10
XX. Aus dem Pharmakologisehen Institut der Westfalischen Wilhelms- Universitgt Miinster i. West. [rber die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und Blutmilehs~ure. u Max BSmer. (Mit 10 Kurven und 5 Tabellen.) (Eingegangen am 23. I. 1930.) Io fJber de~ Milchsauregehalt des Blutes unter der Einwirkung yon Giften liegen bisher nur wenige Untersuchungen vor. Das hat seinen Grund darin, dal~ his vor wenigen Jahren keine brauehbare Methode zur fortlaufenden Untersuchung der Blutmilchs~ure zur Verft~gung stand. Als brauehbarste Mikromethode zur Milehsgurebestimmung er- seheint die kolorimetrisehe Methode yon Mendel und Goldseheiderl), mit welcher Sgmtliche Milehsgurebestimmungen dieser Arbeit dureh- gefiihrt wurden. , Die Fragestellung der folgenden Untersuehungen sehlie~t sieh an die Arbeit yon Fujii 2) ans diesem Institut an. Fujii hat die Wirkung von Pikrotoxin und Santonin untersucht. Er fand, dal~ unabhgngig yon den Krhmpfen beide Gifte die Milehsgure und den Zucker im Blute stark steigern. Ferner konnte er diese Wirkung dutch die Durehschneidung der Splanehnikusbahn verhindern. Er sehlol~ daraus auf eine zwisehen- gesehaltete Adrenalinaussehtittung dureh zentrale Erregung, deren Folge dann die Vermehrung des Blutzuekers und der Blutmilehsaure sein kSnnte. 1) Mendel und Goldscheider, Biochem. Zeitschr. Bd. 164, S. 163; Bd. 202, S. 390. 2) Fujii, tiber die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker, l~Iilch- s~ure und Alkalireserve. Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1928, Bd. 133 Hft. 3/4.

Über die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und Blutmilchsäure

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Page 1: Über die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und Blutmilchsäure

XX.

Aus dem Pharmakologisehen Institut der Westfalischen Wilhelms- Universitgt Miinster i. West.

[rber die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und Blutmilehs~ure.

u

Max BSmer. (Mit 10 Kurven und 5 Tabellen.)

(Eingegangen am 23. I. 1930.)

Io

fJber de~ Milchsauregehalt des Blutes unter der Einwirkung yon Giften liegen bisher nur wenige Untersuchungen vor. Das hat seinen Grund darin, dal~ his vor wenigen Jahren keine brauehbare Methode zur fortlaufenden Untersuchung der Blutmilchs~ure zur Verft~gung stand.

Als brauehbarste Mikromethode zur Milehsgurebestimmung er- seheint die kolorimetrisehe Methode yon Mendel und Goldsehe ider l ) , mit welcher Sgmtliche Milehsgurebestimmungen dieser Arbeit dureh- gefiihrt wurden. ,

Die Fragestellung der folgenden Untersuehungen sehlie~t sieh an die Arbeit yon F u j i i 2) ans diesem Institut an. F u j i i hat die Wirkung von Pikrotoxin und Santonin untersucht. Er fand, dal~ unabhgngig yon den Krhmpfen beide Gifte die Milehsgure und den Zucker im Blute stark steigern. Ferner konnte er diese Wirkung dutch die Durehschneidung der Splanehnikusbahn verhindern. Er sehlol~ daraus auf eine zwisehen- gesehaltete Adrenalinaussehtittung dureh zentrale Erregung, deren Folge dann die Vermehrung des Blutzuekers und der Blutmilehsaure sein kSnnte.

1) Mendel und Goldscheider, Biochem. Zeitschr. Bd. 164, S. 163; Bd. 202, S. 390.

2) Fujii, tiber die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker, l~Iilch- s~ure und Alkalireserve. Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1928, Bd. 133 Hft. 3/4.

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248 XX. MAx B6MER.

Im folgenden werden F u j i i s Untersuehungen auf die Krampfgifte Strychnin, Cardiazol, Hexeton, Coffein und Xokain ausgedehnt. Die gleiehzeitige Untersuchung des Blutzuckers neben der Milchsaure wurde vorgenommen, well einerseits die ZusammengehSrigkeit beider Kurven bei der Adrenalineinwirkung bekannt ist und anderersdts die Erfahrungen mit Insulin den mSglichen Zusammenhang der Krgmpfe mit Blutzueker- senkung dargetan haben.

l ~e thod ik .

Als Versuehstiere dienten aussehliel3lich Kaninehen, die am Vortage des Versuehes yore Futter weggesetzt waren. 2 Stunden vor Beginn des Ver-

suehes werden die Tiere in einen klei-

/3O

i!1 o 11Io

100

..~1 9a ~i 80

lgO 60

1YO 5O

150 qO

730 30

710 ZO

90 ~0

8

Kurve 1.

I [ I I [ [

Ze# k 26. VI. 1928. Kaninchen,

2470 g Gewicht.

nen Holzkasten gesetzt, aus dem der Kopf herausragt und in dem sie w~h- rend der Versuchsdauer verbleiben. Nur zur Temperaturmessung werden die Tiere zuweilen herausgenommen.

Die untere Grenze, bis zu der die Milehs~ture bestimmt werden konnte, betrug 5 rag%. Es wurden zuweilen ge- ringere Werte gefunden, die mit Hilfe der ].VIendel-Goldscheidersehen Me- thode nieht mehr seharf bestimmt werden konnten. In den beigegebenen Kurven wurde in diesen F~llen 5 rag% eingesetzt.

Vor der Einspritzung der Gifts wurden zun~tehst die normalen Werte ftir Zueker und Milehsgure bestimmt. In 32 Normalversuehen war der Mittel- weft der Milehsg*dre 19 rag% ; er lag bd 14 Tieren unter 10 rag%, bei 7 Tieren tiber 30 rag%. Die niedrigsten Werte erhielten wit im Sommer bei sehr ruhigen Tieren, die etwa 3 Stunden im Holz- kasten gesessen batten.

Der Blutzucker wurde naeh Hag e- dorn und Jensen 1) bestimmt.

Die Zufahrung der Gifte geschah stets subkutan. Die Bluten*nahme erfolgte immer aus der 0hrvene, und zwar zunachst vor der Einft~hrung des (_~iftes, dann 1/2 , 1, 2 und a, Stunden naeh der subkutanen Injektion des Giftes.

Zur Kontrolle wurde ein Versueh mit Pikrotoxin angestellt, dessen Ergeb- nis zahlenmg6ig und in der Kurvenform den Angaben Fuj i is entspricht (Kurve 1).

l) Haged0rn und Jensen, Biochem. Zeitsehr. 1923, Bd. 1.~5, S. 47; Bd. 137, S. 94.

Page 3: Über die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und Blutmilchsäure

l~ber die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzueker und Blutmilehsiiure. 249

II .

Stryohnin.

Das Strychnin kam als Stryehninum nitricum in 0,1, 0,04 und 0,02%iger LSsung zur Anwendung.

S tewar t und Rogoff 1) fanden, dal~ Stryehnin die Adrenalinaus- sehiittung der Nebennieren vermehrt. Uber den )/Iilehsi~uregehalt des Blutes naeh Stryehninanwendung liegen Untersuehungen noeh nieht vor (Tabelle 1).

' Tabelle 1.

Wirkung yon Stryehnin auf Blutzueker (Z) und Blutmilehsgure (M).

Nr. 1 Z l M

Dosis in mg pro kg Tier 0,09

Anfangs- weft. 114

~/.~ Std.. 115 i . 94

Stdn. 107 i �9 103

Nr. 2 ZIM

0,2

Nr. 3 z ! M

Nr. 4 Nr. 5 Nr. 6 Nr. 7 Nr. 8 Nr. 9 Nr. 10 Z iMi,, Z [M Z ' .~ Z . [ ~ Z IM Z M . Z I M _ _

0.2 0,2 0,3 0,3 0,4 0,4 0,35 0,3

1~5 78127 [ 85 88 21~ 134

~ 9 1 1 0 1 4 7 91 134

39 86 22 [127

i

1, t126 92[ 38 1 97 11 100]

23 116 5 10 117 12 58 I

42 11 7 8 7

101 51 119 i 40 134 1 24 a~9l<5 104! 6

98 40[106 12 121 651120 [38 lO5 ~81n71 5 103 281125 11 98 27 102 8

I

iil il 1 113 113 106 119

5

27 <5 <5

44

730 ,30

liO 20

~0 70

~. ~ 120 qO

lgo 30

80 20

60 7O

I I I I I 3 10 ~1 72 13

Zeit h

Kurve 2.

~q

I P ] I 1 8 9 70 71 12 73 Ze# h

Kurve 3.

Die Tabelle i enthNt eine Zusammenstellung unserer Befunde an zehn Tieren. Sie zeigt nut zweimal eine deutliehe Hyperglykiimie; sonst

1) Stewart und Rogoff, Journ. of pharmacol, a. exp. therapeut. 1919, Bd. 13, S. 95.

Page 4: Über die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und Blutmilchsäure

2 5 0 XX. MAX B(iSIER.

zeigen die Zuekerkurven keine deutliehe Sehwankung. Die Milchs~ure- kurve verhielt sieh nieht ganz einheitlieh: Bei fiinf Tieren ist etwa 1 Stun@

730 30

770 20

go 7o

76

nach der Einspritzung eine zum A ~ Teil sehr geringe Steigerung der ~.~ Milehsi~ure vorhanden, der dann

~ eine Senkung folgt; bei den iibrigen ~ ~ Tieren sank der Nilehs~urewert so-

gleieh unter die Norm und blieb tier. - ~ . ~ Es sei besonders hervorgehoben, dal~

die tiefen Milehsi~urewerte trotz motoriseher Unruhe und selbst trotz

i , ~ 1 i i Kri~mpfen (drei Tiere) bestehen e ~a 77 7z 7J 7~ bMben. Eine siehere Abhi~ngigkeit Ze# k

Kurve 4. y o n der I)osierung ergibt sieh nieht.

I I I .

C a r d i a z o l .

Das Cardiazol vermag wegen seiner zentral erregenden Wirkung Kri~mpfe hervorzurufenl). 1Jber seine Wirkung auf den Stoffwechsel, insbesondere auf Blutzueker und Blutmilchsi~ure, liegen Untersuchungen noch nicht vor.

Zur Anwendung kam Cardiazol in Ampullen in 10 % iger whsseriger LOsung (Tabelle 2).

T a b e l l e 2.

Cardiazol .

Z = B lu t zucke r . M - B l u t m i l c h s h u r e .

I L I

Dosis in m g f pro kg" Tier ] 33

I

A n f a n g s w e r t . i 96 i/2 S tunde . . 112

1 , . . 120 2 S tunden . 126 4 ~ . . : 98

Nr. 1 Z l~I

Nr. 2 Nr. 3 Nr. 4 ~) M Z i M

!

45 40

90 < 5 114 < 5

59 102 5 112 ~ 5 102 ~ - 5

5 33 33

9 5

40 I

90 8 108 41 167 63 187 105 227 60 235 226 42 196 39 138 ~ 5 117 5

1) H i l d e b r a n d t , Arch. f. exp. Pathol . u. Pharmakol . 1926, Bd. 116, S. 100. - - R. S c h n e p e l : E b e n d a 1927, Bd. 127, S. 261.

2) Tier nach doppe l se i t ige r Sp l~nch ikusdurchsehne idung (s. Kurve 6, S. 251).

Page 5: Über die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und Blutmilchsäure

Uber die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und B lutmilchs~ure. 251

Unter Cardiazol steigen Blutzucker mid Blutmilchs~ure stark, an. Die Kurve entspricht der Wirkung; wie sie F u j i P ) nach Pikrotoxin und Santonin sah.

Da]~ auch diese Cardiazolwirkung durch die Splanchnikusdurch- schneidung aufgehoben wird, zeigt der Versuch 4.

In diesem Falle war die Dosis

!! 238

ZTO

79O

77O

150

130

~10

9O 7O

8o r

70 -~ i 't

6o + f't, ", ,

5o \

11i \ ' 3 0

2O

I l I I 9 la 11 12 13 lq

Ze/t h Kurve 5.

yon 40 rag. pro Kilogramm, die beim normalen Tier den Blutzucker und die Blutmilchs~ure stark vermehrt, beim splanchnektomierten Tier ohne Wirkung. Es handelt sieh also beim

~3o N

1i0 20 ~ i^~ . ~ ' ~

#Q 10 /

[ I I I I 3 g 10 11 12 13

Ze# h Knrve 6. 3 Tage naeh

Splanchnikusdurchschneidung.

Cardiazol um den gleichen Wirkungsmechanismus, wie ihn Fu j ii bei den yon ihm untersuchten Giften aufgedeckt hat.

IY. Hexeton.

Verwendet wurde Hexeton 2) in Ampullen, und zwar die l ~ i g e LSsung in 25~oiger wi~sseriger Natriumsalizylatltisung.

Die Ergebnisse der Tabelle 3 zeigen ein ganz anderes Bild wie bei Cardiazol (s. S. 252):

Bei nicht krampfmaehenden Dosen ttexeton wurde eine Vermeh- rung yon Blutzucker und Milchs~ture nicht beobachtet. Die Milchsi~ure- kurve zeigt eher die Neigung zu tiefen Werten, trotz motorischer Unruhe.

1) Fujii , a. a. O. 2) Gottlieb und Schulemann, Krehl und Fran.z, Dtseh. med. Wochen-

schr. 1923, Nr. 51.

Page 6: Über die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und Blutmilchsäure

252 XX. MAX B0~ER.

Tabe l l e 3. Hexeton.

I

Dosis in mg] pro kg Tier[

Nr. 1 Nr. 2 I Nr. 3 zl 1 z

i 3,05 11,7 ] 20

Anfangswert . i/'., Stunde . .

2 Stunden 4

113 < 5 104 < 5 113 < 5 108 < 5 102 < 5

86 12 86 < 5 93 5 86 6 93 5

103 126 127 112

67

< 5 39 ~) 23

< 5 < 5

V .

Coffein.

Von den durch Coffein verursuchten Stoffwechsehvirkungen sind die

t fype rg lyk imie und die Glykosurie bekannt2). Auch das D~uretin mucht

Hyperg lyk imie und Glykosurie. S t e n s t r 5 m 3) fund, dab bei subkutuner

Coffeininjektion die Hype rg lyk imie nuch etwu 1 Stunde uuftrut, nach

etwu 11/2 Stunden ihren HShepunkt erreichte und sich je nuch H f h e der

I)osis l ingere oder kiirzere Zeit hoch erhielt, um dunn lungsum zu sinken.

Uber den Milchsiuregehult des Blutes nuch Coffeinwirkung liegen

Untersuchungen bisher nicht vor.

Verwandt wurde dus Coffein uls Coffein-~utrium benzoicum in

20%iger LSsung.

Tubelle 4 gibt die Ubersicht iiber die Ergebnisse.

Tabe l l e 4. Coffein.

~r. 1 Nr. 2 Nr. 3 Nr. 4 Nr. 5 I Nr. 6 I M i Z M z ~ z iM Z ] ~I z J ~ z ,

Dosis in mg I pro kg Tier 133 300 300 288 300 300

Anfungswert. l/2Stunde . . 1 �9 .

2 S t u n d e n . . 4

126112 107 12 123 14 176 136 13 215 204 24 262

1) Kurz daraufKr~mpfe.

152 50 1 5 4 ' 5 0

26 28 22

100 10 109 < 5 114 < 5 138 < 5 227 15

86 < 5 122 < 5 114 < 5 130 < 5 139 7

107 106 12 143 < 5 193 14

111 14 136 38 160 19 187 11 205 10

2) Literatur bei B o o k in Heffters Handb. d. exp. Ph~rmakol. Bd. 2, Teilfl, S. 570ff.

3) S t e n s t r S m : zitiert n~ch Bock.

Page 7: Über die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und Blutmilchsäure

l)ber die Wirkung einiger Krampfgifte aufBlutzucker und Blutmilchs~iure. 253

Zusammenfassend kann gesagt werden, dal~ nach Coffein in =der Regel eine Hyperglyk~mie eintritt, Dosen etwa 4 Stunden naeh der Injektion ihren HShepunkt erreicht. In keinem Falle sind Kr~mpfe be- obachtet worden. Der weitere Ver- lauf der Zuekerkurve wurde nicht untersucht.

Was das Verhalten der Milch- s~ure betrifft, so ist eine Steigerung der Blutmilchs~iure nieht festzu- stellen. Trotz starker motorischer Unruhe steigt die Milchs~ure nicht nur nieht an, sondern b]eibt nieder oder geht sogar herunter.

die bei den bier verwandten

r162 zo ~ . j / �9

L i I I ~ I 8 3 1o 1r 12 13

Z e P h

Kurve 7.

u Kokain.

Uber die Wirkung des Kokains auf Zucker- und Milchs~urestoff- weehsel linden sich in der Literatur 1) nur vereinzelte Untersuchungen.

~>Nach grof~en Kokaindosen sieht man wie bei vielen anderen Ver- giftungen bei Mensehen und Tieren Auftreten yon Glykosurie. Eine geringe Herabsetzung des Blutzuckergehaltes wurde bei Katzen gefun- den, die gelegentlich beobachtete Hyperglyk~mie rtihrt yon der Erregung her<< (Scheare)).

~>Bei verschiedenen Tieren bewirkt Kokain das Auftreten gro/~er hfilehs~uremengen im Urin. Dies wurde zuerst yon Arak i 3) bei FrOschen und Kaninchen gefunden und sp~terhin yon Unde rh i l l und Black ~) aueh ftir Hun@ best~tigt. <<

Uber den Milchs~uregehalt des Blutes nach Kokaindarreichung lie- gen keine Untersuehungen vor.

Eine Schwierigkeit ftir die pharmakologische Untersuchung der Kokain- wirkung liegt in der individue]len, sehr verschiedenen Emiofindlichkeit der Einzeltiere. Es gibt z. B. sehr kokainempfindliche, abet auch gegen Kokain sehr widerstandsf~hige Kaninchen. Die toxischen und letalen Kokaingaben variieren ferner sehr stark nach der Konzentration der verwendeten LSsung,

1) Vgl. P o u l s s o n , Heffters Handb. d. exp. Pharmakol. Bd. 2, Teil I, S. 143, dort auch Literatur.

2) Schear , Ebenda. 3) Arak i , Ebenda. 4) U n d e r h i l l und B lack , Ebenda.

Page 8: Über die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und Blutmilchsäure

254 XX. MAX B03IER.

z.B. gleiehe absolute Mengen Kokain wirken, in 10%iger L6sung injiziert, toxiseher als in 1%iger LOsung. Verwendet wurden in unseren Versuehen 2%ige L0sm~gen von Coeain. hydroehlor., welehe meistens Iriseh bereitet waren. Auger dem Blutzueker und der Blutmilehs~ure wurde in einigen F~llen aueh die Temperatur beobaehtet, da Kokain bekanntlieh Fieber maeht. Es unterseheidet sieh dadureh yon den meisten anderen Krampfgiften, die die K5rpertemperatur herabsetzen.

Die Ergebnisse zeigt Tabelle 5.

Tabel le 5. Koka.in.

! Nr. 1

Dosis in mg ! pro leg Tier [ 20

109 110 109 109 95

Anfangswert. 130 5 V.o Stunde . 204 105 1 ,> �9 /.25o 50 2 Stunden . 219 I 40 4 ,~ . . i~4a! lO

y '-4 I zJ~[.ZlMi! M z ~I z l ~ I z i ~

15 15 20 20 20 20

117817 2o I 93~ 6 8 1 1 0 7 8

28! 108 15 6 [101 8

100 ~ 5 122! 7 105~ ~ 1i31 39 13o, 34 1 ~ s l 7 5 124 41150 8 103 <:51127 5

111 7 !1 1 1 ]<5 111 1 4 1 0 4 [ < 5

I lO5 < 5 97! 6 1071 < 5 I 99 13 lO21 71 9~i

Sie zeigt, da6 eine Regel ftir die Kokainwirkung auf Zueker und Nilehsaure sieh nieht ableiten lggt. Im allgemeinen gehen aber

2.50 90

230 30

gfO 70

%~ 5O

~'70 50

150 qo!

130 30

17Z? 20

g g l O

I' 1/ %%,%

li// ",,,, f R 'x

2 t ] '

Xel)' h Kurve 8.

die beiden Kurven - - i m Gegen- satz zu der Wirkung von Stryehnin und C o f f e i n - immer parallel. Die beiden Kurvenbilder zeigen zwei Grenzf~lle.

Die vorstehenden Versuehe be-

st~tigen yon neuem die bekannte Tat-

~l -~l .~ .<%

130 30 [-~I-~"

7"10 20 ~- - - ~ . . . . . . . . . . .

| I I I I 8 9 10 11 12

Ze/'t/z

Kurve 9.

73

Page 9: Über die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und Blutmilchsäure

Uber die Wirkung einiger Krampfgifte aufBlutzucker und Blutmilchs'Xure. 255

sache der ungeheuer versehiedenen individuellen Empfindliehkeit der Versuehstiere gegen Kokain.

~-berrasehend war der Verlauf der ersten Versuehes mit starker Hyperglyk~tmie und ausgesproehener Nilehsguresteigerang. Es war jedoeh nieht mSglieh, dieses Wirkungsbild des Kokains zu reprodu- zieren.

Eine typische Wirkung auf B!utzueker und Milehsgure, wie man sie beim Pikrotoxin, beim Natrium santoninieum und beim Cardiazol sieht, ist bei Kokain nieht festzustellen.

In den tibrigen Versuehel{ weehseln die Ergebnisse yon v611iger Wir- kungslosigkeit bis zu mgNger Steigerung der Kurven.

Besprechung der Ergebnisse. Der gleiehzeitige Anstieg yon Zucker und Milehsgure im Blur, wie

er naeh Pikrotoxin, Santonin, Cardiazol und in einem Teil der Versuehe nach Kokain auftritt, ist yon Fuj ii~) als wahrseheinliehe Folge einer Adre- zgo nalinaussehiittung durch zentrale

270 Erregungen gedeutet worden, - - vor allem, weil diese Wirkung durch z5o Durehtrennung der Splanchnikus- ~1~1z3o ~l} ~ bahn verhindert wird. Dal~ Adre- ~1 nalin nieht nur den Blutzueker, "~J sondern aueh die Blutmilehs~ture ~"~ ~I steigert, ist dureh Cori 2) bewiesen: m 5o Er fand bei Kaninehen ein gleieh- zeitiges Steigen beider Kurven naeh zo 4o'

Adrenalininjektion; bei Katzen war zo 3o die Wirkung i~hnlieh, jedoeh war 11o 2o der Milehsgureanstieg weniger be- tr~ehtlieh. 9o 1o

Wir haben in einem Versuehe die Wirkung einer subkutanen Ein- Spritzung yon 0,5 mg Suprarenin am Kaninehen untersueht.

+~ (

I

t

r

9 10 II 12 73 I~ Ze# h

Kurve 10.

Bei dieser Form der Zufuhr steigen beide Kurven deutlieh an; jedoeh ist die Steigerung der Milchs~ure wesentlieh geringer als naeh der Wir-

1) Fujii, a. a. O. 2) Cori, gourn, of biol. Chem. 1925, Bd. 63, S. 253.

Page 10: Über die Wirkung einiger Krampfgifte auf Blutzucker und Blutmilchsäure

256 xx. MAx B6~mR.

kung der Krampfgifte. Natiirlieh liegen die Verh~iltnisse anders, wenr~ infolge Erregung der Igebennierensekretion ein Dauerstrom yon Adre- nalin ins Blut fliegt, als bei eimnaliger Injektion.

Die Adrenalinausschtittung ist ftir Pikrotoxin und Santonin bewie- sen, far Cardiazol und Kokain nieht untersucht.

Kexeton, Coffein und Stryehnin zeigen eine Unabhgngigkeit beider Kurven. Bei Coffein tritt die Hyperglykgmie regelmligig auf, bei Stryeh- nin des 5fteren. Die Nilchsiiurewerte dagegen sind trotz motoriseher Unruhe oder sogar Krgmpfen, also sieher gesteigerter Milehsgurebildung, niedrig.

Von einer Adrenalinausschtittung bei Itexeton ist niehts bekannt. Von der Coffeinhyperglykiimie wird angenommen, dag sic den gleichen Meehanismus habe wie der Zuekerstiehl). Doch sah J a r i s c h 2) die Purin- hyperglykfi.mie aueh bei durehsehnittenen Splanehniei auftreten. Es kann also die Hyperglykgmie auch dureh die direkte nerv6se Einwir- kung auf die Leber zustande kommen (vgl. Fr e un d und Mar eh an da)). Strychnin bewirkt nach S t e w a r t und Rogof f ~) beim Fleisehfresser eine vermehrte Adrenalinaussehtittung. S h i m i d s u 5) land bei Kanin- then naeh Stryehnin nur eine sehr geringe Vermehrung tier Adrenalin- sekretion und geringe Blutzuckersteigerungen. Die Stoffweehselwirkung dieser letztgenannten Gifte bedarf noch weiterer Untersuehung.

Zusammenfassung. Die gleichzeitige, von Kriimpfen unabh~ingige Steigerung yon Milch-

s~ure und Blutzueker, wie sie bei Pikrotoxin und Santonin auftritt, wird aueh dureh Cardiazol und in einigen Versuehen dureh t(okain hervor- gerufen. Ftir Kokain l~6t sieh eine regelmiil~ige Beeinflussung der beiden Werte nieht naehweisen.

Hexeton, Stryehnin und Coffein steigern die Milehs~ure nieht, setzen sie zum Teil sogar herab, und zwar aueh dann, wenn aus dem Verhalten der Motilitiit ein Anstieg erwartet werden miil3te; die Blutzuekerkurve verliiuft unabhlingig davon.

1) Vgl. z. B. P o l l a k , Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1909, Bd. 61, S. 376. 2) J a r i s e h , Arch. f. d. ges. Physiol. 1914, Bd. 158, S. 502. 3) ~ ' r e u n d und M a r e h a n d , Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1914,

Bd. 76, S. 324. 4) S t e w a r t und R o g o f f , a. a. 0. 5) S h i m i d s u Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1924, Bd. 103, S. 52.