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1306 M. ZINDLER: K6~NE~, M. : Der pl6tzliehe Herzstillstand. Berlin-Heidelberg-New York: Springer 1967. MrLS~EIN, B. B. : Cardiac arrest and resuscitation. London: Lloyd-Luke 1963. PRICE, H. L. : Circulation during anesthesia and operation. Springfield, Ill. : Ch. C. Thomas 1967. TSO~IRREN,B. : Der Narkosezwischenfall. Bern-Stuttgart: H. Huber 1967. 230. Uberdosierung, Unvertr iglichkeit, Verwechslung und sinnwidrige Anwendung yon Medikamenten bei der Narkose M. ZiNDL]~-Diisseldorf Summary. As causes of overdose are mentioned: 1 technical errors (e.g. reverse flow through vaporizer), 2. decreased tolerance of a normal dose in patient with a decreased extracellu]ar volume due to a decreased dilution and less protein binding of drugs, and 3. additive effects (antibiotics and curare, antihypertensive drugs and halothane). Incompatibility of drug-combinations and the prophylaxis of mix-up of drugs and examples of inproper therapy are discussed. Von meinem umfangroichon Thoma kann ioh hior in 10 min nut auf das Wichtigste und ttgufigste eingehen; das ist abet ffir jeden yon groBor praktischer Bedeutung,, um sehwore Komplikationen odor gar Todesfglle und oventuell Haftpflichtprozesse zu vermeiden. 1. I)berdosierung Eine Uberdosierung karm verschiodene Ursaohen haben: 1. der Arzt gibt oino absolut zu grofie Mengo, odor 2. der Patient hat eine erhShte Empfindliehkeit -- eine verminderte Toleranz -- ffir normale eine Dosis und 3. Additive odor potenzieronde Wirkung mit einem vorhor gegebenen Modikament. Typisehe Beispiele fiir eine versehontliehe Uberdosierung beider Pr/~medikation: Schreibfohlor, Lesefehler, bei Kleinkindern eventuoll Verdfinnungsfohlor odor versehontlieho doppolte Gabe z.B. yon Dolantin. a) Technische Fehler Bei der Inhalationsnarkose sind technische Fehler besonders heim- tfiekiseh und vorh/~ngnisvoll. Hierzu einige Beispiele: Zuviel Lachgas und I-Iypoxie, wonn die Sauerstoffflaseho leer wird. Deshalb muB man selbst vet Beginn jeder Narkose den Manometerstand ftir Sauerstoff prfifen und reehtzeitig ffir eine neuo Flasehe sorgen.

Überdosierung, Unverträglichkeit, Verwechslung und sinnwidrige Anwendung von Medikamenten bei der Narkose

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Page 1: Überdosierung, Unverträglichkeit, Verwechslung und sinnwidrige Anwendung von Medikamenten bei der Narkose

1306 M. ZINDLER:

K6~NE~, M. : Der pl6tzliehe Herzstillstand. Berlin-Heidelberg-New York: Springer 1967.

MrLS~EIN, B. B. : Cardiac arrest and resuscitation. London: Lloyd-Luke 1963. PRICE, H. L. : Circulation during anesthesia and operation. Springfield, Ill. : Ch. C.

Thomas 1967. TSO~IRREN, B. : Der Narkosezwischenfall. Bern-Stuttgart: H. Huber 1967.

230. Uberdosierung, Unvertr iglichkeit, Verwechslung und sinnwidrige Anwendung yon Medikamenten

bei der Narkose M. ZiNDL]~-Diisseldorf

Summary. As causes of overdose are mentioned: 1 technical errors (e.g. reverse flow through vaporizer), 2. decreased tolerance of a normal dose in patient with a decreased extracellu]ar volume due to a decreased dilution and less protein binding of drugs, and 3. additive effects (antibiotics and curare, antihypertensive drugs and halothane).

Incompatibility of drug-combinations and the prophylaxis of mix-up of drugs and examples of inproper therapy are discussed.

Von meinem umfangroichon Thoma kann ioh hior in 10 min nu t auf das Wichtigste und t tgufigste eingehen; das ist abet ffir jeden yon groBor praktischer Bedeutung,, u m sehwore Kompl ika t ionen odor gar Todesfglle und oventuell Haftpfl ichtprozesse zu vermeiden.

1. I)berdosierung

Eine Uberdosierung karm verschiodene Ursaohen haben:

1. der Arzt gibt oino absolut zu grofie Mengo, odor 2. der Pa t ien t ha t eine erhShte Empfindliehkeit - - eine verminderte

Toleranz - - ffir normale eine Dosis u n d 3. Addit ive odor potenzieronde Wirkung mit einem vorhor gegebenen

Modikament. Typisehe Beispiele fiir eine versehontliehe Uberdosierung b e i d e r

Pr/~medikation: Schreibfohlor, Lesefehler, bei Kleinkindern eventuoll Verdfinnungsfohlor odor versehontlieho doppolte Gabe z . B . yon Dolantin.

a) Technische Fehler

Bei der Inhalationsnarkose sind technische Fehler besonders heim- tfiekiseh und vorh/~ngnisvoll. Hierzu einige Beispiele:

Zuviel Lachgas und I-Iypoxie, wonn die Sauerstoffflaseho leer wird. Deshalb muB man selbst ve t Beginn jeder Narkose den Manometers tand ftir Sauerstoff prfifen und reehtzeitig ffir eine neuo Flasehe sorgen.

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Es ist dabei zu beachten, dab der NuUpunkt des Manometers nieht immer exakt ist; die Flasche kann aueh schon leer sein, wenn der Zeiger noeh 5 oder 10 Arm Druek anzeigt.

I n England und in Amerika gibt es sinnvolle Warnvorr iehtungen, wenn die Sauerstoffflasehe leer wird.

Jedes Narkoseger~t sollte eine Reserve-Sauerstoffflasehe haben.

Tabelle 1. Uberdosie,'ung

1. Zu grofie Dosis a) Schreibfehler, doppelte Injektion b) technische Fehler: 02-Flasche leer, Verdampfer falsch angeschlossen c) zu schnelle Halothanaufnahme

2. Verminderte Toleranz a) erhShter Blutspiegel dutch geringere Verdfinnung

bei vermindertem Bhtvolumen und vermindertem extracellul~rem Fliissigkeitsvolumen

b) verminderte Proteinbindung

3. Additive Wirkung mit anderem ~r

Dagegen ist eine Flasche mit Kohlens~ure, die anscheinend immer wieder angeboten und gekauft wird, vollst~ndig iiberitiissig und sogar gef~hrlich, wie ktirzlieh ein Bericht aus England zeigt, wo versehentlich der C02-ZufluB ganz auf- gedreht war und dadurch fiber 50~ Kohlens~ure gegeben wurde. Der Patient hat das glfieklicherweise/iber]ebt, da der Fehler nach einigen Minuten bemerkt wurde.

Der Kohlens~urespiegel kann gef~hrlieh erhSht werden dureh Vergessen des Atemkalkes im Absorber oder Fehlen des Glimmer-Pl~ttehens bei den Kreislauf- ventilen, wenn bei der vorhergehenden Narkose ein Einwegsystem benutzt wurde, oder aueh dureh falsehes Einsetzen des AblaBventiles yon Looseo-Ger~ten im Einatemschenkel.

Prakt isch sehr wichtig und h~ufig sind Uberdosierungen yon Halo- t han oder ~ ther . Besonders gef~hrlich: ]alscher Ansehlul~ der Zuleitung zum Verdampfer, so da~ er in falseher Rich tung yore Gas durchs t r6mt wird.

W~rd dieser Dr~ger-~thersprudler verkehrt angeschlossen, so wird sofort yore Gasstrom der ganze Inhal t , d. h. etwa 100 ml flfissiger ~ ther , in die Sehlauchzuleitung zum Patien~en gedrfiekt. I ch selbst habe yon 3 Todesfs geh6rt, die dutch diesen falschen Anschlul~ verursaeht wurden !

Also stets vor Beginn der Narkose hierbei zur Kontrolle ~ thersprudler anstellen. Je tz t wird bei diesem Athersprudler ein Riicksehlagventfl eingebaut, der eine falsehe Durchs t r6mung verhindert.

Bei einem ~luotec-Verdampfer ist ein verkehrter AnschluB gef~hrlieh, weil bei ]alscher Durchst rSmungsr iehtung die Halo thankonzen t ra t ion mehr als doppelt so hoch sein kann, z. B. bei einer Einstellung yon 2,0~ werden tats~chlich 4,76~ gegeben.

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Flfissiges Halothan kann bei falschem AnschluB mit falscher Durch- strSmung nich~ direkt zum Patienten kommen; das is$ aber sehr wohl m6glich, wenn ein Verdampfer vor Gebrauch heruntergefallen war oder -- praktisch sehr wichtig - - so schief gehalten wurde, da$ die Halothan- flfissigkeit yore Reservoir in den AuslaSteil gelaufen ist. Es ist deshalb zu empfehlen, da$ alle I~alothanverdampfer permanent fes~ an das Narkosegeri~t angeschraubt werden.

Am Dr~ger-Vapor kann der Ein- und Aus]a$ nich$ verwechselt werden. Bei &lteren Geri~ten ohne Schraubverbindung kSnnte aber der Ansehlu$ zum Kreislaufteil und der Frischgasausla$ an der Seite des Narkoseger~tes verwechselt werden.

Bei einer verkehr~en DurchstrSmungsrichtung des Dri~ger-Vapor is$ die Konzentrat ion nur bei hSherer Temperatur, z .B . 28~ hSher als einges~ellt. Ein seitliches Kippen ist beim Vapor ungef~hrlich.

b) Erh6hte ttalothanau/nahme Vie1 h~ufiger und deshalb praktisch ebenso gef~hrlich sind Uber-

dosierungen yon ItMothan, wenn man nicht well3, da~ bei dem lVluotec bei kiinstlicher Beatmung eine h6here Konzentration erzeugt wird als ein- gestellt, da bei jedem Uberdruck zur Einatmung auch das Gasgemisch in den Verdampfer zuriickgedrfickt wird und dadurch die Konzentration h6her wird als eingestellt. Bei einer Einstellung auf 0,5~ wird dabei 1 ~ und mehr erreicht.

Das kann dutch ein Zusatzventil ,,pressurizing valve" verhindert werden. Bei dora neuen Mode]] Mark I I des Finotec ist dieses Ventfl schon lest eingebaut. Bei dem Dr~ger-Vapor ist durch eine sinnreiche Konstruktion ein solches Ventfl nicht erforderlich.

Bei kiinst]icher Beatmung wird t talothane zusStzlich auch h/iufig fiber- dosiert, weft das Atemminutenvolumen meist viel hSher ist als bei Spon- tanatmung. Die Aufnahme yon Halothane, die direkt abh/~ngig yon der alveol/~ren Ventilation ist, wird dadurch erheblich beschleunigt. Deshalb mul~ bei kfinstlicher Beatmung eine geringere Konzentration eingestellt werden als bei Spontanatmung.

Die frfiher iiblichen, nicht prozentual einstellbaren Verdampfer, bei denen sich die Konzentrat ion bei h6herer Durchstr6mungsmenge wesentlich erhSht, sich temperaturabh~ngig ver~ndert und vor allem nicht linear zur Einstellung ist, sind abzulehnen, da leicht Uberdosierun- gen entstehen kSnnen.

c) Verminderte Toleranz Die zweite Hauptursache von Oberdosierungen ist eine erhShte

Empfindlichkeit des Patienten.

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Sie besteht immer bei reduzier~en, kachek~ischen oder sehr alten Patienten.

Die unmittelbare Gef~hr einer e~wa auf die H~Ifte verminderten Toleranz ffir eine normale Durchschnittsdosis wird deutlich, wenn man bedenk~, d~B bei jeder Narkose die IIs der t6diichen Dosis gegeben wird!

~Teben einer allgemein verminderten Widerstandskraft und ver- minderten Reserven yon Kreislauf und Atmung sind bei reduzierten Pa~ien~en oder nach Blutverlust 2 ~aktoren fiir eine vermJnder~e Tole- ranz yon groBer Bedeutung.

Der erste wurde heute sohon erw~hnt: Bei einem verminderten Blu~- volumen oder nach Fliissigkeitsverlust ver~eflt sich ein injiziertes Medi- kament auf das wesenflieh verminderte intravasale und in~erstitielle Fliissigkeitsvolumen. Folglieh is~ die Konzentra~ion des Medikamen~es am WJrkungsor~ bei gleieher Dosis entspreehend erh6ht. Diese Konzen- trat ion wird weiter dadurch erhSht, dab bei einer Zentralisation des Kreislaufs, z .B. durch Blu~verlust, Herz und Gehirn eine anteflm~Big grSBere Menge des Medik~mentes erhaRen.

Ein zweiter Faktor spielt eine grebe Rolle: die verminderte Protein. bindung der Medikamente bei einem verminderten EiweiBspiegel.

B~rbi~urate und viele andere Medikamen~e wie z. B. Cttrare, Opiate usw. werden nach i.v. Gabe zu 500/0 und mehr sofort an Proteine gebun- den und sind dor~ unwirksam. Sind weniger Proteine vorhanden, so ist der wirksame Blu~spiegel des Medikamentes en~sprechend hSher.

Das Gef/~hrliohe ist nun, dab beide Faktoren, verm~nderte extra- oellul/~re Fliissigkeit und verminderte Proteinbindung, meist kombiniert auftre~en und in ihren Auswirkungen in der Regel welt untersch~tzt werden. Deshalb kann nieht eindringlieh genug beton~ werden: Bei einem reduzierten Patienten muB die Dosis nieht nur dem Gewioh~ en~sprechend e~wa auf zwei Dri~tel reduziert werden, sondern auf ein Drittel oder sogar auf ein Vier~el.

Gerade bei i.v. Gaben, z .B. bei der ~arkoseeinleitung mit einem Barbitura~ oder mit Epon~ol muB man extrem vorsichtig sein. Man kann ja immer noch mehr geben, wenn die erste Dosis nich~ genfig~, aber man kann eine zu grebe i.v. Dosis nieht mehr zurficknehmen.

Auf die verminderte Resistenz bei I~ebenniereninsuffizienz durch M. Addison, chronische Cor~isongaben oder bila~erale Adrenalektomie oder bei Hypothyreose und auf Kontraindika~ionen wie z. B. bei Myasthenia gravis fiir Curare und ~ther oder bei Porphyrie ffir Barbiturate kann ieh bier nich~ eingehen.

d) Additive Wirkung Gefahren einer additiven Wirkung liegen meist in der Verst~rkung

einer Nebenwirkung des Narkosemittels wie Kreislauf- oder Abmungs-

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depression. Ein Beispiel ist der gef~hrliche Blutdruckabfall nach Narkose- einleitung bei Patienten, die wegen einer Hypertonie behandelt werden.

Bei pr~operativer Gabe yon Mitteln gegen die Hypertonie wie Hyder- gin, Rauwolfia-Alkaloiden, Alpha-Methyl-Dopa usw. kann bei Einleittmg einer Halothannarkose der Blutdruck gef~hrlieh abfallen. Es sind sogar tSdliehe Herzstfllst~nde bekanntgeworden. Bei elektiven Operationen mfissen diese langwirkenden Mittel mSglichst 2 Woehen vorher abgesetzt werden.

Ma[3nahmen bei •ot/alloperationen. Vor Einleitung der Narkose 300--500 ml einer Infusion geben, stark wirkende Vasopressoren vorher vorbereiten, z. B. Nor-Adrenalin 5 mg auf 250 ml, und Halothane sehr vorsiehtig einleiten.

Zu erw~hnen ist noch die •berdosierung meist als verl~nger~e Wir- kung durch St6rungen yon Ausscheidung oder Abbau. Bei Anurie hat Gallamine (Flaxedil| das zu 90~ unver~ndert dutch die Nieren aus- gesehieden wird, eine enorm verl~ngerte Wirkung. Ebenso haben Opiate bei schweren Lebersch~den eine wesentlieh li~ngere und eventuell auch verst~rkte Wirkung.

2. Unvertr~iglichkeit

Bei entsprechender Sorgfalt und Anfmerksamkeit, bei Kenntnissen fiber die Aufnahme und Verteilung yon Narkosemitteln und einigen Erfahrungen werden im allgemeinen gefi~hrliehe Uberdosierungen ver- mieden werden kSnnen. Das gelingt aber nicht bei unbekannten Unver- trs - - bei abnormer Uberempfmdlichkeit oder allergisehen Reaktionen.

Es daft deshalb hie versi~umt werden, vor einer Narkose nach Unver- tr591ichlceiten zu fragen, z. B. ob Reaktionen auf Jod, Pilaster, Gummi und Penicillin oder nach anderen Medikamenten aufgetreten sind.

Nie darf man Angaben fiber Unvertrs auf die leichte Schulter nehmen und nicht beachten, etwa weft man sie fiir unwahr- scheinrich oder unmSglich h~lt.

In Tab. 2 sind einige unvertr~gliche Kombinationen yon Medikamen- ten aufgeffihrt.

Wird bei t ta lothan Adrenalin gegeben, besteht die Gefahr yon Kammerflimmern. Eine sehr geringe Dosis yon Adrenalin ist noch zul~ssig, jedoch nicht bei einer Coronarinsuffizienz.

Zu warnen ist vor dem tropfenweisen Zusa~z yon Adrenalin. Meist wird ftir den erwfinsch~en Effekt viel zuviel gegeben. Besser sind fertige LSsungen mi~ Adrenalin- zusatz. Dadurch wird auch eine versehentliche ~Tberdosierung vermieden.

Als Ersatz sind Methoxamin, im Handel als Vasosteril oder aueh Oetapressin, nicht ganz so wirksam wie Adrenalin, aber daffir ungefi~hr- rich. Der neue Vasoconstrictor P 28 yon Sandoz soll wirks~mer sein.

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Sinnwidrige Anwendung yon Medikamenten bei der Narkose 1311

Einige Antibiotica wirken curarei~hnlich. Besonders gefi~hrlich sind Streptomycin, Neomycin and Kanamycin, intraperitoneal gegeben.

Postoperat iv k6nnen sic nach Resorption einen Atemstillstand bewirken, wenn vorher Curare gegeben wurde. Deshalb muI3 bei Ver- wendung dieser Antibiotica ws einer Narkose mit Curare immer prophylaktisch Calcium gegeben werdcn, das hierbei bcsscr als Antidot wirksam ist als Prostigmin.

Tabelle 2. Unvertriigliche Medikamentkombinationen

Medikamente Hauptgefahr Prophylaxe ~ P Therapie ~ T

Ha]othane und Kammerflimmern P: Andere Vasoconstrictoren evtl. Adrenalin fl-Receptorblocker, Regitin

T: tterzmassage, Elektroschock

Antibiotica and postoperative P: Calcium Curare Ateml~hmung T: Calcium, kfinstliehe Beatlnung

Suecinyleholin und auf S~unden ver- P: Kombination vermeiden Prostigmin l~ingerte Succinyl- T: Kfinstliche Beatmung bis aus-

wirkung reichende Spontanatmung

Chlorpromazine, RR-Abfall durch P: Kombination vermeiden Promazin und ,,Adrenalinumkehr" T: iNovadral, Nor-Adrenalin, Adrenalin Hypertensin

Bei noch anhaltender Succinylcholinwirkung daf t nie Prostigmin gegeben werden, dadurch kann der Abbau yon Succinylcholin auf Stun- den verl~ngcrt werden.

Ist naeh eiuer groBen Dosis yon Succinyleholin (fiber 750 rag) durch unvoll- st~ndigen Abbau soviel Monocholin vorhanden, dab eine periphere Atemli~hmung durch dessen curare~hnliche Wirkung besteht, kann Prostigmin sirmvoll seim Es sollte aber erst 1 Stunde nach der letzten Succinylcholingabe versucht werden.

Nach Gabe yon Chlorpromazin (Mcgaphen| oder Promazin (Vero- phen| oder Protactyl | daf t hie Adrenalin gegeben werden, das dann den Blutdruck gef~hrlich senken kann.

Nach den Pharmakologielehrbfichern ist die Kombinat ion yon Calcium und Digitalis kontraindiziert. Das ist aber nut gefi~hrlich bci Voll- oder Uberdigitalisierung and eventuell bei niedrigem Kaliumspiegel. Als Antidot kann vorsichtig Kaliumchlorid oder Kaliumasparaginat gegeben werden.

3. Verweehslungen

Nun einige ttinweise zur Vermeidung yon Verwcchslungen. Hier kann man nicht sorgfi~ltig und penibel genug sein. Wie v ide vermeidbare

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sehwere Komplikationen und Todesf~lle sind sehon durch Verweehslun- gen entstanden! Sehon dutch die Routine sollen alle mSg]iehen Fehler ausgesehlossen werden.

Beim Anreiehen einer Spritze muB die Sehwester immer sagen, was es ist und die leere Ampulle sell immer fiber die Kanfile gestSlpt werden. Man daf t hie zulassen, dab diese feste Regel nicht beaehtet wird.

Uns haben sich zwei weitere MaBnahmen sehr bew~hrt: Die fibliehen Narkosemittel werden in verschieden groBen Spritzen aufgezogen. Evipan in eine 10 ml-Spritze, Curare in 5 ml- und Sueeinyleholin in eine 2 ml-Spritze. Es gibt aueh praktisehe Klemmsehildehen. Alle anderen Medikamente mfissen extra besehriftet werden.

Alle Mittel, die nieht mehr gebraucht werden, sollen sogleich entleert werden, z. B. Evipan oder Infusionen mit Zus~tzen wie Sueeinyleholin oder Thalamonal. Ffir diese speziellen Infusionen, aueh mit anderen Zus~tzen wie Alupent oder Adrenalin, Nor-Adrenalin usw., sollen kleinere als fibliehe Infusionsflasehen benutz~ werden, also mit 250 ml Inhalt.

Der Zusatz mul3 auffallencl erkennbar auf die Flasehe aufgesehrieben werden.

Wird eine solehe Infusion mit Zus~tzen vorbereitet, so so]] um das Ansatzstfiek und die Klemmrolle zur Regulierung der Tropfgesehwindig- keit ein refer Tesafilmstreffen als zus~tzliehe Sieherung geklebt werden, der zur Benutzung erst entfernt werden muB.

Bei Bluttrans]usionen ereignen sich immer wieder folgensehwere Verwechslun- gen. Zu ihrer Vermeidung mfissen sorgf~ltig fiberlegte Vorschriften schriftlieh fixiert werden und die Kenntnisnahme mit Unterschrift best~tigt werden.

Die notwendigen Kontrollen werden im folgenden Rundgespr~ch diskutiert.

4. Sinnwidrige Anwendung

Zum letzten Kapitel: Eine sinnwidrigo Anwendung yon N[edikamen- ten beruht immer auf falschen oder ungenfigenden Kenntnissen fiber Pharmakologie und Indikationen. Jeder Arzt hat die Pflicht, sich lanfend fiber die Eigenschaften der Medikamente, die er verwendet, zu informie- ren.

Ich kann bier nut einiges erw~hnen, woven ich in ]etzter Zeit beson- ders durch Geriehtsgutachten geb6rt babe:

Gardiazol @ und Coramin @ sind zentral wirkende Analeptiea nnd ~alsch bei Atemstillstand und Blutdruckablall, z. B. dureh eine versehentliche totale Spinalanaesthesie bei beabsiehtigter Epiduralanaesthesie oder bei Kr~imp]en und Blutdruekabfall naeh einer Uberdosis eines Lokal- anaesthetieums.

Bei Atemstillstand immer l~i~nstliche Beatmung, mSgliehst mit Sauer- stoff. Ers~, wenn alles zureehtgelegt ist, Intubation. Niemals zuerst Intubationsversuehe ohne vorherige kfinstliehe Maskenbeatmung.

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Bei Blutdruckab/all dutch Spinalanaesthesie oder durch Reak~ion auf Lokalunaesthetica Vasopressoren, z. B. Novadral oder das s ~ r k e r wirk- same Nor-Adrenalin verdiinnt als Infusion, geben.

Bei Verwirrtheit und Delirium Ideine Dosis EviTan, nur 100 rag, d. h. 1 ml der 10~ LSsung. Bei l~nger anhaltenden zentralen Kr~mp/en durch toxische Reuktion auf eine ~berdosis yon Lokalanaes~hetica oder andere Ursachen (z. B. Eklampsie) sind Muskelrelaxantien mit In tubat ion und lci~nstlicher Beatmung besser a]s sedierende Mittel, die eine ungiinstige Atmungs- und Kreislaufdepression hervorrufen.

Tabelle 3. Sinnwidrige Anwendung

Indikationen l~ichtig

Atemstilbtand dutch tot~le 02-Beatmung, spiter Intubation Spinalanaesthesie Vasopressor

Toxische t~ea}tion auf Lokalanaesthetica kleine Dosis Evipan i.v. Verwirr~hei~, I~l~-Abfa]l 02, evil. Vasopressor

Krimpfe Suceinylcholin, Intubation kiinstliehe 02-Beatmung

Laryngospasmus Suecinyleholin Maskenbea~mung

Ateminsu]]izienz 0~, evil. in~ermittierend kiinstliehe Beatmung

]~lutdruckabfa]l dutch Blutverlust ]31ut oder t)lasma-Ersatzl6sung 02, Beine hoehlagern

A l kohol intoxi kation mit Excitation

evil. Apomorphin Distraneurin

Bei einem Laryngospasmus ws der Operation sind Barbi turate und Vorziehen der Zunge mit einer Zunge sinnlos, l~ichtig ist, durch Succinylcholin (nut 30 mg i. v.) den Spusmus sofort zu 15sen und mit Maske k/instlich zu beatmen. Eine endotracheale In tubat ion ist in der l~egel nicht erforderlich.

Bei einer AteminsuHizienz oder Atemstillstund soU hie ein Kohlen- siture-Sauerstoffgemisch gegeben werden. I)er Pat ient ha t ohnehin schon zuviel Kohlenss Es muB immer reiner Sauersto H gegeben werden, wenn nStig, mit kfinstlicher Beatmung. Lobelin ist zur Behand- lung eines Atems~illstandes sinnlos, d a e s nur i i/~ rain lung wirkt. Es hat hSchstens einen differentialdiagnostischen Wert : Ha t es i iberhaupt keinen Effekt, so ist eine periphere Atemlihmung, z.B. dutch Muskelrelaxantien, anzunehmen. Bei Patienten mit chronischer Ateminsuffizienz und erhSh-

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tern pCO~-Spiegel, bei denen der Atemantrieb dutch Sauersto]]mangel effolgt, kann eine Sauerstoffgabe zum Atemsti]lstand ffihren. ULME~ hat hierffir ein Get/it angegeben, das Sauerstoff intermittierend liefert.

Auch bei Blutdruekabfall durch Blutverlust sind Analeptiea nieht sinnvoll, sondern es mug Blur oder kolloidale PlasmaersatzlSsungen oder aneh ElektrolytlSsungen gegeben werden. Meist wird viel zuwenig gegeben.

Ein Schoek entsteht erst, wenn 20--25~ des Blutvolumens verloren- gehen, das sind bei einem Erwachsenen 1,5 1 Blur! Wie soll da eine Infu- sion oder Transfusion yon nut 500 cm 3 helfen, wenn mindestens das Dreffaehe benStigt wird!

Am h~ufigsten ~ r 4 wohl bei Vergfftungen sinnlos therapiert. Im akuten Alkoholrausch n~t Erregungszustand diirfen hie Barbiturate oder Megaphen gegeben werden, welehe die Alkoholwirkung so verst/~rken, daB der Tod eintreten kann.

Am besten ist ATomorlghin zusammen mit einem Vasopressor, z. B. l~ovadral@, l~ach Erbrechen wird jeder Pat ient ruhig und vertr~glich.

Ffir Alkoholiker mit Entziehungserscheinungen und postoperativen Psychosen ist zur Sedierung Distraneurin@ zu empfehlen.

Ich kann nicht weiter auf solche Fehler eingehen, mSchte abet zuletzt noeh darauf hinweisen, dab man bei oralen Vergi]tungen hie Milch geben soll, sondern als ErstmaBnahme 20 ~ ige Kochsalzl6sung (1 EB15ffel Koch- salz auf ein Glas Wasser) zu trinken geben, die Erbreehen auslSst.

Ich habe reich in meinem Referat bemfiht, vor allem Hinweise [iir die Praxis zu geben, in der ttoffnung, dab sie dort aueh beaehtet werden.

Zum AbschluB mSchte ich betonen, dab zur Vermeidung yon ~)ber- dosierung, Unvertr/~gliehkeit, Verweehslung und sinnloser Anwendung yon Medikamenten bei der l~arkose unermfidliche Aufmerksamkeit und Sorgfalt sowie die st/~ndige Erg/~nzung unseres Wissens notwendig sind, urn unsere Patienten vor vermeidbaren und oft nicht entsehuldbaren Seh/~den zu bewahren.

231. Die Rolle der Muskelrelaxantien beim Auftreten t5dlicher Narkosezwischenf/ille

F. W. AHI~EFELD-Ulm/Donau (a.E.)

Der Fortschrit t zur modernen Kombinationsnarkose wurde erst dutch die Einffihrung der Muskelrelaxantien mSglich. Die Vorteile dieser Narkoseform sind aber mit der Verwendung differenzierter Anaesthesie- teehniken und starkwirkender Mitre1 verknfipft. Hieraus resultiert