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Uber Silicone IV : Silicone-ole, Silicone-Harze, Silicone-Kautschuk ' Nachstehend werden drei fur die industrielle Anwendung wichtige Silicone-Typen beschrieben, namlich Silicone-Ole, -Harze und -Kautschuk. Silicone-Ole 2 Bei den Silicone-Olen handelt es sich um Methyl-, Phenyl- oder Methyl-phenyl-polysiloxane. Durch Variation der Ketten- lange erhalt man eine ganze Skala von Produkten, die sich wesentlich nur in ihrer Viskositat unterscheiden. Mischt man verschieden viskose Ole, so kann man Produkte mit beliebigen ZwischengroSen der Viskositat herstellen. Chemisch und pharmakologisch sind diese Ole, wie alle Silicone, vollig indifferent. Von verdiinnten Sauren und Laugen werden sie nicht angegriffen. Konzentrierte Sauren und starke Oxydations- mittel zerstoren sie jedoch bald. Die thermische Stabilitat ist ebenfalls sehr hoch. Bis 150" C sind sie praktisch vollig stabil, um 200" C beginnt bei Luftzutritt cine langsame Oxydation. Als Oxydationsprodukte lieSen sich durch massenspektrogra- phische Verfolgung der Oxydation Formaldehyd und Ameisen- saure nachweisen 4. Dabei tritt gleichzeitig eine Gel-Bildung ein. Unter Schutzgas kann man die Ole gefahrlos bis zu 300° C erhitzen. Die Stockpunkte der Silicone-Ole liegen um - 50" C. Ein Siedepunkt laSt sich wegen des hochmolekularen Charak- ters nicht angeben. In Tab. 1 sind fur einige Silicone-Ole5 Viscositaten, Stockpunkte, Flamm- und Brennpunkte zusam- mengestellt: Tabelle 1 Physikalische Eigenschaften von Silicone-Olen Silicone-01-Type 40 100 300 500 1000 Viskositat bei 20° [cst] 60 140 440 680 1440 Flammpunkt [OC] ' + 305 319 320 320 323 Brennpunkt [OC] 355 395 395 398 404 '+ Untersuchung nach Vorschrift DIN 53 661. Stockpunkt ["C] -62 -53 -49 -49 -49 Die ungewohnlich hohe Kompressibilitat dieser Ole und ihre vorteilhafte Verwendung in Fliissigkeitsfedern und Stol3- dampfern wurden bereits im 2. Teil dieses Berichtes erwahnt 6. Van nicht minder groSem Wert ist die niedrige Oberflachen- spannung dieser Produkte. Sie liegt in der Grodenordnung 21 [dyn . cm-I]. Eine praktische Anwendung findet diese Eigen- schaft bei den S i l i c o n e - E n t s c h a u m e r n . Bei manchen technischen Prozessen, etwa bei der Harzverkochung 7, in der 01- und Mineralol-Industrie sowie bei der Herstellung und Verarbeitung van Lebensmitteln und pharmazeutischen Pra- paraten treten in organischen, aber auch wadrigen Flussig- keiten leicht unangenehme, nicht selten gefahrliche Schaume auf, die man bisher meist durch entsprechend groder dimen- sionierte ReaktionsgefaSe bekampfte. Die bekannten organi- schen Entschaumer hatten einen relativ geringen Effekt und und waren vor allen Dingen den Verarbeitungsprodukten oft nicht zutraglich. Durch Zugabe auderst geringer Mengen ,,Silicone-Entschaumer" kann man die Schaume brechen oder ihre Bildung verhindern. Es handelt sich dabei um Mengen van 1 : SO000 bis 1 : 100000. Je nach dem zu entschaumenden Berichte I, I1 u. I11 siehe Fette . Seifen . Anstrichmittel 60, 223, 583, 992 r19581. * C. C. Currie, Ind. Engng. Chem. 46, 2331 [1954]. C. Gloxhuber u. G. Hecht, Arzneimittel-Forsch. 5, 10 [1955]. L. C. Sculu u. W. M. Hicham, Ind. Engng. Chem. 50, 1583 [ 19581. Silicone-Ole Buyer; Farbenfabriken Buyer AG. Leverkusen. Fette . Seifen Anstrichmittel 60, 583 [1958]. 7 /. W. Ruynolds, Amer. Paint J. 35, 77 [1950]; ref. Farbe u. Lack 58, 20 [ 19521. FETTE . SEIFEN ANSTRICHMITTEL 61. Jahrgang Nr. 3 1950 Medium werden van den Herstellerfirmen sowohl reine Sili- cone-Ole (fur organische Flussigkeiten) als auch Silicone-01- Emulsionen (fur wafirige Medien) in den Handel gebracht. Den Wirkungsmechanismus hat man sich wie folgt vorzustel- len: Auf Grund der groi3en Oberflachenaktivitat reichern sich die Silicone-Molekiile in der Flussigkeitsoberflache an unter Ausbildung einer molekularen Schicht. Der Zusammenhalt dieser Schicht ist aber infolge der ungewohnlich geringen zwiechenmolekularen Krafte bei Siliconen so schwach, dal3 die Oberflache keine stabilen Dampf- oder Gasblasen aus- zubilden vermag. Abb. 1 zeigt die Wirkung einer Antischaum- Emulsion auf eine Losung von Collophoniumseife in Wasser unmittelbar nach kraftigem Schiitteln (Verhaltnis 1 : 100 000). Abb. 1. Wirkung einer Sili- cone- Antischaum-Emulsion (1 : 100 000) auf das Schaumen einer wai3rigen Colophonium- seife-Losung ( Wucker-Chemie, Munchen) Die e 1e k t r i s c h e n E i g e n s c h a f t e n der Silicone-Ole sind, wie bei allen Siliconen; ausgezeichnet. Die Dielektri- zitatskonstante liegt bei 2 bis 3, der dielektrische Verlust- faktor tg6 bei 1.5 - 2 . Charakteristisch ist die geringe Abhangigkeit dieser GroSen von Temperatur und Frequenz. Die W a r m e 1 e i t f a h i g k e i t der Silicone-Ole wurde von A. C. Jenkins und A. /. Reid untersuchts. Mit der Tem- peratur steigt sie deutlich an. In Wasser sind Silicone-Ole vollig unloslich, sie verleihen den mit ihnen iiberzogenen Gegenstanden einen stark wasserabweisenden Charakter. Auch in Aceton, Methanol und ilthanol sind sie nicht loslich. Zu den hoheren Alkoholen hin steigt die Loslichkeit an. Mit n-Butanol sind die niedriger-viskosen Ole bereits betrachtlich mischbar. Weniger polare und hydrophobe Losungsmittel, wie ilther, Ester, die meisten aliphatischen und aromatischen Koh- lenwasserstoffe sowie Halogenkohlenwasserstoffe sind aus- gesprochen gute Losungsmittel. Mit organischen Kunststoffen, wie Polyvinylprodukten und deren Mischpolymerisaten, Cellu- loseacetaten, Polyamiden, -wethanen, Polystyrol, besteht keine Mischbarkeit. Die Ole sind deshalb in der Kunststoff- Industrie als F o r m e n - T r e n n m i t t e 1 verwendbar. Da- bei setzt man sie sowohl direkt als auch in wadriger Emulsion ein. Gegeniiber den bisher ublichen Trennmitteln haben sie den Vorteil der groderen Thermostabilitat. Die Verarbeitungs- temperaturen fur Kunststoffe liegen fast immer im Bereich der Dauer-Warmebestandigkeit dieser Ole (Abb. 2). Abb. 2. Silicone-01- Trennemulsionen beim Craning-Verfahren: Vom Bronce-Model1 abgeloste Kunstharz- maske (Wacker- Chemia, Munchen) * Ind. Engng. Chem. 46, 2567 [1954]. 33 1

Über Silicone IV: Silicone-Öle, Silicone-Harze, Silicone-Kautschuk

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Uber Silicone IV : Silicone-ole, Silicone-Harze, Silicone-Kautschuk ' Nachstehend werden drei fur die industrielle Anwendung

wichtige Silicone-Typen beschrieben, namlich Silicone-Ole, -Harze und -Kautschuk.

Silicone-Ole 2

Bei den Silicone-Olen handelt es sich um Methyl-, Phenyl- oder Methyl-phenyl-polysiloxane. Durch Variation der Ketten- lange erhalt man eine ganze Skala von Produkten, die sich wesentlich nur in ihrer Viskositat unterscheiden. Mischt man verschieden viskose Ole, so kann man Produkte mit beliebigen ZwischengroSen der Viskositat herstellen. Chemisch und pharmakologisch sind diese Ole, wie alle Silicone, vollig indifferent. Von verdiinnten Sauren und Laugen werden sie nicht angegriffen. Konzentrierte Sauren und starke Oxydations- mittel zerstoren sie jedoch bald. Die thermische Stabilitat ist ebenfalls sehr hoch. Bis 150" C sind sie praktisch vollig stabil, um 200" C beginnt bei Luftzutritt cine langsame Oxydation. Als Oxydationsprodukte lieSen sich durch massenspektrogra- phische Verfolgung der Oxydation Formaldehyd und Ameisen- saure nachweisen 4. Dabei tritt gleichzeitig eine Gel-Bildung ein. Unter Schutzgas kann man die Ole gefahrlos bis zu 300° C erhitzen. Die Stockpunkte der Silicone-Ole liegen um - 50" C. Ein Siedepunkt laSt sich wegen des hochmolekularen Charak- ters nicht angeben. In Tab. 1 sind fur einige Silicone-Ole5 Viscositaten, Stockpunkte, Flamm- und Brennpunkte zusam- mengestellt:

Tabelle 1

Physikalische Eigenschaften von Silicone-Olen

Silicone-01-Type 40 100 300 500 1000

Viskositat bei 20° [cst] 60 140 440 680 1440

Flammpunkt [OC] '+ 305 319 320 320 323 Brennpunkt [OC] 355 395 395 398 404

'+ Untersuchung nach Vorschrift DIN 53 661.

Stockpunkt ["C] -62 -53 -49 -49 -49

Die ungewohnlich hohe Kompressibilitat dieser Ole und ihre vorteilhafte Verwendung in Fliissigkeitsfedern und Stol3- dampfern wurden bereits im 2. Teil dieses Berichtes erwahnt 6.

Van nicht minder groSem Wert ist die niedrige Oberflachen- spannung dieser Produkte. Sie liegt in der Grodenordnung 21 [dyn . cm-I]. Eine praktische Anwendung findet diese Eigen- schaft bei den S i l i c o n e - E n t s c h a u m e r n . Bei manchen technischen Prozessen, etwa bei der Harzverkochung 7, in der 01- und Mineralol-Industrie sowie bei der Herstellung und Verarbeitung van Lebensmitteln und pharmazeutischen Pra- paraten treten in organischen, aber auch wadrigen Flussig- keiten leicht unangenehme, nicht selten gefahrliche Schaume auf, die man bisher meist durch entsprechend groder dimen- sionierte ReaktionsgefaSe bekampfte. Die bekannten organi- schen Entschaumer hatten einen relativ geringen Effekt und und waren vor allen Dingen den Verarbeitungsprodukten oft nicht zutraglich. Durch Zugabe auderst geringer Mengen ,,Silicone-Entschaumer" kann man die Schaume brechen oder ihre Bildung verhindern. Es handelt sich dabei um Mengen van 1 : SO000 bis 1 : 100000. Je nach dem zu entschaumenden

Berichte I, I1 u. I11 siehe Fette . Seifen . Anstrichmittel 60, 223, 583, 992 r19581.

* C. C. Currie, Ind. Engng. Chem. 46, 2331 [1954]. C. Gloxhuber u. G. Hecht, Arzneimittel-Forsch. 5, 10 [1955]. L. C. Sculu u. W. M . Hicham, Ind. Engng. Chem. 50, 1583 [ 19581. Silicone-Ole Buyer; Farbenfabriken Buyer AG. Leverkusen. Fette . Seifen Anstrichmittel 60, 583 [1958].

7 /. W. Ruynolds, Amer. Paint J. 35, 7 7 [1950]; ref. Farbe u. Lack 58, 20 [ 19521.

F E T T E . S E I F E N A N S T R I C H M I T T E L 61. Jahrgang Nr . 3 1950

Medium werden van den Herstellerfirmen sowohl reine Sili- cone-Ole (fur organische Flussigkeiten) als auch Silicone-01- Emulsionen (fur wafirige Medien) in den Handel gebracht. Den Wirkungsmechanismus hat man sich wie folgt vorzustel- len: Auf Grund der groi3en Oberflachenaktivitat reichern sich die Silicone-Molekiile in der Flussigkeitsoberflache an unter Ausbildung einer molekularen Schicht. Der Zusammenhalt dieser Schicht ist aber infolge der ungewohnlich geringen zwiechenmolekularen Krafte bei Siliconen so schwach, dal3 die Oberflache keine stabilen Dampf- oder Gasblasen aus- zubilden vermag. Abb. 1 zeigt die Wirkung einer Antischaum- Emulsion auf eine Losung von Collophoniumseife in Wasser unmittelbar nach kraftigem Schiitteln (Verhaltnis 1 : 100 000).

Abb. 1. Wirkung einer Sili- cone- Antischaum-Emulsion

(1 : 100 000) auf das Schaumen einer wai3rigen Colophonium-

seife-Losung ( Wucker-Chemie, Munchen)

Die e 1 e k t r i s c h e n E i g e n s c h a f t e n der Silicone-Ole sind, wie bei allen Siliconen; ausgezeichnet. Die Dielektri- zitatskonstante liegt bei 2 bis 3, der dielektrische Verlust- faktor tg6 bei 1.5 - 2 . Charakteristisch ist die geringe Abhangigkeit dieser GroSen von Temperatur und Frequenz.

Die W a r m e 1 e i t f a h i g k e i t der Silicone-Ole wurde von A. C. Jenkins und A. /. Reid untersuchts. Mit der Tem- peratur steigt sie deutlich an. In Wasser sind Silicone-Ole vollig unloslich, sie verleihen den mit ihnen iiberzogenen Gegenstanden einen stark wasserabweisenden Charakter. Auch in Aceton, Methanol und ilthanol sind sie nicht loslich. Zu den hoheren Alkoholen hin steigt die Loslichkeit an. Mit n-Butanol sind die niedriger-viskosen Ole bereits betrachtlich mischbar. Weniger polare und hydrophobe Losungsmittel, wie ilther, Ester, die meisten aliphatischen und aromatischen Koh- lenwasserstoffe sowie Halogenkohlenwasserstoffe sind aus- gesprochen gute Losungsmittel. Mit organischen Kunststoffen, wie Polyvinylprodukten und deren Mischpolymerisaten, Cellu- loseacetaten, Polyamiden, -wethanen, Polystyrol, besteht keine Mischbarkeit. Die Ole sind deshalb in der Kunststoff- Industrie als F o r m e n - T r e n n m i t t e 1 verwendbar. Da- bei setzt man sie sowohl direkt als auch in wadriger Emulsion ein. Gegeniiber den bisher ublichen Trennmitteln haben sie den Vorteil der groderen Thermostabilitat. Die Verarbeitungs- temperaturen fur Kunststoffe liegen fast immer im Bereich der Dauer-Warmebestandigkeit dieser Ole (Abb. 2).

Abb. 2. Silicone-01- Trennemulsionen beim

Craning-Verfahren: Vom Bronce-Model1 abgeloste Kunstharz-

maske (Wacker- Chemia, Munchen)

* Ind. Engng. Chem. 46, 2567 [1954].

33 1

Ihre Verwendung bringt jedoch einen Nachteil mit sick In der Regel gelangt namlich ein Teil des Trennmittels aus der Form auf das Werkstuck. Fur die Weiterverarbeitung kann das zu Schwierigkeiten fuhren, beispielsweise, wenn noch ein Anstrich aufgetragen wcrden soll. Fur derartige Falle wird man ein Silicone-Einbrenn-Harz als Entformungsniittel ver- wenden, da es vollstandig in der Form zuruckbleibt. Die Lebensdauer derartiger PreDformen, etwa fur Kautschuk- reifen (Abb. 3) wird durch diese Mafinahme urn ein vielfaches erhiiht.

Abb. 3. Silicone-01 als Trennmittel bei der Herstellung von Auto- reifen: Einlegen eines Rohlings und Ablosen eines fertigen Reifens (Metzeler Gummiwerkc

AG., Munchen)

Auch in der Lebensmittel-Industric bedient man sich der Silicone als Trennmittel 9, etwa fiir das FlieDband einer Grog- bickerei (.,pan-glaze" der Dow Corning Corp., USA). Stark zuckerhaltige Backwaren lassen sich allerdings auf derartig prapariertcn Backlormen nicht verarbeiten, da der karameli- sierte Zuckcr diese Silicone angreift lo.

Silicone-Harze Wahrend die Silicone-Ole einen linearpolymcrcn Aufbau

zeigen, besitzen Silicone-Harze einc mehr oder minder starke dreidimensionale Vernetzung ll. Damit sinkt der Gehalt des Stoffes an organischen Bestandteilen zugunsten eines wach- senden Silicium-Sauerstoff -Anteils ab. Die Silicone-Harze - und hier wiederum die am starksten vernetzten Typen - stehen dcmnach den anorganischen Silicaten von allen an- deren Silicone-Gruppen am nachsten. Daraus sind bereits die wesentlichen Eigenschaften der Silicone-Harze, Vorteile und Nachteile, ersichtlich: Chemische und thermische Wider- standsfahigkeit, ausgezeichnete elektrische Eigenschaften, aber auch mit zunehmender Vernetzung steigende Harte und Spr6- digkeit. Unabhangig vom Vernetzungsgrad lafit sich der Charakter der Silicone-Harze durch den Einbau verschiedener organischer Gruppen variieren. Bei den heute auf dem Markt befindlichen Silicone-Ilarzen handelt es sich in den meisten Falien um geinischte Methyl-phenyl-Silicone. Aber auch reine Methylsilicone-Harze werden angeboten 12. Versuche, Sili- cone niit ungesattigten organischen Resten (Vinyl-, Allyl- gruppen) sowic Resten mit funktionellen Gruppen her- zuskllen, um spater sckundare Umsetzungen, etwa Poly- merisationen bzw. -1~ondensationen durchfiihren zu konnen, haben auf dem Gehiet dcr Silicone-Harze bisher nicht zum Erfolg gefuhrt.

\'on ausschlaggebender Bedeutung fur den Einsatz der Silicone-Harze ist ihre grofie T e m p e r a t u r - B e s t a n d i g - k e i t i die von den besten organischen Harzen nicht annahernd erreicht wird. In Abb. 4 ist die Warmebestandigkeit modi- fizierter Siliconc-I Iarzc und organischer Harze mit der eines reinen Silicone-Ilarzes verglichen 13.

Die Tcmpcratur ist gcgen die Versuchszeit aufgetragen. Von einer Dauer-Warmebestandigkeit kann erst dann ge- sprochcn wcrdcn. wenn der Kurvenzug angenahert der Zeit- achse parallel verlauft. Wie das Bild zeigt, ist das reine Sili- cone-Harz am bestandigsten. Bei ZOOo C wird es praktisch nicht mehr zerstiirt. Kurzzeitige thermisehe Uberbeanspruchun- ~

T. A . Kuii[+i, Food Ind. 23, 44 [1951]; ref. Farbe u. Lack 58. 21 [1952]. W. Krairfl, Farbe u. Lack 64, 309 [1958].

l1 W . Noll , K . Dnmm u. W. Kraub, Farbe u. Lack 65, 17 [1959]. 12 L. F. Stapleton, Paint, Oil Colour J. 125, 1007 [I95433 ref.

'3 W. Krniifi . Farbe u. 1,ack 64. 309 [ 19.581. Fette . Seifen . Anstrichmittel 56, 638 [1954].

gen werden gut vertragen. Die weiter unten zu besprechenden modifizierten Silicone-Harze sind zwar thermisch deutlich bestandiger als rein organische Epoxy- oder Alkydharze, erreichen aber die Qualitat reiner Phenyl-Methyl-Silicone- Harze nicht. SchlieBlich ist in diesem Diagramm, wie schon hier erwahnt sei, die Kennlinie fur eine Silicone-HarziAlu- miniumbronzc-Kombination eingetragen. Sie lauft bei 500° C vollig waagerecht, d. h. dieser Anstrich ist noch bei 50OOC thermisch stabil.

Die e l c k t r i s c h e n E i g e n s c h a f t e n der Silicone- Harze unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der an- derer Silicone-Prodnkte 14. Die Durchschlagsfestigkeit etwa 50 p starker Filme betragt 70 bis 100 KV/mm, der spezifische Widerstand liegt bei 20" C bei l O I 7 [B . cm]. Aufierdem sind noch die Dielektrizitats-Konstante von 3.0 bis 3.5 und der dielektrische Verlustwinkel 6 von 1 bis 2 . beides bei 20°C und SO0 Hz, von Interesse. Diese beiden letzteren Eigenschaften haben, wie bereits an anderer Stelle erwahnt, einen sehr kleinen Temperaturkoeffizienten. Infolge des hydrophoben Charakters ist auch eine hohe Kriechstromfestig- keit lestzustellen.

Die V e r t r a g 1 i c h k e i t mit anderen, rein organischen Harzcn, ctwa mit Epoxy-, Alkyd- oder Phenolharzen, sowie Harnstoff-Formaldehyd- oder Melamin-Harzen ist sehr ge- ring. Stark phenylgruppenhaltige Siliconeharz-Typen sind allerdings mit reinen Phenol-, Cumaron- und Mcthacrylat- Harzen in Grenzen mischbar. Eine gewisse Vertraglicbkeit bcsteht auch mit Celluloseestern und Polyvinylacetat - & I I I 1 1 1

Abb. 4. Dauerwarmebestindigkeit verschiedener Anstriche: 1. Reines Silicone-Harz; 2. Modifiziertes Silicone-Harz (75 O / o

Siliconc-Anteil); 3. Silicone-Harz/Aluminiumbronce-Kombi- nation; 4. Modifiziertes Silicone-Harz (50 O / o Silicone-Anteil):

5 . Epoxy- und Alkydharz-Kombination

Die chemische Indifferenz der Harze ist groger als die der weniger vernetzten Silicone. Sauren und Alkalien vermogen sie his zu einer Konzentration von 5 O / o auch hei lingerer Einwirkung nicht zu zerstoren. Gegen stark oxydierende Agen- tien sind sic aber ebenfalls nicht stabil. Organische Liisungs- mittel wirken ganz allgemein quellend. Hauptanwendungs- gebiete fiir Silicone-Harze sind die Lack- und Elektro-Indu- strie. Erhebliche Mcngen werden jedoch auch als Impragnier- mittel eingesetzt. In den USA werden bestimmte Harze neuerdings zur Herstellung druckfester und hitzebestandiger S c h a u m s t o f f e (Flugzeugbau; Warme-Isolation) ver- wendet 16.

Die Silicone-Harze werden von den Herstellern j e nach Verwendungszweck entweder als homogene Losungen in organischen Liisungsmitteln oder aIs waDrige Emulsionen ver- kault. In diesen Lieferfornien liegen jedoch keine auskonden- sierten Harze vor, es handelt sich vielmehr um Vorkondcn- sate, die noch betraehtliche Anteile an reaktionsfahigen

H . Rothert, Elektrotechn. u. Maschinenbau 1957, H. 15/16, I5 Anonym (The Chem. Age 1951, 160); ref. Dtsch. Farben-Z. 6,

19 [1952]. 1°D. E. Weyer, K. R. Hoflman, Mod. Plastics 31, 133, 144, 202

[1954]; ref. Kunststoffe 45, 154 [3955].

F E T T E ' S E I F E N . A N S T R I C H M I T T E L hl Jahrqanq Ni R 195'1 "3"

Silanol-Gruppen enthalten. Beim praktischen Einsatz ist des- halb eine thermische Behandlung erforderlich, um die Ver- netzung zu vervollstandigen und das widerstandsfahige eigentliche Silicone-Harz zu erhalten. Diese Kondensation kann sich j e nach Harz-Type und angewendeter Kondensations- temperatur iiber viele Stunden erstrecken und ist in vielen Fallen eine grofie zeitliche Belastung. Deshalb verkiirzt man heute meist die Kondensationszeiten durch Zusatz von Kon- densationsbeschleunigern. Als derartige Katalysatoren werden Zink-, Mangan-, Kobalt- und Blei-naphthenate, -octoate usw. verwendet 17. Der Einsatz von Bleiseifen und Calciumseif en birgt gewisse Gefahren in sich, da Silicone-Losungen mit Bleigehalt nach kurzer Zeit gelieren. Andere, den Bleisalzen friiher nachgesagte schadigende Wirkungen, treffen jedoch bei Verwendung von bestimmten Gemischen aus Blei-, Zink- und Kobaltsalzen nicht mehr zu. Bleisalze allein verringern bei- spielsweise die Warmebestandigkeit stark. Im Gemisch mit anderen Salzen vermogen sie diese eher zu erhohen.

Silicone-Kautschuk Die dritte Produktengruppe, der Silicone-Kautschuk, wird

vor allem in jungster Zeit in verstarktem Mafie eingesetzt**. Chemisch gehort der Silicone-Kautschuk, wenigstens in der nichtvulkanisierten Form, zu den hochmolekularen Silicone- Ulen. Das Molekulargewicht liegt im Bereich von GOO 000 bis 750 000. Die Herstellung dieser hochmolekularen a l e - trotz des hohen Molekulargewichtes besteht noch FlieBfahigkeit - erfolgt durch Polymerisation von kettenformigen und cycli- schen Polysiloxanen relativ niederen Molgewichts unter Ein- wirkung von basischen oder sauren Katalysatoren I@. Die reinen Dimethyl-Polysiloxane wurden bald verbessert. Durch Einbau sperriger organischer Reste, wie Phenylgruppen, lafit sich der an sich schon bis etwa -6OOC reichende Verwen- dungsbereich bis -goo C erweitern. Der Einbau von Vinyl- Allyl- oder Phenyl-vinyl-Siloxan-Einheiten sowie von Silan- wasserstoff -Gruppen erhoht neben der Vulkanisationsfahigkeit die mechanischen Eigenschaften, besonders die bleibende mechanische Verformung (,,compression set") (Tab. 2).

Tabelle 2

Einflub von Vinylgruf fen auf den ,,compression set" von Silicone-Kautschuk

,,compression set" nach ASTM

Vulkanisation Silicone-Kautschuk 22 Std. bei 150O C 22 Std. bei 175O C

ziell elektrischen - und chemischen Eigenschaften 21. Durch geeignete Wahl der Ausgangsmaterialien und Herstellungs- bedingungen lassen sie sich weitgehend variieren. Ein hoher Gehalt an Vinylgruppen (1-4 Molo/o) ermoglicht einen chemischen Einbau von Silicone-Kautschuk in Naturkautschuk, da die Vinylgruppen mit Schwefel vulkanisierbar sind. Die Einarbeitung von Fiillstoffen verbessert die mechanischen Eigenschaften 22. Als Fiillmaterialien kommen besonders Kie- selsauresorten, Kieselgur usw. in Frage. Uber den Einflui3 dieser Fiillstoff e auf die Kautschuk-Eigenschaften haben M. Wick und W. DietzZ3 sowie C . H. P fe i f f e rZ4 eingehend be- richtet. Von grofier Bedeutung sind vor allem Elektrolytgehalt und Korngroae des Fiillmaterials. Kleine Korngriifle, d. h. groi3e Oberflache, liefert beste mechanische und elektrische Werte. Auf diese Weise sind jedoch nur niedrig gefiillte Produkte herstellbar. Fiillstoffe mit geringer Oberflache er- geben weiche, sogar pastose Massen, erlauben aber einen relativ hohen Fiillungsgrad. Derartige Mischungen sind ver- haltnismafiig billig und dienen zur Herstellung harter Dich- tungsmischungen usw. Der Elektrolytgehalt beeintrachtigt neben der Wasserfestigkeit das gute elektrische Verhalten, wie Tab. 3 zeigt.

Tabelle 3 Einflufl des Elektrolytgehaltes auf sfezifischen Widerstand und Durchsclzlagsfestigkeit von Silicone-Kautschuk uor und nach

der Wasserlagerung mit elektrolytfr. mit elektrolythalt.

Silicone-Kautschuk Fiillstoff 25 Fiillstoff (3 O / o Natriumsulfat)

Widerst. Durchschl: Widerst. Durchsch1.- [lolo Ohm festigkeit [10lo Ohm festigkeit

.cm] [KVimm] .cm] [KV/mm]

spez. spez.

vor der Wasser- lagerung (ungetempert) 121 000 28-35 0.8 18-22

6 Std. Lagerung in koch. Wasser (ungetempert) 234 000 25-30 0.95 6-10

Der Silicone-Kautschuk entspricht in der thermischen Stabi- litat (Abb. 5), in den elektrischen Eigenschaften, in seiner Chemikalien-, Licht-, Ozon- und Sauerstofffestigkeit und physiologischen Unbedenklichkeit weitgehend den iibrigen

99.9 O / o (CH8),--Si0- + Einheiten 0.1 O/O CH,(CH,=CH)-SiO- 6.50/0 7.80/0

Abb. 5. Vergleich der Warme-

100 " / o (CH,),-SiO- Einheiten 45 o/o

bestandigkeit von organi- 55 o / o schem und Silicone-Kau-

tschuk (Wacker-Chemie, Miinchen)

Durch Zusatz geeigneter Fiillstoffe und Ausbildung einer beschrankten Zahl von Vernetzungsstellen zwischen den Ket- ten-Molekiilen (Vulkanisation) kommt man zu gummielasti- schen Materialien mit hervorragenden physikalischen - spe-

I'D. Lanuga, Lack- u. Farben-Chem. [Daniken] 1952, Nr. 6; ref. Farben, Lacke, Anstrichstoffe 7, 90 [1953]; W . Kraufl, Farbe u. Lack 61, 478 [1955]; W. Kraufl u. R. Kubens, Farben, Lacke, Anstrichstoffe 10, 1 [1956] ; Patent-Ober- sicht: Farbe u. Lack 62. 374 [1956]; M. A . Glaser, Ind. Engng. Chem. 46, 2334 [1954].

'8Siehe auch Bericht 111, Fette Seifen Anstrichmittel 60, 992 [1958].

1 9 s . Nitzsche u. M . Wick, Kunststoffe 47, 431 [1957]. Z O J . H . Lorenz u. M. L. Dunham, Chem. Engng. News 34,

2798 [1956]; M . L. Dunham, D. L. Bailey u. R. Y . Mixer, Ind. Engng. Chem. 49, 1373 [1957].

61. Jahrganq Nr . 3 1959 FETTE . SHIFEN . A N S T R I C H M I T T E L

i1 M. Wick u. W. Dietz, Kautschuk u. Gummi 7, WT 222 [ 19541 ; M . Wick, Elektrotechn. u. Maschinenbau 1957, H. 15/16; M. Wick u. W. Dietz, Kunststoffe 44, 127 [1954]; E. Rushton u. G. Russel, British Electrical and Allied Indu- stries Research Association, Technical Report L/T. 1955, 325; K . E. Polmanteer, P. C. Servais u. G. M . Monkle, Ind. Engng. Chem. 44, 1567 [1952]; W. B. Spencer jr., W. B. Davis, F. L. Kilbourne jr. u. J . C. Montermorso, Ind. Engng. Chem. 45, 1297 [1953]; C. W. Pfeiffer, Ind. Engng. Chem. 46, 2342 [1954]; E. L. Warrick u. P. C . Lauterbur, Ind. Engng. Chem. 47, 486 [1955].

eeE. L. Warrick, Ind. Engng. Chem. 47, 1816 [1955]. 23 Kautschuk u. Gummi 7, WT 222 [1954]. 24 Ind. Engng. Chem. 46, 2342 [1954]. 25 Silicone-Kautschuk Type Wacker R-90 (Wacker-Chemie,

Munchen).

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Silicone-Typen. Die Thermostabilitat wird durch Fiillstoffe meist noch gesteigert. Die mit rotem Eisenoxyd pigmentierten Typen sind sogar bis 300nC noch gut bestandig. Gegeniiber unpolaren organischen Losungsmitteln und o l en ist haufig eine reversible Quellung festzustellen. Da herauslosbare Be- standteile nicht vorhanden sind, ist diese Eigenschait bei nicht zu starker mechanischer Belastung nicht weiter nachteilig. Neuerdings ist in den USA ein Fluorsilicone-Kautschuk ent- wickelt worden, der in Benzinen, Olen und Losungsmitteln nur sehr geringfiigig quillt 28. Gegeniiber normalem Kautschuk ist bei diesem die Volumenvergrofierung, beispielsweise bei Einwirkung eines US-Raffinat-Benzins (MIL-H-3136, Type III), um 205 "/a geringer. Polare Losungsmittel (aui3er aroma- tischen und Chlorkohlenwasserstoffen) sind auch auf normalem Silicone-Kautschuk ohne nennenswerte Einwirkung. Wasser- dampf bis zu 5 atii fjberhitzung verandert seine Eigenschaften nur geringfiigig.

Unter den mechanischen Qualitaten ist vor allem die Elasti- zitat zu erwahnen, die von - 60O bzw. - 90° C bis zu + 200O C weitgehend konstant ist. Wie Arbeiten von M . W i t 27 und J . Peter 28 zeigen, sind organische Synthese-Kautschuke bei normaler Temperatur den Silicone-Elastomeren in den meisten mechanischen Eigenschaften (Bruchdehnung, Zugfestigkeit und bleibende Verformung) iiberlegen. Bereits bei 10O0 C hat sich jedoch das Bild in fast allen Fallen umgekehrt. I n Abb. 6 ist beispielsweise die Zugfestigkeit verschiedener Elastomerer in Abhangigkeit von der Temperatur verglicben 27.

Abb. 6. Zugfestigkeit verschiedener Elastome- rer in Abhangigkeit von der Temperatur: 1. Sili- cone-Kautschuk, 2. Bu- tylkautschuk, 3. Chlo- roprenkautschuk, 4. Ni-

1 trilkautschuk

Weitere mechanische Eigenschaften in Abhangigkeit von der Temperatur sjnd in Tab. 4 zusammengestellt.

Tabelle 4 Einige mechanische Eigenschaften eines Silicone-Kautschuks '>

Eigenschaft MeDtemperatur [OC] -40 -20 0 +50 100 150 200

Shoreharte 59 56 55 55 55 54 52 Riickprall-Elastizitat inO/o 36 39 41 43 46 48 46 Bruchdehnung in O/u 300 320 335 350 360 370 370 Bleibende plastische Ver- formung (compr. set.) (24 Std., 7O0C) in O/n 15 15 14 15 25 50 68 Warmeleitfahigkeit [ cal . cm-1 . sec-10 . OC-11 - - - - 5 11 17

:$ Silicone-Kautschuk Wacker R 20, Wader-Chentie, Miinchen.

Die V u I k a n i s a t i o n des Kautschuk-Vorproduktes kann auf verschiedenen Wegen erfolgeii. Dariiber haben S . Nitzscke und M . Wi& 29 ausfiihrlich berichtet. Die alteste Methode ist die Vernetzung mittels Peroxyden, wie Benzoylperoxyd, tert.- Butylperbrnzoat oder besonders 2,4-Dichlorbenzylperoxyd. Bei der Reaktion handelt es sich um einen Radikalmechanismus, in dessen Verlauf aus Methylgruppen CH,-Radikale gebildet

26 Dow Corning Corp., Midland, Michigan USA, Type Silastic

27 Elektrotechn. u. Maschinenbau 1957, H. 15/16. ** Kautschuk u. Gummi 8, WT 59 [I955]; siehe auch K. E.

Polmanteer, P . C. Servais u. G. M . Monkle, Ind. Engng. Chem. 44, 1576 [1952].

29 Kunststoffe 47, 431 [1957].

LS-53.

werden, von denen jeweils 2 eine neue C-C-Bindung schlie- Sen 30. Unter Verwendung dieser Katalysatoren mu6 bei er- hohter Temperatur (von Fall zu Fall sehr unterschiedlich; im Bereich zwischen 100 und 35OoC) und erhohtem Drudt, j e nach Dauer 3--6 bzw. 10-14 atu) gearbeitet werden. Wihrend man normalerweise etwa 1 .50 /0 benotigt, setzt man das 2,4- Dichlorbenzolperoxyd nur mit 0.2 bis 0.4 O / o ein. AuDerdem kann man mit diesem Katalysator bei Normaldruck arbeiten. AuDer diesen CH,-CH,-Briicken bilden sich bei der Konden- sationstemperatur auch Sauerstoffbriicken aus. Dabei werden Methylgruppen oxydativ zu Formaldehyd abgebaut. Bei Vinyl- gruppen- und Silanwasserstoff-haltigen Vorprodukten konnen neuerdings auch aliphatiscke Peroxyde eingesetzt werden. Unter dem EintluD beispielsweise von Ditertiarbutylperoxyd oder Dicumylperoxyd scheint sich die SiH-Gruppierung an die Vinyl-Doppelbindung zu addieren. Die Vorteile dieses Ver- fahrens sind: Neutrale Abbauprodukte des Katalysators, be- queme Arbeitsbedingungen, verbesserte Warmebestandigkeit, geringerer ,,compression-set" des Vulkanisates; Moglichkeit der Zumischung von leitfahigen Ruden zur Gewinnung leiten- der Kautschuke 3l .

Die Moglichkeit der Schwefelvulkanisation bei vinylgruppen- reichem Material wurde bereits erwahnt. Ein VerCahren, durch aktive Strahlung (beschleunigte Elektronen 51, Gamma-Strah- len) zu vulkanisieren, erfordert zunachst einen hohen appara- tiven Aufwand und ist noch nicht von allgemeinerer Bedeu- tung. Da jedoch heute in den kiinstlichen Isotopen stark strahlendes Material immer reichlicher zur Verf'iigung steht, mag hier fur die Zukunft eine interessante Entwicklung zu erwarten sein. Auch in diesem Falle findet die Vernetzung der Ketten iiber CH,-Gruppen statt.

Eine dritte Moglichkeit der Vulkanisation ist die Ver- kniipfung der Ketten durch mehrfunktionelle Kieselsaureester. Der Einbau dieser Vernetzer erfolgt an den endstandigen OH-Gruppen der Polysiioxan-Ketten. Als Kataiysator fur der- artige Kondensationen hat sich das Dibutylzinn-dilaurat be- sonders bewahrt. Die gelegentlich neben den Kieselsaure- Sorten, Kieselgur usw. verwendeten Fiillstoffe ZnO, MgO, CaCO,, CaSO, und ZnCO, wirken als zusatzliche Vulkani- sationsbeschleuniger. Das Dibutylzinn-dilaurat katalysiert auch den Umsatz von Silanwasserstoff mit freien Hydroxylgrup- pen. Somit sind zahlreiche Moglichkeiten der Kondensation von Silicone-Kettenmolekiilen gegeben. Sie lassen sich bereits bei Normaltemperatur, bei Gegenwart der obengenannten Be- schleuniger-Fiillstoffe sogar in wenigen Minuten, durchfiihren. Durch die Wahl des Vernetzers, des Katalysators sowie der Temperatur hat man es in der Hand, eine geeignete Topfzeit und eine erwiinschte Vulkanisationsgeschwindigkeit einzustel- len. Die Vulkanisations-Geschwindigkeit wird bei einer Tem- peraturerhohung um 10O C etwa verdoppelt. Wegen der nied- rigen Arbeitstemperatur und des nichtradikalischen Reaktions- ablaufes ist das Einmischen thermisch nicht stabiler organischer Stoffe, wie Rug, Korkmehl u. a,, sowie von Antioxydantien moglich. Bei der Verarbeitung des Silicone-Kautschuks sind demnach zwei groi3e Gruppen zu unterscheiden, die heii3- vulkanisierenden und die kaltvulkanisierenden. Der Grund- stoff ist in beiden Fallen der gleiche.

Die heiflvulkanisierenden Kautschuke kommen als Roh- produkte, als halbfertige (in bezug auf den Fullstoff) oder fertige Mischungen (stocks), als Pasten oder Dispersionen in den Handel. Die Dispergierung erfolgt in Toluol, Xylol, Test- benzin, Essigester, Benzin oder anderen organischen Losungs- mitteln. Die fertigen Mischungen enthalten im Gegensatz zu den anderen Lieferformen bereits den Vulkanisations-Kataly- sator und konnen nach der Replastifizierung auf einem kiihl- baren, sauberen Mischwalzwerk zum Formpressen, Spritzen, Kalandern und Kaschieren verwendet werden. Hieran schlieBt

30Midland Silicones, BP. 751 325 [1956]. 31 J. H . Lorenz u. M . L. Dunhnm, Chem. Eng. News 34, 2798

[1956]. AP. 2 766 220 [1957].

F E T T E * S E I F E N - A N S T R I C H M I T T E L 61. Jahrgang Nr. 3 1959 234

sich die Vulkanisation der Produkte. Die dabei auftreten- den Volumenschrumpfungen sind gering (1 his 1.5 O i o ) . Zur Beseitigung von Peroxyd-Spaltprodukten wird das Material nun noch drucklos getempert und damit gleicbzeitig eine ge- wisse Alterung vorweggenommen. Die erforderlicben Tem- peraturen werden jeweils vorgeschrieben. Kaltvulkanisierende Kautschuke werden als Knet-, Streich- und Gied-Massen so- wie als Dispersionen in organischen Losungsmitteln gehandelt. Durch Auswahl und Dosierung des einzuarbeitenden flussigen Harters sowie Wahl einer geeigneten Vulkanisations-Tem- peratur la& sich fur die Verarbeitung eine gunstige Topfzeit einstellen.

Das Anwendungsgebiet des Silicone-Kautschuks ist auger- ordentlich vielfaltig. Auger in der Textil- und Papier-Indu- strie (Impragnierung), Elektro-Industrie (s. folgenden Beitrag) und chirurgisch-pharmazeutischen Industrie hat er in seinen verscbiedenen Einsatzformen uberall dort allgemeine technische Verwendung gefunden, wo man Stoffe benotigt, die uber gro8e Temperaturbereiche elastisch bleiben und resistent sind gegen Atmospharilien, Losungsmittel und chemische Agentien. So werden daraus gefertigt: Abstreifwalzen fur die Draht- und Blechverzinnung; Dichtungen fur Trockenschranke, Ufen, Herde, Kuhlanlagen, r'llbider, Thermostaten; Benzin- und Losungsmittel-Leitungen; Zylinderbuchsen usw.; Forderbander fur Trocken- und Kuhlanlagen und Backereien; Muffen fur die Leitungsinstallation an heii3en Geraten; Gerate zur Verfor- mung thermoplastischer Kunstharze; Schwingungsdampfer (Abb. 7 ) ; hitzebestandige Gewebe fur Warmeschutzkleidung;

Abb. 7. Walzenbelag und Stofldampfer aus

Silicone-Kautschuk ( Wacker-Chemie,

Munchen)

Abb. 8. Formteile aus Silicone-Kautschuk ( Wacker-Chemie,

Munchen)

Rohre fur Heiflluftheizung, fur die Abfullung von Speiseolen, Milch und anderen Nahrungsmitteln. Die Abb. 7 und 8 zeigen Walzen, Puffer und Formteile, gefertigt aus Silicone-Kautschuk. ' Eine neue glasartig durchsichtige Silicone-Kautschuk-Type

wird in den USA als Verbundschicht fur Sicherheitsglaser ver-

33 ,,DC-Silastic, Type K Interlayer"; Dow Corning Corp.;

34 F. Schufer, Kunststoffe 42, Heft 6 [1957]. 35 H . 0. Schomann, Mitt. fur die Archivpflege in Bayern 1958,

Silicone News for Design Engineers No. 117.

Sonderheft 1 .

wendet, etwa fur die Kanzeln von Uberschall-Flugzeugen 3s. Sie vermag die Temperaturschwankungen, die bei den hohen Geschwindigkeiten auftreten, ohne Einbude an mechanischer Widerstandsfahigkeit durchzustehen. Die Eigenschaft, Ober-

Abb. 9. Kaltvulkanisierende Silicone-Kautschuk-Streich-

masse als Abdruck- und Formenmaterial:

Oben: Original-Bronceplakette

(@ ca. 15 cm)

Mitte: Formabdruck aus Streichmasse

Unten: Gipsabdruck aus dieser Form

( Wacker-Chemie, Munchen)

flachen sehr formgetreu wiederzugeben, wird zur Herstellung von GieBformen fur die Verarbeitung von Phenol-, Epoxy- und Polyesterharzen 34, sowie zur Herstellung von Gipsab- drucken ausgenutzt. Mit kaltvulkanisierenden Typen werden in Museen usw. Negativ-Formen hergestellt 35 (Abb. 9).

Abb. 10. Kaltvulkani- sierender Silicone- Kautschuk als Form- Abdruckmasse: Wachs- abgu8 einer Hand (Ausschnittvergro8e- rung) ( Wacker-Che-

mie, Munchen)

Die auiierordentliche Formtreue bis ins Detail bei der Wie- dergabe der zu reproduzierenden Gegenstande ergibt sich eindrucksvoll aus Abb. 10. Die Kautschuk-Form wurde von der lebenden Hand abgenommen.

B. G r o t h u e s , Munster

Indus trie-R undschau Kontinuierlkhes, vielseitig anwendbares Filter

Eine im Jahre 1954 auf der Achema in Frankfurt erstmalig vorgefuhrte Filterkonstruktion der Firma Bayerische Berg-, Hutten- und Salzwerke AG., Munchen, hat sich nun schon seit einigen Jahren in vielen Industriezweigen bewahrt. Sie wurde fur die Verfahrenstechnik, die chemiscbe Industrie, als Spezial- konstruktion fur die 01- und Losungsmittel verarbeitende In- dustrie, die Zellstoff- und Nahrungsmittel-Industrie berge- stellt und geliefert.

Gegenuber den kontinuierlichen Nur-Vakuumfiltern erfolgt der Betrieb dieses Filters sowohl mit Ober- als auch Unter-

F E T T E . S E I F E N . A N S T R I C H M I T T E L 61. Jahrgang Nr. 3 1959

druck oder mit beiden Drucken zugleich. Infolge des grogen Druckgefalles werden naturgemai hohe Fluflgeschwindigkeiten und demzufolge grode DurchsatzmengeniFilterflache erzeugt, und es kann ein sehr hoher Trockengehalt erreicht werden. Ein besonderer Vorzug dieser neuen Konstruktion sind die druck- fest voneinander abgeschlossenen Kammern am Umfang der Filtertrommel, wodurch erforderliche Behandlungsvorgange an den Ruckstanden dieses Filters sehr vorteilhaft und wirtschaft- lich durchgefiihrt werden konnen. Die Trennung der Suspen- sion sowie der Auslaugung des RuAstandes erfolgt ein- oder

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