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3. JUNI x933 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 12. JAHRGANG. Nr. 22 857 UNTERSUCHUNGEN OBER DAS VERHALTEN ATOXYLRESISTENTER LIPASE NACH OPERATIONEN AM MAGEN. Ein Beitrag zur Frage der Palikreasfunktions~tliderung bei Magenresezierten. Yon Dr. H. DIBOLD und Dr. M. TAUBENHAUS. Aus der Sonderabteilung fiir Ern~hrungs- und StoffwechseIst6rungen im Krankenhaus der Stadt Wien (Vorstand: Gehcimrat Prof. Dr. C. v. NOORDEN). Die Behandlulig yon Verdauungs- und Ern~hrungs- st6rungen nach Operationen am Magen-Darmtrakt bildet bei der groBen Zahl magenoperier~:er Patienten tin wichtiges und aufsehluBreiehes Arbeitsgebiet der internen Medizin ulid besonders der I)i~itetik. Die bisherigen Ergebnisse der Mageli- resektion in ihren versehiedenen Abarten sind derart gfinstige, dab genauere Untersuchungen des Funkfionszustandes aller dabei mehr minder beteiligten Organe erst dann in der Klinik einsetzen, wenn es zu gr6beren St6rungen der Verdaunng kommt. Die Beurteilung soleher Abwegigkeiten im Gefolge von Magenresektionen ist vor allem dadurch erschwert, dab der Eingriff selbst nieht nur die Leistungsfiihigkeit des Magens ver~ndert, sondern aueh neue Bedingungen ffir eine ganze Reihe yon Funktionen benachbarter Organe schalft. Bisher wurde die ver~inderte Tiitigkeit des Magenrestes und des Dfinndarms in zahlreichen Ver6ffentlichungen vielfach bearbeitet (vgl. O. G6TZE). Jedoch zeigt die einfache kliliische Beobachtung, dab die fiber Anderung der ~Vlagenfunktion bekannten Tatsachen zur Erkl~irung vieler Befunde nicht genfigen. Es mfissell vielmehr aueh Ver~inderungen der T~itigkeit benachbarter Organe, wie z. 13. Pankreas und Gallenwege, vermutet werdeli. So liegen fiber .&nderung der Pankreasfunktion nach Magenresek- tion bisher nut wenige ]~efunde in der Literatur vor. Diese beziehen sich vorwiegend auf gr6bere Erkrankungen des Pankreas, soweit sie rnit bisher fiblichen klinischen Methoden zu fassen waren (Diastase- probe, Stuhluntersuchung usw.). Ffir Erkennung feinerer Funk- tionsiinderungen waren abet die obengenannten Un.tersuchungen nicht geeignet, aliment~re Belastungsproben wegen der neugeschaf- fenen anatomischen Verh~iltnisse nicht anwendbar. Unter den bisherigen Untersuchern der Pankreasfunktioli naeh Operationen am Magen herrscht keine einheitliche Mei- hung. W~ihrend K. GL_~SSNERbei einer gr6Beren Anzahl Magen- orperierter Verrninderung der Pankreassekretion feststell~, nehmen B~NARD und BOUTTIER, STEIN und FRIED sowie G. STERN keine Ver~inderung gegenfiber der Norm an. Die Arbeiten dieser Autoren beschr~inken sich auf Untersuchung des Magen- und Duodenalsaftes. Erst die von P. Rosa und Mitarbeitern angegebene Uiiter- suchung des Blutes auf atoxylresistente Lipase (weiterhin als ARL. bezeichnet) scheint uns Einblick in solehe Funktions- /~nderungen des Pankreas zu gew~hren, die mit den fibrigen Methoden nicht erfaBt werden k61meli. P. RONA und Mitarbeiter faliden, dab im Pankreas eine Lipase nachweisbar ist, die, im Gegensatz zu den in anderen Organeli (Leber, Serum usw.) gefundenen Lipasen, durch Atoxyl unwirksam gemacht wird. In zahlreichen Versuchs- reihen konnte 1Ro~A die hohe Spezifitgt dieser Lipase er- hArten und ihren Nachweis auch f fir den Kliniker, dutch An- gabe einer verh/tltnism~Big einfachen Methodik, erm6glichen. Dieselbe gestattete auch umfangreiche Nachprfifung und Anwendung am Krankenmaterial. Die ursprtinglieheli git- teilungen P. RONAS konnten yon zahlreichen Autoren be- st/~tigt und erweitert werden. Als erstem gelang es MARKUS, das Vorhandensein atoxyl- resistenter Lipase bei Pankreaserkrankungen im Blutserum nachzuweisen. G. 1VIELLIund A. LORENZI sowie G. RAEVSKAJA erachteten deren Anwesenheit im Blute als beweisend ffir Erkrankungen des Pankreas. Aber auch bei anderen Krank- heiten, die im Zusammenhalig mit Pankreasfunktionsst6run- gen stehen, wurde ARL. im Serum nachgewiesen. D. SEGEN- SCHMIED erhob bei Krankheiten des Gallensystems positive ]3efunde. S. KUNOS und A. GER6 fanden unter einer gr6Bereli Anzahl verschiedener innerer Erkrankungen in 61% yon Gallenleiden und in 80% yon Diabeteskranken St6runger~ der Pankreasfunktion im Sinne ~eststellbarer ARL. im Blute. Bei bestimmten Formen yon An~mien zeigte H. SIMON, dab ARL. im Btute vorhanden sei. Auch dieser Befund wurde jedoch yon S. KuNos und A. GER6 rnit Ver~nderungen der Pankreasfunktion in Zusammenhang gebracht. G. t(ATSCH empfiehlt breiteste Anwendung der genannteli Methode in der I41inik. Urn jedoeh klinisch wirklich brauchbare Ergebnisse zu erzielen, die ohne Rficksicht auf andere Erw~gungen allein auf St6rung der Pankreasfunktion bezogen werden dfirien, rnflssen unseres Erachtens derzeit sch~irfere Ansprfiche an die ]3ewertung der Ergebnisse ge- stellt werden. Ein Tell der in der Literatur angeffihrten Ergebnisse scheint, neben der Laboratoriumsrnethodik des Nachweises ARL. erg~inzender, klinischer Erw~igungen zu bedflrfen. DaB z. B. bei Dia- betes mellitus oder bei An~mien positive Befunde erhoben wurden, berechtigt noch nicht zur sicheren Annahrne einer St6rung der ~iuBeren Pankreassekrefion, wenn die fibrigen k]inischen Erhebungen keinen Anhaltspunkt daffir ergeben. Es mfiBten denn die Aus- schli~ge der Untersuchungsergebnisse so betr~ichflich sein, dab sie fiber allen Fehlerquellen der Methodik stehen. Im flbrigen ist der Befund erh6hter ARL. im Serum bei Diabetes nicht gesichert (vgl. D. SX~ENSet~MI~D sowie H. SIMON). Die yon uns angewandte Methodik der ]3estimmung atoxyl- resistenter Lipase erfolgte in der allgemein flblichen Weise (vgl. H. SIMON). Es wurde die fettspaltende Wirkung des Serums an Tributyrinl6sungen mit und ohne Atoxylzusatz geprfift. In deln System: Serum-Tributyrinl6sung erfolgt Spaltung des Fettes und Erh6hung der Oberfl~chenspannung der LSsung. Tropfenziihlung mit dern Stalagrnometer vonTRAIYB~ sofort nach Zusatz des Tributy- rins sowie nach l~ingerer Exposition bei Zimrnertemperatur ergibt somit eine Differenz im Sinne einer Verrninderung der Tropfenzahl. Ffigt man in einer gesonderten Probe dem obenerw~ihnten System Atoxyll6sung hinzu, dann erfolgt I-Iemmung der Lipase- wirkung. Die Differenz der Tropfenzahl wird nun verringert und liegt zum Tell innerhalb der Fehlerquellen der Methodik. Die bisher meistens in der Literatur angegebene Differenz der Tropfenzahl nach Lipasezusatz bei Normalen ergab 6 (H6ehstwert). Ist hin- gegen ARL. im Serum vorhanden, dann wird diese durch Atoxyl- zusatz nicht vergiftet, und das System: Serum-Atoxyl-Tributyrin verh~lt sich ikhnlich wie die Kontrollprobe ohne Atoxylzusatz -- die Tropfdifferenz rnuB die Zahl 6 flbersteigen. Es liegt somit in der Natur dieser verh~ltnism~Big einfachen Untersuchungslnethodik, dab normale und pathologische F~ille keine seharfe oder welt voneinander entfernte Grenze zeigen mfissen. Die iJberg~Lnge sind vielmehr flieBend. S. l~uNos und A. GER6 sahen sich daher ver- anlaBt, aus ihren F~illen eine Gruppe herauszugreifen, bei der die Differenz der Tropfenzahl zwischen 5 und 6 lag. Diese ,,Grenz- werte" wurden auf Funktionsst6rungen geringeren Grades bezogen. Aus methodischen Grfinden und nach unseren eigenen Befunden scheint uns diese Annahrne mehr theoretischen als klinischen Wert zu besitzen. Far unsere sp~iter zu erSrternden Untersuchungen durften nur eindeutige und hohe Ausschl~ige berficksichtigt werden. Die genaue Wiedergabe der Yersuchsprotokolle muB bier aus Griinden der Raumersparnis unterbleiben. Wir besehr~inken uns im folgenden auf die Angabe der Differenz der Tropfenzahl yon L6sungen mit und ohne Atoxylzusatz nach Exposition yon 90 Mi- nuten bei Zimmertemperatur. Wir glauben, dab durch Angabe die ser Zahlen positive oder negative Werte hinl~inglich eharakterJ- siert sind, um Schlflsse, die sich auf unsere Fragestellungen be- ziehen, zu erlauben. Wit untersuchten bei 27 I~ranken die atoxylfeste Lipase im Blutserum, bei denen vor ktirzerer oder l~ingerer Zeit eine Magenresektion IIach Billroth II ausgeffihrt wurde. Um uns fiber die Verwertbarkeit der Methode ffir unsere Untersuchun- gen ein eigenes Urteil zu verschaffen, wurden gleichzeitig 39 F~ille untersucht, bei denen keine Operation im AbdomeI1 ausgeffihrt war und keine sicheren Anzeichen ffir bestehende Pankreasfunktionsst6rungen vorlagen. AnBerdem wurder~ ii F~ille bearbeitet, bei denen Miniseh, zum Tell operativ und autoptisch, die Diagnose einer Palikreaserkrankung ge- sichert war*. Die Versuchsreihe unserer Kontrollfiille umfaBt tells Gesunde, tells verschiedenartige Erkrankungen aus dem Gebiete der inneren Medizi~; unter besonderer Berficksich- tigung der Stoffwechsel- und Abdominalerkrankungen. Von * Ffir die f3berlassungmehrerer Fiille sind wit dern Vorstand der Chirurgischen Ab- teilung des Krankenhauses der Stadt Wien, Herrn Primarius Doz.Dr. SCHONBAUER~ zu Dank verpflichtet.

Untersuchungen Über das Verhalten Atoxylresistenter Lipase nach Operationen am Magen

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Page 1: Untersuchungen Über das Verhalten Atoxylresistenter Lipase nach Operationen am Magen

3. JUNI x933 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 12. J A H R G A N G . N r . 22 857

UNTERSUCHUNGEN OBER DAS VERHALTEN ATOXYLRESISTENTER LIPASE NACH

OPERATIONEN AM MAGEN. Ein Beitrag zur Frage der Palikreasfunktions~tliderung bei

Magenresezierten. Yon

Dr. H. DIBOLD und Dr. M. TAUBENHAUS. Aus der Sonderabteilung fiir Ern~hrungs- und StoffwechseIst6rungen im Krankenhaus

der Stadt Wien (Vorstand: Gehcimrat Prof. Dr. C. v. NOORDEN).

Die Behandlu l ig yon Verdauungs- und Ern~hrungs- s t6 rungen nach Opera t ionen a m M a g e n - D a r m t r a k t b i lde t bei der groBen Zahl magenoperier~:er Pa t i en t en t i n wicht iges und aufsehluBreiehes Arbe i t sgeb ie t der in te rnen Medizin ulid besonders der I)i~itetik. Die bisherigen Ergebnisse der Mageli- resekt ion in ihren versehiedenen Abar ten sind dera r t gfinstige, dab genauere Un te r suchungen des Funkf ionszus tandes al ler dabei m e h r minder be te i l ig ten Organe erst dann in der Kl in ik einsetzen, wenn es zu gr6beren S t6rungen der Verdaunng k o m m t . Die Beur te i lung soleher Abwegigke i ten im Gefolge von Magenresekt ionen ist vo r a l lem dadurch erschwert , dab der Eingr i f f selbst n ieht nu r die Leis tungsf i ihigkei t des Magens ver~nder t , sondern aueh neue Bed ingungen ffir eine ganze Reihe yon Funktionen benachbarter Organe schalft. Bisher wurde die ver~inderte Tiitigkeit des Magenrestes und des Dfinndarms in zahlreichen Ver6ffentlichungen vielfach bearbeitet (vgl. O. G6TZE). Jedoch zeigt die einfache kliliische Beobachtung, dab die fiber Anderung der ~Vlagenfunktion bekannten Tatsachen zur Erkl~irung vieler Befunde nicht genfigen. Es mfissell vielmehr aueh Ver~inderungen der T~itigkeit benachbarter Organe, wie z. 13. Pankreas und Gallenwege, vermutet werdeli.

So liegen fiber .&nderung der Pankreasfunktion nach Magenresek- tion bisher nut wenige ]~efunde in der Literatur vor. Diese beziehen sich vorwiegend auf gr6bere Erkrankungen des Pankreas, soweit sie rnit bisher fiblichen klinischen Methoden zu fassen waren (Diastase- probe, Stuhluntersuchung usw.). Ffir Erkennung feinerer Funk- tionsiinderungen waren abet die obengenannten Un.tersuchungen nicht geeignet, aliment~re Belastungsproben wegen der neugeschaf- fenen anatomischen Verh~iltnisse nicht anwendbar.

U n t e r den bisherigen Un te r suche rn der Pankreasfunkt io l i naeh Opera t ionen a m Magen her rscht keine einhei t l iche Mei- hung. W~ihrend K. GL_~SSNER bei einer gr6Beren Anzahl Magen- orper ie r te r Verrninderung der Pankreassekre t ion feststell~, nehmen B~NARD und BOUTTIER, STEIN und FRIED sowie G. STERN keine Ver~inderung gegenfiber der N o r m an. Die Arbe i t en dieser Au to ren beschr~inken sich auf U n t e r s u c h u n g des Magen- und Duodenalsaf tes .

E r s t die von P. R o s a und Mi ta rbe i te rn angegebene Ui i te r - suchung des Blu tes auf atoxylresistente Lipase (weiterhin als A R L . bezeichnet) scheint uns E inb l ick in solehe Funk t ions - /~nderungen des Pankreas zu gew~hren, die m i t den fibrigen Methoden n ich t erfaBt werden k61meli.

P. RONA und Mi ta rbe i te r faliden, dab im Pankreas eine Lipase nachweisbar ist, die, im Gegensa tz zu den in anderen Organel i (Leber, Se rum usw.) gefundenen Lipasen, durch A toxy l unwi rksam gemach t wird. I n zahlreichen Versuchs- re ihen konn te 1Ro~A die hohe Spezif i tg t dieser Lipase er- hArten und ihren Nachweis auch f fir den Kliniker, du tch An- gabe einer verh/t l tnism~Big e infachen Methodik, erm6glichen. Dieselbe ges ta t t e t e auch umfangre iche Nachprf i fung und Anwendung a m Krankenmate r i a l . Die ursprt inglieheli g i t - t e i lungen P. RONAS konn ten yon zahlre ichen Auto ren be- st/~tigt und e rwei te r t werden.

Als e r s tem gelang es MARKUS, das Vorhandense in a toxyl - res is tenter Lipase bei Pankrease rk rankungen im B lu t se rum nachzuweisen. G. 1VIELLI und A. LORENZI sowie G. RAEVSKAJA e rach te t en deren Anwesenhe i t im Blu te als beweisend ffir E r k r a n k u n g e n des Pankreas . Aber auch bei anderen Krank- heiten, die im Zusammenha l ig m i t Pankreas funkt ionss t6 run- gen stehen, wurde A R L . im Se rum nachgewiesen. D. SEGEN- SCHMIED erhob bei K r a n k h e i t e n des Gal lensys tems posi t ive ]3efunde. S. KUNOS und A. GER6 fanden u n t e r einer gr6Bereli Anzahl verschiedener innerer E r k r a n k u n g e n in 61% yon

Gallenleiden und in 80% yon Diabe tesk ranken St6runger~ der Pankreas funk t ion im Sinne ~eststellbarer A R L . im Blute. Bei be s t immten Formen yon An~mien zeigte H. SIMON, dab ARL. im Btute vo rhanden sei. Auch dieser Befund wurde jedoch yon S. KuNos und A. GER6 rnit Ver~nderungen de r Pankreas funk t ion in Zusammenhang gebracht . G . t(ATSCH empf ieh l t bre i tes te A n w e n d u n g der genannte l i Methode in der I41inik.

Urn jedoeh klinisch wirklich brauchbare Ergebnisse zu erzielen, die ohne Rficksicht auf andere Erw~gungen allein auf St6rung der Pankreasfunktion bezogen werden dfirien, rnflssen unseres Erachtens derzeit sch~irfere Ansprfiche an die ]3ewertung der Ergebnisse ge- stellt werden. Ein Tell der in der Literatur angeffihrten Ergebnisse scheint, neben der Laboratoriumsrnethodik des Nachweises ARL. erg~inzender, klinischer Erw~igungen zu bedflrfen. DaB z. B. bei Dia- betes mellitus oder bei An~mien positive Befunde erhoben wurden, berechtigt noch nicht zur sicheren Annahrne einer St6rung der ~iuBeren Pankreassekrefion, wenn die fibrigen k]inischen Erhebungen keinen Anhaltspunkt daffir ergeben. Es mfiBten denn die Aus- schli~ge der Untersuchungsergebnisse so betr~ichflich sein, dab sie fiber allen Fehlerquellen der Methodik stehen. Im flbrigen ist der Befund erh6hter ARL. im Serum bei Diabetes nicht gesichert (vgl. D. SX~ENSet~MI~D sowie H. SIMON).

Die yon uns angewandte Methodik der ]3estimmung atoxyl- resistenter Lipase erfolgte in der allgemein flblichen Weise (vgl. H. SIMON). Es wurde die fettspaltende Wirkung des Serums an Tributyrinl6sungen mit und ohne Atoxylzusatz geprfift. In deln System: Serum-Tributyrinl6sung erfolgt Spaltung des Fettes und Erh6hung der Oberfl~chenspannung der LSsung. Tropfenziihlung mit dern Stalagrnometer vonTRAIYB~ sofort nach Zusatz des Tributy- rins sowie nach l~ingerer Exposition bei Zimrnertemperatur ergibt somit eine Differenz im Sinne einer Verrninderung der Tropfenzahl.

Ffigt man in einer gesonderten Probe dem obenerw~ihnten System Atoxyll6sung hinzu, dann erfolgt I-Iemmung der Lipase- wirkung. Die Differenz der Tropfenzahl wird nun verringert und liegt zum Tell innerhalb der Fehlerquellen der Methodik. Die bisher meistens in der Literatur angegebene Differenz der Tropfenzahl nach Lipasezusatz bei Normalen ergab 6 (H6ehstwert). Ist hin- gegen ARL. im Serum vorhanden, dann wird diese durch Atoxyl- zusatz nicht vergiftet, und das System: Serum-Atoxyl-Tributyrin verh~lt sich ikhnlich wie die Kontrollprobe ohne Atoxylzusatz -- die Tropfdifferenz rnuB die Zahl 6 flbersteigen. Es liegt somit in der Natur dieser verh~ltnism~Big einfachen Untersuchungslnethodik, dab normale und pathologische F~ille keine seharfe oder welt voneinander entfernte Grenze zeigen mfissen. Die iJberg~Lnge sind vielmehr flieBend. S. l~uNos und A. GER6 sahen sich daher ver- anlaBt, aus ihren F~illen eine Gruppe herauszugreifen, bei der die Differenz der Tropfenzahl zwischen 5 und 6 lag. Diese ,,Grenz- werte" wurden auf Funktionsst6rungen geringeren Grades bezogen. Aus methodischen Grfinden und nach unseren eigenen Befunden scheint uns diese Annahrne mehr theoretischen als klinischen Wert zu besitzen. Far unsere sp~iter zu erSrternden Untersuchungen durften nur eindeutige und hohe Ausschl~ige berficksichtigt werden. Die genaue Wiedergabe der Yersuchsprotokolle muB bier aus Griinden der Raumersparnis unterbleiben. Wir besehr~inken uns im folgenden auf die Angabe der Differenz der Tropfenzahl yon L6sungen mit und ohne Atoxylzusatz nach Exposition yon 90 Mi- nuten bei Zimmertemperatur. Wir glauben, dab durch Angabe die ser Zahlen positive oder negative Werte hinl~inglich eharakterJ- siert sind, um Schlflsse, die sich auf unsere Fragestellungen be- ziehen, zu erlauben.

W i t un t e r such ten bei 27 I~ranken die a toxyl fes te L ipase im Blutserum, bei denen v o r kt irzerer oder l~ingerer Zei t eine Magenresekt ion IIach Bi l l roth I I ausgeff ihr t wurde. U m uns fiber die Verwer tbarke i t der Methode ffir unsere Un te r suchun - gen ein eigenes Urte i l zu verschaffen, wurden gle ichzei t ig 39 F~ille untersucht , bei denen keine Opera t ion im AbdomeI1 ausgeffihrt war und keine sicheren Anzeichen ffir bes tehende Pankreas funk t ionss t6 rungen vor lagen. AnBerdem wurder~ i i F~ille bearbei te t , bei d e n e n Miniseh, zum Tell ope ra t iv und autopt isch, die Diagnose einer Pa l ik rease rk rankung ge- s icher t war*.

Die Versuchsreihe unserer Kontrollf i i l le umfaBt tel ls Gesunde, tells verschiedenar t ige E r k r a n k u n g e n aus d e m Gebiete der inneren Medizi~; un t e r besonderer Berficksich- t igung der Stoffwechsel- und Abdomina le rk rankungen . V o n

* Ffir die f3berlassung mehrerer Fiille sind wit dern Vorstand der Chirurgischen Ab- teilung des Krankenhauses der Stadt Wien, Herrn Primarius Doz. Dr. SCHONBAUER~ zu Dank verpflichtet.

Page 2: Untersuchungen Über das Verhalten Atoxylresistenter Lipase nach Operationen am Magen

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de r Wiedergabe einer tabe l la r i schen l )be r s i ch t kann abgesehert werden. D u t c h die U n t e r s u c h u n g , ,Gesunder" hof f t en wir Norma lwer t e zu erhal ten, die m i t den b isher in tier L i t e r a t u r b e k a r m t e n gut verg le ichbar waren. Der Mi t t e lwer t yon den i0 u r t t e r such ten gesunder~ Pe r sonen b e t r u g 5,2 Tropfen- differenz, lag somi t u n t e r h a l b des als pa tho log isch angesehenen Wer tes . Von den fibrigen Versuchspersonen , bei denell keine Mitbete i l igung des Pank rea s nachwei sba r war, b o t e n 24 Ult ter-

3. JUNI 1933

suchungen normale Werte, im Mittel ebenfalls 5,2. Es fanden sich bei del~ eilxzelnen Befunden jedoch bisweilen Werte bis zur Tropfendilferenz 7. Hierzu sei betont, dab wir auch bei den hoch!lormalen Orellzwerten keine mit ancleren Mitteln ~lachweisbare Pankreassch~Ldigung leststelle!~ kolmten. Wir dfirfell daher fiir urtsere spgteren ]~rgebnisse im Gegensatz zu Angaben in der Literatur solche Werte noch nicht als zweifellos pathologisch ansehen.

T a b e l l e I.

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Name, Datum

Compl.*, 16. VIII . 1932

Compl. I2. X. 1932 Eng. I. IX. 1932 Pichelm. 14 . IX. 1932 tZohr. 2I. IX. 1932 Tipp. 24. IX. 1932

Wah. 28. IX. I932 Fehm. I9. X. 1932 Wejz. 26. XI. 1932 Pla. 29. XI. 1932 Jez . 15 . IX. 1932 Hol. I9. IX. 1932 Day. 2o. IX. I932 Tschur. 22. IX. 1932 Welt. 23. IX. 1932 Gasp. 15. X. 1932 Heh. I7. X. I932 Lewalid. 2o .K. 1932 Jer. 25. X. 1932 Hoffm. 26. XI. I932 Za. 9. XII . 1932 Tich. 3o. XII . I932

Skr. 11.1.1933 Fraur. 3 o . X I I . 1933 Kalteli. 29.1.1933 Beck. 8.11. 1933 Sohr 8.11.1933 Wel. 19.11. 1933

Diagnose

Magen-Jejunum-Colon- fistel

Naeh der Resektioli

Nach Mageliresektion

Ulcus pepticum jejuni

Nach Magenresektioli

Chronischer Ileus, Ad-

Operation wegen

Ulcus praepylo- ricum

Fistel

Ca. ventriculi

Ulcus duodeni

Ulcus duodelii, Pylorussteliose Ulcus duodelii

Art der Operation

Eiselsb. Operation

Magen-Jejunum- Colonresektion

Billroth II, Duo- deno-Jejunostomie

Billroth II

dgl.

G.-E.-Anast.

Datum der Operation

1918

I. IX. 1932

25. XI. I929 12. XlI . 1929

Mai 193 ~

I3. IX. 1432

1923 i hiisionen, Ulcus pepti-

cum jej uni Nach Mageliresektion

i Ulcus pepticum jejuni

dgl.

Gastritis, Tbc. pulm.

Nach Mageliresektion

dgl.

dgl.

dgl.

dgl.

dgl.

dgl.

dgI.

dgl.

dgl.

Ca, velitriculi

Ulcus ventriculi

Billroth II

Billroth II, 1/2 Re- sektion

Billroth II

Billroth II, 1/2 Re- sektion

Billroth II, 2/8.Re- sektion

G.-E.-Cholecyst- ektomie, Billr. II

Billroth II

dgl.

1924 1924

24. IX. I932

Juni 1926

1921

Juni 1926

I2. IX. I232.

192o 1923

25. v i i i . I932

I4. IX. 1932 I

dgl.

dgl.

Ulcus pepticum jejlini

Chron. Obstipation

Ulcus pepticum jejulii? Cirrhos. hepatis

Ulcns pepticum jejuni

Tbc. pulmoli.

dgl.

U1cus duodeni, Pylorussteliose

dgl.

Ulcus duodeni ?

Uleus dnodelii

dgl.

dgl.

dgl.

dgl.

dgl.

dgl.

dgl.

dgl.

dgl.

20. IX. 1932 ]

II. X. 1932

I1. X. 1932

1929

Mai 1922

17 . I X . 1932]

17 . IX. 1932

Ulclis pepticum jejulii

Diabetes, An~mie

Nach Mageliresektion

Nach Resektioli, Ga- stritis

Nach Magenresektion

Nach Resektion

Ulcus pepticum jejulii

Ule. parapylorus

Ulcns ventrienli

lJlcus duodeni

dgh

dgh

Ca. velitriculi

Ulcus duodeni

Aiiastomie ante- 14. I. 1232. colica + Braunsche

A. G.-E.-Anast. Magen- 1923 Jejunum-Resektion 1928

Billroth II 17. XII . 1932

dgl. 14. VI. 1923

dgl. 29. I. 1933

dgl. 15. I. 1933

dgh Sept. I932

Komplikationen

Magen-Jejul ium-I Colonfistel nach ]

Ulcus peptic, jejuni I Aiiiimie, 0deme

Abmagerung

Starke Adhgsion, Beschwerden

Obstipation ulid DurchfMle

An~imie

!

Mehrfache Meliina i

Mel~iia, schwere Aii~mie

Morphinismus

An~mie

Bigeminie, Morphi- IIismus

Tropfendifferenz nach 9 ~ Minuten

mit mit Wasser- Atoxyl- zusatz zusatz

20,9 9,7

19,3 8,4

2I,O IO, 7

16,1 7,1

22,6 7,9

19,6 II,O

2o,3 8, 3

19,6 7,2

17,o 12, 7

19,4 9,9

19,9 7,0

17,6 1,8

- - 5 , 5

12,9 1,6

15,7 3,9

14,2 4,0

17,5 7,0

19,5 5,7

20,9 5,9

i6,o 5,4

15,2 5,8

I7,I 5,4

I I , i 4,3

18,1 0, 4

13,o 2,7

22,1 8,6

15,9 9,4

17,9 7,9

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3. JUNI 1933 K L I N I S C H E W O C I i E N S C H R I F T . 12. J A H R G A N G . Nr. 22 859

Hingegell fandell wir ill 6 ullserer Vergleichsf~ille dieser Versuchsreihe (ira ganzen 39 FAlle) Werte, die welt fiber 7 lagen. Das Mittet dieser Zahlen ergab 8,9. Sie stellen somit r 5 % unserer Vergleichsf~ille dar. Auch bet diesen Pat ienten warell mit allderell Methoden keine Sch~idigungen des Pan- kreas nachweisbar, sie wurden daher zu unsereii Kontroll- f~illen gerechnet. Einer dieser Falle war eill Gesunder und betraf dell Laboralltell ullserer Abteilung. Bet den iibrigell 5 Personen lieBen Krallkheiten, wie chronischer Ikterus un- bekannter Ursache, Magersucht mit hochgradiger Prose und Obstipation, fragliche Colitis mit starkem Liiiksschmerz und chronische postdysenterische Enteritis mXBigen Grades, immerhill an Mitbeteiligung des Pankreas denkeii, ohne dab diese sichergestellt werden konllte.

Fassen wir gas Ergebnis unserer Kontrolluntersuehunge~ zusammen, so ergibt sich, daft Werte his 7 als negativ bezeichnet werden mi~ssen (vgl. auch H. SIMON, H. C. GASClL A. G~ASS- BERGER). Ullter 39 F~llen fanden sich in 15 % Werte fiber 7,8. Diese Tatsache muBte bet den all Magenresezierten erhobenen Befunden als Bewertungsgrundlage genommen werden.

Es muBte welter noch die Frage geprfift werden, in weleher Anzahl roll Fallen sieherer Pallkreaserkrankuiigell, die auch klinisch, zum Tell operativ und autoptisch sowie mit anderen Pallkreasfunktionsprfifungen sichergestellt waren, die Methode versagte. Es zeigte sich, dab 9 unter I I ull tersuchten Per- sonen positive Werte zwischell 7,5 ulld 17,1 boten. Zwei Fglle hingegen wiesen Zahlen auf, die im Bereich ullserer negativen Werte liegen (6,5 und 4,3)- Wir k6nnen also in LTbereinstimmung mit den Allgaben der Literatur feststellen, dab bet fast allen unserer F~lle mit sicherer Pankreaserkran- kullg ARL. im Serum vorhanden war. l~bertragen wir dieses Ergebnis auf unsere Ulltersuchungen an Magenreseziertell, so sind wir berechtigt, zu erwarten, dab IIur wenige wirMich vorhandene Pallkreasschadigungen mit dieser Methode IIicht erfaBt wurden.

In Tabelle I silld die Befunde an magenresezierten Ver- suchspersollen zusammellgefagt. In gesonderten S~ulen wird auf sonstige Eingriffe, die in frfiheren Zeiten an dell Kranken vorgenommell wurden, feriier auf etwaige Komplikationell Bezug genommeii. Auch die Zeit yon Operation nnd Blut- untersuchung ist verzeichnet.

Aus der Tabelle erhellt, dab rol l dell 27 uiitersuchtell Fallell 12, d. i. 44 %, Werte fiber 7 zeigten. Die niedrigste der Zahlen bet den positiven F~llen betrug %1, die h6chste I2, 7. Mittelwerte silld in diesem Zusammenhang nicht ge- eigllet zur richtigell Darstellung der Verh~ltnisse.

Zwar fMlt bet Betrachtnng der 3 h6chsten Werte die lange Zeitspaniie zwischell Operation und Ulltersuchuiig auf. Jedoch m6chten wit uns vorlgufig auf die Feststellung be- schr~nkell, dab zahlreiche der untersucht~n Falle nach Magen- resektion positive Werte aufweisell. Auf Einzelheiten kaiin nu t llach ~berbl ick fiber eine gr6Bere Anzahl yon ]3efunden eingegangen werden.

Die Erh6hung der Pankreaslipase bet aMagenresezierten kann nichg durch den Operationsshock, Narkose- oder Aniisthesie- schXden erklXrt werden, auf die vor kurzem J. FOOED hinwies. Wir lieBen grunds~itzlich einige Tage verstreichen, bis sich der Pat. vom Eingriff selbst erholte, bevor unsere Untersuchung vorgenommen wurde. Die meisten unserer F~ille betrafen Patienten, bet denen die Operation Monate oder Jahre zurt~cklag. Nur solch~ FMle sind unseres Erachtens geeignet, die bisher in der Literatur nicht be- schriebenen Pankreasfunktions~nderungen, welche lange Zeit nach lViagenrgsektionen anzutreffen sind~ aufzudecken.

Vergleichen wir die bet Magenreseziertell erhobenell t3e- funde mit den frfiher besprochenen Kontrollf~illeii, so t r i t t die betrgchtlich h6here Zahl positiver Werte bet operierten F~llen gegeiifiber den nichtoperiertell hervor. Wie vorhill erwahiit, wtthlten wir als Vergleichsf~lle neben Gesunden auch Patielltell mit zum Tell schwererell abdominalen Er- krankungen. Wir wollten dutch diese Auswahl strengere Kriterien schaffell lllld den Durchschiiittswert unserer Kon- trollf~lle m6gliehst hoch erhaltell. Um so sicherer koniiten dalltx etwaige positive Befunde bet den postoperativen F~illeii verwertet werden. Vergleichell wit abet unsere bet Magen-

resezierten erhobenell Befunde mit dell bet Gesunden ermittel- ten Wertell, unter deiien nu t ein einzelner fiber 7 lag, so wird die Beweiskraft unserer Untersuchungen erh6ht. I)er h6chste unter dell Vergleichsfiillell gefundene Wert steht auch hinter dem h6chstell bet Magenresezierten gefundenen wesentlich zuriick. Tabelle 2 gibt eine kurze Zusammenstellung ullserer Ergebnisse wieder.

T a b e l l e 2.

Gesunde . . . . . . . . . . . SAmtliche Kontrollf~lle . . . . Erkrankungen des Pankreas . . Magenresezier te . . . . . . .

Anzahl der untersuchten Davon posi- In Prozent

Ffille t iv

IO

39 I I

27

I 6 9

I 2

IO

I5 82 44

Wir mfissell somit auf Grund ullserer Untersuchungen zu dem Schlusse gelangen, dab nach Magenresektion (Billroth II) atoxylresistente Lipase im Serum vorgefunde!l werden kann. Die Operationen an den yon ulls untersuchten F~llen waren zum Tell ill der Modiiikatioll naeh R E I C H E L - P O L Y A , z u m Tell nach HOFMEISTER-FINSTERI~R ausgeffihrt worden. Es waren bei den Patienten weder vor noch nach der Operation klinische Zeichen schwerer Paiikreasliision erkennbar, l)a wir jedoch vor der Operatioll keiiie Lipasebestimmung durchffihren konnten, kann freilich nicht ausgeschlossen werden, dab bet einzelnen Fallen schonvorher atoxylresistente Lipase im Serum nachzuweisen gewesen w~ire. Zwar wurde bet komplikations- losen Fallell roll Ulcus ventriculi oder duodeni yon allderen Untersucherll (vgl. S. KlJNos und A. GER0) kein positiver Befund erhobeii, doch stellte C. H. LASCH bet Magellgeschwfi- reii mit auch soiist erkeiiiibarer Pankreasmitbeteiligung ARL. im Serum lest. Auch wir verffigell unter unserem operativen Material iiber solche (Tall I und Fall 5).

Fragell wir uns nach der Bedeutung der Anwesenheit roll Pankreaslipase im Blute, so ist all die Annahme zu erinllern, dal3 es bet Erkrankungen der Bauchspeicheldrfise hafolge Verlegung der Ausfiihrungsg~nge oder i!lfolge Resorptions- st6rung oder -~nderung dutch Entzfindung oder sonstige Veranderungen der ResorptionsfF, tchell zum i3bertrit t von atoxylfester Lipase ins Blur kommen kann. Mit dieser An- nahme sind auch die bet Pankreaserkrankungen erhobeiien positiveii Befunde hinl~nglich erkl~rt. Ffir die nach Magen- resektion geschaffenell Bedillgungen kommell jedoch auch IIoch aiidere MSglichkeitell in Betracht. Zuii/ichst muB man an wirkliehe aiiatomische L~sionen des Pankreas dellken, die durch den operativell Eingriff selbst, dutch Bildung post- operativer Adhasionen, lJbergreifen yon Entzfindungen oder Penetration eines Ulcus pepticum bedingt sind. Ffir pene- trierte Ulcera ist dies zum Tell auch yon A. GRASSBERGER auf Grulld seines operativen Materials nachgewiesen. Auch ffir eineii Tell unserer F~ille k611nte diese Erkliirung zum Tell zutreffen.

Da aber sonstige Sch~idigungell der Paiikreasfunktion nach Magenresektion, wie der Diastasesekretioii (G. STXRN II. a.), oder Trypsinsekretion (G. STERN) sowie der IIIselfunktioii (F, W. LApp und H. DIBOLD) nicht feststellbar waren, muB auch zwangsl~iufig an eille isolierte funktionelle Anderung der Lipaseproduktion des Paiikreas gedacht werdell, Nach den Untersuchungell yon M. Ik~OTIIMANN und H. WIDNDT wird die Verweildauer des Fettes im Magell dllrch das Pall- kxeas reguliert. Bei Magenresezierteii sind diese Verhaltnisse vom Magell her grundlegend ver~ndert. An eine Rfickwirkung auf das Pankreas, z. ]3. infolge fiberstfirzten Fettangebotes, mul3 gedacht werden. Fermerttuntersuchungen im Jejunal- salt Magenresezierter werden fiber diese Frage Aufkl~irung bringen.

Ob die angeiiommene ~unktionelle AMerung der Sekretioll yon Pallkreaslipase als kompeasatorischer Vorgang oder als Folge yon IResorptionsver~inderungen aufzufassen ist, ob schlieglich funktionelle L~sionell hierffir verantwortlich zu machen stud, geht aus den bisher vorliegelldell Befundell lloch nicht hervor.

Page 4: Untersuchungen Über das Verhalten Atoxylresistenter Lipase nach Operationen am Magen

860 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 12. ~ A H R G A N G . N r . 22 3. JUNI I933

Zusammen]assend kann fes tges te l l t werder4 dab im An- schluB an Magenresek t ionen a toxy l fe s t e Lipase h~ufig im B l u t s e r u m Ixachzuweisela ist. Die hohe Bedeu tung , die der L ipasebes t immuI lg ffir die Pank rea sd i agnos t i k z u k o m m t , zwingt nns, mehr als b i sher auf Pankreasfur~kt ions~r tderungen Ilach MageIl resekt ionen zu achten . Dies gilt sowohl ffir die klirfische Beurte i l l ing bei pos tope ra t i ven Beschwerden , als auch ftir al lgemeine F ragen der P a n k r e a s f u n k t i o n m i t e r der- a r t ig ge~inderten a n a t o m i s c h e n n n d funk t ione l l en ]~ediI~- gu~lgen.

L i t e r a t u r : Bs U. BOUTTIER, Zbl. ges. Chir. 42, 775 (1928). - - FOGEI), KongreBzbl. inn. Med. 67, 442 (1932). - - GLs Wien. klin. Wschr. 4 o, 1245. - - G6TZE, Handbuch der normalen nnd pathologischen Physiologie 3 I I , 1199 (1927). - - GI~ASSBERGER, Z. klin. Chir. 21o, 293 (1928). - - KATSCI~, Verhl Ges. Verdgskrkh. 4. Tagg., Berlin 1924. - - Kul, ros u. GER6, Arch. Verdgskrkh. 5o; 232 (1931). - - F . W . LAPP u. H. DIBOLD, Klin. Wschr. I933, 547. - - LASCH, Arch. klin. Chir. 15o, 272 (1928). -- MARCUS, Kiln. Wschr. I923, Nr 29. - - MELLI U. LORENZI, Minerva-Z. 193o II, 361. - - NOTI~MANN u. WENI)T, Arch. f. exper. Path. 168, 49 (1932) �9 - - SEGENSClZMInI), 3/Ied. Klin. I927, 392. - - SIMON, Klin. Wschr. I924 - - Erg. inn. Med. 32, 83 (1927). -- S~EIN u. FRIED, Wien. klin. Wschr. I923, 775. -- STXRN, Wien. klin. Wschr. 1929, Nr 49. - - RAEVSKAJA, KongreBzbl. inn. Med. 59, 799 (1931) �9 - - RONA, ]3iochem. Z. 1II, 166 (192o); 167 , 71 (1926); I34, lO8 (1922); I3o, 225 (1922) - - Klin. Wschr. I924, 986.

EXPERIMENTELLE STUDIEN UBER PERIPHERE DURCHBLUTUNGSSTORUNGEN UND IHRE

BEZIEHUNGEN ZUR PERIPHEREN GANGRAN.

Von

IViAX RATSCHOW. Aus der I. l~{edizinischen Abteilung des Stfidfischen Kraakenhauses Altona

(Direktor: Prof. Dr. KROETZ).

Die F a k t o r e n der chemischen Kre i s lauf regula t ion scheinen besonders ffir das Gebie t de r pe r iphe ren D u r c h b l u t u n g s - s t6 rungen bedeu t sam. Wir h a b e n eine Reihe yon expe r imen- t e l l e r U n t e r s u c h u n g e n v o r g e n o m m e n , fiber die h ier in Kfirze be r i ch t e t werden so l l .

I. Versuch: GeJ~flre~&tionen bei Stase, 16slicher und un- 16slieher Stase. Durch Anlegen einer L iga tu r u m die E x t r e m i - t~ t eines Frosches wird die arteriel le B l u t z u f u h r ftir 5 Minu ten gesperr t .

Naeh L6sung derselben sieht man bei mikroskopischer Betrach- tung der Schwimmhantgef~Be nach vortibergehend schnell ein- schieBender Blutstr6mung eine hochgradige Dilatation der GeIXBe, nach I--Ia/~ Minuten eine starke Verlangsamung und I(6rnelung der Blutstr6mung. Nach etwa 2 Minuten erkennt man, wie die Formelemente dichter und dichter aufeinanderriicken, wahrend das Plasma Randstellung einnimmt. Nach 3--4 Minuten sind die Blutk6rperchen so hochgradig konglutiniert, dab die einzelnen Formelemente nicht mehr erkannt werden k6nnen, gleichzeitig sieht man das Plasma dutch die Gefi~Bwand in das Gewebe treten.

Dieser Zus t and is t als Stase beschr ieben worden (CoI~N- ~ImM, RICKERT, TANNENBERC). Vom e in fachen Blu t s t i l l s t and is t er d u r c h die K o n g l u t i n a t i o n der B lu tk6 rp e rch en u n t e r - schieden. I m Gegensa tz zur Th rombose is t die Stase 16slich, d. h. der Zus tand is t reversibel . Er fo lg t die L6sung nicht , so s ind i r reparab le S t r u k t u r v e r ~ n d e r u n g e n der Gef~Be und 6rt l iche Gewebsnekrose die unausble ib l iche Folge. Die gleichen Gef~greak t ionen b e o b a c h t e t e n wir bei jeder Ver- suchsanordnung , die geeigliet war, Stase zu erzielen. Hi tze l ind chemische Gifte (FormMdehyd und Secalepr~tparate) w i rk t en in der gleichen Weise. Dagegen f t ihr te K~l tee inwir - k u n g ohne zusi~tzliche MaBliahmen (vgl. Versuch 3b) n i ch t zu Stase. W i t b e o b a c h t e t e n ferner, dab eine deut l iehe L a t e n z be s t and zwischeli de r exogenen expe r imen te l l en Gewebs- bee inf iussung und d e m E i n t r i t t der GefS.greaktion. Das le tz te S t ad ium des 6r t l ichen Gewebsun te rganges (Nekrose m i t Kernzerfal l ) t r a t ers t l~ngere Zeit nach E i n t r i t t de r p a t h o - logischen Gef~13reaktionen alif. Es waren d a n n s te t s mor-

phologische S t r u k t u r v e r ~ n d e r u n g e n der GefgBe nachweisbar . Gelang es, die k r a n k h a f t e n R e a k t i o n e n der GefgBe reeh t - zeit ig aufzuheben , z. t3. d u t c h A n w e n d u n g cons t r i c to r i sche r Reize, so blieb die Gewebsnekrose aus. Ob m a n im e inzelnen Falle die Stase 16sen k o n n t e oder n icht , h ing yon der S tgrke des a n g e w a n d t e n Reizes ab. A n w e n d u n g y o n Tempera tu re r t zwisehen 45 und 5 ~ o lassen 16sliche Stase en t s t ehen . H6here T emp era t u r en , inbesondere Verbr f ihnngen , ff ihren zur u n - 16stichen Stase und d a m i t zur Gewebsnekrose . Ebenso be- d ing t eine 3 - -5 Mi n u t en l iegende B lu t spe r re be im Frosch noch eine 16slicbe S tase ; e iner lgnger als 5 Minu ten l iegenden Blu t spe r re folgt die unl6sl iche Stase.

2. Versuch : Summierung wiederholter 15slicher Stasen ]i~hrt zur unl6sliehen Stase.

a) Frosch. Die Extremiti~t eines Frosches wird 2 Minuten lang nnter totale Blutsperre gesetzt. Nach Eint r i t t der Stase, die mikro- skopiseh an der Schwimmhaut beobachtet wird, wird mit Ringer- 16sung, der Adrenalin zngesetzt ist, betraufelt. Die Stase 16st sich, die Blutstr6mung wird wieder schnell. Nach io Minuten wird der Versuch wiederholt. Das Bild ist das gleiche. Nach abermals IO Minuten 16st sich bei Wiederholung des Versuches die Stase wesentlieh langsamer. Bei nochmaliger Ausfflhrung der Blutsperre gelingt die L6sung der Stase nicht mehr, nach 48 Stunden ist die Schwimmhant nekrotiseh.

b) Kaninchenohr. Ein Kaninchenohr, das in einen durch Plastelin im Stativ befestigten Glaszylinder gebraeht ist, wird eine Minute lang Temperaturen yon 45 ~ ausgesetzt. Die Gefage werden mit binokularer Lupe beobachtet; es kommt zur Stase. Anf Adrenalin kontrahieren die Gefi~Be sich deutlich. Am folgenden Tage entspricht die Blutstr6mung wieder der Norm. Der Yersuch wird wiederholt. Es kommt zn dentlichen Blutaustrit ten, die auch am folgenden Tage noch bestehen, wahrend die Blutstr6mung in allen Gd~Ben wieder eine sehr rasche ist. Die abermalige An- wendung des gleichen Reizes fiihrt sehr schnell in allen Gefi~Ben zu Blutstillstand, es kommt zu einem hochgradigen 0dem. Die GefiiBe sind auf Adrenalin nicht mehr erregbar, nur in wenigen Gefi~Ben t r i t t eine ganz verlangsamte Str6mung ein. Wenige Tage spi~ter ist die betreffende Gewebspartie nekrotisch.

3. Versuch: Sensibilisierung mi t art]remdem Serum steigert A u s m a fl und t~olgen der experimentellen DurchblutungsstSrung. Wir h a b e n zun~chs t die GeI~Breakt ionen be im A r t h u s s c h e n P h ~ n o m e n s tudier t .

Eli1 Tier beantwortet die erste Seruminjektion in die I-Iaut mii: glatter Resorption in 24 Stnnden, die folgenden mit stets verl~nger- ter Resorption, hochroter Schwellnng der Injektionsstelle und die 7. oder 8. Injektion nach einem verl~ngerten Intervall mit Nekrose. Unsere GefXBbeobachtungen bei lokaler Sermninjektion wurden am Kaninchenmesenterinm vorgenommen. Nach der I. Injektion kommt es zu geringer, schnell vortibergehender Gef~Bdilatation in einem Umkreis yon o,i cm um die Quaddel. Die fotgende Injek- tion nach 12 Stunden macht bereits ein der Stase ~hnliches Bild mit Verlangsamnng und K6rnelung der Blutstr6mung sowie lang an- haltender Dilatation. "Nach der 3. Injektion sprach die Kongluti- nation der Formelemente bereits fiir Eintr i t t yon Stase. Die L6snng erfolgte hier and oft auch noch nach der 4- Injektion spontan. Nach der 4. und 5. Injektion waren die Gefi~Be auf Adrenalin noch erregbar, die 6. Injektion fflhrte fast immer bereits znr unl6slichen Stase.

a) Sensibilisierung und Wdrmeschaden. In Abst~nden yon 4 bis 6 Tagen werden Kaninchen mit intraven6sen Serumgahen yon o , i - - I ccm bis zu einer Gesamtdosis yon io cem vorbehalidelt. Bei Ausfiihrung des vorhin beschriebenen Wi~rmeversuches be- antworten die Tiere w~hrend eines Intervalls yon IO Tagen nach der letzten Sernminjektion bereits die erste Wi~rmealiwendung yon 45 ~ mit schwer oder gar liicht 16slicher Stase. Abermalige An- wendung des gleichen Reizes fi~hrt stets zu unl6slicher Stase und folgender Gewebsnekrose. Die Versuche werden an einem Ilicht vorbehandelten Tiere gleichzeitig zur Kontrolle ausgefiihrt. Wurden die Versnche an serumvorbehandelten Tieren wiederholt, hei denen mehr als 20 Tage naeh der letzten Injektion verstrichen wareli, so entsprachen die Gef~Breaktionen deneI1 eines Normaltieres.

b) Sensibilisierung und Kdltesehagen. Wie erw~hnt, fflhrt tgMte allein im Gegensatz zur W~rme nicht zur Stase. Da in der Anamnese aller IZranken mit peripheren Durchblutungsst6rungen (Raynaud, Billroth-Biirger, Acrocyanosen) N~sse und K~lte als schXdigende Noxe fast stets eine Rolle spielen, war ein derartiger Befund be- sonders auffallend. Nut die Anwendung yon Erfrierungstempera- tnren, z. t3. mittels des )[thersprays (minus 16~ erzielte ent- sprechende VerXnderungen, vgl. Iriihere Befunde ZO~GE YON MAN- TEUFFEL, t{ODARA, RUDNITZKI. Die Gewebsverlinderungen ent-