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1 Die Leistungsfähigkeit von Menschen im Rollstuhl ist beein- druckend. Die Barrieren, denen Rollstuhlfahrer oſt begegnen, sind es ebenso. Das waren zentrale Erfahrungen der vielen Arbeitgeber aus Dresden und Umgebung, die am 7. Juni 2018 in Freital an einem Rollstuhl-Rugby teilnahmen. Bereits zum zweiten Mal hatte das Unternehmens- Netzwerk INKLUSION zum Rollstuhl-Rugby eingeladen. Ziel war es, Unternehmen für die Situation von Menschen im Rolli zu sensibilisieren und ihre besonderen Fähigkeiten hautnah erlebbar zu machen. Dirk Schmidt vom Verein Inklusion in Dresden (INDD e. V.) erklärte kurz die Spielregeln und das Handling der speziellen Sportrollstühle mit tiefergelegtem Sitz und Schrägstellung der Räder. Und schon ging es los. Schnell merkten alle, wie sehr Kraſt und Koordination gefordert sind und welches Geschick es braucht, um sich auf dem Spielfeld zu bewegen und den Ball ins Tor zu bugsieren. Profis und Unternehmer legten ein hohes Tempo vor und schenkten sich nichts: Inklusion wurde selbstverständlich und war dann gar kein Thema mehr. Eine Runde nach der anderen wurde gespielt und in der Pause diskutierte man lebhaſt über das Spiel, über Taktik und Technik, verpasste Abspiele und vergebene Torchancen. „Das war wirklich eine tolle Veranstaltung“, so Robert Weser, Geschäſtsführer der Steuerberatung navilux. Begeistert war auch ein anderer Unternehmer: „Es war ein wundervoller Nachmittag mit tollen Gesprächen und Bekannt- schaſten. Die Erfahrungen und der Spaß mit den Menschen waren unglaublich! Eine wirklich gute Veranstaltung.“ Arbeitgeber gegen Rollstuhlfahrer: Beim Rollstuhl-Rugby wird Inklusion selbstverständlich AUSGABE 3 SEPTEMBER 2018 „Es hat viel Freude gemacht, Menschen im Rolli kennenzulernen. Und diese gemeinsame Erfahrung hat auch die Augen geöffnet für ihre Stärken, für ihr immenses Geschick und ihre Leistungsfähigkeit.“ Ullrich Kolodzey, Geschäſtsführer NEXTIME Liebe Leserinnen, liebe Leser, kennen Sie eigentlich Dorothea Buck? In diesem Newsletter werden Sie sie kennenlernen. Wir haben sie besucht, sie lebt in Hamburg und ist 101 Jahre alt. Anlass ist ein „Dauerbrenner“ in den Betrieben, mit dem wir immer wieder konfrontiert werden – das Thema der psychischen Erkrankungen. Wir haben dazu den renom- mierten Psychotherapeuten Prof. Dr. Thomas Bock interviewt. Sein besonderer und auch tiefgründiger Blick und seine langjährigen Erfahrungen führen ihn zu einfachen Anregungen für ein besseres Verständnis für das und einen besseren Umgang mit dem Thema. Vieles hat er gemeinsam mit Dorothea Buck entwickelt. Wir werfen einen Blick in den Alltag unserer Arbeit mit den Betrieben. Wir sehen, wie mit der passenden Unter- stützung inklusive Beschäſtigung möglich wird. Lesen Sie, wie der Workshop „Blind in Business“ Augen öffnet und Rollstuhl-Rugby verbindet. Über 20 Veranstaltungen für Arbeitgeber führen wir in den nächsten Monaten durch und laden Sie herzlich dazu ein. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen. Manfred Otto-Albrecht Projektleiter

Ullrich Kolodzey, Geschäftsführer NEXTIME Rollstuhlfahrer: Beim Rollstuhl-Rugby wird Liebe Leserinnen, Inklusion … · Dieser Bedarf markiert eine neue Offenheit für Inklusion

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Die Leistungsfähigkeit von Menschen im Rollstuhl ist beein-druckend. Die Barrieren, denen Rollstuhlfahrer oft begegnen, sind es ebenso. Das waren zentrale Erfahrungen der vielen Arbeitgeber aus Dresden und Umgebung, die am 7. Juni 2018 in Freital an einem Rollstuhl-Rugby teilnahmen.

Bereits zum zweiten Mal hatte das Unternehmens- Netzwerk INKLUSION zum Rollstuhl-Rugby eingeladen. Ziel war es, Unternehmen für die Situation von Menschen im Rolli zu sensibilisieren und ihre besonderen Fähigkeiten hautnah erlebbar zu machen.

Dirk Schmidt vom Verein Inklusion in Dresden (INDD e. V.) erklärte kurz die Spielregeln und das Handling der speziellen Sportrollstühle mit tiefergelegtem Sitz und Schrägstellung der Räder. Und schon ging es los. Schnell merkten alle, wie sehr Kraft und Koordination gefordert sind und welches Geschick es braucht, um sich auf dem Spielfeld zu bewegen und den Ball ins Tor zu bugsieren. Profis und Unternehmer legten ein hohes Tempo vor und schenkten sich nichts: Inklusion wurde selbstverständlich und war dann gar kein Thema mehr. Eine Runde nach der anderen wurde gespielt und in der Pause diskutierte man lebhaft über das Spiel, über Taktik und Technik, verpasste Abspiele und vergebene Torchancen.

„Das war wirklich eine tolle Veranstaltung“, so Robert Weser, Geschäftsführer der Steuerberatung navilux.

Begeistert war auch ein anderer Unternehmer: „Es war ein wundervoller Nachmittag mit tollen Gesprächen und Bekannt-schaften. Die Erfahrungen und der Spaß mit den Menschen waren unglaublich! Eine wirklich gute Veranstaltung.“

Arbeitgeber gegen Rollstuhlfahrer: Beim Rollstuhl-Rugby wird Inklusion selbstverständlich

AUSGABE 3SEPTEMBER 2018

„Es hat viel Freude gemacht, Menschen im Rolli kennenzulernen. Und diese gemeinsame

Erfahrung hat auch die Augen geöffnet für ihre Stärken, für ihr immenses Geschick und

ihre Leistungsfähigkeit.“Ullrich Kolodzey, Geschäftsführer NEXTIME

Liebe Leserinnen,liebe Leser, kennen Sie eigentlich Dorothea Buck? In diesem Newsletter werden Sie sie kennenlernen. Wir haben sie besucht, sie lebt in Hamburg und ist 101 Jahre alt.

Anlass ist ein „Dauerbrenner“ in den Betrieben, mit dem wir immer wieder konfrontiert werden – das Thema der psychischen Erkrankungen. Wir haben dazu den renom­mierten Psychotherapeuten Prof. Dr. Thomas Bock interviewt. Sein besonderer und auch tiefgründiger Blick und seine langjährigen Erfahrungen führen ihn zu einfachen Anregungen für ein besseres Verständnis für das und einen besseren Umgang mit dem Thema. Vieles hat er gemeinsam mit Dorothea Buck entwickelt.

Wir werfen einen Blick in den Alltag unserer Arbeit mit den Betrieben. Wir sehen, wie mit der passenden Unter­stützung inklusive Beschäftigung möglich wird. Lesen Sie, wie der Workshop „Blind in Business“ Augen öffnet und Rollstuhl­Rugby verbindet.

Über 20 Veranstaltungen für Arbeitgeber führen wir in den nächsten Monaten durch und laden Sie herzlich dazu ein.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen.

Manfred Otto­AlbrechtProjektleiter

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Wirtschaft und INKLUSION MELDUNGEN

möglichkeiten auf: „Ohne kann es nicht gehen, zu hoch sind der Aufwand und die Kosten“. Er meldete sich beim Unterneh-mens-Netzwerk INKLUSION in Schweinfurt, das er von früheren Beratungen kannte. Gemeinsam ging es in den Förderdschun-gel. Dank Inklusionsamt, Agentur für Arbeit und Integrations-fachdienst stand fünf Monate spä-ter einer Einstel-lung nichts mehr im Weg.

Walter Polz arbeitet seit dem 1. August 2018 bei PCBoot. So passt es menschlich und fachlich.

Wirtschaft und INKLUSION MELDUNGEN

01.08.2018 — PASSENDE FACHKRÄFTE zu finden ist gar nicht so einfach. „Fachlich und menschlich muss es passen“, sagt Pascal Reininger, Geschäftsführer der EDV-Firma PCBoot aus Bad Neustadt.

Mitte dieses Jahres stellte sich bei ihm Walter Polz vor. Der gelernte Informationselektroniker kann aufgrund eines Band-scheibenvorfalls und eines Unfalls seinen Beruf nicht mehr aus-üben. Mit über 50 als Quereinsteiger beginnen – eine Heraus-forderung! Bei PCBoot bekam er eine Chance.

Walter Polz zeigte sich als hochmotivierter Bewerber. So nahm die Idee Gestalt an, ihn mit Weiterbildungen und einer

internen Ausbildung fit für den Bereich Daten-schutz zu machen. Da-mit kam bei Reininger die Frage nach Förder-

BAYERN

Durch den Förderdschungel bis zum Ziel

„Fachlich und menschlich muss es passen.“

Ziel des Work-shops ist es, Stu-dierenden einen Einblick in den Berufseinstieg bei EY zu geben. Sie erhalten Feedback zu ihren Bewer-bungsunterlagen und können Bewer-b un gs g e sp rä ch e üben. Blinde Mit-arbeitende von EY beantworten Fragen der Studierenden und geben hilfreiche Tipps für die Arbeit in einem globalen Unter-nehmen. Die Studierenden lernen die Erwartungen von EY ken-nen und können sich optimal auf eine Bewerbung vorbereiten.

EY ermöglicht so High Potentials mit einer Behinderung eine Karriere in einem anspruchsvollen Umfeld. Das Konzept funktioniert: Aus den Workshops sind nicht nur erste Bewer-bungen hervorgegangen, sondern auch eine Einstellung.

Blind in Business – Recruiting der besonderen Art

04.09.2018 — ERFOLGREICHE ARBEITGEBER sind auf gut qualifi-zierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen, aber für viele Branchen wird es immer schwieriger, sie zu finden.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) geht bei ihrer Suche nach „den Besten“ eigene kreative Wege: Zweimal im Jahr veranstalten Dr. Patricia Heufers, zuständig für „Diversity & Inclusiveness“, und ihre Kolleginnen und Kolle-gen den Workshop „Blind in Business“. Sie sprechen gezielt blin-de und sehbehinderte Studierende an, um sie für eine Tätigkeit bei EY zu begeistern.

HAMBURG

→ WALTER POLZ (LI.) UND PASCAL REININGER

↑ DR. PATRICIA HEUFERS

Workshop „Blind in Business – Berufseinstieg und Karrierechancen bei EY“, 4. September 2018, 10 Uhr bis ca. 17:30 Uhr,HamburgInfos unter www.rehadat­bildung.de/de/nachrichten/Blind­in­Business­am­04.­September­2018­in­Hamburg/

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AUSGABE 3 · SEPTEMBER 2018

SCHLESWIG-HOLSTEINZehn Betriebe beim Bewerber-Speed-Dating in Kiel14.06.2018 — Sich im persönlichen Kontakt kennenlernen und Barrieren überwinden – das war der Ansatz des Unterneh-mens-Netzwerks INKLUSION beim Bewerber-Speed-Dating in Kiel. Insgesamt zehn Betriebe haben sich mit einem eigenen Stand präsentiert und dabei Gespräche mit Interessierten ge-führt. Im Sinne der Inklusion nahmen Bewerber mit Schwerbe-hinderung, Jugendliche auf der Suche nach einer Ausbildung und auch Menschen mit Migrationshintergrund teil. Schnell wurde deutlich: Für die Unternehmen stehen Motivation und Qualifikationen im Vordergrund, nicht die Behinderungen. Man-che Bewerber kamen so zu ganz neuen Ideen für die eigene berufliche Zukunft.

HESSENInklusionsberater – Lotsen durch denFörderdschungel07.06.2018 — „Das kann man doch gar nicht alles wissen“, „Das hat uns niemand gesagt“ – diese Reaktionen bekam die Inklusionsberaterin Karin Thomas-Mundt, als sie 17 Personal-verantwortlichen aus Darmstadt erläuterte, welche Förder- und Unterstützungsleistungen sie bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen erhalten können. Aufgrund des gegliederten Sozialsystems und der unterschiedlichen Kosten-träger für einzelne Teilbereiche sind die Möglichkeiten für Be-triebe oft schwer zu durchschauen. Die Teilnehmenden nutzten die Chance zum Austausch, vernetzten sich und ließen sich ihre konkreten Fragen vor Ort beantworten.

THÜRINGEN Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz –Tipps für Arbeitgeber 29.05.2018 — Wie erkenne ich psychische Erkrankungen bei mei-nen Mitarbeitern und was kann ich als Arbeitgeber tun? Antwort darauf bekamen Arbeitgeber beim Runden Tisch „Psychische Er-krankungen am Arbeitsplatz“ in Eisenach. Vertreter der BARMER GEK, vom Integrationsfachdienst und der Rentenversicherung Mitteldeutschland gaben hilfreiche Tipps zu präventiven und kurativen Maßnahmen. So bietet die BARMER einen Online-Kurs zur psychologischen Betreuung an. Niederschwellige Angebote zur Suchtberatung stellt die Rentenversicherung bereit. Die Un-ternehmen gaben positives Feedback zur Veranstaltung und so kam der Wunsch auf, auch in Zukunft im Austausch zu bleiben.

SACHSEN Betriebliche Inklusion – mit Recht!15.05.2018 — Arbeitgeber, die Menschen mit einer Schwerbe-hinderung beschäftigen, müssen viele rechtliche Regelungen be-achten. Zu diesem Thema lud das Unternehmens-Netzwerk IN-KLUSION Arbeitgeber nach Dresden zu einem Runden Tisch ein. Bei der Vorstellungsrunde zeigte sich: Zwar haben die Teilneh-menden Erfahrung mit der Beschäftigung von Menschen mit Be-hinderung, aber noch viele Fragen. Anja Harig-Sonnenberg vom Integrationsamt und Carsten Ullrich, Anwalt für Arbeitsrecht, gaben rechtliche Einblicke. Carsten Ullrich ging auf die Pflichten der Arbeitgeber und Rechte der Arbeitnehmer nach § 164 SGB IX ein. Reger Austausch klärte viele Fragen aus dem Arbeitsalltag.

NIEDERSACHSENWie die Wiedereingliederung (schwer-)behinderter Beschäftigter gelingt30.05.2018 — Nach einer längeren Erkrankung ist der beruf-liche Wiedereinstieg nicht immer problemlos möglich. Was können Arbeitgeber tun, wenn innerbetriebliche Maßnahmen nicht zum Erfolg führen? Antworten darauf lieferten Vertreter der Deutschen Rentenversicherung (DRV) und des Integrations-amtes beim Runden Tisch in Oldenburg, wozu das Unterneh-mens-Netzwerk INKLUSION eingeladen hatte. Schwerpunkt war neben Austausch und Stärkung des Netzwerks auch die Behand-lung konkreter Anliegen der Personalverantwortlichen. So ging ein Vertreter des Integrationsamtes auf das Anliegen einer Un-ternehmerin ein, deren Mitarbeiter nach einem Motorradunfall nicht mehr voll einsatzfähig ist: Über eine Beschäftigungssiche-rungsleistung kann der Betrieb dauerhaft finanziell unterstützt werden. Auch die DRV informierte zu Präventionsleistungen, zum Beratungsangebot sowie zu finanziellen Unterstützungen.

↑ CARSTEN ULLRICH BEIM RUNDEN TISCH IN DRESDEN

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Wirtschaft und INKLUSION MELDUNGEN

THÜRINGENGut und günstig: kreative Lösung fürgehörlose Mitarbeiter16.07.2018 — Bei einer Veranstaltung des Unternehmens-Netz-werks INKLUSION berichtete Anika Kästner, Personalerin bei der KNV Logistik GmbH in Erfurt, dass man dort mit Technik-unterstützung sechs gehörlose Arbeitnehmer beschäftige. Wich-tig ist dem Betrieb, dass die gehörlosen Angestellten mit jedem Kollegen kommunizieren können. Die gute und günstige Lösung: Es wird über den Messenger auf dem Smartphone und der Smart-watch kommuniziert. Ein gehörloser Angestellter berichtete den Beratern des Unternehmens-Netzwerks während einer Betriebs-führung, dass ihm der soziale Aspekt bei der Arbeit wichtig sei und diese Lösung dabei helfe. KNV Logistik hat damit einen Weg aufgezeigt, wie sich mit einfachen Mitteln viel erreichen lässt.

BAYERNRehaForum 2018 – „Digitalisierung undTeilhabe am Arbeitsleben“18.07.2018 — Was für viele wie Science-Fiction klingt, exis-tiert bereits: Mikrochips im Blutkreislauf oder fahrerlose Autos. So sind auch Innovationen durch die Digitalisierung im Bereich „Teilhabe am Arbeitsleben“ angekommen. Der wissenschaft-liche Zukunfts- und Trendforscher Kai Gondlach schlug beim Reha Forum 2018 in Nürnberg die Brücke von einer digitalisierten Zukunft zur heutigen Teilhabe am Arbeitsleben. Die Reaktionen der rund 130 Gäste reichten von verunsichert über erstaunt bis hin zu fasziniert. Wie im Vorjahr war das Teilprojekt Bayern vom Unternehmens-Netzwerk INKLUSION Mitveranstalter. Die vielen Beiträge zeigten: Unternehmen sollten mit der Entwick-lung gehen und Chancen nutzen.

BAYERNGesprächsbedarf zur Gesprächsführung –„Inklusive Führung“ wird zum Thema03.07.2018 — Bei Beratungen von Arbeitgebern kommen zu-nehmend Fragen zum richtigen Führungsverhalten gegenüber Mitarbeitern mit Behinderung auf – so auch vor kurzem am Standort Regensburg. Ein Unternehmen mit knapp 150 Mitar-beitern und einer Behindertenbeschäftigungsquote von unter fünf Prozent fragte nach Unterstützung durch das Inklusions-projekt. Dabei ging es der Personalleitung um das Thema (Mit-arbeiter-)Gesprächsführung mit eingeschränkten Mitarbeiten-den. Dieser Bedarf markiert eine neue Offenheit für Inklusion.

BADEN-WÜRTTEMBERGAuf dem richtigen Weg: Schuhgeschäftwird zum Thema Beschäftigungs-sicherungszuschüsse beraten02.07.2018 — Seit Februar 2017 berät das Unternehmens-Netz-werk INKLUSION ein Schuhgeschäft aus Heidelberg zum Thema Beschäftigungssicherungszuschüsse. Der Betrieb meldete Be-darf, da ein Mitarbeiter nach zwei Knieoperationen keine volle Arbeitsleistung mehr erbringen kann. Zusätzliche Erholungs-pausen sowie eine weitere Assistenz kann sich das Unterneh-men nicht leisten. Die Inklusionsberaterinnen wiesen den Be-trieb auf verschiedene Fördermöglichkeiten hin, unterstützten bei der Beantragung und klärten rechtliche Fragen. Bis heute stehen Beraterinnen und Betrieb in Kontakt.

SCHLESWIG-HOLSTEINErfolgreiche Beratung: Handelsbetriebstellt schwerbehinderten Mitarbeiter ein28.06.2018 — Ein kleines Handelsunternehmen aus Albersdorf beschäftigt seit dem 1. August 2018 einen älteren, schwerbe-hinderten Mitarbeiter. Der Betrieb ist auf Expansionskurs und möchte in diesem Jahr noch sechs neue Mitarbeiter einstellen, doch bislang erwies sich die Bewerbersuche als schwierig. Wäh-rend der Beratung durch das Unternehmens-Netzwerk INKLU-SION wurden sowohl Unsicherheiten thematisiert als auch die Chancen, die ein bisher unbeachteter Bewerberpool bietet. Ar-beitgeber und Arbeitnehmer freuen sich auf eine erfolgreiche Zukunft. Ohne die Beratungen und Hilfen der Inklusionsberater wäre dieses Arbeitsverhältnis vermutlich nie entstanden.

NORDRHEIN-WESTFALENDie Erfolgsfaktoren beim BetrieblichenEingliederungsmanagement: Vertrauenund Vernetzung

28.06.2018 — Nur wer Ver-trauen zu den Mitarbeitern aufbaut, wird das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) erfolgreich durchfüh-ren können. Wichtig sind die Balance von Empathie und professioneller Distanz so-wie eine gute Vernetzung mit externen Stellen. Zu die-sem Ergebnis kamen rund 30 Unternehmensvertreter beim Runden Tisch zum The-

ma BEM in Bielefeld. Das Thema brennt vielen Unternehmen auf den Nägeln, wie das große Interesse an der Veranstaltung zeigte. Dem Wunsch der Teilnehmenden, auch weiterhin mehr darüber zu erfahren, kam Inklusionsberaterin Sabine Schröder entgegen: „Wir werden entsprechende Angebote erarbeiten und Sie wieder einladen.“

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AUSGABE 3 · SEPTEMBER 2018VERANSTALTUNGEN

SEPTEMBER 2018 bis NOVEMBER 2018

SONSTIGE VERANSTALTUNGEN:

8. Oktober 2018, BielefeldVer-rückt nach Arbeit – Rückkehr ins (Arbeits-)Leben mitpsychischer Erkrankung

Infos unter [email protected]

10. Oktober 2018, EisenachWorkshop „Regeneration und Stressmanagement“

Infos unter [email protected]

12. Oktober 2018, EisenachWorkshop „Regeneration in der Pflege“

Infos unter [email protected]

7. November 2018, KielAzubi-Casting

Infos unter [email protected]

7. November 2018, Eisenach Workshop „Gesund arbeiten bis zur Rente – altersgerechte Arbeitsgestaltung“

Infos unter [email protected]

14. November 2018, EisenachAnleitung von Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten

Infos unter [email protected]

14.–16. November 2018, Würzburg Resilienz – stark in stürmischen Zeiten

Führungskräfte erfahren mehr über resilienzorientierte Führung. Anmeldung unter www.fes.de/veranstaltungen/?Veranummer=219402

23. November 2018, DresdenDie Ausbildungsmesse der Vielfalt – Berufschancen für Schüler mit Handicap

Infos unter [email protected]

30. November 2018, Hamburg Kinotag: Unternehmens-Netzwerk INKLUSION lädt ein

Im Zuge der Veranstaltungsreihe „Zeit für Inklusion“ werden drei Filme zum Thema Inklusion in der Arbeitswelt gezeigt. Anmeldungen unter [email protected]

RUNDE TISCHE INKLUSION:

18. September 2018, WetzlarGefährdungsbeurteilung der psychischen Belastungen

Infos unter [email protected]

19. September 2018, HannoverMit dem „Budget für Arbeit“ Mitarbeiter gewinnen

Infos unter [email protected]

20. September 2018, DarmstadtBetriebliche Gesundheitsförderung

Infos unter [email protected]

26. September 2018, DresdenBarrierefreiheit digital

Infos unter [email protected]

10. Oktober 2018, Frankfurt Sucht am Arbeitsplatz

Infos unter [email protected]

10. Oktober 2018, KölnPsychische Belastung am Arbeitsplatz

Infos unter nordrhein-westfalen@unternehmens- netzwerk-inklusion.de

18. Oktober 2018, ErfurtStrategien gegen Burnout

Infos unter [email protected]

18. Oktober 2018, Weiden Fördermöglichkeiten für Arbeitgeber

Infos unter regensburg@unternehmens-netzwerk- inklusion.de

23. Oktober 2018, OldenburgEinbindung von Betriebsärzten in das Betriebliche Eingliederungsmanagement

Infos unter [email protected]

23. Oktober 2018, DresdenFördermöglichkeiten für Arbeitgeber

Infos unter [email protected]

24. Oktober 2018, Weiden Fördermöglichkeiten für Arbeitgeber

Infos unter regensburg@unternehmens-netzwerk- inklusion.de

26. Oktober 2018, Eisenach Wichtige arbeitsrechtliche Informationen zum SGB IX Infos unter [email protected]

8. November 2018, ErfurtWichtige arbeitsrechtliche Informationen zum SGB IX

Infos unter [email protected]

9. November 2018, SchwandorfFördermöglichkeiten für Arbeitgeber

Infos unter [email protected]

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Wirtschaft und INKLUSION INTERVIEW

„Menschen mit Krankheitserfahrungkönnten Vorreiter fürbessere Arbeitsbedingungen werden.“

PROF. BOCK, SEIT JAHREN NEHMEN FEHLZEITEN AUFGRUND PSYCHISCHER ERKRANKUNGEN ZU, BIS HIN ZU ERWERBSUNFÄHIGKEIT. WORAN LIEGT DAS?

Das dürfte viele Gründe haben: mehr Einsicht in komplexe Zusammenhänge, mehr Bereitschaft bei Ärzten und Patienten, solche Diagnosen zu stellen beziehungsweise zu akzeptieren, mehr gesellschaftliche Toleranz, die Eigendynamik der Gesund-heitswirtschaft, aber auch mehr Stress in unterschiedlichen Zusammenhängen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Aus trans-kulturellen Studien wissen wir, dass die meisten psychischen Erkrankungen dort auftreten, wo die Diskrepanz von Arm und Reich am höchsten ist. Insgesamt liegt der Anteil der Men-schen, die in ihrem Leben mal mit psychischer Erkrankung zu tun hatten, bei ungefähr einem Drittel; doch nur ein kleiner Teil davon erkrankt schwer. Epidemiologen gehen davon aus, dass es im Kernbereich psychischer Störungen (Psychosen, Bipolare Störungen, schwere Depressionen) eher keine Zunahme gibt.

Ansonsten ist es schwer zu unterscheiden, was zunimmt – die Erkrankung oder die Bereitschaft, psychiatrisch zu etiket-tieren und sich entsprechend behandeln zu lassen. Das zu be-werten ist wiederum nicht einfach. In diesem Zusammenhang ist es mir wichtig, die Frage, ob die Menschheit (psychisch) kränker wird, um die Gegenfrage zu ergänzen, ob die Krank-heit menschlicher wird: Wie sinnhaft, nachvollziehbar und viel-leicht sogar gesund ist es, psychisch zu erkranken? Unsere Welt ist – auf allen Ebenen – voller Widersprüche. Manche Menschen können daran verzweifeln, emotional hin- und hergerissen sein oder aus der Realität aussteigen – die einen mehr, die anderen weniger. Entsprechend sind Depression, Borderline-Störung

↑ PROF. DR. THOMAS BOCK

HEUTE IM INTERVIEW:

Prof. Dr. Thomas Bock ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Er leitet als Psychologischer Psychotherapeut die Ambulanz für Psychosen und Bipolare Störungen sowie eine angegliederte Krisentagesklinik für junge Erwachsene am Universitätsklinikum Hamburg­Eppendorf. Seine aktuellen Arbeitsschwerpunkte sind Psychosen­Psychotherapie, Gruppentherapie bei Bipolaren Störungen, partizipative Forschung sowie der Kampf gegen Vorurteile und für ein offenes, anthropologisches Verständnis psychischer Störungen. Er ist Autor zahlreicher Fachartikel und Bücher, darunter auch zwei Kinderbücher. Zusammen mit Dorothea Buck hat er die Psychoseseminare entwickelt und er gilt als »Vater des Trialogs«.

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AUSGABE 3 · SEPTEMBER 2018

lich brauchen wir alle Arbeit und die mit ihr verbundene Struk-turierung von Zeit, Raum, Anerkennung und Gemeinschaft. Doch mit großer Sicherheit brauchen wir nach Art und Um-fang unterschiedliche Arbeit. Für viele ist es ein Unglück, dass gerade einfache Tätigkeiten wegrationalisiert oder automati-siert werden. Andere bräuchten mehr Förderung von Zuver-dienst-Arbeit durch Arbeitsamt und Rehaträger. Auch die Idee der Grundrente würde Vorteile bringen für die Beschäftigung von seelisch beeinträchtigten Menschen.

SIE HABEN VOR VIELEN JAHREN GEMEINSAM MIT DOROTHEA BUCK DEN „TRIALOGISCHEN ANSATZ“ ENTWICKELT. WAS IST DIE KERNIDEE DIESES ANSATZES, UND WAS KÖNNEN BETRIEBE UND ARBEITGEBER DAVON LERNEN?

Trialog in der Psychiatrie meint den gleichberechtigten Aus-tausch von Betroffenen, Angehörigen und Professionellen. Sie begegnen sich als Experten – durch Erfahrung oder durch Aus-bildung. Es geht um das wechselseitige Lernen und die Wert-schätzung von subjektiver Perspektive, von Verschiedenheit, von narrativen Prozessen. Aus den Keimzellen des Trialogs, den sogenannten Psychoseseminaren, entwickelten sich weitere trialogische Projekte wie „Irre menschlich Hamburg“, wo die drei Gruppen gemeinsam gegen öffentliche Vorurteile kämp-fen – mit Begegnungsprojekten in Schulen und Betrieben so-wie mit gezielten trialogischen Fortbildungen für viele Berufe, zum Beispiel Lehrer, Jugendhilfe, Polizisten, Pastoren, Jour-nalisten, Wohnungsunternehmen und Arbeitslosenprojekte. Oder wie EmPeeRie (Empower Peers to Research) zur Förde-rung partizipativer Forschung. Auch die Peerarbeit ist so ein trialogisches Projekt. Geschulte Betroffene und Angehörige leisten sehr wertvolle Arbeit in der Psychiatrie als Genesungs-/Peerbegleiter. Der Respekt füreinander, das Lernen um die Ecke (Betroffene lernen von fremden Angehörigen und umgekehrt), die Unvoreingenommenheit und der Blick nicht nur auf das Trennende (das „Pathologische“), sondern auch auf das, was uns allen gemeinsam ist (das „Anthropologische“) – vielleicht ist das auch auf die Arbeitswelt übertragbar.

„Wir Menschen haben die Fähig-keit, zu zweifeln und dabei

auch zu verzweifeln, überuns hinauszudenken und unsdabei auch zu verlieren; wer

darüber depressiv oder verrückt wird, ist also kein Wesen vom anderen Stern,

sondern zutiefst menschlich.“

→ Siehe auch Porträt Dorothea Buck auf Seite 8

oder Psychose kein völlig fremder Zustand, sondern nur eine besondere Ausprägung auf einem menschlichen Kontinuum, ein besonderer Ausdruck des Menschseins.

KÖNNEN WIR UNTERNEHMEN HINWEISE ODER EMPFEHLUNGEN GEBEN, WAS SIE VORBEUGEND TUN KÖNNEN ODER WAS SIE VERMEIDEN SOLLTEN?

Arbeit kann uns Sinn, Aufgabe, Anerkennung geben und uns gesund erhalten. Arbeit kann uns aber auch krank machen, weil sie uns überfordert oder weil sie uns fehlt. Die einen werden krank, weil sie zu viel arbeiten, keinen Privatraum mehr haben, sich nicht mehr entziehen oder abgrenzen können; die anderen, weil sie keine Arbeit mehr haben oder Angst haben, sie zu ver-lieren. Das ist verrückt.

Wer Prävention ernst meint, landet in der großen Politik: Ohne Gewalterfahrung und sexuellen Missbrauch, ohne Krieg und Flucht, mit einer Reduktion der Diskrepanz von materiel-lem Wohlstand und Arbeitsstunden gäbe es entschieden weni-ger psychisches Elend.

Oder eine Nummer kleiner: Wenn wir in Betrieben mit dem Verein „Irre menschlich Hamburg“ (trialogische) Fortbildungen zum Thema psychische Erkrankung machen, dann landen wir spätestens beim Nachdenken über gute Reha-Bedingungen bei der Erkenntnis, dass das, was psychisch erkrankten Menschen guttut, eigentlich für alle Menschen wichtig ist. So gesehen könnten Menschen mit Krankheitserfahrung Vorreiter für bes-sere Arbeitsbedingungen werden – doch dabei dürfen wir sie nicht allein lassen.

WENN MENSCHEN NACH EINER PSYCHISCHEN ERKRANKUNG IN DEN BETRIEB ZURÜCKKEHREN, WORAUF SOLLTEN BETRIEBE UND ARBEITGEBER ACHTEN?

Die stufenweise Eingliederung, zum Beispiel nach dem so-genannten Hamburger Modell, ist für viele schon eine große Erleichterung. Für manche ist es wichtig, die konkreten Ar-beitsbedingungen zu überprüfen: Der eine braucht einen Raum für sich, die andere gerade nicht, der eine klare Zeitstruktur, die andere etwas mehr Flexibilität. Menschen mit psychischer Erkrankung unterscheiden sich ebenso wie die ohne. Für die meisten – insbesondere mit Psychoseerfahrung oder Bipolarer Spannweite – gilt, dass Schichtarbeit erst mal kontraindiziert ist. Schon deshalb, weil Schlafhygiene eine besondere Bedeu-tung bekommt. Für alle dürfte so etwas wie Selbstverständlich-keit wichtig sein: Selbstverständlich gehörst du weiter zu uns. Selbstverständlich sind wir alle kränkbar. Selbstverständlich wird hier niemand auf nur eine Erfahrung reduziert.

ES WIRD OFT POLEMISCH GESAGT: ARBEIT MACHT KRANK. MACHT ARBEIT MANCHMAL AUCH GESUND?

Für viele bedeutsame Philosophen – unter anderem Karl Marx – gehört Arbeiten im Sinne des zielgerichteten Handelns elementar zur Menschwerdung und zum Menschsein. Arbeit bringt uns in einen sozialen Zusammenhang, gibt uns Selbst-bewusstsein, Bedeutung und Anerkennung. Die Gleichsetzung mit materiellem Wohlstand funktioniert nur noch bedingt. Es gibt die „Working Poor“, die trotz Arbeit auf Transferleistungen angewiesen sind. Und es gibt die Menschen mit Frührente, die (auch unabhängig vom Verdienst) danach hungern, zumindest für einige Stunden im beruflichen Kontext zu bleiben. Vermut-

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Prof. Dr. Thomas Bock macht uns aufmerksam auf Dorothea Buck. Kennengelernt habe ich sie vor acht Jah-

ren, jetzt ist sie 101 Jahre alt. Ich besuche sie in ihrem Pflege-heim und bin ein wenig aufgeregt.

Als ich auf dem Flur bin, höre ich sie Mundharmonika spielen. „Das ist gut für die Atmung“, sagt sie zur Begrü-ßung. Sie sitzt aufrecht in ihrem Bett, um sie herum türmen sich Tageszeitungen und Bücher, Briefe liegen auf dem Tisch, an der Wand hängen handschriftliche Zettel mit Namen und Telefon nummern. Es ist wohl ihre noch immer spürbare Ener-gie, die sie so alt hat werden lassen.

Sie wird 1917 in Naumburg an der Saale als Tochter eines Pfarrers geboren. 1936, mit 19 Jahren, hat sie einen psychoti-schen Schub, eine Art religiöse Vision. Damit gilt sie unter der Herrschaft der Nationalsozialisten als minderwertig und unheilbar krank. Sie wird zwangssterilisiert. Ihr Leben ist von heute auf morgen ein anderes. Sie darf keine weiterführenden Schulen besuchen, nicht Kindergärtnerin werden und nicht heiraten. Lange Jahre kämpft sie nach dem Krieg mit großer Energie und trotz vieler demütigender Rückschläge für die Rechte der zwangssterilisierten Frauen in der Bundes-republik. Erst 2008, im Alter von 91 Jahren, erhält sie dafür das Bundesverdienstkreuz.

Ihre andere bedeutende Erfahrung ist die Sprachlosigkeit in der Psych-iatrie. Sie führt Dorothea Buck 1989 in ein Seminar von Dr. Thomas Bock, weil sie in der Welt der Fachleute den Betroffenen eine Stimme geben will. Sie hat Glück: Thomas Bock hört zu. Es entwickelt sich ein Gespräch auf Augenhöhe zwischen der Expertin aus Erfahrung und dem Exper-ten aus Profession. Gemeinsam entwickeln sie die Idee des Trialogs, des gleichberechtigten Austauschs zwischen Betroffenen, Angehörigen und Profis. Ein Ansatz, der in ganz Deutschland und darüber hinaus Verbrei-tung findet und die Psychiatrie menschenfreundlicher macht.

„Das ist das Allerwichtigste, dass man miteinander spricht“, sagt sie zum Abschied, und es klingt ein wenig wie ein Vermächtnis, ihre Augen funkeln dabei. Die Aufregung vom Anfang ist Dankbarkeit gewichen.

Viel mehr erfahren Sie in ihrer fesselnden und berührenden Autobiografie „Auf der Spur des Morgensterns“, die wir Ihnen ans Herz legen (Paranus Verlag, 2014).

Wirtschaft und INKLUSION INTERVIEW

Impressum

Wirtschaft und INKLUSIONDas Unternehmens-Netzwerk INKLUSION berichtet

Ausgabe 3, September 2018

HerausgeberBundesarbeitsgemeinschaft ambulante berufliche Rehabilitation (BAG abR) e. V. Straßberger Straße 27–2908527 Plauen

VerantwortlichRichard Nürnberger

Text und RedaktionManfred Otto-AlbrechtGerlinde GeffersHanna Berster

Gestaltungwww.frau-albrecht.com

BildnachweisConny Berger, Hamburger Abendblatt/Andreas Laible, Oliver Helbig, Crispin-Iven Mokry, Andreas Riedel, Marlene Rost, Sabine Schröder

Druckwww.langebartelsdruck.de

Infos zum Projekt unter:www.unternehmens-netzwerk-inklusion.de

Dorothea Buck – für einemenschenfreundliche Psychiatrie

BUNDESARBEITSGEMEINSCHAFTINKLUSIONSFIRMEN E. V.Bundesweite Kampagne: Inklusionsunternehmen. MehrWert inklusive

Erfolgreiches Wirtschaften und Inklusion am Arbeitsplatz schließen sich nicht aus. Ganz im Gegenteil: Die Beschäftigung von Men-schen mit Behinderung kann zum Erfolgsfaktor werden. Beispielgebend dafür sind Inklusionsunternehmen. Sie bieten 30 bis 50 Prozent inklusive Arbeitsplätze und haben damit Erfolg. Diesen Ansatz will die Bundesarbeitsgemeinschaft Inklusionsfirmen e. V. (bag if) mit einer bundesweiten Aufklärungskampagne bekannt machen. Ziel der Kampagne ist es, ein Bewusstsein dafür zu schaf-fen, dass Menschen mit Behinderung ein selbstverständlicher Teil unserer Arbeitsgesellschaft sind und Inklusion einen Mehrwert für alle darstellt. Gefördert wird die Kampagne von der Aktion Mensch und der Freudenberg Stiftung. Alle Veranstaltungen und Informationen rund um die Kampagne finden Sie unter www.mehrwert-inklusive.de.

„Das ist das Allerwichtigste, dass man miteinander spricht.“