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(Aus dem Waisenhaus und Kindemsyl der Stadt Berlin [~trztlicher Direktor: Prof. L. F. Meyer].) lJber Veriinderungen der Serumsalze (Kationen) bet Gewiehts- schwankungen im S~iuglingsalter, Von E. Nassau und A. Landau. Mit 1 Abbildung im Text. (Einffegangen am 20. Juli 1923.) Seit den Untersuchungen Bunges und Jaques Loebs gilt die Erhaltung einer konstanten Isotonie der Gewebss~fte als unbedingtes F~rfordernis zum normalen Ablauf der Lebensprozesse. I)er Bestand dieser Isotonie wird im wesentliehen durch die Salze aufrecht erhalten, die dutch die Kleinheit ihre Molekfile die wirksamsten Regulatoren ffir die osmo- tischen Vorg~nge in den Gewebssiiften sind. Im gesunden Organismus spielt sieh die Regulation im Salz- und Wasserhaushalt so ab, dab zuni~ehst ein Austausch yon Salzen und Wasser zwisehen Gewebszelle und Blur stattfindet. Das Blur verfiigt fiber eine Reihe yon Mgglich- keiten, die es bef~ihigen unter den verschiedensten ~al~eren Bedingungen aueh weitgehende Ansprfiehe des Wasser- und Salzstoffweehsels der Gewebe nnter Erhaltung der eigenen Isotonie zu befriedigen. Die elektiven ausscheidenden Funktionen der l~iere ftir bestimrnte Salze und ffir Wasser garantie~t neben der Wasserausscheidung durch Imngen, Haut und Darm die Konstanz der Isotonie im Blute. Die Erhaltung dieses Salzwassergleichgewiehtes leidet, wie zuerst Untersuchungen von Salge gezeigt haben, bet den akuten Ern~hrungs- sCSrungen mit toxisehem Einsehlag. Nach den fibereinstimmenden Untersuehungsergebnissen von Salge, Lust, Peiper und Balint, Marriott, Kirsten Utheim wird die Relation yon Wasser tmd Eiwei~ zugunsten des letzteren verschoben. Es kommt zu einer Eindickung des Blutes. Uber das Verhaltea der einzelflen Salze im Serum bet dieser EiweiS- vermehrung und Wasserverminderung, vor allem tiber ihre gegenseitige Beeinflussung oder vertretung ist bisher wenig bekannt. Die Befunde einer Vermehrung der Chloride und eirmr Emiedrigung des Gefrier- punktes im Serum akut ern~hrungsgestSrter Kinder sagen zuni~ehst niehts aus fiber das Verhalten der ftir die physiologischen Vorg~nge bet

Über Veränderungen der Serumsalze (Kationen) bei Gewichts-schwankungen im Säuglingsalter

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Page 1: Über Veränderungen der Serumsalze (Kationen) bei Gewichts-schwankungen im Säuglingsalter

(Aus dem Waisenhaus und Kindemsyl der Stadt Berlin [~trztlicher Direktor: Prof. L. F. Meyer].)

lJber Veriinderungen der Serumsalze (Kationen) bet Gewiehts- schwankungen im S~iuglingsalter,

Von E. Nassau und A. Landau.

M i t 1 A b b i l d u n g im T e x t .

(Einffegangen am 20. Juli 1923.)

Seit den Untersuchungen Bunges und Jaques Loebs gilt die Erhal tung einer konstanten Isotonie der Gewebss~fte als unbedingtes F~rfordernis zum normalen Ablauf der Lebensprozesse. I)er Bestand dieser Isotonie wird im wesentliehen durch die Salze aufrecht erhalten, die dutch die Kleinheit ihre Molekfile die wirksamsten Regulatoren ffir die osmo- tischen Vorg~nge in den Gewebssiiften sind. Im gesunden Organismus spielt sieh die Regulation im Salz- und Wasserhaushalt so ab, dab zuni~ehst ein Austausch yon Salzen und Wasser zwisehen Gewebszelle und Blur stattfindet. Das Blur verfiigt fiber eine Reihe yon Mgglich- keiten, die es bef~ihigen unter den verschiedensten ~al~eren Bedingungen aueh weitgehende Ansprfiehe des Wasser- und Salzstoffweehsels der Gewebe nnter Erhaltung der eigenen Isotonie zu befriedigen. Die elektiven ausscheidenden Funktionen der l~iere ftir bestimrnte Salze und ffir Wasser garantie~t neben der Wasserausscheidung durch Imngen, Haut und Darm die Konstanz der Isotonie im Blute.

Die Erhaltung dieses Salzwassergleichgewiehtes leidet, wie zuerst Untersuchungen von Salge gezeigt haben, bet den akuten Ern~hrungs- sCSrungen mit toxisehem Einsehlag. Nach den fibereinstimmenden Untersuehungsergebnissen von Salge, Lust, Peiper und Balint, Marriott, Kirsten Utheim wird die Relation yon Wasser tmd Eiwei~ zugunsten des letzteren verschoben. Es kommt zu einer Eindickung des Blutes.

Uber das Verhaltea der einzelflen Salze im Serum bet dieser EiweiS- vermehrung und Wasserverminderung, vor allem tiber ihre gegenseitige Beeinflussung oder ver t re tung ist bisher wenig bekannt. Die Befunde einer Vermehrung der Chloride und eirmr Emiedrigung des Gefrier- punktes im Serum akut ern~hrungsgestSrter Kinder sagen zuni~ehst niehts aus fiber das Verhalten der ftir die physiologischen Vorg~nge bet

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der Wasserbindung 'bedeutsameren Kationen. Die Stoffwechselunter- suehungen batten bei den akuten durchfi~lligen Erni~hrungsstSrungen bisher gleiehmi~Big negative Bilanzen far Na~rium und Kaliurn ergeben. Der vermehrte Zelluntergang bei den Toxikosen im Verein mit Be- hinderung der Resorption der eingeftihrten Salze ist die Quelle, aus der diese die Einfuhr iibersteigende Salzausfuhr stamrnen muBte (Destruk- tionsverluste, Tobler). Wie sich der Stoffweehset der Kationen abet jenseits der Darmwand verhielt, wie vet allern das Blur die reiehlieher zuflieBenden Salzrnengen bew~tltigte, blieb zuni~chst ungekli~rt. Metho- dische Sehwierigkeiten stellten sieh dem Untemehmen bier Klarheit zu schaffen bis vet kurzem entgegen. Und doeh war zu erwarten, dab eine Untersuehung der Serumsalze die Kenntnis yon den intermedii~ren Vorgi~ngen bei den akuten Toxikosen vielleieht urn einen Sehritt fSrdern kormte. Solehe Untersuchungen, die sieh aus/~u$eren Griinden auf die BesMmmung yon Na, K und Ca beschriinken muBten, haben wir bei 15 gesunden, gedeihenden Kindern und bei 24 kranken Kindern angestellt, Eine Beschriinkurlg der Untersuchung auf diese 8 Salze lieB sich darnit reehtfertigen, dab far den Wasserhaushalt nnd Wasserstoffwechsel nach den Untersuehungen yon Freund, L. F. Meyer und S. Gohn, Schlop diese Kationen yon aussehlaggebender Bedeutung sind, indem sie teils hem- mend, tefls fSrdenld den Wasserstand im Organisrnus des gesunden Siiughngs regeln. Untersuehungen der Salze waren daher besonders in den Fi~llen yon Interesse, bei denen sti~rkere Sehwankungen der Ge- wiehtskurve oder Austroeknungserseheinungen am Integument einen kliniseher~ Hinweis auf Xnderungen im Wasserhaushalt des Organismus abgaben.

Veto Standpunkt der Klinik ausgehend waren 2 Forrnen der akuten Gewichtsabnahme zu unterseheiden, die in ihrer me•baren Gr61~e zwar gleieh sein konnten, die sieh aber ia ihrer klinisehen Wertigkei$ weit- gehends unterschieden : die Gewiehtssttirze der akut erni~hrungsgestSrten Kinder, die unbehandelt zum Untergange des Patienten ftihren, und die betriiehtliehen Gewiehtsabnahrnen der konstitutionell hydrolabilen Kinder, die unbehandelt mit dem Schwinden der ursachlichen Schi~- digung wieder ausgegliehen werden. Es ergab sieh die Frage, ob dern kliniseh so ganz differeuten Verhalten auch Besonderheiten im Salz- wasserhaushalt entspri~ehen.

Sowohl die akuten Wasserabgaben tier schwer emi~hrungsgest6rten Si~uglinge, als aueh die betri~ehtliehen Schwankungen irn Gewicht der hydrolabilen Kinder kormten, so durfte man sieh vorstellen, im milieu interne entweder zu einer-h0chgradigert Konzentrationsveri~nderung fiihrea oder es war eine dern Wasserverluste entspreehende gleichzeitige Ausseheidung aller anderen K6rperbestandteile, insbesondere der Salze zu erwarten. Die Konzentrationsi~nderung irn Sinne einer Eiudickung

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ist bis j e t z t bei den a k u t e n Toxikosen aus B e s t i m m u n g e n des G e sa mt - eiweiBes des B lu te s und des Serums und aus B e s t i m m u n g e n d e r Chloride erschlossen worden.

Bestimmungen der Kationen hStten es dabei vielleieht ermSglichen kSrmen, die Mittel ~ufzudecken, mRtels derer der Organismus bei den plStzlich einsetzenden, begrachtlichen Wasserverlusten seine Isotonie aufrecht erhMt. Zur Bestimmung der fiir die Wasserretention allein bedeutsamen Ionen der Salze stehen quanti-

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1. Z 8. 4. Abb. 1. Durehschnittswerte fiir EiweiB, Natrium, Kalium ,und Calcium im Serum bei: 1. nor- malen Kindern mit guter Ge- wichtszunahme; ~. HydrolabN len Kindern mit Gewichtssturz; 8. Kindern mlt akuter Dyspipsie ;" 4. Kindern mit alimentarer In-

toxikation.

tative Methoden aber noeh nicht zur Verfiigung; es ergab sich daher bald die UnmSglichkeit, die letzte Frage zu beantworten.

Zur Bestimmung yon Natrium und Kalium wurden die yon Kramer und Tisdall, fiir die Be- stimmung des Calciums die yon de Waard an- gegebenen l~ethoden benu$zt. Daneben wurde das Gesamteiweifl des Serums im Mikrokjeldahl- verfahren bestimmt. Die angegebenen Resultate sind fast stets Durchschnittswerte aus Doppel- bestimmungen. Zu jeder voUst~ndigen Unter- suchnng waren 9 ccm Serum notwendig, Alle Blutentnal~nen wurden etwa 2 Stunden naeh der Mahlzeit vorgenommen.

Das E rgebn i s de r vor l iegenden Unte r - suehung b r ing t d a h e r zuni~ehst n u r Gesamt - s u m m e n d e r anorgan i sch und organiseh ge- b u n d e n e n und de r freien Ka t ionen . Das E rgebn i s de r U n t e r s u e h u n g yon Na, K und Ca und des zur Or ien t i e rung para l l e l be- s t i m m t e n GesamteiweiBes des Serums war (siehe nebens t ehende Tabelle) .

Zwisehen den G e w i c h t s a b n a h m e n der tox i seh e rn~hrungsges t6 r t en Si~uglinge und den Schwankungen de r Gewieh t sku rve be i den h y d r o l a b i l e n K i n d e r n bes t eh t e in wesent l ieher U n t e r s e h i e d im Verha l t en der Serumsalze .

Bei a l len a k u t e n Ern~hrungss t6 rungen , die nach F i n k e l s t e i n als Toxikosen zu beze iehnen w~ren, f and sieh in Besti~tigung der sehon

vorher erwi~hnten U n t e r s u c h u n g e n eine E iwe iBvermehrung im Blute , d ie im Verein mi t de r yon Salge gefundenen Gef r i e rpunk t se rn i ed r igung auf eine E ind i ekung des B lu te s sehliel]en lielL A n d ieser E ind i ek tmg lJetei l igen sich a b e r aueh, wie nach der bere i t s frf iher ge fundenen C1- Vermehrung zu e rwar t en war, d ie K a t i o n e n . Rege lm~Big f indet sieh eine V e r m e h r u n g des N a t r i u m s , die de r Z u n a h m e des SerumeiweiBes in ihrer Sti~rke e twa para l l e l geht . K a l i u m u n d Calc ium s ind d a b e i in ihrer Q u a n t i t ~ t k a u m ver~nder t . Die fas t regelm~l~ig gefundene le ieh te Ver-

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Verminderung des Kaliums gegeniiber dem Natrium li~l~t einen einfaehen Kompensationsmechanismus zwisehen Natrium und Kalium nieht als wahrscheinfich annehmefl. Die Vermehrung des Calciums bei den Toxi- kosen k6nnte dem durch die Eiweii~zunahme gesteigerten Gehalt an Kalk-Eiwei~verbindungen entspreehen. Die Stgrke der EiweiB- und Natriumvermehrung ging der Schwere der StSrung im allgemeinen par- allel. W~hrend sich die Werte fiir Natrium und EiweiB beim dyspep- tisehen Kinde zwisehen 3,99--5,03 cg %, resp. fiir Eiwei~ zwisehen 6,42--9,86g % bewegten, waren die entsprechenden Werte ftir den intoxizierten Siiugling: Natrium 5,09--6,81 cg %, f i i r Eiweil3 7,02 bis 12,13 g ~/o, gegeniiber 2,92 4,07 cg % Na und 5,07~6,98 bei nor- malen, gedeihenden Kindern. Mit dem Eintritt der klinischen Besserung sehwand auch sehr rasch die krankhafte Ver~nderung im Serum. ~qach etwa 8 Tagen war die Menge der Salze und des Eiweifles wieder zur Norm zurtiekgekehrt. Hierfiir ein Beispiel:

Kind 13]. Intoxikation. 1. Blutentnahme am 4. V. 1923. Schwer toxisch.

5,09 ~qa 12,12 EiweiB

2. Blutentnahme am 7. V. 1923, Kind en~gifte~. 4,55 ~a 6,81 Eiweil~

3. Blutentnahme am 11. V. 1923. Gewichtszunahme. 3,99 ~a 6,56 Eiwei]3

Die absolute Gr613e des Wasserverlustes, gemessen an der GrSBe der Gewichtseinbul3en steht dem Grade der Blutverhnderung bei den akuten, durchf~lligeu Em~hrungsst6rungen in keinem direkten Verhi~Rnis.

GrSBo der Ab- nahme an Na K .EiweiI]

einem Tago

200 g 180 g 500 g 10O g

4,16 3,99 6,81 4,52

0,120 0,200

0,362

9,06 :7,45 7,02 4,52

W~hrend die akuten Gewichtsabnahmen der ern~hrungsgestSrten S~uglinge zu schwerwiegenden Ver~ndertmgen im Serum fiihren, fehlen ~,hnl~ehe Erseheinungen im Serum der hydrolabilen Kinder gelegentlich plStzlieher Gewichtsstiirze vollst~ndig. Ganz ~hnlich verhalten sich be- tr~ehtliehe Anstiege des Gewichtes. Es wi~re deshalb falseh, die Ursache der Eindiekung des Blutes bei den Toxikosen allein in der Wasseraus- schwemmung zu suehen. Im Gegensatz zu der bei den akuten Toxi- kosen regelmi~Big gefundenen Eindickung und Salzvermehrung im Serum fehlte bei den hydrolabilen Si~uglingen selbst bei erheblichen Sehwan- kungen des Gewiehtes jegliehes Zeiehen einer Veri~ndefung des Blut-

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der Serumsalze (Kati0nen) bei Gewichtschwankungen im S~tuglingsalter. 239

Salzgehaltes. 8tefle Zunahmen (bis 290 g am Tage) und steile Abnahmen (bis 500 g am Tage) gnderten die Korrelation der Sa]ze zueinander und zum Wasser nicht, solange ira Allgemeinbefinden der Kinder keine Zeichen bemerkbar waren, die auf das Hineinspielen akuter toxischer Prozesse hinwiesen (s. Tab. 1, Spalte 2).

GrSfle d. Zunahme

pro die

+180 g -}-170 g +270 g

Ste i le Zunahmen

I~'a K

3,77 0,37 3,79 - - 4107 0,20

GrSi3e Ca Eiweil3 [ d. Abnahme

[ pro die !

- - 5,58 I --170 g 6,45 [ --300 g

1,0 5,86 --100 g - - - - - - 1 5 0 g

Oewichtsabnahmen

Na K

3,79 - - 4,15 0,256 4,43 0,376 3,66 0,321

Ca Eiweli~

- - 6,45 6,14

1,2 5,90 1,1 5,58

Das hydrolabile Kind v e r m a g - im strikten Gegensatz zum akut ern~hrungsgest6rten S~ugling - - auch starke Schwankungen in seinem Wasserbestande unter Erhaltung der Zusammensetzung seiner Gewebe spontan auszugleichen.

Welche Erkli~rung li~f~t sich fi!r dieses unterschiedliche Verhalten des akut emahrungsgest6rten und des hydrolabilen Kindcs linden ?

Die Wege auf denen das Wasser den K6rper verD, l~t, sind offenbar ausschlaggebend ftir das Verhalten der m i t dem Wasser mitgeftihrten Salze. Die intakte Nierenfunktion, wie sie beim hydrolabilen Kinde vorliegt, vermag t rotz dcr wcitgehenden Anspriiche, die durch die Ge- wiehtsabnahme an den Wasserstoffwechsel gestellt werden, durch die elektive Ausscheidung dcr die Isotonie stSrenden Salze das Gleich- gewicht ira Salz-Wasserhaushalte wieder herzustellen und aufrecht zu erhalten. Es wird ihln dieser Vorgang um so leiehter gelingen, als es sich bei den Wasserverlusten der t tydrolabilen wahrscheinlich nur um die Ausschwemmung und Anlagerung yon locker gebundenem Wasser handelt, das anscheinend keinen absoluten lebensnotwendigen Bestand- tell des Protoplasmas darstellt. So ist es auch zu erkli~ren, da$ eine Jknderung des Seruraeiweil~es bci den hydrolabilen Kindern im Gewichts- sturz vermiBt wird. Die Wasserausschwemmung aus d.en Geweben ist im Gegensatz zu al len toxisch bedingten Ern/~hrungsst6rungen nicht yore Untergang yon Zellen begleitet, deren in den Kreislauf geschweramte Eiweil3bestandteile wahrscheinlich zur Eiweil]vermehrung im Serum mit beitragen. Es liegt eben nur ein Reduktions- oder Konzentrat ions- verlust, aber nicht ein Destruktionsverlust im Sinne Toblers bei diesen Kindern vor. Eine KaliumerhShung allerdings, die bci tats'Xehhchem Zellverfall erwartet werden muBte, konnte nicht festgestellt werden. :Nimmt man a b e r entgegen dieser Vorstellung, die die Wasseraus- schiittung in den Vordergrund stellt, an, daI~ das primiire nicht der

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Wasserverlust sondern tier Salzverlust ist, der erst sekundiir die entsprechenden Wassermengen aus den Geweben mit sich reiBt,, so wird es trotzdem nicht zur Salzstammg kommen, so lange die ans-' scheidenden Funktionen der Niere intakt sind. Zu Stsrungen dieser Funktion gibt aber die ttydrolabilitEt an sich offenbar keinen An]aft.

Die krankhafte Ver~nderung im Verhal~en der ]31utsalze stell~ sich erst dann ein, wenn andere spezifische Vorg~nge im ]3lut und Gewebe zu einer StSrung der Nierenfunktion A~lal~ geben. Ande re Wege, die kompensierend bei einer StSrung der Nierenfunktion eintreten, sind - - wie die Ausscheidung yon Salzen dutch der~ Darm - - kaum imstande eine der Nierent~tigkeit gleichwertige Regulation des Salzstoffwechsels zu garantieren. :Den toxischen GewichtseinbuBen entsprich~ keineswegs eine erhShte Harnmenge. Im Gegenteil ist die Verminderung der Ham- sekretion, gesteigert bis zur Anurie ein wesentliches und friihzeitiges Zeichen der Ernghrungss~Srungen mit toxischem Einschlag. Die ver- mehrten, wal]rigen Stiihle entziehen dem 0rganismus Wassermengen, die ann~hernd den eingesparten Hammengen entsprechen. Es miissen also gemessen an der Gewich~skurve enorme ~Wassermengen durch die Perspiratio insensibilis den K6rper verlassen haben. Dieses dutch Lungen und Haut abgegebene Wasser ftihrg aber Salze in irgcndwie betr~cht- licher Menge nicht mit. Der Versuch des Organismus, 8ich der aus unter- ffegangenen Geweben stammenden Salzmengen, die sich im Blute Mt'u]en, dutch den Darm zu entlediffen, geniigt abet o//enbar nicht, um alas ~ber- angebot aus den Geweben auszugleichen. Es kommt zur Salzstauung und zur Eiweiftvermehrung um so eher und intensiver, je betr~chtlicher die Mengen des Zelleiweil3es sind, die im Organismu s geschs werdei1 und tmtergehen. Jeder Versuch des Organismus dutch Hergabe yon Wasser aus den Geweben der Bluteindickung abzuhelfen, ftihrt abet im wasserverarmten Organismus erneut zur Sch~digung yon K6rperzeUen, Der Mangel an disponiblem Gewebswasser bedingt die Unf~higkeit, das eingedickte Blur auf physiologisohe Konzentrabion zu bringen. Der Befund einer einseitigen Vermehrung des Natriums entspricht hierbei den Befunden Toblers, der an den Organerl der 8~uglinge, die einer Em~hrungsst6rung erlegen waren, zun~chst nut Schwinden der ~qa: Salze und erst bei Gewebsver~nderungen h6herer Gr6Benordnung eine Verringerung der Kaliumbest~nde land.

Zusammen[assung.

1. Eine Veri~nderung der Serumsalze findeb sich nur bei den aku ten Toxikosen. Die Ver~nderung besteht in einer Zunahme des Natriums, bei den schweren Erkrankungen vielleicht in einer leichten kompensatorischen Abnahme des Kalium~, die Mengen des Calciums

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der Scrumsalze (Kationen) bei Gewichtschwankungen im Sauglingsalter. 241

i m Serum erhShen sich e n t s p r e c h e n d der Z u n a h m e an K a lk -E iw e iB- v e r b i n d u n g e n 1).

2. Die g le ichzei t ige Vermehrung des GesamteiweiBes des Serums b e r e c h t i g t zur A n n a h m e , d a b es sieh u m eine abso lu t e V e r m e h r u n g des N a t r i u m s (E ind iekung des Blute@ h a n d e l t .

3. Die GrSBe des Wasse rve r lus tes , gemessen a m Verha l t en des KSr - pergewichtes , i s t f a r den E i n t r i t t d ieser S tSrung im Sa l z -Wasse rhausha l t n i ch t ausseh laggebend .

4. Hydrolabile K i n d e r mi t be t r i i ch t l i ehen Sehwankungen ih re r Ge- w ieh t sku rve zeigen keinerlei Ver~inderungen im Verha l t en ihrer B lu t - salze.

5. D i e Sa l z s t auung s te l l t sich ein, w e n n die sa lzaussche idenden F u n k t i o n e n leiden, wenn Wasse r auf ande ren Wegen (Persp i ra t io ) den K S r p e r verli~l~t u n d kein Wasser aus den D e p o t s zur B l u t v e r d t i n n u n g zu r Verf i igung s teh t .

Literaturverzeichnis.

Tobler, Jahrb. f. Kinderheilk. ~3. 1911. - - Tobler, Arch. f. exp. Pat.hol. u. Pharmakol. g. - - Lust, ffahrb, f. Kinderheilk. 73. 1911. - - Schlesinger, Arch. f. Kinderheilk. 37. - - Kirsten-Utheim, Marriott, Monatsschr. f. Kinderheilk. 25: 1923. - - Peiper nnd Balint, Jahrb. f. Kinderheilk. 98. 1922. - - Loeb, Jaques, Americ. journ, of physiol. 3. - - Loeb, Jaques, Biochem. Zeitschr. 2;I. - - Burk- win, H., Amcric, journ, of dis. of childr. 1923, May.

1) Die Blutbefundo stehen in auffallender t~bereinstimmung mit den vort Malmberg gefundenen Salzwerten in den Ausschoidungen der Si~uglinge bei der Vaccination. (Wesenr Ver/~nderung der Na-, geringr Beteiligung der K- und Ca-Mengen.)

Wa i senhaus und K i n d e r a s y l de r S t a d t B e r l i n .