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Aus der modizinischen Ktinik in Heidelberg. -i ber Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die GrSsse und Dynamik des Herzens im muskelkr fftigen und muskelschwachen Zustand. Yon Dr. Gottfried Eismayer, Assistent der Fglinik. Mit 16 Abbildungen im Text. Literat urverzeichnis. Bohnenkamp, Uber die Wirkungsweisc der Herznerven. l~fliigers Arch. 196, 275 u. 282 (1922). -- Derselbe, Thermod3mamische Arbeiten. Z. Biol. 84, 79 (1926); Miinch. reed. Wschr. 1927, MI' 5, 175ff. -- Derselbe lind Ernst, Dtsch. med.V~schr. 1928, Mr 9. -- Derselbe, Eismayer und Ernst, Z. Biol. 87, 489 (1928). -- Bruns, 0., Experimentelle Untersuchungen tiber das 1)h/~nomen der Herzsehw/~che. Dtsch. Arch. klin. Med. 118, 179 (1913). -- Derselbe, HerzgrSsse und Muskelarbeit. Erg. inn. Ned. 84, 201 (1928). Dietlen, Herzgr6sse, Fterzmessmethoden, Anpassung, ~y-pertrophie, Dilatation, Tonus des Herzens. Bethe-Bergmann, Handbuch der normalen und pathologisehen Physiologic. Bd. 7, 1, S. 306. Eismayer und Quineke, Stofiwechseluntersuehungen am Y~ltbliiterherzen. Z. Biol. 88, 139 (1928). -- Dieselben, Zum Tonusproblem des Herzmuskels. Arch. f. exper. Path. 137, 362 (1928); 189, 313 (1929); 140, 340 (1929); 141, 164 (1929). Frank, Otto, Dynamik des Herzmuskels. Z. Biol. 82, 370. -- Derselbe, Einfluss der H~ufigkeit des Herzsehlages auf den Blutdruck. Z. Biol. 41, 1 (1901). Hering, H3-potonie Ms Koeffizient der Herzhyper~rophie. Dtsch. reed. Wschr. 1921, Mr 7. -- Herrmann, 1)fliigers Arch. 18, 369 (1876). -- He~mann, F. ]L, ~J-bcr die _~lnderungen des Kontraktionsablaufes am Yentrikel und Vorhofe des Froschherzens bei Frequcnz/~ndcrung und im hypodynamen Zustande. Pfltigers Arch. 84, 130 (1901). -- Holzl6hner, ~bcr die Wirkung der Na- und Ca-Ioncn auf das Frosehherz und ihren Einfluss auf den Herztonus. Z. Biol. 83, 107 (1925). -- JOerselbe, Zur Frage des Herzmuskcltomxs. ~[ed. Klin. 1925, Nr 31, 1149. Ishida, Zitiert naeh Rothberger. Jber. ges. Physiol. 1926, 7. Junkmann, ~ber die pharmakologisehe Beein~lussung der Dynamik des ~'osehherzens. Arch. exp~r. Path. 105, 169 (1925). -- Derselbe, BelfrY, go zur 1)hysiologie nnd 1)harmakologie der Erregbarkeit des F.roschherzens. Arch. exper. Pat,h. 108, 149; 813 (1925). Li~scher, Sauerstoffverbrauch des Frosehherzens. Z. Biol. 70, 245 (1919); 72, 107 (1920); 78, 67 (1921). Moritz, Krehl-Murchand, Allg. Path. 2, 2; Bethe-Bergmunn, Handbuch der normMen und patbologischen Physiologic. Bd. 7, 1, S. 158. Riesser, Be~he-Bergmann, Handbuch dcr normMen und pa£hologischen Physiologic. Bd. 8, 1. -- Rohde, Hoppe-Seylers Z. 68, 181 (1910). Arch. f. exper. Path. 68, 426 (1912).

Über Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grösse und Dynamik des Herzens im muskelkräftigen und muskelschwachen Zustand

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Page 1: Über Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grösse und Dynamik des Herzens im muskelkräftigen und muskelschwachen Zustand

Aus der modizinischen Ktinik in Heidelberg.

-i ber Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die GrSsse und Dynamik des Herzens im

muskelkr fftigen und muskelschwachen Zustand.

Yon

Dr. Gottfried Eismayer, Assistent der Fglinik.

Mit 16 Abbildungen im Text.

Literat urverzeichnis.

Bohnenkamp, Uber die Wirkungsweisc der Herznerven. l~fliigers Arch. 196, 275 u. 282 (1922). -- Derselbe, Thermod3mamische Arbeiten. Z. Biol. 84, 79 (1926); Miinch. reed. Wschr. 1927, MI' 5, 175ff. -- Derselbe lind Ernst, Dtsch. med.V~schr. 1928, Mr 9. -- Derselbe, Eismayer und Ernst, Z. Biol. 87, 489 (1928). -- Bruns, 0., Experimentelle Untersuchungen tiber das 1)h/~nomen der Herzsehw/~che. Dtsch. Arch. klin. Med. 118, 179 (1913). -- Derselbe, HerzgrSsse und Muskelarbeit. Erg. inn. Ned. 84, 201 (1928).

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Eismayer und Quineke, Stofiwechseluntersuehungen am Y~ltbliiterherzen. Z. Biol. 88, 139 (1928). -- Dieselben, Zum Tonusproblem des Herzmuskels. Arch. f. exper. Path. 137, 362 (1928); 189, 313 (1929); 140, 340 (1929); 141, 164 (1929).

Frank, Otto, Dynamik des Herzmuskels. Z. Biol. 82, 370. -- Derselbe, Einfluss der H~ufigkeit des Herzsehlages auf den Blutdruck. Z. Biol. 41, 1 (1901).

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Ishida, Zitiert naeh Rothberger . Jber. ges. Physiol. 1926, 7. Junkmann, ~ber die pharmakologisehe Beein~lussung der Dynamik des ~'osehherzens.

Arch. exp~r. Path. 105, 169 (1925). -- Derselbe, BelfrY, go zur 1)hysiologie nnd 1)harmakologie der Erregbarkeit des F.roschherzens. Arch. exper. Pat, h. 108, 149; 813 (1925).

Li~scher, Sauerstoffverbrauch des Frosehherzens. Z. Biol. 70, 245 (1919); 72, 107 (1920); 78, 67 (1921).

Moritz, Kreh l -Murchand , Allg. Path. 2, 2; B e t h e - B e r g m u n n , Handbuch der normMen und patbologischen Physiologic. Bd. 7, 1, S. 158.

Riesser, Be~he-Bergmann , Handbuch dcr normMen und pa£hologischen Physiologic. Bd. 8, 1. -- Rohde, Hoppe-Sey le r s Z. 68, 181 (1910). Arch. f. exper. Path. 68, 426 (1912).

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Li~eratur verzeichnis. Einleitung. 127

Sakai, ~ber den Einfluss verminderten CMornatriumgehattes der DurchstrSmungs- fltissigkeit auf das Frosehherz. Z. Biol. 6'], 295 (1913). -- Skramlik, E. v., Uber don beschtm~- nigten Nerven des Froschherzens. Zbl. Physiol. 34, 349 (1921). -- Socin, Pfliigers Arch. 160, 132 (1915). -- Starling, E. H., D~s Gesetz der Herzarbeit. Bern und Leipzig: Bircher 1920. -- Straub, Die Dynamik des Herzens. Bethe-Bergmann, Handbuch der normalen und patho- logischen Physiologie. Bd. 7, 1, 237; D~sch. Arch. Idin. ivied. 11~, 116, 118, 121, 123, 130, 133 (1914--1920); Zbl. I-[erzkrkh. 13, 193 (1921).

v. Weizsiicker, Die Ents~ehung der tterzhypertrophie. Erg. inn. Med. 19, 377 (1921). -- Derselbe, St~ffwechseluntersuchungen, Thermodynamik: Bethe-Bergmann, ]~andbueh der normalen und pa.thologisehen Physiolcgie. Bd. 7, 1, S. 689; Pflttgers Arch. 140, 135 (1911); 141, 457 (1911); 147, 135 (1912); 148, 535 (1912, Frequvnz). Sit, zgsber. Heidelberg. Akad. Wiss. Math.-naturcdss. KI. I B 1917.

Die Fes'~ste]lung der HerzgrSsse ist dem Arzte ffir die Beurteilung einer Kreislaufinsuffizienz yon grosser Wichtigkeit. Die alte Anschauung, dass jede tterzvergrSsserung der Ausdruck mangelnder t terzkraft sei, wurde jedoch durch die klassischen Untersuchungen F r a n k s und deren fJbertragung ani die Klinik durch M o r i t z gewandelt. Man erkannte in der dutch die Hyper- trophie bedingten Vergr6sserung einen Zustand, der das Herz mehr oder weniger bef~hig% seine Akkommodationsbreite zu erhalten. Aber auch die Dilatation, unter der man eine Volumzunahme ohne Wandverdickung ver- steht, konnte nicht mehr als unbedingtes Zeichen yon Herzschwache gewertet werden. Die Untersuchungen yon F r a n k am Froschherzen, die sp~teren yon S t a r l i n g und S t r a u b am Herz = Lungenpr~para~e des S~ugers haben die Einsicht gebracht, dass das Herz f~hig ist, yon grSsserer Ffillung aus grSssere Arbeit zu leis~en. Muss beispielsweise gegen vermehrten Widerstand gteiches Schlagvolum gefSrder~ werden, so kann das Herz auf Grund seiner F~higkeiten durch Dilatation diesen Ansprfichen nachkommen. SolI bei gleichbleibendem Widerstand ein grSsseres Schlagvolum ausgeworfen werden, so kann vermehrter venSser Zufluss die Dilatation herbeifiihren und damit die Anfangsbedingungen schaffen, die zur Erfiillung dieser Aufgabe nStig sind.

Die Erweiterungen des Herzens bei Xlappenfehlern haben durch die Untersuchungen S t r a u b s weitgehende Aufld~rungen erfahren.

M o r i t z hat diese Form yon Dilatation kompensatorisch oder t, onogen genannt; eindeutiger ist vielleicht die Bezeichnung barogen, die H e r i n g daffir vorschlug.

Der Dilatation des muskelkr~ftigen Herzens st~eht die Erweiterung des muskelschwachen gegeniiber. Far sic ha~ M o r i t z die Bezeichnung myogen eingeffihrt. Sic stellt sich manchmal ein bei geringster Anforderung an den Kreislauf, normalem B]utdruck und in~aktem Xlappenappara~ im Ver]auf yon gewissen Infektionskrankhei~en und bei Arteriosklerosen, die ohne wesent- liche Hypertonie einhergehen.

Auch bei Nachlassen der Muskelkra~t des tterzens haben die F r a n k - schen Gesetze der Herzdynamik noch Gttltigkeit ( S t r a u b , B r u n s , Socin) .

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128 Gottfried Eismayer, i)ber Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Gr6sse usw.

Von grSsserem Anfangsdruck aus kann also das Herz auch dann noch gr0ssere Leistungen anibringen und so die Anforderungen des KreMaufs wieder erfallen.

Ebenso wie beim gesunden tIerzen gibt es beim kranken eine op~imale Anfangsspannung. Wird diese aberschritten, so wird das Kontraktionsaus- mass wieder kleiner; wie F r a n k sieh ausdrfick% gelangt das Herz in den zweiten Teil der Kurvenschar.

B r u n s land seinerzeit, dass die optima]e Kontraktion beim gesunden und bei dem dureh ErsehSpfung insuffizienten Herzen yore gleichen Aniangs- druek ansgelfihrt wird. Wie wir sp~tter zeigen werden, haben wir Verschie- bungen des optimalen Anfangsdruckes bei Nachlass der Kontraktionskraft gesehen. Auch Soc in shad derartige Verh~lt.nisse aufgefatlen.

Diese beiden Formen konngen jedoch noch niehg alle Befunde bei Herz- kranken erldiiren. Sehon Mor i t z gelangt~e zn der Ansieh% dass es Erweite- rungen geben masse, die auf einer vermehr~en Dehnbarkeit des tIerzmuskels beruhen. Wit kSnnen uns die Vermehrung der Dehnbarkeit so vorstellen, dass das IIerz den Spannnngszustand, den es am Ende der Diastole normaler- weise innehglt, mehr oder weniger verliert. ~an kommt so zu der ttypothese, dass das Organ auch im l~uhezustand einen gewissen Grad yon Spannung einer bestimmten Fallung gegenaber besitzt, der under irgendwelehen Ein- fltissen ver~ndert werden kann. Am Skelettmuskel gelingt es, eine derartige Fnnktion aueh naehzuweisen; wie Rie s s e r annimmt, ist sie vom autonomen Nervensystem abNingig. Es wurde ihr der Name Tonusfunktion gegeben. Allerdings sind hiertiber die Meinungen noeh geteitt. Es ist soviel sieher, dass es Zus~nde gibt, die mit Veranderung der Ruhedehnbarkeig einher- gehen und dabei die Xontraktionsf~higkeit des Muskels entweder unberahrt lassen oder nnr in mgssigem Grade einschrgnken. Physiologisehe, toxisehe nnd pathologisehe Einflasse sind in diesem Sinne wirksam. Die Spannungs- verhgltnisse, die dutch D ehnung im r u h e n d e n Muskel hervorgebraeht werden, nennt man Tonus. Sie shad beim I~Ierzen yon der Dieke derWand, die seine HShlen umsehliesst, und yon ihren elastisehen Verh~ltnissen, der Art und ZahI ihrer Bestandteile abh~tngig. Das Wort Tonus ist demnaeh nieh~ nur ein anderer Ausdrack far Elasgizitgt. Wfirde man den Begriff in Form einer ma~hematisehen Funk±.ion definieren, so erg~be sieh eine Summengleichung yon mehreren Gliedern. Wir werden sp~iter noeh darauf eingehen.

Werden diese Spannungsverhgltnisse dutch Milieuweehsel oder sonstige Ereignisse geiinder% so sprieht man yon Tonusiinderung. l~iesser legs darauf Weft, dass diese Vorg~inge reversibel shad. Das ist aber letzten Endes Deft- nitionssaehe. Mir schein~ es riehtiger als Tonus die Spannungsverh~iltnisse des ruhenden Muskels, wie sie in der Ruhedehnungslalrve zmn Ausdmek kommen, zu bezeichnen. Physiologische Tonusiindemngen shad dann solche, die reversibel zn einem bestimm±,en Zweck hervorgebracht werden. Toxische und pathologisehe Tonus~inderungen sind Reaktionen anf abnorme Gescheh-

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Einleitung. 129

nisse, die reversibel und auch irreparabel sein mOgen; sie kSnnen sowohl kom- pensatorisch, dann also zweekmi~ssig auftreten, als aueh eine Sch~digung bedeuten und mithin eine unzweekm~ssige Reaktionsform darstelten. So muss z. B. yon einer TonuserhOhung gesproehen werden, wenn dutch Aus- heilung einer Entzfindung ira Muskel eine Bindegewebsvermehrung statt- gefunden hat, die vermOge der grSsseren Elastizit~t des Bindegewebss, die Ruhedehnbarkeit vermindert.

Am sehlagenden Herzen l~sst sieh ein ver~nderlieher Tonus sehwer naehweisen, da man mit der Tatsaehe ha Konilikt kommt, dass bei geniigend hoher Frequenz die diastolisehe Ersehlaffung hie vollstandig ist. Die Unter- suehnngen yon E i s m a y e r und Q.uineke haben aber den Beweis erbraeht, dass die Ruhedehnungskurve des tterzens unter dem Einfiuss yon Giften und Ionenwirkungen ver~ndert wird.

Nach Feststellung dieser Tatsaehen war es dann yon grosser Wiehtig- keit zu erkunden, ob diese Tonus~nderungen am sehlagenden Herzen erkennbar sind. Einen tIinweis gibt die Form des Kontraktionsablaufes, der dutch alle I~ttel, die eine TonuserhOhung herbefffihren, in einsehneidender Weise beeinflusst wird. Vet allem wird die zeit]iehe Dauer der Diastole verliingert. Den Xndenmgen des Kontraktionsablaufes dutch Kalinm, Natrinm und Caleinm ist viel Aufmerksamkeit gewidmet worden. Die Arbeiten yon Saka i , J u n k m a n n und I-IolzlOhner sind hier in erster Linie zu nennen, l)ber die W!rkung der t-Ierznerven in diesem Sinne haben H o f m a n n , B o h n e n k a m p und S k r a m l i k Studien angestellt. B o h n e n k a m p hat die Einflfisse, die den Kontraktionsablauf ver~ndern, ldinotrop genannt. Es bleibt die Frage often, ob die klinotropen Wirkungen in Zusammenhang mit der Tonusiunktion gebraeht warden kOnnen.

Am sehlagenden Iterzen hat, wie bereits erw~hnt, die Frequenz einen wesentliehen Einfluss aui das Velum am Ende der Diastole. Mit steigender Sehlagzahl pro Minute wird die Erschlaffung immer unvollkommener; es bleibt Bin Kontraktionsrfiekstand bestehen. Seine GrOsse muss abhi~ngen yon der Art des Zuekungsverlau~es, den man durch die Analyse einer Kon- traktion bei niedriger Frequenz er~ahrt. Bi~s zu einem gewissen Grade muss sieh n~mlieh aus der Form einer solehen ,,Grundzuekung" der Ablaui und die Dynamik einer Kontraktion bei hoher Sehlagzaht voraussagen lassen. Eine Grenze ist dadureh gezogen, dass jeder Kontraktionsrtiekstand zu anderen Anfangsbedingungen ltir die Zuekung lfihrt; diese mfissen sich aui ihre Dynamik auswirken. Mit F r a n k kOnnen wir also annehmen, dass es ,,reine Frequenz- ~nderungen", die den Kontraktionstyp unge~ndert ]assen, nieht gibt.

Die meisten bisher ersehienenen Arbeiten fiber den Tonus haben weder die Frequenz noeh den Ablauf der Kontraktion berticksiehtigt (eine zusammen- fassende Darstellung der Literatur finder sieh bei Die t len) .

Es ist noeh ein weiterer Gesiehtspunkt der ErOrterung der Tonusfrage A s h e r - Spire , Nrgebnisse der Physiologie. XXX. 9

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130 Gottfried Eismayer, ~ber Tonus und Xine~ik and deren Einfluss auf die Gr6sse usw.

hinzuzuftigen. Wir beobaehten am tterzmuskel, ahnlich wie beim Skelet- muskel nach einer t(ontraktion, die ohne Belastung einhergeht, kein schnelles Zurfiekgehen auf die vorher eingenoraraene Ruhelage, sondern eine noeh langere Zeit zurfiekb]eibende Verkfirzung. Dieses Ph~nomen wurde yon H e r r m a n n Verktirzungsrtiekstand genannt. Ermfidung und Giftwirkung vermehrt den Verkfirzungsrtiekstand. Unter so]ehen Bedingungen linden wir ihn such ausgesproehen bei Zuelmngen, die gegen Belastung erfolgen.

Wiehtig ist, dass kurz naeh der Kontraktion deranaeh eine V e r m i n d e - r u n g der R u h e d e h n b a r k e i t b e s t e h t . Der Verkfirzungsrfiekstand des Herzens wird unter Strophanthin naeh Zeit, Dauer und GrSsse imraer betr~cht- lieher und sehtiesslieh bleibt er konstant. Damit ist es dann zur Tonus&nderung gekomraen.

Nach diesen Auseinandersetzungen kSnnen wir die Fak~oren, die das diastolische Vo]um des Herzens bestiramen, gruppenmassig einteilen in:

1. Ffil]ungsdruek (barogener Faktor), 2. Frequenz (ehronogener Faktor), 3. Kontrak~ilit~tt (inogener Faktor), 4. Kontraktionsablauf (klinogener Faktor), 5. Dehnbarkeit (tonogener Faktor).

Die Beurteilung des Geschehens am kranken Mensehen hat alle diese MSglichkeiten zu beachten. Ihre Fotgen auf die Dynamik des Herzens mfissen erSrtert werden. Der Analyse am Mensehen stehen jedoch grosse Schwierig- keiten ent, gegen. Die Wechselwirkungen zwisehen Herz, Gelassystera und Peripherie kSnnen mit den heutigen Methoden nur sehwer auseinandergehalten werden. Wir mtissen daher zum vereinfaehenden Experiment greifen. Wenn wir uns dabei bewusst sind, dass dieses Experiment nur den Weft eines Modell- versuehes haben kann, so wird man dem Fehler nieht verfal]en, das Geschehen am Kranken auf einfaehe Weise erk]~ren zu woIlen. Wit sehen dureh das Experiment nur MSgliehkeiten; ob diese ira Einzelfall verwirklicht sind, das zu entscheiden, ist dann Sache der klinischen Beobaehmng.

Das Modell, das wir bier wiihlen, ist die isolierte Kammer des Frosch- herzens, welche durch die zweite S~anniusligatur sti]lgelegt ist. Durch elek- trische Reizung kann man ihr jede beliebige Sehlagfrequenz auizwingen bis. zu tier @renze, die durch die Refrakt~irphase gezogen ist. Am Herzen in situ suchte man Frequenzgnderungen durch l~eizung der Herznerven oder durch Erwiirmung und Abkiihlung zu erzielen. Alle diese Massnahmen veriindern jedoch den Kontrak~ionsablauf. Bei unserer Methode ist nur der Kontrak- tionsrtiekstand zu beachten, der die Dynamik, wie sie sieh aus reiner Freqtlenz- erhOhung erreehnet, ver~ndert.

Naeh Untersuehnng der Frequenzwirkungen am normalen Herzen wollen wir den Einfluss der Sehlagzahl bei verandertem Zuekungsablauf darlegen.

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Einlegung. 131

Endlich ist der Einfluss tonussteigernder und tonusmindernder Massnahmen in diesem Sinne zu studieren.

Die Dynamik des Iterzmuskels beschgitigt sich mit seiner Arbeitsweise; ihr is~ die Kinetik gegentiberzustellen, die die Bewegungsphgnomene studiert. Wir wollen hier den Einfluss der Kinetik auf die Dynamik er6rtern. In die einfache Berechnung der Arbeit iiihren wit den Zei~lalctor ein.

Die Me,bode, die zum Studium dieser Erscheinungen herangezogen wurde, ist in den Arbeiten yon E i s m a y e r und Qu incke beschrieben. Des 5fteren werden wit auf die dort besprochenen Versuche zuriiekgreifen; sie seien nur insoweit angefiihrt, aIs es zum Verstandnis unbedingt nStig ist.

Die Zuckung, deren Analyse durehgefahrt wurde, war eine mgssig auxo- tonische. Sie wurde gewahlt, well eine Arbeit geleistet werden sollte, die der natarlichen Zuckung des Herzens nahe kommt. Eine bessere Analyse haste die Untersttttznngszuckung ermSglicht; die Versnchsanordnnng lar die oft sehr lunge dauernden Experimen~e wgre aber dann zn schwierig geworden. Das Herz sehlug in einer feuchten Kammer; ursprfinglich war der Aussen- ranm, yon dem aus die Xndernngen der Anfangsspannung erfolgten, mit RingerlSsung gefiillt. Dureh eine solche Anordnung ist die bei der Zuckung eintretende DruckerhShung sehr gross. Es zeigte sich, dass die Herzen bei einer solchen - - stark auxobarisehen Tgtigkeit - - sehr rasch ermiiden. So beobach~e~en E i s m a y e r und Qu incke bei ihren Untersuchungen ~iber den Zuckerstoffweehsel, dass in Fltissigkeit auxobarisch ~gtige Herzen schon nach 1/~. bis 3/4 Stunde keine nennenswerten Kontraktionen mehr ausfiihrten, wahrend Herzen, die in Lnft schlugen, bis zu 20 Stunden fast gleiche Arbeit pro Kon- traktion leisteten, ohne dass es nS~ig war, die Nghrfltissigkeit in dieser Zeit zu wechseln.

Bei nnserer Frages~ellung, die langdauernde Un~ersuchungen erforderte, mussten wir also eine Zuckungsform wahlen, die diesen Ansprttehen genttg~e.

Das Prinzip der Methode, deren Einzelheiten an anderer S~elte besprochen sind, sei hier der Vollkommenheit halber noch einma] kurz dargestellt.

Vermittels der zweiten Stanniusligatur wird d~s tterz in eine Kantile, die als Nahr- fltissigkeit l~ingerlSsung enthglt, eingebunden. Die Nahrkaniile wird in eine feuehte K~mmer luftdicht eingesetzt, welche mit einer Gummimembran in Verbindung sVeht. Die Exkursionen der Gummimembran, die dutch eine praktisch trggheitsfreie Gl~se~pilla, re vergrSssert werden, kann man optisch registrieren. Mittels eines Quecksilberm~nomeSers wird d~s System auf Druek geeicht. Die Volumeichung geschieht vermittels einer Messpipette, die mit tier tterzl~ufile verbunden ist. In der Pipette befindet sieh ein Tropfen Petroleum, tier sich gemgss den Volum- sehwankungen in der :Nghrk~niile ~uf dem Wege der Luftiibertragung hin- und herbeweg~. Der Gang des Trop~ens wird optisch registriert. D~ bei einer ~uxotonischen Zuekung Druck- gndemng und Volumanderang in jedem Moment ein~nder proportional sind, muss aueh der Ausschl~g der GlascapiIlare den Exkursionen des Tropfens proportional sein. Verschiedene Kontroltversuehe zeigten, dass die Genauigkeit dieser Volumeichung geniigte. Die Spannung und Dicke tier G~.ammimembran ist so gewghlt, dass pro 0,1 ecru Volum eine Druckgnderung yon 3--5 mm Hg eintriSt:

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132 G o t t f r i e d E i s m a y e r , Uber Tonus und Kinetik und deren Einfluss ~uf die Gr6sse usw.

Die Anderung des ~iiltungsdruekes wird yon der feucllten Ka~mmer aus vorgenommen; e s wirkt yon aussen a, uI d~s Iterz also ein negativer Druck ein, wfihrend seine HShle dem I)ruck der Atmosphgre ausgesetzt ist.

I. Versuche und Versuchsergebnisse. 1. Versuche am normalen Ventrikel .

Mit wachsender Anfangsspannung erh5ht ~ich die Geschwindigkei~ des syst.olisehen Anstiegs und des diastolisehen Abfalls der Zuekung. Erst bei !Jbersehreitung der opfimalen Anfangsspannung wird die Anstiegsgesehwindig- keit wieder verlangsamt. Ware eine reine Frequenz~nderung (naeh Frank) am Herzen mSglieh, so mtisste bei Erh6hung der Sehlagzahl Dauer und Form der Zuekung aus einer bei langsamer Frequenz stat~findenden Kontraktion zu bereehnen sein. Ffir jede Frequenz w~re der dureh die Zuekung erreiehte Enddruck gieich, das Schlagvolum mfisste der FrequenzerhShung entspreehend kleiner werden. Wit wollen der Vollstandigkei~ halber diese bereits yon F r a n k angest, ell~en Erw~gungen an Hand yon zwei BeispMen efli~u~ern.

Beisp ie t 1. Nehmen wir der Einfaehheit halber an, eine Zuekung verlaufe mit gleiehmassiger Ans~ieg- und Ab~allgesehwindigkei*! In einem Ordinatensystem, dessen Abszisse der Zeit, dessen Ordinate dam Sehlagvolum, bzw. dem entspreehend geeiehten Aussehlag entsprieh% h~g~e dann die Zuekungskurve die Gestalt eines gleichsehenkligen Dreieeks. Abb. 1 (Abszisse: Zei~ in lho Sekunden, Ordinate: Volam in ecm = Aussehlag in era). Die in der Abbildung gew~hl~e Zuckung dauerg 0,6 Sekunden, ihr Sehlagvolum betr~gt 0,3 eem. Sehlagvolumen und Minu~envolumen verhalten sieh bei FrequenzerhShungen alsdann wie folgg: die Frequenz, bei der dam Herz eben noah vSllig ersehlaffen kann, betragg 100 pro Minute; da sein Sehlagvolum 0,3 eem begr~gt, so ergibt sieh sein Minutenvolum zu 30 ecru. Die Lage der Kurvenfusspunkte bei der Frequenz 150 entsprieht der ges~riehelten Linie in der Abbildung. Es erhellt, dass dann das Sehtagvolum nur noeh 0,2 cem betri~g~. ])ie GrSsse des Minutenvolums bleibt 30 cem. Dureh die Frequenz- steigerung ist in diesem BeLspiel eine Erhghung des Minutenvolums nur so lange mSglieh, als der der Abszisse parallel verlaufende Teil der Zuekung noch abgekfirzt werden kann.

Bei der Kontraktion des Herzens verli~aft die Kurve jedoch nicht in der einfachen Form eines gleichsehenkligen Dreieeks. Die Geschwindigkei~ des Anstiegs und Abfalls isf in jedem Zeitmoment verschieden. Wie Ot to F r a n k zeig~e, bedingt der eigen~fimliche Verlauf der Zuckungskurve auch bey Fre- quenzen, die ein vOtliges Erschlaffen des Herzens nicht mehr gestat~en, noch Leistungssteigerungen.

Beisp ie l 2. Eine bei einem niederen Ftillungsdraek yon 5 ecru H20 bei niedriger Frequenz stattfindende Zuckung ha~ etwa den in der Abb. 2 gezeiehneten Verlaui. Die Masse seien die gleiet~en wie in Abb. 1. Die Dauer

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Versuche nnd Versuchsergebnisse. 133

der Zuekung be~ragg 1,1 Sektmden. Die Frequenz, bei der eine vSllige Er- sch]affung noeh stattfinden kann, ist demnaeh 54,5 pro Minu*e. Bei dieser Seh]agfolge be~rggt das Schlagvolum 0,4 ecru, das Minutenvolum also 21,6 ccm. Bei der Frequenz 77, we eine vSllige Erschlaffung nieht mehr mSglieh ist, betri~gt das Schlagvolam noch 0,3 ccm, das Minutenvolum also 23,9 cem. Bei der Freqaenz 176 ist das Schlagvolum auf 0,1 ecm gesunken, das Minnten- velum erreehne~ sieh zu 17,6 ecru. Einen dem ill der Zei~einheit ausgeworfenen Velum proportionalen Wer~ gibt nach F r a n k offenbar der Quotient aus AussehlaggrSsse in em und Zuekungsdauer in 1A0 Sekunden. Er betrggt far die Frequenz 54,5 = 0,36, f~r die Frequenz 77 = 0,38, far die Frequenz 176

s e e : 0,~9 em 10-"

Wir sehen aus diesen sehr einfaehen reehnerisehen ~berlegungen, dass ein Frequenzop~imnm ftir die in der Zeiteinhei~ gelSrderte Fliissigkeitsmenge

1

....... k ...... / i . . . . . x d o ~e~ , s ~o 15

1o

Abb. 1.

T O,3

s e k { m

Abb. 2.

bestehen muss, und dass dieses Optimum bei der Frequenz liegt, bei wetcher der Quotient aus Amplitude und Daner der Zuokung am grSss~en ist (Frank).

Eine solehe reine Frequenzgnderung finder sieh jedoeh beim Herzmuskel nioht. Man kann ganz allgemein sagen: bei Zuekungen, die yon einer Frequenz ab erfolgen, weleho so hoeh isL dass keine Treppenersoheinungen auftreten, wird die Dauer der Zuekung grSsser, als der reinen Frequenzgnderung allein entspr~ohe, sobald eine voltsti~ndige Ersehlaffung des Fterzens nicht mehr mSgtich ist. Der Quotient aus AusschlaghShe und Zuckungsdauer wird also grSsser, als der Form der Zuckung bei niedriger Frequenz (Gmndzuckung) nach zu erwarten ist. Xhnliche Betrachtungen und Folgemngen finden sich berei~s bei t I o f m a n n und J u n k m a n n .

In unseren Versuchen braehten wir die Frequenzsteigerungen auf 2 Arten zustande. Man kann erstens die Frequenz langsam erh6hen; dann ist es nicht nStig, eine l:~eizversti~rkung anzuwenden, v. W ei z s ~t ek e r spricht hier yon einem Einschleichen in die hShere Frequenz. Wenn man ein langsam sehlagendes tIerz plStzlich zu schnellerer Schlagfolge bringen will, kann man dies aber auch meist durch Reizverstgrkung erzielen; sobald die hShere Frequenz erreicht ist, kann jedoch der Reiz wieder abgeschwi~cht werden. Die Erkl~mng dieses Verhaltens, das au~ den ersgen Blick dem Alles- oder Nichtsgesetz zu wider-

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134 G o t t f r i e d Eis mayer , Uber Tonus urtd Kinetik und deren Einfluss auf die Gr6sse usw.

sprechen scheint, muss die relative gefrakt~rphase berticksichtigen. Bei dem isoliert sehlagenden Ventrikel konnte J u n k m a n n zeigen, dass jedem Punkt der Erregbarkeitszunahme wghrend der relativen Refraktarphase eine be- stimmt~e Kontrakt.ilitg~ entspricht. Der Verlauf der Erregbarkeitskurve und der Kontraktilitgtskurve hgngt, wie J u n k m a n n sagt, ,,in gewisser Weise" zusammen. Der ansteigenden Erregbarkeit entsprieht im allgemeinen eine ansteigende Kontraktilitgt. AM die naheren Einzelheiten der Kurven braueht hier nicht ngher eingegangen zu werden. Die Ergebnisse der Studien yon J u n k m a n n erkl~ren, dass yon einer gewissen Frequenz an Reizverstarkung nStig ist, um die schnetlere Schlagfolge zu erzielen und lassen erwarten, dass

0 5 10 15 20

Abb. 3.

in diesem Augenblick, da die Kontraktili- tat gesunken ist, das Druckmaximum der Zuckung absinkt.

Der Schwellenreiz ist aber auch dann noch der Maximalreiz. Sehwelle und Kon- traktilitat andern sich jedoeh je nach dem Zustand, in dem sich der Herzmuskel vor der Kontraktion befindet.

Jeder Kontraktionsrfickstand bedingt also bei einem ungeseh~digten Herzmuskel ein Absinken der isomet, riechen Spannungs-

maxima. Auch bei auxotonischer Arbeitsweise sinken, wie wir fanden, die Druckmaxima der Zuckung ab. Als Beispiel bringe ich in Abb. 3 das nach den F ranksehen Grunds~tzen gewonuene Diagramm eines solehen Versuchs. Die ausgezogenen Linien entsprechen dem Maximum und Minimum der Zuckung bei einer Frequenz yon 30, die punktierten, denen bei einer Schlagiolge yon 75 pro Minute. Die Arbeitsf~higkeit des Herzens ist gegeben durch die Flache, die yon beiden Kurven ums~umt wird. Man sieh~ wie stark die ArbeitsfiLhigkeit des Systems sinkt, wenn die Frequenz erhSht wird. Bei diesem Herzen b]ieb nun bis zu einer Frequenz yon 50 die Linie der Maxima gleich. Die Linie der Minima hob sich yon einer Frequenz yon 45 ab, allm~hlieh yon tier Ruhe- dehmingskurve weg und zwar derart, dass zun~ehst bei geringeren Draeken ein Unterschied erschein~, bei hOheren aber noch nicht. Auch der Verlauf der Minimakurve der Frequenz 75 zeigt bei niederen Drucken einen grSsseren Abstand als bei hohen.

Tragt man in einem Ordinatensystem auf der Abscisse die Freqaenzen, au~ der Ordinate die Abs~nde der Kurvenfusspunkte der Einzelzuckung yon der Ruhelage auf (sie seien m i t a bezeiehnet), so zeigt sieh, dass die Kurven, je hSher der Ftillungsdruek ist, desto weiter naeh reehts vom Nullpunkt yon der Abseisse aufsteigen (Abb. 4). Bei einer Frequenz yon 100 (die hSehste, die in diesem Versueh gewahlt wurde) ist dieser Abstand ffir alle Zuckungen der grSsste, aber je nach dem Druek verschieden. Mig s~eigendem Dmek

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Versuohe am normalen Ven~rikel. 135

wird er zungehst gr6sser and fiillt dann wieder. Demnaeh besteht ein Optimum des Kontraktionsrtickstandes. Im allgemeinen fMlt es mit dem Optimum der Xontraktilitgt zusammen; geringe quantitative Versehiebungen kommen allerdings vor. Das beschrlebene Verhalten liess sich auch far die Frequenz

50

110 pro Minute nachweisen. Die isotonisehen Spannungsmaxima

FrequenzerhShungen keine Erniedrigungen.

30 . . . . .

~2o

0 ~ 2O 30

3cMdge pro Min.

l

40

/

erfahren nach J u n k m a n n bei Es ist nun die Frage, wie sieh

I

/ /

/

I /

!

50 60 YO 80 90 100 0 5 ~0 tT/,.w Hff .....

,YDla.gvolua' Free 30~ Fm¢. "75--.

Abb. 4. Abb. 5.

15 ZO

d~s Schlagvolum bei einer auxotonisehen Zuckung unter Frequenziinderung verhttlt. I-Iiertiber gibt die ngchste Abbi]dung (Abb. 5) Aafschlass. Aui der Ordinate sind die Schlagvolamina in cem aufgezeiehnet, auf der Abszisse die Ffillangsdracke in mm Hg entspreehend der Ruhedehnungskarve des Herzens. Man sieht, dass das Optimum des Schtagvolamens o.z itir beide Freqnenzen an der gleichen Stelle liegt, and dass J z X beide Karven parallel verlauien. / [ \

Wie verhglt sich nun aber das Schlagvolum bei hoher a.~ ..... i

lauf der Grundzachmg ifir den Fall der reinen Frequenz- erhShung errechnet ? Die Bereehnung kann auf Grand der s ~ k q 8 12 tE

K~rve der Abb. 6 d a r e h g e f ~ werden. Sie stamm~ veto Abb. 6.

gMchen Herz wie Abb. 5. Der Ftillungsdruck, unter dem die Zuckung stattfand, betrug 8,5 mm Hg, die Abszisse gib~ die Zeit in 1/1 o Se- kunden, die Ordinate das Sch]agvolum in cem; die Dauer der Zuekang betrug 1,6 sec, ihr Schlagvolum 0,178 ecru. Bei einer Frequenz yon 75 kann dann ih/e Dauer nnr noch 0,8 see betragen. Aas der Kurve erreehnet sich dana das Sehlagvo]um zu 0,075 ccm; gefunden wurde es zu 0,08 ccm. Das tatsgehliehe Schlag:colum verhiilt sieh also wie das aus der Form der Grundzuekung be- rechnete.

FiJr die Klinik ergib~ sieh aus diesen Versuehen, dass bei iibermassiger

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136 G o t t f r i e d E i s m a y e r , i Jber Tonus und Kinet ik und deren Ein~luss auf die GrSsse usw.

FrequenzerhShung der Blutdruck absinken muss; die Erfahrung bei der paroxysmalen Taehykardie best~tigt diese Erwartung.

Aus dem Verhalten der Schlagvolumina und des Enddruekes folgt abet auch, dass der tats~ichliehe Kontraktionsrfiekstand geringer ist, Ms ihn die Berechnung aus der Grundzuckung ftir den Fall der reinen Frequenzanderung ergibt, l~ach Abb. 6 mtisste er in unserem Beispie] bei Frequenz 75 das Herz- volum am Ende der Diastole um 0,09 ecru verkIeinern; in Wirkliehkeit betrug die Volumabnahme nur 0,06 ecru.

Der Vollstandigkeit halber sei noch in der folgenden Abbildung das Verhalten des Minutenvo]umens des gleichen I-Ierzens bei der Frequenz 30 und 75 pro Minute erl~utert. Wie aus der Form der Grundzuekung zu

7 erwarten ist, sinkt das Minutenvolum bet

5

5"

q

3

I'

/ ' y-- I

~h~.volun~ Freq. 30 Freq. "15---~-

~o 15 5 20 /l'/t/, ]'1~

Abb. 7.

hoher Frequenz. Der Quotient aus Am- plitude und Zeit betr~gt in unserem Bet- spiel (Abb. 6) bei ether Frequenz von 38 in der Minute 0,23, bei einer Frequenz yon 75 = 0,47. Da das Minutenvolum nach den oben auseinandergesetzten Verhglt- nissen bei de r Frequenz am h5chsten sein muss, bei der der Quotient den gr(;ssten Weft hat, wfirde alas Optimum des Mi- nutenvolumens ftir einen Druek yon 3,5 mm

Hg bet einer Frequenz yon etwa 50 zu suchen sein. Aus der Kurve errectmet es sieh zu 6,75 ecru, gefunden wurde es zu 6,85 ecru. Wie wir sahen, liegt das Optimum des Minutenvolumens fiir alle Frequenzen bei dem gleichen Ffillungs- druck; daher muss das beste Minutenvolum des in unserem Versuche ver- wandten Herzen bei einem Ftillungsdrack yon 5 mm Hg und einer Frequenz von etwa 50 pro Minute zu erwarten seth. Das Resultat des Versuehes be- statigte das auch vollst~ndig. In der Abb. 7 ist dieser Punkt mit * bezeietmet.

Bei weleher Frequenz beginnt nun das Absinken der Kurve der Maxima ? Ganz altgemein ergaben die Versuehe, class jeder Kontraktionsrfiekstand die Druckleistung des Herzens beeintr~ichtigt. So fanden wir beispielsweise die in der ~olgenden Tabelle (1) skizzierten Verhgltnisse. Sie gibt die Zuekungs- dauer bei den einzelnen Frequenzen und den Abstand der Gipfe]punkte yon der Ruhelage in mm bei verschiedenen Ruhefiillungsdrueken.

Kurvenmgssig dargestellt ergibt sich alas Bild der Abb. 8. Hier sind seo

aui der Abszisse die Zuekungsdauer in 100-' aui der Ordinate die Gipfelabstiinde

in cm aufgetragen. Die eigenttimlichen Andei~angen im Verlauf dieser I(urven bet Druck-

variationen lassen sich verstehen, wenn man den Augenbliok der l%egenera- tionsphase des Muskets, in den der neue Reiz einf~]lt, betrachtet. Die vor-

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Versuche am normalen Ventrikel. 137

Tabelle 1.

l~requenz pro Minute

Druek 1,5 mm Hg 30 47 6O 8O 3O

Druck 3,5 mm I tg 30 38 47 75 3O

Druck 6,5 m m Hg 30 39 46 81 30

Druck 11,5 ram Hg 30 37 5O 62 8O 3O

Zuekungsd~uer seo

100

180 127 100

75 180 160 157 127

80 158 I45 145 130

74 148 125 125 120

98 75

12.5

Gilofelabstand

mm

33 32 30 27 33 43 43 39 34 43 43 43 39 34 42 41 39 35 30 27 39

liegenden Stoffweehseluntersuchungen (v. Weizsi~eker, Rohde , Lt ischer , B o h n e n k a m p , B o h n e n k a m p , E i s m g y e r and Ernst) maehen es wahr- seheinlieh, dass die zeitliehe Dauer 5 der Regenerationsphase bei allen Zuk- kungen, ob sie nun unter einem hSheren oder niederen Druck erfolgen, gleich- tang ist. Je unvollkommener abet die q Regeneration ist, desto geringer muss das Ausmass der Zuelmng sein. Wit sahen bereits, dabs mit steigendem j Ftillungsdruek die Kurve steiler ab- ~ ~z f~tlt. Die Frequenz, bei der ein Kon- traktionsrtickstand eben auftritt, ist um so grSsser, je h6her der Ffillungs- 6 ~ek 8

1o druek des ruhenden Herzen ist. Von einem bestimmten Fti]lungsdruck an

x o~.o.°

Abb. 8,

18 20

ist daher za erwarten, dass trotz einer Sehlagzahl, die die vSllige Rtiekkehr des IIerzens zur Ruhelage noeh gestattet, die Zuel~mgsgip~el absinken, well die Dauer der Diastole zur vSlligen Regeneration des Muskels nieht ausreieht.

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138 Go~tfried Eismayer, Uber Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Gr6sse usw.

Wit sehen diese Verhi~l.tnisse in unserer Tabelle bei dem FtilIungsdruck yon 11,5 mm tIg eintreten.

Naeh unseren Versuehen unterliegt also die Volumgestal~ung des nor- malen Herzens, kurz zusammengeiasst, also folgenden Gesetzen:

Ffir die Diastole gilt: steigender Ftfllungsdmek dila~iert das Herz, steigende Frequenz verkleinert es. Die Vermehrung des Ffillungsdruekes ver~nder~ aber den Xontraktionsablauf, insbesondere die Zeitdauer des Xurven- abfalls. Daher komm~ es, dass bei niedrigem Fiillungsdruek die Verkleinerung, die die ErhShung der Freq~enz hervorruft, sehon bei relativ niedriger Sehlag- zahl pro Minute eintritt, bei hohem Fttllungsdruek aber erst bei reeht grosser. Bei sehr hohem Ftillungsdruek, wenn das Kontraktionsoptimum tibersehritgen ist, muss sieh dann der I{ontraktionsrLtckstand wieder verringern, da ja daa Ausmass der Zuekung !deiner geworden ist.

Ffir die Systole gilt: steigender Ftillungsdruek und Frequenzzunahme vergrSssern das kontrahierte IIerz.

Wir kommen nun zur Dynamik und Kinetik des musketschwachen tterzens. Muskelsehwach ist ein tIerz, dessen optimales isometrisehes Spannungs- maximum tiefer lieg~ wie beim normalen. Bei aaxotonischer Zueknngsform muss sieh die Musketschwgche darin ~ussern, dass yon jedem mSglichen Ftillungsdmck aus Sehlagvolum und Enddmek der Kontraktion geringer werden. Fiir die GrSssengestMtung des Herzens is~ bei der Seh~digung jedoch yon Wichtigkeit, dass aueh eine Xnderung der Kontrak~ionsform erfolgt. Vor allem kommt es bier au~ den Ablau£ der Diastole an. Im folgenden wollen wir die Schi~digungen, die mit einer Verminderung der Zuckungsgeschwindig- keit einhergehen, Ms negativ k]inotrop bezeiehnen, und falls die Verminderung der Zuekungsgeschwindigkei~ haup~s~chtieh die Diastole betrifft, yon einer negativ klino~ropen Wirkung auf die Diastole spreehen. Rechnerisch gibt ann~herangsweise der Quotient aus ZuckungshShe und Zuckungsdauer ein Mass ffir die k]inotrope Wirkung einer Massnahme; noeh bessere Einsieht gewahrt natiirlieh der Quotient aus ZuekungshShe und Dauer des Anstiegs bzw. des Abfalls der Kurve.

2. Ermiidungsvers~iche. Die Ermfidung ~ussert sich bei der Zuckung oft darin, dass ihr Ausmass

geringer und besonders ihr diastolischer Anteil in die Li~nge gezogen wird. Ausserdem wird d er Verkiirzungsrficks~and ausgepragter; er dauert bei niedrigen Ffillungsdrueken zuni~ehst li~ngere Zeit an und wird dann auch bei hohen manifest. Sehliesslich wird seine Dauer praktiseh unendlich lung und dann ist eine Tonussteigerung eingetreten, die, wie E i s m a y e r und Quincke gezeigt haben, dutch die Ruhedehnungskurve naehweisbar ist.

Das ermiidete Iterz folgt noeh im wesentlichen den Frankschen Gesetzen.

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Ermfiduagsversuehe. 139

Auch ihm ist es mOglieh, bei S~eigerung des FNlungs&~ackes grOssere Axbeit zu leisten bis zu einem op~imalen Ffillungsdruck, yon dem ab die Sehlag- volumina wieder absinken. Dies ergaben die Experimente yon Bruns , Soein and S t raub . Bruns fund das Kontraktionsoptimum des frisehen und er- mtideten tterzens beim gleichen Fttllungsdruck. Wit konnten dies in einigen Versuehen best~igt linden, in anderen jedoeh sahen wir Versehiebungen und zwar naeh der Seite des geringeren Fiillungsdmekes.

Zum Beleg dessen sei ein Diagramm angeffihrt, das in einem Ermiidungs- versueh erhalten warde. Au£ der Abszisse sind die Ftillungsdrueke, auf der Ordinate die Sehlagvolumina aufgetragen (Abb. 9). ~3

N 1 die Kurve des frischen Herzens. 2 Stun- i N11- i den naeh N 1 waren die Ausschl/~ge kaum mehr 0,z ~ - - " ~ messbar. Es wurde daher neue Ringerl6sung ein- . ¢ ~:'~'~'~:--...~ gefiillt. Sofort d~naeh is~ Kurve N 2 gewonnen. "q.~ j__ "~-..~ N3 wurdenach weiteren 4 S~undenerhMten. Wghrend • . dot oinzelnen Versuche betrug der Ffillungsdruck o.¢ /// ' ///"" ~ ' " " - . . . . . . <

Das Beispiel zeigt die grSsste Ver- 1 sehiebung des Maximums naeh links zu o mmHg--~° eo der Zeit der sehleehtesten Kon±,rak%ions- ~bu. 9. fi~higkeit des Herzens.

In dem Versuch, der diesem Beispiel zugrunde liegt, Dehnungskurven wie folgt.

Z 38 qD

verliefen die

Na~h N 1 Fiillungsdruck Volum der im Herzen befindlichen mm Hg Fliissigkei~ cem

0 0 5 0,12

10 0,18 20 0,22 30 0,27

Naeh N 2, d.h. vor Einfiillung der neuen Ringerl6sung 0 0 5 0,12

i0 0,15 20 0,17 30 0,18

tiler war also eine Tonussteigerung eingetreten. Kurz naeh N 2 war die Dehnungskurve gleieh der yon N 1; die Tonus~nderung war also reversibel.

N~eh N 3 verlief die Dehmmgskurve abet 0 0 5 0,19

10 0,23 20 0,26 30 0,28

Page 15: Über Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grösse und Dynamik des Herzens im muskelkräftigen und muskelschwachen Zustand

140 G o t t f r i e d E i s m a y e r , ~ber Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grfsse usw.

Es war also jetzt eine sehr starke tIerabsetzung des Tonus eingetreten. Bei Herzen, die lange Zeit unter sehr hohem Ftillungsdruck schlagen, finder man diesen Tonusnachlass regelm~ssig.

Man kann bezweifeln, ob dieses Stadium des Tonusnachlasses nach ersch6pfender Arbeit iiberhaupt als Ermtidungserscheinung angesehen werden kann. Die Aktionskurven des tterzens zeigen n~mlich dann nicht den ge- streckten Verlauf der Diastole, wie er ftir die Ermtidung auch am Skeletmuskel charakteristisch ist, sondern eher einen beschleunigten Abfall. Die Arbeits- weise des mtiden tIerzens bei Frequenzerh6hung ist aber wesentlich yon der des frischen tterzens unterschieden. Die Kontraktionsriickst~nde, die eintreten, ffihren nicht zum Absinken der durch die Zuckung erreichten Enddrucke, sondern zur Erh6hung. Ftir dam ermtidete Herz kann also der Kontraktions- riickstand gfinstig sein.

Versuchsbeispiet (Tabelle 2).

Tabelle 2.

Ffillungs- druek

ram Hg

1,5

3,5

8,5

10

15

15 30 42 55 30

15 30 41 55 30

15 30 36 55 30

15 30 45 55 30

15 30 42 55 3O

Dauer der

Systole i Diastole

1/100 see

100 302

100 270

95 264

92 250

102 246

Volumverkleinerang gegenfiber der l~uhedehnungs- ,

kurve

0,02 0,024 0,38 0,021

0,04 0,05 0,062 0,04

0,02 0,038 0,048 0,02i

0,018 0,040 0,046 0,018

0,018 0,024 0,025 0,018

Sehlagvolum

e e m

0,038 0,025 0,019 0,005 0,021

0,060 0,042 0,038 0,030 0,042

0,076 0,060 0,004 0,036 0,060

0,055 0,041 0,037 0,025 0,041

0,055 0,038 0,036 0,025 0,038

Enddruck

mm Hg

2,4 2,8 2,7 2,7 2,8

5,0 6,1 6,1 5,9 6,1

10,4 11,0 11,0 11,0 11,0

11,3 11,5 11,5 11,5 11,5

16,3 16,3 16,3 16,3 16,3

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Ermiidungsversuche. 141

In ~rischem Zustand betrug der Fiillungsdruck ffir das Optimum des Schlagvolumens bei einer Frequenz yon 25 = 12 mm Hg. Das Schlagvolumen w~r 0,24 ccm, der erreiehte End- druek = 17,5 mm Hg. Die Zuckungsdatter betrug 1,4 8ekunden, da, von geh6rten der Sys$ole 0,8, der Diastole 0,6 Sekunden an. Das Herz ermfidete sehr rasch. Berei¢s nach einer Stunde, w~hrend der eine Schlagfolge yon 30 pro Minute eingehalten wurde, fanden sieh die in der Tabelle angegebenen Verh~ltn£sse.

? e/z

• m m m i m mm mum i m m m

¢-/5£&C,

2

Abb. 10a. Abb. 10b.

Wir sehen bier eine Superposition, die man yon den Extrasystolen des ermtideten tIerzens her kennt. Wie J u n k m a n n zeigte, hat ein ermiidetes tterz eine geringere absolute Refraktar- phase als tin normales. In der relativen Refraktgrphase steigt bei jenem die Kontraktilit~t zun~tehst steil an und f~llt dann wieder. Trifft der Reiz in die Zeit des Anstiegs der Kontraktilitgt, so tritt Superposition tin. Merkwfirdig war bei unserem Versuch, dass mit keiner Mass-

| N N I I I U J im i i l i

nahme eine rasehere Sehlagfrequenz als 55 in der Minute zu erzielen war. ab~).10e. Der Zustand der Superposition war ]ange Zeit zu beobachten; keineswegs trifft man immer so gfinstige Verhalt- nisse; meist sehreitet die Ermfidung so rasch fort, dass jedes quantitative Vorgehen unmSglich wird.

Die mit Superposition einhergehende Erm~dung ist abet keine allzu h~ufige Erscheinung. Es gibt vielmehr noeh andere Formen. So kann es vorkommen, dass beim plStzliehen l)bergang y o n einer langsamen zu einer hohen Frequenz (z. B. yon 40 auf 75) 5--6 der selmell aufeinanderfolgenden

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142 G o t t f r i e d E i s m a y e r , Uber Tonus un4 Kine~ik und deren Einfluss auf die GrSsse usw.

Systolen sieh superponieren, dann aber ein sehr rasehes Absinken der Gipfel der Xontraktionen erfolgt und sehliesslieh die Fusspunkte der Zuekungen wieder auf der Nutlinie liegen. Solehe tIerzen sind demnaeh unNhig, den Kontraktionsrfiekstand zu halten. Das Sehlagvolumen der Einzelzuekung bleibt im grossen und ganzen gleieh. Abb. 10: a = Anfang, b = 20 Minuten naeh Anfang, e = 40 Minuten naeh Anfang, erl~utert das Gesagte.

Die Massnahmen, die zur Ermtidung ftihren, seheinen wesenttieh ftir die Form der Zuekung des ermfideten I-Ierzens zu sein. Man kann sieh zur Erkl~trung dessen die Vorstellung bilden, dass bei langsam eintretender Er- miidung, wie sie sieh bei niedriger Sehlagfrequenz finder, die nieht oxydierten Stoffe in die N~hrl6sung iibergehen, yon der aus das Herz sehliesslieh ver- giftet wird. Bei der gleieh zu bespreehenden Ermiidung, die bei hoher Sehlag- frequenz eintritt, bleibt ~-ielleieht die nieht oxydierte Substanz im Musket zuriick.

Wie der Skeletmnskel, so ermfidet das tIerz bei raseher l%eizfrequenz sehneller als bei langsamer. Das erste Symptom der Ermiidung ist dann das Naehlassen des Kontraktionsrtiekstandes. Vortibergehend tritt ein Zustand ein, bei dem die Fusspunkte der Kurven absinken, ihre Gipfel aber noch auf gleieher tIShe bleiben. Paradoxerweise wird also die Leistung besser. Bald aber sinken aueh die Gipfel ab und sehliesslieh arbeitet das Iterz fast ohne Rtickstand mit einem der hohen Frequenz entspreehenden Sehlagvolum. Das Volum am Ende der Diastole ist dann also fast gleieh dem l%uhevolum des Herzens, das systolische Volum sehr viel grSsser als das eines frisehen.

Ffir die Klinik ergibt sieh daraus, dass ein tterz mit intaktem Ventil- apparat, das bei hoher Sehlagfrequenz systoliseh und diastoliseh gross erseheint, wohl muskelsehwaeh sein muss.

3. Versuche mit physiologischer Kochsalzliisung.

Ausser der Ermiidungsinsuffizienz sind aber toxisehe Insuffizienzen zu beaehten. Am interessantesten ffir unsere Frage sind die Insuffizienzen, die man bei Fehlen gewisser Ionen in der N~hrlSsung beobaehtet. - - Entferng man aus der Ni~hrlSsung Kalium, Calcium und Bikarbonat, l~sst man also das Herz mit sog. physiologiseher Koehsalzl6sung schlagen, so wird das Aus- mass der Kontraktion ger~ger, die zeittiehe Dauer der Zuekung ktirzer, ihre Gesehwindigkeit jedoeh kaum beeinflusst. Kontraktionsrfiekstand und Gipfel- hShe bei hoher Frequenz verhalten sieh dementspreehend. Aueh bier sinken die Maxima gemi~ss dem Zeitpunkt der Regenerationsphase, in den der neue geiz fallt. Ebenso ist der Kontraktionsrttekstand geringer als er sieh aus der Form der Grundzuekung erreehnet. Im ganzen kommt also ein mit physiolo- giseher KoehsalzlOsung sehlagendes Herz bei allen Frequenzen dem t~uhe- volum am Ende der Diastole viel n~her als ein mit RingerlSsung sehlagendes Iterz. Hinzu kommt, dass der Herztonus naehI~sst. Physiologisehe Koehsalz-

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Versuche mit l~ingerl6sung, die wenig oder gar kein Calcium enthMt. 143

16sung bewirkt stets eine Ver-

mehmng der I~uhedehnbar-

keit. Wit haben bier eine Dilatation vor uns, die hypi- nogen und hypotonogen zu- gleieh ist. Ein Beispiel dieser Art ist an anderer Stelle ver- 5ffentlicht; hier sei die gra-

phisehe Darstellung eines solehen Versuehes gegeben

(Abb. 11).

Die Abszisse gib~ die Schlag- frequenz pro Minute, die Ordinate das Volum der im Hcrzen befind- lichen ]~liissigkeit. Die un~ere Linie enCsprich~ dora Ende der Diastole, die obere dem H6hepunkt der Sy- ~ole. Links sind untercin~nder die Diagrammo des frisehen mi¢ l~inger- t6sung schlagenden Herzcns, reehts die des mi$ KoehsM~ schlagenden gezeichnet.

Frequenz p. M/n. ~-

I"- 0,'I

o,1- ~ f l . l ~

IHllllllllllillll "°°"

llIllllllll !

O~/J R/noerlSauno ~ ......... , ~e~oaunq , ph, y~/o/. Koch~a/z/6sung Abb. 11.

boi einem Fiilhmgsdrack yon 1,5, 3,6 und 6,5 mm Hg

Die Berectmungen aus dem Verlauf der Grundzuckung, wie sie oben far das mit RingerlSsung schlagende muskelkri~ftige Herz durchgeffihrt wurden, hatten beim Kochsalz prinzipiell die gleichen Ergebnisse. Qualitative Unter- schiede sind nieht vorhanden.

4. Versuche mit Ringer- liisung, die wenig oder g a r kein Calcium enth~Ut.

Calciumentzug wirkt in ers~er Linie hypinogen. Die Dauer der Grundzuekung wird ktirzer, ihre Geschwin- digkeit allerdings geringer. Die negativ klinotrope Wir- kung bezieht sich im wesent- lichen auf Systole nnd Dia- stole gleichmi~ssig. Ein tono- gener Einfluss konnte nicht beobach te t werden (Eis- mayer nnd Q u i n c k e ) . Merkwiirdig ist die grSssere Bereitschaft des Herzens zu

frequenz p.Mt)z .~

30 qO 50 610 710 0 ,I J J

0,2- o, j2 o,~

2 O -

O,2- 0,3- 0,'~

O,Z- 0,3- O, q - Ringerlb'sung

o,1 . , Druc~

0,Z- ~ ~5mm Hg

0,3-

O: o l 5o 0,¢

~,z [ ~ ~,s,#m H s

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#,# sf qo 7 0 .......

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nach Calc/umen/zug

Abb. 12.

Page 19: Über Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grösse und Dynamik des Herzens im muskelkräftigen und muskelschwachen Zustand

144 G e t , f r i e d Eis mayer , 0ber Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Gr6sse usw.

Treppenerscheinungen..Dies ist auch I s h i d a aufgefallen. Damit steht im Zusammenhang, dass bei nur teilweisem Caleiumentzug die I~ontraktilit~t des tterzens allmahlich immer besser wird, dass also eine weitgehende Erholung yon der ursprfinglichen Schadigung eintritt. Die Leistung des I~[erzens ver- bessert sieh um so selmeller, je raseher die Sehlagfrequenz ist.

Aueh das dutch Calciumentzug geschadigte I~erz gehorcht den F r a n k - schen Gesetzen; ebenso wirkt sich bei ihm FrequenzerhShung in derselben Weise aus wie beim mit RingerlSsung schlagenden Organ. Superposition wurde nieht beobaehtet.

Es ergibt sich also, dass das dutch Caleiumentzug geseh~idigte Herz bei niedrigen Frequenzen am Ende der Diastole die gleiche GrSsse hat wie das normale. Bei hohen Frequenzen ist es grSsser. Systoliseh ist sein Velum gegentiber dem nieht gesehadigten stark ~zermehrt.

Das Gesagte sei hier in der gleiehen Weise wie beim Koehsalz dureh ein DiagTamm zur Ansehauung gebracht (Abb. 12).

5. Versuche mit Ringerliisung, die kein Kalium enthiilt. Auch der Kaliumentzug wirkt in erster IAnie hypinogen. Daneben

besteht aber ein sehr wesentlicher, negativ klinotroper Einfluss auf die Dia-

FreCuenz p, M/h. >

o °

l o, z-

0,5 09-

Ringerl°'aun3 0,5-

0,3-

O#- 2St. had7 KM/um-

entzug 0,,5-

Abb. 13.

~/0 50 50 70 80

lllllllilllll' H i

3 3t nclch t(~lum - eMzu 9

stole Lind weiter ein hypertonogener. Die hypinogene Wirkung maeht sich am frfihesten geltend; dabei ist die Dauer einer bei langsamer Sehlagfolge stattfindenden Zuckung kfirzer als beim mit gew5hnlicher RingerlSsung sehlagenden Herz. Bald maeht sich aber eine Verl~ngerung der Zuekungs- dauer bei immer weiter sinkender I(ontraktilitiit bemerkbar. W/ihrend die Dauer des Kurvenanstiegs nur wenig zunimmt, wird der Abfall immer mehr in die L~inge gezogen. Mit Itilfe der Ruhedehnungsknrve l~sst sieh eine Tonus- ~inderung aber erst l~ingere Zeit naeh Eintritt der klinotropen Wirkung fest- stellen. Zun~ehst zeigt sich ein betr~chtlieher Verkfirzungsriiekstand, der sehliesslieh unter steter Zunahme die TonuserhShung herbeifiihrt.

Da, s Dia.gramm tier Abb. 13 zeigt einen Versueh bei Kaliumentzug der l~ingerl6sung. Alle drei Kurven sind bei einem F~illungsdruek yon 6,5 mm ttg gewonnen: 1. Herz mit Normal ringer, 2. 2 Stunden naeh dora Kaliumentzag, 3. 3 Stunden nach dem Kaliumenfrzug. W~hrend der einzelnen festgehaltenen Btadien sehlug das Herz mi~ einer Frequenz yon 30 pro Minute

Page 20: Über Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grösse und Dynamik des Herzens im muskelkräftigen und muskelschwachen Zustand

Versuche mit Komb4 - - Strophanthin. 145

bei einem Fiillungsdrack yon 6:5 mm Hg, Man sieh?~, wie hier die systo]ische und dlastolische Volumverminderung haupts£chlich die Fotge der hypertonogenen Wirkung ist.

6. V e r s u c h e mit K o m b g - - S t r o p ha n th i n .

Kleine Strophanthindosen (1:5 000 000) bewirken anfangs eine geringe Tonusminderung. Gleiehzeitig beschleunigen sie den Kontraktionsablauf and zwar sowohl die Systole als auch die Diastole. Das Schlagvolum der Kon- traktion war in unseren Versuehen in diesen Stadien etwas grSsser, der durch die Kontraktion erreiehte Enddruck gleich dem des unvergifteten tterzens. Aus diesen Tatsaehen folgt, dass das tIerz diastoliseh bei niedrigen Frequenzen gemass der Tonusminderung, bei hSheren Fre-

quenzen gem~iss der Tonusminderung und der Io dureh die positiv klinotrope Wirkung verursachten Xontraktionsrtiekstandsverminderung grSsser ist 7,t als das niehtvergiftete. Das Volum der Systole

0

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O,Z- R/ngerlb'sung Sfroph. 1:5000000

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2O q5 7O Druck 6,5 rnm H# 3ch/ugz~Iz/ ?ro M/n.

Abb. 14. Abb. 15.

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bleibt gleich. Die gfinstige Wirkung des Strophanthins muss sieh vor allem auf das Minutenvolum erstrecken, da die Geschwindigkeit der Zuckung vet- grSssert ist.

Die zwei folgenden Diagramme (Abb. 14 und 15) zeigen die GrSssengestaltung des tIerzens in Systole und Diastole (Abb. 14), sowie das Verhalten des Schlagvolumens und des Minuten- volumens vor und nach Strophanthin (Abb. 15).

Schreitet die Vergiftung welter - - man erh~lt bei tIerzen unter kiinst- licher Reizung, wie schon J u n k m a n n beschrieb, auch bei sehr kleinen Stro- phanthindosen stets den sog. systolischen Stillstand - - so tritt zun~ichst eine negativ inotrope Wirkung ein, die yon einer negativ klinotropen auf die Dia- stole begleitet ist. Zum Unterschied yon der Calciumwirkung, auf die man auch die Erscheinungen bei Kaliumentzug zurtickffihren muss, bleibt die Dauer der Zuckung aber stets geringer aIs die der normaIen Kontraktion. Die folgende Tabelle zeigt ein Beispiel.

60 Minuten nach dem Strophanthinzusa~z war eine Tonusvermehrung durch die Ruhedehnungsknrve nachweisbar.

Bevor die Xontraktilit~it so geseh~digt ist, dass die Zuckung keinen Asher- Spiro, Ergeb~isse tier 1)hysiologie. XXX. 10

Page 21: Über Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grösse und Dynamik des Herzens im muskelkräftigen und muskelschwachen Zustand

146 G o t t ~ r i e d E i s m a y e r , ~be r Tonus und Kinetik und deren Einfluss ~uf die GrSsse usw.

Tabelle 3.

Therap.Wirkung

Tox. Wirkung

Amplitude Zuekungsdauer bei Frequenz

30 pro Minute

Amplitude

Zeit

40 I 1,6 47 1,45 41,5 1,2 18,3 [ I,O 14,0 ! 0,98

2,94 vor Stroph~nthin 3,23 10 Min nach ,, 3,45 20 . . . . . .

1,83 60 . . . . . . 1,43 70 . . . . . .

1 : 10 OOO 000 1 : 10 OOO 000 1 : 10 OOO 000 1 : 10 000 000

dynamischen Effekt mehr hat, treten weitere Anderungen im Kontraktions- abtauf ein, die an anderer StelIe beschrieben sin&

II. Diskussion der Versuehsergebnisse und Folgerungen. 1. Tonus und Kontrakti l i t i i t .

Die vorstehenden Ausfiihrungen and die Arbeiten yon E i s m a y e r und Quincke haben gezeigt, dass das Herz auf die versehiedensten Massnahmen bin seine Ruhedehmmgskurve ver~ndern kann. Die Definition des Tonus verlangt, dass Kontraktilit~t und Tonus voneinander unabh~ngig sind. Die Versuchsergebnisse geben daftir den sicheren Beweis.

Die meisten Massnahmen, die eine Tonusanderung des Herzens bewirken, sei es Steigerung oder Verminderung, schadigen zugleieh die Kraft der Zuckung. In ihren Untersuchungen fanden E i s m a y e r und Quincke , dass die Digi- talisglykoside, Calcium und AdrenMin Tonussteigerungen herbeifiihren. Bei geeigneter Dosierung gelingt es, die geringere t~uhedehnbarkeit des Herzens nachzuweisen, wenn noch Kontraktionen yon betr~chtliehem Ausmass auf elektrisehe Reize bin mSglieh sind. Aueh w~hrend des sot. systolisehen Still- standes werden die Reize noch beantwortet, wenn auch ein dynamiseher Effekt der Zuckung fehlt, ttierin liegt ein Beweis, dass beim sog. systolischen Stillstand kein Tetanus des Herzmuskels vorliegt. Einen anderen Beweis hat de Boer erbraeht, der zeigen konnte, dass die unter Digitalis maximal kontrahierte tterzkammer keinen Aktionsstrom aussendet.

Die Tonusvermehrung drfiekt sich nicht dadurch aus, dass der Etasti- zit~tsmodul gteiehm~ssig grSsser wird, die Dehnungskurve also in derselben Weise wie vorher, nur hSher verliiuft; die Kurven werden vielmehr in ganz einsehneidender Weise umgestaltet.

Das normale Herz dehnt sieh bei steigender Belastung vora Ftillungs- druck o ab, zuniichst sehr raseh und dann immer weniger; die Kurve ist einer Parabel i~hnlieh. Strophanthin vermindert die Dehnbarkeit besonders niederen Drueken gegeniiber; die Kurve verliiuft mit umgekehrt S-fSrmiger Kriimmung.

Page 22: Über Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grösse und Dynamik des Herzens im muskelkräftigen und muskelschwachen Zustand

Tonus und Kontraktilitgt. 147

Daher kommt es, dass bei niedrigeren Ftillungsdrueken das Ausmass der Kontraktion sehr klein wird, wghrend bei hOheren Ffillungsdrueken relativ grosse Sehlagvolumina mOglieh sind. Die VergrOsserung des Schlagvolumens geht aber aueh bier nut bis zu einem gewissen optimalen Ftillungsdruek.

Ahnlich wie die Ruhedehnungskurve beim Strophanthin verl~uft aueh die des unter Calciumwirkung stehenden tIerzens. Gewisse kteinere Unter- sehiede sind abet vorhanden.

Ganz verschieden yon der Wirkung des Strophanthins ist die des Adre- nalins. Hier erstreekt sieh die Vermehrung des Tonus ziemlieh gleiehmassig fiber die ganze Dehnungskurve, so dass ihr Typ derselbe bleibt wie beim nor- malen Herzen. Die Sehlagvolumina verhalten sieh in dem sehr fltiehtigen Stadium der Tonusvermehrung ungefi~hr wie vorher. Das Volum des Herzens am Ende der Systole ist also gleieh oder kleiner wie beim unbehandelten tIerz. Von gleichem Anfangsdruek aus erreieht die Zuekung mit geringerer Anfangsffillung nnd gleiehem Sehlagvolum einen h6heren Enddruek.

Dis Dehnungskurve des hypotonisehen tIerzens verlief bei allen derart wirkenden Mitgeln im Anfangsteil der Kurve steiler, bei h6heren Drueken tiefer und etwa parallel zur normalen.

Die Tonusherabsetzung war bei ldeinen Strophanthindosen im Anfang der Wirkung yon vorfibergehender Verst~rkung der Kontrakfilitgt begleitet. Vom gleiehen Anfangsdruek wurden bei grOsserer Anfangsfiitlung vermehrte Schtagvolumina und dieselben Enddrueke erzielt wie beim niehtbehandelten Herz.

Alle anderen Mittel haben im Stadium der Tonusminderung gleiehzeitig negativ klinotropen Einfluss; dabei wurde bei gleiehen Graden der Tonus- herabsetzung die Xontraktilitgt versehieden stark beeintr~ehtigt. Unter physio- logiseher Koetfsalzl6sung und Alkohol war z. B. bei relativ grosset Dehnbar- keitsvermehrung das Ausmass der guekung noeh reeht gross; bei Chinin jedoeh war die Tonusabnahme nur gering and die Zuekung hatte fast keinen dynamisehen Effekt mehr. Aueh das tterz, dessen Tonus veri~Jadert ist, gehoreht noch den Franksehen Gesetzen. Ebenso gilt beztigtieh der Frequenzerh/Shung im allgemeinen der Satz, dass mit Eintreten eines Kontraktionsrfiekstandes dis Arbeitsbedingungen ~Terschlechtert werden. Nur das ermfidete tIerz maeht unter diesen Umst~nden eine Ausnahme dutch Superposition.

Ganz atlgemein sehafft die Tonusi~nderung Verhaltnisse, wie sie bei den Masehinen der Teetmik dureh Einschaltung einer anderen 1)bersetzung erzielt werden. Die gleiehe Arbeit wird je naeh der Tonuseinstellung entweder mit geringerem Weg und vermehrter Kraft oder mit gr6sserem Weg und ver- minderter Kraft geleistet.

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Page 23: Über Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grösse und Dynamik des Herzens im muskelkräftigen und muskelschwachen Zustand

148 Got t f r i ed E i s m a y e r , ~ber Torms und Kinetik mid deren Einfluss auf die GrSsse usw.

2. Klinotrope Wirkung und Kontraktilit~tt. Kontraktionsablauf und Kontraktilit~t sind ebenfalls weitgehend von-

einander unabhiingig. So sieht man beim Calcium relativ grosse Zuckungen bei sehr verlangsamter Ersehlaffung; beim Strophanthin wird dagegen das Ausmass der Kontraktionen bereits sehr viel sehleehter, wenn die Gesehwindig- keit der Zuckung noeh relativ wenig vermindert ist. Beim Koehsalz und aueh ann~hernd beim Caleiumentzug bleibt die Zuekungsgesehwindigkeit bei stark negativ inotroper Wirkung fast gleieh. Aueh die klinotrope Wirkung hebt die Franksehen Gesetze nieht auf. Die J~nderungen der Frequenz wirken ~hnlieh wie beim normalen tIerzen. Nur das ermtidete tterz kann bei Frequenz- erh6hung dutch Superposition den Enddruek seiner Zuekung erh6hen.

3. Tonus and Kontraktionsablauf. Die Arbeiten yon E i s m a y e r und Quincke ergaben, dass die tonotrope

Wirkung einer Massnahme mit einer klinotropen einhergeht. Meist maeht sieh der klinogene Einfluss fl'fiher bemerkbar. Ein hypertonisehes tIerz zuekt langsam, insbesondere kehrt es naeh der Systole triage zur t~uhelage zurtiek; umgekehrt verhi~lt sieh das hypotonisehe I-Ierz. Der Zusammenhang ist abet nieht so, dass jedem Tonusgrad eine bestimmte Verz6gerung der Kontraktions- gesehwindigkeit entsprieht, sondern es zeigt sieh aueh bier wieder eine gewisse Unabh~tngigkeit. Bei gleieher Tonusvermehrung kontrahiert sieh und erschlafft das tterz unter Strophanthinwirkung sehneller als bei Caleiumwirkung.

4. Fiillungsdruck and Kontraktionsablauf. Die Gesehwindigkeit der Zuckung wird mit steigendem Ftillungsdruck

gr(Ssser bis zu einem Optimum. Insbesondere wird der Abfall der Volum- kurven steiler. Erh6ht man den F(illungsdruck fiber das Optimum hinaus, so verlangsamt sieh die Anstiegsgesehwlndigkeit wieder, wiihrend die Riiek- kehr zur Ruhelage fortlaufend sehneller erfolgt. I)iese Verh~ltnisse gelten aueh ffir das muskelsehwaehe Herz. Beim mtiden Herz tritt bei Vermehrung des FtilIungsdruekes unter der Frequenzerh6hung schliesslich keine Superposition mehr ein.

5. Versuch einer Theorie der tonotropen und klinotropen Wirkung. ~Tir wissen bis heute noch sehr wenig fiber das Wesen des Verktirzungs-

vorganges bei der Kontraktion. Man kann sich vorstellen, dass die einzelnen Teilehen der kontraktilen Substanz dureh den Reiz veranlasst werden, n~her zusammenzuriicken. Je gr6sser die Kraft ist, die die Teilehen einander niihert, desto schneller verl~uft die Kontraktion.

Wird in der l~uhezeit der Muskel gedehnt, so werden die Einzetteilehen der kontraktilen Substanz weiter voneinander entfernt. Die potentielle Energie

Page 24: Über Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grösse und Dynamik des Herzens im muskelkräftigen und muskelschwachen Zustand

Versuch einer Theorie der tonot~ropen and klinotropen Wirkung. 149

der Teilchen wird hierdurch ~hnlich wie bei einem Gummiband vermehrt. Nachdem bei der Zuckung die Einzelteilehen die ihrer potentiellen Energie entsprechende gr6sste Ann~herung erreicht haben, kehren sie zu ihrer 1quhe- lage zuriick.

Die anatomische Struktur des Muskets weist da, rauf hin, dass die kon- traktilen Elemente in ein Substrat eingebettet sind, das sich passiv der Ver- kL~rzung anpasst. Der physikalische Zustand des Substrates d~mpft die Be- wegung der Teilchen der kontraktilen Substanz. Zu dieser Annahme berechtigt der festfliissige Aggregatszustand der Gewebe iiberhaupt. Die Gr0sse der inneren Reibung, d. h. die Viseositat des Mediums muss in Beziehung stehen zur Sehnetligkeit der Wanderung der Teilehen. Es ist anzunehmen, da.ss dutch die chemischen Umsetzungen bei der Xongraktion die innere ]~eibung des Substra~es vergrOssert wird. Ebenso werden wahrseheintieh Gifte und Ionen Viseositgtsanderungen hervorrufen. Je gr0sser die Viseosit~t des tterz- muskels ist, desto lgngere Zeit wird die Rttckdehnung in der Diastole bei gleiehem Ftillungsdruek beanspruehen und umgekehrt. Hiermit ist eine Vor- stellung fiir das Zustandekommen der klinogenen Wirkung gewonnen. Naeh vollendeter Erholung ist der Zustand des Muskels sehliesslieh der gleiehe wie vor der Zuekung.

Die Xohgsion der Muskelteilchen kommt zum Ausdruek in seiner Elasti- zit~t. - - Die Erseheinung der Xlinotropie spricht dafiir, dass der Muskel bei der Xontraktion yon einem fliissigeren (Sol) in einen festeren (Gel) Zustand abergeht,. Die Elastizit~t des festeren Zustandes ist gr6sser als die des fliissi- geren. Ebenso ist die Viseositgt des festeren grOsser als die des flt~ssigeren. Dazu kommt noeh die R~iekwandtungsgeschwindigkeit und der ~iiekwand- lungsgrad yon dem gelartigen in den solartigen Zustand naeh der Kontrak- tion. Zur Tonuszunahme kommt es, wenn die P~tickwandlung nieht mehr vollkommen ist, zur Tonusabnahme, wenn sie zu weir geht.

Der Viseosi~tsgrad und die Geschwindigkeit der giickwandlung yon Gel in Sol bestimmen die Gesehwindigkeit der Dehnung naeh der Xontrak- tion, d. h. den Verlauf des abfMlenden Kurvensehenkels; der scNiesslieh erreiehte Elastizit~tsgrad und die Vollkommenheit der t~tiekwandlung be- stimmen den Veflauf der Ruhedehnungskurve.

Das Zusammenfallen yon klino- und tonogener Wirkung ist darin begrtindet, dass der elastisehere Zustand des Herzmuskels zugleieh aueh der viscSsere ist. An und ffir sich sind abet innere l~eibung und Elastizitgt ganz versehiedene Dinge.

Aus diesem Grunde empfiehlt sich eine seharfe Trennung yon Dehnbar- keit und Dehnungsgesehwindigkeit. Es sei bier aber ausdrtieklieh hervor- gehoben, dass diese Ausffihrungen nut den Sinn einer Arbeitshypothese haben kOnnen.

Page 25: Über Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grösse und Dynamik des Herzens im muskelkräftigen und muskelschwachen Zustand

150 G o t t f r i e d E i s m a y e r , ~ b e r Tonus und Kinet ik und deren Einfluss aui die GrSsse usw.

Die Ruhedehnungskurve des tterzens ist der Ausdruek der Anordnung seiner Muskelfasern, deren versehiedener Dehnbarkeit naeh den einzelnen I~iehtungen des Raumes, der Anordnung seines Bindegewebes, dessen Masse und Elastizit~tt und der Dieke der die ]?IerzhShle umgebenden Wand. Der Tonus ist also die Resultante einer grossen Zahl yon Einzelfaktoren.

11. Miig'lichkeiten der Erkennung des Tonus des menschlichen Herzens.

Die MSgliehkeit am lebenden Mensehen Tonus~uderung des Herzelis naehzuweisen, w~re yon grossem Weft. Die Gr6sse des sehtagenden Organs sagt noeh gar niehts fiber den Tonus aus. Die Faktoren, die sie bestimmen, sind zahlreieh und die M6gliehkeiten, die sieh aus ihrer Kombination ergeben, sehr gross.

T h e o r e ~ i s e h gibt es aber doeh wohl einen Weg zur Auffindung yon Tonusvariationen des mensehliehen tterzens.

Bei der Inspektion der in den besehriebenen Experimenten verwandten ~ Herzen fiel uns auf, dass bei rela~iv niedrigem Fill-

lungsdruek ein Formuntersehied zwisehen tonusstarken und tonussehwachen Herzen bestand; diese hingen sehlaff und zapfen~thnlich an der Kantile, jene prall und kugelig. Die n~ehs~e Abbildung erl~utert das (Abb. 16). Das Aussehen des fonussehwaehen Froseh- herzen erinnert sehr an das eharakteristisehe Bild

Abb. 16. des Tropfenherzens.

Die Form des tterzens bei Versehiebung seiner Aehse im Raum muss um so bestiindiger sein, je weniger dehnbar seine Wandung ist. Die Muskel- schale, die das in der tterzhShle befindliehe Blur umgibt, hindert dieses mehr oder weniger sieh damn zu verlagern, wohin es naeh den Gese~zen der Sehwere strebt. Der Einfluss der Sehwerkraft auf die Herzform muss bei grSsserer Wanddehnbarkeit deutlicher werden. So ist zu erwarten, dass ein tonus- sehwaehes tterz bei der Inspiration tropfenf6rmig naeh unten hi~ngt und sieh bei der Exstirpation abplattet. Ein ~onusstarkes tterz muss dagegen seine Form beibehalten und lediglieh die Lage seiner Aehse versehieben.

Die RSn~gendurchteuehtung zeigt, dass das normale t-Ierz sehr form- bestandig ist, wahrend z. B. bei gewissen jugendliehen Mensehen und bei Thyreotoxikosen mit normal grossen Eerzen eine auffallende Formveriinder- liehkeit, des Organs je naeh der Atemphase besteht. Aueh bei vergrSsser- ten Herzen kann man sehr gut solehe Untersehiede wahrnehmen. Grosse Formbesti~ndigkeit fNlt z. B. auf bei Zust~nden, bei denen eine Herzhyper- trophie wahrseheinlieh ist. Darauf haben Mor i t z und Die~len bereits hin- gewiesen.

Eine noeh bessere Priifung der Formbestandigkeit als die Beobaehtung

Page 26: Über Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grösse und Dynamik des Herzens im muskelkräftigen und muskelschwachen Zustand

Zusammenfassung. 151

des Iterzens bei der Inspiration und Exstirpation bietet die Durehleuehtung bei versehiedener Lage der KSrperaehse.

Ein weiteres Mittel, Tonusgnderungen zu erkennen, gibt uns der Val- sa lvasehe und Mtiliersehe Versueh. Die Grundlage dieses Verfahrens ist die I%uhedehnungskurve des Herzens. Es zeigte sieh bei Mlen tonusherab- setzenden Massnahmen, dass die Dehnungskurve hypotoniseher Herzen beson- tiers im Anfangsteil steiler verlguR als die eines normalen. Die gleiehe Druek- anderung sehafR beim hypotonisehen Herz gr5ssere Volumgnderungen. Beim V a I s a 1 v a sehen Versueh muss ein atonisehes Herz sieh also mehr verkleinern wie ein normales. Umgekehrt liegen die Verh~Rnisse beim Mtillersehen ¥ersueh. Die Erfahrung am t~Sntgensehirm bestgtigt das Vorkommen yon Untersehieden der GrSssengnderung; Herr Dr. Goe t t e war so freundlieh mit mir zusammen auf diese MSgliehkeiten zu aehten (fiber seine eigenen Untersuehungen hat er ant dem Wiesbadener Kongress 1929 beriehtet).

7. Zusammenfassung.

Die Tonusfunktion des Herzens wird dahin definiert, dass das Organ die Fahigkeit hat, au~ irgendwelche Massnahmen hin seine Ruhedehnungs- kurve zu ver~ndern.

Tonus und XontraktilR~t sind voneinander weitgehend unabh~ngig. Im grossen und ganzen versehleehtern aber alle Mittel, die den Tonus ver- mindem oder vermehren, die Kontraktilitat. Nur bei geringen Strophanthin- dosen wird das Herz befghigt, vom gleiehen Anfangsdruek bei grSsserer Anfangsftillung aus grSssere Sehlagvolumina auszuwerfen als vor der Ein- wirkung des GiRes.

Ausser Tonus und Kontraktilit~t ist der Kontraktionsablauf zu beaehten. Massnahmen, die ihn verandern, werden als ktinogen bezeiehnet. Als Mass der klinogenen Wirkung gilt der Quotient aus Schlagvolum und Zeitdauer tier Systole bzw. Diastole.

Das diastolisehe und systolisehe Volum des Herzens ist eine Funktion yon Frequenz, Ffillungsdruek, Kontraktilitgt, Tonus und Xontraktionsablauf.

Die Franksehen Oesetze der tterzdynamik geRen aueh im allgemeinen ftir das muskelsehwache Herz; bei FrequenzerhShungen behalten sie eben- falls ihre GtiltigkeR. ErhShung der Frequenz ffihrt zu vermehrtem Kontrak- tionsr/iekstand und zum Absinken der isometrisehen Maxima. Aueh dieses Gesetz wird beim muskelsehwaehen Herz meist eingehalten; eine Ausnahme bilden gewisse t~ormen yon Ermtidung. Durch Superposition kann bier die Frequenzsteigerung den Enddruek der Zuckung erhShen. Die GestaRung des systolisehen und diastolisehen Volumens in AbhSngigkeit der einzelnen oben aufgeffihrten Faktoren wird an einigen Beispielen bei der auxotoniseh tiitigen Frosehherzkammer besproehen.

Page 27: Über Tonus und Kinetik und deren Einfluss auf die Grösse und Dynamik des Herzens im muskelkräftigen und muskelschwachen Zustand

152 GoCtfried E i smayer , i)ber Tonus und !4inetik und deren Einfluss auf die GrSsse usw.

Herzen mi~ geringem Tonus zeigen bei niederen Fiillungsdrueken eine andere Form als solche mit~ nolanalem oder vermehrtem. Letz~ere h~ingen kugelfSrmig an der Kaniile, erstere sind in die Liinge gezogen. Das tonus- sehwaehe Herz ist leichter deformierbar als das tonusstarke. Beim Menschen m~issen also tonussehwaehe tIerzen bei Lageweehsel Form~er~inderungen auf- weisen.

Da beim tonusschwachen Herz der Anfangsteil der Dehnungskurve noch steiler verlauft als beim normalen, muss bei plStzlicher Drucl~erminde - rung die Volumverkleinerung des Iterzens ~iel ausgiebiger sein.

ValsalYaseher und Miillerscher Versuch miissen daher beim I-Ierzen mit vermehrter Dehnbarkeit die GrSsse der Herzsilhouette am I£Sntgenschirm ausgiebig verkleinern, bzw. vergrSssern.

Uber den Tonus des tterzens kann seine GrSssen- und Formreaktion auf Lage- und Druckanderung wahrscheinIich Auskunlt geben.