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16  10  b 2008 Unternehmensführung Bonität spart Zinsen Die richtige Vorbereitung auf einen Banktermin kann   das Ratingergebnis verbessern Banken und Sparkassen bewerten Unternehmen systematisch und detailliert durch interne Rating- verfahren. Die Offenlegung der Ergebnisse einer Bonitätsprüfung erfolgt nur unzureichend und zögerlich. Im Rahmen eines Pro- motionsvorhabens entwickelte HANS-JÜRGEN P ESSIER, Universität Rostock, ein Agrar-Selbstrating- Modell, das die Problematik offenlegen und den Betriebsleitern Verständniswissen liefern soll. K reditwürdigkeitsprüfungen gab es schon immer und Ratingverfahren werden von Banken seit Jahren ein- gesetzt. Was aber hat sich verändert? Mit den Mindestanforderungen für das Ri- sikomanagement hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verbindliche Vorschriften zur Abwicklung von Bonitäts- prüfungen erlassen. Jeder kreditsuchende Unternehmer muss seinen Betrieb raten lassen. Nach einem Erst-Rating schließen sich Folge-Ratings zwecks Überwachung der Entwicklung der wirtschaftlichen Lage an. Wurde bisher die Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage analysiert, kommen neu- erdings aufgrund gesetzlicher Änderungen (§ 289 HGB) die Risiko- und Chancenlage hinzu. Die Bonitätsprüfung selbst wird nunmehr wesentlich detaillierter und sys- tematischer durchgeführt. Banken wollen mit ihrer Ratingbeurtei- lung ermitteln, wie hoch die Ausfallwahr- scheinlichkeit ihres Kunden sein könnte. Sie schätzen die Kapitaldienstfähigkeit, um möglichst sicher zu gehen, dass dieser künftig in der Lage sein wird, seinen Zins- und Tilgungsverpflichtungen terminge- recht nachzukommen. Agrarunternehmen finanzieren traditionell ihre Investitionen über die Hausbank. An der Schnittstelle zu den Agrarkreditbanken treten jedoch unterschiedliche Interessenlagen auf. In Anbetracht der wechselseitigen Ansprüche gilt es, diese nach Möglichkeit konfliktfrei zu lösen. Wissen erhöht die Bonität und   spart Zinsen  Es sollte erfolgreichen Betriebsleitern nicht unterstellt werden, sie träfen Entschei- dungen nur aus dem „Bauch“ heraus. Ihr Wissen, aus Ausbildung, Erfahrung und Informationen aufgebaut, ist das tragende Fundament ihres Erfolges. Die ausschließ- lich produktionsorientierten Betriebsleiter gehören der Vergangenheit an. Gefragt ist zunehmend betriebswirtschaftliches Know-how in der internen Aufgabener- ledigung und extern auf den Märkten mit Marketingaktivitäten. Unter diesem Blickwinkel wurde Finanzmarketing zu einem wichtigen Aufgabenfeld des Be- triebsleiters. In Kreditgesprächen führen Ratingwissen, Kenntnisse über das Rech- nungswesen sowie Markteinschätzungen zu einem positiven Verhandlungsergebnis. Wissen gilt als Bonität erhöhender Faktor und hilft vermeintliche Informationsasym- metrien abzubauen. Die Einbindung eines Businessplans mit den Auswertungsergeb- nissen eines Computerprogramms wie zum Beispiel dem „Agrar-Selbstrating-Modell“ (ASRM) kann helfen, eine detaillierte Begutachtungsbasis zu schaffen. Zielsystem des Selbstrating-Modells Es wurde eine Anwendungssoftware für landwirtschaftliche Unternehmen entwi- ckelt, die die Messung und Steuerung der Bonität – praxisnah und praxisgerecht – durch eine zielorientierte Ratingpoli- tik unterstützt. Das Zielsystem ist ein „Sammelbecken“ von bonitätsrelevanten Informationen. Die Bausteine spiegeln das umfangreiche Nutzenpotenzial wider. Die externe Zielebene gegenüber Interes- senten kann wie folgt zusammengefasst werden: Schaffung und Festigung von Ver- trauen durch Informationsaustausch, b Selbsteinschätzung der gegenwärtigen und zukünftigen Wirtschaftslage, Vorbereitung zur Dialogfähigkeit in Kreditverhandlungen, Offenlegung der Ergebnisauswertung ASRM, Festlegung einer Berichtsabfassung im Sinne einer offenen Kommunikation, mit den Interessenten, Gestaltung von sachbezogenem Wis- senstransfer. Interne Zielebene der Unternehmung: Gewinnung von betriebswirtschaft- lichem Nutzen im Führungssystem der Unternehmung durch Einführung einer Planungs- und Risikorechnung, Beobachten, erkennen, bewerten und dokumentieren der Veränderungen des Umfeldes, Erkennen und auswerten der Schwä- chen/Stärken und Risiken / Chancen, Umsetzen von Optimierungsmöglich- keiten im Selbstratingverfahren, Benutzung der Ergebnisanalyse als Grundlage einer Ratingpolitik. Modul I – 2 Schlüsselkennzahlen Datengrundlage für das Agrar-Selbstrating- Modell ist der handelsrechtliche Jahresab- schluss. Zwei Schlüsselkennzahlen, die Cashflow-Rate und die Gesamtkapitalren- tabilität sowie die sechs niedriger gewich- b b b b b b b b b b Modularer Aufbau Agrar-Selbst-Rating-Modell Modul 1 Modul 2 Modul 3 Istdatenbasis Plandatenbasis Risikodatenbasis Chancendatenbasis Istrechnung quantitative und qualitative Ratingfaktoren Planrechnung quantitative und qualitative Ratingfaktoren Risiko / Chancenrechnung quantitative und qualitative Datenbasis Bonitätsrating – Ist Vergangenheit Bonitätsrating – Plan Zukunft Risikotragfähigkeitsrechnung Zukunft Expertenüberstimmung Integriertes Gesamtrating NL-Grafik

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16    10 b 2008

Unternehmensführung

Bonität spart ZinsenDie richtige Vorbereitung auf einen Banktermin kann  das Ratingergebnis verbessern

Banken und Sparkassen bewerten Unternehmen systematisch und detailliert durch interne Rating-verfahren. Die Offenlegung der Ergebnisse einer Bonitätsprüfung erfolgt nur unzureichend und zögerlich. Im Rahmen eines Pro-motionsvorhabens entwickelte Hans-Jürgen Pessier, Universität Rostock, ein Agrar-Selbstrating-Modell, das die Problematik offenlegen und den Betriebsleitern Verständniswissen liefern soll.

Kreditwürdigkeitsprüfungen gab es schon immer und Ratingverfahren werden von Banken seit Jahren ein-gesetzt. Was aber hat sich verändert?

Mit den Mindestanforderungen für das Ri-sikomanagement hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verbindliche Vorschriften zur Abwicklung von Bonitäts-prüfungen erlassen. Jeder kreditsuchende Unternehmer muss seinen Betrieb raten lassen. Nach einem Erst-Rating schließen sich Folge-Ratings zwecks Überwachung der Entwicklung der wirtschaftlichen Lage an. Wurde bisher die Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage analysiert, kommen neu-erdings aufgrund gesetzlicher Änderungen (§ 289 HGB) die Risiko- und Chancenlage hinzu. Die Bonitätsprüfung selbst wird nunmehr wesentlich detaillierter und sys-tematischer durchgeführt.Banken wollen mit ihrer Ratingbeurtei-lung ermitteln, wie hoch die Ausfallwahr-scheinlichkeit ihres Kunden sein könnte. Sie schätzen die Kapitaldienstfähigkeit, um möglichst sicher zu gehen, dass dieser künftig in der Lage sein wird, seinen Zins- und Tilgungsverpflichtungen terminge-recht nachzukommen. Agrarunternehmen finanzieren traditionell ihre Investitionen über die Hausbank. An der Schnittstelle zu den Agrarkreditbanken treten jedoch unterschiedliche Interessenlagen auf. In Anbetracht der wechselseitigen Ansprüche gilt es, diese nach Möglichkeit konfliktfrei zu lösen.

Wissen erhöht die Bonität und  spart Zinsen Es sollte erfolgreichen Betriebsleitern nicht unterstellt werden, sie träfen Entschei-dungen nur aus dem „Bauch“ heraus. Ihr Wissen, aus Ausbildung, Erfahrung und Informationen aufgebaut, ist das tragende Fundament ihres Erfolges. Die ausschließ-lich produktionsorientierten Betriebsleiter gehören der Vergangenheit an. Gefragt ist zunehmend betriebswirtschaftliches

Know-how in der internen Aufgabener-ledigung und extern auf den Märkten mit Marketingaktivitäten. Unter diesem Blickwinkel wurde Finanzmarketing zu einem wichtigen Aufgabenfeld des Be-triebsleiters. In Kreditgesprächen führen Ratingwissen, Kenntnisse über das Rech-nungswesen sowie Markteinschätzungen zu einem positiven Verhandlungsergebnis. Wissen gilt als Bonität erhöhender Faktor und hilft vermeintliche Informationsasym-metrien abzubauen. Die Einbindung eines Businessplans mit den Auswertungsergeb-nissen eines Computerprogramms wie zum Beispiel dem „Agrar-Selbstrating-Modell“ (ASRM) kann helfen, eine detaillierte Begutachtungsbasis zu schaffen.

Zielsystem des Selbstrating-Modells

Es wurde eine Anwendungssoftware für landwirtschaftliche Unternehmen entwi-ckelt, die die Messung und Steuerung der Bonität – praxisnah und praxisgerecht – durch eine zielorientierte Ratingpoli-tik unterstützt. Das Zielsystem ist ein „Sammelbecken“ von bonitätsrelevanten Informationen. Die Bausteine spiegeln das umfangreiche Nutzenpotenzial wider. Die externe Zielebene gegenüber Interes-senten kann wie folgt zusammengefasst werden:

Schaffung und Festigung von Ver-trauen durch Informationsaustausch,

b

Selbsteinschätzung der gegenwärtigen und zukünftigen Wirtschaftslage,Vorbereitung zur Dialogfähigkeit in Kreditverhandlungen,Offenlegung der Ergebnisauswertung ASRM,Festlegung einer Berichtsabfassung im Sinne einer offenen Kommunikation, mit den Interessenten,Gestaltung von sachbezogenem Wis-senstransfer.

Interne Zielebene der Unternehmung:Gewinnung von betriebswirtschaft-lichem Nutzen im Führungssystem der Unternehmung durch Einführung einer Planungs- und Risikorechnung,Beobachten, erkennen, bewerten und dokumentieren der Veränderungen des Umfeldes, Erkennen und auswerten der Schwä-chen/Stärken und Risiken / Chancen, Umsetzen von Optimierungsmöglich-keiten im Selbstratingverfahren,Benutzung der Ergebnisanalyse als Grundlage einer Ratingpolitik.

Modul I – 2 Schlüsselkennzahlen

Datengrundlage für das Agrar-Selbstrating-Modell ist der handelsrechtliche Jahresab-schluss. Zwei Schlüsselkennzahlen, die Cashflow-Rate und die Gesamtkapitalren-tabilität sowie die sechs niedriger gewich-

b

b

b

b

b

b

b

b

b

b

Modularer Aufbau Agrar-Selbst-Rating-Modell Modul 1 Modul 2 Modul 3 Istdatenbasis Plandatenbasis Risikodatenbasis Chancendatenbasis

Istrechnungquantitativeundqualitative

Ratingfaktoren

Planrechnungquantitativeundqualitative

Ratingfaktoren

Risiko / Chancenrechnungquantitativeundqualitative

Datenbasis

Bonitätsrating – IstVergangenheit

Bonitätsrating – PlanZukunft

RisikotragfähigkeitsrechnungZukunft

Expertenüberstimmung

Integriertes Gesamtrating NL-Grafik

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teten Kennzahlen Eigenkapitalrentabilität, Umsatzrentabilität, Zinsdeckungsgrad, dynamischer Verschuldungsgrad, Eigen-kapitalquote und kurzfristige Liquidität wurden nach Expertenmeinung ausgewählt. Neben dieser vertikalen Gewichtung erfolgt je Kennzahl eine 6-stufige horizontale Gewichtung. Letztere Gewichtungsfak-toren sind das Auswertungsergebnis einer Sekundärdatenerhebung aus verdichteten, anonymisierten Jahresabschlüssen. Das Erhebungsraster setzt sich zusammen aus: n=1564 Betrieben der Milchwirtschaft EU-Code 4110/4120; n=435 Betrieben der Getreidewirtschaft, EU-Code 1310/1420, drei Wirtschaftsjahre, verteilt auf sieben geographische Regionen und einem Ran-king der Betriebe für gute, abfallende und alle gesamt. Eine Referenzsauswertung wurde nach den beiden Kriterien Land-wirtschaftliche Nutzfläche und Milchquote durchgeführt. Wichtig für das ASRM ist die Datenqualität, die vom Input und der Art und Weise der Messung abhängt. Es müssen Merkmale (Eigenschaften) in Zahlen ausgedrückt werden (metrische Werte). Die Qualität bezieht sich auf die Güte der Abbildung. Die „Messlatte“ heißt Skala. Nach der Art und Weise der Messung werden Skalen-niveaus differenziert. Im ASRM ist eine Klassifizierung nach Risiken und Bonitäten als Baustein vorgenommen worden.In den maschinellen Programmen der Kreditinstitute wird eine größere Anzahl von Kennzahlen ausgewertet. Eine tabella-rische Übersicht von 19 der am häufigsten gebildeten Kennzahlen ist im ASRM zu-sammengestellt worden. Sie dienen reinen Vergleichen. Erhebliche Abweichungen geben Anlass zu Rückfragen. Die Bedeu-tung der quantitativen Ratingfaktoren ist

darin zu sehen, dass sie mit 70 Prozent in die Bonitätsbeurteilung einfließen.

Betriebsleiterqualifikationen:  maximal 14 Punkte Obgleich die aufsichtsrechtlichen Vor-schriften für das Kreditmanagement der Banken keine qualitativen Kennzahlen vorgeben, haben sich für die Bonitätsbeur-teilung bestimmte Kernfragen herauskristal-lisiert. Um im Rechensystem einfließen zu können, sind diese nicht-metrischen Daten in metrische zu übertragen. Wie können beispielsweise Betriebsleiterqualifikationen gemessen werden? Der qualitative Teil im

Ratingsystem wird bestimmt durch die subjektive Auswahl, Gewichtung und Ver-knüpfung der Faktoren. Verantwortlich für die subjektive Messung sind Kreditexperten der Kreditinstitute. Verständlicherweise liegt in dieser Vorgehensweise Konflikt-potenzial, zumal die qualitativen Faktoren mit ca. 30 Prozent in die Bonitätsnote einfließen. Im ASRM wird ein objektiv nachvollziehbarer Weg beschritten. Der Betriebsleiter weist seine Fähigkeit da-durch nach, dass er mit der gegebenen Faktorausstattung (Produktionsfaktoren) einen Gewinn oder Verlust erwirtschaftet. Maximal können 14 Punkte erzielt werden. Der zweite Faktor Businessplan ist aus ,

SensitivitätsanalyseDatenbasis: Getreidewirtschaft Mittelrücken Süd, Geschäftsjahr 2004/05

Annahmen: Gewinnschwankung in Euro Verlustschwankung in Euro20.000 10.000 5.000 5.000 10.000 20.000

Risikoklasse Bonitätsklasse0–1,80 1/2

1,81–2,11 2/3

2,12–2,42 3/4 2,332,43–2,73 4/52,74–3,04 5/6 2,793,05–3,35 6/7 3,213,36–3,66 7/83,67–3,97 8/9 3,673,98–4,28 9/10 4,084,29–4,59 10/11 4,46 4,60–5,00 11/12 4,84

Die Durchführung einer Sensitivitätsanalyse (Empfindlichkeitsanalyse) erfolgt aus zwei Gründen: Es kann geprüft werden, wie das Modell reagiert, da Input-Parameter verändert werden können. Eine ursprüngliche Analyse ergab zum Beispiel die Risikoklasse 3,67. Durch Variationen der Gewinn- und Verlustschwankungen verändert sich die Bonitätsklasse.

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Unternehmensführung

betriebswirtschaftlicher Sicht sehr umfang-reich und anspruchsvoll. Die Punktvergabe erfolgt auf der Basis einer Entscheidungs-regel vorhanden – nicht vorhanden. Un-terschiedliche Gewichtungen entsprechen ihrer Bedeutung. Beispielsweise wird nach Entwicklungsplänen, Planungsrechnung oder Risikomanagement gefragt. Auch aus diesem Ansatz ist die Subjektivität verbannt. Die Rechenoperationen im Mo-dell werden durch einfaches Anklicken und hinzufügen eines Symbols X ausgelöst.

Auswahl der Kennzahlen 

Die Entscheidungsträger landwirtschaft-licher Unternehmen führen gleichfalls mit Kennzahlen. Als Vorteilsargument gilt eine Verdichtung vieler Einzelinformationen zu einer Zahl. Beim Betriebsleiter muss vorausgesetzt werden, dass er die Formeln betriebswirtschaftlich interpretieren kann, d.h. wenn ein Parameter, z. B. der Abschrei-bungsbetrag sich ändert, welche Wirkung im Kennzahlensystem ausgelöst wird. Auch der Kreditsachbearbeiter muss die spezi-fischen Eigenarten des landwirtschaftlichen Rechnungswesens kennen. Kennzahlen lassen sich in großer Vielfalt bilden. Sie sollen über einen bestimmten Zweck trennscharf eine Zielvorgabe de-finieren. Am Anfang der Modellierung steht die Aufgabe, die richtige Auswahl zu treffen, die zur Lösung eines Problems (Bonitätsbeurteilung) beiträgt. Bewährt hat sich die Suche nach der Kennzahl mit dem größten Informationsbeitrag. Weitere folgen mit abnehmendem Informationsgehalt. Da der Zugewinn an Aussagekraft abnimmt, ist es möglich, mit wenigen Schlüsselkenn-zahlen den Zweck der Bonitätsbeurteilung auf hohem Niveau sicher zu stellen. Das in

dieser Form messbare Gewicht einer ver-wendeten Kennzahl, muss in den internen Ratingverfahren der Kreditinstitute nicht gleich gewichtet sein. Gleich ist jedoch die Filterung nach Schlüsselkennzahlen mit hoher Gewichtung. Die endgültige Bonitätsnote wird in der Masterskala des ASRM hervorgehoben.Möglich ist auch ein Vergleich mit anderen Skalen der Banken.

Modul II – Planrechnungen

Mit diesem Modul erhält der Nutzer die Möglichkeit, ein Zahlenwerk zukünftiger Ziele zu gestalten. Ausgehend von der Schlussbilanz werden auf der Grundlage der Bilanzfortschreibung mit einem separaten Buchführungssystem Plangeschäftsvorfälle gebucht und ein Planjahresabschluss durch-geführt. Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung sowie die bindenden Rechtsvorschriften sind einzu-halten. An dieser Stelle sei kurz darauf hin-gewiesen, dass die Rechnungslegung nach dem zu erwartenden neuen Bilanzrechts-modernisierungsgesetz (BilMoG), dessen Regierungsentwurf vorliegt (21. 5. 2008), Auswirkungen auf die betriebliche Rating-politik haben wird.Gemäß der vorgegebenen Strukturierung der Posten, kann die Übertragung in das Modul erfolgen. Die Datenübertragung, die Rechenoperationen und Auswertung erfolgt analog zu Modul I. Die errechnete Planbonitätsnote wird in die Klassierungen der Planmasterskala eingeordnet.

Rechtzeitig gegensteuern

Abweichungsanalysen vermitteln Kennt-nisse über Stärken/Schwächen sowie über Chancen / Risiken durch einen Soll-Ist-Vergleich und dürfen nicht fehlen. Der Vergleich der Bonitätsnote-Ist und mit der Bonitätsnote-Plan, bei aller Vorsicht der Planungsunsicherheit, wird bei einer Bonitätsverschlechterung Handlungsbedarf erzeugen. Es ist noch Zeit zur Gegensteue-rung. Der Analyseteil schließt mit der Aus-wertung und Kommentierung ab. Durch den dynamischen Charakter der Planrechnung ist es zwingend, eintretende Änderungen während des Planungszeitraumes zeitnah zu erfassen.Für das Modell wurde ein Dreijahres-zeitraum gewählt. Die Durchführung der Planvorgaben fällt in den Aufgabenbereich des Betriebsleiters. Er hat die Grundsätze der Planung, wie Vollständigkeit, Anpas-sungsfähigkeit, Stabilität, Verbindlichkeit und Kontrollierbarkeit zu befolgen. Die Qualität der Planung spiegelt die Manage-mentfähigkeiten wider. Ein vorsichtiger, realisierbarer Ansatz setzt positive Effekte in der Beurteilung des Planungssystems voraus. Zu den wichtigen Aufgaben zählt die Integration der Teilpläne. Die Etablie-rung eines Betriebszweigplanungssystems ist anzustreben.

Modul III – Risiko- und  ChancendatenDas 3. Modul umfasst den Verarbeitungs-prozess von Risiko- / Chancen-Informati-onen in einem Risiko- / Chancen-Planungs-prozess. Es ist das Problem der Umsetzung zu lösen:

Formulieren einer Zielsetzung,Entscheidung, welche Risiko- / Chan-cen-Arten aus Trends und Signalen ge-filtert werden,Festlegung eines Rechensystems zur Bewertung, Kontrolle und anschlie-ßenden Dokumentation.

Dieser Rahmen wird durch Erfassungs- und Auswertungsmasken abgedeckt. Die Erfassung löst gleichzeitig eine erste Be-wertung aus. Der Betriebsleiter schätzt die Eintrittswahrscheinlichkeit und Bedeutung nach vorgegebenen Skalen. Am Ende des Wirtschaftsjahres werden alle Daten nochmals überprüft und gege-benenfalls korrigiert. Nach dieser Aufgabe schließt sich eine Risiko- / Chancen-Inventur an. Alle Daten werden dann in ein Inven-tarverzeichnis übernommen. Mit der Auswertungsmaske Risiko-Chan-cen-Tragfähigkeitsrechnung wird die Ziel-setzung verfolgt, welche Risikowerte, kompensiert durch Chancenwerte, für das Unternehmen tragfähig sind.

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Risikosteuerung

NL-Grafik, Quelle: DieDerichs, 2004

FestlegungRisikosteuerungs-instrumentarium

FestlegungRisikostrategie-

matrix

FestlegungRisikostrategie-

mix

Gesa

mtri

siko

Restr

isiko

Aktive RisikosteuerungGestaltungderRisikostrukturen:Verringerung–derEintrittswahrscheinlichkeit–oderdesSchadenausmaßes

vermeidenvermindern

begrenzenüberwälzen

selbst tragen

Passive RisikosteuerungBeibehaltungderRisiko-strukturen:–AbwälzungderKonse- quenzenund/oder–finanzielleVorsorgeum Risikoauswirkungen aufzufangen

Ihr Ansprechpartnerfür Management:Anke SerflingTel. 030–293974–74E-Mail: [email protected]

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Steuerung von Risiken

Sicherlich könnte der Betriebsleiter überlegen, alle Risiken zu vermeiden. Eine derartige Handlungsoption ist nur theoretischer Natur. Er wird eine Strategie entwickeln, um einen bestimmten relevanten Risikoumfang – nach der Höhe und der Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet – zu mindern oder zu begrenzen. Des Weiteren können Risiken auf Vertragspartner abge-wälzt werden (z. B. Versicherungen). Das Restrisiko muss das Unternehmen tragen, wenn es eintritt. Bei einigen Risikoarten wird das bewertete Risiko als negative Abweichung vom Erwartungswert definiert. Gestaltet sich die Abweichung positiv, verringert sich das Restrisiko.Der Betriebsleiter muss sich immer ver-gegenwärtigen, dass nichttragbare Risiken zu einer betrieblichen Krise führen. Kri-sen können durch plötzlich eintretende Ereignisse schlagend werden. In der Re-gel kündigen sie sich „schleichend“ an. Anzeichen wie Renditeminderungen und Liquiditätsengpässe lassen die „Alarm-glocken“ läuten. Krisenursachen gibt es vielfältiger Art. Missmanagement wäre eine Ursache aus dem umfangreichen

Katalog. Tritt eine Krise ein und wird eine erfolgreiche Sanierung wegen fehlender Sanierungswürdigkeit ausgeschlossen, bleibt oft nur ein geplanter Rückzug von der freiwilligen Betriebsaufgabe bis hin zu einem Insolvenzverfahren als letzter Ausweg. An dieser Kausalkette wird die Bedeutung eines Risiko- / Chancen- Ma-nagements deutlich.

Fazit

Bis auf die Einbindung von Warnsignalen und Haftungsverbünde stimmt die Modellstruktur mit den Standard-Ratings überein. Warnsig-nale charakterisieren Störungen. Signale sind u. a. Zahlungsschwierigkeiten, Kontoüberzie-hungen, Lastschrift- und Scheckrückgaben sowie Darlehenstilgungsrückstände. Haf-tungsverbünde können zwischen Mutter- oder Tochtergesellschaften auftreten. Die Risi-kohaltigkeit wird geprüft. Auf der Seite der Banken werden diese Störungen überwacht. Sie geben Anlass zu Gesprächen.Wenn die beschriebenen Ziele des ASRM erreichbar und verwirklicht werden können, wird die Nutzenerwartung zunehmen. Vier wesentliche Anknüpfungspunkte sind zu nennen:

Festigung der Bonitätswürdigkeit durch Vertrauens- und Imagegewinn,durch offene Publizitätspolitik einen Einfluss auf die Höhe der Risikoprä-mie in der Margenkalkulation nehmen,Gewährung eines angemessenen Kre-ditrahmens, Verbesserung der partnerschaftlichen Beziehung durch Offenheit und Tran-parenz.

Das Modell liefert einen Beitrag zur Sta-bilität und Zukunftssicherung der land-wirtschaftlichen Betriebe. Es darf au-ßerdem nicht übersehen werden, dass in Kreditverhandlungen die Betriebsleiter mit fundiertem Wissen aufwarten werden. Ratinganalysten und Betriebsberater erwei-tern mit dem Modell das Berufsfeld ihrer Beratungstätigkeit. Bankenvertreter werden die Informationsbereitschaft und aktiven Kommunikationsziele der Landwirte zu würdigen wissen. (se) NL

Weitere Informationen zum Thema Agrar-Selbstrating-Modell und das Computerprogramm finden Sie unter:www.agrar-selbstrating.de

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