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60 Erbse grosser cystenartiger KSrper gebildet, der mit flilssigem Blute geffillt war. Die Geffisse der Gesehwulst gingen in der Peripherie in die Geft~sse der Hirnsub- stanz fiber, die in einer kleinen Zone um die Geschwulst noch erweitert erschienen, dann aber ihren normalen Umfang zeigten. Ausser den vorwiegenden Capillaren hatten auch einze]ne Geffisse ven6sen, sehr wenige arteriellen Character. Abgesehen von den blutfiihrenden Gefiissen bestand der Tumor erec. aus einer Maase welter, fettig entarteter Capillaren, feinkGrnigem fettigen Detritus und einem zarten Binde- gewebsstroma. Die umgebende Hirnsubstanz war im Zustande der Erweichong. l)er Volls|iindigkeit wegen ffihre ich noch den fibrigen Leichenbefund kurz an: Lungen nichL eingesunken, vorn und oben durch Luft aufgeblasen, fibrigens im hSchsten Grade 6dematSs und hyperiimisch, der linke untere Lappeu gr/isstentheils zwar hepatisirt mit Uebergang in eitrige Infiltration; die Bronehialsehleimhaut ver- dickt, hyper/imisch, mit Eiter und weiehen croupSsen Lagen bedeckt, die Bronchien his in die kleinsten heste mit Eiter geffillt. Herz vergrSssert, Mitralia verkfirzt, der grosse Zipfel am freien Rande verdickt, eingezogen: die feinen Segel geschwnn- den, insufficient, Pa[monalis erweitert, Leber hypertrophisch , Milz 5--6 Mal grGsser als im normalen gustand bei normaler Textur. Nieren normal. Magenschleimhaut am Pylorus hyper~misch, verdickt, grau pigmentirt, Muscularis hier verdickt. Ge- krSse und Netz sehr fettreieh. u Ueber die Zerreissung der inneren Hiute der Halsarterien bei Geh ingten. Von Prof. A. Kussmaul in Heidelberg. [~ Die Geschichte unseres Gegenstandes bietet trotz seiner be- schrlinkten und vorzugsweise gerichts~rztlichen Bedeutung doch Manches yon mebr allgemeinem Interesse, wie jung und kurz sie auch ist. Amussat sah bekanntlich t828 zuerst bei einem Erh~ingten die inhere Und mittlere Carotishaut zerreissen. Devergie*), der *) Ann. d'hyg, et de m~!d. l~g. 1829.- Devergie, Mdd. l~g. thdor, et prat. i852. T. II. p. 753, 777 u. f. -- Vgl. ferner Orfila~ Trait6 de todd. ldg. Ed. 4. T. II. p. 372,

Ueber die Zerreissung der inneren Häute der Halsarterien bei Gehängten

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Erbse grosser cystenartiger KSrper gebildet, der mit flilssigem Blute geffillt war. Die Geffisse der Gesehwulst gingen in der Peripherie in die Geft~sse der Hirnsub- stanz fiber, die in einer kleinen Zone um die Geschwulst noch erweitert erschienen, dann aber ihren normalen Umfang zeigten. Ausser den vorwiegenden Capillaren hatten auch einze]ne Geffisse ven6sen, sehr wenige arteriellen Character. Abgesehen von den blutfiihrenden Gefiissen bestand der Tumor erec. aus einer Maase welter, fettig entarteter Capillaren, feinkGrnigem fettigen Detritus und einem zarten Binde- gewebsstroma. Die umgebende Hirnsubstanz war im Zustande der Erweichong.

l)er Volls|iindigkeit wegen ffihre ich noch den fibrigen Leichenbefund kurz an: Lungen nichL eingesunken, vorn und oben durch Luft aufgeblasen, fibrigens im hSchsten Grade 6dematSs und hyperiimisch, der linke untere Lappeu gr/isstentheils zwar hepatisirt mit Uebergang in eitrige Infiltration; die Bronehialsehleimhaut ver- dickt, hyper/imisch, mit Eiter und weiehen croupSsen Lagen bedeckt, die Bronchien his in die kleinsten heste mit Eiter geffillt. Herz vergrSssert, Mitralia verkfirzt, der grosse Zipfel am freien Rande verdickt, eingezogen: die feinen Segel geschwnn- den, insufficient, Pa[monalis erweitert, Leber hypertrophisch , Milz 5--6 Mal grGsser als im normalen gustand bei normaler Textur. Nieren normal. Magenschleimhaut am Pylorus hyper~misch, verdickt, grau pigmentirt, Muscularis hier verdickt. Ge- krSse und Netz sehr fettreieh.

u

Ueber die Zerreissung der inneren H iute der Halsarterien bei Geh ingten.

Von Prof. A. K u s s m a u l in Heidelberg.

[~

D i e Geschichte unse re s Gegenstandes bietet trotz seiner be-

schrlinkten und vorzugsweise gerichts~rztlichen Bedeutung doch

Manches yon mebr al lgemeinem Interesse , wie jung und kurz s ie

auch ist.

A m u s s a t sah bekanntlich t 8 2 8 zuerst bei einem Erh~ingten

die inhere Und mitt lere Carotishaut zerreissen. D e v e r g i e * ) , der

*) Ann. d'hyg, et de m~!d. l~g. 1 8 2 9 . - Devergie, Mdd. l~g. thdor, et prat. i852. T. II. p. 753, 777 u. f. - - Vgl. ferner Orfila~ Trait6 de todd. ldg. Ed. 4. T. II. p. 372,

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ein Jahr spltter dieselbe Beobachtung machte, versuchte an 15 Leichen vergeblich durch Aufh~ingen eine Zerreissung der Carotiden herbeizuflihren, was ihn zu dem voreiligen Schlusse verleitete, diese Erscheinung komme nur an lebend Erh~ingten vor. D e v e r g i e liess sich hier auf dem Boden der gerichtlichen Medicin durch eine ganz ~ihnliche falsche Richtung, wie sie die klinische Medicin jener Zeit zu so vielen Missgriffen veranlasst hat, irre fiihren. Statt die physikalischen Bedingungen der Erscheinungen festzustel- len und danach ihre Bedeutung im gegebenen Falle zu bemessen, suchte die alte ontologische Pathologie pathognomooische Kenn- zeichen, D e v e r g i e Merkmale v0n absolutem forensischen Werthe. Dasselbe Bestreben macht sich noch heute bei den meisten Ge- richts~irzten geltend und ist z u m grossen Theil Ursache des ge- ringen Credits, den, man daft es nicht verschweigen, die gericht- liche Medicin bei den klinischen Aerzten der Gegenwart und selbst bei den Rechtsgelehrten geniesst. Je eih'iger in einer so verkehr- ten Richtung gearbeitet wird, desto zahlreicher mUssen die Irrthii- mer sich anh~iufen. So wird die ebenso wunderliche als lehrreiche Thatsache leicht begreiflich, dass D e v e r g i e nicht weniger als 8 untrilgliche Kennzeichen fiir das Erhiingen bei Lebzeiten aufge- funden zu haben glaubte, bei weiterer Prtifung aber auch nieht ein einziges von allen Stich hielt: ich meine die Zerreissung der in~ neren Carotish~iute, die Congestion der Genitalien und die Gegen- wart von Samenf'~iden in der Harnriihre. Orf i la und O l l i v i e r d 'A n g e r s ftlhrten die zwei letzten Erscheinungen auf ihren wahren Werth zurtick und es war Mal le*) , der an zwei Leichen, denen er ein Band so eng als miiglich zwischen Schild- und Ringknorpel um den Hals gelegt hatte, die Zerreissung der inneren Carotis- h~iute bewirkte.

Es ist Mal le indess an 82 Leichen, die er theils hlingte, theils strangulirte, nur 2mal gelungen, diese Zerreissung hervor- zurufen. Gus t av Simon**) in Darmstadt, dem wir die letzte,

*) So ist der Name und nicht Mal le t , wie Mi ldner f/ilschlich schreibt~ und v. Faber~ S imon und sogar Casper (vgl. s. Handb. der ger. reed. Lei- chendiagn. 1857. S. 508) nachdracken.

**) Vi rchow's Archiv 1857. Bd. XI. Hft. 4.

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wichtigste und grtindlichste Arbeit fiber unsere Frage verdanken, hat die Versuche yon D e v e r g i e und Malle neuerdings aufge- nommen; wenn er dabei um Vieles gliicklicher war, als seine fran, ziisischen Vorg~inger, so geschah dies sicherlicb nut deshalb, weil er scharfsinniger und weil er mi t Methode verfuhr. Indem er die richtigen Bedingungen zuvor berechnete und dann so gut als miiglich setzte, erzeugte er bei 3 Leichen, die er h~ingte, die Zer- reissung einmal, u n d bei 6, die er strangulirte, dreimal, an 9 Leichen somit viermal. Hieraus erhellt, wie man selbst bei so einfachen Versuchen, wie die vorliegenden, die fiir den Erfolg in Betracht kommenden Faktoren im Voraus sorgf~iltig zu erw~gen hat) wenn man seine Frage richtig beantwortet zu sehen wtlnscht.

Die yon S i m o n ermittelten Bedingungen, unter welchen die Zerreissung am leichtesten erfolgt, sind: ein diinner Striek und die Lagerung desselben zwisehen Kehlkopf und Zungenbein~ Dfinne des Halses bei der Strangulation, nicht abet beim Aufh~ingen, Schwere des KiJrpers beim Aufh~ingen, festes Anlegen des Strieks um den Hals und Zerrung des Stricks beim Erh~ingen, insofern dadureh die Einschntirung des Halses gesteigert wird.

Mit Recht ist S i m o n der Ansicht, das Leben selbst f(irdere, der Tod aber hemme das Zust.andekommen der Zerreissung, well sich die geringere l~acbgiebigkeit der Weichtheile in Folge ihrer Austrocknung und Erstarrung dem Eingraben des Strickes an der Leiche hinderlich erweise, w~ihrend der Lebende dutch kr~iftige Bewegungen, z. B. das Abspringen yon Erh(ihungen, wozu ich noch die Zuckungen im Todeskampfe ftige, die Zerrung des Stricks und die innige Umschntirung des Halses in hohem Grade begllnstigen kiinne. Darum behauptet er, die Zerreissung der Carotis biete, obwobl sie kein Unterscheidungszeichen eines im Leben yon einem naeh dem Tode Geh~lngten darstelle, doch eine griissere Wahr- seheinlichkeit, dass das fragliehe Individuum lebend aufgebiingt worden sei. Freitich wird mit einer solchen Wahrscheinlichkeit dem Gerichtsarzte sehr wenig gedient sein, weil die geringere Nachgiebigkeit der Weichtheile erst im Verlaufe yon mebreren Stunden an der Leiche sich einzustellen pflegt, das Aufh~ngen aber auch in diesen Zeitraum fallen kana, und in den berUhmtesten

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einsehlligigen Rechts~llen der Art (z. B. tier Cause e~l~bre Dauziat) sogar hineingefallen ist, endlieh weft mi~glieherweise noeh beim Abnehmen der gehiingten Leiche eine bedeutende'Zerrung des Wtlrgebandes stattfinden kann.

Merkwtirdiger Weise verflossen 2 J'ahrzehnte, his die Beob- aebtungen yon A m u s s a t und D e v e r g i e erneut wurden, i~icht die Seltenheit des Vorkommens der Erscheinung erkliirt diese That- saehe, sondern die geringe Aufmerksamkeit, die man ihr trotz der viel citirten Pariser Diseussionen zuwendete, und die grosse FlUeh- tigkeit, womit die Seetionen der Selbstmiirder in der Regel yon den Geriehtsiirzten, selbst in den grossen Hauptst~dten, angestellt werden. Im Jahre IS49 sah mein verstorbener Vater, damals Physikus in Wieslach bei Heidelberg, kurz zuvor yon mir gebeten, dem Verhalten der Carotiden bei Erbiingten naebzugehen, den dritten Fall yon Zerreissung, an dessen Veriiffentliehung ihn sein leider bald naehher erfolgter Tod verhinderte. Die zerrissene Carotis befindet sich noch in meinem Besitze. Im Jahre t850 theilten Kloz*) und Mi ldne r**) zwei neue Fiille mit, und die ausf0hr- lichere Verhandlung M i l d n e r ' s gab v. F a b e r in Schorndorf und, wie es seheint, auch S i m o n in I)armstadt, Anregung zu weiteren Nachforsehungen. v. F a b e r ~ ) konnte IS56 schon yon 3 Er- h,'ingten beriehten, an denen er, zwein~al sogar beiderseits, die Carotis zerrissen angetroffen hatte; S i m o n bei 6 Erh~ingten zwei- mal. Ieh selbst beobachtete sie tS56 einmal, nachdem ich bei 8 Erhiingten vergeblieh darnaeh geforscht. - - Hieraus scheint mir hervorzugehen, dass dies Vorkommen, wenn auch kein gew(ihn- liches, doeb ein viel biiufigeres ist, als Orf i la ehedem behauptete. Man stiisst eben gar selten auf Gerichtsiirzte, die sich entsinnen klinnen, die Carotiden Erhltngter einer n~iheren oder iifteren Be- traehtung gewtirdigt zu haben. So erinnere ieh mieh z.B. nieht, dass ieh tS47 wlihrend eines mehrmonatliehen Anwohnens bei den gerichtliehen Leiehen(iffnungen im Wiener Leiehenhause die Obdu-

*) Med. Zig. v. Verein f. Heilk. in Preussen. 1850. No. 10. **) Prager Vierte|jahrsschr. 1850. Bd. Ill. S. 157.

***) Deutsche Zeitschr. f. Staatsarzneik. 1856. I. Hit. S. 79~81 . - - S i m o n hat die Beobachtungen v. F a b e r ' e noeh nicht gekannt.

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centen hiitte die Carotiden untersuchen sehen. Ungerechtfertigt erscheint mir desbalb, wenn icb sie anders ricbtig verstebe, was keineswegs leicht, die Aeusserung yon Prof. G a t s c h e r in Lem-

b e r g * ) : ,,die dutch das Erh~ingen vermuthete oder angenommene Durchreissung der innerst'en Haut der Carotis best~itige sich nicht", worin ibm S c h i i r m a y e r * * ) mit den ebenso merkwiirdigen Wor- ten: ,,das Durchschnittensein der inneren und mittleren Haut der Carotis babe sich nicht bew~ihrt", gefolgt ist. hlle Welt weiss, mit wie grossen Schwierigkeiten die Entscheidung der Frage, ob lebend oder todt aufgeh~ingt, hiiufig zu kiimpfen hat. Die Beschaffenheit der Rissstelle kann uns abet dariiber zuweilen sicheren Aufschluss verschaffen, selbst in F~illen, wo andere Anhaltspunkte fehlen, und es ist somit unverzeihlich~ dass die Gerichts~irzte diesem Gegen- stande trotz der vielfachen Gelegenheit, die dazu geboten ist, bis- heran so selten ihr Augenmerk zugewendet haben. Jedenfalls wird dadurch die Genauigkeit, womit die gerichtlichen Leicheniiffnungen in der gewi~hnlichen Praxis ausgefiihrt werden, in kein gtinstiges Licht gestellt.

II.

Inwiefern die Beschaffenheit tier Rissstelle Anhaltspunkte zur LSsung der Frage: ob lebend oder todt geh~ingt? gebe~ unterliess S imon zu untersuchen; wahrscheinlich hat er in den yon ibm untersuchten F~illen bei legend Erh~ingten darauf nicht geachtet. Indem ich zuniichst auf diesen rechtlich wichtigsten Punkt mSg- lichst genau eingehe, erkl~ire ich den Zweck meiner Arbeit often als dahin gehend, S i m o n ' s treffliche Abhandlung nach einer und der anderen Richtung bin zu erg~inzen. Bei dem griisseren patho- logisch-anatomischen Interesse der Gegenwart wird ohne Zweifel bald genug Material gesammelt sein, um diese ganze Lehre nach allen Seiten hin zu einem runderen~ festeren Abschlusse zu bringen,

als jetzt schon mtiglich ist. Malle konnte bei seinen beiden gegltickten Versuchen an

Leiehen die Ecchymose unter die Zellhaut, welche D e v e r g i e bei

*) Deutsche Zeitschr. f. Staatsarzneik. L 447. **) Lehrb. d. ger. Med. 1854. S. i98.

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dem lebend Erhltngten nebst einer betr~ichtlichen Injection ihrer Haargefiisse vorgefunden hatte, nicht hervorrufen. Dies hatte ihn und D e v e r g i e zu dem Ausspruch veranlasst, die Zerreissung der Carotis im Leben sei durch die sugillirte Injection, die im Tode durch deren Abwesenheit gekennzeichnet. D e v e r g i e beharrte dat- um auch trotz der Gegenbemerkungen O r f i l a ' s bei der seltsamen Behauptung, die Zerreissung der Carotis bleibe das sicherste Zeicben

der Erh~ingung im Leben. Kloz gab keine genauere Bescbreibung der zerrissenen Stelle.

Mi ldnc r fand, iihnlich wic D e v e r g i e , die Zellhaut, welche den Grund der l~issstelle bildete, in bohnengrossem Umfang blaurotb, mit einer dtlnnen Schicht ausgetretenen Bluts bedeckt, deutlich injieirt und blutig seriis infiltrirt. M i l d n e r sah deshalb, wie Malle und D e v e r g i e , in dem Blutaustritt unter die Zellhaut und der Injection ihrer ttaargef~isse, welchen Erscheinungen er noch die Schwellung der Haut durch blutig-wlisserige Infiltration beifilgte, untriiglicbe Kennzeicben der Erhiingung wlihrend des Lebens. Auf die Ri~thung dcr Wundriinder legte er mit Recht kein Gewicbt, da sie nach dem Todc ebenso leicht entstehen k~innc, wie im Leben.

Sind diese Behauptungen Malle's, Deve rg ie ' s und Mildner ' s

riebtig oder unricbtig? Die I n j e c t i o n und die S c h w e l l u n g der Z e l l b a u t d u t c h

b l u t i g - w l i s s e r i g e Tr i inkung sind Erscheinungen, die an das Bestehen der Blutstriimung, folglich an das Leben, gebunden sind; iIrr V o r k o m m e n an der R i s s s t e l l e b e w c i s t s o m i t , d a s s das W t i r g e b a n d an den L e b e n d e n a n g e l e g t wurde und die G c f i i s s z e r r e i s s u n g vor dem E i n t r i t t e des T o d e s e r -

fo lg tc . Dcm B l u t a u s t r i t t u n t e r die Z e l l b a u t de r C a r o t i s an

und fur sich darf dagegen nicht dieselbe Bedeutung als ein Merk- real des Htingens zu Lebzeiten, wie der Injection und Schwellung, beigemessen werden. Der Satz yon D e v e r ~ i e : ,,l'ecch~mose, qui accompagne la rupture, et le cachet de la rupture pendant la vie", ist ebenso unrichtig, als der friiher yon ibm aufgestellte: ,,die Zerreissung dcr Carotis ist das sicherste Merkmal der Erhlingung ~ihrend des Lebens." Wenn in der Carotis der Leiche nocb ge-

Archly f, pathol. Anat. Bd. XIII, lift. I . 5

rade so viel Blut zugegen ist, tun naeh Zerreis~u~g dee inneren H~iute unter die Zellhaut austreten zu k(innen, so kanu auch die

Blutunterlauflmg entstehen. Mal le konnte freilich in seinen beiden

F~illen keine Ecch:/mose erzielen, offenbar, well die Carotiden hier kein Blut mehr an der betroffenen Stelle enthielten, es gelang abet S i m o n , wie sein 2tes Experiment mit Strangulation yon Leichen

beweist, wo nach Durchschneidung der beiden inneren H~iute etwas yon dem in tier Arterie befindlichen, dtinnfliissigen, dunklen Blute

unter die Zellhaut trat, wodurch hier die Arterie yon aussen bl~iu- lich erscbien. S o m i t k a n n d e r B l u t a u s t r i t t u n t e r d ie Z e l l - h a u t an de r R i s s s t e l l e bet de r Z e r r e i s s u n g im T o d e e r -

f o l g e n u n d g e w l i h r t an u n d ftir s i ch k e i n e S i c h e r h e i t , d a s s d ie E r h ~ i n g u n g o d e r d ie Z e r r e i s s u n g de s Ge f i i s s e s im L e b e n s t a t t g e f u n d e n habe .

Dies sind die Grundsiitze, welche geltend zu machen stud, bet

A n w e s e n h e i t der genannten Erscheinungen an der Zellhaut unter der Rissstelle. Welches sind nun abet die Grundsiitze, die uns leiten mtissen bet der A n w e s e n h e i t derselben?

Es ist nicht nothwendig, dass innere und mittlere Ge~sshaut, wie D e v e r g i e und M i l d n e r vorauszusetzen scheinen, immer zu- gleich zerreissen; der Riss kann sich auf jene aHein beschr~inkem

Solche F~itle beobachteten S i m o n , ich, und wenn ich richtig ver- stehe, fand F a b e r in den dreien, die er mittheilt, wo zweimal

beide und einmal eine Carotis Risse zeigten, nur die innerste, hie die mittlere Haut zerrissen. Dringt aber der Riss nicht his zur

Zellhaut vor, so kann auch das Blut aus dem Arterienrohr nicht zur Zellhaut vordringen, und die Ursache der Ecch~mose in den F~illen yon D e v e r g i e und M i l d n e r f'~illt damit weg.

Zerreissung der feinen Zellhautgef~isse, BlutaustriR, Injection

und blutig-wiisserige Anschwellung der Zellhaut scheinen bet Er- h~ingten kaum anders zu Stande zu kommen, als wenn Zerreissung tier beiden inneren, brtichigeren Hiiute stattfinde~ und bis i~ die

Zellhaut sich fortsetzt. Die Zelthaut der Carotis verh~lt sich wohl ebenso, wie die Itaut and das Unter%autzellgewebe, die bet Er- h~ingten im Bereich der Strangfurche kaum jemals und nut aus-

nahmsweise an deren Grenze ~ugiUirt oder injieirt werden. Bet

6 ~ �84

9 Erhiingten, deren Carotiden ich genau untersuehte und darunter bci einem, wo die innerste tiaut der linken Carotis an 2 Stellen zerrissen war, gelang es mir nie, eine der angegebenen Erschei- nungen an der Zellhaut aufzufinden, und ich finde nirgends eine derartige Beobachtung aufgezeichnet, was freilich nach Dem, was frtiher tiber die Genauigkeit gerichts~irztlicher Sectionen yon Selbst- mi~rdern gcsagt wurde, wenig bedeutet. F a h e r bemerkt indess gleichfalls ausdriicklich, dass er an den 5 Carotiden mit zerrissener innerer Haut wcder Injection noch Blutunterlaufung der Zellhaut beobachtet habe. Ich erinnere reich dagegen mit Bestimmtheit, Fallen yon Sugillation und Injection der Carotiszellhaut ohne innere Zerreissung bei durch fremde Hand Erwilrgten in der Casuistik der Strangulation begegnet zu sein, obwohl ich den Ort anzugeben

nicht im Stande bin. Die A b w e s e n h e i t e i n e r E c c h y m o s e , I n j e c t i o n o d e r

b l u t i g - w i i s s e r i g e n S c h w e l l u n g der Z e l l h a u t u n t e r de r R i s s s t e l l e s p r i c h t d e m n a c h n ich t d a g e g e n , d a s s d i e Z e r - r e i s s u n g o d e r das h u f h i i n g e n im L e b e n s t a t t g e f u n d e n habe , wenn die Z e r r e i s s u n g n i c h t b is zur Z e l l h a u t v o r -

g e d r u n g e n ist. Wie aber wird unser lJrtheil ausfallen, wenn bei Abwesenheit

der genannten Erscheinungen der Riss bis an die Zellhaut vor-

dringt? Vor allen I)ingen is t die Mi ig l i chke i t z u z u g e b e n , a u c h

~venn die Z e r r e i s s u n g bis zur Z e l l h a u t v o r d r i n g t , class sich w e d e r I n j e c t i o n noch S c h w e l l u n g d e r Z e l l h a u t b i l - den , obwoh l das t n d i v i d u u m den E r M i n g u n g s t o d s t a rb . Es ist nlimlich der Fall denkbar, dass die Zerreissung erst naeh dem Aufhiiren der Circulation stattfinde, oder doch so sp~lt gegen Ende derselbcn, class sich weder Injection noch Schwellung mehr entwickeln k~inne, l)er Hals kann ja erst im letzten Momente des Sterbens oder im Tode selbst in Folge zufiilliger Zerrung des Stranges (bei unvorsichtigem Herabnehmen der Leiche z.B.) den- jenigen Grad yon Einschniirung erleiden, wclcher alas Zustande- kommeu der Zerreissung bedingt. Von grosset Bedeutung erschei- laen in solchen F~illen die gleicbzeitige An- oder Abwesenheit yon

5*

68

Blutergiessungen unter die Zellbaut, die Griisse etwa vorhandener und die Richtung, nacb weleher bin die Ablfsung der Zellhaut er- folgt ist, ob n~imlich nur nach oben oder gleichzeitig nach oben und unten. Unm(iglich kiinnen im Leben, beim Bestehen des Blut- stroms, die inneren Hiiute zerreissen und die Zelihaut auch nur in einigem Umfange blossgelegt werden, ohne dass Blut ausstriime; je st~irker vielmehr das Herz nach erfolgtem Risse noch zu arbeiten vermag, mit desto gr~isserer Kraft wird das Blut in die Rissstelle eingetrieben und in desto gri3sserem Umfang die Zellhaut yon der mittleren abgelSst werden, was ebensowohl nach oben wie naeh unten geschehen kann, und um so betr~ichtlicher muss die Eeehy- mose ausfallen. Im Tode dagegen kSnnen, wie Mal le ' s Versucbe lehren, die It~iute reissen, obne dass dies gesehiebt. Ba hier die Garotiden aueh im giinstigsten Falle nut wenig Blur enthalten und der Iterzstoss fehlt, tier allein die Abl~sung tier Zellhaut abw~irts yon der Schn~irstclle in grasserem Umfang bervorzubringen vermag, so wird aueh in den Fallen, wo es an der Leiche zum Blutaus- tr i t t kommt, jedenfalls die Menge des ergossenen Blares gering ausfallen und eine AblSsung der Zellhaut hSehstens in der Rich- tung nach oben durch die Zerrung des Stricks erfolgen.

Die A b w e s e u h e i t t ier E c c h y m o s e u n t e r der a b g e - l ~ s t e n Ze l l hau t bei Z e r r e i s s u n g der i n n e r e n It~iute b e - we i s t s o m i t i m m e r , dass die Z e r r e i s s u n g , n a t l i r l i e h e r - we i se abe r n i c h t , da s s aueh die Aufh t lngung im Tode e r f o l g t sei. Wo bei A n w e s e n h e i t de r E c e h y m o s e w e d e r I n j e c t i o n noch S e h w e l l u n g tier Z e l l h a u t z u g e g e n s ind , da l~isst s ich z u w e i l e n aus dem Umfang und der R i c h - t u n g der E c c h y m o s e auf Z e r r e i s s u n g , t~nd s o m i t ancb a u f E r h ~ i n g u n g im L e b e n e in W a h r s c h e i n l i c h k e i t s - R i i e k - s e h l u s s m a c h e n . In je g r S s s e r e r A u s d e h n u n g die Z e l l - h a u t abw~irts yon d e r R i s s s t e l l e abgel i~s t und je r e i c h - l i e h e r die B l u t m e n g e , d ie u n t e r tier Z e l l h a u t a n g e s a m - melt ist , desto w a h r s c h e i n l i e h e r e r f o l g t e die Z e r r e i s s u n g und s o m i t auch d ie Erh~ingung be i L e b z e i t e n .

Bass welt vorgeschrittene F~iulniss die Erscheinungen der In- jection und Schwellung an der Rissstelle verwisehen und dutch

69

Tr~inkung der Zellhaut mit geliJstem Blutfarbestoff den Anschein einer Blutunterlaufung hervorrufen ktinne, braucht kaum bemerkt zu werden. Der Kundige wird sich nicht leicht zu falschen Schltis- sen hinreissen lassen und namentlich kleine Blutlachen und Blut- kltimpchen yon einer gewShnlichen rothen Leicheni'arbung leicht zu unterscheiden wissen.

Endlich ist noch kurz zu erw~igen, zu welchen SchlUssen die Besehaffenheit tier Rissstelle an der inneren und mittleren Gef'fiss-

haul berechtigt. Die mittlere Arterienhaut ist bekanntlich so gefiissarm, dass

sich nicht im Verlaufe der kurzen, zum Erh~ingungstode erforder- lichen Zeit Injection uud AnschwelIung biiden kSnnen; die inner~te t Iau t i s t ganz gef'~isslos. Die A b w e s e n h e i t der I n j e c t i o n und A n s c h w e l l u n g an den l~i indern und L a p p e n der z e r r i s - s e n e n m i t t l e r e n und i n n e r e n H a u t i s t somi t an den Le i - chen Erh~ingte r und E r d r o s s e l t e r w a h r s c h e i n l i c h c o n - s tan t . Damit stimmen die Ergebnisse der bisher gemachten Be-

obachtungen tlberein.

IIL

Mi ldner sah die ph,ysikalische Ursache der Zerreissung der inneren Arterienh~iute in einer bedeutenden und schnel[en Zerrung des Arterienrohrs bei gleichzeitiger Fixirung des Gefiisses dutch ein Wiirgeband und bei dem Verluste der normalen Elasticit~it der

Gef'fisswtinde. S imon verwirft diese Erkltirung ganz und stellt die Behauptung auf: die Zerreissung erfolgc jeder Zeit auf dieselbe Weise, wie bei der Strangulation oder bei der Unterbindung der Arterien, n~imlich durch den I)ruck der Schnur auf das Get~issrohr. Die Grtinde, womit S i m o n seine Ansicht verficht und die des Gegners bek~impft, sind yore allergri~ssten Gewicht u n d e r weist

insbesondere tiberzeugend nach: l ) dass yon einer bedeutenden Zerrung des Carotisrohrs beim

Erh~ingen aus anatomischen Griinden keine Bede sein kiinne; 2) dass herausgeschnittene Carotiden in der Regel um mehr

als ein Dritttheil ihrer L~inge ausgedehnt werden ktinnen, ehe sic

zerreissen i

3) dass eine vermehrte Brtlchigkeit der Arterienhliute zum Zustandek0minen der Zerreissung nicht nothwendig sei. E~. sah diese Erscheinung an einem lebend Erh~ingten, dessert Arterien Volist~indig gesund waren, eine Thatsache, die auch v. F a b e r zwei- real best~itigt hat;

4) dass in allen ihm bekannt gewordenen F~illen bis auf einen die Rissstelle genau der Strangrinne an der ~usseren Haut ent- spraeh, also dcm Ort, wo der Druck des Wiirgebandes die Arterie traf. In dem Mildner ' scben Fall allein verhielt sigh die Sache anders. Mi ldne r n~imlich hatte die inneren Hiiute der linken Carotis an zwei Stellen quer eingerissen gefunden. Der obcreRiss war 3Lin. , der untere 2Lin. lang; be ide v e r l i e f e u in e i n e r E n t f e r n u n g yon e inem halber t Zoll p a r a l l e l u n t e r e i n - ander . An der Haut land sich in der ItShe der Rissstellen eine Strangrinne, die yon cinem kleinfingcrdicken einfach um dell Hals getegten Strick herriihrte. Es ist schwe~' einzusehen, wie tier Druck eines kieinfingerdicken Strickes gleichzcitig zwei Risse auf einen halben Zoll Entfernung in der Carotis hervorbringen sollte, ob- schon die Rinne in dcr Haut einfach war. S imon nimmt deshalb an, der obere Riss allein sei durch den Druck des Strangcs, der untere Riss aber (lurch zuf~illigen Druck bei der Pr~iparati0n cnt- standen, wozu er sich fiir berechtigt hlilt, well der Mi ldne r ' s che Erkl~irungsversucb aus den Griinden I und 2 unzul~issig sei und dieser Fall einzig in seiner Art dastehe.

S i m o n kannte, wie schon bemerkt, den hufsatz F a b e r ' s noch nicht. Dieser Gericlltsarzt theilt gleichfalls einen Fall mii, wo die Rissstelle sich nicht in der Hiihe der Strangrinne befand. Bei einem 57 Jahre alten Mann mit Atherom der Aorta und beiiler (3arotiden verlief die einfache, yon einem Stricke herriihrende Furche unterhalb tier Spitze des Ohrl~ippchens mid oberhalb des Kehlkopfs rings mn den ganzen Hals mit einer Unterbrecliung you 2 Zoll auf der rechten Seite. In dcr rechten Carot, comm. fand sich an der tier Strangrinne entsprec'henden Stelle ein 3 Lin. langer und l Lin. breiter Riss mit zackigen R~indern der inneren Haut; die innere Haut der linken Carotis war fast zurH~ilfte aufgelockert, riithlich und J. Zoll u n t e r h a l b de r F u r c h e war ein ~ihnlicher

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Querriss wie in der reehten. Ist aueh dieser Riss zufiillig bei tier Obduction erzeugt worden oder hat sich Faber in der Sch~itzung des Ortes der Rissstelle geirrt?

Auch das friiher erwiihnte Prtiparat aus der Hinterlassenschal~ meinesYaters besitzt, wie das Mildner 'sche, 2 kleine, fast 5Mm. lange, bis in die mittlere tIaut reiehende Querrisse, welehe ~l~-Cm.

yon einander entfernt sind; der oberste befindet sich nahe an der

Theilungsstelle. Diese, wie die andere, nicht zerrissene Carotis yon demselben Erhlingten, welche, wie jene, in getrocknetem Zu- stand erhalten ist, sind atheromatiJs. Leider beschrlinkt sich Alles,

was ich tiber diesen Fall mittheilen kann, auf folgende Notiz. Die Arterien stammen yon einem ledigen, 56 Jahre alten, dem Trmfi~

ergebenen Schneider, der sich am 5. November ~$49 mittelst eines

Stricks hoch an einem Zwetschgenbaum aufh~ngte. Die Strang- rinne war besonders an der linken Seite des Halses stark ausge- prligt, und an der linken Carotis fanden sich auch die bciden

Einrisse. Das Zungenbein war gebroehen, - - Da sich nicbt be- merkt findet, wie der Strick angelegt war, ob einfach oder doppelt, so llisst sich nicht mit Sicherheit angeben, ob dieser Fall dem

Mildner ' schen gan~ gleichartig war oder nicht; in der hinterlas-

senen Notiz spricht tihrigens mein Vater nut yon e ine r Strang-

furche. Dagegen befinde ich reich im Besitz einer anderen doppelt

zerrissenen Carotis eines Erh~ingten, die yon mir selbst vorsichtig

aus der Leiche genommen und geSfihet wurde, in welchem Falle der Strang einfach um den Hals gelegt war, und der untere Riss

nicht nut tiber den Bereich der Rinne hinaus sich erstreckte, son- dern auch schr~ig abw~irts lief, w~ihrend der obere Riss eine quere

Richtung nahm.

l)er 55 Jahr alte, 5-,I-Fuss hohe Landwirth S. yon hicr, ein Mann yon gedrun- genem starken K6rperhau, sehr wohlgenfihrt und fett, mit dickem Hals, begab sich am 6. Juli 1856 Mittags yore Hause weg und wurde am 7. Juli Mittags 2 Uhr an

dem b, st eines Nussbaumes, wo cr den So~aeastrahIeu ausgesetzt war, nlit den Ffissen etwa 3 Schuh yore Boden entfernt, aufgehiiagt g(r und yon cinemjungea Mann, seinem Sohne abgeschninen, l)a die LeichcnSffnung erst am hl*end des 8ten vorgenommen wurde, so machte die Verwesung bei der heissen Witterung bc- t.rtichtliche Fo~tschritte. Die t~eine zeigten eiuc so entwickr B~'i~stase, dass das

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B]ut sich an vie|en Stei]en in Form rund]icher, schwarzbhuer Ergiessungen yon Pankt- his zu Erbsen-GrSsse unter der Haut angesammelt hatte. Die 3 Linien breite Strangrinne lief um den ganzen Hals und war besonders an der linken Seite sehr tief. Das tlfingeband bestand in einem starken, tdinfenen, nahezu kleinfinger- dieken Strike. Die Rinne verlief vorn zwisehen Kehlkopf und Zungenbein und wandte sich naeh riickwarts gegen den Staehel des Hinterhauptbeins. Die reehte Carotis war unversehrt. In der linken land sieh hart nnter der Gabel am hintern und innern Umfang der Abgangsstelle der Carotis interna die innerste Haut zweimal zerrissen. Die obere Rissstelle verlief 15 Mm. lang in die Quere mit fein ge- z/ihnten R~indern und die innerste Haut war in Form eines dreieekigen L~ippehens yon 8 lY/m. Breite 5 r~hn. welt a~ffwlirts abgelSst: unter dem L~ippehen i'and sieh ein fast linsengrosses Blutkl/impchen; die mittlere Gef/isshaut zeigte an der blossge- legten Stelle ebensowenig als die Rissrtinder der innersten eine hnsehwellung oder Injection. Die Carotis war in hohem Grade atheromatSs ut~d zeigte namentlieh an der Gabel me/were gelbe, harte, h6ckerige Fteeke. Unter dieser Rissstelle rerlief in nieht paralleler und sehriiger Richtung eine feine mit gezfihnelten R/indern versehene Spalte der innersten Haut | 7 Mm. lang etwas abw/irts, so dass sic zu hnfang ihres Yerlaufs nur 2 Mm.~ za Ende desselben dagegen l0 Mm. von der obe- ren Rissstelle entfernt war.

Es erhellt aus dieser absichtlich ganz ins Einzelne gehenden

Beschreibung des Falles, wie sich hier alle die Bedingungen, welehe

S i m o n zum Zustandekommen einer Zerre issung beim Erh~ingen

als die wichtigsten erkannt hat, vereint vorfinden. Der angewandte

Strick war dUnn, schnitt sehr tief e in, vornehmlich auf der Seite,

wo die Zerre issung erfolgte, l ief zwiseben Kehlkopf und Zungen-

bein vorn um den ttals und stieg nach hinten stark in die H~Jhe,

der Kllrper war sehr schwer und hing hoch fiber der Erde. Trotz

der Dicke des Halses erfolgte die Zerre issung und die obere Riss-

stelle ist sicherlich auf Rechnung des Drucks zu setzen, den der

Strick auf die a n die Wirbels~iule gepresste Carotis ausiibte.

Schwer dtirfte es dagegen fallen, die untere Rissstelle aus dem-

selben physikalischen Momente abzulei ten, man miisste dann an-

nehmen, der Strick babe zu zwei verschiedenen Malen in verschie-

dener Richtung und an verschiedenen Often in das Geflissrohr

e ingeschni t ten, wozu aber gar keine Anhaltspunkte in der Ge-

schichte des Falles oder der Beschaffenheit tier Halstheile der

Leiche aufzufinden sind.

Wenn wit die tt~iufigkbit der sogenannten spontanen Zerreissung

der inneren und mitt leren Arterienhaut bei tier atheromati~sen Ent-

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artung und die Entstehungsweise dcr aneurysmatischen Ausbuch-

tungen und insbesondere auch des dissecirenden Aneur~,sma's be-

denken, - - wenn wir erw~igen, dass hierbei der Erfolg der Zer- reissung tier inneren Gef~issh~iute immer yon der Griisse zweier

Factoren, die in umgekehrtem Verh~iltnisse zu einander stehen,

abh~ingt, yon der Gri~sse der Dehnung einerseits, welche die Ge- f~isswand, durch den Druck der Bluts~iule z. B., erleidet, und an-

dererseits yon der Griisse des Widerstandes, welchen die Gef'~iss-

wand entgegensetzt, und dass bei grosser Briichigkeit somit ein geringer Seitendruck des Blutes, eine geringe Zerrung in die L~inge gentigen kiinnen, um Zerreissung zu veranlassen, - - so kann es

keinen Augenblick mehr auffallen, dass a theromat i~se Carotiden beim Erhiingen zuweilen auch unterhalb der Strangfurche in griisse-

rer odor geringerer Entfernung yon derselben zerreissen. Es ist eben nut der Nachweis zu liefern, dass das Erh~ingen Bedingungen

setzt, wodurch die Geffissw~inde der Carotiden unterhalb der Strang- rinne einem griisseren Seitendruck odor einer gri~sseren Dehnung

in die L~inge ausgesetzt werden, und solche Bedingungen sind in der That vorhanden.

~1. Da der Strang beim Erhlingen sich so tier einzugraben

vermag, dass er zuweilen sogar inhere und mittlere Haut durch-

schneidet, so ist er offenbar im Stande, die Carot. comm. lest an die Wirbelsliuie zu pressen, und weun er sie unter der Gabel ge- fasst hat und jetzt eine Zerrung erleidet, auch etwas aufwiirts zu

ziehen.

2. Wird der Carotisstamm uuter der Gabel gefasst und etwas aufwlirts gezogen, so muss er bei seinem gestreckten Verlauf cine,

wenn auch geringe Dehnung erleiden, sobald nur das Herz hin- reichend fixirt ist. Beim Ersticken abet und schon bei der Com-

pression der Carotiden werden tiefe Athemziigc gemacht, in Folge deren Lungen und Herz mit Blut sich reichlich fallen und das

Herz mit dem Zwerchfell herabtritt. Die Carotis erleidet somit

nicht nur eine geringe Zerrung von oben, sondern auch eine solche yon unten.

3. Wenn das Wiirgeband dem Blute verwehrt, weiter vor-

zudringen, so fUllt sich die Carotis unterhalb der Schntirstelle be-

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deutend mehr mit Blut und das Gef~ss dehnt sieh deshalb an- sehnlich in die Liinge und Breite zugleich aus, wie der Versuch am Thiere leicht nachweist.

Die Carotis erf'6hrt somit beim Erh~ingen, wenn sie an der Theilungsstelle durch das Wiirgeband fixirt wird, eine Dehnung sowohl in die Liinge als in die Breite, und es b~ingt nur yon dem Grade der Brilchigkeit ihrer inneren H~iute ab, ob der Grad der Dehnung ausreicht, eine Zerreissung hervorzurufen oder nicht. Jedes Moment einzeln mag nicht zureichen, die Liingsdehnung ftir sich ebensowenig, als der vermehrte Seitendruck, sie steigern sieh aber wechselseitig in ihrer Wirkung. Eine Zerrung in die L~inge muss begreiflicherweise viel geF~hrlicher werden, wenn die starke Fiillung des Geflisses mit Blut einer Compensation der Verl~inge- rung des gedehnten Rohres durch Abnahme in den Dickendurcll- messern entgegenwirkt. Eben deshalb scheinen mir auch die Ver- suche mit ausgeschnittenen und l e e r e n atheromatiisen Carotidenl wie sie S imon vornahm, wenu sie das yon ibm mitgetheilte nega- tive Ergebniss haben, noch keineswegs vollen Beweis zu liefern, dass beim Erhiingen niemals durch Dehnung Zerreissungen der in- neren in hohem Grade brtichig gewordenen tliiute erfolgen k{innten.

Vll.

Ueber die Verlinderungen der Knorpel in Gelenkkrankheiten. Von Prof. Dr. C. O. W e b e r in Bonn.

(Hierzu Tar. II--IV.)

D e r Gegenstand, zu dessert Aufkl~irung ich im Folgenden einige Beobaehtungen mitzutheilen mir erlaube, ist in der patho- logischen Anatomie schon wiederholt einer ausftihrliehen Discussion unterworfen worden, und dennoch miichte es nieht ganz tiberfltissig sein, nochmals auf ihn zurtickzukommem ~ e n n auch die neuestcn