10
XIV. Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universitfit Heidelberg. t~ber die Wirkung intraven~ser Koehsalz- und Zuekerinfusionen auf die Alkalireserve ties Bhtes 1). Zugleieh tin Beitrag zur Kenntnis der Alkalireserve im Fieber. Y. FujimakL (Eingegangen am 5. V. I924.) Bei Untersuehungen, welehe die Abhangigkeit experimenteller Hyperglykamien yon der Alkalireserve des Blutes zum Gegenstande, hatten~ war die Beobachtung gemaeht worden, dab das KohlensUure- binduugsvermtigen des Blutes naeh intravenSser Zufuhr yon Zueker- und KoehsalzlSsungen erheblieh ansteigt~). Daraus ergibt sieh die Frage, wie diese Ver~nderung zustande kommt. Sie erschien deshalb yon weitergehendem Interesse, well die Kohlensaurekapazitat als Ausdruek der Pufferbreite maBgebend sein muB fur den C02-Trans- port und damit fur die C02-Spannung im Gewebe; yon dieser sind wiederum abh~ngig eine Reihe yon Faktoren, welehe far dis Lebens- vorg~nge in der Zelle und fur den Ablauf pharmakologiseher Reak- tionen bedeutungsvoll sein mtissen~ so z. B. die Oxyh~moglobindisso- ziation, wahrseheinlich die Kapillarweite, die Caleiumionisation und andere mebr. Die Auswirkungen einer Ver~nderung der Pufferbreite d~rften vielIeicht hSher anzusehlagen sein, als die einer Veranderung der aktuellen Reaktion des Blutes, die bei normal funktionierenden Kompensationsvorriehtungen wohl -- wenn t~berhaupt -- nur dutch extrem starke und vet allem zeitlieh akute Eingriffe eintreten dlirfte. 1) Die Ergebnisso dieser Arbeit sind durch H. Fr eun d i m Naturhistorisch- medizinisehen Verein zu Heidelberg (am 19. II. 1924) mitgeteilt worden. 2) Vgl. hierzu: Fujimaki, Dieses Arehiv 1924, Bd. 102, S. 236.

Über die Wirkung intravenöser Kochsalz- und Zuckerinfusionen auf die Alkalireserve des Blutes

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XIV.

Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universitfit Heidelberg.

t~ber die Wirkung intraven~ser Koehsalz- und Zuekerinfusionen auf die Alkalireserve ties Bhtes 1).

Z u g l e i e h t i n B e i t r a g zur K e n n t n i s der A l k a l i r e s e r v e im F ieber .

Y. FujimakL (Eingegangen am 5. V. I924.)

Bei Untersuehungen, welehe die Abhangigkeit experimenteller Hyperglykamien yon der Alkalireserve des Blutes zum Gegenstande, hatten~ war die Beobachtung gemaeht worden, dab das KohlensUure- binduugsvermtigen des Blutes naeh intravenSser Zufuhr yon Zueker- und KoehsalzlSsungen erheblieh ansteigt~). Daraus ergibt sieh die Frage, wie diese Ver~nderung zustande kommt. Sie erschien deshalb yon weitergehendem Interesse, well die Kohlensaurekapazitat als Ausdruek der Pufferbreite maBgebend sein muB fur den C02-Trans- port und damit fur die C02-Spannung im Gewebe; yon dieser sind wiederum abh~ngig eine Reihe yon Faktoren, welehe far dis Lebens- vorg~nge in der Zelle und fur den Ablauf pharmakologiseher Reak- tionen bedeutungsvoll sein mtissen~ so z. B. die Oxyh~moglobindisso- ziation, wahrseheinlich die Kapillarweite, die Caleiumionisation und andere mebr. Die Auswirkungen einer Ver~nderung der Pufferbreite d~rften vielIeicht hSher anzusehlagen sein, als die einer Veranderung der aktuellen Reaktion des Blutes, die bei normal funktionierenden Kompensationsvorriehtungen wohl - - wenn t~berhaupt - - nur dutch extrem starke und vet allem zeitlieh akute Eingriffe eintreten dlirfte.

1) Die Ergebnisso dieser Arbeit sind durch H. Fr eun d im Naturhistorisch- medizinisehen Verein zu Heidelberg (am 19. II. 1924) mitgeteilt worden.

2) Vgl. hierzu: Fujimaki, Dieses Arehiv 1924, Bd. 102, S. 236.

Uber die Wirkung iatraven~ser Koehsal~- uad Zuekerinfasioaea usw. 179

Die Hyperkapnie durck Kochsalz- und Zuekerinjektionen kann nieht unmittelbare Folge des Eingriffes sein, da alkalische Valenzen nieht zugefUhrt werden~ und da die BlutkSrperchenziihlung eine Ver- /inderung der Blutkonzentration aussehlieBen liiBt, Daraus ergibt sich der SehluB, dab die gefundene Blutveri~nderung die Folge einer beiden Injektionen gemeinsamen Einwirkung auf andere Funktionen sein muB. Als solche kommt die Fieberwirkung in Betraeht, die das Koehsalz beim Kaninehen fast regelmEBig, der Zueker immer dann hat, wenn nieht ganz ~wasserfehlerfreiesr Wasser zur L~sung verwandt and raseh injiziert wirdl). Aus der M~igliehkeit, dab die pyretisehe Wirkung zu einer Steigerung der Alkalireserve fiihren k(inne, ergab sieh der Versuehsplan: es galt die einzelnen Symptome des Fiebers daraufhin zu priifen, wie weir sie die Alkalireserve des Blutes veriindern; dies sind die Temperaturerh~hung an sich, die Stoffweehselsteigerung und die Ver~tnderung der W~trmeabgabe~ wie sic beim Fieberanstieg und auf der Fieberhiihe bekannt ist und als deren wesentliehstes Organ beim Kaninehen neben der peripheren GefitBweite die Lungenventilation in Betraeht kommt.

Methodik. Si~mtliehe Versuehe wurden an Kaninehen ausgefiihrt. Die Injektionen

waren bei Koehsalz isotoniseh, 20--25 cem pro Tier, bei Zueker 9O/oig oder 250/0ig , yon denen 10--15 eem langsam injiziert wurden. Die Ai- kalireserve wurde in der gleiehen Anordnung bestimmt, wie yon Fu j imak i a. a. O. mitgeteilt. Ferner wurde die Rektaltemperatur und bei der Mehr- ~.ahl der Versuehe die Lungenventilation (Frequenz und Volumen) bestimmt, und zwar letztere zum Tell in Kontroll~rersuehen am gleiehen Tier mit genau der gleiehen Behandlung~ um $tSrungen der Atmung dm'eh psyehisehe Einfltisse (Blutentnahme) zu vermeiden. In einzelnen Versuehen wurde die Erythroeytenzahl laufend verfolgt und dadureh, wie erw/ihnt) festgestellt 7 dal] die Blutkonzentration unveriindert blieb.

Zaniichst sei an einigen Beispielen die Wirkung der Koehsalz- injektionen aaf die Alkalireserve gezeigt (s. Tabelle 1).

Die Wirkung der Zuckerinjektionen)die in Tabelle 2 gezeigt wird, ist ganz gleichartig.

Die Temperatursteigerung betrug jeweils etwa 1~ die betr~icht- lithe Steigerung der Kohlens~iurekapazitiit fallt, wie man sieht, in die Zeit des Temperaturanstieges und geht beim Temperaturabfall oft bis unter den Normalwert zurUck.

Damit war ein Zusammenhang der Blutver~nderung mit der Fieberwirkung wahrseheinlieh. Gesichert wurde er dureh die folgen-

1) H. Freund, Dieses Archly 1911, Bd. 65, S. 225; 1913, Bd. 74, S. 311.

180 XIV. Y. FUJIMAKL

T a b e l l e 1.

Wirkung yon Koehsalzinfusionen auf alas Kohlensaurebindungsverm0gen und die K6rpertemperatur.

Beispiel 1 Tempe- Reserve-

ratur alkali in o in Vol.O/o

Normal . . . . . . ' 38,3 11/2 Stunden nach der

Injektion . . 39,4 3 Stunden naeh clef

Injektion . . . . 39,0 4 Stunden nach der

Injektiou . . . . 38,5

40,3

48,6

39,1

Beispiel 2

Reserve-i Tempe- alkali ratur

in Vol.O/o in o

Tempe- ratur in o

Beis )iel 3 Reserve-

alkali inu

38,4 42,0

39,2 49,1

39,6

38,4 40,1

38,6

38,9

39,2

38i4

42,4

47,1

41,9

T a b e l l e 2,

Wirkung yon Zuckerinfusionen auf das Kohlensliurebindungsvermiigen und die KSrpertemperatur.

Beispiel 1 Beispiel 2

Tempe- Reserve- ! Tempe- I Reserve- ratar alkali i ratur I alkali in o inVol.O/o ] in o /i nVol.o]o

Normal . . . . . . 1 Stunde naeh der

Injektion . . . . 2 Stunden nach der

Injektion . . . . 3 Stunden naeh der

Injektion . . . . 4 Stunden nach der

Injektion . . . .

38,2

38,8

39,2

38,0

41,1

48,8

45,0

40,0

38,4

39,2

39,6

38,8

38,4

40,4

47,9

41,5

39,1

Beispiel 3 Tempe- Reserve-

ratur alkali in o in Vol.O/o

38,2

38,6

39,2

38,6

37,9

41,5

47,3

41,2

39,9

T a b e l l e 3.

Wirkung yon K o e h s a l z + 0 , 2 4 o / o CaCl~ (Beispiel 1 und 2) und yon Zueker + 0,240/0 CaC12 (Beispiel 3 and 4) auf Temperatur und

C02-Kapazitat.

N o r m a l . . . 11/2 Std. naeh

d. Iniektion 4 Std. naeh

d. Inj ektion

Beispiel 1 Tempe- Reserve-

ratur alkali in o inVol.O/~

38,6 41,9

39,0 43,9

38,6 40,1

Beispiel 2 Tempe-

ratur in o

Reserve- Tempe-

alkali ratur in Vol.O/o in o

Beispiel 3 Reserve-

alkali in Vol. o/o

38,4

38,8

38,4

41~0 I 38,4 42,3

43,0 38,8 43,8 l

41,8 38,4 i 43:2

Beispiel 4 Tempe- Reserve-

ratur alkali in o in Vol.O]o

38,5

38,8

38,4

42,3

43,7

42,8

Uber die Wirkung intravenifser Koehsalz- und Zuekerinfusionen usw. 181

den Versuehe~ bei denen die temperatursteigernde Wirkung yon Kochsalz und Zucker dureh Zusatz yon CaC12 abgeschwaeht wurde 1) und gleichzeitig damit auch die Veriinderung der Alkalireserve: der Kalkzusatz verringert beide Wirkungen anni~hernd in gleichem Mal]e (s. Tabelle 3).

Die Temperatursteigerung war nut angedeutet (e~wa um 074 ~ und die Vermehrung der Alkalireserve nur etwa 1/3 so groB wie in den ersten Versuehen (urn 1--2 Vol.0/o gegeniiber 5--8 Vol.O/o).

Es galt nun die Frage za entscheiden, ob die Temperaturer- hShung an sieh die Blntveranderung zur Folge hat oder ob diese mit irgendeinem der Vorg~tnge zusammenbiingt, dureh welche veto Wi~rme- zentrum aus das Fieber zustande kommt. Dies liel] sich zuniichst an einigen Tieren prUfen, die dureh l:Ialsmarkdurehsehneidung kUnst- lich poikilotherm gemacht waren. Bei ihnen bleibt nach rein zentral- wirkenden pyretisehen Eingriffen~ zu denen Kochsalz und Zneker gehiiren, die Temperatursteigerung aus2), weil bei ihnen die infolge allgemeiner Gefi~131iihmung maximale Wiirmeabgabe ebenso wie die ehemische Regulation dem EinfluI] des Wiirmezentrums entzogen sin& Jedoch ktinnen Impulse des Wiirmezentrums noeh die htmung be- einflussen, weil die Nn. phrenici intakt sind (die Auxiliiirmuskeln sind geliihmt und die Atmung dadurch and dureh die abnorme Seiten-

. lage etwas behindert). Die folgende Tabelle gibt zwei Versuche (mit Koehsalz und Zueker) an Tieren mit durehsehnittenem siebentem Halssegment wieder, die bei 28 ~ Aul~entemperatur normale K~rperr temperatur batten; diese wurde durch die Injektionen nieht veriindert.

T a b e l l e 4.

Wirkung yon Kochsalz- und Zuckerinjektionen am Tier mlt durchschnittenem Halsmark auf die Alkalireserve.

Normal . . . . . . . - . . . . 1 ~/~ Stunden nach der Injektion

Beispiel 1 (NaCl) Tempe-]Alkalireserve ratur in ~ I in Vol. O/o C02

] 38,2 39,1 38,9 42,1 38,0 42,3 38 0 3819

Beispiel 2 (Zucker)

Tempe- I Alkalireserve tatar in o in Vol.O/o C02

38,0 39,4 38,0 42,9 38,2 42,1 38~0 40,0

1) tt. F r e u n d , Dieses Archly 1911, Bd. 65, S. 225. 2) H. F r e u n d und S t r a s m a n n , Ebenda 1912, Bd. 69, S. 12. - - IL F r e u n d

und Grafe , Ebenda 1912, Bd. 70, S. 135. - - It. F r eund , Ebenda 1913, Bd, 72, S. 304.

182 XIV. Y. FL'.II.~tAKI.

In beiden Fi~Uen war die Vermehrung der Alkalireserve deutlieh (urn etwa 3 Vol.0/o), wenn auch etwas geringeren Grades als in den Versuehen an normalen Tieren. Sie kommt also auch ohne Tempe- raturerhtihung zustande. Die reine Wirkung erhShter KSrpertempe- ratur auf die Mkalireserve ist, wie Tabelle 5 zeigt, gerade umgekehrt. Sie wurde gleiehfalls am kiinstlieh poikilothermen Tier durch Er- witrmung erreieht; dabei wird die Atmung" tachypnoiseh, wodareh ein gewisser Wasserverlust eintreten muB, der aber, wie die Erythro- cytenz~thlung ergab, za keiner Blnteindiekung fUhrte.

Tabel le 5.

Wirkung der l~berhitzung auf die Alkalireserve beim Tier naeh Halsmal"kdurchsehneidung.

AuBentemperatur K(irpertemperatur Alkalireserve Erythrocytenzahl in o in o in O/o in i~i11.

28 35 10

38,2 40,8 36,2

39,9 32,5 38,5

4,18 4,1 4,24

Dieser letzte Versueh gibt einen klaren Hfnweis far den Fort- gang der Untersuehung: er zeigt, dab die Temperaturerh~ihung an sieh die Alkalireserve nicht erh~iht, dab vielmehr hier eine starke. I-Iypokapnie einsetzt. Es kommt also auf die Ursache der Tempe- raturerhShung an. Stauungshyperthermie und Fieber unterseheiden sieh dadurch, dab die erstere trotz Gegenregalation erzwangen wird, die fieberhafte Temperatursteigerung dagegen nieht nur ohne Gegen- regulation, sondern dureh Einsparung yon Wiirme infolge eines patho- logisehen Vorganges im Wiirmezentrum zustande kommt. Im ersten Falle erh(iht der Organismus die W~rmeabgabe so stark wie mbglieh; dem Tier mit durehsehnittenem I,ialsmark steht dafiir nut die Steige- rung der Lungenventilation zur Verftignng, die Hitzetachypnoe. Das bedeutet eine hoehgradige C02-Aussehwemmung, einen Siiureverlust, der zu einer eehten ,Alkalosis~ flihren wtirde, wenn er nieht kom- pensiert werden kann. Diese Kompensation besteht in Verminderung der alkalisehen Valenzen des Blates, die neben Stoffweehselvorgiingen (z. B. Veriinderungen des Verh~tltnisses Zueker ~ Milehsi~ure oder Ammoniak ~ tIarnstoff) dutch Austausch zwischen Gewebszellen and Plasma und dutch Ausseheidung in den lqieren bewirkt wird. Da die p a i m Plasma nach H e n d e r s o n sumtnarisch durch den Quotienten H~COs

~NaItCOa bestimmt wird, d.h. dureh das Verhiiltnis des CO~-Gehaltes

Uber die Wirkuug intraveniiser Koehsalz- und Zuckerinfusionen usw. 183

zum C02-Bindungsvermiigen, so bleibt die aktuelle Reaktion aueh bei starkem C02-Verlust dutch Uber~entilation immer dann erhalten, wenn der Organismus Zeit hat, dutch Herabsetzung des Reservealkali den Quotienten konstant zu halten. Bei ganz akuter forcierter Uber- ventilation kann es deshalb zu einer Atkalosis kommen, wie die Ver- suehe tiber die Atmungstetanie lehren; in unserem Falle, bei dem die Uberventilation allm~thlieh eintritt und li~nger andauert, ist die Ab- nahme der Alkalireserve der Ausdruck dafiir, dab der dutch die C02- Aussehwemmung bedingte Si~ureverlust ausgegliehen ist. So sehen wir i dab die Erregung des A t e m z e n t r u m s - als des ausfUhrenden Organes der physikalisehen WKrmeregulation gegen Uberhitzung"- im Eadeffekt die in Tabelle 5 dargestellte Hypokapnie bewirkt.

Wir haben nunmehr zu fragen, ob die Hyperkapnie naeh den fiebermaehenden Injektionen dutch eine Verminderung der Lnngen- ventilation hervorgerufen wird, d. h. ob sie - - in Umkehr der obigen Gedankengi~nge- als eine Kompensation gegen Siiuerung infolg'e ' des dutch verminderte Atmung vermehrten C02-Gehaltes des Blutes aufgefaBt werden daft. Dazu war es erforderlieh, die Lnngenventi- lation im Verlaufe der Koehsalz- und Zuekerwirkung zu messen und mit der Temperaturkurve zu verffleichen. Dies gesehah zun~tehst ohne gleiehzeitige Bestimmung der Alkalireserve.

Tabel le 6.

Wirkung yon Kochsalz- und Zuckerinjektionen auf Temperatur und Lungenventilation.

i. Beispiel (l~aC1) 2: Beispiel (~aC1)

I Atem- Atem- Tempe-i volumen Tempe- volumen

ratur I in ccm ratur in cem I i n ~ lproMin, i n ~ proMin.

Normal . . . . . li/2 Stunden nach

der Injektion . 3 Stunden nach

der Injektion . 4 Stunden nach

der Injektion . 5 Stuuden nach

der Injektion .

38,3

39,2

38,8

38,5

L8C

~4C

i6C

38,4

39,4

39,0

38,4

760

400

560

720

3. Beispiel (NaC1) 4. Beispiel (Zueker A t e m - ] ] Atem-

Tempe- volumen I Tempe" I volumen ratur in ecm ] ratur in ccm in ~ pro 1YIin. I in ~ pro Min.

38,2

38,9

39,2

38,4

38,4

520 38,6 780

360 38,8 400

360 39,0 --

440 38,4 720

580 -- --

Die Tabelle 6 zeigt, dab beim Temperaturanstieg die Lungen- ventilation stark heruntergeht~ beim Temperaturabfall wieder zur

184 XIV. Y. FUJIMAKI.

Norm ansteigt; zuweilen wird dabei die Norm Uberschritien. Der kurze Verlauf des Fiebers gibt keine NlSglichkeit, ihr Yerhalten auf der FieberhShe zu untersuehen. Die Lungenventilation geht also umgekehrt mit den anfangs gezeigten Veri~nderungen der Alkali- reserve. Dies geht besonders klar aus Tabelle 7 hervor, der ein Versueh mit gleichzeitiger Messung yon Lungenventilation und Alkali- reserve zugrunde liegt.

T a b e l l e 7.

Wirkung yon Koehsalz auf Temperatur~ Atmung und Alkalireserve.

Normal . . . . . . 11/2 Stundon nach

der Injektion . . 21/2 Stundea nach

tier Injektion . . 31/2 Stunden nach

der, Injektion . . 4 Stunden nach dot

Injektion . . . .

Temperatur Atemfrequenz Atemvolumen Alkalireserve

38,7

39,2

39,4

38,6

38,8

48

36

52

720 40,1

480

-- 47,4

720

-- 39,7

Es war zu fordern, dal~ dureh CaCl:-Zusatz die Wirkung auf die Atmung ebenso hintangehalten wird, wie es in Tabelle 3 ftir die Temperatursteigerung und die Hyperkapnie gezeigt wurde. Dies lehrt Tabelle 8.

T a b e l l e 8.

Wirkung yon Kochsalz und Zueker mit Zusatz yon CaC12 auf Temperatur und Lungenventilation.

Normal . . . . . . 1 Stunde nach der

Injektion . . . . 2 Stuuden nach der

Injektion . . . . 3 Stundeu nach der

Injektion . . . . 4 Stunden nach der

Injektion . . . . 6 Stunden naeh der

Injektion . . . . .

1. Beispiel (NaC1 -t- CaC12) 2. Beispiel (Zucker + CaCl2) Temperatur I Atemvolumenl Temperatur Atemvolumen

38,4

38,7

38,8

38,8

38,7

38,4

1060 38,6

960 38,8

960 38,7

960 38,5

960 38,6

1120 38,6

1280

1180

1160

960

1120

1280

Uber die Wirkung intraven~iser Koehsalz- und Zuekerinfusionen usw. 18~>

Damit ist bewiesen, dab die Wirkungen auf Temperatur, Alkali- reserve und Lungenventilation zusammengeh(iren. Der Fieberanstieg erfolgt dureh Verminderung der Wiirmeabgabe, und die zu diesem Zweeke herabgesetzt e Atmung bewirkt als Ausgleieh gegen den ver- mehrten CO~-Gehalt eine Steigerung der Alkalireserve; beim Fieber- abfall wird der umgekehrte Weg besehritten.

l~ur eine Schwierigkeit bleibt noch zu er(irtern: ein gesieherter Befund der Fieberforsehung ist die ttypokapnie ( 5 Azidose) im Fieber, wi~hrend naeh unseren Befunden das Koehsalz- and Zuekerfieber mit Ityperkapnie einhergeht. Es erschien daher notwendig, das Injek- tionsfieber hinsiehtlieh der Versehiebungen der Alkalireserve mit einer anderen Fieberart, dem Wiirmestichfieber, zu vergleichen. Tabelle 9 gibt diese Versuehe wieder.

Tabel le 9. Temperatur~ Alkalireserve und Lungenventilation naeh dem Wiirmestieh.

1. Beispiel

Tempe- Alkali- Tempe- ratur reserve in ratur in o Vol.O/oC02 in o

Normal . . . . . . . . . lj/2 Stunden naeh dem Stieh

5 :a ~ �9 D

6 ~ �9 ~

24 . . . . .

38,5 38,8 42,0 40,0 39,8

38,4

40,0 44,4 27,1

41,4

2. Beispiel

Alkali- reserve in j Vol.O/o C02

38,5 42,1 38,6 38,8 39,0 39,6 44,8 40,7 34,2 38,4 41,6

Atem- volumea ia ccm

pro Min.

560 520

480

84o 58o

Die Tabelle zeigt, dab auch im Wiirmestichfieber der Temperatur- anstieg mit einer Steigerung des C02-BindungsvermSgens einhergeht: Insoweit gleiehen sieh die beiden untersuehten Fieberarten. Die Fieberh(ihe dagegen, die bei der kurzen Dauer und dem rasehen Temperaturabfall des Injektionsfiebers nieht zur Beobaehtung kommen kann, ist beim W~rmestieh dutch eine ganz starke Herabsetzung der Alkalireserve ausgezeichnet. Das Gleiehe gilt fur den Fieberabfal! naeh dem Wiirmestich, so dab die Unterschiede zwisehen beiden Fieberarten nur in soweit quantitativ sind, da~ beim Injektionsfiebe_r die Alkalireserve meist nur zur Norm oder wenig unter die ~qorm absinkt. Das z~eite Beispiel unserer Wi~rmestiehversuehe I in welehem die Lungenventilation mit bestimmt wurde, gibt die Erkl~irung dafUr:

~86 XiV. Y. ~UJIMAKI.

im Fieberanstieg ist die Lungenventilation herabgesetzt ( ~ CO~-Reten- ~ion), auf der FieberhShe gesteigert ( ~ CO~-Aussehwemmung). Als Kompensation gegen die Ubers~tuernng steigt daher im Fieberanstieg die Alkalireserve an. Ob d ie verminderte C02-Kapazitlit auf der FieberhShe rein als Ausgleieh der durch warmeregulatorische Er- regung der Atmung hervorgernfenen C02-Aussehehwemmung, also ~zentrogen,~ gedeutet werden darf, erscheint nieht ganz sieher; es besteht vielmehr die MSgliehkeit, daI~ daneben auch sine gesteigerte Bilduug fixer S~uren sine Rolls spielen kSnnte. Beim infekti~sen Fieber des Menschen ist dies bekannflieh der Fall (vermehrte Ammo- niakausseheidung); beim W~rmestiehfieber ist darUber niehts bekannt ~). Es ist abet wohl bei der kurzen Dauer dieses Fiebers und in an- betraeht der Tatsaehe, dab dabei die W~rmebildung im wesentliehen durch Kohlehydratverbrennung gedeekt wird (Abh~ngigkeit der Tempe- raturhShe yore Glykogengehalt der Leber), unwahrseheinlieh, da~ hier sine sogenannte ,h~matogene,, Reaktionsverschiebung nach der sauren Seite als Erregung der Atmung im Spiele ist. Jedenfalls kommt dem Atemzentrum ~ als Ausfiihrungsorgan der W~irmeregulation ~ in unserem Falls bei der Genese der verEnderten Alkalireserve die ft~hrende Rolls zu.

Daft neben der Warmeabgabe auch die W~rmebildung, also die H6he des Stoffwechsels, bei der Alkaliverschiebung eine Rolle spielen kSnnte, ist abzulehnen. Zwar wird in der padiatrisehen Literatur neuerdings - - ohne ausreichende Begr~indung durch Stoffwechselversuche - - a u s Ver- ~nd~rungen der Harnaziditat auf die StoffwechselgrS~e geschlossen: �9 alka- lotische Stoffwechselrichtung<, soll einer Steigerung, ,azidotische Stoff- wechselrichtungr einer Herabsetzung entsprechen. Ob die Bestimmung der Alkalireserve oder die Harnaziditat einwandfreiere 8chlUsse auf die Vorg~nge im Organismus zulassen, bleibe hier uner6rtert; in der Regel d~irfte Reservealkalivermehrung mit alkalischerem Harn einhergehen und umgekehrt. ~ber die StoffwechselgrSl~e in unseren Versuchen lassen sich aus der Literatur Aufschl~isse gewinnen. Ein Vergleich zeigt, clafi ein Parallelismus zwischen Alkalireserve und 8toffwechsel nicht besteht: im Salz- und Zuekerfieber und beim Fieberanstieg ist die Alkalireserve und der Stoffweehsel vermehrt; fieberfreie Kochsalzinjektionen lassen letzteren unverandert und erh~hen das Reservealkali; dagegen findet sich sine Herabsetzung des KohlensaurebindungsvermSgens bei der StoffwechseN steigerung auf tier HShe des Warmestichfiebers und bel ~berhi~zung beim Kaninchen, wozu aus der Literatur noch clas infekti6se Fieber des Menschen~ die Muskelarbeit, die Adrenalinwirkung (und schtieltlich das Verhalten yon

1) Vgl. hierzu Wittkowsky, Dieses Archiv 1890, Bd. 28, S. 283 und die zusammenfassende Darstellung von Kraus in Noordens Handbuch d. Path. des Stoffwechsels.

Uber die Wirkung intraven~ser Koehsalz- und Zuckerinfusionen usw. 187

StoffwechseI und Harnaziditiit bei Flasehenkindern im Vergleich mit Brust- kindern) hinzuzusetzen ware. Es sind also sicherlich nut Ausnahmeflille~ in denen eine Stoffwechselsteigerung mit vermehrtem RoserveaIkali zu- sammentrifft.

Der Meehanismus ist demnach der folgende: die pyretische Wirkung der Injektionen kommt durch Einsparung yon Wiirme zu- stande. ]-~eben der Stoffwechselsteigerung, die etwa 10--30% be- triigtl), ~setzt das Wiirmezentrum die Wi~rmeabgabe herab. Zu diesem Ziele wird die Lungenventilation eingeschri~nkt; es kommt zu einer C02-Retention, die unkompensiert zu einer Versehiebung der Blut- reaktion nach der sauren Seite fUhren mUBte. Diese drohende ,Azi- dosisr wird abet ausgeglichen dutch Vermehrung der alkalischea Valenzen im Blute: es nimmt die C02-Kapazit~it zu. Ist die Fieber- hShe erreicht, so steigt dis Wiirmeabgabe , wie bekannt, tiber die l~orm an' uud wird dann zum Zweeke der Entfieberung noeh weiter gesteigert. Aueh hieran nimmt.die Atmung teil, es kommt zu einem Anstieg der Lungenventilation, wodurch der C02-Gehalt des Blutes wieder sinkt. Es hitngt yon der Sti~rke der Wiirmeabgabe, also yon der tt(ihe und Dauer des Fiebers ab, ob das'Absinken des C02-Ge- haltes nut bis zur Norm oder darunter geht. Aueh hier paBt der Organismus dem veriinderten C02-Gehalte den Weft der Alkalireserve an: sie wird je nach dem Grade der Uberventilation zur oder unter die Norm herabgesetzt. Damit ist der Meehanismus fur das Zustande- kommen der besehriebenen Blutveriinderungen als Folgezustand der Wirkung auf die W~irmeregulation klargestellt.

1) Freund und Grafe, Dieses Archiv 1911, Bd. 67, S. 55.