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(Aus dem Pathologisch-anatomischen Instltut der Universit/~t in ~Vien. Vorstand: Prof. R. Maresch.) l~ber StSrungen des Kohlenhydratstoffwechsels bei cirrhotiseher Leberver~inderung im Kindesalter. Pathologisch-anatomischer ~achtrag zu der gleichnamigen Arbeit yon J. Warkany in dieser Zeitschrift, Band 43, 1927, nebst Bemerkungen fiber tuberkulSse Lebercirrhose. Von H. Itamperl. Mit 5 Abbildungen im Text. (Eingegangen am 3. August 1928.) J. Warkany hat vor einem Jahr in dieser Zeitschrift fiber einen Fall yon Dyszooamylie berichtet, der mit einer eehten LSvulosurie vergesell- sehaftet war, und hat die StSrungen des Kohlenhydratstoffwechsels, deren genauere Beschreibung in der erw/s Arbeit enthalten ist, in folgenden .S~tzen zusammengefai~t: ,,Es besteht bei dem Kinde eine echte L/s Der Blutzucker steigt bei peroraler LEvuloseverabreichung an, dabei ist im Blute L~vu- lose naehzuweisem" ,,Es bestht ferner eine Dyszooamylie, die sich durch niedrige Nfich- ternblutzuckerwerte und erhShte Acetonbereitschaft einerseits und einen hohen glyk/s Quotienten andererseits manifestiert." ,,Was zun/~chst die L/ivulosurie betrifft, so wurde diese wohl immer auf eine Leberseh~digung bezogen, obzwar in F~illen yon hochgradiger echter L/~vulosurie klinisch keine Leberver/~nserungen feststellbar waren." Unter Dyszooamylie versteht man seit Naunyn die Herabsetzung der Fiihigkeit der Leber, Glykogen aufzustapeln. Warkany nahm damals ,,einen cirrhotischen Prozel3 der Leber auf tuberkulSser Grundlage" an. Bei der Seltenheit solcher StoffwechselstOrungen mag es berechtigt erseheiner;, den Autopsiebefund des yon Warkany besproehenen Falles zu verSffentlichen, insbesondere die Leberseh~digung genau zu deft- nieren. Bezfigiieh der Krankengeschichte kann ich reich im folgenden kurz fassen, da sie ausffihrlich in der Arbeit yon Warkany mitgeteilt ist.

Über Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels bei cirrhotischer Leberveränderung im Kindesalter

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Page 1: Über Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels bei cirrhotischer Leberveränderung im Kindesalter

(Aus dem Pathologisch-anatomischen Instltut der Universit/~t in ~Vien. Vorstand: Prof. R. Maresch.)

l~ber StSrungen des Kohlenhydratstoffwechsels bei cirrhotiseher Leberver~inderung im Kindesalter.

Pathologisch-anatomischer ~acht rag zu der gleichnamigen Arbeit yon J. Warkany in dieser Zeitschrift, Band 43, 1927, nebst Bemerkungen fiber tuberkulSse Lebercirrhose.

Von

H. Itamperl.

Mit 5 A b b i l d u n g e n im Text .

(Eingegangen am 3. August 1928.)

J. Warkany hat vor einem Jahr in dieser Zeitschrift fiber einen Fall yon Dyszooamylie berichtet, der mit einer eehten LSvulosurie vergesell- sehaftet war, und hat die StSrungen des Kohlenhydratstoffwechsels, deren genauere Beschreibung in der erw/s Arbeit enthalten ist, in folgenden .S~tzen zusammengefai~t:

,,Es besteht bei dem Kinde eine echte L/s Der Blutzucker steigt bei peroraler LEvuloseverabreichung an, dabei ist im Blute L~vu- lose naehzuweisem"

,,Es bestht ferner eine Dyszooamylie, die sich durch niedrige Nfich- ternblutzuckerwerte und erhShte Acetonbereitschaft einerseits und einen hohen glyk/s Quotienten andererseits manifestiert ."

,,Was zun/~chst die L/ivulosurie betrifft, so wurde diese wohl immer auf eine Leberseh~digung bezogen, obzwar in F~illen yon hochgradiger echter L/~vulosurie klinisch keine Leberver/~nserungen feststellbar waren." Unter Dyszooamylie versteht man seit Naunyn die Herabsetzung der Fiihigkeit der Leber, Glykogen aufzustapeln. Warkany nahm damals ,,einen cirrhotischen Prozel3 der Leber auf tuberkulSser Grundlage" an.

Bei der Seltenheit solcher StoffwechselstOrungen mag es berechtigt erseheiner;, den Autopsiebefund des yon Warkany besproehenen Falles zu verSffentlichen, insbesondere die Leberseh~digung genau zu deft- nieren.

Bezfigiieh der Krankengeschichte kann ich reich im folgenden kurz fassen, da sie ausffihrlich in der Arbeit yon Warkany mitgeteilt ist.

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H. Hamperl: ~ber St6rungen des Kohlenhydratstoffwechsels usw. 649

Es sei nut erw~hnt, dal3 das Kind 6fter Temperaturen bis 38 o zeigte und eine positisve Pirquetsche Reaktion aufwies; dabei war eine stark vergr66erte, derbe Milz und eine kleine, harte Leber zu tasten. Auf Grund des Blutbefundes (Leukopenie, Thrombopenie), sowie auf Grund des Ausfalles des Galaktoseversuehes und unter Berticksiehtigung des iibrigen klinisehen Befundes wurde unter der Diagnose splenomegale (pseudo-Bantische) Cirrhose (bzw. Hypoleukia hepatica chronica) die Entmilzung vorgenommen.

Die Untersuehung der Milz ergab folgenden Befund (S. P. 755/26):

Etwa 400 g schwere, 16:9:4 groSe Milz. Auf der Kapsel besonders am Hilus einzelne stecknadelkopfgrol~e, grau-weiBliche Kn6tchen. Die Farbe der Pulpa auf dem Durchschnitt braunrot.

I-Iistologiseh erscheinen die Sinus im allgemeinen weir und mit roten Blut- kSrperchen erffillt, die Pulpastr/~nge sehr faserreich, die Malpighischen K6rperchen groB, mit deutlich ausgepr/~gten Keimzentren versehen. Die Trabekel nicht ver- mehrt oder verdick~. Sehr sp/irlich (1--2 in jedem Sehnitte) finden sich im Milz- parenchym verstreut kleine, yon fibr6sen Bindegewebsztigen umsSumte Herde, die aus Fibroblasten und Riesenzellen vom Langhanstypus aufgebaut sind, jedoch fast hie im Zentrum k/~sige, nekrotische Massen enthalten. Als i~hnliche Gebilde erweisen sich histologisch die mit freiem Auge sichtbaren Kn6tchen auf der Milz. kapsel. Diese bestehen jedoch zumelst aus mehreren (2--3) solchen, miteinander verschmolzenen Kn6tchen, die yon einer gemeinsamen fibr6sen Kapsel iiberzogen werden. Im Zentrum enthaltcn sie h/~ufiger sparliche kasig-nekrotische Massem Versuche, in solchen Kn6tchen s/turefeste St/~bchen nachzuweisen, fiihrten immer zu einem negativen Ergebnis.

Die Operationswunde verheilte glatt, das Kind befand sich nach seiner Entlassung yon der Klinik vollkommen wohl. Vor etwa einem Jahr erkrankte es an Masern und ansehlieBend daran an einer beider- beiderseitigen, eitrigen Mittelohrentziindung.

Am 22. I. 19281, also 11/~ Jahre naeh seiner Entlassung aus der Kinderklinik~ verlangte das Kind, ins Bert gebracht zu werden, weil ihm sehleeht sei.

Am n/ichsten Tage blieb es ruhig im Bert und zeigte keinerlei Lokal- beschwerden.

Am 24. I. erbraeh es pl6tzlieh eine gr66ere Menge schwiirzliehen, gestoekten Blutes; das Erbreehen dauerte etwa 1 Stunde an. Auf der I. ehirurgisehen Klinik, wohin es nun gebracht wurde, wurden dem stark ausgebluteten Kin@ 200 cem Blut transfundiert. Der Puls wurde jedoch immer schleehter.

Am n/iehsten Tag entleerte sich nach einem Einlauf blutig gefiirbter Stuhl. Trotz Anwendung yon Campher und Pferdeseruminjektionen starb das Kind am 25. I. um 5 Uhr naehmittags im Alter yon 5 Jahren.

1 ~'fir die freundtiche ~)berlassung der Krankengeschichte sind wir der I. chir. Klinik (Hofrat Eiselsberg) zu Dank verpflichtet.

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Die am 26. I. 1928 um 8 U h r vo rmi t t ags vo rgenommene Obduk t ion

(Pr.-Nr. 177147/216) ergab folgenden Befund :

Entsprechend grol3e kindliche Leiche. Totenstarre voll ausgebildet, Toten- flecke in sp/~rlicher Zahl an den abh/~ngigen KSrperpartien. Die allgemeine Decke sehr blaB, desgleichen die siehtbaren Schleimh/iute. Das Abdomen etwas unter dem Thoraxniveau. Entlang dem linken Rippenbogen eine etwa 15 cm lange Laparotomienarbe. In der rechten Inguinalgegend fiber der Vena femoralis eine etwa 2 cm lange frische, dureh Knopfn/~hte vereinigte Incisionswunde.

Die weichen Sch/~deldecken blal~, trocken. Der Schadel mesocephal. Die Dura gut gespannt, in dem Sinus sp/~rliche, lockere Blutgerinnsel. Die Hirn- substanz fliissigkeitsreieh, sonst o.B. In beiden PaukenhShlen gelb-grfinliche, eitrige Fliissigkeit.

Die Tonsillen etwas vergr66ert, wie markig geschwellt. Schilddriise o. B.

Abb. 1. Tctrandersclmitt v(m tier Leber. l=I~matoxylin-van Gieson. Kontaktkopie. Das binde- gewebige ~Nctzwerk dunkel, die parenchymatSsen Anteile hell.

Die Lungen nicht angewachsen, etwas gedunsen, nur in den Unterlappen etwas blutreieher. In der Trachea und den gr6Beren Luftwegen sehaumiger Schleim. Die tracheo-bronchialen, paratrachealen und mediastinalen Lymphknoten ohne pathologische Veranderung.

Im Herzbeutel eine geringe Menge klarer Fltissigkeit. Das Herz entsprechend groB. In den Herzh6hlen sp~rliche, grau-r6tliche Blutgerinnse|. Alle Klappen zart.

Das Zwerchfell linkerseits in der HShe der 5 , rechts am unteren Rande der 4. Rippe. Der linke Tell des grol3en Netzes entsprechend der friiher erw/~hnten Laparotomienarbe an der Innenfli~ehe der Bauehdecken angewachsen, der rechte Tell zwischen Leberoberfl~ehe und Zwerehfell liegend.

Die Leber mit ihrem stumpfen, unteren Rande etwa 2 Querfinger den rechten Rippenbogen iiberragend. Die Oberfl/iehe des Organes uncben, flaehe, grobe und zahlreiche feine HScker aufweisend. Die l~arbe der Oberflache grauweilL Die Konsistenz der Leber stark erhSht, fast knorpelhart. Auf dem Durchschnitt (s. Abb. 1) das Parenehym in groBen, dureh reich]iehes, derbes Bindegewebe

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bei eirrhotischer Leberver~nderung im Kindesalter. 651

voneinander getrennten Inseln angeordnet, die selbst wiederum in ihren Rand- teilen aus kleineren, blaB-gelblichen, keinerlei Acinusstruktur zeigenden Par- enchymbezirken bestehen. Ductus choledochus und Vena portae o. B.

Alter operativer Defekt der Milz, die Ligaturen am Gef~ltstiel in ein derbes, narbiges Sehwielengewebe eingebettet.

Die Nieren blal], im tibrigen, ebenso wie die abffihrenden Harnwege o. B. Im unteren Abschnitt des Oesophagus erweiterte, ziemlich stark blutgeffillte

Venen, besonders am Ubergang in die Kardia. Hier haftet fiber einer Vene ein kaum stecknadelkopfgrol~er, dunkelroter Thrombus, der eine eben noch sichtbare Liicke iiberdeckt. Der Magen kontrahiert, in seiner Lichtung sehleimiger, mit schwarz- br~unlichem Blut untermengter Inhalt. In tier Magenschleimhaut ziemlieh zahlreiche, steeknadelkopfgrofie Blutpunkte. l m Dfinn- und 1)ickdarm allenthalbell tells flfissiger, tells teerartig eingedickter, blutiger, eh~'m6ser, bzw.

Abb. 2. Altcrer tuberkulSser Prim,trkomplex im Dfinndarm. T -- trichtcrf/irmige Ausstiilpung der Darmlichtung; /, = vcrkiiste rcgion~re Lymphdriisc.

f~,kulenter Inhalt . Im Mesenterium einer Je]unumschlinge ein derber, etwa tauben- eigrol]er Lymphknoten, fiber dem die n~chstgelegene Darmschlinge bindegewebig angewachsen ist. Die Darmschleimhaut an der eutsprechenden Stelle trichter- fSrmig ausgestiilpt (s. Abb. 2). Auf dem Durchschnitt der Lymphknotcn im Mesen- terium aus einem zum grS~ten Tell in Verk~sung begriffenen Gewebe von grau- weiftlicher Farbe bestehend.

Oas Pankreas derb, sehr blal~, sonst o. B. Im aufgesAgten rechten Oberschenkelknochen rotes Knoehenmark, Knorpel-

knochengrenze o. B. Im Abstrich yore Lymphknoten im Mesenterium Tuberkelbacillen nachweis-

bar. Im Abstrich von beiden Trommelh6hlen grampositive Kokken in Diploform. Ziehl-:Neelson negatlv.

Die chemische Untersuchung der Leber (Dr. Popper) auf G e s a m t k o h l e -

h y d r a t e n a c h de r M e t h o d e v o n Dische u n d Popper e rgab c inch W e r t

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652 H. Hamperl: l)ber St6rungen des Kohlenhydratstoffwechsels

yon 0,47 % bezogen auf die l~euchtsubstanz. Dieser Wer t ]iegt naeh noch im Gang befindl ichen Un te r suchungen yon Dr. H. Popper an der Unte r - grenze des Normalen (bezogen auf Lebern von Personen, die n ich t plStz- lich aus voller Gesundhei t , sondern an i rgendeiner E r k r a n k u n g gestorben sind). E ine chemische Bes t immung des Glykogengehal tes der Leber, etwa nach der klassischen Methode yon P/liiger w~re zweeklos gewesen, da die Autopsie erst 15 S tunden naeh dem Tode vorgenommen wurde u n d naeh dieser Zeit das Glykogen bekann t l i ch bereits zum allergr61~ten Teil in niedere Koh lehydra te umgewande l t ist.

Zur histologischen Untersuchung wurde die erw~hnte, t r ichteff6rmige Auss t i i lpung der Darmwand, zusammen mit der anliegenden, verwacheenen Lymphdri~se in eine vollst~ndige Schnit tserie zerlegt.

Diese zeigt zun~chst, dab in der Wandung des Trichters alle Darmwand- schichten bis fast an seine Spitze erhalten sind (s. Abb. 3) und dann pl6tzlich aufh6ren, so dal~ hier eine kleine Lficke in der Darmwand, ein Geschwfir, besteht. Die Muscularis setzt sich dann in eine derbe, fibr0se Bindegewebslage fort (Abb. 3 M und B), die in ihrem weiteren Verlauf auf die AuBenfl~che des an- liegenden Lymphknotens iibergeht und ihrerseits wieder zum Tell yon Serosa fiberzogen wird, zum Teil auch in das fettreiche Mesenterium einstrahlt. ~aeh innen zu geht das fibr6se Gewebe in ein Granulationsgewebe mit zahlreiehen epitheloiden und Riesenzellen vom Langhanstypus fiber, das in der Mitte des Lymphknotens ausgedehnt verkast. Ii/ diese verkasten Massen lassen sich vom Rande her aus Granulationsgewebe und faserigem Bindegewebe gebildete Septen verfolgen, die kleine rundliche verk~ste Bezirke deutlich abgrenzen. Ein schmaler Fortsatz der kasigen Massen (s. Abb. 3 N) reicht bis an die Spitze des yon der Darmwand gebildeten Trichters und schiebt sich hier in die erw~hnte Liicke ein, so dal3 die Ki~semassen dureh sic bis an die Darmlichtung heranreichen. Da- durch, da$ die Sehleimhaut eine geringe Strecke weit auch das frtiher erwahnte Granulationsgewebe fiberzieht, entstehen an der Liicke in der Darmwand, bzw. am Rande des Geschwfires iiberhangende Schleimhautr~nder; die hier liegenden Darmdriisen stellen unregelm~Bige Schlauche dar und sind so als Regenerat- drfisen gekennzeichnet, auch mucoide Drfisen fehlen nicht.

Granulationsgewebe vom Typus des tuberkul6sen Granulationsgewebes findet sich auBerdem noch in Form zahlreieher, yon faserigem Bindegewebe umgrenzter Kn6tchen im Mesenterium, sowie in den kleinen, hier liegenden Lymphknoten. Diese enthalten neben hyalinen Schollen oft auch zahlreiche, groBe Zellen mit hellem, wabigen Protoplasma (Pseudoxanthomzellen).

In der N~he des Loches in der Darmwand lassen die kleineren arteriellen GefaBe Ver~nderungen erkennen, die stellenweise bis zur Ver6dung geffihrt haben. Zumeist ist die Media an einer oder der anderen Stelle von einem riesenzellen- haltigen Granulationsgewebe ersetzt, die Elastica interna in hohe Falten gelegt, die Liehtung, wenn sie fiberhaupt noch wahrnehmbar ist, sehr enge oder durch einen zahlreiche capillare Gef~ge fiihrenden Bindegewebspfropf ersetzt.

Nicht alle vielkernigen Riesenzellen zeigen in den untersuchten Pr~paraten den Typus der Langhansschen Zellen: besonders dort, wo die Muskelschichten unterbrochen sind und in faseriges Bindegewebe iibergehen, linden sich mehr- kernige Zellen mit stark f~rbbarem Protoplasma, die als myogene Riesenzellen, vielleicht aber auch als Uberbleibsel eines FremdkOrpergranulationsgewebes auf- gefaBt werden k6nnen.

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bei cirrhotischer Leberver~nderung im Kin@salter. (~53

Auch das subserSse Bindegewebe ist in der N/~he des erw/~hnten Wanddcfektcs herdweise st/~rker bindegewebig verdickt (abgeheilte Tuberkel ?).

SchlieBlich sei noch erw~hnt, dab in den k/isigen Massen in der Lymphdriise sich bei Fi~rbung nach Ziehl-Neelson reichlich shurefeste St/ibchen nachweisen liel3en.

Die histologische Un te r suchung der Leber ergab folgenden Befund: Der histologische Aufbau der Leber ist vor allem durch tin das ganze Organ

durchsetzendes r/iumliches Netzwerk von tells grSbcren, teils feineren, binde-

Abb. 3. Wie Abb. 1. Spitze der t r ichterfSrmigcn Ausst i i lpung der Darmwand. Zciss-Planar 50 nun. T = Spitze der Auss t i i lpung; M = Muscularis propria des Darmes in fibriises Bindegewebe iiber- gehend, das bei B = sich auf den verk~sten regionaren Lymphkno tcn fortsctzt ; K = K~isemasscn, die bei ~V = bis an die Spitze des Trichters heranrcichcn; U = tiberh~ingender Rand des Schleim- hautgeschwiircs (das Geschwiir sclbst auf dicsem Schni t t n ich t gctroffcn); S = in die K'Xsemasscn

hineinziehende fibrSse, unvol lkommene Scheidewand.

gewebigen Scheidew~nden gekennzeichnet (s. Abb. 1). Die gr~Beren stehen mit der verdickten, aus einem derb-faserigen Bindegewebe bestehenden Kapsel in Verbindung und unterteilen das Parenchym in ziemlich gleichma6ig groBe, im Y~ittel 1 cm im Durchmesser haltende, rundtiche oder polygonale Gebiete. Die Mitte einer solchen Scheidewand besteht aus dichten, groben, in der L/~ngsrichtung

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verlaufenden Bindegewebsfasern und Gef/iBen (s Abb. 4), die Randtei le setzen sich aus einem lockerer geffigten Bindegewebe zusammen, das dort, w o e s an das Leberparenchym angrenzt , auBerordentlich zahlreiche, gewucherte Galleng/~nge enth/~lt (Abb. 4 C). Hier ist auch eine schtittere, lymphocyt/~re Inf i l t ra t ion nachzuweisen, die in den rein fibrOsen, zentralcn Anteilen der Septcn fast voll- kommen fehlt; nu r an einzelnen Stellen l inden sich knStchenfSrmige Lympho- cytenansammlungen. Von den so gebauten grSberen Scheidew/~nden zweigen feinere, sich ebenfalls wieder ver/~stelnde Septen und Sprossen ab, die in die e rwahnten l)arenchymbezirke hineinziehen (Abb. 4 und 5 F). Sie unterscheiden sich insofern yon den erw~hnten, grOberen Septen, als in ihnen die zentralen, rein faserigen Anteile viel sp~rlicher sind und schlieBlich in den feinsten Aus- 1/~ufern dieser Scheidewande vollstitndig fehlen. Diese stellen meist nu r ver-

Abb. 4. Leber. Zeiss-Ok. 4, Obj. A. G -- grSbere und F -- feinere bindegcwcbige Scheidewfinde; C = gewucherte Gallengfinge; P = ,,1)seudoacini ''.

breiterte, schti t ter lymphocythr infiltrierte, periportale Felder mit vermchr ten Galleng~ngen dar.

]:)as Leberparenchym wird durch diese Bindegewebsanordnung zun/~chst ent- sprechend den grSberen Septen in gr6Bere Bezirke unterteil t . Dort, wo diese all die Septen angrenzen, umschlieBen die feineren gewissermaBen sekund/~ren Scheide- w/~nde rundliche oder streifenfSrmige, schmale Parenchymbezirke, in denen zu- meist eine deutliche Zentralvene fehlt, so dab die Leberzellbalken regellos, wie in sog. Pseudoacini angeordnet erscheinen (s. Abb. 4P). I s t eine deutliche Zentral- vene sichtbar, die dann oft exzentrisch im L~ppchen gelegen ist, so verlaufen die Leberzellbalken in normaler Weise radi/~r gegen dieselbe. Es ha t an solchen Stellen den Anschein, als wiirden die bindegewebigen Scheidew/~nde bzw. Sprossen kleine Parenchymbezirke aus dem normal s t ruktur ier ten Organ , ,herausschneiden". Dabei fehlt aber eine ausgesprochene, ringfSrmige Anordnung des Bindegewebes um die

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bei cirrhotiseher Leberver/~nderung im Kindesalter . 6 5 5

kleinen Pseudoaeini. Mit dem Feinerwerden der Septen gegen <lie Mitt(, d<,r groben L~ippchen gehen <lie ~m ihrem Rande gelegenen kleinen Paren<,hymbezirke in das zentrale Parenchym der groBen b/ ippchen fiber (s. A bb. 5). (: leichzeiti/ wird am'h die aein6se S t ruk tur eine immer regehn/ifligere, his sich schlieIlliuh in der Mitte der groben L/ippchcn vollkommen normale Acini und unveri~nderte pcriportale Felder finden (s. Abb. 5 L). Eine Vermehrun~ des intraacin6scn I~indegeweb,~- gertistes lgllt sigh nirgends naehweisen.

Trotz Durehmusterung zahlreieher Schnit te yon viclen Stcllcn des Organes gelang es nur einmal, am Rande eines mittelgro6en l ~ e b e r b e z i r k e s t i n b:niitt.hcn naehzuweisen, das aus Lymphoeyten, epitheloiden Zellen und R i e s e n z e l l e n yore

Langhanstypus aufgebaut ist und breit mit einem l~inde~ewebsscptmn zusammcn- h/~ngt. In seinen Randante i len zcigt cs be~innende ]~indegcwebsfascrbihhm~. Versuche, Tuberkelbaeillen nachzuweisen, fiihren zu einem negativen Ergebnis.

Abb. 5. l[*bersi('htsbild ih'r Leber. Zeiss-Planmr 50 ram. (~ ~n'i~bq.rc und F f~,imqr bimh,- gewebige .~('heidow[il|dr I, ||OFill~ll ~trllktlll'i~.u't~,~ l,(,b!,rlpau'l,ni'hynl.

Bei Anwendung der Bestsehen Carminf/irlmn~ an Matcria], das in al)solutem Alkohol fixiert war, finden sieh nur in den Leberzellen an der Peripherie der l~Spp- ehen sp/~rliehe, rotgef/~rbte Glykogenk6rnehen.

I n K i i r z e se i en n c c h d ie h i s to log i sche t~ B e f u n d e d e r i ib r ige l l O r g a n e

w i e d e r g e g e b e n :

Die N i e r e zeigt im histologischen Bihl keine bemerkenswerten Veritndermlgen. In nach Best gefarbten Sehni t ten von Material, das in absohntem Alkohol fixiert war, lassen sieh nur sparliehe rote Glykogenk6rnehen im Epitbcl cinzelner Tubul i naehweisen.

Zahlreiehe Sehnit te yon den L u n g e n , besonders den Spitzen beider Ober- lappen, ergeben, abgesehen yon einem m/il3igen 0dem, keinen patholo~isehell Befund. :Desgleiehen erscheinen die t racheo-bronchialen L y m p h d r i i s e n aueh histo- logiseh unver/~ndert.

Zeitschri f t fiir Kinderhe i lkunde . 46. 44

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Das Pankrea6" weicht histologisch nicht yon seiner normalen Struktur ab, Langerhanssche Inse]n von normaler Gr(ilte linden sich in entsprechender Zahl.

l~ dcr Schleimh~ut der Kardia und des untersten SpeiserShrenabschnittes linden sich zahlreiche, erweitertc und zum Tcil thrombosicrtc, vcnSsc Gcfal]c. Die Magenschleimhaut sonst o. B. Auch die Serosa, gleich wie die des Di~nndarmes~ lal~t keine pathologischen Vcriinderungen erkennen.

In den Tonsillen finden sich in der Tiefe zahlreiche grolte, yon ttornlamellen gebildete, zum Tell yon Leukocyten durchsetzte Pfr6pfe.

Der Herzmuskel histologisch o. B.

Wie sind nun die anatomischen und histologischen Be/unde zu werten? Die am Diinndarm festgestellten Ver~nderungen sind wohl als glterer

tuberkul6ser Prim~irkomplex aufzufassen. Wie die Untersuchung in Reihenschnitten ergab, findet sich in der trichterfSrmigen Ausstiilpung des Dfinndarms an der Spitze ein alle Wandschiehten betreffender Ge- webszerfall; die so entstehende Liicke ist durch bindegewebige Ver- wachsungen der Geschwiirsr~nder mit den region~ren, vo]lkommen ver- k~sten Lymphknoten im Mesenterium gedeckt; die bindegewebigen Strhnge zeigen einen ausgesprochen narbigen Charakter, so dab sie als schon l~ngere Zeit bestehend angesproehen werden mtissen. Danacb hat der am ~esenterialansatz befindliche Prim~raffekt siimtliehe Darm- wandschichten zerstSrt und der Befund yon nicht zum tuberkulSsen Granulationsgewebe gehSrigen Riesenzellen, die wir oben als Fremd- k6rperriesenzellen zu deuten versuehten, riickt damit unserem Ver- st-~ndnis nhher. Ebenso kSnnte die hier gefundene Verwachsung der Diinndarmschhnge mit dieser mesenterialw~rts erfolgten Perforation in Zusammenhang stehen oder auf eine fibrSs ausgeheilte, lokale Aus- saat yon Tuberkeln am Peritoneum zuriiekzufiihren sein. Hcrvorgehoben soll noch werden, dab in der verkiisten Lymphdriise reichlich Tuberkel- bacillen nachgewiesen werden konnten, dab also ein Bacillendepot durch l~ngere Zeit im K6rper bestanden hat.

Gewisse Sehwirigkeiten in der Deutung bereiten die Ver~nderungen in der Leber: es unterliegt keinem Zweifel, dab wires hier nicht mit der gew6hnlichen (,annuliiren") Lebercirrhose im Sinne Laenecs zu tun haben, als deren Ursaehe seit Kretz eine prim~re, auf dem Blutwege das Organ. treffende Parenchymsch~digung angenommen wird, die sich naturgemiiB an allen Leberanteilen in gleieher Weise auswirkt. In un- serem Falle linden sich aber besonders im Zentrum der grSBeren L~pp- qoen noch zahlreiche, normal gebaute Leberacini, ja auch die ,,Pseudo- acini" in den R~ndern der groBen Leberbezirke stellen vielfach strang- fSrmige Parenchymbezirke dar, die mit dem Zentrum zusammenhhngen und manchmal noch die Andeutung einer Zentralvene erkennen lassen. Alle diese Umst~nde legen es nahe, weifiger dem Parenehym, als dem bin~legewebigen Stfitzgerfist der Leber eine ffihrende P~olle ffir das Zu-

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bei cirrhotischer Leberveriinderung im Kindesalter. 657

standekommen der Ver~nderungen zuzuschreiben, hat es doch oft ge- radezu den Anschein, als wiirden durch die Bindegewebssepten an und ffir sich unveri~nderte Leberanteile ,,herausgeschnitten" werden. Die Ursache ftir eine solche Bindegewebsver~nderung in unserem Falle zu finden, muB schon deshalb schwer fallen, weil wir, wie die derb-fibrSsen Zfige in den grSberen Seheidew~nden zeigen, gewissermal3en nur das End- stadium eines Prozesses vor uns haben. Bei derartigen Zust~nden spielen haupts~chlich zwei am Leberbindegewebe sich abspielende Vorg~nge eine Rolle: Die entzfindlichen Ver~nderungen der Gallenwege und die Tuberkulose. Gegen die Annahme einer durchgemachten Entzfindung der Gallenwege spreehen sowohl die Krankengeschichte, als auch anato- misch der Mangel jedes pathologischen Befundes an den groBen Gallen- wegen, sowie das Fehlen cholangitischer Ver~nderungen oder Residuen derselben in der Leber.

Was nun die Tuberkulose als iitiologischen Faktor anlangt, so ist es das Verdienst Kirchs fiir die Behandlung dieser Frage eine sichere Grundlage gesehaffen zu haben 1.

Kirch (Virchows Arch. 225 [1918]) beschreibt einen Fall (gj~hriges Mi~dchen), bei dem neben einer tuberkul5sen Meningitis und Lungen- tuberkulose eine verk~sende Tuberkulose der Lungenhilusdrfisen und mesenterialen Lymphdriisen bestand. Die Leber bot ftir das freie Auge das Bild einer Laennecschen Cirrhose dar. Histologisch land sieh ein diffus netzartig in der Leber ausgebreitetes, junges Granulationsgewebe, das durch Einlagerung zahlreicher, verwaschen begrenzter Tuberkel seine tuberkulSse ~-tiologie verriet. Dieses Gewebe sehob kleinere Aus- l~ufer in das Leberparenchym vor, das zum Teil noch die normale Acinus- s truktur erkennen lien, zum Tell auch in typischen Pseudoacini ange- ordnet war. Lagen irgendwo Tuberkel im Parenchym, so fanden sie bald AnschluB an das interlobul~re Granulations-, bzw. Bindegewebe. Als sekund~re Ver~nderungen werden Atrophie und Regenerations- erscheinungen yon seiten der Leberzellen verzeiehnet.

Es handelt sich in diesem Falle, wie Kirch wohl mit Recht be- tont, um eine wirkliche, tuberkulSse Lebereirrhose, eine Diagnose, die weniger auf Grund eines bakteriologischen Befundes, als auf Grund einer genauen histologischen Untersuehung gestellt werden kann. Dieser Forderung entspreehen die wenigsten der im Schrifttum als tuber- kulSse Cirrhose beschriebenen F~lle, die nach Kirch zumeist nur eine zufhllige Vergesellsehaftung beider Krankheiten in der Leber darstel- len. Die Entstehung einer tuberkulSsen Lebercirrhose im Sinne Kirchs w~re so zu denken, dal3 die Baeillen auf dem Wege der Vena portae

1 Die bis zu diesem Zeitpunkt erschienenen VerSffentlichungen tiber diese Frage sind in der Arbeit Kirchs, die auch wir im folgenden bei der Wertung unseres Falles zugrlmde legen, eingehend besproehen.

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(verk~ste Mesenterialdriisen!) in die Leber gelangen, doch w/~re auch ein ~bergreifen tuberkul6sen Granulationsgewebes yon der Kapsel her - - tuberkulTse Peritonitis - - denkbar; nun kommt es zur Bildung eines ,,diffusen, progredienten, spezifisehen Granulationsgewebes", das sieh haupts/ichlich interaein/ir ausbreitet. Erst sekund/ir treten dann die Ver~nderungen im Parenchsnn auf. Diese Entstehungsweise der tuber- kulTsen Lebereirrhose beim Menschen entspricht weitgehend der Dar- stellung Stoerks fiber die Entstehung der experimentellen, tuberkulSsen Lebereirrhose beim Meerschweinchen. Verschwinden dann, so nimmt Kirch weiterhin an, die Tuberkelbaeillen aus der Leber, bzw. gelang~ der spezifisehe Prozel] zur Ausheilung, ,,so kann demnaeh die, tuberku- lTse Xtiologie nur sehr schwer, sogar fiberhaupt nicht diagnostizierbar sein." Vermuten kann man sie, wenn ,,das cirrhotische Gewebe dureh- wegs den Charakter vSllig ausgereifter, zellarmer, narbig-fibrTser Ziige zeigt".

Versuehen wir die yon Kirch mitgeteilten Tatsachen bei der Beurteilung der Leberver/~nderungen in unserem Falle anzuwenden, so k6nnten wir jedenfalls eine tuberkulTse ~tiologie nur vermuten; eine gewisse Stfitze ffir die Vermutung wiirde allerdings der Befund eines Tuberkels bieten, der in der Peripherie eines Leberlappchens gelegen, breit mit dem inter- acin~ren Bindegewebe zusammenh~ngt, und so gewissermaflen die Art und Weise anzeigen wtirde, wie es bei fibrSser Ausheilung solcher Tu- berkel zur Ausbildung von in das Lebergewebe hineinziehenden, binde- gewebigen Scheidew~nden und Sprossen kommen kSnnte. Vielleieh~ stellen aueh die knStchenfSrmigen Lymphoeytenansammlungen ~ber- reste spezifisehen Graunlationsgewebes dar. Wit miiBten uns also vor- stellen, dab auf einmal oder im Laufe der Zeit schubweise Tuberkel- bacillen in die Leber gelangten und die Ausbildung eines spezifisehen Granulationsgewebes verursacht haben, das jetzt zumeist ,,den Cha- rakter vSllig ausgereifter, zellarmer, narbig-fibrSser Zfige zeigt"; an einzelnen Stellen vorkommende Tuberkel und schtittere, lymphoeyt~re Infiltrate lassen aber erkennen, dab der krankhafte Proze] noch nicht als vTllig abgeschlossen zu betrachten ist. DaB in der Naehbarschaf~ der tuberkulSsen Gewebsziige Leberparenchym als solches, allerdings in geringerem AusmaBe als bei anderen Cirrhosen zugrunde geht und auch regeneriert, ist selbstverst~ndlich. Als Eintrittspforte ffir die Tuberkel- baeillen k~me in unserem Falle die Vena portae und vielleieht, wie spi~ter gezeigt werden sell, das Peritoneum in Betraeht. Wir mSehten jedoeh nochmals betonen, dab wir uns zwar die Entstehung der Leber- ver~nderungen unseres Falles auf tuberkul6ser Grundlage in dieser Weise erkl/~ren, sie jedoeh nieht beweisen kSnnen.

Die Annahme einer Tuberkeltoxinwirkung auf die Leber, die zur Cirrhose oder Sklerose (STring, Frankf. Z. Path. 32, 1925) ftihren soU,

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erseheint uns histologisch unbewiesen; wir m6chten sie deshalb auch zur Erkl~rung unseres Falles nicht herangezogen wissen.

Der an der exstirpierten Milz seinerzeit erhobene Befund yon zu- sammenfliel~enden Kn6tehen auf der Milzkapsel ist wohl im Sinne einer tuberkul6sen Peritonitis zu deuten, obzwar es nieht gelang, Tuberkel- bacillen in den Kn6tchen zu finden. Doch scheinen diese, wie der periphere Bindegewebssaum (Giesonsaum) zeigt, in Ausheilung begriffen, ein Stadium, in dem Bacillen erfahrungsgem~il] nu t sehr schwer nach- weisbar sind. Dasselbe gilt wohl auch ffir die in der Milzpulpa gelegenen, ebenfalls deutlich fibr6sen Tuberkel. Im fibrigen enr die Milz dem Bilde eines chronischen Milztumors.

Versuehen wir nun, aus den anatomischen Beftmden uns ein Bild fiber den Ablau] der krankha/ten Ver~inderungen in unserem Falle zu maehen.

Wir mfissen auch bier den sicherlich schon l~ngere Zeit bestehenden Prim~rkomplex im Diinndarm in den Mittelpunkt unserer Betrachtung stellen. Von hier aus ist wohl die Ausbreitung der Tuberkulose ausge- gangen, ffir die zwei MSglichkeiten in Betracht kommen: schon frfiher wurde betont, da~ die Verwachsung zwiscben Dfinndarm und verk~stem, region~rem Lymphknoten sowohl auf die mesenterialw~rts erfolgte Perforation des tuberkul(isen Prim~raffektes, als auch auf eine umschrie- bene Aussaat yon Tuberkeln zuriickzufiihren sein kSnnte. An diese lokalisierte KnStchenaussaat kSnnte sich dann eine diffuse tuberkulSse Peritonitis angewchlossen haben. Fiir diese Annahme spricht jedenfalls der Befund yon heilenden Tuberkeln auf der Kapsel der 11/2 Jahre vet

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dem Tode exstirpierten Milz. MSglich w~re es, dal~ zur gleichen Zeit auch eine Tuberkulose der Leberkapsel bestand, die dann ausheilte, so da~ wir bei der Autopsie 1~/2 Jahre sp~ter keinen frisehen Tuberkel mehr finden konnten. Als zweiter Ausbreitungsweg k~me fiir die Tu- berkelbacillen die Blutbahn, vor allem die ~ste der Vena portae in Be- tracht, umsomehr als im Bereieh des Primiiraffektes schwere tuberku- 15se Gef5i~verhnderungen nachgewiesen werden konnten. ]:)al~ dieser Weg auch wirklich eingeschlagen wurde, zeigt uns der Befund eines ganz vereinzelten Tuberkels in der Leber. Iqatfirlich kSnnte zu einer ffiiheren Zeit tuberkul5ses Granulationsgewebe eine weir grS~ere Ausdehnung in der Leber besessen haben, wie wir das friiher bei Besprechung der J~tiologie der Lebeicirrhose betont haben. Schwer sind die Tuberkel in der Milzpulpa zu erkl~ren, wir mfiBten denn annebmen, dal3 Tuberkel- bacillen nicht nur die Leber, sondern auch ohne Zurficklassung irgend- welcher Krankheitszeichen den kleinen Kreislauf passiert u n d erst in der Milz die chaxakteristischen Ver~nderungen gesetzt h~tten ; in lteinem der fibrigen Organe konnten aber Ver~inderungen gefunden werden, die

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auf eine solehe Generalisation der Tuberkulose zurtickzuffihren w~ren; allerdings miii~te dieselbe etwa 2 Jahre vor dem Tode erfolgt sein. Beson- ders auffallend w~re auf jeden Fall das Freibleiben der Lungen und ttilus- lymphdriisen yon Tuberkulose. Die Leberver~nderungen mit ihrer/~ei- gung zur narbigen Sehrumpfung haben dann im weiteren Verlauf der Krankheit die Krankheitszeichen der Lebercirrhose verursacht. Zu diesen gehSrt wohl aueh die starke Erweiterung der Venen an der Kardia- Oesophagusgrenze. Eines dieser Gef~Be ist dann geplatzt, wie dies bei den Cirrhosen erwaehsener Individuen 5fter vorkomm~ und hat so den Tod des Kindes dureh Verblutung herbeigefiihrt. Als anatomiseher Ne- benbefund sei noch eine beiderseitige chronisehe, eitrige Mittelohr- entziifidung erw~ihnt, die etwa 1 Jahr vor dem Tode im Anschlu~ an Masern aufgetreten war.

Fassen wir nun noeh die Befunde zusammen, die mit den kliniseh festgestellten St6rungen de8 KohlehydratstoBwechsels in Zusammenhang stehen kSnnten, so ist zun~chst zu bemerken, dab f~rberisch in Niere und Leber nur sehr geringe Mengen yon Glykogen nachgewiesen werden konntcn, was mit der herabgesetzten Fhhigkeit der Leber, Glyko~ gen zu bilden, zusammenhi~ngen kSnnte, doch mSchten wir auf das Ergebnis solcher, 15 Stunden post mortem vorgenommener Untersu- suchungen, kein zu grol~es Gewicht legen, da, wie friiher erw~hnt, das Glykogen zu dieser Zeit zum grS~ten Teil sehon in niedrigere Kohle- hydrate umgewandelt ist. Die chemische Untersuchung auf Gesamt- kohlehydrate der Leber ergab denn auch Werte, die an der unteren Grenze des Normalen liegen. Dal~ so ausgesprochene cirrhotische Ver- ~inderungen auch eine StSrung der Leberzellfunktion bedingen kSnnen, liegt auf der Hand.

Schliel~lich mSchte ieh nich~ unterlassen, zu betonen, da[~ die seiner- zeit gestellte klinische Diagnose: ,,Es diirfl~ sich also um einen cirrho- tischen Proze~ der Leber auf tuberkulSser Grundlage handeln", patho. logisch-anatomisch durehaus bestatigt wurde.