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Ktinstliehe Steigerung der k6rperlichen Leistungsfi~higkeit. 273 Zusammenfassung. Die kSrperliehe Leistungsfahigkeit, geprfift in ErschSpfungsversuehen auf dem Laufband und dem Fahrradergometer, wire[ dutch Veritol gestei- gert. Wiihren4 der Arbeit 4urehgeffihrte Blutdruekmessungen maehen es wahrseheinlieh, dag diese Leistungssteigerung nieht an die Blutdruek- erhShung gebunden ist. Cardiazol wirkt nieht leistungssteigernd. 6. Uber Steigerung kiirperlicher Leistungsfiihigkeit durch Pervitin. Von Dr. H. Heyrodt und Dr. H. Weillenstein. Mit 1 Textabbildung. (Eingega~gen am 4. April 1940). Als weiteren* adrenalinverwandten Stoff priiften wir das Pervitin 1 Zahlreiehe klinisehe Prfifungen des Pervitins mit ingeressanten Ergeb- nissen liegen sehon vet. Es wird fibereinstimmend eine zentralstimulierencle Wirkung festgestellt. Ranke2 berichtete z. B. fiber die Beseitigung des SehlMbedfirfnisses, fiber Steigerung der Konzentrationsfiihigkeit und Arbeitslust dutch Pervitin and legte diesem neuen Pharmakon zum Hoeh- reigen einer vorwiegend geistig ermfideten Truppe, z. B. einer motorisierten Truppe naeh anstrengendem Naehtmarseh, eine hohe militiirisehe Be- deutung bei. Naeh gfinstigen Vorversuehen bei Langsgreekenliiufern auf einem Sportplatz hielten wir eine genauere Untersuehung im Laboratorium fiir wfinsehenswert. Die gesunde Versuehsperson H. W. (23 Jahre air, 1,72 m grog, 61 kg sehwer) lid in einem 6w6ehigen Training tgglieh in der Zeit yon 10 bis 12 Uhr, nur mit sonntgglieher Unterbreehung. Die Versuehsperson wurde his zur Beendigung der Versuehe iiber Pharmakon un4 Fragestellung nieht informiert, um die Suggestion ausznsehalten: Ebenso wurden ihr die er- zielten Leistungen nieht mitgeteilt. Sie bekam t~iglieh 20 Minuten vor Versuehsbeginn eine intramuskulgre Injektion yon 1 eem (ira Training l Woehen lang tiiglieh nur physiologisehe Koehsalzl6sung, in der Haupt- versuehsreihe aueh physiologisehe Koehsalzl6sung und in variierten Ab- stiinden 0,015 Pervitin) and ffihrte ihren Lauf bis zur ErsehSpfung dutch. Wi~hrend der ganzen Versuehsreihe ffihrte sie eine m6gliehst gleiehmiil~ige Lebensweise ohne Alkohol- nnd Nikotingenul3. * Vgl. 1. Mitteilung, Naunyn-Sehmiedebergs Arch. 19& 258 (1940). 1 H ausohild, F.: Naunyn-Sehmiedebergs Arch. 190, 177 (1938); ebenda 191, 465 (1938); Klin. Wsehr. 1938, 1257; ebenda 1938, 1695. -- ~ Banke, O. F.: D. Deutsche Militgrarzt, 4. Jahrg., S. 147 (1939).

Über Steigerung körperlicher Leistungsfähigkeit durch Pervitin

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Ktinstliehe Steigerung der k6rperlichen Leistungsfi~higkeit. 273

Z u s a m m e n f a s s u n g .

Die kSrperliehe Leistungsfahigkeit, geprfift in ErschSpfungsversuehen auf dem Laufband und dem Fahrradergometer, wire[ dutch Veritol gestei- gert. Wiihren4 der Arbeit 4urehgeffihrte Blutdruekmessungen maehen es wahrseheinlieh, dag diese Leistungssteigerung nieht an die Blutdruek- erhShung gebunden ist. Cardiazol wirkt nieht leistungssteigernd.

6. Uber Steigerung kiirperlicher Leistungsfiihigkeit durch Pervitin.

Von

Dr. H. Heyrodt und Dr. H. Weillenstein. Mit 1 Textabbildung.

(Eingega~gen am 4. April 1940).

Als weiteren* adrenalinverwandten Stoff priiften wir das Pervitin 1 Zahlreiehe klinisehe Prfifungen des Pervitins mit ingeressanten Ergeb-

nissen liegen sehon vet. Es wird fibereinstimmend eine zentralstimulierencle Wirkung festgestellt. R a n k e 2 berichtete z. B. fiber die Beseitigung des SehlMbedfirfnisses, fiber Steigerung der Konzentrationsfiihigkeit und Arbeitslust dutch Pervitin and legte diesem neuen Pharmakon zum Hoeh- reigen einer vorwiegend geistig ermfideten Truppe, z. B. einer motorisierten Truppe naeh anstrengendem Naehtmarseh, eine hohe militiirisehe Be- deutung bei.

Naeh gfinstigen Vorversuehen bei Langsgreekenliiufern auf einem Sportplatz hielten wir eine genauere Untersuehung im Laboratorium fiir wfinsehenswert.

Die gesunde Versuehsperson H. W. (23 Jahre air, 1,72 m grog, 61 kg sehwer) l id in einem 6w6ehigen Training tgglieh in der Zeit yon 10 bis 12 Uhr, nur mit sonntgglieher Unterbreehung. Die Versuehsperson wurde his zur Beendigung der Versuehe iiber Pharmakon un4 Fragestellung nieht informiert, um die Suggestion ausznsehalten: Ebenso wurden ihr die er- zielten Leistungen nieht mitgeteilt. Sie bekam t~iglieh 20 Minuten vor Versuehsbeginn eine intramuskulgre Injektion yon 1 eem (ira Training l Woehen lang tiiglieh nur physiologisehe Koehsalzl6sung, in der Haupt- versuehsreihe aueh physiologisehe Koehsalzl6sung und in variierten Ab- stiinden 0,015 Pervitin) and ffihrte ihren Lauf bis zur ErsehSpfung dutch. Wi~hrend der ganzen Versuehsreihe ffihrte sie eine m6gliehst gleiehmiil~ige Lebensweise ohne Alkohol- nnd Nikotingenul3.

* Vgl. 1. Mitteilung, Naunyn-Sehmiedebergs Arch. 19& 258 (1940). 1 H ausoh i ld , F.: Naunyn-Sehmiedebergs Arch. 190, 177 (1938); ebenda

191, 465 (1938); Klin. Wsehr. 1938, 1257; ebenda 1938, 1695. -- ~ Banke, O. F.: D. Deutsche Militgrarzt, 4. Jahrg., S. 147 (1939).

274 H. DENNIG :

Die H a u p t v e r s u c h s r e i h e yon 6 Wochen Dauer zerf~tllt in einen ersten Absehnitt yon 5 Woehen mit 7 Pervitinversuehen, und in einen Alkali-Kontrollversueh* yon einer Woche Dauer als zwei~en Absehnitt. Daran sehlossen sieh noeh ~ Leerversuehstage an mit KoehsalzlSsung und ein Pervitinversuch, bei dem wir einmalig als Absehlul3 2 cem = 0,03 Per- vitin gaben. Bei dem Alkaliversueh gaben wit 3 Tage lang 3mal t~iglieh

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Abb. 1. Unter dem Einflul3 *con Pervit in l~nft die Vp. nnter sonst gleichen Bedingnngen l~nger als in den Leerversuchen, bis die ErschSpfnng eintritt .

Natr. bic. 5,0, Natr. citr. 3,5, Kal. citr. 1,5 in Oblaten, neben einer Injektion yon 1 ecm physiologischer KoehsalzlSsung. Um wieder die Autosuggestion auszusehalten, gaben wir schon in der 5. Woche der Hauptversuchsreihe dreimal tgglieh die gleiehe Menge Leerpulver (= Milehzueker 8,0, NaC10,5, Extr. faeeis 1,0, O1. Carvi gtt. I).

* Vgl . 1. M i t t e i l u n g , N a u n y n - S e h m i e d e b e r g s A r c h . 195, 258 (1940) .

Kflnstliche Steigerung der k6rperlichen Leistungsfghigkeit. 275

Die Abbildung zeigt die E r g eb niss e unserer Hauptversuehsreihe; aus ihr geht hervor, dab eine k i ins t l iehe S t e i ge rung kS rpe r l i che r L e i s t u n g s f ~ h i g k e i t fiber dig na t i i r l i ehe Grenze auch nach Ab- sehluB des Tra in ings du reh P e r v i t i n mSgl ich ist. Dabe i ze igt j e d e r P e r v i t i n v e r s u e h diese e indeu t ige L e i s t u n g s s t e i g e r u n g . Setzen wir die Laufzeiten immer am Tag vet den Pervitinversuehen mit 100 % an, so ergeben sigh an den Pervitintagen Leistungen ;con 152 bis 242 %.

Pulsz~hlung, Blutdruekmessung, Elektrokardiogramm vor und naeh jedem Versueh zeigten an den Pervitintagen kaum eine Vergnderung gegeniiber den Leerversuchstagen. Dagegen waren erhebliehe subjektive Unterschiede vorhanden; die Versuchsperson merkte die Tatsaehe, da~ sie ein Arzneimittel bekommen hatte, abet erst gegen Ende der Versuehe, naehdem die eindeutige Leistungssteigerung schon feststand. Die Er- schSpfung bei den Leerversuchen war dadurch oharal~terisiert, da~ die Being [miner sehwerer wurden, und starke Atemnot einsetzte. Diese be[den Hauptsymptome der eintretenden ErsehSpfung fehlten bei den Pervitin- versuehen fast ganz. Hier trat gegen Ende der Leistungsfghigkeit ein eigenartiges Frostgefiihl der Kopfhaut auf. Brennen hinter dem Sternum, Leibweh und plStzliehes 8chwindelgefiihl zwangen zum AufhSren. Die Vp. gu~erte sigh dann naeh dem Lauf: ,,Heute babe ieh das Mittel be: kommen, das [ch schon 3- oder 4real hatte" und verwies auf die eben an- gegebenen andersartigen Zeichen der eintretenden ErsehSpfung. Die l~ngere Laufzeit mit Pervitin kam der Vp. nieht zum Bewu~tsein; denn sie gufterte z. B. bei einem Versueh naeh der 30. Minute, also ungefghr in der Zeit der ErsehSpfung bei einem Leerversuch: ,,Ieh laufe doch hSchstens 5--7 Minuten". Die ErsehSpfung am Ende des Laufes trat dann aber plStzIicher ein als unter normalen Umstgnden. Naeh dent Lauf, besonders am Naehmittag, spttrte die Vp. starke Unruhe, mangelnde Konzentrations- f~higkeit, Kopfsehmerzen, heil~en und kalten Kopfes. Diese Besehwerden waren ]edoeh naeh kurzer Zeit dutch Gaben yon 0,3--0,6 g Pyramidon voll- kommen zu beseitigen. Auf derartige Nebenerseheinungen der dutch Pervitin erzeugten Leistungssteigerung wurde sehon yon L e h m a n n , S t r a u b und Szakgl l a sowie yon Graf 4 hingewiesen.

Der Vergleich mit dem Alkaloseversueh zeigt, da~ die Leistungs- steigerung dutch Pervitin etwa in der gleiehen Gr5~enordnung wie der Alkaloseeffekt liegt. Nach den Alkaloseversuehen waren jedoeh keine Be- s.chwerden vorhanden.

Zusammenfas sung .

Neun Pervitinversuehe zeigen jedesmal eine sehr erhebliche Leistungs- steigerung, die ]edoch mit naehtr~gliehen Allgemeinbeschwerden erkauft wurde.

a L e h m a n n , G., S t r a u b , H. und A. Szaks Arb. physiol. 10, 680 (1939). -- a G r a f , O.: Ebenda 10, 692 (1939)."