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1436 t(LINISCHE WOCHENSCHRt~FT. 8. JAHRGANG. Nr. 31 0BER STORUNGEN DER TRYPANOCIDEN SERUM- STRUKTUR BEI DER PERNIZIOSEN AN~MIE. Von Prof. Dr. F. ROSENTHAL. Aus der Medizinischen Klinik der Universit~it Breslau (Direktor: Prof. Dr. STEFP). In einer Rcihe frfiher mitgeteilter Untersuchungen, deren zusammenfassende Darstellung in dieser Wochenschrift 3, Nr 37 erfolgt war, war die biologische und klinische Be- deutung der trypanociden Substanzen des menschlichen Serums eingehend dargelegt worden. Die damals geschilderten Befunde fiber die engen Beziehungen der trypanociden Serum- k6rper zu einer in ihrer physiologischen .Bedeutung noch un- klaren Partialfunktion der menschlichen Leber sind in- zwischen yon zahlreichen Autoren (ZE:ss, MONCH, PENTZ, MIGNOLI, MUNTER, FREUND und GASSMANN)best/ttigt worden, und namentlich in der p~diatrischen Literatur hat das Stu- dium der trypanociden Serumsubstanzen zu neuen Ein- blicken in die St6rungen der Serumstruktur bei verschie- denen Krankheitsprozessen des kindlichen Organismus ge- fiihrt. So haben LEICHTENTRITT, ZIELASKOWSKI und GRUN- IUANDEL in der Stolteschen I(linik gezeigt, daI3 bei Fehl- nghrsch~iden jeglicher Art eine Verminderung der trypano- ciden Serumsubstanzen in die Erscheinung tritt und dab mi~ dem Fortschreiten der Rekonvaleszenz wieder ein An- stieg des trypanociden Serumtiters erfolgt. Besonders beim Barlow-kranken Kinde ist nach LEICHTENTRITT das Ab- sinken der trypanociden Serumsubstanzen ein so charak- teristisches serologisches Symptom, dab es der Schutzlosig- keit des Barlow-Kindes gegenfiber Infektionen an die Seite gestellt werden kann. Diese Befunde sind yon INEUMARK und POGORSCHELSKY, LEVY best~itigt worden. Im Verlaufe yon Infektionskrankheiten soll bei S~uglingen und I41einkindern gleiehfalls eine deutliche Herabsetzung der trypanociden Serumwirkung bestehen (NEUMARK und PO- GORSCHELNKY), doch kQnnte sich LEVY yon der Konstanz dieses .Ph~nomens nicht flberzeugen. Manche weiteren Einzelfragen be- dfirfen noch der Kl~irung, so z. B. die noch umstrittene Frage des Trypanocidieschwundes bei der Hgmophilie (vgl. LEICHTENTRITT und OPiTz, OPITZ und ZwEm, V~TERNER und HARTMANN, LEDER). Unserer Ansicht nach steht nichts im Wege, auch ffir das Absinken des trypanociden Serumtiters beim Bariow und anderen Defektkrankheiten im Stadium yon schweren Infektionskrankheiten eine Sch~idigung der Leber verant- Wortlich zu machen: Wie der Mangel an trypanociden Stoffen im Serum des Neugeborenen zeigt, hat die Leber zur Zeit der Geburt noch nicht ihre physiologische Aufgabe als Bildungs- st~itte der trypanociden SerumkSrper bzw. als Regulations- apparat des trypanociden Serumtiters im normalen Umfange aufgenommen (RosENTHAL und INOSSEN), und die erst nach Wochen sich vollentwickelte trypanocide Kraft des S~ug- lingsserums (LEICttTENTRITT, I~EUMARK und POGORSCHELSKY, LEVY) weist weiter darauf lain, dab diese den trypanociden Serumfiter beherrschende Funktion der menschlichen Leber erst allm~ihlich im postfetalen Leben zur physiologischen Reife gelangt. Man kann sich daher im ttinblick aui diesen physiologischen Unreifezustand der Leber yon S~tuglingen zwanglos_ vorstellen, dab bereits geringere Sch~idigungen des Leberparenchyms sich beim Kinde viel st~irker auf das Blur in Form des Trypanocidiesturzes projizieren k6nnen als beim Erwachsenen. Von groBem Minischen Interesse sind terrier die Beobachtungen yon KNAUER, wonach bei der Lipoid- nephrose eine hochgradige Verarmung des Serums an trypa- nociden Substanzen besteht. In Verbindung mit den yon ihm nachgewiesenen St6rungen des Kohlehydratstoffwechsels nnd den St6rungen des Lipoidstoffwechsels sieht KNAUER in diesem serologischen Befunde einen wichtigen Hinweis ant die bedeutungsvolle Rolle der Leber bei den Stoffwechsel- st6rungen der Nephrose. ' Die Feststellung, dab unter den diffusen schweren Leber- erkraukungen besonders die Ikterusformen mit chol~imiseher 3 o. JULI i9z 9 ORIGINALIEN. Blutzusammensetzung durch die Reaktion des Trypanocidie- schwundes charakterisiert sind, leitete uns schon irfiher zu der weiteren Frage fiber, wie sich gegenfiber diesen Ikterus- formen mit chol~mischer Serumstruktur die reinen bilirubin- ~mischen Formen des h~imolytischen Ikterus in serologischer Hinsicht verhalten. Es ergab sich bei 4 F~illen yon h/~mo- lytischem Ikterus mit starker Bilirubin~imie, daft die den chol~tmischen Ikterusformen eigentfimtiche Serumreaktion des Trypanocidieschwundes bei den bilirubin~imiscben Gelb- suchtsformen fehlt, deren Serum ungemindert wie jedes nor- male mensehliche Serum seinen therapeutischen EinfluB auf die Trypanosomeninfektion bewahrt. Die im Trypanosomen- experiment serologisch erfaBbare spezifische Partialfunktion der menschlichen Leber bleibt somit bei den hiimolytischen Ikterusformen im Gegensatz zu den auf diffusen Erkrankun- gen des Leberparenchyms beruhenden chol~imischen Ikterus- formen ungeschw~cht wie unter physiologischen Verhltltnissen erhalten. Auch bei 2 F/illen yon pernizi6ser An~imie, die wir im Hinbliek auf den mehr oder minder stark vorhandenen Blutikterus in den Kreis der Untersuchungen zogen, konnten wit damals keine Ver~nderungen der trypanociden Kraft des Serums gegenfiber der Norm ieststellen. Bemerkenswerterweise haben neue Beobachtungen yon FREUND und GASSMANN in d e r v . Bergmannschen Klinik inzwischen gezeigt, dab es auch bei der pernizi6sen An~imie F/ille gibt, bei denen ein Absinken der trypanociden Kraft des Serums deutlich in die Erscheinung tritt. So berichten sie fiber 3 F~lle yon pernizi6ser An~mie, die s~imtlich eine Verminderung des trypanociden Serumtiters aufwiesen. Es erschien uns daher im Hinblick auf die durch die Lebertherapie der pernizi6sen An~imie neu aufgeworfenen Fragestellungen yon Wichtigkeit, den Beziehungen zwischen trypanocidem Serumtiter und pernizi6ser An/imie an einem gr6Beren kli- nischen Material systematisch nachzugehen und die Frage zu kl~iren, inwieweit sich fiber den Weg des serotherapeuti- schen Trypanosomenexperimentes Einblicke in den Funk- tionszustand der Leber bei der pernizi6sen An~mie ergeben. Es standen uns insgesamt IO Fglle yon pernizi6ser An/imie zur Verffigung, die in den versehiedensten Verlaufsstadien zur Untersuchung gelangten. Zur quantitativen Bewertung des trypanociden Serumtiters w~ihlten wir -- wie in unseren frfiheren Untersuchungen -- den prophylaktischen Versuch, d. h. gleiehzeitig mit der intraperitonealen Infektion mit dem Nagana-Stamm wurden die M~iuse mit fallenden Serummengen subcutan behandelt, die auf 2o g Mausgewieht entsprechend berechnet wurden. Bezfiglich der Einzelheiten unserer Tech- nik verweisen wir auf unsere frfiheren Mitteilungen und auf die nochmalige ausffihrliche Beschreibung der Methodik bei MUNTER. Die erneute Prfifung der Serumempfindlichkeit unseres Stammes zeigte, dab sich gegenfiber unseren frfiheren Feststellungen keine auffiilligen Ver~nderungen in der Emp- findlichkeit unseres Stammes vollzogen hatten. Auch jetzt wurde bei prophylaktischer Behandlung der Trypanosomen- infektion mit o,I ccm normalem Menschenserum pro 2o g Maus ein trypanocider therapeutischer Effekt niemals vermiBt, der zum mindesten in einer betr~chtlichen Verz6gerung des Angehens der Infektion, oft in langanhaltendem Freibleiben der Zirkulation yon Trypoansomen zum Ausdruck gelangte. ~ber das Ergebnis unserer Befunde mag zun~chst die folgende Tabelle I kurz orientieren. Wie die tabellarische Zusammenstellung zeigt, ist im Stadium der vollentwickelten pernizi6sen An~imie in der Mehrzahl der F~lle ein Absinken des trypanociden Serum- titers nachzuweisen: Von den io untersuchten F~illen yon pernizi6ser Aniimie weisen nur 3 Sera v611ig normale trypa- nocide Eigenschaften ant, w~ihrend in den fibrigen 7 F~illen die trypanocide Kraft der Sera eine zum Teil sogar erhebliche Abschw/ichung erfahren hat. Die Verminderung der Serum- trypanocidie ist mitbin zwar kein konstantes serologisches Symptom der pernizi6sen An/imie, aber sie tritt doch bier -- bald mehr bald minder ausgepr~gt -- in vielen F~illen in die Erscheinung, so dab sie immerhin als Mtufiges begteitendes

Über Störungen der Trypanociden Serumstruktur bei der Perniziösen Anämie

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1436 t ( L I N I S C H E W O C H E N S C H R t ~ F T . 8. J A H R G A N G . Nr. 31

0BER STORUNGEN DER TRYPANOCIDEN SERUM- STRUKTUR BEI DER PERNIZIOSEN AN~MIE.

Von

Prof. Dr. F. ROSENTHAL. Aus der Medizinischen Klinik der Universit~it Breslau

(Direktor: Prof. Dr. STEFP).

In einer Rcihe frfiher mitgeteilter Untersuchungen, deren zusammenfassende Darstellung in dieser Wochenschrift 3, Nr 37 erfolgt war, war die biologische und klinische Be- deutung der trypanociden Substanzen des menschlichen Serums eingehend dargelegt worden. Die damals geschilderten Befunde fiber die engen Beziehungen der trypanociden Serum- k6rper zu einer in ihrer physiologischen .Bedeutung noch un- klaren Part ialfunktion der menschlichen Leber sind in- zwischen yon zahlreichen Autoren (ZE:ss, MONCH, PENTZ, MIGNOLI, MUNTER, FREUND und GASSMANN) best/ttigt worden, und namentlich in der p~diatrischen Literatur hat das Stu- dium der trypanociden Serumsubstanzen zu neuen Ein- blicken in die St6rungen der Serumstruktur bei verschie- denen Krankheitsprozessen des kindlichen Organismus ge- fiihrt. So haben LEICHTENTRITT, ZIELASKOWSKI und GRUN- IUANDEL in der Stolteschen I(linik gezeigt, daI3 bei Fehl- nghrsch~iden jeglicher Art eine Verminderung der trypano- ciden Serumsubstanzen in die Erscheinung tritt und dab mi~ dem Fortschreiten der Rekonvaleszenz wieder ein An- stieg des trypanociden Serumtiters erfolgt. Besonders beim Barlow-kranken Kinde ist nach LEICHTENTRITT das Ab- sinken der trypanociden Serumsubstanzen ein so charak- teristisches serologisches Symptom, dab es der Schutzlosig- keit des Barlow-Kindes gegenfiber Infektionen an die Seite gestellt werden kann.

Diese Befunde sind yon INEUMARK und POGORSCHELSKY, LEVY best~itigt worden. Im Verlaufe yon Infektionskrankheiten soll bei S~uglingen und I41einkindern gleiehfalls eine deutliche Herabsetzung der trypanociden Serumwirkung bestehen (NEUMARK und PO- GORSCHELNKY), doch kQnnte sich LEVY yon der Konstanz dieses .Ph~nomens nicht flberzeugen. Manche weiteren Einzelfragen be- dfirfen noch der Kl~irung, so z. B. die noch umstrittene Frage des Trypanocidieschwundes bei der Hgmophilie (vgl. LEICHTENTRITT und OPiTz, OPITZ und ZwEm, V~TERNER und HARTMANN, LEDER).

Unserer Ansicht nach steht nichts im Wege, auch ffir das Absinken des trypanociden Serumtiters beim Bariow und anderen Defektkrankheiten im Stadium yon schweren Infektionskrankheiten eine Sch~idigung der Leber verant- Wortlich zu machen: Wie der Mangel an trypanociden Stoffen

�9 im Serum des Neugeborenen zeigt, hat die Leber zur Zeit der Geburt noch nicht ihre physiologische Aufgabe als Bildungs- st~itte der trypanociden SerumkSrper bzw. als Regulations- apparat des trypanociden Serumtiters im normalen Umfange a u f g e n o m m e n (RosENTHAL und INOSSEN), und die erst nach Wochen sich vollentwickelte trypanocide Kraft des S~ug- lingsserums (LEICttTENTRITT, I~EUMARK und POGORSCHELSKY, LEVY) weist weiter darauf lain, dab diese den trypanociden Serumfiter beherrschende Funkt ion der menschlichen Leber erst allm~ihlich im postfetalen Leben zur physiologischen Reife gelangt. Man kann sich daher im t t inblick aui diesen physiologischen Unreifezustand der Leber yon S~tuglingen zwanglos_ vorstellen, dab bereits geringere Sch~idigungen des Leberparenchyms sich beim Kinde viel st~irker auf das Blur in Form des Trypanocidiesturzes projizieren k6nnen als beim Erwachsenen. Von groBem Minischen Interesse sind terrier die Beobachtungen yon KNAUER, wonach bei der Lipoid- nephrose eine hochgradige Verarmung des Serums an trypa- nociden Substanzen besteht. In Verbindung mit den yon ihm nachgewiesenen St6rungen des Kohlehydratstoffwechsels nnd den St6rungen des Lipoidstoffwechsels sieht KNAUER in diesem serologischen Befunde einen wichtigen Hinweis ant die bedeutungsvolle Rolle der Leber bei den Stoffwechsel- st6rungen der Nephrose. '

Die Feststellung, dab unter den diffusen schweren Leber- erkraukungen besonders die Ikterusformen mit chol~imiseher

3 o. JULI i9z 9

ORIGINALIEN. Blutzusammensetzung durch die Reaktion des Trypanocidie- schwundes charakterisiert sind, leitete uns schon irfiher zu der weiteren Frage fiber, wie sich gegenfiber diesen Ikterus- formen mit chol~mischer Serumstruktur die reinen bilirubin- ~mischen Formen des h~imolytischen Ikterus in serologischer Hinsicht verhalten. Es ergab sich bei 4 F~illen yon h/~mo- lytischem Ikterus mit starker Bilirubin~imie, daft die den chol~tmischen Ikterusformen eigentfimtiche Serumreaktion des Trypanocidieschwundes bei den bilirubin~imiscben Gelb- suchtsformen fehlt, deren Serum ungemindert wie jedes nor- male mensehliche Serum seinen therapeutischen EinfluB auf die Trypanosomeninfektion bewahrt. Die im Trypanosomen- experiment serologisch erfaBbare spezifische Part ialfunktion der menschlichen Leber bleibt somit bei den hiimolytischen Ikterusformen im Gegensatz zu den auf diffusen Erkrankun- gen des Leberparenchyms beruhenden chol~imischen Ikterus- formen ungeschw~cht wie unter physiologischen Verhltltnissen erhalten. Auch bei 2 F/illen yon pernizi6ser An~imie, die wir im Hinbliek auf den mehr oder minder stark vorhandenen Blutikterus in den Kreis der Untersuchungen zogen, konnten wit damals keine Ver~nderungen der trypanociden Kraft des Serums gegenfiber der Norm ieststellen.

Bemerkenswerterweise haben neue Beobachtungen yon FREUND und GASSMANN in d e r v . Bergmannschen Klinik inzwischen gezeigt, dab es auch bei der pernizi6sen An~imie F/ille gibt, bei denen ein Absinken der trypanociden Kraft des Serums deutlich in die Erscheinung tritt. So berichten sie fiber 3 F~lle yon pernizi6ser An~mie, die s~imtlich eine Verminderung des trypanociden Serumtiters aufwiesen. Es erschien uns daher im Hinblick auf die durch die Lebertherapie der pernizi6sen An~imie neu aufgeworfenen Fragestellungen yon Wichtigkeit, den Beziehungen zwischen trypanocidem Serumtiter und pernizi6ser An/imie a n einem gr6Beren kli- nischen Material systematisch nachzugehen und die Frage zu kl~iren, inwieweit sich fiber den Weg des serotherapeuti- schen Trypanosomenexperimentes Einblicke in den Funk- tionszustand der Leber bei der pernizi6sen An~mie ergeben.

Es standen uns insgesamt IO Fglle yon pernizi6ser An/imie zur Verffigung, die in den versehiedensten Verlaufsstadien zur Untersuchung gelangten. Zur quanti tat iven Bewertung des trypanociden Serumtiters w~ihlten wir -- wie in unseren frfiheren Untersuchungen -- den prophylaktischen Versuch, d. h. gleiehzeitig mit der intraperitonealen Infektion mit dem Nagana-Stamm wurden die M~iuse mit fallenden Serummengen subcutan behandelt, die auf 2o g Mausgewieht entsprechend berechnet wurden. Bezfiglich der Einzelheiten unserer Tech- nik verweisen wir auf unsere frfiheren Mitteilungen und auf die nochmalige ausffihrliche Beschreibung der Methodik bei MUNTER. Die erneute Prfifung der Serumempfindlichkeit unseres Stammes zeigte, dab sich gegenfiber unseren frfiheren Feststellungen keine auffiilligen Ver~nderungen in der Emp- findlichkeit unseres Stammes vollzogen hatten. Auch jetzt wurde bei prophylaktischer Behandlung der Trypanosomen- infektion mit o,I ccm normalem Menschenserum pro 2o g Maus ein trypanocider therapeutischer Effekt niemals vermiBt, der zum mindesten in einer betr~chtlichen Verz6gerung des Angehens der Infektion, oft in langanhaltendem Freibleiben der Zirkulation yon Trypoansomen zum Ausdruck gelangte.

~ber das Ergebnis unserer Befunde mag zun~chst die folgende Tabelle I kurz orientieren.

Wie die tabellarische Zusammenstellung zeigt, ist im Stadium der vollentwickelten pernizi6sen An~imie in der Mehrzahl der F~lle ein Absinken des trypanociden Serum- titers nachzuweisen: Von den io untersuchten F~illen yon pernizi6ser Aniimie weisen nur 3 Sera v611ig normale trypa- nocide Eigenschaften ant, w~ihrend in den fibrigen 7 F~illen die trypanocide Kraft der Sera eine zum Teil sogar erhebliche Abschw/ichung erfahren hat. Die Verminderung der Serum- trypanocidie ist mitbin zwar kein konstantes serologisches Symptom der pernizi6sen An/imie, aber sie t r i t t doch bier - - bald mehr bald minder ausgepr~gt -- in vielen F~illen in die Erscheinung, so dab sie immerhin als Mtufiges begteitendes

30. JULI I929 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 8. J A H R G A N G . N r . 31 1437 Tabelle I.

Nr. Fall Wirksame Verminderung

Erythrocyten Grenzdosis des der Serum- Serums trypanocidie

A. Negative FdUe.

1. II B1 . . . . . 0. 9 Mill. 2. L ..... i 2,2 ,, 3' E i n s p . . 2,5 ,,

B. F~lle mit mdfliger Verminderung

4. Seiff . . . . . 2,i Mill. 5. 2,6 ,, 6. D . . . . . . 1,35

C. Fiille mlt star~er Vermlnderung 7- N . . . . . . o,95 Mill. 8. Bien . . . . i I,O 4 ,, 9. IK . . . . . 2, 7 ,,

IO. Sch . . . . . t 2,6 ,,

0, I CCITI 0 , I ,,

0, I ,,

der Serumtrypanocidie. 0 , 2 c a m [ q-

O~2 " 1 ~- 0 , 2 ,, -q-

der Serumtrypanocidie. 0,5 ccm + 0,3 ,, + o,5 ,, + 0,3 ,, +

B l u t s y m p t o m be i der pern iz i6sen An~mie a n z u s e h e n ist. E i n engere r Z u s a m m e M l a n g zwischen cler Schwere der A n ~ m i e u n d der A b s c h w ~ c h u n g d e r S e r u m t r y p a n o c i d i e i s t h i e rbe i n i c h t e r k e n n b a r : So s ehen wir bei Fa l l I bei den n i ed r ig s t en E r y t h r o c y t e n w e r t e n e inen v611ig n o r m a l e n G e h a l t des Se rums a n t r y p a n o c i d e n Stoffen, u n d de r s t a r k s t e A b s t u r z des t ry - p a n o c i d e n S e r u m t i t e r s m a c h t sich ande re r se i t s bei Fa l l 9 b e m e r k b a r , de r u n t e r den ange f f i h r t en F~l len den r e l a t i v ge r ings t en G r a d de r A n ~ m i e aufweis t . ]3as A b s i n k e n de r S e r u m t r y p a n o c i d i e be i de r pe rn iz i6sen A n ~ m i e k a n n s o m i t n i c h t in de r R i c h t u n g eines unspez i f i schen E r s c h 6 p f u n g s - s y m p t o m s g e d e u t e t w e r d e n , wogegen a u c h n a c h unse r en a u s g e d e h n t e n f r i ihe ren E r f a h r u n g e n we i t e r spr ich t , d a b be i schweren k o n s u m i e r e n d e n K r a n k h e i t s p r o z e s s e n l ind k a e h e k - t i s chen Zusf i indei i in de r Regel die t r y p a n o c i d e K r a f t des m e n s c h l i c h e n S e r u m s u n g e m i n d e r t e r h a l t e n b le ib t .

Die b e i d e n fo lgenden Tabe l l en m 6 g e n a n 2 c h a r a k t e r i - s t i schen Beisp ie len die Abschw~ch i ing de r S e r u m t r y p a n o -

Tabelle 2. PerniziOse An~mie, Fall N.: Hgl. 30, Erythroc. 0,95 Mill.

Tage Serum der pernizi6sen An/imie Normalserum Infektions- naeh der 0,5 ccm o,3 ecru o, i ccm I kontroIle Infektion Maus I Maus 4 Maus 5 ~ M a u s 6

2.

3- 4. 5- 6. 7- 8.

IO.

Tabe~e

0~3 ecru o~I cam Maus 2 Maus 3

o %+) ($) +2+

3. l~erniziOse Andmie, Fall 1s :

0

0

o

0

0

0

o

0

Hgl.

o + o + + + o 7 0

0

0

0

0

55, Erythroe. 2, 7 Mill.

3"

4. 5. 6. 7. 8.

I 0 .

0

0

0

0

0

0

0

o I (+) o + +

++ + + + ?

+++~[

o o + o o + + + o o "~ 0 o 0 o 0 0 o 0

cidie im S e r u m der perniziOsen A n ~ m i e v e r a n s c h a u l i c h e n , wie sie in d e m v e r m i n d e r t e n t h e r a p e u t i s c h e n E f f e k t au f den Ab- lauf de r e x p e r i m e n t e l l e n T r y p a n o s o m e n i n f e k t i o i i im Vergle ich z u m n o r m a l e n m e n s c h l i e h e n S e r u m z u m A u s d r u c k k o m m t .

W ~ h r e n d in b e i d e n Vers i i ehen das n o r m a l e mei i schl iche S e r u m be i Maus 4 u n d Maus 5 bis zu der Grenzdos i s yon o,I ccm pro 20 g Mails den IZreislauf de r Ver suchs t i e r e noch IO Tage n a c h der I n f e k t i o n frei voii T r y p a n o s o m e n zu ha l te i i ve rmag , i s t i n den be iden F~l len yon pern iz i6ser A n ~ m i e n i c h t e i n m a l das 3 f a c h e de r b e i m N o r m a l s e r u m wi rksamei i Dosis i m s t a n d e , das A n g e h e n de r I l l f ek t ion ffir l~ingere Ze i t zu v e r h i n d e r n . Zwar en twicke l t s ieh bei Maus 2 u n d Maus 3 die I n f e k t i o n i m Verg le ich zu de r u n b e h a n d e l t e n In f ek t i ons - kon t ro l l e Mails 6 z u m Tei l e twas verzOgert , abe r be ide IVI~use er l iegen zwischen d e m 5- - -7 . Tage der tOdl ichen In fek t ion , zu e iner Zei t , wo die se lbs t n u r m i t o,I ccm n o r m a l e m Meii- s c h e n s e r u m =prophylakf i seh b e h a n d e l t e Maus 5 n o c h fiir

eine Re ihe wei te re r Tage v611ig t r y p a n o s o m e n f r e i b l e i b t E s f i n d e t m i t h i n in 7 J b e r e i n s t i m m u n g m i t / ihn l ichen Beob- a c h t u n g e n yon FRE~ND u n d GASSZ~ANN in e iner gr6Beren Re ihe yon F/ i l len m i t pern iz i6ser An/ imie ein A b s i n k e n p h y - s iologischer S e r u m s u b s t a n z e n s t a r t , die in engen ]3eziehungen zu e iner in i h r e r phys io log i schen B e d e u t u n g n o c h ungekl~ir ten P a r t i a l f u n k t i o n de r m e n s c h l i c h e n Lebe r s tehen .

]3ei a l ien F/illen, in d e n e n wir ein A b s i n k e n des t r y p a n o - c iden S e r u m t i t e r s b e o b a c h t e n k o n n t e n , t r a t , sowei t wi r sie in die nolle Remiss ion h ine inve r fo lgen k o n n t e n , m i t de r Rf i ckkehr z u m n o r m a l e n B l u t b i l d a u c h ein Ans t i eg der t r y - p a n o c i d e n S e r u m s u b s t a n z e n bis zu r N o r m ein. W i r f f ihren hierff ir fo lgendes Beispiel a n :

Tabelle 4. A. PerniziOse Andmie, Bien. Versuch yore 16. I I I . 1929. Hgl. 28, Erythroeyten 1,0g Mill., Serum subcutan, Nagana intra-

peritoneal.

Tage Serum der perniziOsen An~mie Normal- serum Infektions- nach der kontrolle Infektion o,3 cera o,~ ccm o,I ecru o, i ccm

Maus 233 Maus 234 Maus 235 Maus 236 Maus ~37

2.

3. 4. 5. 7 9.

0

(+) + +

+ + + ~

o +

+++t

+ + + +

?

I] Maus 404

3. o 4. o 5- o 7. o 9. o

Maus 405 I

O O

~ I O o

Maus 406 ] Maus 408 ] Maus 4o7

o [ o + o ] o + + + o o ? O O O O

Eiue bef r i ed igende E r k l ~ r u n g ftir das hi iufige A b s i n k e n des t r y p a n o c i d e n S e r u m t i t e r s bei de r perniziOsen An~mie wi rd m a n vor l~uf ig n i c h t geben kOnnen. N e b e n de r MOglich- ke i t yon H e m m u n g s w i r k u n g e n wi rd m a n im H i n b l i c k au f die n a h e n Z u s a m m e n h ~ n g e zwischen S e r u m t r y p a n o c i d i e u n d Lebe r besonde r s d a r a n zu d e n k e n h a b e n , dab sich b ie r - - ebenso wie bei d i f fusen L e b e r e r k r a n k u n g e n - - in d e m Ab- s inken des t r y p a n o c i d e n Serumspiege ls eine StOrung e iner P a r t i a l f u n k t i o n der Lebe r b e m e r k b a r m a c h t . A b e r se!bs t n n t e r dieser nahege l eg t en ]3e t rach tungswei se m u g es w i e d e r u m of ten b le iben , ob ein solcher ]3e iund auf e ine pri.m~re, im W e s e n de r perniziOsen A n ~ m i e begr f inde te L e b e r s e h ~ d i g u n g h i n w e i s t (vgl. h i e rzu a u c h ROSF~NTHAL, WISLICKI u n d KOLLEK u n d wei te re VerOffent l ichungen) , oder ob h ie r - - was uns wah r sche in l i che r i s t - - ein sekund/ i re r L e b e r s c h a d e n n a c h - we i sba r wird, der sich e rs t als B e g l e i t s y m p t o m im Ver laufe der K r a n k h e i t en twicke l t , So wi rd m a n sich be i d e m gegen- w~irtigen S t a n d e unse re r K e n n t n i s s e m i t de r F e s t s t e l l u n g begnf igen miissen, d a b sich i m S e r u m der ausgeprdgten per- niziOsen An i im ie h~uf ig Verdnderungen der Se rums t ruk tu r dar - b i e t e n kOnnen, wie sie sons t als besonders charakteristisch bei di]]usen Lebererkrankungen in die F~rscheinung t r e t e n .

L i t e r a t u r : ADAMS; Z-Immun.forschg 58, 459 (1928). - - FREUND und GASSMANN, Yerein ffir innere Medizin und Kinder- heilkunde Berlin, Sitzung yore 3- XII . 1928. Ref. in Klin. Wschr. 1929, 233. -- KNAUER, Ergebnisse der Lipoidstoffwechsel- forschung. Abh. Kinderheilk. I928 , H. 22. -- LnICHTENTRITT und OPITZ, Med. Klin. 1927, 59. -- LEICHTENTRITT und ZI~LASKOWSKV, Z. Kinderheilk. 48, 31o (I922). -- LEvy, Jb. Kin- derheilk. 12o, 325 (1928). - - LEDER, Miineh. reed. Wschr. 1928 , 562. -- MIGNOLI, Riforma reed. 40, 577. -- MnNT~R; Arch. L exper. Path . io9, lO8 (1925). -- NnU~ARX und POGOnSCHELSKY, Klin. Wsehr. I925, 1724; Z. I(inderheilk. 4 o, 535 (I926). -- OPITZ und ZWEIG, Jb. Kinderheilk. lO7, 155 (1925). -- PFANN~STIEL, Z. Immun.forschg 46, 389 (I928). -- PFANNnNSTIXL und SCHARI_AXZ, Arb. S taa t s ins t exper. Ther. Frankf. 1928, H. 21. -- ROS~THAL, WISLICI~I und IZOLLEK, IKlin. Wschr. 1928, 972. -- 1ROSEIeTHAL, IKlin. Wschr. 1924, ~657. Dort Literaturflbersicht; Z. Imrnun,- forschg 1929 (ira Druck). -- WERNER und HARTMANN, Med. Klin. I926, Nr 47-

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Serum subcutan, Nagana intraperltoneal.