3
über konvexe Punktmengen konstanter Breite. Von Börge J essen in Kopenhagen. Eine konvexe Punktmenge im n- dimensionalen Euklidischen Raum ist 'on komtanter Breite, wenn je zwei parallele Stützebenen (Ebene = linearer Jnterraum von n - 1 Dimensionen) denselben Abstand haben. Dieser Ab- 3tand ist dem Durchmesser d der Menge, d. h., indem wir die Punktmenge als abgeschlossen voraussetzen, dem größten Abstand zwischen zwei Punkten der Menge, gleich. E. Mei.ßner hat t'ine sehr einfache Bedingung dafür angegeben, daß eIne konvexe Punktmenge von konstanter Breite ,sein soll, nämlich jenige, daß die Menge vollBtändig sei; darunter versteht man, daß es un- möglich sein soll, der Punktmenge einen Punkt hinzuzufügen, ohne dabei den Durchmesser zu vergrößern 1). Herr Mt'ißner. beweist aber den Satz nur für n = 2 und. n = 3, und nur im ersten Fall sind alle Details des Be- weises ausgeführt Es soll nun hier ein Bt1teis gegeben werden, welcher für alle. n gilt. Der Anschaulichkeit halber betrachten wir vorläufig nur den Fall n= 3. Es sei f ein konvexer Körper der konstanten Breite d, zu dem wir einen Punkt P außerhalb f hinzufügen. Es sei Q der (eindeutig bestimmte) Plinkt von f, der P am nächsten liegt. Die durch Q gehende, auf PQ senk- rechte Ebene ist eine Stützebene von f; die hferzu parallele Stützebene berühre f iu R. P, Q und R liegen auf einer Geraden, und man hat PR> Q R = d , d. h. die Hinzufügung von P hat den Diameter der Menge vergrößert. 1) E. Meißner, Punktmengen konstanter Breite. Vierteljablll8cbrift der natur- forschenden Gesellsohaft in Zürich, 1911.

Über konvexe Punktmengen konstanter Breite

  • Upload
    boerge

  • View
    216

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über konvexe Punktmengen konstanter Breite

über konvexe Punktmengen konstanter Breite. Von

Börge J essen in Kopenhagen.

Eine konvexe Punktmenge im n- dimensionalen Euklidischen Raum ist 'on komtanter Breite, wenn je zwei parallele Stützebenen (Ebene = linearer Jnterraum von n - 1 Dimensionen) denselben Abstand haben. Dieser Ab-3tand ist dem Durchmesser d der Menge, d. h., indem wir die Punktmenge als abgeschlossen voraussetzen, dem größten Abstand zwischen zwei Punkten der Menge, gleich.

E. Mei.ßner hat t'ine sehr einfache Bedingung dafür angegeben, daß eIne konvexe Punktmenge von konstanter Breite ,sein soll, nämlich die~ jenige, daß die Menge vollBtändig sei; darunter versteht man, daß es un­möglich sein soll, der Punktmenge einen Punkt hinzuzufügen, ohne dabei den Durchmesser zu vergrößern 1). Herr Mt'ißner. beweist aber den Satz nur für n = 2 und. n = 3, und nur im ersten Fall sind alle Details des Be­weises ausgeführt Es soll nun hier ein Bt1teis gegeben werden, welcher für alle. n gilt. Der Anschaulichkeit halber betrachten wir vorläufig nur den Fall n= 3.

Es sei f ein konvexer Körper der konstanten Breite d, zu dem wir einen Punkt P außerhalb f hinzufügen. Es sei Q der (eindeutig bestimmte) Plinkt von f, der P am nächsten liegt. Die durch Q gehende, auf PQ senk­rechte Ebene ist eine Stützebene von f; die hferzu parallele Stützebene berühre f iu R. P, Q und R liegen auf einer Geraden, und man hat PR> Q R = d , d. h. die Hinzufügung von P hat den Diameter der Menge vergrößert.

1) E. Meißner, Punktmengen konstanter Breite. Vierteljablll8cbrift der natur­forschenden Gesellsohaft in Zürich, 1911.

Page 2: Über konvexe Punktmengen konstanter Breite

B. Jeeaen. nber konvexe Punktmengen kODBtanter Breite. 379

Wir haben somit den ersten Teil des Meißnerschen Satzes:

Eine kontJUe Punktmenge lcoMtanter Breite i8t oollmndig.

Es soll nun gezeigt werden (und dies ist der eigentliche Satz), daß auch die Umkehrung richtig ist:

Eine tJOll8tändige konvexe Punktmenge i8t von konstanter Breite.

Wir führen den Beweis in drei Schritten.

Erster Schritt. Es seien A und B zwei Punkte, deren Abstand ~ d ist. Es soU der Durchschnitt ~ (A, B) aller oollständigen Körper vom Diameter d, welche A und B enthalten, bestimmt werden. (per Durch­schnitt aller konvexen, A und B enthaltenden Mengen ist die Strecke AB, und der Durchschnitt aller vollständigen Mengen mit frei wählbarem Dia-

. meter ist ebenfalls diese Strecke.) In einer Ebene durch A und B zeichne

man einen Kreisbogen AB mit dem Radius d, der kleiner als ein Halb­kreis ist. Diesen Bogen drehe man um AB; es entsteht ein spindel­fi$rmiger Körper, den wir mit 6 (A, B) bezeichnen wollen. Der Durch-8chnitt aller A und B enthaltenden vollständigen Körper vom Durch­mes8er d ist 6(A, B).

aeweis. Der Durchschnitt der zwei Kugeln mit den Zentren A und B und dem Radius d ist eine Linse 2 (A, B), welche jede vollständige )Ienge durch A und B mit dem Durchmesser d enthält. Es sei Pein Punkt von 2 (A, B). Nach einem bekannten Satz:3) gibt es einen voll~

ständigen. Körper mit dem Durchmesser d, der A, Bund P enthält. ~ (A, B) ist also die Vereinigungsmenge aller A und B enthaltenden voll­ständigen Körper vom Durchmesser d. Nun ist ein vollständiger Körper sr vom Durchmesser d der Durchschnitt aller Kugeln mit dem Radius d, deren Mit.telpunkt sr angehört. Der gesuchte Durchschnitt ~ (A, B) ist also der Durchschnitt aller Kugeln mit dem Radius d, deren Mittelpunkt der Linse 2 (A, B) angehört; dieser Durchschnitt ist aber - wie sofort zu sehen - die genannte Spindel 6 (A, B). 3)

~) Jede Punktmenge vom D",rohmesser ~ d ist TeiImenge einer vollständigen Menge mit dem Durchmesser d. J. Pa.l, nber ein elementares Variationsproblem. Kgl. Danske Vidensk. Selsk. Math.-fys. Meddelelser III, 2 (1920). H. Lebesgue, Sur qut'lques questions de minimum, relatives aux oourbes orbiformes. Journal de Mathe­matiques, S· serie, tome IV (1921 l.

a) Der hicr angewendete Prozeß ist ganz allgemein der folgende: Es sei IX irgend­I'ine Menge. Um jeden Punkt der Menge wird l'ine Kugel vom Radius d be86hrieben. Den Durohschnitt aller dieser Kugeln bezeiohnen wir mit LI (IX). Ist der Durchtu.esser von Cl höchstens d, so bedeutet LI (IX) die Vereinigungsmenge aller vollständigen, IX ent­ba~tenden Mengen vom Durchmesser d, und L1 (L1 (IX» bedeutet den Durchschnitt aller dil'sel' vollstJhldigen Mengen.

Page 3: Über konvexe Punktmengen konstanter Breite

380 B. Jesaen. Ober konvexe Punktmengen koostanter Breite.

Zweiter Sohritt. Es sei ~ ein vollständiger Körper vom Duroh­messer d, P ein Punkt auBerhaJb f. Der maximale Abstand dp -zwisohen P und einem Punkt von i ist größer als d. Wir werden zeigen, daß es nur einen Punkt p* von f gibt, dessen Entfernung von P gleioh dp ist, daß also jedem Punkt, der nickt in f enthalten i8t, ein eindeutig be-8'smmter ltrn8ter Pun1cl von ~ enJ8prickt. Dies ist eine unmittelbare Folge d.es soeben bewiesenen Satzes. Es seien nämlioh A und B zwei Punkte von ~ mit PA -= PB> d. Schneidet man die Spindel 5(A, B) mit der Geraden, die den Winkel 1::: APB halbiert, so erhält man auf ihrer Oberfläche einen Punkt Q, für welohen PQ > PA ist. Es können also nioht zwei Punkte A und B als Punkte P * vom maximalen Abstand zu P gehören.

Dritter Schritt. Naoh diesen Vorbereitungen ist es nun ein leiohtes zu zeigen, daß jede vollständige Menge i vom· Diameter d die konstante Breite d hat. Es sei nämlich (t eine Ebene außerhalb i. P ein Punkt

in (t und p. der laut dem Vorhergehenden ein­deutig bestimmte Punkt von i, der von P maxi­malen Abstand hat. \ Aus der Eindeutigkeit von p. folgt, daß' p. mit P stetig variiert. Es sei Po der­jenige Punkt von (t, für welchen der Abstand pp. minimal wird. Po po· steht - wie eine einfache elementargeometrische überlegung zeigt - senkreoht . auf (t. Die zu (t parallele Ebene fJ durch po· ist eine Stützebene von sr ; ihr Abstand von (t ist

größer als d~ Man versohiebe (t parallel, bis sie eine Stützebene r wird; die Entfernung von fJ und riet demnach ~ d; anderseits ist sie ~ d. Damit ist der Satz bewiesen.

Wir haben bisher Punktmengen im dreidimensionalen Euklidisohen Raum betrachtet. Der mitgeteilte Beweis gilt aber Wort für Wort im n-dimensionalen Raum, so daß man allgemein den Satz hat:

Eine abge8Ckl088ene konvexe Punktmenge de8 n·dimen8ionalen Raume8 S8' dann und nur dann von konBtamer Breite, wenn llie vollBtändig s8t.

(Eingegangen am 26. Februar 1928.)