Larynx zu intermittierenden HnstenstSBen, also zu periodischer Atmung fiihren kann, oder wie beim sonst vS1]ig gesunden Mensehen z.B. dutch abnormen Pharynxreiz dutch fibermiiBiges Sehlingen oder durch chemischen Reiz (Versehlucken des Nieotinspeichels b e i m Rauchen) Singultus ebenfalls eine Form periodischer Atmung hervor- gerufen werden kann, so haben wit es in diesen Fg]]en mit dem ~berwiegen �9 eines sensiblen Reizes auf des Atemzentrum zu tun.

Nach den obigen Darlegungen fiber die Wirkung des Morphins auf des Rfiokenmark der dekapi{ierten Katze wird es verstgndlich, wenn dutch Morphin in iihnlicher Weise sonst untersehwel]ige sensible Reize fiir des Atemzentrum iibersehwellig werden und entspreehend zu periodiseher Atmung ffihren, wie sie oben experimentell erzengt wurde. Itierbei ist zu bedenken, dab des Riickenmark und mit ibm das Atemzentrum unter der

1~ Rein, H.: Einffihrung in die Physiologie des Mensohen, 4. Anti., S. 137. Berlin, Springer, 1941.

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Uber die Wirkung des l~Iorphins auf die Atmung der weil3en Maus. 4:05

Morphinwirkung sich im Zustande eines la~enten Krarapfznstandes be- linden, der nieht nnr dutch eine Erregbarkeitssteigerung bzw. Erregung des A~emzentruras gegeniiber sensiblen Reizen, sondein aueh dnrch eine auffallende ErsehSpfbarkeit eharakterisiert ist, entspreehend den ]3eob- aehtungen am Riiekenmark der dekapi~ierten Katze. I-Iier weehselten unter MorphinwJrkung intermittierend Period en hoehgradig ges~eigerte r Reflexerregbarkeit anf elektriseh ausgelSste Reize ab mit Perioden, in d enen dieselben Reflexe anf denselben Reiz erlosehen waren.

Es sehein~ wieh~ig darauf hinzuweisen, dab naeh den vorliegenden Versuchen an der Maus periphere sensible Reize fiir das Znstandekomraen der periodischen Atranng yon Bedentnng sind.

Mi~ dem Anf~reten der krarapfhaften Atraung (Abb. 5) kommg es zu einem sehr ausgesproehenen ~)berwiegen dieser peripheren nervSsen Einfltisse, entsprechend den tetanischen Krampfen, wie sie nach Morphin an der gnus oder anch am Riickenraark der dekapitierten Katze beobaehte~ wnrden, ttier komra~ vor allera aneh die gesteigerte ErsehSpfbarkeit des Riickenraarks und des A~emzentrums in dera periodisehen Anftreten der Krampfatranng znra Ausdruck.

Auger durch Morphin kam~ periodische A~mung erzeugt werden dutch zahlreiehe pharraakotogiseh nnd cheraiseh sehr verschiedene Substanzen wie Lobelin, Nieotin, Yohirabin, CardiazoI, Nrgotarain, Adrenalin, Insulin und Hypophysenhin~erlappenextrakt (S she en is), ferner dnreh Sanerstoff- mange], dnreh allgeraeine Abkiihlung (Biirger 16). Periodisehe Atraung wird endlieh beobachtet bei organisehen Gehirnerkrankungen, bei Kreis- laufst6rungen, bei Ur~raie, ja sogar ira norraalen Schlaf nnd ira Winter- sehlaf beira Igei (Landois-Rosemann17). Ob diese mannigfaltigen Bedingungen, die alle zu ~ihnlieher Wirkung auf die Atraung fiihren, auch mit einer wechselnden Reflexerregbarkeit und leiehteren ErschSpfbarkeit des Aterazentmras verbunden sind, wie es oben ftir das Morphin gezeigt wurde, w/~re noeh zu untersuchen.

Die gegeniiber dera Kaninehen bei der Mans vie1 s~rker ausgesprochene' Neigung zu periodischer Atmnng nach Morphinanwendung steht offenbar rait der gmndsiitzlich zentral erregenden Wirknng des Norphins an der Maus ira Znsaramenhang nnd rait der dann offenbar viel leiehteren Anspreeh- barkeit des Zentralnervensysteras dieses Tieres auf die versehiedenen sensiblen and sensorisehen Reize.

Zusararaenfassung. Das Voluraen des einzelnen Atemzuges der weiBen Maus betr/~gt

0,2--0,4 ccra bei Tieren yon 20-30 g Gewieht.

15 Sehoen, R.: Naunyn-Sehmiedebergs Arch. 138, 342 (1928). --16 Bfirger, M.: Einftthrtmg in d. patholog. Physiologie, 2. Aufl., S. 133 u. 142. Berlin 1936. _ 17 Landois-Rosemann: Lehrb. d. Physiologie d. ~ensehen, 21. Anti., S. 625 (1935).

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406 W. Bnu~E:

Die durchschnittliche A~emgrSBe sehwankt zwischsn 70 and 90 ccm. Ausnahmsweise werden an normalen Tieren AtemgrSBen his zn 40 bzw. 120 ccm beobachtet.

Nach Dosen yon 1--2 mg Morphinhydroch]orid pro kg Maus, subcutan injiziert, wurde in vereinzelten Fiillen sine Frequenzsteigerung um etwa 100 Atemziigs pro Minute beobachtet, die bis z~ 1 Stunde anhie]t. Die AtemgrSBe ~nderte sich nicht, da das Atemvolumen entsprechend sank.

Naeh 2,5, 5, 10 rag Morphinum hydroehloric~m pro kg Maus werden At emvolumen und Frsquenz herabgesetzt, die A temgrSBe geht auf 30--40 % dsr Norm zu~fick. Die Dauer der Wirkung erstreckt sich auf 31/2 bis 4:1/2 Stunden nach der Injektion.

Mi~ clem Abklingen der Morphinwirkung geht meist sine Steigsrung der Atemfrequenz einker, mit der eine geringe Zunahme der AtemgISBe gegeniiber der Norm verbunclen ist.

20 mg Morphinhydrochlorid pro kg Maus setzen die AtemgrSBe anf etwa 15 % der Norm herab. Die Wirkung hielt bis zu 24 Stunden an.

lqach Gaben von 50, 100, 200 mg salzsauren Morphins pro kg Maus wurde die AtemgrSl~e nicht welter herabgesetzt, dagegen zeigten sich bei diesen Dosen Kr~mpfe, wie sis bei Gaben yon 20 mg Morphin nnd weniger pro :kg nieht beobachtet wurden.

Die anfgenommenen Atemknrven zeigen ferner, dal~ bei ansgesproehe- net Morphinwirkung die Ausatmnngszeitsn namentlieh bei kleinen Atem- ziigsn bedeutend zunehmen, so dal3 der Quotient Ausatmungszeit (+ Atem- pause) : Einatmungszeit yon ],6 auf fiber 9 steigt. Den grol~en Atemziigen entsprechen verhiiitnismgl~ig kleine Atemzeiten.

Bei beginnender oder abklingender Morphinwirkung werden Aus- und Einatmungsphase in gIeicher Weise verI~ngert, so dab der Quotient Aus- atmungszeit:Einatmungszeit gegentiber der Norm wenig vergndeit ist.

Die krampfhafte Atmung ist" gekennzeichnet dnrch Grappen kleiner langsamer Atemziige, die mit Gruppen groBer frequenter Atemziigs wechsein. Die kleinen Atemzfige weisen ein golumen auf, das unter 0,1 ecru sinken kann, dabei ist die Atmungszsit relativ lang, im Gegensatz zu den groBen Atemziigen, deren Volumen auf mehr als das Doppelte der ~Iorm steigen kann, bsi verhiiltnism~Big kleinen Atmungszeiten.

Beim Fortbestehen der krampfhaften Atmung werden die Atemziigs immsr griil~er, sie erreichen das Dreifache der Norm, aber die Ausatmungs- zeiten nehmen bedeutend zu, so wie das als Zeiehen ausgesprochener Morphinwirkung sonst nur bei kleinen Atemziigen beobachtet wird.

Unter der Morphinwirkung ~ndert sich nicht nur der Atemtyp, sondern auch dsr Atemrhythmus. Es zeigen sich verschiedene Formen periodischer Atmung bei sehr verschiedenen Morphindosen, angefangen yon 2,5 mg pro kg Maus anfwgrts.

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Uber die Wirkung des Morphins auf die Atmung der weiBen Maus. 407

Diese Formen periodischer Atmung sind eharakterisiert dureh einen Wechsel der Sauggeschwindigkeit bei annghemd gleiehen Atemvolmina oder bei wechse]nden Atemvolnmina.

Perioden mit weohselnder Sauggesehwindigkeit bei wechse]nden Volnmina lassen sich dutch akustisehe nnd sensible Reize an mit Moriohin behandelten Mgusen hervorrufen.

Es wird auf die Bedeutung der periloheren Reize fiir die Entstehung der periodischen Atmung nach Morphin hingewiesen.

Die vorliegenden Untersuchungen zeigen, dab mit der angewandten Methode die Maus auch fiir pharmakologisehe Untersuehungen am Atem- zentrum brauehbar ist.

In der vorliegenden Arbeit wird zum ersten Male die S a u g g e s e h win - d igke i t fiir die Pharmakologische ~nalyse der Wirkung einer Substanz auf das Atemzentrum beriicksichtig*.