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(Ans dem Institut fiir Infektionskrankheiten ,,Robert Koch", Berlin. Chemother~peutische Abteilung.) 13ber Immunit~it bei der Chagaskrankheit der weil~en Maus. VoI1 W. A. Collier. Ober die Immunitit bei der Chagaskranldmit ist bisher noch nichts bekannt, wihrend wir fiber die Immuniti~tsverhiiltnisse bei den versehie- densten anderen Trypanosomenkrankheiten gut unterrichtet sind. Die besonderen Eigenschaften des Sehizotrypanum eruzi tragen die Schuld daran, dab bisher noeh keine Untersuehungen fiber Immuni- t~it durchgeffihrt werden konnten. Werden weiBe M~tuse mit Schizo- trypanum cruzi infiziert, so treten nach einer Inkubationszcit yon etwa 4--8 Tagen die Trypanosomen im Blute auf, wo sic in wechselnder Menge tiiglich naehgewiesen werden kSnnen. Hierbei kommt es nie zu der ge- waltigen Vermehrung wie bei den anderen Trypanosomenarten, sondern es finden sich gegen Ende des Verlaufes hSchstens 3--8 Trypanosomen im Gesichtsfelde, bis etwa 2 Wochen nach Auftreten der ersten Para- siren die Maus stirbt. Hierbei ist yon Bedeutung, da[~ es bisher mit keinem chemotherapeutischen Mittel geglfick~ ist, die Infektion der Maus abzuheilen, vielmehr sterben die mit allen bisher Versuchten Mitteln behandelten M~use zu genau der gleichen Zeit wie die un- behandelten KontroUtiere. So erwiesen sich die verschiedensten orga- nischen Arsenpr~parate, Farbstoffe und sogar Germanin als voll- kommen unwirksam. Es ist also nicht mSglich, eine einmal bestehende Infektion abzusehneiden, um durch Reinfektion die Immuni~i~ zu priifen. Vor eiifiger Zeit teilte Collier:mit, da$ friiher Igudicke und Collier in einzelnen Fi~]len dutch Behandlung mit maximalen Dosen yon Try- paflavin bei Schizotrypanum cruzi einen deutliehen Sehwund des Ble- pharoblasten sahen. Eine Verz6gerung des Krankheitsverlaufes trat hierbei nicht auf. In kfirzlieh angestellten Versuchen zeigte es sieh nun, dab die Virulenz yon Schizotrypanum cruzi durch eine Try-paflavin- behandlung etwas veiTingert wurde, denn die Passagen yon solchen vorbehandelten ~eren zeigten bei protrahiertem Verlauf weniger Para-

Über Immunität bei der Chagaskrankheit der weißen Maus

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(Ans dem Institut fiir Infektionskrankheiten ,,Robert Koch", Berlin. Chemother~peutische Abteilung.)

13ber Immunit~it bei der Chagaskrankheit der weil~en Maus.

VoI1

W. A. Collier.

Ober die I m m u n i t i t bei der Chagaskranldmit ist bisher noch nichts bekannt, wihrend wir fiber die Immuniti~tsverhiiltnisse bei den versehie- densten anderen Trypanosomenkrankhei ten gut unterr ichtet sind.

Die besonderen Eigenschaften des Sehizotrypanum eruzi tragen die Schuld daran, dab bisher noeh keine Untersuehungen fiber Immuni - t~it durchgeffihrt werden konnten. Werden weiBe M~tuse mit Schizo- t r ypanum cruzi infiziert, so t re ten nach einer Inkubationszci t yon etwa 4 - -8 Tagen die Trypanosomen im Blute auf, wo sic in wechselnder Menge tiiglich naehgewiesen werden kSnnen. Hierbei k o m m t es nie zu der ge- waltigen Vermehrung wie bei den anderen Trypanosomenarten, sondern es finden sich gegen Ende des Verlaufes hSchstens 3- -8 Trypanosomen im Gesichtsfelde, bis etwa 2 Wochen nach Auftreten der ersten Para- siren die Maus stirbt. Hierbei ist yon Bedeutung, da[~ es bisher mi t keinem chemotherapeutischen Mittel geglfick~ ist, die Infektion der Maus abzuheilen, vielmehr sterben die mi t allen bisher Versuchten Mitteln behandelten M~use zu genau der gleichen Zeit wie die un- behandelten KontroUtiere. So erwiesen sich die verschiedensten orga- nischen Arsenpr~parate, Farbstoffe und sogar Germanin als voll- kommen unwirksam. Es ist also nicht mSglich, eine einmal bestehende Infektion abzusehneiden, u m durch Reinfektion die Immuni~i~ zu priifen.

Vor eiifiger Zeit teilte Collier:mit, da$ friiher Igudicke und Collier in einzelnen Fi~]len dutch Behandlung mi t maximalen Dosen yon Try- paflavin bei Schizotrypanum cruzi einen deutliehen Sehwund des Ble- pharoblasten sahen. Eine Verz6gerung des Krankheitsverlaufes t r a t hierbei nicht auf. In kfirzlieh angestellten Versuchen zeigte es sieh nun, dab die Virulenz yon Schizotrypanum cruzi durch eine Try-paflavin- behandlung etwas veiTingert wurde, denn die Passagen yon solchen vorbehandelten ~ e r e n zeigten bei protrahier tem Verlauf weniger Para-

W. A. Collier : ~ber Immunit~t bei der Chagaskrankheit der weii~en Maus. 89

siten im B]ute Ms die Passagen yon unbehandelten Kontrolltieren. Ja, ein groBer Teil der infizierten M~use blieb sogar am Leben, zeigte nur etwa I Woehe ]ang Parasiten und blieb dann parasitenffei. :Diese fiber- lebenden Tiere eignen sieh ausgezeichnet zur Priifung der Immunitht . Gelegen~lich wurden auch M~use beobachtet, die nach der Infektion keine Parasiten zeigten. Aueh eine solche Maus wurde zur Prfifung der Immunit~t benutzt.

Es wurden also M~use mit Schizotrypanum infiziert, das yon M~tusen st~mmte, die vorher mit Trypaflavin behandelt worden waren, und zwar ~lzrde 1 ccm einer Aussehwemmung mit 1 Parasiten im Gesiehtsfelde intraperitoneal injiziert. ~ach Verlauf yon 83, 123 und 134 Tagen warden darm die fiberlebenden Tiere mit normalem Schizotrypanum eruzi in gleicber St~rke infiziert und 2 Monate ]ang untersucht. Die Versuche sind in der Tab. 1 wiedergegeben.

Tabellc 1. MSuse zuerst mit abgeschwSchtem, dann nach 83--134 Tagen mit virulentem Schizotrypanum in/iziert. .Dauer 2 Monate.

:Erstinfek- ] Blu tbefund 3faus tion m i t ] n a c h . d e r

Nr, Trypaf lav in- Ers t infek- s t a m m vo r t ion

1 134 Tagen -t- 2 134 ,, +

3 134 ,, H- 4 123 ,, + 5 123 ,, 0 6 83 ,, H -

7 83 ,, -}-

8 83 ,, -~ 9 - - - -

lO - - - -

l I - - - -

F, rgebnis de r In fek t ion mi t d e m v l ru len ten S t a m m

Negativ. Am 24. und 29. Tag sehr wenig Parasiten, dann

negativ. Am 13. Tag schr wenig Parasiten, dann ncgativ. Negativ. 1%gativ. 1%gativ. Am 17. und 28. Tag sehr wenig Parasiten, am

33. Tag gestorben ohne Parasiten. Am 17. Tag sehr wenig Parasiten, dann negativ. Am 10. Tag positiv, am 24. Tag mit Parasiten im

Blur tot. Am 10. Tag positiv, am 19. Tag mit Parasiten im

Blur tot. Am 6. Tag positiv, am 15. Tag mit Par~siten im

Blur tot.

Aus dieser Tabelle geht folgendes hervor: Von den 8 )5~usen, die vor 83, 123 und 134 Tagen zum erstenmal

infiziert worden waren, erwiesen sich 4 Tiere als v611ig immun, derm es traten in ihrem Blute keine Parasiten auf. Von den iibrigen 4 M~usen zeigten 2 an einem und 2 an 2 Tagen jedesmal 1--2 Parasiten im ganzen mikroskopischen Pr~parat. Die 3 Kontrollm~use indessen zeigten eine fortlaufende Infektion und starben am 15, 19. und 24. Tage an der Infektion. Die bereits /riiher einmal infizierten Tiere erwiesen sich also als weitgehend immun, sogar die Maus 5, die nach der Erstin/ektion keine

90 W.A. Collier:

Parasiten im Blute au/gewiesen hatte. Dieses Tier mul~ also zweifellos eine sehwache In fek t ion durchgemaeht haben, die bei der Blutunter- suchung nicht erkannt werden konnte.

Gleich hier sei ein weiterer Versuch angeschlossen, durch den fest- gestellt werden sollte, wie sich die Jungen eines immunen Muttertieres verhielten. Zu diesem Zweck wurde die immune Maus 5, (tie eine schwaehe Erst infektion durchgemacht hatte, 123 Tage sparer erneut infiziert und ebenso ihre 4 Jungen im Alter yon 2 Wochen. ])as Ergebnis ist in Tab. 2 zusammengestellt .

Tabelle 2. ln/ektion einer immunen Maus und ihrer Jungen mit virulentem Schizotrypanumstamm.

T i e r P o s t t i v G e s t o r b e n

Mutter~ier, vor 123 T,~gen infizier~ mi~ Trypaflavins~amm . . . . . . .

Junges Nr. 1 . . . . . . . . . . .

Kontrolle 1 . . . . . . . . . . .

~ 3 . . . . . . . . . . .

7. Tag

9 . ~

8 . ~

10. ,, 10. ,, 6. ,,

12. Tag

14. ,, 1 2 . , ,

1 2 . , ,

2 4 . , ,

1 9 . , ,

1 5 . , ,

Aus dieser Tabelle geht hervor, dab das Muttertier, das vor 123 Tagen zum ersten Male infiziert worden war, eine deutliche Immmfi t~ t zeigte, denn es t ra ten in ihrem Blute keine Parasiten auf. Die Jungen indessen, die ihrer Kleinheit entspreehend mi~ einer viel geringeren Dosis in- fizier~ worden waren, erkrankten mad starben sogar schneller als die gleichzeitig infizierten 3 erwaehsenen Kontro]lmi~use. Die Immunitiit wird also nicht au] die ]ungen Tiere iibertragen.

Es fragte sich nunmehr, welcher Ar t die bei diesen Versuchen be- obachtete Immuni t~ t is~, ob es sich um eine eehte Immuni t~ t oder aber um eine labile ]xffektion re_it Immuni t~ t gegen Superinfektion handelt. Dies lieB sich dadurch entscheiden, dab man das Blur und die Organe immuner Tiere auf neue Tiere iibertrug. So sei hier als Beispiel an- gefiihrt, welches Ergebnis bei Her Verimpfung des B]utes und der verschiedenen Organe einer vor 124 Tagen infizierten Maus erhalten wurde. Die Resultate dieser Verimpfung sind in der Tab. 3 zusammen- gestellt.

Aus dieser Tabelle geht hervor, dab aus dem Blur, aus Herz, Lunge, Leber, Milz, Nieren und Gehirn einer ve t 124 Tagen infizierten Maus Schizotrypanum gezfichtet werden konnte. Die Maus, yon der die ver- impften Organe s tammten, wurde vorher nicht zur Feststellung der

Uber Immunit~t bei der Chagaskrankheit der weil]en Maus. 91

Tabelle 3. Ergebni8 der Verimp/ung der Organe einer vor 124 Tagen rail dem Trypa/lavlnstamm in/izierten Mau8 (45 Tage lang beobachtet).

Ver lmpf t e O r g a n e d e r i m m u n e n Maus Auf Tier Nr . P o s i t i v a m

]~lut . . . . . . . . . . . . . .

~'~erz . . . . . . . . . . . . . .

Lunge . . . . . . . . . . . . . .

Leber . . . . . . . . . . . . . .

~Iilz . . . . . . . . . . . . . . .

~ieren . . . . . . . . . . . . .

Gehirn . . . . . . . . . . . . .

1 2 3 4

5 6 7 8 9

10 11 12 13 14

12. Tag 11. ,, 13. ,, 13. ,, 15. ,, 15. ,, 14. ,, 13. ,, 15. ,, 15. ,, 11. ,, 15. ,, 15. ,, 43. ,,

I m m u n i t ~ t infiziert , da d a n n n i ch t entschieden werden k6nnte , ob die au f t r e t enden Paras i t en yon der ers ten oder der zweiten In fek t ion s tam- men. Da aber aus den vorher mi tge te i l t en Protokol len hervorgeht , dab die nach der Ers t in fek t ion i iber lebenden M~use i m m u n sind, so k a n n m a n auch mi t Sicherhei t annehmen , daf~ es sich bei dem zur Ver- impfung ge langten Tier u m ein immunes Tier handel te . Das gleiche Resulta~ wurde bei der Ver impfung 8 weiterer Tiere erzielt. Dieser Nachweis von Paraziten izr~ Immuntier spricht also da/iir, daft es sich bei der Immunitgit bei Schizotrypanum cruzi um lceine echte Immuni - flit, sondern um eine labile In/ektion mit Superin/ektionsimmunitiit handelt.

Eine derart ige Unempfgngl iehke i t gegenfbe r einer Super infekt ion ~nfolge des daue rnden Reizes, den die im K6rpe r noch ve rb l i ebenen Paras i ten als An t igen ausfiben, k e n n e n wir m i t Sicherhei t be im Texas- fieber der R inde r und der Piroplasmose der Pferde. Auch bei der Piro- plasmose der Schafe is t sie wahrscheinhch. DaB aber auch bei Trypano- somenkranldaeifen eine derar t ige Supe r in fek t ions immuni t~ t besteh$, geht nach Schilling aus der Tatsache hervor, dab im afr ikanischen Tsetsefl iegengebiet das Wi ld vielfach m i t T rypanosoma brucei infizierg ist. Hier mul~ m a n a n n e h m e n , dal3 die j u n g e n Tiere berei ts sehr friihzeitig inf iz ier t werden u n d bei ~ b e r s t e h e n der K r a n k h e i t - - ins- besondere u n t e r dem EinfluB dauernder Neu in fek t ionen - - gegen Super infekt ionen i m m u n sind. ])as gleiche muB m a n auch bei der als ,,El ] ) ebab" bezeichneten T r y p a n o s o m e n k r a n k h e i t der Kamele an- nehmen.

92 W.A. Collier: Uber Immunitat bei der Chagaskrankhei$ der weiBen Maus.

Zusammen/assung.

MiSuse, die eine In f ek t i on m i t e inem durch T r y p a f l a v i n in sefimr Virulenz abgesehw~chten S t a m m yon S c h i z o t r y p a n u m eruzi fiber- s tehen, erweisen sich einer Neuin/ektion gegeniiber als immun.

Es h a n d e l t sich h ierbe i n i ch t u m eine sterilisierende ImraunitSt, sondern u m eine labile In/ektion mit Immunitiit gegeu Superin/ektionen, denn die so immunisierten .M~iuse weisen im Blut und den Organen noeh Parasiten auf.

Die I m m u n i t ~ gegen S c h i z o t r y p a n u m cruzi ~4rd nicht au/ die Jungen i~bertragen, weder p l a c e n t a r noch durch die ~hlch.

Literaturverzeichnis. Collier, W.A., Arch. Schi~fs- u. Tropenhyg. 34, 254 (1930). - - Schilling, Cl.,

Immunit~t bei Protozoeninfektionen. In Kolle, Kraus u. Uhlenhuth, Handbuch der pathogenen Mikroorganismen 8, 95 (1930).