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(Aus dem Physiologischen Ins*itu* der Universi*~i~ Berlin.) Untersuchungen fiber die alveolare Kohlensiturespannung bei natfirliehem Schlaf und bei Wirkung yon Sehlafmitteln. Volt Dr. Wolf Rabinowitsch~ KOnigsberg. Mit 4 Tex*ubbildungen. (Eingega~ge~ ant 7. Februar 1929.) In den Untersuchungen yon Ba[3 und Herr 1 konnte das Verhalten der alveolaren Kohlens~urespammng im Verlauf des natfirlichen festen Schlafcs festgestellt werden. Danach kann die Spalmungskurve als Maf~ fiir die Schlafticfe verwendet werden, welche bisher mit der Methode der Weckreize bestimmt wurde. In einer im K6nigsberger pharmakologischen Institut anges¢ellten Ver- suchsreihe hatte ich die Beeinflussung des Atemzentrums durch Schlaf- mittel unter Verwendung der Haldaneschen Alveolarmethode, welche nicht im eigentlichen Schlafzustand anwendbar ist, studiert 2. Es ergab sich im Gegcnsatz zum normalen Schlaf keine Parallelit~t zwischen Schlaf- tiefe und Erh6hung der Kohlens~urespamlung. Vielmehr war im Zustand starker Schl~tfrigkeit der Vcrsuchsperson eine Erreglmg des Atemzentrums und niedriger Kohlens~urespannung vorhanden. Da die Alveolarluft durch forcicrte Ausatmung gewonnen wurde, durfte die Versuchsperson der Wirkung des Schlafmi*tels nicht willenlos nachgeben. Es war mithin erwfinscht, die Versuche fiber die Wirkung der Schlaf- mittel bei wirklichem Schlafzustand mit der von Bald ttlld Herr ver- wendeten Methode zu wiederholen. Es bot sich mir die M6gliehkeit, derartige Versuche im Berliner physiologischen Lnstitut auszufiihren. Ich m6chte Herrn Prof. W. Trendelenburg fiir sein Entgegenkommen und seine Hilfe verbindlichst danken, ebenso wie dem Herrn Assistenten Dr. Schlitz, sowie Herrn Dr. R. Mayer, welche mir bei zahlreiehen n~cht- lichen Analysen behilflich waren. 1 Ba[3 und Herr: Z. Biol. 7~, 279 (1922). Vgl. neuerdings uuch tlegelsberger: Z. klin. Med. 107 (1928). o Rabinowitseh: Inaug.-Diss. K6nigsberg 1928.

Untersuchungen über die alveolare Kohlensäurespannung bei natürlichem Schlaf und bei Wirkung von Schlafmitteln

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(Aus dem Physiologischen Ins*itu* der Universi*~i~ Berlin.)

Untersuchungen fiber die alveolare Kohlensiturespannung bei natfirliehem Schlaf

und bei Wirkung yon Sehlafmitteln. Volt

Dr. Wolf Rabinowitsch~ KOnigsberg.

M i t 4 T e x * u b b i l d u n g e n .

(Eingega~ge~ ant 7. Februar 1929.)

In den Untersuchungen yon Ba[3 und Herr 1 konnte das Verhalten der alveolaren Kohlens~urespammng im Verlauf des natfirlichen festen Schlafcs festgestellt werden. Danach kann die Spalmungskurve als Maf~ fiir die Schlafticfe verwendet werden, welche bisher mit der Methode der Weckreize best immt wurde.

In einer im K6nigsberger pharmakologischen Inst i tu t anges¢ellten Ver- suchsreihe hat te ich die Beeinflussung des Atemzentrums durch Schlaf- mittel unter Verwendung der Haldaneschen Alveolarmethode, welche nicht im eigentlichen Schlafzustand anwendbar ist, studiert 2. Es ergab sich im Gegcnsatz zum normalen Schlaf keine Parallelit~t zwischen Schlaf- tiefe und Erh6hung der Kohlens~urespamlung. Vielmehr war im Zustand starker Schl~tfrigkeit der Vcrsuchsperson eine Erreglmg des Atemzentrums und niedriger Kohlens~urespannung vorhanden. Da die Alveolarluft durch forcicrte Ausatmung gewonnen wurde, durfte die Versuchsperson der Wirkung des Schlafmi*tels nicht willenlos nachgeben.

Es war mithin erwfinscht, die Versuche fiber die Wirkung der Schlaf- mittel bei wirklichem Schlafzustand mit der von Bald ttlld Herr ver- wendeten Methode zu wiederholen. Es bot sich mir die M6gliehkeit, derartige Versuche im Berliner physiologischen Lnstitut auszufiihren. Ich m6chte Herrn Prof. W. Trendelenburg fiir sein Entgegenkommen und seine Hilfe verbindlichst danken, ebenso wie dem Herrn Assistenten Dr. Schlitz, sowie Herrn Dr. R. Mayer , welche mir bei zahlreiehen n~cht- lichen Analysen behilflich waren.

1 Ba[3 und Herr: Z. Biol. 7~, 279 (1922). Vgl. neuerdings uuch tlegelsberger: Z. klin. Med. 107 (1928).

o Rabinowitseh: Inaug.-Diss. K6nigsberg 1928.

Wolf Rabinowitsch: Untersuehungen fiber die alveolare Kohlensgurespannung. 285

I n der neuen Versuchsreihe s te l l te ich mi r zur Aufgabe, zu un te rsuchen , ob auch bei Unte r suchung im wirkl ichen Schlafzus tand bei Schlafmi t te l - wirkung die Schlaft iefe und die a lveolare Kohlens/~urespammng nicht paral le l gehen, wie es ffir na t f i r l ichen Schlaf der F a l l ist.

M e t h o d i s c h e s .

Ich benu~ze wie Bail und Herr die yon W. Tre~dele~burg angGgebenen Nasea- ventile 1, die ~m Kopf so befes~ig4 werden, dab man mit ihnerr fief schlafen kana. Cocainisierur~g des Nusermir~gangs erwies sich bei meinGn Versuchspersonen als iiberfltissig. Die Gasaaalyse erfolgte mit einem nach Durig-Zuutzschem Prinzip gebautGr~ Analysenappara% der sich im Insti$ut vielfaeh bewghr~e.

5 VGrsuche wurdea art einem 18j/~hrigea gesunden, an Alkohol oder sonstige Narkotica nicht gew0hn~en Mann (St.) ausgefiihr~. Eir~ wei$erer Schlufmittel- versuch wurde aa der Versuchsperson (B), eirmm 26j/~hrigen Mann mit beginnender multipler Sklerose ausgefiihr~. Ftir die freurtdliche Erl~ubnis, dieser~ Schlaf- versuch in der Psychiatrischen Klinik der Charit6 anstellen zu diirfen, bin ieh Herra Geh.-t~at Bonh6//er und fiir wGrtvolle Unterstfitzuag Herrrt Oberarz~ Prof. Kramer zu Dank verpflichtet.

Als Schlafmittel muf~te Girt Hyprrotieum gewghlt werden, welches sehnell resorbiert uad ausgesehieden wird und miCtelstarke Wirkung hat. Diesen Anforde- rungen schien mir dus in der Therapie gegen Schlaflosigkeit verwendete Chloral- hydmt zu entsprechen.

V e r s u c h s e r g e b n i s s e .

a) Die alveolare Kohlens~urespannung im nati~rlichen Schla/.

Zun~chst babe ich nochmals das Verhal~en der Kohlens/~urespannung im natf i r l ichen Schlaf, wie Ba[3 und Herr, unte rsuch t . Die Ergebnisse s ind in den Tabel len 1 und 2 und in den K u r v e n 1 und 2 wiedergegeben. Man sieht , dal~ die Ergebnisse m i t denen der vorerw/£hnten Au to ren ganz i ibere ins t immen, Die Kohlens~urewer te s te igen im Schlaf. Solange die Versuchsperson unruh ig schl~ft, s ind die Kohlens~urewer te noch

Tabelle 1. (Versuch 2 vom 28.9.28.) Barometerstand 751. Temp. 15,5--16 °.

G e h a I t d e r P a r t i e l l e r Z e i t E x s p i r a t i o n s - C O 2 - D r u c k A t e m - B e m e r k u n g e n

l u f t a n CO~-% i n m m H g f r e q u e n z

2200 5,99 42,2 22 s° 6,26 44,1 2255 5,90 41,6 2315 6,01 42,3 23 a5 5,96 41,9

018 _ _ _ _

020 5,75 40,5 0 ~° 6,35 44,7 05: 6,34 44,6 130 _ _ _ _

145 5,92 41,7

1 Trendelenburg, W.: Z. exper. Med. 14,

16,0 16,0 16,0 17,0 16,0

16,0 15,5 15,5

16,0

wach im Einschlafen sehl/~ft, leichte Urrruhe schl~ft unruhig schl/~ft unruhig aufgewacht HalbschlM fester Sehlaf fester Schlaf leiehte Ul~ruhe unruhig

311 (1921).

286 Wolf Rabinowitsch: Untersuchungen fiber die alveolare Kohlensgurespannung

- - unr'uh(g .~/esler 2chlof uz>uhzq

I

go t * 22o~2_o ~ 2_3o_o~ q a 0_002_0 ~_ yoo~_ ~_ 2 ~

ZeH ~ D ~ . l l

Tabelle 2. (Versuch 3 vom 5.10.28.) Barometerstand 766. Temp. 21,6--22,3 °.

Geha l t der Pa r t i e l l e r A t e m - Zei t :Exspi ra t ions- C 0 2 - D r u c k f r equenz :Bemerkungen

I l u f t a n C0~-% in m m H g

2250 231o 23as 025 055 laO 200 2ao 3oo 33o 4oo 4a5 515 540 545

5,54 5,35 5,83 5,68 6,18 6,04 5,80 6,04 6,26 6,t6 6,50 6,19 6,31

5,97

39,9 38,4 41,9 40,8 44,4 43,4 41,7 43,4 45,0 44,3 46,6 44,5 45,4

43,0

16,0 16,0 16,0 16,5 14,5 16,0 16,0 14,5 14,5 12,0 12,0 12,0 12,0

w a c h wach Halbschlaf schlgft ruhig

7 , ' 7

aufgewacht wach

I ~ ! ~,~- ~ i <

-

i~qq •

Ze/'# A_bb. 2,

normal, um im ruhigen und festen Schiaf anzusteigen. Die J(nderung der Atemfrequenz verlguft der ErhShung der Kohlensgurespalmung entgegengesetzt. Mit dem Aufwachen sinkt die Kohlensgurespmlmmg ab.

bei natiirliehem Schlaf und bei Wirkung yon Schlafmitteln. 287

Diese Versuche b e s t i t i g e n , dab m a n be im natf i r l ichen Schlaf die Kohlens/~urespannung als Ma$ fiir die Schlaft iefe verwenden kann.

b) Die alveolare Kohlens~iurespannung im Chloralhydratschla/.

I m Chloralhydra~schlaf wurden zwei Personen (wiederum St. und B.) tmtersuch t . Das Mi~tel wurde in Dosen yon je 1,5 g in vier te ls t f indigen Abs tgnden gegeben. I m Versuch 4 b e k a m St. im ganzen 3 g Chlora lhydra t , im Versuch 5 die Versuchsperson B. 2,5 g. Das Mit~el war in 200 g Wasser gel6st. Die Ergebnisse der Versuche s ind in TabeIle 3 und 4 und in den K u r v e n 3 und 4 en~halten.

Aus diesen Tabel len und K u r v e n geh t hervor , dMl sich meine mi t der Haldaneschen Methode gewonnenen Ergebnisse auch bei Un~ersuchung

Tabelle 3. (Versuch 4 vom 10. 10. 28.) 3,0 g Chloralhydrai. Burome$erstand 750. Temp. 20,5--21,8 °.

Nr. Gehalt der Partieller Atem- Bemerkungen Zeit Exspirations- I CO~-Druck frequenz I luft an CO~-~]o_ l in mm Hg

1 23 ~° 2 I 23 ~5

! 235° 3 O °°

005 4 0 22 5 035

9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

19 20 21 22

23 24

05o

100 ii5

135 155 230 245 3~o 34o 444 505 515 530 540 6o0 625 715 735 74o 750 815

6,56 6,68

6,41

6,02 6,29

2,99

4,34 4,64

4,28 5,89 6,52 5,89 6,52 6,18 6,18 6,18 6,68 6,60

5,89 6,18 6,68 6,80

6,29 6,41

g 46,1 1 47,0

1,5 Chloralhydrut ] 45,1 I

1,5 g Chloralhydrat 42,3 44,2

21,0

30,6 32,6

29;1 42,4 45,8 42,4 45,8 43,4 43,4 43,4 47,0 46,4

42,4 43,4 47,0 47,8

44,2 45,1

16,0 16,0

16,0

16,0 17,0

20,0

20,0 21,0

20,0 20,0 18,0 18,0 17,0 17,0 18,0 18,0 17,5 17,5

17,0 17,0 17,5 16,0

16,0 16,0

im Einschlafen ruhiger Schlaf

wach

wach schl~f~ lest, Atmung regel-

mal~ig sehlaft fest, Atmung be-

sehleunigt schlift lest schlift fes~, Atmung be-

schleuni~ schl~ft fest

aufgewaeht Halbschlaf schlift ruhig

aufgewacht wach wach

Am 11.10.28. Am nichsten Tag bestehen geringe Kopfschmerzen und Schli~frigkeit.

2S8 Wolf RabinowRsch: Untersuchungen fiber die alveoIare Kohlensiiurespannung

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37 ¢o

34

3?

Ze# Abb. 3.

Tabelle 4. (Versueh 5 vom 7. 10. 28.) Mit 2,5 g Chloralhydrat. Burometerstand 764. Temp. 23--24,2%

Geha l t der [ Pa r t i e l l e r Nr . Zei t E x s p i r a t i o n s - CO2-Druck A t e m - B e m e r k u n g e n

in m m H g l u i t a n CO~-~/o f r equenz

8 9

10

l l 12 13 14 15 16 17 18 19 20

21 lo 21ao 221o 22as 22ao 224o 225o 2315 234s

015 03o 0so 115 12o 135 15o 2o5 28o 255 3ao 41s 43s 455 515 53e

5,47 5,77 5,57

4,91

5,69 4,05 3,32

5,04 : 5,45

5,27 i i 5,11

5,56 5,71

i 5,68 I 5,31

5,32 5,56 5,59 5,77 5,54

! ! 39,2 P 41,4 l 39,9

2,5 g Chlorhydrat 35,2

40,8 36,3 23,8

36,2 39,0 37,8

36,6 39,8 41,0 40,7 38,1 38,2 39,8 40,0 4174 39,7

16,0 16,0 16,0

18,0 18,0 18,0 16,5 16,0

13,0 14,0 1470 14,0 15,0 15,0 15,0 15,0 16,0 16,0 16,0 16,0 16,0

wach Halbseh]af

'7 schlaft ruhig

aufgewacht HalbscMaf

schlMt ruhig

aufgewacht H~lbsehlaf seMS~ft ruhig

aufgewacht

bei natfirlichem Schlaf und bei Wirkung von Schlafmitteln. 289

des wirklichen Schlafzustandes bei Chloralwirkung bes¢~tigen. Die alveo- late Kohlensgurespannung verh~lt sich, verglichen mit der Atemtiefe, im Chloralschlaf grunds~tzlich anders als im natiirlichen Schlaf. W~hrend die Kohlens~urewerte im letzteren Fall zu Schlafbeginn steigen, fallen sie im ersCeren. In beiden Chloralversuchen kommt es zu sehr tiefen Senktmgen der Kohlens~urespannung bei gleichzeitiger ErhShung der

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12

A b b . 4.

Atemfrequenz. Das Atemzentrum ist also erregt. Dabei schl~ft die Ver- suchsperson so lest, dal] sie auf Anrede nicht reagierte.

Es ist nach diesen Ergebnissen, die des n~heren leicht den Tabellen und Kurven entnommen werden kSnnen, Mar, dal~ beim narkotischen Schlaf die Kohlensgurespammng nicht mehr als Mal} der Schlaftiefe genommen werden kann. Das Schlafmitte] wirkt also in verschiedener Weise auf das Atemzentrum (erregend) und auf die Gehirnrinde (herab- setzend).

Anhangsweise mSchte ich erw~hnen, dab ich weiSere Versuche mit der gleichen Methode bei Kombina~ion yon Chloralhydrat mit einem anderen Mittel angestellt habe, yon dem Gedankengang ausgehend, da~ es wertvoll w~re, die unerwfinschte Nebenwirkung des Chloralhydrats zu kompensieren. I)och sind meine Versuche noch im Anfangsstadium, so dab ich nicht darauf eingehen mSchte. Aus ~uJ~eren Grtinden muBte ich die Versuche einstweilen unterbrechen.

Z. f . d . g . e x p . M e d . L X V I . 19

9,90 Wolf Rabinowitsch: Untersuchlmgen fiber die alveolare Kohlens/~urespannung.

Zusammenfassung. Es wurde w/~hrend des Sohlafes die alveolare Kohlens~urespannung

mit der Nasenventilmethode bestimmt. Beim natiirlichen Schlaf wurde das Steigen der Kohlens~urespannung

besti~tigt. Die Spannungskurve kann als Ma$ der Schlaftiefe verwendet werden.

Beim Schlaf unter Wirkung yon Chloralhydrat hingegen nimmt die Kohlens~uresparmung im Schlaf ab und die Atemfrequenz zu. Darin i~u~rt sich die erregende Wirkung des Mittels auf das Atemzentrum, w~hrend gleichzeitig narkotisierende Wirkung auf die Hirnrinde besteht. Die Spannungskurve kann bier nicht als Mal3 fiir die Schlaftiefe gelten.