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(Aus dem Pathologischen Institut des Krankenhauses St. Erik, Stockholm. Vorstand: Prof. Dr. F. Henschen.) [~ber multiples Auftreten yon Geschwiilsten und GewebsmiBbildungen. Eine statistische Untersuehung. Von 1. IIolmqvist und .4. Nelson. Mit 3 Textabbildungen. (Eingegangen am 22. Februar 1938.) Fri~here Untersuchungen. Das multiple Auftreten yon Geschwfilsten und die biologisehe Be- deutung der Multiplizit~t sind lange Gegensti~nde der Diskussion ge- wesen. Vor allem hat man sich dabei ffir das primer-multiple Auftreten yon Carcinomen interessiert. Mitteilungen fiber solehe Fi~lle finder man schon in der vorhistologisehen Zeit. Sp~ter haben sich u.a. Billroth (1860), Broca (1862), Virchow (1863) und Rokitansky (1865) damit be- sch~ftigt. Der erste, der sich eingehender mit der Multipliziti~t tier Ge- schwfilste beseh~ftigt hat, scheint Nehrlcohrn (1901) gewesen zu sein, welcher vor allem die prim~r-multiplen Careinome und Sarkome stu- dierte. Grawitz (1904) lenkte die Aufmerksamkeit auf das gleichzeitige Vorkommen yon bSsartigen und gutartigen Gewi~ehsen. Kasuistische Mitteflungen fiber primi~r-multiple Geschwfilste sind in grol3er Zahl vor- handen, auch in der Literatur der allerletzten Jahre (z. B. Traub 1936). Die ersten grSBeren Zusammenstellungen fiber multiples Auftreten yon Geschwfilsten stammen yon Egli (1914) und Harbitz (1916). R6ssle (1919) hat sieh besonders mit der konstitutions-pathologischen Bedeu- tung der Multiplizit~t der Geschwfilste beseh~ftigt. Eine statistische Bearbeitung eines grSi]eren Materiales hat Puhr (1926) vorgenommen. Auf seine Arbeit, die in diesem Zusammenhang yon besonderem Inter- esse ist, kommen wit sparer zurfiek. Mehrere Forscher haben sich mit der exakten Definition des Begriffes prims Multiplizits beschi~ftigt, ohne fibereinstimmende Resultate erzielt zu haben. Sie betonen jedoch alle, wie wiehtig und sehwierig es ist, die Metastasen yon den prim~r-multiplen Geschwfilsten zu unter- seheiden. Es wiirde zu weir fiihren, hier auf alle Forderungen einzu- gehen, die aufgestellt worden sind, um zwei oder mehrere Gesehwiilste, die bei demselben Individuum auftreten, als primer-multiple Geschwfilste bezeichnen zu kSnnen. Zeitscba'ift fiir Krebsforschung. 47. Bd. 18

Über multiples Auftreten von Geschwülsten und Gewebsmißbildungen

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Page 1: Über multiples Auftreten von Geschwülsten und Gewebsmißbildungen

(Aus dem Pathologischen Institut des Krankenhauses St. Erik, Stockholm. Vorstand: Prof. Dr. F. Henschen.)

[~ber multiples Auftreten yon Geschwiilsten und GewebsmiBbildungen.

Eine statistische Untersuehung. Von

1. IIolmqvist und .4. Nelson.

Mit 3 Textabbildungen. (Eingegangen am 22. Februar 1938.)

Fri~here Untersuchungen.

Das multiple Auftreten yon Geschwfilsten und die biologisehe Be- deutung der Multiplizit~t sind lange Gegensti~nde der Diskussion ge- wesen. Vor allem hat man sich dabei ffir das primer-multiple Auftreten yon Carcinomen interessiert. Mitteilungen fiber solehe Fi~lle finder man schon in der vorhistologisehen Zeit. Sp~ter haben sich u .a . Billroth (1860), Broca (1862), Virchow (1863) und Rokitansky (1865) damit be- sch~ftigt.

Der erste, der sich eingehender mit der Multipliziti~t tier Ge- schwfilste beseh~ftigt hat, scheint Nehrlcohrn (1901) gewesen zu sein, welcher vor allem die prim~r-multiplen Careinome und Sarkome stu- dierte. Grawitz (1904) lenkte die Aufmerksamkeit auf das gleichzeitige Vorkommen yon bSsartigen und gutartigen Gewi~ehsen. Kasuistische Mitteflungen fiber primi~r-multiple Geschwfilste sind in grol3er Zahl vor- handen, auch in der Literatur der allerletzten Jahre (z. B. Traub 1936).

Die ersten grSBeren Zusammenstellungen fiber multiples Auftreten yon Geschwfilsten stammen yon Egli (1914) und Harbitz (1916). R6ssle (1919) hat sieh besonders mit der konstitutions-pathologischen Bedeu- tung der Multiplizit~t der Geschwfilste beseh~ftigt. Eine statistische Bearbeitung eines grSi]eren Materiales hat Puhr (1926) vorgenommen. Auf seine Arbeit, die in diesem Zusammenhang yon besonderem Inter- esse ist, kommen wit sparer zurfiek.

Mehrere Forscher haben sich mit der exakten Definition des Begriffes prims Multiplizits beschi~ftigt, ohne fibereinstimmende Resultate erzielt zu haben. Sie betonen jedoch alle, wie wiehtig und sehwierig es ist, die Metastasen yon den prim~r-multiplen Geschwfilsten zu unter- seheiden. Es wiirde zu weir fiihren, hier auf alle Forderungen einzu- gehen, die aufgestellt worden sind, um zwei oder mehrere Gesehwiilste, die bei demselben Individuum auftreten, als primer-multiple Geschwfilste bezeichnen zu kSnnen.

Zeitscba'ift fiir Krebsforschung. 47. Bd. 18

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258 I. ttolmqvist und A. Nelson-

Dagegen miissen wir in Ubereinstimmung mit Puhr eine der ~For- derungen f~ir prim~re Multiplizits hervorheben, welehe yon Goetze (1913) aufgestellt wurde, und welehe ffir unsere Arbeit yon besonderem Interesse ist. Goetze betont ns ausdriicklich, da6 die Annahme der Multiplizit~t auf irgendein pr~disponierendes dysontogenetisches oder nosologisches Moment gestfitzt werden muG.

Eigene Untersuchungen.

I m folgenden werden wir uns zun~chst an die yon Puhr angegebene Methode, das Vorhandensein yon prims Multiplizit~t festzustellen, halten. Puhr schliel~t diejenigen F~lle aus, bei welehen er nicht mit Sieherheit prims Multiplizit~t feststellen kann. Er finder somit durch Ausseheidung das Gesuchte.

Zu den multiplen Gesehwfilsten zs wir nicht diejenigen System- krankheiten, bei welehen ein Organsystem als Ganzes auf eine unbe- kannte Reizung reagiert, wie z .B. bei Neurofibromatosis. Mehrere Uterusmyome mfissen wir aueh als eine Geschwulst betrachten, teils weil in den Sezierprotokollen nicht immer angegeben wurde, ob eine oder mehrere Geschwfilste vorhanden waren, teils weft man sie als eine Art Systemkrankheit ansehen muG. Ebenso verhs es sich bei multip- ]en P o l y p e n in einem Organe, z .B. Polyposis ventrieuli oder l~olypi ventriculi. Von den Hautgesehwfilsten haben wit solche vom gleichen histologischen Bau als eine behandelt; z. B. Lipomata cutis - - Fibroma cutis -~ H~mangiomata curls ~ 3 Geschwfilste. Bei den Carcinomen verwenden wir nur dann die Bezeichnung Multiplizits wenn sie von makroskopisch verschiedenen Foci ausgehen, unter der Voraussetzung, dal~ Metastasen unwahrseheinlich erscheinen.

Der Zweck dieser Arbeit ist, durch das vorliegende Material nachzu- weisen, unter welchen Verh~iltnissen Multiplizit~t vorkommt, und wenn mSglich aueh die]enigen Faktoren, welehe die Multiplizits beeinflussen; ferner wollen wir diejenigen Resultate, die aus diesem sehwedisehen Materiale hervorgegangen sind, mit dem anderer Autoren vergleichen. Unsere Einteilungsgrfinde sind deshalb in gewisser Hinsicht yon den- jenigen anderer Autoren beeinflu6t worden. Wit haben somit, in Ubereinstimmung mit Puhr, die Prostatahypertrophie zu den Ge- sehwfilsten gez~hlt, obwohl uns bewu~t war, da6 die blastomatSse Natur der Prostatahypertrophien unter Diskussion gestellt werden kann. Wir haben dadurch unser Material mit demjenigen Puhrs vergleiehen kSn- hen. Gleich Egli, aber aueh im Gegensatz zu Puhr, haben wit die dif- fusen Kolloidstrumen nicht mitgenommen, dagegen die Schilddr~isen- D, denolne .

Unser Material besteht aus 4000 Sektionsfs ohne Auswahl vom Krankenhaus S : t Erik in Stockholm und s tammt aus den Jahren

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Ober multiples Auftreten von Geschwfilsten und GewebsmiBbildungen. 259

1930--1936. Von dieson F/~llon w~ron 1898 M/~nner und 2102 Frauen . Die Vertei lung geht aus Abb. 1 hervor:

Das Matori~l ist in Rassenhinsicht ziemlieh oinheitlich u n d fibor- wiogond nordisch, jodoch nicht selton mi t ostbal t ischem Einschlag. I n einzelnen F/~llcn diirf ten andere europ/~ische Rasson ver t re ten sein, bei- spielswoise Wal lonen und Deutsche. Der j/idische Einsohlag diirfte so un- bedeutend soin, dab m a n in dor Statistischen Bearboi tung nicht dami t rechnon kann .

I n den moisten FAllen sind vollst/~ndigo oder wenigstens beinaho vollst/~ndigo Sektio- non vorgonommen worden. Zu don lotztoren worden dio- jonigen F~llo gez/~hlt, bei wel- chon das Gehirn nicht heraus- gonommen worden ist. I n einigon ~/~llen wurden aueh die Halsorgano nicht unter - sueht. Eine kleine Zahl yon ]?/~llen wurdo nu r unvolls t~n- dig seziert. Die Sektionon wurden in den meis ten F/~llen von Professor Henschen vor- genommen, welchor seit Jah-

r +, _

3~ 3~ 32O

260

220 "~ 3oo~--p r I -:

7r

100g020r

Nhre A b b . 1. A l t e r s v e r t e i h m g + M ~ m w r - - - ; F r ~ u c n . . . . . . . .

ren dem Problome dor Multiplizit/~t der pr im~ren Geschwfilste besondere Aufmorksamkei t gewidmet ha t und doshalb das Vorkommon auch kleinerer Goschwfilste und GewebsmiBbildungen in den Protokol len registriert hat .

Dio Bedeutung oines so groBen und gut rogistriorten Matoriales br~ueht nicht bosondors hervorgehoben zu worden. Es ist von grSBerer Bedeutung, eine m~l]igo Anzahl von F/~llen yon oiner Person innerh~lb einos kiirzeren Zeitraumos gosammolt zu erhalten, als ein grS~eres Mgteri~l, w/~hrend 1/~ngorer Zoit u n d yon mohreren Porsonon eingosammolt. Dioses geht sohr deutlich aus der Unte r suchung yon Puhr horror . Dieser Autor, der 6718 Sekt ionen w/~hrend 21 Jahro bearboitot hat , gibt folgendo Worte an :

J a h r M u l t J p l i z i t ~ t i n %

1903--1904 . . . . . . 7,14 1904--1906 . . . . . . 7,69 1907 . . . . . . . . . 2,94 1908 . . . . . . . . . 5,00 1909--1911 . . . . . . 8,07 1912 . . . . . . . . . 8,09 1913 . . . . . . . . . 6,25 : 1914 . . . . . . . . . 14,28 1915 . . . . . . . . . 10,63

3 a h r ) I u l t i p l i z i t ~ i n %

1916 . . . . . . . . . 8,04 1917 . . . . . . . . . 16,93 1918 . . . . . . . . . 18,00 1919 . . . . . . . . . 19,23 1920 . . . . . . . . . 19,00 1921 . . . . . . . . . 24,21 1922 . . . . . . . . . . 23,52 1923 . . . . . . . . . . 24,69 1924 . . . . . . . . . 23,52

18"

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260 I. Holmqvist und A. Nelson:

Aus dieser Tabelle geht hervor, dab eigentlieh erst w~hrend der letzten 4 Jahre gleichfSrmige Werte hervortreten. Die Abweichungen k6nnen dureh ungleiehfSrmige und weniger genaue t~egistrierung ent- standen sein. Unser Material s t ammt yon Sektionen w/~hrend etwas mehr als 5 Jahren. Hinsiehtlieh der GrSBe und der Zeit des Einsammelns verh~lt sich unser Material zu demjenigen anderer Autoren wie aus folgender Tabelle hervorgeht:

! I Autor ] Zahl dcr Sektionen I Zahl der Jahrc

I I

3613 15 Harbitz . . . . . . . . . I P u h r . . . . . . . . . . 6718 21 Holmqvist u. 2(elson . . . 4000 5

D i e M u l t i p l i z i t i i t h i n s i c h t l i c h R a s s e , Geschlecht u n d Lebensa l t e r .

Bei s/~mtliehen 4000 Sektionen wurden in 55 % der F/tlle Gesehwiilste gefunden. Von diesen waren 40% multiple; also in Prozent der Ge- samtzahl der Sektionen 22,5%. Unsere Werte im Vergleieh mit den- jenigen anderer Autoren gehen aus folgender Tabelle hervor:

I Z~hl Tumor Multiplizitii~ Autor der Scktioncn % %

Egli . . . . . . . . . 4765 20,3 27,2 Harbitz . . . . . . . 3613 - - ! - - Puhr . . . . . . . . I 6718 23,2 i 14,0 Holmqvist u. Nelson �9 I 4000 55,8 40,5

2~Iultiplizit~t in Gesamt- zahl der Sektionen

%

5,5 2,8 3,3

22,5

Aus der obigen Tabelle geht hervor, dub unsere Werte bedeutend h6her sind als diejenigen anderer Autoren. Wir haben allerdings im Gegensatz zu E g l i Prostatahypertrophien mitgereehnet, diese letzteren aber wfirden, aueh wenn sie nieht mitgez~hlt worden wih-en, unsere Werte nieht so weit ver~ndern, dub sie denjenigen E g l i s gleiehki~men. In (Jbereinstimmung mit E g l i haben wir ferner gew6hnliehe diffuse Kolloidstrumen, kleine Naevi und Angiome nieht mitgereehnet. Be- treffs der l~egistrierung s t immt das Material P u h r s mit dem unsrigen fast v611ig iiherein; aber obwohl P u h r diffuse Strumen mitgez~hlt hat, erzielt er niedrigere Werte.

Von den malignen Geschwfilsten sind 1,2% multiple gewesen, d. h. 2,2% s~mtlieher Geschwiilste. Die Multiplizit~t in Prozent der ge- samten malignen Gesehwiilste betr~gt 5,1 (4000 Sektionen). Laut den amerikanisehen Forsehern S h i e l d s und Gates sollen multiple Carcinome in 1,84% yon allen Krebsfi~llen vorhanden sein, bei Beriieksichtigung sgmtlieher Statistiken in der amerikanischen Statistik aber 3,9%

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O b e r m u l t i p l e s A u f t r e t e n y o n G e s c h w i i l s t e n u n d G e w e b s m i l 3 b i l d u n g e n . 261

(1072 Sektionen) betragen. Battler hat in 95 F~llen yon bSsartigen Geschwiilsten Multipliziti~t bei 0,2% festgestellt (zu wenig Material). Owen stellte in 4,7% der Cancerf~lle Multiplizit~t lest.

Wie aus den obigen Ziffern hervorgeht, weichen die Angaben der verschiedenen Autoren wesentlich voneinander ab. Da unser Material zu klein ist, um eine statistisch zuverli~ssige Bereehnung der MSglich- keit eines zuf~ligen Zusammentreffens yon zwei primiiren Carcinomen bei einer Person zu erlauben, sehen wir davon ab, zu erSrtern, ob die erwarteten F~lle yon doppelten Carcinomen mit den wirklieh gefunde- nen iibereinstimmen.

%

r

r

25

25

2g

I6

70

Abb. 2. Altersver~eilung. Mi~nner. - - = AllgemeJne schwedische Stcrblich- keitskurvc 1931; . . . . . . entsprechende ts

bei unserem MatcriaIe.

._.J

dO 2s ?d 3J r r Sd 55 60 'e

Abb. 3. Altersve~eilung. Frauen, Angemeine schwedischc Stcrb-

lichkeitskurvo 1931; . . . . . . c~ttsprechcude Kurve bei unsercm MateriMe.

Da, wie sich sp~ter herausstellen wird, die Multipliziti~t vom Alter abh~tngig ist, kSnnten unsere h5heren Ziffern natiirlich dem Umstande zuzuschreiben sein, dab unser Material zum grol~en Teile aus i~lteren Personen besteht. ])as Verh~ltnis der Altersverteilung unseres Materials zu der allgemeinen schwedischen Sterblichkeitskurve w~hrend eines Jahres (1931) wird durch die Abb. 2 und 3 veranschatflicht.

Diese beiden Kurven sind nicht ohne weiteres vergleichbar. Man mul~ bedenken, daI~ die allgemeine Sterblichkeitskurve ledigl~ch Iiir 1 Jah r gilt, wi~hrend unsere Kurve eine Periode yon 5 Jahren umfaBt. Die GrSBenordnung der allgemeinen Kurve ist jedoch im Verhi~ltnis zu unserer Kurve so fiberzeugend, da~ die ji~hrlichen Abweichungen inner- halb jeder Altersgruppe keine gr61]ere Rolle spielen, zumal die Werte innerhalb der verschiedenen Altersgruppen nur bis auf 0,5% berechnet worden sind.

Aus den Kurven geht hervor, dal~ unser MateriM hinsiehtlich des Alters etwas nach rechts verschoben ist. Das will mi t anderen Worten sagen, da~ unser Material fiir diejenigen J~hre am grSi~ten ist, in wel-

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262 I. Holmqvist und A. Nelson:

chen die Geschwiilste am h~ufigsten sind. Im groften und ganzen mul~ doch behauptet werden, daft das Material vom Krankenhause S :t Erik ~tufterst repr~sentativ ist; hinsichtlich der Altersverteilung weicht es sicherlich nieht so sehr vom Materiale der oben genannten Autoren ab, dal~ daraus geschlossen werden kann, unsere auffaUend h6heren Werte miissen dutch die h6here Frequenz der Zahl der Fi~lle in h6heren Lebensaltern hervorgerufen sein.

Die verschiedenen Resultate, zu welehen versehiedene Forseher ge- kommen sind, k6nnten auch durch die Annahme einer besonderen Tumordisposition bei versehiedenen Rassen und Bev61kerungsgruppen erkliirt werden. Oder sie k6nnten aus den verschiedenartigen Lebens- verh~iltnissen der verschiedenen Pl~tze erkl~trt werden.

Aus dem Obigen geht deutlich hervor, wie sehwierig es ist, die ver- schiedenen Resultate der j eweiligen Autoren zu erklgren. Die von uns angegebenen Erldi~rungsgriinde sind: Unvollst~ndige und un- gleichm~tftige Registrierung, besondere Altersverhifltnisse des Materials, konstitutionelle Unterschiede und Unterschiede in den Lebensverhalt- nissen. Es ist wahrseheinlieh, daft diese siimtlichen Faktoren zusammen- wirken; jedenfalls ist es eine heikle Sache, irgendeinen dieser Faktoren als den wiehtigsten hervorzuheben.

Die Verteilung der Geschwiilste unter den beiden Geschlechtern geht aus folgender Tabelle hervor:

Zahl der Charakter Geschwfilste Zahl

1 / b6sartige . . . . . . . . . . . 253 / gutartige . . . . . . . . . . . 354

b6sartige -~ gutartige . . . . . 138 2 2 gutartige . . . . . . . . . . 97

Mehrere

Mgililer

13,3

1 oder mehrere b6sartige q- 2 oder mehrere gutartige . . . . . . . mehrere gutartige . . . . . . .

70 29

18,6 31,9

7,3 5,1

12,4

3,8 1,5

5,3

~s

Zahl %

246 11,7 473 22,5

34,2

116 5,5 236 11,2

16,7

120 5,7 84 4,0

9,7

Die Manner zeigen Multiplizit~t in 17,7 % yon der Zahl der Sektions- f~ille, die Frauen in 26,4%. Auch Egli hat gefunden, daft die Multipli- ziti~t in fiberwiegender Zahl bei Frauen vorkommt. Dies kann selbst- verstandlich darauf zuriiekgefiihrt werden, dab die Altersverteilungs- kurve ftir das weibliehe Material etwas mehr naeh den h6heren Altern zu verschoben wurde als die entsprechende Kurve ffir Mi~nner. Ganz

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Ober multiples Auftreten von Gesehwiilsten und GewebsmiBbildungen. 263

wird wohl nicht die h6here Frequenz yon multiplen Geschwfilsten bei Frauen hierdurch erkls sondern ein Unterschied diirfte in der l~eali- t~t vorhanden sein. Wenn man an die gutartigen Geschwfilste denkt, wie z. B. an Hamartom oder Choristom, deren Wachstum durch einen periodisehen Waehstumsreiz zustande kommen soll (Hedinger, s. unten), erscheint es glaubha/t, daft gutartige Geschwi~Iste h~iu/iger bei Frauen als bei ~I~innern vorkommen, denn die Periodizit~tt des weiblichen Organis- mus ist sti~rker betont als die des mi~nnlichen Organismus. Man braucht nur an solche starke Schwankungen im hormonalen Gleichgewicht bei der Frau, wie Menarche, Menstruation und Menopause, zu denken.

Um den Einflug des Alters auf die Multiplizit~t ersehen zu k6nnen, haben wir das Durchschnittsalter der verschiedenen Gruppen sowie die Korrelationskoeffizienten fiir den Zusammenhang zwischen Lebens- alter und Geschwiilste berechnet. Die hierbei erzielten Resultate gehen aus der folgenden Tabelle hervor:

1 gutartige Geschwulst . . . . . . 2 gutartige Geschwiilste . . . . . 3 oder mehrere gutartige Gesehwiilste 1 b6sartige Geschwulst . . . . . . 2 bSsartige Geschwtilste . . . . . 1 bOsartige, 1 gutartige Geschwulst ] oder 2 b5sartige Gesehwiilste; 2 oder

mehrere gutartige Gesehwfilste .

M~nner

M Ir

67,92 0,941 72,26 0,953 74,39 0,857 62,87 0,451 67,46 neg. 69,82 0,783

72,29 0,687

67,57 70,39 69,50 63,30 66,80 65,13

64,92

Frauen

0,455 0,632 0,653

--0,352

-- 0,304

--0,129

M =: Durchschnittsalter, R = Korrelationskoeffizient.

Aus dieser Tabelle geht hervor, dab das Durchschnittsalter mi t . der Zahl der gutartigen Geschwfilste w.~chst. Die Korrelation ist be- deutend bei den gutartigen Geschwfilsten, namentlich bei den M~nnern. Der verhs niedrige Wert ffir die Korrelation zwischen Lebens- alter und Zahl der M~nner mit drei oder mehreren gutartigen Geschwiil- sten kann durch die kleine Zahl der Fs die der Berechnung zugrunde lagen, bedingt sein. Wenn man den Durchschnittsfehler gebfihrend beriicksichtigt, stellt sich heraus, dab der Korrelationskoeffizient sich demjenigen fiir 2 gutartige Geschwfilste n~hert. Bei b6sartigen Ge- schwfilsten bei M~nnern ist das Verhi~ltnis demjenigen der gutartigen Geschwiilste entgegengesetzt; d .h . die Korrelation sinkt mit der Zahl der Geschwfilste. Aus der statistischen Bearbeitung kann auBerdem ersehen werden, dab die b6sartigen Geschwfilste der h6chsten Alters- gruppen weniger frequent sind als die gutartigen. Diese Tatsache er- hi~lt ihren statistischen Ausdruck durch den niedrigeren Korrelati0ns-

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264 I. t{olmqvist und A. Nelson:

koeffizienten ffir die b6sartigen Geschwfilste. Ob diese Frequenzab- nahme in den h6chsten Altersgruppen tats/~ehlich oder nur seheinbar ist, 1/~6t sich sehwer entscheiden, da die Zahl der obduzierten Indivi- duen aus diesen Altersgruppen verh~ltnismiiBig klein ist. Auch nicht aus der offiziellen Statistik Sehwedens (Sveriges offieiella statistik) k6nnen zuverl/issige Naehrichten betreffs dieser Frage eingeholt wer- den, da Individuen fiber 70 Jahre zu einer Altersgruppe zusammen- geffihrt sind. Die Abnahme der Tumorfrequenz im hSheren Lebensalter kann vielleicht als eine Tatsaehe angesehen werden, welche dadurch erkli~rt werden kann, dab die tumordisponierten Individuen schon friiher untergegangen sind und ein hinsiehtlich der malignen Geschwfilste ge- sundes Geschlecht hinterlassen haben.

Um dieses weiter zu beleuehten, ffihren wir folgendes aus Stoeckels Lehrbueh der Gyni~kologie an:

,,Die Beteiligung der einzelnen Lebensalter bei Cancer cervicis et corporis uteri (Takahashi, Material der Mfinchener Klinik):

Alter I Cervix% COCo pus I I Alter Cervix% Corpus%

21--25J~hre . . ] 0,3 26--30 . 3,0 31--35 . . . . . ] 9,5 36--40 ,, I 17,0

0 0 1,5

15,0

41--50 J a h r e . . 51--60 ,, . �9 61--70 . . . . 71--80 ,, . .

31,0 21,5 5,0 0,5

30,5 32,0 18,5 0

Krebs ist nicht nur eine Krankheit des abgelebten Lebens, sondern er scheint gerade in den Li~ndern der verfeinerten Zivilisation st/~ndig in die jfingeren Dezennien vorzudringen."

Auch der EinfluB der Lebensverhi~ltnisse auf die Tumorfrequenz wird hier deutlich hervorgehoben.

Der Korrelationskoeffizient ffir 1 bSsartige-k 1 gutartige Ge- schwulst ergibt 0,783 ffir M/inner, ws er ffir eine gutartige Ge- schwulst 0,941 betri~gt, d. h. die bSsartige Geschwulst kommt hier als lebensverkiirzendes Moment hinzu.

Aueh hinsichtlich der Korrelation zwischen der Zahl der Gesehwfilste und dem Lebensalter ergibt sich ein markanter Untersehied der beiden Geschlechter, indem der Korrelationskoeffizient bei den Frauen be- deutend niedriger ist als bei den Mi~nnern. Diese Tatsache liiBt sich zum groBen Teil dutch die bei den Frauen frfih auftretenden Genital- geschwfilste erkl/~ren.

Multiplizitiit, Dichtheit und Dispersion der Geschwiilste.

Es fragt sich nun, ob bei dieser groBen Zahl yon multiplen Gesehwfil- sten Formen vorhanden sind, die in hSherem Grade als andere kom- biniert sind. Um dieses feststellen zu kSnnen, wurde folgende Tabelle

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Ober multiples Auftreten yon Geschwtilsten und Gewebsmiltbildungen. 265

aufgestellt, aus welcher hervorgeht, wie oft eine Gesehwulst in einem Organe mit Geschwfilsten in anderen Organen kombiniert ist.

Organ Kombinationsprozent bei

bSsartigen I gutartigen Geschwfilsten Geschwfilsten

Pharynx . . . . . . . Oesophagus . . . . . . Ventrikel . . . . . . . Intestinum . . . . . . Renes . . . . . . . . Uterus . . . . . . . . Hepar . . . . . . . . Pankre~s . . . . . . . Owrium . . . . . . . Prostat~ . . . . . . . Cutis . . . . . . . . . Gliom . . . . . . . . Dumendotheliom . . .

53 52 44 55

1 0 0

65 47 5O 38 43

5 4

67 71 71 64 75 77 45 81 48

�9 9 2

Aus der obigen Tabelle geht hervor, dab die gutartigen Geschwfilste 5fter als die b6sartigen kombiniert sind. Unter don bSsartigen Ge- schwiilsten kommt Cancer uteri in 100% der F/tlle mit einer anderen Gesehwulst kombiniert vor. Das hohe Kombinationsprozent fiir Uterus- carcinome kann insofern ein Zufall sein, als wir in unserem Materiale verhifltnism/tBig wenig F/file yon Uteruskrebs haben. Das hShere Kombinationsprozent der gutartigen Geschwfilste scheint uns am besten dutch die Annahme einer allgemeinen dysontogenetischen Diathese erkla~t werden zu kSnnen. Der Unterschied der Kombinationsprozente der bSsartigen und gutartigen Geschwiilste last annehmen, dab die gutartigen Gesehwiilste dysontogenetische Bildungen sind, w/ihrend die b6sartigen im allgemeinen atypische, regenerative Hyperplasien sind.

Hypernephrome sind in diese Tabelle nicht aufgenommen worden, da der Charakter dieser Geschwiilste nicht immer im SekVionsprotokoll angegeben war. Wenn alle Hypernephrome, ob gutartig oder bSs- artig, zu einer Gruppe zusammengefal3t werden, sind sie bis zu 100% kombiniert. Wenn I-Iypernephrome als dysontogenetische Bildungen angesehen werden, erscheint diese Tatsache erkl/~rlich, denn es ist wahrscheinlich, dab die dysontogenetisehe Diathese nicht nur ein einziges Organ, sondern den ganzen KOrper angreifen wfirde, und dabei bier und da dysontogenetische Geschwiilste hervorrufen wiirde.

Mehrere Autoren haben den dysontogenetischen Charakter des Glioms hervorgehoben und einen Zusammenhang zwischen Gliom und MiBbildung feststellen wollen. Wit mSchten in diesem Zusammenhang betonen, dab die Gliome keineswegs besonders oft mit MiBbildungen

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266 I. I-Iolmqvist und A. Nelson:

oder gutar t igen Geschwiilsten auf dysontogenetischer Basis im iibrigen KSrper kombinier t sind. Dies ist dagegen auffallend oft der Fall bei Duraendothel iomen. Gliome sind in 48 % kombiniert , ws die ent- sprechende Ziffer fiir Duraendothel iome 92% ist.

Unter absoluter Tumordichte, T, verstehen wir die Zahl der Geschwiilste in einem Organ in Prozent der Gesamtzaht der Geschwiilste ausgedriiclct. Wir unterscheiden dabei eine absolute Tumordichte fiir bSsartige Ge- schwtilste TB und eine fiir gutart ige Geschwiilste Ta.

or~ane Organ+ ] T~ ] T~

1. Verdauungskanal suB. dem Ventrikel. . .

2. Ventrikel . . . . . . 3. Leber und Pankreas . 4. Lungen . . . . . . .

38 14 15 4 5 1

5. Weibliehe Genitalien [ 14 53 6. Urinorgane . . . . . 5 7. Endokrine Organe . I0(0,1) 12 8. Haut . . . . . . . I 1 4 9. Skelet . . . . . . . 1

Aus dieser Tabelle geht hervor, dab die Tumordichte bei b5sartigen Geschwiilsten nicht dieselbe ist wie bei gutar t igen; die betreffenden Tumordichten verlaufen nicht einmal parallel. Dieser Ums tand bewirkt, da6 man aus der Frequenz gutar t iger Geschwiilste in einem Organ keine Schliisse der Frequenz b5sartiger Geschwtilste im selben Organ ziehen kann. Gutart ige Geschwfilste und dysontogenetische Bildungen kommen bekanntl ich in allen Organen des KSrpers vor ; in welcher Ausdehnung dies jedoch der Fall ist, 1/~Bt sich an H a n d unseres Materials nicht be- urteilen. Wenn immer eine gewisse Zahl gutart iger Geschwiilste malign degenerieren wiirden, miiBten doch, meint man, in endokrinen Organen, wo doch gutar t ige Geschwiilste so oft vorkommen, auch bSsartige Ge- schwiilste 6fter vorhanden sein.

Wie schon oben erw/thnt, ist das Vorkommen prims bSsartiger Geschwiilste eine verh~ltnisms seltene Erscheinung. Dagegen kommen Indiv iduen vor, die yon gutar t igen Geschwiilsten so vol lkommen durchsetzt sind, da6 m a n ungesucht an eine allgemeine starke Geschwulstdiathese denken muB. Um dieses einigermaBen zu beleuchten, haben wir einige F/~lle unseres Materials hier mitgenommen.

Fall 1. 80j/~hrige Frau. Papilloma ventriculi + Polypus eanalis pylori + Myo- mata uteri + Polypi uteri + Lipomata eutis.

Fall 2. 67js Frau. Myoma uteri + Polypi uteri + Cystadenoma ovarii + Adenoma thyreoideae + Fibroma ventrienli.

Fall 3. 80jghrige Frau. Myomata et Polypi uteri + Fibroma oesophagi -4- Fibroma cardiae + Fibroma mammae.

Fall 4. 57j/~hrige Frau. Glioma frontale + Myoma uteri + Polypi uteri + Adenoma suprarenale -4- Adenom~ thyreoideae + Verrueae eutis.

Fall 5. 91 j/~hriger Mann. Polypus ventriculi + Polypus recti -k Hyper- trophia prost, d- Adenoma renis + Adenoma hepatis + Cavernoma hepatis.

Page 11: Über multiples Auftreten von Geschwülsten und Gewebsmißbildungen

?3ber multiples Auftreten yon Geschwtilsten und Gewebsmii~bildungen. 267

Unter Tumordispersion, S, verstehen wir die]enige Anzahl Geschwiilste, wdche in einem Organe oder in einem Organsystem vorlcommen, in Prozent der Tumorzahl siimtlicher Organe bei dieser Form yon Geschwiilsten. Bei

Myoma uter i k o m m e n z. B. a Geschwiilste verschiedener Ar t vor, yon 100 b

diesen sind b im Ventr ikel lokalisiert. Die Tumordispers ion S - - - - a

1. Verdauungskanal aul~er Ventrikel . . . . 12 2. Ventrikel . . . . . . . . . . . . . . . - - 3. Leber und Pankreas . . . . . . . . . 4 4. Lungen . . . . . . . . . . . . . . . 1 5. Genitalien . . . . . . . . . . . . . . 60 6. Urinorgane . . . . . . . . . . . . . . 4 7. Organe der inneren Sekretion . . . . . 12 8. Skelet . . . . . . . . . . . . . . . . 1 9. I-[aut . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Die obige Tabelle zeigt also, wie sich die mul t ip len Geschwtilste

bei gu ta r t igen Ventr ikelgeschwii ls ten auf andere Organe vertei len.

Wh" ersehen daraus, dab Genitalgeschwfiiste am hs mi t Ven- tr ikelgeschwfilsten zusammen vorkommen. Dies ist jedoch nur der Fall ,

wenn m a n mi t absoluten Wer t en rechnet . Daraus zu schliel]en, dab

z. B. Genitalgeschwiilste, re la t iv gesehen, 5fter als andere bei Ventr ikel-

geschwfilsten vorkommen, w/~re falsch, da ja Genitalgeschwiilste an und

fiir sich so hi~ufig vorkommen. U m mSglichst festzustellen, ob irgend- welche K o m b i n a t i o n hi~ufiger als andere v o r k o m m t , haben wir die Be-

zeichnung SR fiir die re la t ive Dispersion eingeffihrt. SR --~ S und g ib t T

einen ma themat i schen Ausdruck fiir die Frequenz einer gewissen K o m -

bination. Es ist ganz klar, dal~ 2 Tumorformen , welche so oft vere inzel t

vorkommen, wie es gutar t ige Ventrikel- und Genitalgeschwfilste tun,

auch 5fters komBiniert auf t re ten k6nnen, o h n e dab deshalb yon irgend-

einem Zusammenhang zwischen den beiden Tumor fo rmen die Rede sein muB. Fi i r diese sozusagen zufs K o m b i n a t i o n ist S ein Aus-

druck. Ers t wenn m a n die re la t ive Dispersion berficksichtigt, kann m a n

einen ma thema t i s chen Ausdruck fiir einen Zusammenhang erhalten.

Relative Dispersion SR ffir gutartige Ventrikelgeschwiilste:

1. Digestionskanal auBer dem Ventrikel . . 2,0 2. Ventrikel . . . . . . . . . . . . . . . - - 3. Leber und Pankreas . . . . . . . . . 1,0 4. Lungen . . . . . . . . . . . . . . . 1,0 5. Genitahen . . . . . . . . : . . . . . 0,8 6. Urinorgane . . . . . . . . . . . . . . 0,8 7. Endokrine Organe . . . . . . . . . . 1,0 8. Haut . . . . . . . . . . . . . . . . 1,5 9. Skelet . . . . . . . . . . . . . . . . 1,0

Page 12: Über multiples Auftreten von Geschwülsten und Gewebsmißbildungen

2 6 8 I. Holmqvist und A. Nelson:

Hieraus r wir, daft gutartige Ventrikel- und Genitalgeschwi~lste keineswegs eine h~iu/ig vorkommende, sondern im Gegenteit eine relativ selten vorkommende Kombination darstellen. ] )agegen k o m m e n oft Gesehwtilste in anderen Teilen des Diges t ionskana ls m i t gu t a r t i ge n Ventr ikelgeschwii ls ten zusammen v o r . Der Diges t ionskana l s te l l t eine fiir Geschwii ls te g le ichar t ig d i sponier te E inhe i t dar . Man k a n n in l~ber- e ins t immung mi t Virchow yon einer loka len Tumord ia these sprechen. H ie r folgen einige FMle unseres NIateriMs, welehe d~s obens tehende bes t~t igen:

Fall 1. 74jahriger Mann. Ca. panereatitis + Fibroma cardiae ~- Polypus cardiae ~ Polypi reeti -~ Adenoma suprarenale ~- Cystides renum.

Fall 2. 92j~hrige Frau. Myoma uteri ~- Polypi uteri + Polypi ventriculi + Fibroma cardiae + Cystides renum.

Fall 3. 91j~hriger Mann. Polypus ventrieuli ~- Polypus reeti ~- Adenoma hepatis -~ Adenoma renis ~- Hypertrophia prostatae.

S auch Sz ffir gutartige Uterusgeschwfi]ste.

Organ S S~

1. Digestionskanal aufler dem Ventrikel . . 2. Ventrikel . . . . . . . . . . . . . . . 3. Leber und Pankreas . . . . . . . . . 4. Lungen . . . . . . . . . . . . . . . 5. Genitalien . . . . . . . . . . . . . . 6. Urinorgane . . . . . . . . . . . . . . 7. Endokrine Organe . . . . . . . . . . 8. Haut . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Skelet . . . . . . . . . . . . . . . .

7 1,1 27 2,0

4 1,0 2 2,0

8 1,6 4] 3,4

9 2,2 2 2,0

Aus dieser Tabel le geh t hervor , dab diejenigen Geschwfilste; d ie 6fter als andere m i t Myomen und P o l y p e n im Ute rus zusammen vor- kommen , gu ta r t ige Geschwiilste in endokr inen Organen sind, nament - l ieh Adenome in der Thyreoidea . Sn fiir endokr ine Organe di i rf te in der Wi rk l i chke i t h6her sein, da wir m i t T, welches Geni ta l ien und n ich t gutar~igen Uterusgeschwfi ls ten gilt , gereehnet haben.

I nne rha lb der Gruppe Genitalgesehwfils te sind Myome und Po lypen die ohne Zweifel am h~tufigsten v o r k o m m e n d e Kombina t ion . Diese be iden Geschwuls t formen k o m m e n auch m i t Geschwfilsten in den Ovar ien zusammen vor. Fe rne r k o m m e n sowoht gu ta r t ige als b6sar t ige Ovaria l - geschwfilste mi t Sehi lddrf i senadenomen zusammen vor.

Beispiele:

Fail l . 76j~hrige Frau. Ca. ventriculi ~- Myoma uteri ~- Adenoma thyreoi- deae.

Fall 2. 62jahrige Frau. Myoma uteri -~ Adenoma thyreoideae ~- Adeno- fibroma mammae -~ Fibroma ventriculi.

Fall 3. 73j~thrige Frau. N[yoma uteri -~ Adenoma thyreoideae + Adenoma suprarenaIis.

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~ber multiples Auftreten von Geschwiilsten und GewebsmiBbildungen. 269

Pall 4. 67j~hrige Frau. Myomata uteri -4- Polypi uteri ~- Cystadenom~ ov~rii ~ Adenom~ thyreoideae.

Pall 5. 72jahrige Frau. Myoma uteri ~- Folypus uteri ~- Adenoma thyreoi- deae + Adenoma suprarenale ~ Fibrom~ ventriculi.

Pall 6. 67j~hrige Frau. Ca. mammae -~ Myom~ta uteri ~-Polypus uteri ~- Adenoma thyreoideae -4- Haemangiom~ta cutis .-4- Lipomata eutis -~ Tumor parvus renis dx.

Die Zahl der Gesehwiilste innerhalb der iibrigen Gruppen ist nieht gro~ genug, um eine zuverli~ssige Bereehnung von Sn zu ermSglichen. Wir beschr~nken uns deshulb dar~uf festzustellen, d~[~ bei unserem Material folgende Kombin~tionen sehr hi~ufig vorkommen-

1. Gutartige Geschwiilste im Ventrike] sowie Geschwiilste in anderen Teilen des Digestionsk~nuls:

2. Uterusmyome und Uteruspolypen. 3. Gutartige Uterusgeschwiilste und gutartige Gesehwiilste der

endokrinen Organe.

Geschwulst und Miflbildung.

Viele Forscher h~ben der Frage des Zusammenhanges zwischen Geschwulst und Mil~bildung groBe Aufmerks~mkeit gewidmet. Es ist bekanntlich sehr schwer die Grenze zwischen Mil~bildungen und gut- artigen Geschwiilsten zu ziehen; man kann sogar diese beiden Begriffe bis zu einem gewissen Grade gleichstellen. I m folgenden h~ben wir beispielsweise Nierencysten, Leber- und l~ankreascysten, Nebenmilzen und Defekte der Herzscheidewand zu den Mi~bildungen gez~hlt.

Bemerkenswert ist das Vorkommen yon Geschwfilsten bei Herm- aphroditismus. Pick (l~ut Ribbert) beschreibt einen F~ll mit Ovotestis unil~ter~lis, wo ein Adenom in derselben und ein ~thnliches Adenom im IIoden vorkamen. Magnan und Pozzi (l~ut Ribbert) beschreiben einen Fall yon Ov~rialsarkom und Pseudoherm~phroditismus. Mehrere s Fs sind beschrieben worden.

Bei Myomen hat Kramer in mehreren F/~llen d~s Vorkommen yon Mil~bfldungen festgestellt.

MiBbildungen spielen ferner l~ut Literatur~ngaben eine groBe Rolle beim Vorkommen yon Gliomen. Schiele (Ribbert) besehreibt 2 F~lle yon Gliom mit Spaltbildung im Riiekenmark. Auch sonst sollen n~ch mehreren Autoren Gliome oft mit MiBbitdungen zus~mmen vorkommen. .Dies l~tBt sich nicht aus unseren Resutt~ten herauslesen, aus welchen hervorgeht, dal~ Gliome ziemlich selten mit Mii~bfldungen odor gut~rtigen Gesehwiilsten kombiniert sind (Gegens~tz: Duraendo- theliome).

Folgende T~belle zeigt die Zahl der Mil~bfldungen in Prozent inner- h~lb jeder Gruppe.

Page 14: Über multiples Auftreten von Geschwülsten und Gewebsmißbildungen

270 I. Holmqvist und A. Nelson:

1 Geschwulst: gutartig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 bSsartig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2 Geschwiilste : 2 bSsartige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1 bSsartige + 1 gutartige . . . . . . . . . . . . . 17 2 gutartige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

3 Geschwfilste : 3 bSsartige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0 (1 Fall) 1 bSsartige -- 2 gutartige . . . . . . . . . . . . . 30 2 bSsartige + 1 gutartige . . . . . . . . . . . . . 20 3 gutartige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

4 Geschwiilste : 3 bSsartige -~ 1 gutartige . . . . . . . . . . . . . 0 (1 Fall) 2 bSsartige -~ 2 gutartige . . . . . . . . . . . . . 20 1 bSsartige ~ 3 gutartige . . . . . . . . . . . . . 42 4 gutartige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

5 Geschwtilste : 3 bOsartige + 2 gutartige . . . . . . . . . . . . . 0 (1 Fall) 2 bSsartige + 3 gutartige . . . . . . . . . . . . . 100 1 bOsartige -~ 4 gutartige . . . . . . . . . . . . . 33 (3 F/ille) 5 gutartige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

Aus dieser Tabelle geht hervor, daft die Frequenz der Mi[3bildungen mit der Zahl der gutartigen Geschwi~Iste w~ichst, welches gewissermal~en einen Beweis ffir den Zusammenhang zwischen gutar t igen Geschwiilsten und MiBbildungen darstell t .

Die Nierencysten bi lden ohne Vergleich die grSBte und am h/~ufig- s ten vorkommende Gruppe derjenigen Mil~bildungen, die mi t Gesehwiil- s ten kombin ie r t sind. Sie t re ten bekannt l ich sehr oft mi t gutar t igen Geschwiilsten in den •ieren kombin ie r t auf, wie z. B. Markfibromen und Adenomen.

Trotz dem h/iufigen Vorkommen der Ko mbi na t i on MiBbfldung u n d gutar t ige Geschwulst, k5nnen wir nieht aus der Zahl der MiI~bildungen mit Sicherheit i rgendeine zuverl/~ssige Sehluf~folgerung betreffs der Geschwulstdisposit ion eines Ind iv iduums ziehen. Denn es gibt - - wie schon Barrel hervorhebt - - eine Kategorie Menschen mi t Mif~bildungen, eine zweite Kategorie mi t gutar t igen Geschwfilsten u n d eine dr i t te Kategorie mi t diesen beiden Ver/~nderungen gleichzeitig. Wenn bei der Sektion eines j i ingeren Ind iv iduums mehrere Bildungsfehler nach- gewiesen werden kSnnen, so 1/~l~t sich hieraus nicht auf eine Geschwulst- disposition dieses I nd iv iduums schlieBen, da der Fal l ja zu der ersten der von Bartel aufgestel l ten 3 Gruppen gehSren kann. E r k a n n eben- falls zur dr i t t en Gruppe gehSrt haben, obwohl die Disposit ion fiir Ge- schwfilste infolge des re la t iv jungen Alters des betreffenden Ind iv iduums noch nicht zur En twick lung gekommen ist. R6ssle hebt auch hervor,

Page 15: Über multiples Auftreten von Geschwülsten und Gewebsmißbildungen

Ober multiples Auftreten von Geschwiilsten und GewebsmiBbildungen. 271

daft man in einem grSBeren Sektionsmaterial oft F/s finder, die sich vor ahem dutch das Vorkommen yon Mil~bildungen auszeichnen, ,,es fehlen ihnen abet die Tumoren; es sind dana in der Mehrzahl tells Jugend- liche, teils unausgebildete F/~lle (formes frustes)."

Alles spricht dafiir, dab die Neigung zu gutartigen Geschwiilsten und Mi6bildungen genetisch bedingt ist. Die Neigung zu gutart igen Gesehwiilsten wechselt mit Geschlecht und Lebensalter. Das Geschlecht ist jedoch genetisch bedingt. Ebenso wie das Geschlecht yon der rich- tigen Ausbalancierung des St/~rkeverh~ltnisses der Geschlechtschromo- somen (sonst Hermaphroditismus, Miftbfldung) bedingt ist, darf man wohl annehmen, daft die Tumordisposition hinSichtlich ihrer Entstehung und sp~tteren Entwicklung von dem riehtigen St~rkeverh~ltnis zwischen denjenigen Genen abh/~ngig ist, die das Wachstum accelerieren und retardieren: Es hat sich auch herausgestellt, dab man bei Versuchen, eine nicht determinierte Zuwaehskurve durch mathematisehe Formeln aus- zudrficken, der Wahrheit durch die Annahme accelerierender und retardierender Kr/~fte plus einer Initialgeschwindigkeit nahe gekommen ist (Backman).

Wenn nun in einer oder mehreren ~Zellen keine richtige Ausbalan- zierung der zuwachsaccelerierenden oder zuwachsretardierenden Kr/~fte sich vorfindet, 1/~6t sich das Entstehen yon Tumor, Hyperplasie oder Hypoplasie denken. Tumor und Hyperplasie durch eine zu starke Acceleration, Hypoplasie dutch ein zu starkes Retardieren, wobei Neu- bildung und Zuwachs yon Zellen den dutch das physiologisehe Ab- sterben yon Zellen entstehenden Verlust vielleicht nicht ersetzen kSnnen. Eine in dieser Weise angenommene Hypoplasie w/ihrend des Embryonal- lebens kann als Erkl/~rung der biologischen Variationen rudiment/~rer Organe gelten. Es zeigt sich auch, daft Tumormensehen h/tufiger als andere Individuen biologische Variationen oder Miftbildungen auf- weisen, wie z. B. Meckels Divertikel, auftergewShnlich langen Proeessus vermiformis usw.

Zusammen/assung. 1. Geschwiilste sind in unserem Material in 55,8% der F/~lle vor-

handen. 2. Primi~re Tumormultiplizit/it kommt in unserem Material sehr

h/~ufig vor, 22,5% ss Sektionsf~lle. 3. Die Multiplizi~iit steht in enger Beziehung zum Alter und Ge-

schlecht (evtl. auch zur ]~asse). Die Neigung zu multiplem Auftreten nimmt mit den Jahren zu, die Frauen neigen bedeutend mehr zur Mul- tipliziti~t als die Mi~nner gleichen Alters.

4. Die gutartigen Geschwiilste trcten h~ufiger als die bSsartigen multipel auf.

Page 16: Über multiples Auftreten von Geschwülsten und Gewebsmißbildungen

272 I. Holmqvist und A. Nelson: Geschwiilste und GewebsmiBbildungem

5. Folgende K o m b i n a t i o n e n k o m m e n besonders hi~ufig vor: Uterus- myome u n d Uteruspolypen, gutar~ige Uterusgeschwiilste u n d gut- artige Geschwfilste der endokr inen Organe, besonders in der Thyreoidea, und schlie~lich gutar t ige Geschwiilste in verschiedenen Teilen des Di- gestionskanales.

6. Die Neigung zu gutar t igen Geschwiilsten k a n n den ganzen K6r- per, das Organsystem, die Organe oder Teile derselben betreffen. Die bei primi~r-multiplen Geschwiilsten auf t re tenden Umst~nde lassen die A n n a h m e einer wahrscheinlich genetisch bedingten, lokalen Diathese berechtigt erscheinen. Auch scheint uns eine /~hnliche allgemeine Ge- schwulstdiathese vorhanden zu sein.

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