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XII. Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universitat Wien. Uber Veriinderungen der Kammert~itigkeit des Froschherzens nach Abtrennung yon Sinus und Vorh~fen. Von Dr. Richard RSssler, Assistent am Institut. (Mit 4 Kurven im Text.) {Eingegangen am 6. VIII. 1925.1 I. Fragestellung. Zahlreiche~ tells physiologische, teils pharmakologische an Kalt- bliiterherzen ausgefUhrte Untersuchungen gelten der Frage~ ob die hinsiehtlich der Reizbildung dem Ventrikel Ubergeordneten Herzteile (Sinus und Vorh(ife) auch noch in anderer als der die rhythmischen Kon- traktionen ausli~senden Weise befiihigt seien, den Zustand~ die T~ttigkeit und das Verhalten der Kammer gegenUber Giften zu beeinflussen. So wurde besonders die M(iglichkeit des Bestehens einer yon den flihrenden Herzabschnitten ausgehenden tonischen Beeinflussung der Kammer- muskulatur in Erw~tgung gezogen und auch yon einzelnen Autorenl)7 unter Hinweis auf die yon ihnen nach Sinusausschaltung beobachteten Ver~tnderungen des Herzdiagrammes~ als zutreffend angenommen. Das Sinusgebiet wiire somit nicht nur die Ursprungsstiitte der physio- logischen Herzreize, sondern auch der Ausgangsort besonderer, einen ,~Tonus,, des Herzmuskels bedingender Einflttsse, wobei mit dem im allgemeinen fUr die verschiedensten Erscheinungen gebrauchten Worte ~Tonus, ein yon der rhythmischen Herztiitigkeit unabh~ingiger, die diastolische Ruhelage mitbestimmender VerkUrzungszustand des Ven- 1) A. v. Szent-Gy~rgyi~ Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1920, Bd. 184, S. 265. -- It. Regelsberger, Zeitschr. f. Biol. 1922, Bd. 75, S. 205.

Über Veränderungen der Kammertätigkeit des Froschherzens nach Abtrennung von Sinus und Vorhöfen

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XII.

Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universitat Wien.

Uber Veriinderungen der Kammert~itigkeit des Froschherzens nach Abtrennung yon Sinus und Vorh~fen.

V o n

Dr. Richard RSssler, Assistent am Institut.

(Mit 4 Kurven im Text.)

{Eingegangen am 6. VIII. 1925.1

I. F r a g e s t e l l u n g .

Zahlreiche~ tells physiologische, teils pharmakologische an Kalt- bliiterherzen ausgefUhrte Untersuchungen gelten der Frage~ ob die hinsiehtlich der Reizbildung dem Ventrikel Ubergeordneten Herzteile (Sinus und Vorh(ife) auch noch in anderer als der die rhythmischen Kon- traktionen ausli~senden Weise befiihigt seien, den Zustand~ die T~ttigkeit und das Verhalten der Kammer gegenUber Giften zu beeinflussen. So wurde besonders die M(iglichkeit des Bestehens einer yon den flihrenden Herzabschnitten ausgehenden tonischen Beeinflussung der Kammer- muskulatur in Erw~tgung gezogen und auch yon einzelnen Autorenl)7 unter Hinweis auf die yon ihnen nach Sinusausschaltung beobachteten Ver~tnderungen des Herzdiagrammes~ als zutreffend angenommen. Das Sinusgebiet wiire somit nicht nur die Ursprungsstiitte der physio- logischen Herzreize, sondern auch der Ausgangsort besonderer, einen ,~Tonus,, des Herzmuskels bedingender Einflttsse, wobei mit dem im allgemeinen fUr die verschiedensten Erscheinungen gebrauchten Worte ~Tonus, ein yon der rhythmischen Herztiitigkeit unabh~ingiger, die diastolische Ruhelage mitbestimmender VerkUrzungszustand des Ven-

1) A. v. Szent-Gy~rgyi~ Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1920, Bd. 184, S. 265. -- It. Regelsberger, Zeitschr. f. Biol. 1922, Bd. 75, S. 205.

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tr ikels bezeichnet wird 1). Damit ist allerdings nichts tiber das Wesen dieses Zustandes ausgesagt und eine solehe Aussage ist auch auf Grund der in diesem Zusammenhang hierUber vorliegenden Befunde unmiiglieh, selbst unter der Voraussetzung, sic wtirden die begriindete Annahme eines yon den supraventrikul~ren Herzteilen abh~ngigen Herzmuskeltonus in dem eben angedeuteten Sinne zulassen; es besteht mithin aueh keine Berechtigung, yon einer Analogie mit dem als Tonus des quergestreiften Skelettmuskels gekennzeiehneten Zustande zu spreehen - - wie dies gelegentlieh geschehen ist - - , da keines der zahl- reichen, fUr diesen Zustand als wesentlich erkannten Kriterien dureh die erwi~hnten Beobachtungen am Herzmuskel festgestellt wurde.

Neben diesen, dem Studium physiologiseher Beziehungen zwisehen Oberherz (Amsler und Pick2)) und Kammer gewidmeten Versuchen beanspruehen die yon pharmakologisehen Gesiehtspunkten ausgehenden Untersuehungen, welehe eine vergleiehende Analyse yon Giftwirkungen an der isolierten und der unter FUhrung des Oberherzens stehenden Kammer bezweeken, besonderes Interesse, weil man yon ihnen sowohl tiber den Angriffspunkt als aueh tiber die Wirkungsweise versehie- dener Gifte am Herzen Aufschlul] erwarten kann. - - D i e vielfaeh gemachte Beobaehtung, dab ein mit den Ubergeordneten Herzteilen zusammenhi~ngender und ein yon ihnen abgetrennter Ventrikel unter sonst miJgliehst gleiehen ~tuBeren Bedingungen auf manehe pharma- kologisehe Eingriffe in verschiedener Weise reagiert, zwingt zu der Annahme eines Zusammenhanges zwisehen dem Vorhandensein oder Fehlen des Oberherzens einerseits und dem Verhalten der Kammer gegenUber Giften andererseits. Wenn man sieh nun die Frage vor- legt, welehe Bedingungen fiir das Bestehen eines solehen Zusammen- hanges wesentlieh sein kiinnen~ so wird man zun~tehst die im An- sehluB an die Aussehaltung des Oberherzens auftretenden Anderungen der Kammerti~tigkeit - - insbesondere die meist sehr erhebliehe Ver-

1) Inwieweit den zur Sttitzung dieser Annahme beigebrachten experimen- tellen Befunden Beweiskraft zuerkannt werden kann, soil erst im Zusammenhang mit den im folgenden mitzuteilenden eigenen Versuchsergebnissen ausflihrlicher besprochen werden. -- Die nach kiinstlicher Dehnung der Kammer an ihr be- obachteten Verktirzungszust:,tnde (auch bei der yon P i e t r k o w ski 1) ausgefiihrten Vorhofdehnung war -- wie E. K o c h 2) eben einwandfrei zeigen konnte -- eine gleichzeitige Kammerdehnung der wirksame Eingriff) sind nicht besonders er- wiihnt, weil sic mit der vorliegenden Frage in keinem unmittelbaren Zusammen- hang stehen.

2) C. Amsler und E. P. Pick, Pfiiigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1920, Bd. 184.

l) G. P i e t r k o w s k i , Arch. L exp. Pathol. u. Pharmakol. 1917, Bd. 8t, S. 35. ~) :E. K o c h , 'Pfifigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1925, Bd. 207, S. 497.

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minderung der Schlagfrequenz - - za berUeksichtigen haben, weil ihnen, wie bekannt, fiir den Erfolg einer Giftwirkung, wenigstens in qaanti- tativer Hinsieht ausschlaggebende Bedeutung znkommen kann. In sol- chen Fallen wiire das andersartige Verhalten der Kammer gegentiber Giften nicht die unmittelbare Folge de r vorgiingigen Abtrennung des Oberherzens, sondern erst m i t t e l b a r (sekund~tr) dutch die an diesen Eingriff sieh anschlieBenden Anderungen der Kammerti~tigkeit bedingt: Ferner wird man aber auch daran zu denken haben 7 dab der Zu- sammenhang ein u n m i t t e l b a r e r sein kann, etwa derart, dal~ der an einem in Abhlingigkeit veto Sinus schlagenden Ventrikel beob- aehtete Vergiftungserfolg im wesentliehen auf einer Wirkung des be- treffenden Giftes auf das Oberherz beruhe. Wird dieses abgetrennt, so mn• sich, da der Weg, auf dem die Kammer beeinfiul~t wurde, unterbroehen ist, aueh das Vergiftungsbild i~ndern, and es kiinnen nun etwaige direkte Giftwirkungen auf den Ventrikel in den Vorder- grand treten~ die sich - : solange die Erseheinungen vom Oberherzen aus beherrseht waren -- entweder nieht ausbilden konnten oder der Beobaehtung entgangen waren. Wir hi~tten es also in diesem Falle mit einer, ihrem Wesen naeh yon den Xnderungen der Ventrikel- ti~tigkeit unabhi~ngigen Reaktionsi~nderung der Kammer dem Gifte gegentiber zu tun. Hierher wUrden aueh jene Reaktionsiinderungen gehSren, zu deren Erkl~trnng besondere~ im Sinus oder in den Vor- hiifen gelegene, die Giftwirkung am Ventrikel beeinfiussende Zentren angenommen worden sind; denn aueh hier ware ein unmittelbarer Zu- sammenhang gegebeu. Damit sind allerdings die Deutungsmiiglieh- keiten fur ein vom Oberherzen abhiingiges Verhalten der Kammer gegen- tiber Giften keineswegs erseh(ipft; es sell dies vielmehr nur ein Hinweis darauf sein~ dab eine solehe Abh~ngigkeit nicht nur unmittelbar dureh besondere EinflUsse yon Seite des Oberherzens, sondern aueh mittelbar dureh Ver~tnderungen der Kammertittigkeit bedingt sein kann. Da die letztere der beiden MSglichkeiten bei der Beurteilung tier hiertiber vor- liegenden Versuchsergebnisse nie besonders berUeksiehtigt wurde, schien es wtinsehenswert, in eigens daraufgeriehteten Versuchen fest- zustellen, welche Bedeutung ihr fur einige der bisher in diesem Zu- sammenhang erhobenen experimentellen Befunde zukommt. Bevor aber die direkt mit dieser Frage zusammenh~ngenden pharmakologi- sehen Untersuehungen angesteUt werden konnten~ war es notwendig, zu ermitteln, welehe Anderungen die Tiitigkeit der Kammer naeh Aus- schaltung des Oberherzens am urtvergifteten Pr~parat erf~hrt. Im folgenden sell nun tiber die bisherigen Ergebnisse dieser Versuehe berichtet werden.

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II. Versuchsobjekt und Methodik. Als O b j e k t fUr derartige Untersuehungen erwies sich das Herz-

streifenpr~parat des Frosehherzens in der yon A m s l e r und P i c k s) angegebenen Form besonders brauchbar: Die Kammer des ausge- sehnittenen Herzens wird dutch einen yon der Kammerspitze bis zur Basis sagittal ffeftihrten Scherensehnitt in einen reehten und linken Anteil zerlegt und einer der beiden Teile wird dutch einen zweiten Sehnitt langs der Atrioventrikulargrenze yon Sinus und Vorh~fen abge- trennt. Auf diese Weise erhalt man zwei Herzmuskelstiieke, yon denen das eine in Abhangigkeit vom Oberherzen (Sinus und VorhSfe), also im Sinusrhythmus sehlagt, wahrend das audere, aus dem Zusammenhang gelSste ventrikelautomatiseh tatig ist. Da beide MnskelstUeke yon derselben Kammer stammen, sind die yon Versuehstier ZU Versuehs- tier allenfalls bestehenden Versehiedenheiten als Fehlerquelle yon vornherein ausgesehaltet. Warden beide Herzteile gleiehzeitig in der- selben LSsung suspendiert und wird ihre Tatigkeit in geeigneter Weise registriert, so bieten sic sowohl der vergleiehenden physiol0gisehen wie aueh pharmakologisehen Untersuehung ein ausgezeiehnetes 0bjekt.

Die Einzelheiten der bei den mitzuteilenden Yersuehen augewandten Methodik~ bei der das Hauptgewieht auf mSgliehste G l e i e h a r i i g k e i t der Suspens ion und R e g i s t r i e r u n g der zu vergleiehenden Herzstreifen gelegt wurde, waren kurz folgende2): Ais puncta fixa far die Suspension dienten zwei kleine, an entspreehend gebogenen Glasstaben angesehmolzene Platinhakehen, die in gleieher HShe in 10 rain Entfernung nebeneinander fixiert wurden. An diesen Hakehen wurde die Kammermuskulatur der beiden Herzanteile in dem yon der Atrioventrikularfurehe und einem der beiden Sehnittrander gebildeten Winkel eingehakt und dann der der Kammer- spitze entspreehende Teil der Muskelstiieke mit feinen Klemmen geraint, yon denen Kokonfaden senkreeht naeh oben zu den fiir isotonisehe Re- gistrierung eingeriehteten Sehreibhebeln liefen.

Dutch diese Anordn'ung - - Festhalten der Atrioventrikulargrenze einerseits, Suspension der Kammerspitze andererseits - - war gewahrleistet, dag ebenso wie bei dem i so l i e r t en Kammers t i i ek aueh bei dem aus Kammer te i l und Oberherz bestehenden Praparat aussehlie~lich die Verkiirzungen des Kammeranteils zur Aufzeiehnung gelangten. Die Kon- traktionen des Oberherzens konnten sieh auf den Hebel nieht tibertragen, weil es ja jenseits des puncture fixum lag. Bei beiden Pr~paraten wurden also die Bewegungen Yon Herzanteilen registriert~ die hinsiehtlieh ihrer meehanisehen Bedingungen miteinander vergleiehbar waren.

Die Hebel - - sehmale aus Strohhalmen gesehnittene Spane - - waren naeh der yon E. Kupe lwiese r 3) angegebenen Art in Papierrhomben

1) C. Amsler u. E.P.Pick, Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1920, Bd. 184, S. 62. 2) Vergleiehe aueh Amsler, Zentralbl. f. Physiol. Bd. 31, S. 468. 3) Siehe E. Kupelwieser, Pfltigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1920, Bd. 189.,

S. 50 (Abb. 27 S. 56).

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gelagert; dadnrch sind die Lagerungswidersti~nde der Aehsea m~igliehst herabgesetzt.

An den aus diinnen Stahlnadeln gefertigten Aehsen waren je zwei ans einem Sttiek gedrehte Alumininmrollen yon 5 mm bzw. 2~5 mm ttalb- messer angebraeht. An der kleineren Rolle griff eine Last yon 0~2 g, an der griigeren Rolle griff die Kraft an. Da die Li~ng e der Sehreibhebel 105 mm betrug, warden die Hubbewegungen der Herzkammerstreifen in 21faeher VergrSBerung aufgezeichnet.

Die Sehreibspitzen waren arts zwei dutch ein Goldsehlitgerhautehen verbundenen Papierstreifehen zusammengesetzt 1). Die Einsehaltung des Gold- sehlligerhiiutehens maeht die Spitzen 7 ohne Beeintritehtigung ihrer Elastizitiit~ besonders leieht biegsam nnd ermiiglicht so bei geringer Reibung eine doch sehr siehere Anlegung an die Registrierfl~ehe.

Das Gesamtgewieht dieser beiden Hebel betrug 0~35 bzw. 0:39 g. Da es sieh bei den Versuehen um einen Vergleieh yon langsam ablaufenden Kontraktionen handelte, wnrde von einer Bestimmnng der Triigheitsmomente der Hebel Abstand genommen; sie konnten tibrigens wegen der anniihernd gleichen Gesamtgewiehte und der mSgliehsten Ausgleiehung aUer Dimensionen nieht erheblieh voneinander abweiehen, ttingegen muflte, um Kontraktions- grSfien vergleiehen zu k6nnen, besondere Sorgfalt darauf verwendet werden~ dag die Hebel an beiden Pri~paraten den gleiehen Zug austibten. Dies wurde in folgender Weise geprtift: Die~ wie oben besehrieben, gelagerten Hebel win'den an eine analytisehe Wage so herangebraeht, dag ihr Kraftarm (grSflere Rolle) mittels eines Kokonfadens und der aueh bei den Yersuehen v e r - wendeten feinen Klemme an der einen Wagsehale befestigt werden konnte. Dann wurde durch Auflegen yon Gewiehten geprfift~ welehen Zug der Hebel bei wagreehter Stellung des Strohhalmes an der Wagschale ausfibte. Bei den Versuchen fanden zwei Hebel Yerwendung 7 bei denen sieh so der gleiche Weft yon 0,52 g ergeben hatte.

Als R e gi s t r i e r a p pa r a t diente ein Sehleifenkymographion. Gesehrieben wurde nieht wie tiblieh iiber der grOfieren Trommel, sondern an einer ebenen Flaehe~ welehe das beragte Papier zwisehen tier gr(ifieren Trommel und einer neben dieser angebraehten Walze bildete. Dadureh blieb die Rei- bung der Sehreibspitze an der Registrierflaehe~ zu der die Hebelaehsen senkreeht standen, wi~hrend der Kontraktionen konstant~ d. h. sie war unabhangig yon der KontraktionsgrSge. Im Versueh standen die Sehreib- spitzen der beiden Hebel schriig iibereinander (Ordinatendifferenz etwa 15 ram), da es bei gleicher Litnge and paralleler Anlegung der Hebel nieht miiglieh ist, die Sehreibspitzen auf die gleiehe Ordinate einzustellen. Die Ordinatendifferenz konnte erst naehtritglieh mit Hilfe der Koinzidenz- marken beriehtigt werden. Die Zeit wurde mit einem elektromagnetisehen Signal in Intervallen yon 2 Sekunden gesehrieben. - - Wi~hrend tier Ver- suehe waren die Herzstreifen in sauerstoffdurehltfftete Ringersehe L~isung getaueht:). Zu diesem Zweeke wurde ein mit 10 cem dieser LSsung be-

1) 0. Frank, T i g e r s t e d t , Handbueh d. phys. Methoden 1911, Bd. 4, II., S. 24.

2) Die in den Versuchen verwendete Salz1~sung hat~e die Zusammensetzung: 0flO/o NaCl, 0,03O/o KC1, 0,02O/o NattC03, 0,02O/o CaCl~_.

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sehiektes kleines Gefafi yon unten her an die Pr/iparate herangebracht und ohne die Apparatur zu bertihren so weit gehoben, dab nut die Prii- parate und ein kleines Sttiek der Klemmen~ nicht aber die Kokonfaden mit der Fliissigkeit in Bertihrung standen. Zm" Abtrennung des Oberherzens mugte das Gef/il~ gesenkt werden~ am mit der Sehere an die Vorh6fe heran- kommen zu k6nnen; unmittelbar naeh Vornahme dieSer Operation wurde es wieder in seine ursprtingliche Lage gebraeht.

Die Versuehe wurden an Eskulentenherzen in den Monaten November his Marz ausgeftihrt.

I I I . Yersuchsergebnisse.

A. Versuche an I-Yerzstreifen.

Bei diesen Versuchen wurde das Herz so zerlegt, dab der l inke K a m m e r a n t e i l mit dem O b e r h e r z e n in Verb indungbl ieb . Dic Abtrennung des reehten Kammerteiles yon den VorhSfen geschah dieht oberhalb der Atrioven- trikulargrenze; dieses isolierte Ventrikelstiick sehlug dann, naeh einem gewi~hnlieh nur kurz dauernden Stillstand, in seinem eigenen~ gegen- tiber de m Sinnsrhythmns meist bedeutend ver- langsamten Rhythmus. Die Sehlagfolge des anderen Herzteiles erlitt dureh den Eingriff nur in wenigen Fallen St(irungen; wenn solehe auf- traten, so sehwanden sie fast immer einige Zeit naeh Eintauehen des Priiparates in die sauerstoffdurchltiftete Ringersehe Liisung. Um die Versuehsergebnisse nieht dutch derartige~ dutch die Operation gesetzte Sehadigungen zu beeintriiehtigen, wurde naeh der Pr~tparation und Suspension 30--60 Minuten gewartet und es fanden nut solehe Herzstreifen Verwendung~ die nach Ablauf dieser Zeit eine vollst~indig geordnete Ti~tigkeit zeigten.

Gleieh bei den ersten Versuehen fiel es besonders auf, dab ganz regelm~iBig der in seinem ~igenrhythmus t~tige Kammeranteil: ungleieh gliilere Kontraktionen ausftihrte als der in Ab- l~ingigkeit veto Sinus schlagende. Ein Beispiel fierftir gibt Kurve 1. Die 35 Minuten naeh Sus- )ension der Pr~iparate verzeiehneten Kurven assen den eben erw~hnten weitgehenden Unter- ehied der KontraktionsgrN]e sofort erkennen.

Kurve 1. A ~- Zeitmar- ken (2 Sekunden). B-~ Kurve des linken mit dem 0berherzen zusam- menh~ngenden Kammer- streifens. C ~ Kurve des rechten, isolierten

Kammerstreifens.

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Die Ordinaten (Bogen) der oberen, dem isolierten Kammermuskel ent- sprechenden Kurve sind mehr als doppelt so lang als die der nnteren und dasselbe GrSi~enverhiiltnis muB aueh fUr die Kontraktionen der beiden Kummerstreifen gelten~). Man kann also aus den Kurven durch Bogenmessung direkt die Differenz der KontraktionsgriiBen ermiteeln, sie lassen aber keinerlei SchlUsse tiber die Bedingungen and die Art des Zustandekommens der VergrtiBerung zu. Was zun~ichst die Be. dingnngen anlangt~ so waren vet allem die gleichzeitig bestehenden Unterschiede der Schlagfrequenz zu berticksichtigen, da, wie bekannt, eine Frequenzverminderung innerhalb gewisser Bereiehe mit einer Zunahme der KontraktionsgriiBe einhergeht. DaB aber dieser Faktor nieht ~.llein ftir die hier bestehenden GrSBenunterschiede verantwort- lieh zu maehen ist~ war sehon durch die in einigen Versuehen im Ansehlul~ an spontane FrequenzEnderungen beobachteten relativ ge- ringftigigen LEngeni~nderungen der Ordinaten sehr wahrseheinlieh ge- worden und sell in spEter angereihten, besonders darauf gerichteten Versuehen am ganzen Herzen gezeigt werden. Es mul]ten also noeh andere, dutch die Abtrennung des KammermuskelstUekes vom Ober- herzen gesehaffene Bedingungen far das Zustandekommen der er- wiihnten VergrSl]erung mal]gebend sein. Ehe jedoch die Versuehe besehrieben werden~ die sich mit dieser Frage and mit der Fest- stellung der Art der VergrSBerung besehliftigen, sell hier auf eine sehon eingangs zitierte Arbeit yon v. S z e n t - G y S r g y i eingegangen werden~ der unter Ehnliehen Bedingungen beobaehtete Zunahmen der Kontraktionsgrlil]e in ganz bestimmter Weise dentet:

Dieser Autor berichtet~ er habe an in sitn suspendierten i kiinstlieh durehstr~imten Eskulentenherzen naeh Anlegung der I. Stanniussehen Liga- tar eine VergrSBerung der naehher auftretenden automatischen Kammerpulse gefunden und kommt einerseits auf Grund seiner Herzdiagramme~ anderer- seits auf Grund direkter Messungen der Ventrikelliinge und volumetriseher Bestimmungen des Herzinhaltes zu dem Schluss% dab diese Vergriil~erung fast ausschliel~lich dm'eh vollstiindigere diastolisehe Ersehlaffnng des Ven- trikels erfolge. In den Kardiogrammen itul~erte sieh dies als Absinken der Kurvenfut~punkte auf ein tieferes 2~iveau. Eine genauere Betraehtung der v. Szent-GySrgyi als Beleg hierfiir mitgeteilten Kurven zeigt aller- dings~ daf~ die ~iveauiinderung nieht ohne weiteres auf eine ausgiebigere Ersehlaffung des :Herzmuskels zurtiekgefiihrt werden kann~ denn die Ful~- punkte der in Kurve l a wledergegebenen Kurve entspreehen nieht dem Ende der Ventrikeldiastolen~ sondern dem Zeitpunkt~ in welehem sieh Yen-

1) Von einer zahlenmEl3igen Angabe der GrGl3enuntersehiede kann abge- sehen werden, da sie flit die Charakterisierung der Erscheinung nicht yon Be- lang ist.

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trikeldiastolen und Vorhofsystolen hinsichtlich ihres mechanischcn Effektes cbcn kompensierenl). Es ist also nicht fcstzustcllen~ welchen Tiefpunkt die Sehreibspitze erreicht h~tte~ wenn die Umkehr ihrer Bewegungsriehtung bei gleicher Sehlafffrequenz und unver~ndertem Kontraktionsablauf statt durch die Vorhofsystole crst durch die folgende Ve~trikelsystote vcranlal~t worden ware. Aber wir k~nnen~ selbst unter der Voraussetzung~ der Fu~punktabfall sei Folge einer vollst~tndigeren Ersehlaffung~ aus der Kurve nieht ersehen~ ob daran - - wie v. S z e n t - G y ~ r g y i annimmt - - nur der Ventrikel beteiligt ist, da sieh bei der angewandten Methodik die Be- wcgungen mehrerer Herzabsehnitte auf den SchreibhCbel iibertragen konnten. Eine L~ngenzunahme der VorhSfe wurde ebenso einen Abfall des diastoo lisehen Niveaus bedingen, Dazu kommt noch~ da1~ vor und naeh dcr I. Stanniussehen Ligatur nicht die gleichen Herzanteile reglstriert wurden, denn dutch das Abbinden tiber der Darchstr6mungskantile wurden die jen- seits yon dieser Steile gelegencn Teile meehaniseh ausgeschaltet.

Unter diesen Umstanden ist eine vergleiehende Analyse der beiden Kardiogramme (Kurve l a und b) nieht nur in bezug auf das Ausmag der Vcntrikelkontraktionen, sondern auch hinsiehtlieh des Zusammenhanges zwi- sehen Formanderung der Kurven und Zustandsanderung des Ventrikels uu- mSglieh. Yon den Formversehiedenheiten hebt v. S z e n t - G y S r g y i be- sonders den nach Anlegeu der Ligatur beobaehteten steileren Ver]auf d e s

absteigenden Kurvenastes und das Auftreten yon Sehleuderschwingungen des Hebels am Ende der Diastole hervor~ welch letztere er in Analogie bringt zu den yon R. Ewald und G. Emanuel2) an der sogenannten Zug- kurve des atonischen Skelettmuskels gefundenen, Elastizitatsschwankungen,<. - - Die genanntcu Erscheinungen wurden yon v. Szen t -Gyi~rgy l auf einen dutch Aussehaltung des Sinus herbeigeffihrten ,Tonusverlust~ des Herz- muskels bezogen. Dieser Auffassung sehlog sieh auch H. R e g e l s b e r g e r 3) an, der bei seinen Untersuehungen yon der Frage ausging~ ob der yon v, S z e n t - G y S r g y i besehriebene Abfall der Kurvenful~punkte nur als Folge der Sehlagverlangsamung und der Veranderung des Kontraktions- ablaufes oder aber als Ausdruck eines davon unabhangigen Tonusverlustes aufzufassen 'sei.

Mit ~der mangelnden Beweiskraft der yon R e g e l s b e r g e r mitgeteilten Kurven bessh~ftigt sicheine eben ersehienene ausffihrliehe Kritik E. K o c h s 4)~ so dab sich ein Eingehen auf diese Versuche ertibrigt. Wohl aber mul~te zu den yon E. Koch gleichfalls kritisch behandelten Versuehen yon v. Szent - Gy~ r gy i Stellung genommen werden~ da die Kritik das Wesentliche bier nieht trifft: Koch setzt namlich bei BesprechUng der Kurven yon v. Szent - GySrgy i (Kurve 1 a und b) voraus, dal~ das Absinken der Ful]punkte nach der I. S t a nni u s sehen Ligatur dureh eine ausgiebigere Erschlaffung des Ven- trikels be,dingt sei und :untersueht~ ob diese und die tibrigen Kurvenver- ~nderungen die Annahme .eines Tonusverlustes der Kammer rechtfertigen.

1) Siche Th. W. E'ngelmann, Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1892, Bd. 52, S. 357.

2) G. Emanuel, Ebenda ~903~ Bd. 99, S. 363. 3) It. Regelsberger~ a. a. 0. 4) E. Koch~ Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1925, Bd. 207, S. 497.

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Die dabei gemachte Voraussetzung ist aber aus schon erSrterten Grt~nden dutch die Kurven nicht bewiesen, was in Verbindung mit der Tatsache, dal~ vor und nach der Stanniusschen Ligatur nicht die gleichen tIorz- anteile registriert wurden, gen~igt, um die Zul~ssigkeit der yon v. Szent- Gy6 r gyi aus den Kardiogrammen. gezogenen Schlfisse in Frage zu stellen. Dessenungeachtet sind aber die yon E. Koch gegen die Deutung der Kurven erhobenen Einw~ndo wertvoll, weil sie, durch besonders darauf gerichteto Versuche gesttitzt, einwandfrei dartun, dal] die Form~nderungen der Kurven, vet allem die ,Elastizit~tssch~vankungen,, zum Toil auf mechanische Un- zulanglichkeiten des Registriersystems zurfickzuf~ihren sind.

Somit zeigt sich also, dab der Versuch v. S z e n t - G y S r g y i s , die yon ihm beobaehteto KontraktionsvergrSBerung als Folge eines dutch Sinusaussehaltung bedingten Tonusverlustes zu deuten, nicht Uberzeugend ist. Andererseits geht aber aus den oben mitgeteilten eigenen Versuehen (s. Kurve 1) horror, d a b der Kammermuskel tat- s~chlich naeh Abtrennung des Oberherzens gr~flere Kontraktionen ausft~hrt als vorher und da~ dieses Verhalten sich nicht allein aus der gleichzeitig auftretenden Frequenzverminderung ableiten l~Bt. Letzteres wird J wie sehon angedeutet - - dutch welter unten mit- zttteilende Versuehe noeh besonders erh~rtet.

Um einen weiteren Einblick in die Erscheinung zu gewinnen, war es zun~chst notwendig festzustellen, in weleher Weise die Ver- grtifierung erfolgt. Dies konnte dadareh geschehen, dab VorhSfe und Sinus yon dem mit ihnen in Verbindung stehenden Kammeranteil w~hrend des Versuches abgetrennt wurden, was sieh bei der be- sehriebenen Anordnung der Versuehe ohne Bert~hrung des ausge- spannten Muskelstreifens und ohne St~rung der Registrierung be- werkstelligen laBt. Die Zeit veto Augenbliek des Absehneidens his zum Auftreten der ersten ventrikelautomatisehen Kontraktion wurde bei ruhender Registrierfl~ehe abgewartet, um die Kurven der automatisehen Pulse unmittelbar an das Diagramm der vorher- gehenden, im Sinusrhythmus erfolgten Kontraktionen anzuschlieBen und so die auftretenden Veranderungen anschaulicher hervortreten za lassen. Die Dauer des Ventrikelstillstandes naeh Aussehaltung des Oberherzens, die in jedem Versuche mittels Stoppuhr bestimmt wurde, war erhebliehen Sehwankungen unterworfen: neben Still- sti~nden yon wenigen Sekunden waren aueh solehe, die 20 Minuten und dartlber wahrten, zu verzeiehnen. - - ~ach vollzogener Abtren- nung des 0berherzens blieb der Kammerstreifen sofort in Diastole stehen, wobei die Sehreibspitze entweder auf das bisherige oder - - in der Mehrzahl der Versuehe - - auf ein tieferes, diastolisehes ~iveau absank, yon dem aus die erste ventrikelautomatisehe Kontraktion er-

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folgte. Im weiteren Verlaufe kam es dann hi~ufig zu einer ganz atl- miihlichen Senkung der FuBpunkte, die aber - - auch bei Beobaehtung tiber einen li~ngeren Zeitabschnitt - - nur selten ein gr(iBeres Ausma• erreiehte. Die Verbindungslinie der Ful~punkte ist nut wenig gegen die Abszisse geneigt, was diesen Abfall yon der im Augenblick der Stillstellung des Kammerstreifens plStzlich auftretenden Niveauver- schiebung unterseheidct. Hinsiehtlich ihrcs Ausmal~es blieben aber diese, die Lage der FuBpunkte betreffenden Veriinderungen, die nicht selten fast voIlsti~ndig fehlten, stets hinter den an den Kurvengipfeln beobaehteten Versehiebungen zuriick. Aus der in Kurve 2 wieder-

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A

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Kurve 2. A = Zeitmarken (2 Sekuuden). B~-- Kurve des linken Kammerstreifens C--~ Kurve des rechten isolierten Kammerstreifens. Bei x Abtrennung des Oberherzens: 20 Sekunden nachher Beffinn der ventrikul~ren Automatie.

x x 12 Minuten, bzw. x x x 20 Minuten nach der Abtrennung.

gegebenen Kurve ist zu ersehen, daB die nach Abtrennung des Ober- herzens auftretende betr~tchtliche Zunahme der Ordinatenl~tnge zum grSBten Teil dureh ein A n s t e i g e n der G i p f e l p u n k t e bedingt ist, d ab also die Verg rSBerung der a u t o m a t i s c h e n P u l s e im w e s e n t l i c h e n z u g u n s t e n der S y s t o l e erfolgt .

Die Form des Anstieges der Kurvengipfel weehselte yon Ver- such zu Versueh. Am h~tufigsten war die in Kurve 2 fcstgehaltene Anstiegsform zu beobaehten, die durch eine zuerst plStzlieh, im weiteren Verlaufe allm~thlieh sich vollziehende Zunahme der Systolen- hShe gekennzeiehnet ist. Nicht selten kommt es auch vor, dab sehon die erste ventrikelautomatisehe Kontraktion ein systolisches Niveau .erreicht, welches yon den folgenden Palsen nieht mehr tiberschritten

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208 XH. :RICHARD ROSSLER.

wirdl). - - Dureh dieses Verhalten der Kammerstreifen nach Aus- sehaltung des Oberherzens ist einerseits erwiesen, dab die in den ersten Versuehen beobaehteten Differenzen der Ordinatenliingen nicht etwa auf GrSBenunterschiede der beiden KammermuskelstUeke zu beziehen sind, denn die VergriiBerung der Kontraktionen ist auch an ein and demselben MuskelstUck zu beobachten, and ein Ver- gleieh der beiden Meehanogramme (B and C) in Knrve 2 zeigt die anniihernde Ubereinstimmung der Kontraktionsgriil~e der automatiseh tiitigen Kammerstreifen. Andererseits geht abet aus den Versuehen noch nicht mit Sicherheit hervor, ob die festgestellten Zunahmen der Kontraktionsgriil]e nieht etwa auch auf zuf~illige mechanisch bei der Zerlegung des Ventrikels gesetzte Veriinderungen zurtickzufUhren sein k(innten. Um nun aueh die M~iglichkeit eines Einflusses solcher Faktoren auszuschliel~en, warden die an Herzstreifen gewonnenen Ergebnisse dureh Versuehe am ganzen Herzen uberprtift, die im folgenden kurz beschrieben seien.

B. Versuche am ganzen Herzen.

Die Methodik war im wesentliehen die gleiehe wie bei den Ver- suchen an Herzstreifen. Das isolierte Herz wurde etwas kammer- spitzenw~trts yon der Atrioventrikulargrenze an einem der Platin- h~tkehen eingehakt and die feine Klemme an die Kammerspitze an- gelegt, so dab sieh auch bei diesen Versuchen nur Liingen~inde- rungen des Ventrikels a u f den Sehreibhebel Ubertragen konnten. Ein kleiner, mi~glichst nahe der Kammerspitze, senkrecht zur Liingsaehse des Ventrikels gefUhrter Einschnitt gewi~hrleistete eine zureiehende Versorgung des Kammerinneren mit sauerstoffdurehliifteter Ringer- 15sung2). Naeh der Suspension wurde wie bei den Herzstreifen einige Zeit zugewartet und dann, naeh Verzeiehnung einer Reihe yore Sinus ausgelSster Kontraktionen, das Oberherz mit einem Seherenschlag ab- getrennt. Die hieran sich anschliel~enden Veri~nderungen der Kammer- ti~tigkeit stimmen - - wie Kurve 3 zeigt - - weitgehend mit dan an Herzstreifen beobachteten Uberein. Man sieht, dab die Aussehaltung der supraventrikuliiren Herzteile aueh hier yon einer betri~ehtliehen Zunahme der KontraktionsgrSBe der ventrikelautomatischen Pulse ge- folgt ist, die fast ausschliei~lieh zugunsten der Systole erfolgt. Der i~uBerst geringftigigen Senkung des diastolisehen ~iveaus kommt fiir

1) Nur in ganz wenigen Ausnahmef~illen fehlte die VergrSBerung der auto- matischeu Kontraktionen.

2) Siehe A m s l e r , a. a. O.

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~ber Veriinderangen der Kammert~itigkei~ des Frosehherzens usw. 209

die Vergrti~erang der Kontraktionen nnr nntergeordnete Bedeutung zu. Es zeigen also diese Versuche, dab die beschriebenen Erschei- nungen nicbt auf einem besonderen Verhalten des Herzstreifenpriipa-

r a t e s beruhen kSnnen.

Kurve 3. A ~ Zeitmarken (2 Sekuaden). B-~ Kurve des Ventrikels vor "~ and nach ~' 1' der Abtrennang des Oberherzens. Bei x Abtrennung. Unmittelbar

n~chher automatisehe Pulse.

Eine bedeutende, wean auch wahrscheinlich (s. S. 204) nicht ausschlaggebende Rolle ftir die Zunahme der SystolenhShe ki~nnte ~ber der fast immer sehr betr~chtlichen, gleiehzeitig auftretenden S c h l a g v e r l a n g s a m u n g zukommen and es war darum experimen- tell zu prtifen, in welchem Umfang sie zur Deutang der Versuchs- ergebnisse 5erangezogen werden mull. Die besonders auf diese Frage gerichteten Versuche wurden in der Weise angestellt, dab der S inus eines in Abh~tngigkeit yon ihm sehlagenden Herzens mit einerTbermode, durch welche st~ndig Eiswasser dnrehlief, isoliert a bg ckii h 1 t wurde ~). Es tritt dann in anmitte]barem AnschtaB an die Ki|blung die Schlag- verlangsamnng and die yon ihr abhi~ugige Vergr~Berung der Kon-

1) Um eine isolierte Kiihlung m~glichst-sicher durchfiihren zu k~innen, wurde bei tier PrEparation ein kleines Stiiek der Wandung der unteren Hohl- vene an einen feinen Faden angesehlungen und am isoliorten Pr~iparat nut die in uamittelbarer lq~he der so festgehaltenen Stelle gelegenen tterzteile mit der Thermode in ]3eriihrung gebraeht.

Archly f. experimenL l~ a. Pharmakol. Bd. 110. 1J~

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210 XII. I~ICHARD R[}SSLER.

traktionen auf. Wenn man nun naeh Aussetzen der Kiihlung das Oberherz abtrennt, so gibt die Differenz zwischen der GrSl]e der Kammerkontraktionen w[ihrend der Ktihlung und naeh der Anssehal- tung des Oberherzens - - falls die zugeh~rigen Sehlagfrequenzen nieht welt auseinander liegen - - ein ungef~ihres Bild yon der nicht ant :~nderungen der Sehlagfolge beruhenden Zunahme der Systolenhshe der ventrikelautomatischen Pulse. Ein Beispiel eines solehen Ver- suehes ist in Kurve 4 wiedergegeben. Sit zeigt, dab die naeh Ab- trennung des Oberherzens auftretenden automatisehen Kontraktionen weit Uber das w~hrend der Kilhlung yon den Kurvengipfeln erreichte l~iveau hinausgehen, obwohl ihre Frequeuz hSher ist als dig Sehlag- folge w~ihrend der Sinuskiihlung. Dami t s ehe in t b e w i e s e n , dal]

BI C A

X X X X X > <

Kurve 4. A = Zeitmarken (2 Sekunden}. B----- Kurve des Ventrikels. C~ G '= Abszissen. Bei x Beginn der Sinuskiihlung, x x ~---Endr der Kiihlung und Abtrennung des Oberherzens. 3 Minuteu nachher die ersten ventrikelautoma- tischen Kontraktionen. x><x = 10 Minuten nach Ausschaltunff des Oberherzens.

die b e o b a e h t e t e n V e r g r S B e r u n g e n der a u t o m a t i s e h e n P u l s e nu t zum Tell dureh )~_nderungen der S e h l a g f r e q u e n z bedinf f t skin kSnnen,

Uber Versuehe, welehe sich mit der weiteren Analyse der be- sehriebenen Erseheinung beseh~tftigen, soU sp~iter berichtet werden.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. Es konnte sowohl am Herzstreifenpr~iparat wie aueh .-- da- mit iibereinstimmend -- am ganzen isolierten Frosehherzen gezeigt werden, dab die GrSl~e der i s o t o n i s e h registrierten Kontraktionen des Kammermuskels naeh Abtrennung des Oberherzens (Sinus und Vorhi~fe) betr~iehtlich zunimmt.

2. Die an den ventrikelautomatisehen Pulsen beobaehtete Zu- nahme der K o n t r a k t i o n s g r S B e erfolgt vorwiegend, in vielen F~illen fast aussehlieBlieh~ z u g u n s t e n der Sys to l e , was in den Kurven in einem Ansteigen der Gipfelpunkte zum Ausdruek kommt.

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Uber Ver~nderungen der Kammert~tigkeit des Froschherzens usw. 211

3. Der Lage~nderung der Kurvenful]punkte ~ ein meist nur geringfiigiges Absinken auf ein tieferes Niveau ~ kommt fur die Erseheinung nut untergeordnete Bedeutung zu und diese kann datum aueh n ieh t mit einem dureh Oberherzaussehaltung bedingten ,Tonus - v e r l u s t , des Herzmuskels in Z u s a m m e n h a n g gebraeht werden.

4. Die beobachtete VergrSl~erung der ventrikelautomatisehen Kon- traktionen l~l]t sieh nur zum geringen Teil aus der gleiehzeitig be- stehenden Yerminderung der Sehlagfrequenz ableiten.

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