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(Staatl. PreuB. Chirurg. Univ.-Klinik Miinster (Westf.) [Prof. H. Coenen].) Uber neuro-vegetative Rezeptorenfelder im Kreislaufregulationsmeehanismus und durch deren Ausschaltung experimentell erzeugte, morphologisch faBbare VerAnderungen im sympathischen Nervensystem 1. Von Dr. Paul Sunder-Plassmann. Mit 26 Textabbildungen. (Eingegangen am 30. Mai 1933.) Herrn Geh. Rat H. E. Hering, Direktor des Instituts ffir normale und patho- logische Physiologie der Universit/it KSln a.Rh., in dankbarer Gesinnung gewidmet. In den letzten Jahren hat sich mehr und mehr die Erkenntnis durch- gerungen, wie aul3erordentlich wichtig neben den chemisch-hormonalen Komponenten tier Kreislaufregul~ion, auf denen bislang die Haupt- betonung lag, auch die physikalisch-nervSsen Faktoren sind, die, mit dem Kreislaufregulationsmechanismus aufs engste verkuppelt, dariiber hinaus ihre weitgehenden Einfliisse under anderem auch auf den gesamten Tonus des vegetativen Nervensystems direkt und indirekt dauernd geltend machen. Es war in erster Linie die Entdeckung der ,,Sinusreflexe" cl.urch H. E. Hering im Februar 1924, die Veraulassung dazu wurde, dal~ nunmehr in sehr vielen Instituten des In- und Auslandes eine rege T/itigkeit einsetzte, diese physikalisch-nervSsen Faktoren der Kreislauf- regulation in ihrer Tragweite vollst/~ndig zu erfassen und klarzustellen. Gleichzeitig machte sich auch die Forderung geltend, fiir die experimentell neuerkannten Funktionen das entsprechende neuro-morphologische Sub- strat zu finden. Von den vielen physiologischen, pharmakologischen und klinischen Arbeiten sind vor allem zu nennen diejenigen yon H. E. Hering und 1V[itarbeitern, ferner yon E. Koch, Mies, Heymans, Bouckaert, Rein, Danielopulu und deren Mitarbeitern, durch die unsere Erkenntnis auf dem wichtigen Gebiet der Kreislaufregulation wertvoll bereichert worden ist. 1 Nach einem Vortrag, gehalten auf dem Kongrel~ der Deutschen Gesellschaft fiir Kreislaufforschung in Wiirzburg, M/~rz 1933.

Über neuro-vegetative Rezeptorenfelder im Kreislaufregulationsmechanismus und durch deren Ausschaltung experimentell erzeugte, morphologisch faßbare Veränderungen im sympathischen

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(Staatl. PreuB. Chirurg. Univ.-Klinik Miinster (Westf.) [Prof. H. Coenen].)

Uber neuro-vegetative Rezeptorenfelder im Kreislaufregulationsmeehanismus und durch deren Ausschaltung experimentell erzeugte, morphologisch

faBbare VerAnderungen im sympathischen Nervensystem 1.

Von

Dr. Paul Sunder-Plassmann.

Mit 26 Textabbildungen.

(Eingegangen am 30. Mai 1933.)

Herrn Geh. Rat H. E. Hering, Direktor des Instituts ffir normale und patho- logische Physiologie der Universit/it KSln a.Rh., in dankbarer Gesinnung gewidmet.

In den letzten Jahren hat sich mehr und mehr die Erkenntnis durch- gerungen, wie aul3erordentlich wichtig neben den chemisch-hormonalen Komponenten tier Kreislaufregul~ion, auf denen bislang die Haupt- betonung lag, auch die physikalisch-nervSsen Faktoren sind, die, mit dem Kreislaufregulationsmechanismus aufs engste verkuppelt, dariiber hinaus ihre weitgehenden Einfliisse under anderem auch auf den gesamten Tonus des vegetativen Nervensystems direkt und indirekt dauernd geltend machen. Es war in erster Linie die Entdeckung der ,,Sinusreflexe" cl.urch H. E. Hering im Februar 1924, die Veraulassung dazu wurde, dal~ nunmehr in sehr vielen Instituten des In- und Auslandes eine rege T/itigkeit einsetzte, diese physikalisch-nervSsen Faktoren der Kreislauf- regulation in ihrer Tragweite vollst/~ndig zu erfassen und klarzustellen. Gleichzeitig machte sich auch die Forderung geltend, fiir die experimentell neuerkannten Funktionen das entsprechende neuro-morphologische Sub- strat zu finden. Von den vielen physiologischen, pharmakologischen und klinischen Arbeiten sind vor allem zu nennen diejenigen yon H. E. Hering und 1V[itarbeitern, ferner yon E. Koch, Mies, Heymans, Bouckaert, Rein, Danielopulu und deren Mitarbeitern, durch die unsere Erkenntnis auf dem wichtigen Gebiet der Kreislaufregulation wertvoll bereichert worden ist.

1 Nach einem Vortrag, gehalten auf dem Kongrel~ der Deutschen Gesellschaft fiir Kreislaufforschung in Wiirzburg, M/~rz 1933.

~ber neuro-vegetative Rezeptorenfelder im Kreislaufregulationsmechanismus. 415

In einem groi3angelegten J~[auptreferat teilte H. E. Hering auf dem letzten KongreB der Deutschen Gesellschaft ffir Kreislaufforschung, der unter ungewShnlich starker Beteiligung des Auslandes in Wfirzburg Anfang M/irz 1933 stattfand, die gesamten Ergebnisse der letztj/ihrigen diesbezfiglichen Forschung mit. Wiihrend Ph. St6hr jr. dazu in seinem instruktiven Vortrag fiber (fie allgemeine Histologie der Gefiil~nerven sprach, habe ich anschliel~end den Nervenapparat des Sinus caroticus dargelegt, wie er mir an Hand eines sehr grol~en Untersuchungsmaterials vom Menschen der verschiedenen Altersstufen, yore Fetus humanus

Abb . 1. 3Iensch. Karo t iden t e i l ungs s t e l l e . I m Te i lungs~ inke l dc r r e c h t e n Ca ro t i s d a s l insengroSe , eben noch s i c h t b a r e . , G l o m u s " c a r o t i c u m (Karo t i sdr i i se ) . I m Te i lungswinke l

tier l i nken Caro t i s der , , S i n u s n e r v " .

un4 einer Reihe Tiere: Kun4, Katze, Kaninchen, Frosch, Pfer4 und den l~,nminantia nunmehr nach eingehender Untersuchung klargeworden ist.

Wie die jiingsten Untersnchungsergebnisse lehren, haben die Sinus- reflexe einen dentlichen und weitgehenden Einflul~ anf die Herzschlags- zahl, den Blntdruck, die Atmung (H. E. Hering, Heymans u. a.), Magen- Darnm~otilitiit (Danielopulu u.a.), Durchblutung verschiedener Organe, besonders der Schilddrfise (Rein and Mitarbeiter) und Vorg/~nge im Zentralnervensystem. Der Ausgangsort der Sinusreflexe ist der Sinus caroticus, eine zwiebelartige Erweiterung des Gef&l~rohres am Anfangs- teil der Carotis interna (Abb. 1). ~ber sein Vorkommen beim Menschen in den verschiedenen Altersstufen vergleiche unsere Arbeit aus dem Jahle 1930. Es war yon vornherein anzunehmen, dal~ ffir eine so aus- giebige Funktion, wie sie oben yon den Sinnsreflexen dargelegt ist, auch das nenro-morphologische Substrat bezfiglich der Differenzierung, der masse un4 sonstiger Eigenschaften seine Eigenarten aufzuweisen haben wfirde. Das ist in der Tat beim Sinus caro~icus in weitestem MaSe 4er Fall, und die Ent4ecknng der Sinusreflexe hat Veranlassung gegeben zu

416 Paul Sunder-Plassmann: Uber neuro-vegetative Rezeptorenfelder

der Auffindung hochdifferenzierter Nervenapparate von einer Gr6Be in der Gesamtheit and M~chtigkeit der einzelnen Neuroelemente, wie sie uns aus dem fibrigen Organismus bisher nicht bekannt gewesen sind. Studiert man gute Nervenpr/~parate des Sinus earoticus unter dem Mikroskop, so ist man erstaunt fiber d.as nerv6s bis ins einzelne und feinste differenzierte Bild yon einer Reichhaltigkeit, fiber die man sich, otme die Originalpr/~parate gesehen zu haben, gar nicht entfernt ein der Wirkliehkeit entsprechendes ]3ild machen kann. Wie wir schon 1929 betonten, ist die Wand des Sinus caroticus anders aufgebaut wie die der fibrigen Gef/~f~strecken; sie erseheint der ganzen Struktur nach schon daffir pr/~disponiert, die wichtigen vegetativen Nervenapparate in sich zu beherbergen und als Boden fiir deren funktionelle Inanspruch- nahme zu dienen. In die verdickte Adventitia geht allmghlich die Elastica externa fiber, die, gewShnlich nur ein schmaler Streifen, hier ira Karotis- sinus sich zu einem breiten Band entwickel~ hat. In ihr liegen die Nerven- apparate. Die Med.ia ist als Gauzes reduziert, schm~ler als in fibrigen Gef/~Bstrecken. Hingegen ist, auch schon bei jungen Individuen, wo noch yon keinerlei endarteriitischen Prozessen die Rede sein kann, die Intima wiederum verdickt, worin wir eine kompensatorische l~aBnahme erblieken gegenfiber der stark verdfinnten Media, damit so ein Platzen des Gef/~B- rohres oder sonstige L/~dierung vermieden wird, zumal als Ganzes ge- nommen der Sinus eine auffallend dfinne Wandung besitzt. Diese gesamte Wandverdfinnung abet erseheint notwendig, damit die an- prallende Blu~welle um so leichter den Sinus dehnen und so die ffir die Nervenapparate ad~quaten Dehnungsreize applizieren kann.

Die rechte und linke Karotisteilungsstelle, die alas Lichtbild tier Abb. 1 wiedergibt, wurden tier menschlichen Leiche entnommen, nachdem alas Gef/~Bsystem vorher mit Mennige injizier~ war. Das Bild zeigt die natiirliche Gr56e. In tier rechten Teilungsstelle erkennt man noeh eben mit dem bloBen Auge das Glomus caroticum, die ,,Karotisdrfise". In tier linken Teilnngsstelle ist der Sinusnerv zu sehen, yore umgeben- den Bindegewebe befreit. Es ist dies der erste Ast, den tier Nervus glossopharyngeus nach seinem Austritt aus der Sch/~delh6hle abgibt. H. E. Hering fund, dab es ein zentripetaler Nerv ist, der die Sinusreflexe zum Zen~ralnervensystem leitet, bzw. die Reize, die von der Wand des Sinus ausgehen. Es ist derselbe Nerv, den Fernando de Castro ,,le neff intercarotidien" nennt, den Driiner Ramus descendens glossopharyngei nenn~ and den die alten Anatomen als Ramus earoticus glossopharyngei bezeichneten. Den l~amen ,,Sinusnerv" hat er yon H. E. Hering erhalten.

Sobald tier Sinusnerv in den Sinus caroticus eingetreten ist, lockert er seinen Verband. Die einzelnen Faserbfindel laufen in einer so groBen Menge durch alas ;Bindegewebe tier Adventitia, dab es Pr/~parate gibt, in denen tats/~chlich Nervenfaser neben Nervenfaser liegt. Die Mikro- photographie tier Abb. 2 stammt sehon aus der tiefen Adventitia. Der

im Kreislaufregulationsmechanismus. 417

dicke Nerv N ist nur halb getroffen. Interessant ist das h6chst merk- wiirdige Verhalten der Nervenfaser an der Stelle, wohin der eingetragene Pfeil zeigt. Die Nervenfaser hat dort, sehr klar beim Spiel der l~ikro- meterschranbe unter dem )Sikroskop erkennbar, einen wundersch6nen, mgelrcchten Ring gebildet, ohne Unterbrechung kontinuierlich weiter- laufend. Und nun tritt dutch diesen Nervenring elegant eine zweite Nervenfaser hindurch, ebenfalls kontinuierlich weiterlaufen4. Es erweckt dies sonderbare Verhalten der nerv6sen Substanz unwillkiirlich den

Abb. 2. 2~lensch. Sinus carot icus . Formal in . Mikrophotographie . Bielschowsky-Pyridin- mothode . N dicke, ma rkha l t i ge Nervenfase r des ~inusnerven. C Kapil lal~.

Eindruck von ,,Induktionsrolle und -spule"; es ist aber selten; ich sah es bisher nur dies eine !~al. Das sch6ne Bil4 der Kapillare C in Abb. 2 mag schon daran erinnern, worauf wir 1929 hinwiesen, dab der Sinus caroticus auffallend reich vaskularisiert ist.

Die nerv6se Substanz, vermittels deter die Dehnungsreize vom um- gebenden Bindegewebe direkt aufgenommen werden, zeigt nun hier im vegetativen Nervensystem ein sehr charakteristisches Verhalten. Wie wir heute beim zerebro-spinalen Nervensystem verschiedene nerv6se Aufnahmeapparate unterscheiden, die der Reizperzeption der versehie- denen Qualit/~ten in der Peripherie dienen, so ist auch hier im vegetativen Nervensystem die ]%ststellung yon Interesse, dab es ira Karotissinus eine ganze Reihe m/~chtiger vegetativer Neurozeptoren gibt, die his ins feinste untereinander differenziert und verschieden strukturiert sind, so dab auch hier im vegetativen System die Annahme einer spezifischen

418 Paul Sunder-Plassmann: ~ber neuro-vegetative Rezeptorenfelder

Reizperzeption sehr naheliegt. Diese verschiedenen Neurozeptoren iso- liert voneinander zu reizen, wir4 auf ganz aul]erordentliche Schwierig- keiten stoBen; immerhin abet liegt es durchaus im Bereich 4er M6glich- keit, un4 wir dfirfen hoffen, dab es eines Tages einer geschickten Hand gelingen wir4.

Am h/~ufigsten trifft man im Sinus caroticus vegetative Neurozep- toren an, die wir als ,,Typus I" bezeichnen m6chten. Wie die Mikro-

Abb. 3. Mensch. Sinus carot icus . Formal in . Bielschowsky-~ethode. Mikrophotographic . M~tchtiges, neuro-vege ta t ives Rezeptorenfeld des Sinusnerven yon z i rkumskr ip t em T) 'p. M dicker l~Iarkmantel, aus dem an dieser SteUe der Achscnzyl inder t r i t t , u m das l~ezeptoren- feld zu bilden. T grebes Te rmina l r e t iku lum ; schon hier und in dem g e s a m t e n Rezeptorenfe ld sind die Ke rne und ihre Beziehungen zum Te rmina l r e t i ku lum deutlich zu erkennen, die

v/~llig k lar werden bci st/~rkerer VergrSflerung (Abb. 4).

photographie 4er Abb. 3 zeigt, sind es grebe nerv6se Endb~umchen, nach Art eines Spalierobstbaumes angeordnet, yon denen man in einem Sohnitt des 5fteren mehrere beobaehten kann; wir sahen bis seehs un4 sieben in einem 40 # dicken Pr/iparat, 4as als Flachschnitt gewonnen war. Sie kommen stets aus einem ungemein 4icken l~arkmantel, in Abb. 3 als Aufsicht zu sehen (M), 16sen sich 4ann schnell in eine ungemein grebe Anzahl feinster Neurofibrillen auf, indem sie sieh naeh allen Seiten rasch verzweigen, un4 endigen sehlieBlich mit /~uBerst zart strukturierten terminalen nerv6sen Netzwerken. Diese liegen natiirlieh in verschiedenen Ebenen unserer 40 p 4icken Pr/~parate, woven die photographische Platte bei der Belichtung leider immer nur eine einzige Ebene wiedergeben kann. Bei der Abb. 3 war auf das grebe nerv6se terminalo Netzwerk

im Kreislaufregulationsmechanismus. 419

bei T eingestellt. Schon bei 4ieser VergrSf~erung (300lath), erkennt man die Beziehungen der terminalen feinen Netzwerke zu den Fibroblasten, deren KernkSrperchen sogar als kleine schwarze Punkte deutlich wahr- genommen werden kSnnen. Um dies ganz klar zu fiberblicken, mul~ man allerdhlgs starke Optik verwenden mit 01immersion. So zeig~ die Abb. 4

Abb. 4. ~lensch. Sinus ca ro t icus . Fo rma l in . Bielschowsky-5lethode. ZeiB Binokul . 10 ~', Obj. Apochr . Horn. I m m e r s . 99 . 1,3 - 2,0 ram. Mgrchtiges neu ro -vogo ta t i ve s RezePtorenfe ld

des S inusnerven , alas aus einem dicken , m a r k h a l t i g e n N e r v o n s t a m m t .

bei 1340facher VergrSl3erung die Stelle der Abb. 3 bei T und deren Umgebung. Wie man sieht, geht die nervSse Substanz vermittels eines ungemein zarten Netzwerkes kontinuierlich in das Plasma des umgeben- den Gewebes bzw. das der Fibroblasten fiber. Das ist im Pr/s under dem Mikroskop beim Spiel der Mikrometerschraube viel schSner un4 klarer zu erkennen. ]3ei 3000facher VergrSl3erung zeigt das terminale Netzwerk, welches in der Abb. 3 bei T zu sehen ist, die Abb. 5. Die

420 Paul Sunder-Plassmann: 13ber neuro-vegetative Rezeptorenfelder

Pfeile 1 und 3 weisen auf den kontinuierlichen protoplasmatischen lJber- gang yon nervSsem Retikulum in bindegewebiges Protoplasma hin.

In allen Fallen kommen diese Nervenapparate aus einem ungemein dicken Markmantel, den die Abb. 3 in tier Aufsicht und den Abb. 6 im Profil zeigt 1. Die Abb. 6 1/i6t sehr schSn erkennen, wie die Nerven- f/~serchen naeh dem Verlassen des 5~arkmantels ein maehtigesFeld rezeptiver nervgser Substanz bilden; alas eingetragene )Sal~ yon 100 # zeigt die Gr56e an. Die kleinen Pfeile weisen wiederum auch hier bei 300facher Ver-

grSl~erung auf den kon- tinuierlichen protoplas- matisehen Ubergang hin.

Diese m/ichtigen neu- ro-vegetativen Rezepto- renfeIder liegen im Karo- tissinus in der Elastica externa, die sich zu einem breiten Band entwickelt hat. Da die l~edia als Ganzes reduziert ist, kann sich um so leichter die anprallende Blutwelle an den m~chtigen Nerven- apparaten tier Elastica externa bemerkbar ma- ellen, indem sie dasBinde- gewebe derselben dehnt und so die darin gela-

Abb. 5. Stelle des nervSsen Te rminah ' e t iku lums der Abb. 3 gerten neuro-vegetativen bei T. St/trkste Vergr6flerung, die den kontinuierl ichen, Rezeptorenfelder reizt,

pro top lasmat i schen U b e r g a n g zeigt yon nervOser Subs tanz in alas P l a s m a der Fibroblas ten. welche die Abb. 7 mit

dem sie umgebenden Bindegewebe zeigt. Es ist eine groBe Seltenheit, dab sich mesenchy- males Gewebe und nerv6se Substanz so elektiv gleichzeitig in dem- selben l~'/~parat darstellen 1/~Bt, wie in Abb. 7 zu sehen.

Der Typus 1 der oben beschriebenen neuro-vegetativen Rezeptoren- felder beschriinkt sich trotz des ganz au6erordentlieh groBen Reichtums an nervSser Substanz doch stets immer auf einen zirkumskripten Distrikt, den man, konstruierte man den ~i t te lpunkt , fast genau mit einem Zirkel umziehen k6nnte: so exakt ist die Umgrenzung dieses Typus 1 der Rezeptorenfelder.

Im Gegensatz dazu gibt es im Karotissinus einen zweiten Typus derartiger Rezeptorenfelder, der sich stets fiber sehr groBe Fl~chen aus-

Ftir die Anfertigung dieser Zeichnungen (s. auch S. 424) bin ich Herrn Prof. J. Boeke, Utrecht, zu Dank verpflichtet.

im Kreislaufregulationsmechanismus. 421

breitet un4 dessen Umgrenzung nicht so genau ist, wie bei 4era Typus 1. Diese Rezeptorenfelder 4es Typus 2 stehen an Z~hl etwas hinter dem

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zuerst beschriebenen Typ zuriick. Auch sind sie in der Struktur 4er einzelnen Elcmente, wenngleich ungemein zart un4 rein, 4och nicht yon der gleichen Masse un4 Vielgestal~igkeit 4er einzelnen Teile, wie man es

422 Paul Sunder-Plassmann: Ober neuro-vegetative Rezeptorenfelder

stets in der gleichen Form immer wie4er beim ers~beschriebenen Typ antrifft. Ganz sicher aber sine[ sie nicht mit dem letzteren identisch. Auch hier linden sich die letzten Ausl~ufer in Form der zartstruktu- rierten terminalen nervSsen Netzwerke vor, die kontinuierlich in das Plasma des umgebenden Gewebes/ibergehen.

W/~hrend Fernando de Castro den diffusen Apparat als Typus I bezeichnet, habe ich es doch vorgezogen, die Bezeichnung umgekehrt vorzunehmen, da der zirkumskripte Typ bei weitem die Hauptrolle zu spielen scheint.

Abb. 7. Sinusrezeptorenfeld imn i t t cn des umgebenden Bindegewebes. Mikrol)hotographie. Das P rKpara t zeigt , was die Bielschowsky-~iethode bci sachgcmi~Bcr A n w e n d u n g le is te t : m a n k a n n sogar in dem Photogramm mi t absoluter Sicherhcit N e r v und n indegewebe

unterscheiden.

Weiterhin konnten wir im Sinus caroticus des Menschen groBe nerv6sc Endkolben auffinden, die man in ihrer Gesamtheit als einen wei~eren Typ bezeichnen kann (Abb. 8 E). Diese Endkolben sin4 gebaut nach Ar~ eines komplizierten Meissnerschen Tastk6rperchens. Sie gehen meist in kurze feinste Z~ckchen aus, an die sich ein ungemein zartes Retikulum anschlie$$, vermittels dessen sie dann kontinuierlich in das Plasma des umgebenden Gewebes iibergehen. Diese Endkolben liegen meist innerhalb der groBen Rezeptorenfelder, jedoch haben wir sie bei weitem nicht in jedem derselben angetroffen. Man sieht auch wieder an 4iesom merk- wfirdigen Verhalten der nerv6sen Substanz das Bes$reben, fiberall eine h6chsto Differenziertheit zu entfalten. ]:)as konnten wir an vielen Tausen- den yon Pri~paraten immer wieder feststellen. So sahen wir auch im Sinus caroticus in einigen groi~en Rezepgorenfeldern, die beson4ers

im Kreislaufregulationsmechanismus. 423

feingezogene lange Neurofibrillen aufwiesen, dal3 vorzfiglich bei den Neurofibrillen, die in unmittelbarer N~he der Media lagen, dieselben in zu beiden Seiten der Fibrille reihenweise gelagerte gro6e, paarige Kerne vermittels eines sehr zarten Retikulums fibergehen. ~hnliche nervSse Endkolben, wie soeben besclu'ieben, sahen wit fibrigens auch in den Kehlkopfmnskcln des Menschen; besonders reichlich fanden wir sic im ~usculus vocalis vor, weniger reichlich im GlottisSffner, dem Musculus crico-ary-~aenoi@us posticus. Wir nehmen an, d.a6 sic dort im Dienste

Abb. 8. 3lcltsch. Sinus caro t icus . Fo rma l in . T a n g e n t i a l s c h n i t t . Bielschowsky-Methode. Vergr . 2000 • Tell aus e incm n e u r o - v e g e t a t i v e n Rezcptorenfe]d . E Endko lbcn m i t K e r n e n ;

R rezeptorischea T c r m i n a l r e t i k u l u m : T fe ins tc P ro top la smaz i ige (cf fektor ischcs T e r m i n a l r e t i k u l u m ?).

des ,,~uskelsinnes" stehen bzw. der dauernden reflektorischen Selbst- kontrolle zur Regulierung der Stg, rke der ~uskelkontraktionen, um so die jeweilig zweckentsprechende Einstellung zu gew~hrleisten.

Einen vie1%en Typ neuro-vegetativer lgezeptoren des Sinus caroticus yore Menschen gibt Abb. 9 wieder 1. Das Ganze ist sin mi~ch~iger vege- tativer Neurozeptor, 4er im Pr~i, parat unter 4em Mikroskop in sehr eindrucksvoller Form sich dem betrachtenden Auge darbietet. Auf- fallend dicke, markhaltige Nerven fiihren yon allen Seiten zu ibm hin, bzw. uro_ ,,funktionell" zu sprechen, kommen yon ibm her. Diese ver- lieren plStzlich ihren ~arkmantel , am in einer aul3erordentlich grol3en Anzahl feinster Neurofibrillen sich in typischer Anordnnng zn einem

1 Vergl. Ful~note S. 420.

Z. f . d. g. Ncur . u. Psych . 147. 28

424 Paul Sunder-Plassmann: (~ber neuro-vegetative Rezeptorenfelder

derartigen eindrucksvollen Nervenapparat zu gruppieren. Besonders auffallenc[ ist es, dal] die Neurofibrillen an verschiedenen Stellen eine Art yon ,,Schlingenterritorien" bilden (Sch), um auf diese Weise eigenartige, grol~e Zellen zu umspinnen und mit ihnen in engen Kontak t zu treten (Z). Diese Zellen sind eigener Art. Es sind sicher keine Ganglien- zellen im landl/~ufigen Sinne. ~5glich ist es, dal~ es aber doch ,,nervSse" Zellen sind. Vielleicht kommt man ihrer Natur, die man natfirlich nicht

Abb. 9. Mel,sch. Sinus caro t icus . Fo rma l in . liielschou'sky-SIcthodc. 36(} • ve rgr . , ,SIi ichtiger S inusncurozep to r . " Sch neurofibri l l i i res Sch l i ngen t c r r i t o r i um: Z groBc (nerviisc) Zellcn.

aus d.em histologischen Bild einfach ablesen kann, etwas n/iher, wenn man sie als eine Art von ,,Sinneszellen" anspricht, die evtl. die Reiz- ilbertragung vom umgebenden Gewebe znr nervSsen Substanz im engeren Sinne, n/~mlich den Neurofibrillen, vornehmen sollen. Wie dem auch sei, jedenfalls haben wit hier wiederum einen spezifischen vegetaeiven Nerven- apparat des Sinus caroticltsvom Menschen vor uns, wie er aus dem iibrigen Organismus bisher nicht bekannt ist. Die Abb. 9 zeigt ihn bei 360facher VergrfSerung: die beigeffigte Strecke yon 100 # gibt eine plastische Vorstellung seiner Gr6Be. Auch diese Form tier Sinusrezeptoren findet sich in tier Adventitia, tief im Gef/~B, dort, wo die Elastica externa sich zu einem breiten Band entwickelt hat. Wir haben sie in einer Reihe

im Kreislaufregulationsmechanismus. 425

yon Prgparaten gesehen, wo sie in demselben Schnit~ zusammen mit den oben beschriebenen m/~chtigen Rezeptorenfeldern des Typus 1 lagen. Sie sind dort yon Bindegewebe allenthalben umgeben.

Eine weitere Form der vegetativen Sinusrezeptoren finder sich in einer doldenar~igen Endigungsweise vor. Die Mikrophotographie der Abb. 10 gib$ eine gewisse Vors~ellung davon (D). Diese doldenfSrmigen Endigungen kOnnen zu mehreren, bis zt~ sieben und acht, zusammen- liegen. Wir sahen sie aber auch vereinzelt im Bindegewebe 4er Sinus-

AI,b. lit. ][e~.sch. Sinu,~ ca.rotic(~s. ~ornJ~din. Bicl,scho~c,,,ky-5[cLhodc. ~[ ikrophotograph ie . Miichtiger S inusncurozep toL D , ,Doh lenb ihhmgen" yon Neurofibril len,~chlingen u m groi]e

Zellen; t{ k61bchenf6rmige Fmdigung innerha lb e iner Dolde.

wand. Diese vereinzel~ liegenden nerv6sen Dolden scheinen allerdiugs untereinamter durch feinst% einzelne Neurofibrillen verbunden zu sein, um so in ihrer Gesamtheit einen neuen Typ der Sinusrezeptoren d.~rzu- stellen. In den einzeh~en Dolden liegen zumeist einige kSlbchenfSrmige Endig~mgen am Ende jedesmal einer sehr feinen Neurofibrille, wie in Abb. 10 bei K zu sehen ist.

SchlieI~lich konnten wir noch eia~en letzten Typ hochinteressanter vegetativer Neurozep~oren im menschlichen Karotissinus auffinden. Dieser hat eine entfernte Ahnlichkeit mit dem Typ, den die Abb. 9 wiedergib*. Auch bei ihm finden sich eigenartige grol~e Zellen, um die sich feinste Neurofibrillen in Form gro6er Schlingen*erritorien anordnen. Abet in zwei Punkten unterscheidet sich dieser Typ deutlich yon dem der Abb. 9. Einmal in bezug auf die Form der Schlingenterritorien:

28*

426 P a u l S u n d e r - P l a s s m a n n : ( J b e r n e u r o - v e g e t a t i v e l ~ e z e p t o r e n f e l d e r

Abb. l l u u. b. Mensch. Sinus carot icus. Formal in . Bielschowsky-'~iethode. ~i ikrophotographie . YI~chtiger v e g e t a t i v e r Neurozep to r des Sinusnerven. a und b sind bei genau derselben Einste l lung beliehtet , nu r is t bei b die Mikromete r sch raube u m eine halbe Windnng wei ter- ged reh t und dann derselbe N e r v e n a p p a r a t , den a dars teUt , nochmals pho tog raph ie r t , so dal3 m a n n u n m e h r eine gewisse Vorstel lung davon gewinnen kann , wie sich die neuro- fibrill~iren Schlingenterr i tor ien dieses m~ichtigen NeurozeDtors durch verschiedene Xbenen

des 49 l~ dicken Pr~p~ra tes winden. Sch Schl ingenterr i tor ien; N SinusnerYenfase~n.

im Kreislaufregulationsmechanismus. 427

sie sind hier bei weitem gro6maschiger. Zweitens in bezug auf die Lage der Neurozeptoren selber: diese letzteren liegen nie ira Bindegewebe unmittelbar, sondem sie sind stets in l~ngsverlaufende Nervenfasem des Sinusnerven innerhalb der Wand des Sinus gelagert, in der Weise, dai~ die Sinusnervenfasem 4iese vegetativen Neurozeptoren in Form einer gro6en Ellipse umgeben (Abb. 11 N), in @ren Innerem jedesmal tier Neurozeptor liegt. Die peripher diese Ellipse umgebenden Sinus-

Abb. 12. Kaninchen. ]~Iorphium-Urethannurkose. Pei R~ SchHeBe~ der C,~rotis communis ; dadurch Ausschal tung der Sinusreflexe: BlutdruckerhShung. Herzschlagsbeschleunigung. Bei R~ O]]nen dcr Carotis commmais; dadurch Reizung der ~Sinusneurozeptoren durch die anpral lendcBlutwcl lc : Blutdmmksenkung, Herzschlagsabnahme. AArre t ie rungsnmrken .

nervenfasem laufen dann unbekiimmert weiter, um ihrerseits zumeist in Form der mi~chtigen Rezeptorenfelder des Typus 1 oder 2 zu endigen. Es ist das ein hSchst merkwfirdiges und einzigartiges Benehmen tier nervSsen Substanz, das Veranlassmlg gibt zu interessanten Reflexionen. Endgtiltige Kli~rung vermag natiirlich rim" das Experiment zu geben. Die Abb. 11 zeigt einen derartigen, merkwfirdigen vegetativen Sinus- neurozeptor in zwei Ebenen photographiert. Nach4em die Aufnahme bei der Einstellmlg a gemacht war, win'de die Mikrometerschraube um eine halbe Windung weitergedreht und dann eine zweite Platte belichtet, so da$ bei b die tiefere Ebene wiedergegeben ist. Auf diese Weise kann man eine gewisse Vorstellung davon erhalten, wie sich die ms Sehlingenterritorien dutch verschiedene Ebenen winden (Sch).

428 Paul Sunder-Plassmann: l~lber neuro-vegetative Rezeptorenfelder

DaB es sich bei den nerv6sen Apparaten, die hier beschrieben werden, in der Tat um rezeptive, tl~iz aufnehmende Substanz handelt, kann man schon, wie auch St6hr jr. in Bonn und J. Boelce in Utrecht beim Betrachten unserer Pr/~parate best~tigten, aus dem ganzen Aufbau dieser Nerven- apparate schliel~en. Durchschneidungsversuche, die wir inzwischen vor- genommen, konnten uns daher nur noch eine Best/itigung dieser unserer Ansicht, die wir in der Julisitzung der Medizinischen Gesellschaft zu

Miinster i. Westf. 1932 /~uger~en, liefern 1.

Die Kurve 4er Abb. 12 s tammt aus einem Experiment, alas im Physiologischen Inst i tut der Uni- versit/it K61n a. Rh. unter d_er Lei- tung seines Direktors H. E. Hering yon Mies in unserer Anwesenheit durchgeffihrt wurde 2. Die Kurve zeigt die Wirkung 4er Sinusreflexe. Bei I~ 1 wurde die Carotis communis eines Kaninchens, dessen Blutdruck und Herzschlagszahl yon der Arteria femoralis aus registriert wurden, komprimier~. Auf diese Weise wurde die aus der Aorta bei jeder I-[erz- systole in die Carotis geworfene Blutwelle daran gehinc[ert, de, n Sinus am Anfangsteil der Carotis

Abb. 13. K a n i n c b e n . 3Io rph ium-Ure than- i n t e r n a z u e r r e i e h e n . Die Sinus- narkose. An dieser Seite war der Sinusnerv durchschni t ten . Wie m a n sieht, fibt nun- wa, n(;[ wurde also nieht mehr ( ;b i r ch lnehr eine Reiznng (R{') des Karot iss inus

durchaus kcinen Einflul3 m c h r auf die sonst hier anprallende Blut- Herzschlag lind Bhl tdruck ~ns.

welle gedehnt ; 4eshalb wurden auch nun die in der Sinuswan4 liegenden Neurozeptoren nieht, wie sonst bei jeder Herzsystole, gereizt. Damit f i e l d e r den Blutdruck und die Herzsehlagszahl normalerweise ziigelnde Tonus dieser Nervenapparate fort und man sieht, wie die Kurve zeigt, dag sofol% der Blutdruck an- steigt und die Herzschlagszahl sehneller wird. Bei R 2 wurde die Carotis communis wieder ge6ffnet. Die Blutwelle wird nun wieder in den Karotissinus gewoffen, dehnt bei ihrem Anprall dort (lie Sinuswand und, wie man sieht, t r i t t sogleich die Wirkung des Dehnungsreizes auf die Neurozeptoren ein, n/imlich der Blutdruck sinkt un4 die Schlag- folge des Herzens n immt ab.

Nunmehr wurde bei mehreren Kaninehen der Sinusnerv durch- sehnitten. Bei Reizung des zentrMen Nervenstumpfes t ra t die volle

1 Vgl. Sitzgsber. Ges. 1932. 2 IIerrn Privatdozent Dr. Mies sei an dieser Stelle recht herzlieh gedankt.

im Kreislaufregul~tionsmechanism us. 429

Wirkung der Sinusreflexe auf, bei Reizung des peripheren Endes trat jedoch nichts ein. Es waren Mso die Sinusrezeptoren in der Wand des Karotissinus yon ihrem zentripetMen Weg abgeschnitten und, wie die Kurve der Abb. 13 zeigt, trat nunmehr bei Reizung (R) des Sinus caroticus in keiner Weise mehr eine Wirkung auf. (Die leichten Schwankungen laufen synchron der Atmung.) Die Versuchstiere blieben nun noch mehrere Tage am Leben und wurden dann im verschiedenen Zeit-

Abb. 14. Kaninchen. Sinusnerv 4 T ~ e vo rhe r du rchschn i t t en . Form~din. Bielseb,)w.Qky- Methode. Mikrophotogra.phie . An Stelle tier l~ezept, orenfe ldcr f inder m a n a l !enthMben groBe ])eg~ne, rl~tionsvtLkuolen il~ Gcwobe vor . I)~s P h o t o g r a m m lii[.~t crl~ennen, wie sich die eha rak te r i s t i sehcn , d iekenAehsenzy l inder u n m i t t e l b a r in Degene ra t i onsvakuo len auflOsen.

intervM1 get6tet. Die einzelnen Karotissinus, an denen die Sinusnerv- durchschneidung vorher stattgefunden hatte, wurden darauf genauestens untersueht und davon fast 1000 gut gelungene Nervenprs in Serienschnitten angefertigt. Es zeigte sich, dM~ die neuro-vegetativen l~ezeptorenfelder in der Sinuswand vollst/~ndig degeneriert waren. An vielen Stellen konnte man deutlich sehen, wie sich die ungemein dicken, eharakteristischen Achsenzylinder (Abb. 14, Richtung der Pfeile), in lange Reihen der typischen Degenerationsvakuolen aufgel6st hatten. Dort, wo die m~chtigen Rezeptorenfelder liegen sollten, fanden sich allenthalben ebenfMls die typisehen Degenerationswkuolen im Binde- gewebe zerstreut vor (Abb. 14 V). In den Vakuolen sieht man in Form kleiner sehwarzer Kliimpchen nerv6sen Zelldetritus.

Wichtig ftir den AuslSsungsmechanismus der Siuusreflexe und be- sonders auch fiir die pathologischen StSrungen scheint es uns zu sein,

430 Paul Sunder-Plassmann: Uber neuro-vegetative Rezeptorenfelder

dab wir bei unseren Untersuchungen immer wieder die Feststellung machen muBten, dab der Sinus caroticus augerordentlich reichlich vas- kularisiert ist. Die Vasa vasorum lattfen in sehr groBer Anzahl re_it den Nerven in der Sinuswand. Sie zeigen dabei, wie die Abb. 15 erkennen li~Bt, oft ein merkwiirdiges Verhalten beziiglich der Verzweigungs- und Aufteilungsform. P16tzlich spaltet sich ein sti~rkeres Gef~g in eine groge Anzahl feiner Pr~kapillaren und Kapillaren auf, in der Weise, dab die- selben radi~r auseinanderstrahlen. Wie diese Vas~ vasorum des Sinus

Abb. 15. Mensch. Sinus caroticu,~. Fo rma l in . Bielschow~ky-Siethode. Mikropho tog raph i e . Typische radif i r sich verzwci~cnde Vasa v a s o r u m des Sinus caro t icus , m i t ro ten

Blut kSrpcrchen a,ngeffiUt.

caroticus allenthalben yon feinen Nerven markloser Natur begleitet werden, l~Bt die Abb. 16 erkennen. Wir konnten such an diesen Vasa vasorum feststellen, dab der feint sympathische Endplexus, dem man die Gef~Bmotorik zusehreiben muB, in genau derselben Weise angeordnet ist, wie es St6hr jr. yon den Gef~gen auf dem obenerw~thnten Kongreg demon- strierte und wie es Boeke kiirzlich in einer kleinen Mitteilung verSffent- licht und mir persSnlich bei meinem Aufenthalt in Utrecht a,n vielen seiner Pr~parate gezeigt hat. Abb. 17 ls erkennen, dag der sym- pathische Plexus kontinuierlich yon den Bindegewebszellen der Adventitia des Aortenbogens zu den glatten Muskelzellen der Media dieses Vas vasorum zieht, um dort in Form eines ungemein zarten und feinen Terminalretikulums zum Teil kontinuierlieh in das Plasma der glatten Muskelzellen fiberzugehen. Es handelt sich hier um dasselbe Terminal-

im Kreislaufregulationsmechanismus. 431

Abb. 16. Mensch. Sinus caroticus. Formal in . Bielschowsky-Methode. ) I i l~ 'ophotographic . Vasa va so rum (V) in tier W a n d des Karo t i ss inus mi t den beglei tenden Nerven (N).

Abb. 17. 31e~sch. Arcus aor tae . Tangent ia l schni t t . Fornmlin . Bielschowsky-~ethode. Zeilt Binokul. 10 x , Objekt . Apoehr. 90 . 1,3 rmn. H e m . I m m e r s . Sympath i sches Termina l - re t ikulum, ~Iedia des Vas va so r~m und mngebendes Bindegewebe der Adven t i t i a des Aor ten- bogens kontinuierl ieh d~lrchziehcnd. ~I 5Iedia des Vas v a s o r m n ; B-Z Bindegewebszellen;

L Leukocyten .

432 Paul Sunder-Plassmann: ('~ber neuro-vegetative Rezeptorenfelder

rc t iku lum, das St6hr jr . in seinen Innerva t ionss tud ien fiber den Magen- D a r m t r a k t u s und sein Schiller Reiser in der Arbe i t fiber den Processus vermiformis beschr ieben haben.

Man mug sich eigentl ich immer wieder wundern, dal~ auf eine verh/i l t- nism/~Big so kleine Strecke, wie sie der Sinus carot icus dars te l l t , eine so auBerordent l ich grol~e Masse nervSser Subs tanz in solch wei tgehender Differenzierung sich vorf indet . Noch verwickel ter werden diese Dinge, wenn man finder, dab d i r ek t in der Tei lungsstel le der Carotis, also ganz nahe a m Sinus, ein Organ liegt, das zwar nur l insenkorngroB ist , /~hnlich wie die Epi the lk6rperchen der Schilddrfise, aber fiber einen sehr g rogen R e i c h t u m an feinen nerv6sen Fase rn verffigt. Dieses Organ, die Karo t i s - (lrfise, Glandu]a caro t idea oder Glomus caroticum, K a ro t i de nknS tc he n genannt , win'de schon des 5fteren durchforscht , worfiber wir ill lmserer Arbe i t yon 1930 zusammenfassend ber ich te t haben. Es wurden auch eine grSf~ere Anzahl yon Tumoren der Karo t i sdr i i se beschrieben, worfiber zusammeirfasse~M ber ich te t wird 1.

Das Glomus ca ro t i cum wird normalerweise n icht nu t yon ungewShn- lich vielen Nervenfasern , sondern aueh yon e inem au•erordentl ich reich- hal t igen, die einzelnen Zellkn/~uel umsp innenden Gef~Bplexus fe ins ten Kal ibers versorgt . W i t fanden, daft dieser enorme Gef~l~plexus bei e iner Frau , die an e inem H i r n t u m o r ges torben war, ganz pra l l mi t Blur ange- fi l l l t war, eine Tatsaehe, (lie wir bei allen bislang un te rsuchten , selu' zahlreichen Karotk tendrf i sen , (lie n icht von Ind iv iduen mi t H i r n t u m o r s t ammten , niemals wieder fests tel len konnten ~

Besonders erw/~hnen mSchten wi t noch, dab in einer grSl~eren Arbe i t Riegele eine schSne Dars te l lung fiber das Glomus ca ro t icum gibt , wonach

1 S. Z. Org. Chir. 61, H. 4, 272 (1933). 2 Zu erwahnen ist noch, dal~ bei der obengenannten Frau tags zuvor eine

intrazerebrale Arteriographie von der beiderseitigen Carotis interna ~us gemacht war. Man wird unter allen Umst~nden gut daran tun, das Thorotrast niemals direkt in den Sinus caroticus, die zwiebelartige Erweiterung am Anfangsteil der Carotis interna, zu injizieren. Besser ist, man injiziert wenigstens 1 cm oberhalb des Sinus mit steil nach kranialw/trts gerichteter Spritze, um diese hochrezeptive Stelle mfglichst zu meiden. Man diirfte ferner gut daran tun, bei Operationen an dieser Stelle den Sinus caroticus und den Teilungswinkel der Carotis mit einem Novoeaintupfer vorsichtig und ohne st~rkeren Druck zu ani~sthesieren; es kSnnte sonst durch unvermeidliche Zerrungen am Sinus zu unliebsamen Shockerscheinungen w/~hrend der Operation selber kommen. Aber man wird noch fernerhin bedenken miissen, dal3 beim Anschlingen der Carotis interna mit einem Deschamp-Fadenffihrer fast immer das interkarotische, hochrezeptive nervSse Gewebe doch recht erheblich geschi~digt wird. Klingt nun sp/~ter die Lokalanasthesie ab, so bleibt noch der gesetzte Gewebsreiz, der die Sinusreflexe in eine unphysiologische Dauererregung versetzt. Diese abet ffihrt zu einer permanenten GefM~erweiterung im Gehirn. Durch letztere aber diirfte die Permeabilit/~t der Capillarwand grSl~er werden, und auf diese Weise kSnnte im gegebenen Fall der Boden fiir die Entstehung des Hirnb'dems bereitet sein. Es ist daher in jedem Fall empfehlenswert, den Deschamp nicht direkt dutch den Teilungsu, inkel, sondern nach Mtiglichkeit welter oberhalb durchzuffihren.

im Kreislaufregulationsmechanismus. 433

die Nervenfasern einen periglandul/iren, periglomerul/~ren und einen interstitiellen Plexus bilden. Wir selber haben vom Menschen Ms auch yon allen untersuchten Tieren eine grof~e Anzahl Nervenpr~parate des Glomus caroticunl angefertigt. Wir glauben, dab die Nerven des Glomus caroticum vorwiegend efferenter, zentrifug,~ler Natur sind. Die ver- einzelten sensiblen Endpl/ittchen, die Fernando de Castro neben der Beschreibung des fibrigen Nervenapparates im Glomus caroticum zeigt, haben wir nicht auffinden k6nne~l, womit nicht gesagt sein soll, dal] sie nicht bestehen; jedenfMls dfirften sic selten und (lamit nicht so sehr yon Bedeutung sein. Den sch6nen, sensiblen, kolbenf6rmigen Endapparat , den Riegele abbildet, und yon dem er sagt, dab er ihn nut dies eine Mal gefunden habe, konnten wir ebenfalls bei unseren sehr zahlreichen Pr/~pa- raten im Glomus selber nicht vorfinden. Wit vermuten, daf~ hier Riegele in seiner sehr trefflichen Studie bereits in den Sinus caroticus vorge- drungen war.

Als Rezipient der Heringschen Reflexe kann man daher das Glomus caroticum nicht ansehen. DaB abet gewisse Korrelationen zwischen Sinus nnd Glonms bestehen, ist unseres Erachtens anzunehmen. Bis zur endgiiltigen K1/~rung muB hier noch viel untersucht werden. Wir neigen zu der Ansicht, im Glomus caroticum ein Erfolgsorga~l der Sinus- reflexe zu sehen, insofern, als reflektorisch yore Sinus caroticus aus die groi~en, bl/~schenf6I~nigen Zellen des Glomus auf nerv6sem Wege zur Sekretion gereizt werden; denn sic sind in der Tat mit feinsten Nerven- fi~serchen fiber und fiber versehen. Vielleicht liegt hier die Quelle des , ,Herzhormons", yon dem in der letzten Zeit in klinischen Arbeiten soviel die Rede ist und (t~s einen parasympathischeu Wirkungsmodus aufweisen soll. Man will es als , ,Herzmuskelextrakt" gewonnen haben, eine Feststellung, die uns sehr fraglich erscheint.

Wie ns~he (l~s Glomus dem Sinus liegt, lassen besonders unsere Pr~,pa- rate yon Embryonen erkennen, wie auch die Abb. 18, die yon einem Nervenpr/~parat eines menschlichen Fetus aus dem 8. Monat stummt, zeigt. Maa erkennt dis vielen feinen Nervenfasern des Glomus und sieht in der Abb. 19, die vom erwachsenen Menschen s tammt, wie diese feinen Nerven zu den Glomuszellen in nahe Beziehungen treten.

Wie wir des weiteren durch mlsere Studien an menschlichen Em- bryonen erflfiaren, sind die Nervenapparate des Sinus caroticus, vornehm- lich die grof~en neuro-vegetativen Rezeptorenfelder, noch im 8. Monat nicht vollst~ndig ausgebildet. Sie mfissen offenbar erst sps roll auswachsen und es liegt unseres Erachtens die Erkl~trung nahe, in diesem Fehlen der pressorezeptorischen Nervenelemente, bzw. in ihrem noch nicht Vorhandensein, den Grund ffir den mangelnden Vagustonus des Fetus zu sehen, der sich in der hohen Herzschlagszahl des Fetus zeigt.

Es erhebt sich nun die Frage, ob nicht vielleicht noch in anderen Gef/~l~strecken des Organismus dieselben oder doch ~hnliche nerv6se

434 Paul S u n d e r - P l a s s m a n n : l J b c r n e u r o - v e g e t a t i v e g e z e p t o r e n f e l d e r

Abb . 18. Fetus humanus, Mens 8. Sinus c~ro t i cus (S) u n d G lomus (G) c~ro t i cum. F o r m a l i n . Bielschou'sky-Pyridinmethode. ) i i k r o p h o t o g r a p h i e . Z u b c a c h t e n i s t : 1. die n a h e Beziehun~ zwischen Sinus u n d Glomus ; 2. im Simls s ind die Rezel ) torenfe ldcr noch n i c h t r o l l

cn twicke l t .

Abb . 19. Mensch. Glomps c a r o t i c u m . F o r m a l i n . Bielsehowsky-)Iethode. 5I ik ropho tog raph ie . Z feinste , m a r k l o s c Neurof ibr i l ]cn , die zu den Glomuszel len in engen p r o t o p l a s m a t i s c h c n

K o n t a k t t r e t cn .

im Kreislaufregulationsmeehanismus. 435

Apparate angetroffen werden k6nnen, wie wir sie oben als spezifisch ffir den Sinus earotieus besehrieben haben. St6hr hat mit seinen Sehiilern das Gef/~Bsystem eingehend untersueht. Aueh wit selber haben auger dem Karotissinus aueh noeh andere Gefi~gstreeken daraufhin untersueht, so die Carotis oberhalb und unterhalb des Sinus, die Aorta und Arteria femoralis. Nirgendwo haben die obigen Forseher, noeh wir selber, der- artige Apparate wieder angetroffen. Die einzige Gefs die gewisse Analogien aufweist, ist der Areus aortae. Dort linden sieh an der Ur- sprungsstelle des Nervus depressor ganz ~hnliehe nerv6se Apparate, wie wir sie oben unter dem Typus 1 und 2 des Sinus earotieus besehrieben haben. Es handelt sieh darin um die nerv6sen Aufnahmeapparate des Nervus depressor, der ja aueh zur Gruppe der Blutdruekziigler geh6rt, wie H. E. Hering diese Nerven mit einem Sammelnamen genannt hat.

Besonders hingewiesen sei auf die bemerkenswerte Ta~sache, daB, wie zuerst H. E. Hering es bei den Sinusreflexen an Hand seiner zahlreiehen Versuehe nachgewiesen hat, es immer tin Dehnungsreiz ist, der als ad- /~quater Reiz fiir diese pressorezeptorisehen, zentripetMen Nerven ange- sehen werden mug.

Es ist nun in diesem Zusammenhang yon besonderem Interesse, dag wit aueh noeh in der Wand der intrapulmonalen Bronehien des Mensehen solehe nervSse, vegetative Rezeptorenfelder aufgefunden haben, die wit im Sinus carotieus unter dem Typus 1 besehrieben haben. In den Bronehien liegen sie merkwiirdigerweise innerhMb der Lamina mus- eularis mueosae. Aueh trier in den Bronehien kommen sie aus ungemein dieken, markhaltigen Nerven, um dann naeh Verlust des Markmantels in einer sehr groBen Anzahl ~einster Neurofibrillen ein solch ungemein grebes, vegetatives gezeptorenfeld zu bilden. Hier, inmitten der glatten Muskulatur, leuehtet es nun ein, dab sie bei den dauernden Kon~rakt, ionen und Dilat~tionen der Bronehien ws der Atmung ~uch wiedea" ganz analog denen des Karotissinus Dehnungsreize perzipieren miissen. Ex-peri- mentelle Untersuehungen, die im Insti tut fiir normMe und pathologische Physiologie der Universit/~t KSln a. gh. unter der Leitung seines Direktors, Herrn Geheimrat H. E. Hering, durchgeftthrt win'den, zeigten uns nun, dab bei Reizung gerade der Stellen der Bronehien, we wir diese neuro- vegetativen Rezept~renfelder vorfanden, eine deutliche und ausge- sproeheneWirkung auf das Herz eintritt, und zwar im Sinne einer starken, momentanen Herzsehlagsverlangsamung. Beim Hunde sahen wir ver- sehiedentlich, trotz guter Allgemeinnarkose, Herzstillstand, wenn mit einer Sonde diese nerv6s versorgten Bronehienstellen gedriickt wurden 1. Wit haben bereits an anderer Stelle darauf hinge wiesen ~, dab hier die Erkl~rung fiir die bei Lungenoperationen yon Sauerbruch, Felix und Nissen beobaehteten sehweren Shokerseheinunge~q, die jedesmM sehlag- grtig im Augenbliek der Bronchien~bbindung eintraten, liegt. Wit wiesen

1 Vergl. Ful~note 2, S. 428. 2 S. Dtseh. Z. Chit. ,~ {1933).

436 Paul Sunder-Pla, ssmann: Uber neuro-vegetative Rezep~orenfelder

(t~rauf hin, dait es ratsam erscheint, die Ligaturstelle vorher, trotz Narkose, noch mit Novokain zu ans da erst dann diesen ms neuro-vegetativen Rezeptorenfeldern die M6glichkeit der Rcizaufnahme und deren unangenehme Auswirkungsm6glichkeiten ganz genommen sind.

Die Mikrophotographie der Abb. 20 zeigt ein derartigcs neuro-vege- tatives Rezeptorenfeld in der Lamina muscularis mucosae eines intr~pul- monalen Bronchus vom Menschen. Da es sich hier um cinen Querschnitt

Abb. 20. Mensch, I n t r a p u l m o n a l e r Bronchus. Querschni t t . Formal in . Bisl.~chowsky- Methode. ~Hkrophotographie . N dicker, m a r k h a l t i g e r Nerv, der alas ne~H'o-vegetat.ive Rezcptorenfehl in tier L a m i n a muscular i s mueosa,e (M) bildet, (lessen un te re r Tell in einer t ieferen Ebene liegt und daher wic mi t e inem Sehleier t tberdeckt erseheint . E Epi the l

des Bronchus. N Nerven zum Epithel . Sch ~Sehleim(lri~sen.

h~ndelt, ist natiirlich nur der kleinere Tell des vege~ativcn 5~ervcn- apparates zu sehen. In voller GrS~e kann man ihn auf Tangential- schnitten sehen. Der Querschnitt aber gibt bessere 13bcrsicht bezfighch der genauen Lokahsation. Die undeutliche Stelle der Abb. 20 liegt in einer tiefcren Ebene des 40 tt dicken tb'~parates, das hicr bei 300facher VergrSBerung photographiert is~; sie erscheint daher wie mit cinem Schlcier tibe~'deckt. Bei 1200facher VergrSl~erung zeig~ sin derartiges Rczeptorenfeld die Abb. 21. Es ist auch hier wieder charakteristisch, dab die letzten nerv5sen Terminalretikula noch in feinste Spitzchen und Z/~ckchen auslaufcn. Es legt das die Vermutung nahe, d~[~ die nervSse Substanz auch hier kontinuiertich in das Plasma des umgcbenden Gewebes (ibergeht.

im Kreislaufregulationsmechanismus. 437

H. E. Hering hat experimentell nachgewiesen und in einer gr6Beren Monographie die diesbezfiglichen Ergebnisse im vorigen Jahr verSffent- licht, dab yon den Rezeptorenfeldern des Sinus c~roticus der Tonus des vegetativen Nervensystems weitgehend beeinfluBt wird. Zweifellos

Abb. 21. 3leusch. lntrr Bronchus . Form~l in . Quersehni t t . Bielschowsky- ~Iethode. Zeig ( 'omp. Okul. ~. Obj. Apochr . ~ ram. N dicke, mt~rkhaltigo Nervenfase r , (lie ihre E n d v e r z w e i g u n g e n in (lie g la t t e 5htseuhLris sendct , v e r n d i t e l s derer sic ein groBes neu ro -vcge t a t i ves Rezeptorenf( ' ld bildet , das hier n u r zum kle ineren Teil zu sehen is t , well

es sich u m cinen Ouerschnitt handel t .

diirften dazu bei den dauernden Bewegungen der Bronchien die Rezep- torenfelder in der Wand der letzteren auch ihren Teil beitragen. Da sie im Atemtraktus liegen, kann man vermuten, dab sie neben der nach- gewiesenen Einwirkung auf das Herz im normalen Atmungsmecha~fis- mus eine Pc3Ile spieten, wobei es sich genau wie bei den Sinusreflexen um tonische Reflexe handeln wird. Denn die m~tchtigen neuro-vegetativen

438 Paul Sunder-Plash, mann: ~ber neuro-vegetative Rezeptorenfelder

I~ezeptorenfelder in der Lamina muscularis mucosae miissen notwendiger- weise bei den stetcn Kontraktionen und Dilatationen der Bronchien w~hrend der Atmung dauernd Impulse empfangen.

Sowohl hinsichtlieh der grol~en vegetativen Rezeptoren im Sinus carotieus als aueh der in den intrapulmonalen Bronchien des Menschen nachgewiesenen vegetativen Rezeptorenfelder diirften klinische 13ber- legungen hinsiehtlich pathologischer StSrungen auf diesem Gebiet von Interesse sein.

Es ist sehr wohl anzunehmen, dag die m/ichtigen neuro-vegetativen Rezeptorenfelder in der Lamina muscularis mucosae der intrapulmonalen Bronehien beim Asthma bronchiale und den dabei zu beobachtenden Atmungsparoxysmen eine wesentliehe Rolle spielen. Denn beim Asthma bronehiale befindet sieh ja die glatte Muskulatur der Bronchien in einem Spasmus, der sich um so unangenehmer bemerkbar machen muG, als durch diesen Spasmus die Lamina muscularis in ganz unphysiologischer Weise ihre eigenen Rezeptorenfelder in einen Zustand ununterbrochener Erregung versetzt.

Diese vegetativen, nerv6sen Bronchienrezeptoren iiben, wie erw/ihnt, einen deutlich hemmenden Einflug auf das Herz aus. Sie sind genau so gebaut und bis ins einzelne strukturiert wie die Sinusrezeptoren, bzw. wie deren Typus 1. Die Sinusrezeptoren iiben abet auch einen deutlieh hemmenden Einflug auf die Atmung aus. Vermutlich werden daher aueh die Bronchienrezeptoren, direkt im Atmungstraktus gelegen, auf das Atemzentrum hemmend einwirken, was natiirlieh noeh in weiteren Untersuehlmgen experimentell zu belegen ist. Jedenfalls liegt hier der Sehliissel zu der Erkt/~rung der exspiratorischen Dyspn6 und dem aus- gesproehenen und typischen, qu/~lenden Lufthunger der Asthmatiker. Diese neuro-vegetativen Bronehienrezeptorenfelder diirften uns auch die Erkl/s nahelegen fiir den charakteristischen, bohrenden Schmerz, den die Hypertoniker ins Thoraxinnere bet ihren Anf/~llen yon Atemnot lokalisieren, ftir den aber bisher noch keine befriedigende Erkl/~rung gegeben werden konnte. Denn die bekannten ,,Angiospasmen im Bereich des Atemzentrums" seheinen doch wohl etwas ad hoe infolge Mangels konkreterer Erkenntnis konsgruiert. Es ist ein Beweis ffir die groge Beobachtungsgabe H. E. Herings, dab derselbe sehon, bevor er unsere diesbeziiglichen Untersuehungsergebnisse kannte, auf Grund yon experi- mentellen Fests~elhmgen zu der Oberlegung gekommen ist, ,,es k6nnten wom6glich yon den Bronehien besondere Empfindungen ausgehen", dureh die man dann den bohrenden Thoraxschmerz der Hypertoniker erkl/iren miisse. Die oben erwghnten Angiospasmen des Atemzentrums h/~lt auch Hering fiir unbewiesen und unwahrscheinlich.

Obwohl nun unseres Erachtens diese neuro-vegetativen Rezeptoren- felder normalerweise nicht der Sehmerzempfindung dienen - - denn das vegetative Nervensystem arbeitet bzw. vollzieht normaliter seine

im Kreislaufregulationsmechanismus. 439

wiehtigen Funktionen unter der Schwelle des BewuBtseins --, halten wir es aber durehaus ffir mSglieh, dag unter anormalen Umst/s bier aueh Sehraerzempfindungen ausgel6st werden k6nnen, indem z. B. bei extremer t~eizung eine Irradiation dieser autonomen Reflexe yon den Zentren der Medulla oblongata aueh auf die Geffihls-(sensorischen) Zentren erfolgt. Auch bei den autonomen Karotissinusreflexen kann man im Verlauf versehiedener Krankheitszus~nde derartige Sensibili- sierung der neuro-vegetativen Pressorezeptorenfelder deutlich feststellen. Diese Feststellung ist ganz allgemein yon Wiehtigkeit. So sahen wit bei einer Reihe bisher untersuchter Morbus Basedow-Patienten, dab bei diesen ebenfalls eine Sensibilisierung des vegetativen Nervensystems statthat, und zwar sind es interessanterweise die rezeptiven Neuro- Elemente, die wit im mensehliehen Kehlkopf gefunden haben. Das kann man aueh klinisch leicht prtifen. Wenn man einem Basedow-Patienten Daumen und Zeigefinger auI beide F1/~chen der Cartilago thyreoidea legt und dann einen m/tBigen Druek anwendet, so weieht der Kranke sofort zurfiek, klagt iiber hochgradiges ErstickungsgefiihI und manehmal quellen im selben Augenbliek des Druekversuehes die Augen fiber. Beim Gesunden ist yon all dem keine Rede bei demselben Versueh. Interessant ist es, dag nach unseren bisherigen Erfahrungen auch bei unkomphzierter Struma der Sehilddrfise derartige Erscheinungen nieht auftreten. Bei sehwerem Morbus Basedow kann der Patient einige Augenblieke naeh dem Druekversueh nieht spreehen. Vermutlieh tritt bei diesem ,,Larynx- druekversuch" bei Basedow-Patienten reflektoriseh ein Glottiskrampf ein. Unsere diesbezfiglichen Untersuehungen gehen weiter. Jedenfalls kann man abet diesen Larynxdruekversuch bei Sehilddrfisenerkrankungen diagnostiseh mitverwerten. Er legt uns aueh den Vorsatz nahe, bei Basedow-Operationen naeh M6gliehkeit jeden I)ruek und Zug am Larynx zu vermeiden. Erw/~hnen m6chten wir noch, dab bei einem 23j/ihrigen M/~dchen, Chr. 0., ausgesprochener M. Basedow mit Grundumsatz- erh6hung yon 56,8% vor der Operation der Larynxdruckversuch stark positiv war. 2 Monate nach der Operation hatte Patientin 20 Pfund zugenommen, die Basedow-Erscheinungen waren abgeklungen und der Larynxdruc]cversuch war ]etzt negativ.

Beztiglieh des Verhaltens der Sinusreflexe bei Arteriosklerose des Sinus earoticus konnte bereits 1929 yon uns nachgewiesen werden, dag die grogen nerv6sen Rezeptorenielder bis in die kleinsten Einzelheiten unversehrt trotz hoehgradigster Arteriosklerose des Sinus erhalten bleiben. Was nun die Tatsache betrifft, dag die Sinusreflexe bei Arteriosklerose bedeutend leiehter auf Druek yon augen anspreehen und alsdann einen h6heren Wirkungsgrad aufweisen als am nichtverkMkten Arterienrohr, so dfirfte die Erkl/irung einmal darin liegen, dal] man bei Arteriosklero- tikern (Cave bei Sinusdruek !) die gut erhaltenen Rezept~ren nieht, wie beim Gesunden, gegen das freie Lumen des Sinus, sondea'n gegen die

Z. f. d. g. Neur . u. Psych. 147. 29

440 Paul Sunder-Plassmann: Uber neuro-vegetative Rezeptorenfelder

harte Kalkplatte der Intima driickt. Andererseits aber auch konnten wit feststellen, dab der Sinus selbst ganz ungemein stark vaskularisiert ist, so daB bei Arteriosklerose der sehr zahlreichen Vasa vasorum die dadurch bedingte Isch~imie der Sinuswand eine Basis fiir erhShte Sensi- bilit~t der nervSsen Rezeptoren darin bietet.

Was die MSgliehkeit der Entstehung eines Entziigelungshochdruckes beim Menschen betrifft, so sei an die Feststellung yon Mies erinnert, der im Tierexperiment durch Ausschaltung der Blutdruckziigler (Aorten- und Karotissinusnerven) einen permanenten Hochdruck, verbunden mit hoehgradiger Arteriosklerose der Aorta, erzielte. Der Sinus caroticus selbst ist schon normalerweise eine Pr~dilektionsstelle der Arteriosklerose. Wir fanden verschiedentlich sehon bei ganz jugendlichen Individuen, wo noch im iibrigen Gef~Bsystem yon keinerlei endarteriitischen Prozessen die Rede sein konnte, die Sinuswand nicht unerheblich verkalkt. Der Grund - - wenngleich das eigentliche Wesen dieser Erkrankung der Ge- f~Be noch unklar ist - - diirfte hier ein vorwiegend physikalischer sein. Die a|lgemeine Wandverdiinnung des Sinus, die stark reduzierte Media, die pl6tzliche Erweiterung des GefgBrohres am Anfangsteil der Carotis interna diirften dan Boden abgeben, auf dem an dieser Stelle die Arterio- sklerose friihzeitig entstehen kann, zumal man bedenken muB, daB die in die Aorta aus dem Herzen geworfene Blutwelle den Karotissinus fast ungebrochen, mit roller Kraft erreiehen wird.

DaB auch Arteriosklerose ohne Hvpertonie vorkommt, beweist nichts gegen die M6glichkeit des Entztigelungshochdruckes. Der menschliche Organismus ist kein Schema; es kann bei ausgedehnter GefgBverkalkung (z. B. bei Arbeitern) auch vor- kommen, dab die presso-rezeptorischen Gef~.l~zonen nicht oder nur wenig befallen sind.

In seiner bereits oben kurz erw~hnten Monographie yon 1932: ,,Der Blutdruekziiglertonus in seiner Bedeutung fiir den Parasympathikustonus und den Sympathikustonus" hat H. E. Hering auf den indirekten Ein- fluB der Blutdruckziigler auf das sympathische Nervensystem hinge- wiesen. Wir m6chten nun hier noch auf morphologische Vergnderungen im sympathisehen Nervensystem hinweisen, die wir nach Ausschaltung des Sinusnerven gefunden haben.

Zuns mSchten wir erw/ihnen, dab sich im periadventitiellen Gewebe des Sinus carotieus reiehlich sympathische Ganglien auffinden lassen. Schwieriger sehon ist es, dieselben in der Sinuswand selbst naeh- zuweisen. Wie sehon StShr jr. auf dem obenerws KongreB betonte, sind Ganglienzellen in der Gefi~Bwand eine groBe Seltenheit, und wir k6nnen hinzufiigen, dab sie ganz ungemein schwer in der Gef~Bwand dargestellt werden kSnnen. Noch 1929 schrieben wir, dab es uns bislang nieht gelungen sei, aueh nur eine einzige sympathische Ganglienzelle in der Sinuswand selbst nachzuweisen. Inzwischen haben wir an einem sehr umfangreichen Material, haupts~tehlich vom Menschen, weiter unter- sucht. Es ist uns nunmehr gelungen, sympathische Ganglienzellen tief

im Kreislaufregulationsmechanismus. 441

in der Gefiigwand des Sinus naehzuweisen und absolut kl~r darzustellen. Die beigefiigten Mikrophotogramme davon - - die nur einen kMnen Teil der versehiedenen Formen infolge Raummangels wiedergeben k6nnen - - dtirften ers*malig eine sympathisehe Ganglienzelle fief in der Wand einer Art~rie klar zur Darstellung im Liehtbild gebracht haben (Abb. 22 und 23). Sie sind stets in feine, intramurale Nervenfasern des Sinusnerven ein- gelagert bzw. yon denselben mnsponnen. Wir fanden sie einzeln and zu mehreren zusammengelagert vet. Die Abb. 23 1/igt besonders seh6n

Abb. 22. 3Iensch. Sinus caro t icus . F o r m a l i n . Bielschowsky-3Iethode. Mikropho tograph ie . Grol~e s y m p a t h i s c h e Gcmglicnzelle in der Tiefc dcr Gefi iBwand.

neben dem einen, grogen, bl/~schenf6rmigen Kern mit dem deutlichen Kernk6rperchen die geihe der sechs Begleit- o(ler ,,?r er- kennen, die den michtigen Zelleib kranzf6rmig umlagern. Dag diese sympathischen Ganglienzellen tats/ichlich in tier Tiefe der Gef~13wand des Sinus caroticus liegen und nicht im periadventitiellen Bindegewebe, beweist der Umstand, dag wit sic gleiehzeitig in eben denselben Schnitten dargestellt habon, in denen mit ihnen die charakteristischen groilen Neurozeptoren des Sinus liegen, yon denen wir oben fes~stellten, dad sie tier in der Adventitia bzw. der Elastiea ex~erna sich bef~nden.

Und nun zu den Ver&nderungen der sympathisehen Ganglien nach Ausschaltung eines parasympathisehen Blutdruekzfiglers. Das normale Bild des sympathischen Ganglion cervicale supremum zeigt, wie sich inmitten einer grogen Anzahl meist markloser Neurofibrillen sehr viele

29*

442 Paul Sunder -P lassmann: l~ber neuro-vegetat ive Rezeptorenfelder

sympathische Ganglienzellen befinden mit ihren charakteristischen multi- polaren Forts~tzen, dem einen grol]en, bliischenfOrmigen Kern und dem deutlichen KernkOrperchen in jeder einzelnen Ganglienzelle. Sehr fiber- raseht waren wir nun, als wir bei s~mtlichen Tieren, denen der Sinusnerv mehrere Tage vor der Fixation des Sinus durchschnitten war, ganz auf- fallende und weitgehende Vers am Ganglion cervicale supremum sympathici sahen. Wir haben yon 4iesen Versuchstieren insgesamt rund 1000 Serienschnitte angefertigt, die sehr sehSne Impr~,gnation auf- weisen. Gegenfiber dem normalen Bild erscheinen zun~chst die einzelnen

Abb. 23. ~lensch. Sinus caroticus. Formalin. Bielschowsky-Methode. bIikrophotographie. Orol3e sympathisehe Ganglionzelle in der Tiefo der GefhBwand mit grol~cm Kern, deutlichom

KernkSrperchen un4 sechs klarcn ,,Mantelzellen".

Ganglienzellen bedeutend vergrfBert (Abb. 24). Das hSchst Merkwiirdige aber ist, dab in der Tat fast ausnahmslos von den 1000 Pr/~paraten jede einzelne Ganglienzelle nicht mehr einen einzigen Kern, sondern regelm/~Big zwei grebe Kerne mit einem sehr feinen und hochdifferenzierten Chro- matingeriist aufweist. Die meisten Kerne haben nochmals wieder je zwei deutliehe KernkSrperchen. Das Neurofibrillengerfist immrhalb der ein- zelnen Ganglienzellen erscheint normal. Auch die zahlreichen Neuro- fibrillen zwischen den Ganglienzellen zeigen weiter keine Besonder- heiten. Erw/~hnenswert ist noch, dab wir h/~ufiger feststellen konnten, dab zwei Ganglienzellen anastomosieren, eine Feststellung, die, wie auch Reiser betont, ffir die Neuronentheorie eine empfindliche Angriffs- stelle bedeutet.

Die Abb. 24 zeigt eine derartige ver/~nderte sympathisehe Ganglien- zelle in typischer Folza: sie erscheint enorm vergrSBert, hat zwei grebe

im Kreislaufregulationsmeehanismus. 443

deutliche Kerne mit je zwei sehr sch6nen KernkSrperchen. Das Fibrillen- gerfist erscheint normal; die Forts/~tze sind deutlich sichtbar.

Es erhebt sich nun die Frage, wie diese bedeutsamen und hochgradigen Ver/~nderungen naeh Durchsehneidung des parasympathischen Sinus- nerven an den sympathischen Ganglienzellen zu erkl~ren sind. Zun/ichst kSnnte man an eine Degeneration denken. Dafiir spricht in erster Linie, dal~ man an verschiedenen Zellen sehen kann, wie die Kerne an den Rand der Zelle gerfickt sind, wo man sie bei einer gesunden Ganglienzelle

Abb. 2~. Kaninchen. Ganglion cervicale s u p r e m u m synlpathiei . Formal in . Bielsehtm'sky Methode. Mikrophotographie . Exper imente l l e rzeugte V o h l m e n z u n a h m e der einzelnen Ganglienzellen, die n u n m e h r je zwei Kerne mi t je zwci deutl ichen Nukleolen aufweisen.

Zu beaeh ten sind auch die beiden anas tomos ie renden Ganglienzellen.

normalerweise nicht antrifft. Es sollte der Kern im Zentrum der Zelle oder wenigstens in der N/~he desselben liegen (/kbb. 23). Deswegen k6nnte man also hier an einen degenerativen Zustand denken, vielleicht auch an eine Vorstufe desselben. Dagegen spricht, dab die Zellen enorm ver- grSBert sind, und zwar nicht durch eine Quellung, denn das Fibrillengeriist ist sehr sch6n erhalten, von Vakuolen nichts zu sehen. Das Ganze maeht eher den Eindruck eines rapiden, ungehemmten Wachstums und erinnert an ebensolches bei maligne gewordenen Zellen, die sich aus dem fibrigen Verband gel6st haben und nun einen Komplex sehrankenlosen Wucherns bilden. Diese ver/inderten Ganglienzellen liegen auch in den vielen Pr~paraten so dicht aneinander, dab man wohl einsehen kann, dab hier ein ziigellos vorw~rtsschieBender ProzeB mit Vermehrung einzelner Ele- mente mit grofler Wahrscheinlichkeit stattgefunden haben muB. Es ist

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natfirlich mSglich, dab dieser ProzeB schliel31ich auch ein degenerativer ist, aber ein soleher, tier ganz un4 gar aus dem landl/iufigen Bild des hierfiber bisher Beobachteten f/~llt. Gegen eine einfache Degeneration im gewfhnlichen Sinne spricht aueh, dab die Kerne stets zu zweien auf- treten, dab dabei jeder einzehle Kern mit einem auBerordentlich feinen Chromatingeriist und zwei deutlichen Nukleolen versehen ist. Ferner findet man auch an den die Ganglienzellen umgebenden Neurofibrillen nicht Anzeichen einer Degeneration. Nach Stghrs, Reisers und unseren

Abb. 25. Kani~tvhen. Ganglion cervicale suprcmum s)~mpathici. Formal in . Bielschowsky- Pyridinmethode. l~Ekrophotographic. Experlmentcl l erzeugte Veriindernngcn an dcr

Ganglienzelle: s ta rke GrfBenzunahlne, zwei Kerne, n3it je zwci deutlichen Nukleolen, feinstcs Chromatingeri is t der Kernc.

eigenen Untersuchungsergebnissen werden die peripheren, sympathischen Ganglienzellen ihrerseits wiederum, jede einzelne, mit einem feinsten, intraplasmatischen Terminalretikulum versorgt. Es 1/ige also zun/ichst die Vernmtung nahe, dab durch Fortfall des parasympathischen Ein- flusses yon seiten des Sinusnerven ein ungehemmtes Wachstum diese sympathischen Ganglienzellen ergriffen hiitte, das evtl. als ein Degenera- tionszeichen insofern angesehen werden kann, air es entwed.er auf die Dauer zur endgfiltigen Degeneration mit Zugrundegehen der Zellen ffihrt oder den einzelnen Ganglienzellen doch deutliche degenerative Stigmata aufpr/igt. Weitere Untersuchungen, die reeht sehwierig rind und sich fiber ein groBes Material zu erstreeken haben, werden uns darfiber Klarheit schaffen, wobei besonders auch die Frage zu berfick- siehtigen sein wird, inwieweit dieser ProzeB reversibel oder irreversibel ist.

im Kreislaufregulationsmechanismus. 445

Wie dem aber auch sei, soviel steht fest, es wirkt sich auch unbedingt an den sympathischen Ganglienzellen aus, wenn man an den Blutdruck- ztiglern, die einen parasympathisehen Wirkungsmodus aufweisen, operiert. Auf dem letzten ChirurgenkongreB in Berlin wiesen wir im Anschlug an die Ausffihrungen yon Brgucker-Hamburg darauf hin, dab unsere diesbezfiglichen experimentellen unct morphologisehen Untersuchungs-

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Abb. 26. Schema, (has den ~Virkungskreis der obigen neu ro -vege t a t i ven I~ezeptorenfelder veranschaul icht . 1 A t m u n g s z e n t r u m , 2 Va~uskern, 3 Vasomotorenzen t ru in ,

4 Glossophar)mgcuskern.

ergebnisse einen gewissen Einblick gew/~hren in den Wirkungsmeehanis- mus, in den man neuerlieh beim ehirurgisehen Angehen der Angina peetoris einzugreifen beginnt. So wird es klar, dab eine Reihe der Forseher fiber Erfolge berichten konnten, wenn sie bei Angina pectoris die sympathisehen Ganglien direkt angingen (Leriche und seine Schule, Briiucker, 1. c.), w~hrend andere (Danielopolu und seine Sehule) Erfolge sahen beim Durchtrennen der pressorezeptorisehen Nervenfasern allein, wodurch die zentripetale Bahn des Reflexbogens unterbroehen werden kann.

Leriehe zieht nun den weitgehenden Schlul3 und sagt: ,,Weil ich den Angina pectoris-Anfall schwinden sehe naeh Exstirpation des Ganglion stellatum, sind also sympathische Fasern die Vasokonstriktoren der

446 Paul Sunder-Plassmann: !Jber neuro-vegetative Rezeptorenfelder

Coronargef/~13e des Herzens", und stellt sich damit in einen direkten Gegensatz zu den Feststellungen der Physiologen und Pharmakologen, die dem Vagus (Parasympathikus) diese Funktionen zuschreiben.

Man wird wohl auf die Dauer seine diesbeziiglichen Vorstellungen doch schon etwas erweitern miissen. Auf eine so einfache Formel: ,,hier sympathisches, bier parasympathisehes Geschehen" 1/~13t sichs wohl kaum ffir alle Zukunft bringen; denn die Cdberg/~nge sin4 zu fliel3end, sogar morphologisch als kontinuierlich-protoplasmatiseh far'bar. Abet sogleich stellt sich wieder die grol3e Schwierigkeit ein, fiir das, was wir hier vor unseren Augen sich abspielen sehen, best immte Begriffe zu pr~gen, die gleichzeitig die umfassende, richtige Vorstellung uns gew~hren kSnnen. Wie p r imi t iv i s t nieht d.as Wort und die Vorstellung , ,Re f l ex" fiir alas dabei zu bezeichnende, komplizierte Geschehen!

Leriche abet wird bei seinem Schlul3 beziiglich der Vasokonstriktoren der Kranzgef~$e des Herzens weiterhin bedenken miissen, dal3 mit der Exstirpat ion des Ganglion stellatum gleichzeitig stets auch an@re auto- nomo Faserr~ exstirpiert werden, die dutch alas Ganglion in groI~er Anzahl hindurchlaufen, wie wir alas bei jedem sympathischen, peripheren Ganglion immer wieder klar und anschaulich feststellen konnten.

Durch diese morphologische und funktionelle Abh~ngigkeit erkl/~rt es sich, dal3 man nicht im einen System operative Eingriffe vornehmen kann, ohne auch gleichzeitig im anderen System Alterationen, ja sogar hochgradige Veranderungen, die stets klar zu erfassen, ganz auSer- ordentlich schwer ist, hervorzurufen. Und dies legt uns daher auch die Erkl~rung dafiir nahe, wieso es kommt, dal3 durch ganz verschiedenes operatives Vorgehen, wie oben als Beispiel -con der ehirurgischen Be- handlung der Angina pectoris geschildert, doch unter Umst~nden dieselbe Wirkung erzielt werden kann.

Weleher Methode in diesem Fall auf die Dauer tier Vorzug gebiihrt, dariiber k6nnen erst weitere Erfahrungen die Entseheidung bringen. Wir haben ja auf diesem so interessanten Gebiet erst eben den Ful~ in ein unbekanntes Land gesetzt, das wir uns nun zu durehforschen an- schicken miissen.

Auf Antrag yon Herrn Prof. Dr. F. Heiderich, Direktor des anat~mischen Instituts Miinster, stiftete die ,,Gesellsehaft der F6rderer der Westfglisehen Wilhelms-Universitat, Miinster" einen Betrag yon 250 Mark, der teilweise zu einem zweimaligen, mehrw6ehentlichen Studienaufenthalt des Verfassers im Labo- ratorium v. Embryol. en l-Iistolog, d. Rjks-Universiteit te Utrecht, Direktor Prof. Dr. J. Boeke, teilweise zu der Durchfiihrung vorliegender Arbeit verwandt wurde. - - Der Veffasser dankt tier obengenannten Gesellschaft und den Herren Prof. F. Heiderich und J. Boeke an dieser Stelle verbindlichst.

L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s .

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