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(.&us dem Institut ,,l~obert Koch" Berlin (Abteilung Geh.-Rat F. K. Kleine.) 13bet erfolglose Yersuche einer Geschwulsterzeugung am Huhn. Von Dr. Fritz Kau~fmann, Assistent am Institut. (Eingegangen am 10. Juli 1929.) Die experimentelle Sarkomerzeugung am Huhn ist bekanntlich yon verschiedenen Autoren beschrieben worden, so yon Carrel dutch Embryonalbrei mit Teer, arseniger Sgure und Indol, yon Murphy und Landsteiner durch Embryonalbrei mit Teer und yon A. W. M. White durch Embryonalbrei mit arseniger Sgure. A. Fischer erzeugte Tumoren durch embryonale Gewebekultur, die mit Teer und arseniger Sgure vorbehandelt war, Laser dutch mit Teer vorbehandelte Embryonal- gewebekultur, Haagen durch Embryonalbrei mit arseniger Si~ure, sowie Brebner durch Embryonalbrei *nit Kaninchen- und Meerschweinehen- placenta. Ohne aui die Einzelheiten dieser Arbeiten einzugehen, sei hier nur folgendes hervorgehoben: Carrel erhielt innerhalb 2--4 Wochen in einem hohen Prozent- satz (z. B. bei 5 Hfihnern 4mal in der richtigen Arsenkonzentration) bSsartige Tumoren, die unter Metastasenbildung zum Tode der Tiere fiihrten; diese Tumoren verhielten sich wie das Roussche Hfihner- sarkom, sie w~ren auch durch Filtrate auf andere Hiihner fibertragbar. Ich hatte mir zungchst die Aufgabe gestellt, den Carrelschen Versueh durch Injektion yon Embryonalbrei mit arseniger Sgure zu wiederholen, da er die meiste Aussieht auf Erfo]g zu haben sehien. Carrel gibt je- doch die genaue Technik seines Versuches nicht an, sondern erwghnt nur die Arsenkonzentration (Acide ars4nieux 1 : 125 000 bis 1 : 250 000) und die einmalige intramuskulgre Injektion in die Brustmuskulatur. Daher hielt ich reich in meinen Versuchen an die genauen Angaben yon White sowie an eine miindliehe Mitteilung yon Haagen, der Arsen- trioxyd (As20 a = Aeidum arsenicosum pro analysi Merck) in der Kon- zentration yon 1 : 100 000 anwandte. Ich benntzte dasselbe Prgparat, und zwar in den Verdfinnungen yon 1 : 100 000, 1 : 150 000 und 1 : 200 000. Da das Acid. arsenieosum pulv. (As2Oa) in der Kglte nur wenig 15s- lich ist, wurde es 112 Stunde lang gekocht, so da{t man dann die

Über erfolglose Versuche einer Geschwulsterzeugung am Huhn

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(.&us dem Institut ,,l~obert Koch" Berlin (Abteilung Geh.-Rat F. K. Kleine.)

13bet erfolglose Yersuche einer Geschwulsterzeugung am Huhn. V o n

Dr. Fritz Kau~fmann, Assistent am Insti tut .

(Eingegangen am 10. Juli 1929.)

Die experimentelle Sarkomerzeugung am Huhn ist bekanntlich yon verschiedenen Autoren beschrieben worden, so yon Carrel dutch Embryonalbrei mit Teer, arseniger Sgure und Indol, yon Murphy und Landsteiner durch Embryonalbrei mit Teer und yon A. W. M. White durch Embryonalbrei mit arseniger Sgure. A. Fischer erzeugte Tumoren durch embryonale Gewebekultur, die mit Teer und arseniger Sgure vorbehandelt war, Laser dutch mit Teer vorbehandelte Embryonal- gewebekultur, Haagen durch Embryonalbrei mit arseniger Si~ure, sowie Brebner durch Embryonalbrei *nit Kaninchen- und Meerschweinehen- placenta. Ohne aui die Einzelheiten dieser Arbeiten einzugehen, sei hier nur folgendes hervorgehoben:

Carrel erhielt innerhalb 2 - -4 Wochen in einem hohen Prozent- satz (z. B. bei 5 Hfihnern 4mal in der richtigen Arsenkonzentration) bSsartige Tumoren, die unter Metastasenbildung zum Tode der Tiere fiihrten; diese Tumoren verhielten sich wie das Roussche Hfihner- sarkom, sie w~ren auch durch Fil trate auf andere Hiihner fibertragbar.

Ich hat te mir zungchst die Aufgabe gestellt, den Carrelschen Versueh durch Injektion yon Embryonalbrei mit arseniger Sgure zu wiederholen, da er die meiste Aussieht auf Erfo]g zu haben sehien. Carrel gibt je- doch die genaue Technik seines Versuches nicht an, sondern erwghnt nur die Arsenkonzentration (Acide ars4nieux 1 : 125 000 bis 1 : 250 000) und die einmalige intramuskulgre Injektion in die Brustmuskulatur. Daher hielt ich reich in meinen Versuchen an die genauen Angaben yon White sowie an eine miindliehe Mitteilung yon Haagen, der Arsen- t r ioxyd (As20 a = Aeidum arsenicosum pro analysi Merck) in der Kon- zentration yon 1 : 100 000 anwandte. Ich benntzte dasselbe Prgparat , und zwar in den Verdfinnungen yon 1 : 100 000, 1 : 150 000 und 1 : 200 000. Da das Acid. arsenieosum pulv. (As2Oa) in der Kglte nur wenig 15s- lich ist, wurde es 112 Stunde lang gekocht, so da{t man dann die

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arsenige Saure ---- H3AsOa in der H a n d ha t . Es wurde 0,1 g in 100 ecm A q u a dest . gelSst. Zur S t amml6sung 1 : 1000, sowie zu den weitere'n Verdf innungen wurde Aqua dest . benu tz t .

Als E m b r y o n a l b r e i d i en ten 9 Tage bei 39 o bebrf i te te und tag l ich e inmal u m die Langsachse gedreh te t t i ihnere ie r , die s ter i l er5ffnet und denen die E m b r y o n e n ster i l e n t n o m m e n wurden. Naeh En t fe rnen der E i h a u t e und Augen und Waschen in Tyrode]5sung wurden die E m b r y o n e n tei]s m i t dem Fischerschen Embryonenque t sehe r , te l l s m i t der Schere zerkleiner t . Dieser Brei wurde mi t de r L6sung yon arseniger Sau te verse tz t , zu 9 Teilen Brei 1 Teil As-L6sung, so dab eine End- konzen t r a t i on yon 1 : 100 000, 1 : ]50 000 und 1 : 200 000 he rauskam. Die Misehung wurde sogleich in Menge yon 1 ecru den Hfihnern in einen Brus tmuske l mi t der Spr i t ze in j iz ier t .

Es wurden 30 junge und a l te I-Iiihner (auch Hahne) von versehie- dener Rasse, d a r u n t e r , , I t a ] iener" (yore H a n d l e r gekauf t ) , gesl0ritzt , und zwar :

5 mit As 1 : 100000 ~- Embryonalbrei 15 . . . . 1 : 150000 ~- ,, 10 . . . . 1:200000 q- ,, sowie 2 Hfihner nur mit Embryonalbrei.

Die Ui ihner wurden bis zu 1 J a h r lang beobach te t , sofern sie n ich t i n t e r k u r r e n t s ta rben , doch h a b e n sie durchschn i t t l i ch 6 Monate lang gelebt . Jedes H u h n wurde seziert und d ie Todesursache m6gl iehs t festgeste]l t . Die Hi ihner s t a rben spon tan an Tuberkulose , Nierengieh t , En te r i t i s , Pa ras i t en , P leuro -Per i ton i t i s oder an n ich t e rkennbare r Ur- saehe. Besonders sorgfal t ig wurde die B r u s t m u s k u l a t u r un te r sueh t und in j e d e m zweife lhaf ten Fa l l e Mate r ia l zur his tologischen Unte r - suchung e ingesandt . H e r r n Prof . Busch vom Reichsgesundhe i t samte , de r so l iebenswfirdig war, unser Mate r ia l h is tologisch zu vera rbe i ten , mSehten wir auch an dieser Stelle fiir seine Mfihe v ie lmals danken .

Ein bdsartiger Tumor ist in unseren Versuchen nieht au/getreten. I n einigen Fa l l en lagen gu ta r t ige , ve rknorpe l t e oder ve rkn6cher te T e r a t o m e und Cysten, wie sie nach I n j e k t i o n yon embryona l em Gewebe auf t re ten , vor ; in e inem Fa l le eine tuberku lSse Gesehwu]st an der Impfs te l le .

D~ dieser le tz te Fa l l d iagnos t i sche Sehwier igkei ten bere i te te , sei er e twas ausff ihr l ieher angeff ihr t :

Das Huhn Nr. 985, das am 28. VI. ]928 Embryonalbrei ~- Arsen 1:150000 in den rechten Pectoralis injiziert erhalten hatte, starb spontan am i. X. und wies bei der Sektion eine halbkugelige vorgewSlbte, ca. hiihnereigroBe Gesehwulst im oberen Tell des reehten Pectoralis auf. Der Tumor hatte den Muskel durch- waehsen und setzte sieh dureh die obere Brustapertur in den Thorax hinein fort, wo er mit der Innenfl/~ehe des Sternums und der rechten Lunge fest verwaehsen war. Das Herz war deutlieh abgeplattet und nach links versehoben, wobei die

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tterzspitze leicht geknickt war. l~ach oben reichte der Tumor bis zum KropI, d~n er eingebuchtet hatte, und war mit dem rechtenVorderarmbein lest verwachsen. Makroskopisch machte die Geschwulst durch ihr Wachstum einen bSsars Eindruck, zumal sieh im rechten unteren Leberlappen ein linsengroBer, grauer, glasiger Herd, anscheinend eine Metastase, befand.

Auf dem Querschnitt des Tumors konnte man eine i~uBere, derbere, glasige, wei~liche Schicht yon einer inneren, weicheren und grauen Schicht unterscheiden, die im Zentrum teilweise nekrotisch zerianen war. Es wurde leider damals ver- saumt, ein TuberkelbaeiUen-Praparat anzufertigen, da wir nicht an eine tuberku- 15se Gesehwulst dachten. Vielmehr wurden Stiieke des Tumors sofort auf lO neue Hiihner i .m. fiberimpft und Material (Geschwulst, Lunge und Leber) zur histologischen Uatersuchung an Herrn Prof. Busch eingesandt. Die histologische Diagnose lautete:

1. Muskel: Ausgedchnte k~sige Igekrose mit meist nur schattenhaft erkenn- baren Entzfindungsherden ohne typische Tuberkelbfldungen. Kein Tumorgewebe. (Nachtr/~glieh TuberkelbaeiUen f/~rbel'isch naehgewiesen.)

2. Rechte Lunge: Ausgedehnte verk~sende Entziindung mit 5rtlicher Chole- sterinkrystaUbildung in Herdform. In gut erhaltenem Lungengewebe ganz un- scheinbare EntziindungsknStchen, die aus epitheloiden Zellen bestehen. Die aus- gedehnte Vcrk/~sung kann als ki~sige Pneumonic aufgefaBt werden. Die kleinen Herde sind Tuberkel.

3. Leber: An einer Leberlappenspitze ein weiBliches KnStchen, welches aus Knorpelgewebe besteht, das mit einer Bindegewebskapsel umgeben ist. Im iibrigen ist das Lebergewebe durchsetzt yon entziindlicher Infiltration, in der es herdweise zur Verk~sung kommt, also auch hies" Tuberkulose.

Diesem histologisehen Befund entsprach es, dab si~mtliehe 10 Hfihner, auf die der Tumor des Huhnes 985 transplantiert was', prompt an einer schneU fortschrei- tenden Impftuberkulose des Muskels erkrankten, die rein/iuBerlieh als Geschwulst imponierte. Die tnberkulSse Natur dieser Gesehwfilste wurde wieder histologisch und durch f/irberischen I~achweis yon Tuberkelbacillen sichergcstellt. Um einen ~hnlichen Irrtum, wie er uns beim Huhn 985 zun~chst unterlief, vorzubeugen, empfiehlt es sich daher, stets bei der Sektion yon einer auf Tumor verdi~ehtigen Stelle ein Tuberkelbacillen-Pr~parat anzufertigen.

E s k a n n also an de r I m p f s t e l l e zu e iner i so l i e r t en M u s k e l t u b e r k u l o s e

des H u h n e s , d ie e ine ech t e G e s c h w u l s t b i l d u n g v o r t ~ u s c h t , k o m m e n .

Zusammen]a~sung.

Bei 30 Hf ihne rn , d ie n a c h Carrel m i t E m b r y o n a l b r e i u n d a r sen ige r

S~ure g e i m p f t wa ren , i s t e ine bSsa r t i ge Geschwu l s t nicht a u f g e t r e t e n .

I n e i n e m F a l l e e n t s t a n d an de r I n j e k t i o n s s t e l l e i m M u s k e l e ine t u b e r -

ku lSse Geschwul s t .

L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s . Brebner, Ref. Z. Krebsforschg 27, 59. - - Carrel, C. r. Soe. Biol. Paris 1, 1493

(1925); 2, 491, 1083, 1278 (1925); 1, 337 (1926); 1, 1121 (1927). --Fischer, A., C. r. Soc., :Biol. Paris I, 1217 (1926) - - Gewebezfiehtung 1927, 389. - - Haagen, Arch. exper. Zell~orschg 4, 433 (1927) - - Med. Klin. 1927 Mr 34 - - D t s c h . reed. Wsch. r. 1928, Mr 3, 92. - - Laser, Klin. Wschr. 1927, I~r 15, 698 - - Arch. exper. Zell- Iorschg 6, 142 (1928). - - Murphy und Landsteiner, J. of exper. Med. 41, 807 (1925). - - White, A. W. M., J. Cane. Rcs. 11, Mr 1, 111 (1927).