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ANNALEN DER PHYSIK. JAHRGANG ~Sog, FUNFTES STUCK. I. UNTERSUCHUNGEN tiber die FluJsfaure und deren Zer- f e t z u 11 g , vo n den Herren GAY - LUSSAC und THENARD (vorgeleferr in dem Inftitute a& 23. Jan. 1809). Frei uberfetzt von Gi 1 b e r t "). Nachdem es den Herren Gay - Luffa c und T 11 e n a r d gelungen war, mittelk des Kali - Me- talls die Boraxfuure zu zerfetzen **), kam es darauf an, tu verfuchen, ob Lich nicht durch daffelbeMit- tel die bis jptzt noch unbekannten Befiaodtheile der FIuJsfuure unci d e r SnIzf&ue mochten auffin- den larfen. In der pgrnwa'ttigen Abhandlung werden von ihnen die hauptfachlichften Refultate *) Piach dem NOUC. Bulletin de3 Sc. pnr Zn SOC. philom. Fhrr. 18m), No. 17, wo dierer Aiifrdtr mit T. (Thr nard) unterzeichnet ift, nod den Annnlex dr Clrimie. Fk. 1309. *') Vergl. Arlnalen 130s. St. XI. B. 50. S. 363. Gilb. Annal. d. Phyfik. B. 32. Sr, 1. J. igcg. St. 5. A

Untersuchungen über die Flusssäure und deren Zersetzung

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ANNALEN DER PHYSIK.

J A H R G A N G ~ S o g , F U N F T E S S T U C K .

I. U N T E R S U C H U N G E N

t i b e r die F l u J s f a u r e u n d d e r e n Z e r - f e t z u 11 g ,

v o n

d e n H e r r e n GAY - LUSSAC und THENARD (vorgeleferr in dem Inftitute a& 23. Jan. 1809).

Frei uberfetzt von G i 1 b e r t "). N a c h d e m es d e n Herren G a y - L u f f a c u n d T 11 e n a r d gelungen war , mittelk des Kali - Me- talls die Boraxfuure zu zerfetzen **), k a m es darauf an, t u verfuchen, o b Lich nicht durch daffelbeMit- tel die bis jptzt noch unbekannten Befiaodtheile d e r FIuJsfuure unci d e r SnIzf&ue mochten auffin- d e n larfen. In d e r pgrnwa ' t t igen Abhandlung werden von ihnen die hauptfachlichften Refultate

*) Piach dem NOUC. Bulletin de3 Sc. pnr Zn SOC. philom. Fhrr. 18m), No. 17, wo dierer Aiifrdtr mit T. ( T h r n a r d ) unterzeichnet i f t , nod den Annnlex dr Clrimie. F k . 1309.

*') Vergl. Arlnalen 130s. St. XI. B. 50. S. 363. G i l b . Annal. d. Phyfik. B. 32. Sr, 1. J. igcg. St. 5. A

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d e r V e r h c h e , d ie fie i n diefer Abficht rnit der Flufsfaure angeftellt haben, dem National- Infiitute mitgetheilt.

Unfere erfte Sorge, fagen lie, rnufste dahin gehen, uns reine Fhfsfuure zu verfchaffen. Da diere Slure nur gebunden vorkommt, an Kolk, und man fie bis jetzt noch nicht fo zu entbinilen Vermoclit ha t , dafs fie tlabei mit keinem aodern Korper in Verbindung t r i t t , fo haben wir eine grofse Menge von Verfuchen anfiellen miiffen, urn Z U tliefem Zweck zu gelangen. Sie haben uns auf mehrere neue Thatfachen gefiihrt , von deden fol- gende die merkwilrdigften find.

Wenn man eine Mengung von Flufsfpath mit re iner verglajcer Eoraxfuure i n einem eifernen R o h r e e rh i tz t , fo entbindet fich ffifsfaures GUS in grofser Menge. Diefes Gas ftofst an der Luft Dampfe aus, die eben fo dick find, a h die, wel- che falzfaures Gas und. Ammonium -Gas mit einan- d e r bilden. Es dampft eben fo in de r Beriihrung mi t allen andern Gasarten, das eirizige faltfaure Gas ausgenommen, vorausgefetzt, dafs man diefe Gasarten nicht getrocknet hat. Sind fie dagegen einige Zeit mit 3tzendern Kalk oder niit falzfaurem Kalk in Beriihrung gewefeo, fo veriindert das flufs- faure Gas ihre Durchlichtigkeit nicht itn geriog- fien. l m erften Fall , wenn dichte Diimpfe entfie- h e n , wird das Volumen d l e r diefer Gasarten nrn gleich vie1 vermintlert, uniL twar in tler Tempera- t u r yon 7' d e r Centefimd-Slide nur urn eioige

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Hundertel. Irn zweiten Fall, wenn die Gacarten ih re v6llige Durchfichtigkerit behallen, veriindert fich i h r Voliimen nicht. \Vir milfren hieraus fchlipfcen : eF/terts, dars tlas flulifaure Gas ein vor- tretfliches Mittel i f t , die Gegenwart von Iiygrome- tril'chem Waffer i n tlen Gasarten antuzeigen; u n d suei tens , tlafs alle Gasarten, ausgpnommen cIa9 faltfaure , dns flufsfaure Gas und wahrfclieinlich auch das Ammonium - Gas, hygrometrifches \Vaf- fer enthalten. In der T h a t haben wir gefunden, dafs aus faltraurem Gas und aus flufsfaurem Gas niclit die deringfie Spur einer tropfbaren Flaffig- keit zutn Vorrcliein kiimmt, wenn man fie e ine t Kiilte von - 15 his I 9'ausfetzt, intlefs andere Gas- arten , %. B. fch:vefli<faures und kolilenfaures Gas, welche man in tliele Kalte bringt, fchnell \Valfer ab fe tze n.

Die diclten Dfmpfe, die enti lehen, wenn (lag flufsfaitre Gas m i t Gasarten i n . Beruhrung kijmmt, die hrgrornetrirches Warrer enthaltlen , find ein Be- weis de r grofsen Verwandtfchaft des flcfsfauren Gas zum Waffer: auch ifi es keine Uehertrejhung, wenn wir behaupten, dafs das lV'alfer von tlierern Gas rnehr als felbl't vom falzfauren Gas einfchlilrft, und wahrfcheinlich clavon mehr als das 2000 fache feines Volumeos verrchluckt. Wafler , das auf diere Art mit Flukfaure gefzttigt ift, ifi hell u n d klar , rauchend und g a n t aufserordentlich iitzend. Durch Hitze Iiifst fich ungefslrr ein. Fiinftel tles Gas, welches es e n t h d t , wieder austreiben; das

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c 4 1 sbr ige kann man davon nicht wieder trennen, wel- cher Behandlung man es auch unterwirft. Es gleicht alsdann der concentrirten Schwefelfaure, h a t daffelbe Ausiehen untl diefelbe I~aufticitSt, kijrnmt, wie diefe, erft in einer weit hahern Tem- peratur als das reine Waffer zum Kocheo, und con- denGrt 6ch ganz und gar in Streifen (en ftries), nngeachtet es vielleicht noch das 1600 fache fei- nes Volums an Gas enthzlt. - \Vird es durch die- €es Verhalten des flufsfauren Gas zum Walfer nicht felir wahrfcheinlicli, otter felbft bewiefen, dafs auch die Schwefelkure untl die Salpeterkiure die Gasgefialt haben warden, wenn tie rein wiren, u n d dals ihre tropfbare Geftalt blofs von dem Waf- fer herriihrt, welches fie entlialten?

So grofs aucli die Verwancltfchaft des flufsfau- r e n Gas zum Waffer ift, und ob es Gch gleich ganz f re i von \Vaffer aus volllcommen trocltoen Materia- lien erlialten Iafst, fo verrnng es (loch nicht die kleinfte ltlengc von Waffer aufzulijfen rind gasfijrniig zu machen. Ein Tropfen IVaIfer, den wir mehrere Stunden lang in einem Litre ( 5 0 parif. Kub. 2011) flufsfaures GJS, ilber QueckGl ber gefperrt , erhiel- t en , verichwand nicht nur nicht, fontlcrn nahm feIbfi an Umfang zu. Es erhcllt Iiieraus, daf. die- fes Gas Waffer i n keinpm Zufranlle enthcllten kann, we de r in h y g r o m e t r i k 11 e r G e Ct cl 1 t , n o c h . g e hu n d en .

Daffelbe ill der Fall init ttern Ammonium-

Gas, wenigftens i n Ahficht ctes gebunrlnen \Vaffers, \vie d o s die Verfuche des jungern B e r t h o l l e t

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dargethan haben *); dafs es auch kein hygrornetri- fches Waffer enthiilt, getrauen wir u n s noch nicht mit volliger Gewifsheit zu behaupten. Mi t d e m Julzfauren Gus verhslt es fich anders: es enthPlt zwar lcein hygrometrifches Waffer, wohl aber Waf- fer, das daran innig gebunden ift, wie die HH. H e n r y **) unrl B e r t h o I l e t diefes zuerft darge- than haben. Es ift uns felbft gelungen, aus falz- faurem Gas, das wir bei msfsiger Hitze iiber ge- fcchmolzne und grob gepiilverte Bleiglatte fortfiei- gen liefsen, diefes Waffer auszuziehen und als fliefsendes IVaffer darzufiellen. Nach Verfuchen, welche wir iiber die directe Verbindung einer ge- wiffen Menge falzfaures Gas mit Silberoxyd inf Uebermafs gemacht haben , betrzgt diefes ge- bundne Waffer ungefiihr den vierten Theil des Gas, dem Gewichte nach gerechnct. Von d e n iibrigen Gasarten verhPlt Gch keine auf diefe A r t zum Waffer; nicht eine derfelben enthiilt gebund- nes, jede aber hygrometrifches Waffer.

Zweierlei ift in diefen Refultaten befonders auffallend: Elftens, dafs clas faIzfrture Gas Yiaffer enthalt, inclefs das flufsfaure Gas und das Ammo- nium-Gas ganz frei von Waffer find; und zwei- tens , dafs im Falzfauren Gas das Waffer i n einem h l c h e n Verhaltnifs vorhanden if t , tfrtfs, wenn die- fes WaCfer von einem Metalle glnzlich zerfetzt wiirde, das entftcheade lLIetalloxycl die Saure voll-

*) Aiinnf. 1808. St. 12. B. XXX. s. 375. **) Antialcn B. VII. s. 26j.

G i l b . G i l b .

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Ahdig vetfchlucken, untl fich damit in falzfaures bletoll verwandeln wilrde ; von letzterem Lint1 wir QberzruSt 'worden, als wir falzfaures Gas langram durch mehrere rothgliihende Flintenlaufe voll Drehfp'pShne von Eiren haben fteigea laffen.

Je mehr man itber diefe Erfcheinungen nach- denkt, deft0 mehr ilberzeugt man fich, \vie fchwie- rig es ift, lie zu erklaren. Sollten vielleicht Sauer- fioff u n d W;ICfdioff zu den Beftandtlwilen der Salzfiiure gehoren, untl in ihr in einem antlern Zu- Aantle els im WaIfer vorhantlen feyn, und erft in dem Augenbliclce fich zutWafrer vereinigen, wenn

diefe Saure mit andern IWpern in Vcrbindung tr i t t , fo dofs diefe Saure in den faltfauren Salten eine ganz andere, 11s in der Gasgeftalt wiire? So vicl ifi gewirs, dafs von den durch Hitte unzer- fetzbaren falzrauren Salten, die n u r wenig oder gar Fein Wafrer enthalten, lich keins, weder durch gloligen iiberfauren phosphorrauren Iialk, noch durch glaftge Boraxfiiure, in einer fehr hoher- Temperatur zerfetzen ISfst j dds folglich die Slitre in diefen faltfauren Salten rnit einer febr grofsen I h a f t zurilck gehalten wird; untl dafs es Iiiernach fehr wahrfcheinlich i l l , dah felbfi die ScliwafeI- faure, wenn fie Sant wafferfrei wiire, cliefe Salze nicht zu zerfetzen vermachte. Doch w i t wollen uns bei Jierer Hypothere nirht aufhalten, uncl zu den Eigenlchaften unfers flufskuren Gas zurilck kehren.

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Die phyfikalifchen Eigeufchaften diefes Gas, und die Einwirkung deflelben auf Luf t , auf alle andere' Gasarten, und auf das Waffer liaben wir be- r e i t s be t r a c h t e t. D i e veg eta Lilt fcli eiz Mat pr i p n g r e i f t es wenigftens initeben fo vielcr liraft als die Scliwe- felfiure an , und es fcheint auf fie auf Jiefrlbe Art \vie diefe Ssure zu wirken, das heifqt dadurch, rlafs es eine Bilrtung von Warfer einleitet; denn fie ver- koli l t d ie Pflanzenkorper. Auch verwandelt fie den Alltoliol fehr leicht in ejnen wahren Aerhrr-, den wir nsher ftudiren werden. Sie fchwiirtt cfas trockenfie Papier i n eineni Augenbliclte, wobei ficli Darnpfe verbreiten, die von tlern fich biltien- den und das Gas verkli luckenden W a h lier- ruhren.

\Venn gleich alles tliefes beweifet, dafs unfer flofsfaures Gas eine de r mtclltigfien Sluren ifr, welche an Icraft und Iiaufticitit felbfi d e r concen- tr ir ten Schwefelfaure nicht nachfieht, fo hatte diefes Gas doch gar keine Einwirkung a u f tlas Glas. Ehe wir das wahrnahmen, waren wir d e r Neinung , unferGas fey vollig re in; wir fahan DUD aber wohl, dars es irgend eine Subfianz enthielt, durch wclche es verhindert wurde , auf die I<iefelercle des Gla- fes zu reagiren. Es zeigte Gch fehr bald, dafs Bo- raxfsure in grofser ILlenge dar in aufgelok war.

Urn uns ganz reines flufsfaures Gas zu ver- [chaffen, verfuchten wir daher, den Flursfpath, f t a t t Jurch Roraxfiure, durch iiberJauren phosphorfarr- ren Kalk zu zerfetzen. Diefees gab indefs nur fehr

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wenig flufsfaures Gas, welches nicht re iner war; denn es enthielt nicht nur die wenige Kiefelercle, welche fich in unferetn flufsf31tren Kalke befand, fondern auch eine gewiffe Menge von iiberfaurem phosphorfauren Kalke. Merkwilrdig il't es , dafs, wenn man zu diefem Procels F1ul;fpath nimrnt , d e r vie1 Kiefelercle e n t h d t , die Zei feiznng (Acirch Einwirkung d e r KiefelcrJe auf tlas fukfdure Gas) €ehr hefchleunigt wird , und kiefeliges flufsfaures Gas i n ltlenge hergieht.

Da das flrtfsfaure Gas, welches wir durch Bo- r ax f iu re aus E'lurslpath enthunden liahen , wecler CVaffer enthiilt, nocli tValfer aufzitlbfen f3hig ifi, fo vermutheten wir, tlaffelbe tnijchte auch wohl (ge- gen die gewiihnliche Rleinung) mit dem flufsfau- reii Gaq der Fall feyn, welrhes aus flufsfaurern Kallc (lurch concpntririe SdtzupfplJli'ure in Uleige- f l f sen entbuntlen wird. Allein wir erhirl ten auf diefern \Vege die Flufsfsure niclit i n Gasgeftalt, fondern (119 eine t roppnre Flujjgkeit , welche fol- gendc? Eigenfchaften hat. Sie fiiifst an iler L u f t dicke Dampfe aus. N i t Waffer erhitzt fie fich, uncl koclit felhft pliitzlich auf. I i i imni t fie rnit Glas in Beriihrung, fo mach t fie es irn Augenblicke matt, erhitzt fich, Icocht a u f , und verwandelt fich in kiefeliges flufsfurrres GUS. Die fonderharfte von allen Ei~enfcl iaf ten tliefer tropfbaren Flufs- fiiure, i f t ihre Einrvirlcung auf die Hoirt: k a u m dafs fie clicfelbe beriihrt , fo desorganifirt fie Ge aucli; es zcigt fich fogleich ein weifser Fleck, cler bald

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1 9 3 fchmerzt: d ie benachbarten Thei le werden eben- falls weirs und fchmerzen, und nicht lange nach- h e r entfteht eine glockenfarmige B l a b , die aus e iner fehr dicken weifsen Haut befiehet, und Eiter enthdr . Die Menge d e r Siiure fey nocb fo gering, immer treten diefe Wirkungen ein, nur lang- famer, manchniahl erft nach 7 bis 8 Stunden, aber felbft dann fchmerzt de r Brandfleck noch fo ftark, dafs er am Schlaf hindern und ein Wuntlfieber ver- anlaffen ,kann. Die Wirkungen diefes befonderen Verbrenoens laffen iich (wic wir an uns felbft er- p robt haben), dadurch hemmcn, dafs man, fobald es gefchehen if?, eine fchwache Lauge von liaufii- fchem Kali darauf bringt, welche, wie wir durch Erfahrung wufsten, ein vortreffliclies Mittel gegen das Verbrennen gemeiner Ar t iit.

Man wird GTh leicht vorftellen, dafs wir nicht verfaumt haben, die Einwirkuns des Kctli - Meralls auf diefe machtige trolf6are Scure zu unterfuctlen. Hierzu diente u n s eine Rijhre aus Kupfer. Zuerfi warfen wir ein Stack K a l i - l’vletall, von cler Grofse e iner kleinen Hafelnufs, in eine geringe Menge dierer Fluffigkeit: es erfolgte auf d e r Stelle e ine d e r allerheftigfien Detonationen, unter En tb in - dung von fehr vie1 LViirrne uncl Licht. Darauf brachten wir die Fliiffigkeit allin5lilig auf das Me- t a l l ; es erfolgte blofs Erhitzung, und wir koiin- ten die Gch biidenden Producre atiffangen: fie be- fianden aus Waflerftoffgas, flufsfaurem Kali u n d

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n-affeer. Jene micht ige Flirffigkeit ift alfo eine Verbindung von Walfer und Flufsfsure.

Man fieht aus dem Vorhergehenden, dafs die F lu t faure fich mit allen Kbrpern zu vereinigen f i rebt , und dafs fie mit ihnen in Verbindungen Iritt, die fefi, tropfbrrr, oder elaftifch find, ie nach- den1 die Flufsfaure mehr ode r weniger Elafticitat ode r Expanfivkraft im Zukande de r Bindung be- halt. Sie ill: die einzige Saure, welche fich in die- fem Fa11 befindet , und eben diefe ihre Eigenfchaft heweift, dafs fie die ftirkfie und miichtigfie unter allen Sluren i l l .

D a fich die Flufsfiure durch kein iMittel re in erhahen liifst, fo kann man ihre Natur nicht an- ders ftu:lieren, als i n ihren Verbindungen. Dabei mufs man nur die Vorficht hrauchen, Verbindun- gen rni t folchen Kijrpern auszuwahlen, welche auf das Refultat keinen ftijrcnden EinfluTs haben. ICijrnrnt es To zurn Beifpiel darauf an , fie an Alka- l ien, Ertlen oder Metalloxyden zu binden, fo mufs. man keine kiefelige Flufsfiitlre nehmen; fonrt war- den Tripelfalze entftehen, wie, wenn man in fiber- faure flufsslaure ICiefelerde Ammonium oder falz- fauren Baryt giefst. Man erhalt i m erfien Fdle ein TripelEalz, das i m Waffer faft unaufloslich, und doch zum grofsten Tlieil fliichtig ifi; und jm zweiten Fall (nach einiger Zeit) irn Waffer einen unauflijsliclieii kryfiallinifc!ien Niederfchlag, de r fich in eineni grofsen Ueberrnafs von Salpeter- f i u re auflolt, und den man flir fchwefelfauren Ea-

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ryt nehmen kiiiante, obgleich er nichts aoders ah fiufsfaure Kiefelerde und Baryt ift. Will man (la- gegen die Fluf..Taure zerlegen, wie wir das mittelfi des Kali-Metalls zu thun die Ablicht hatten, fo ifi die tropfbate Flufsfiure wegen ilires Gehalis an Waffer dazu unfihig, u n d man mufs flufsfaures Gas oehmen, das Boraxfiure aufgeliifet enthdt, oder noch beffer kiefeliges flufsfaures Gas, weil in beiden Fallen der fremdartige clem Gas beige- mikhte .Kdrper nichts Verbrcnnlichcs enthdt, usd daher nicht in Irrthum fnhren, htichftens tladurch fchadeo koon, dafs cc ~ J S GJS zerfireut. Auch habeta wir uns bei den VerJuclren itber die Zer- fectung der FlufsJdurc, von denen wir jetzt Be- richt erftatteo wofien, des flursraurcn Gas, und zwar vorzilglich des kiefeligeo llufsfauren Gas, be- client.

Weon man drs Kali- Mecall mit kiefeligent flufsfuurcn Gus in Beriihrting bringt, To veriindett cs Gch in der gewiihnlichen Temperatur nicht merklich, untl h u f t blok an der Oberfl9che an. Wircl es dogegeii in diefern Gas gefchtnelzt, To ver- dickt es fich bald, und brennt lebliaft, unter Ent- wickelung von viel Warme und Licht. Bei die- fern Verbrennen wird fehr viel Flufsfiure ver- fchluckt, und fehr wenig Wafferftoffgas entbun- den; drs Metal1 verfchwindet, und es eotfieht ein faker Kiirper von riithlich brauoer Farbe. Belian- delt man diefen Korper mit kaltem Woffer, fo ent- wickelt 6ch Wafferfioffgas, obgleich diefet K6r-

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per kein Metal1 mehr zu enthalten fcheint, und wafcht man ihn darauf noch einmahl mit heifsem Waffer, fo erhalt man noch etwas Wafrerftoffgas, do& vie1 weniger als zuvor; iiberhaupt erfcheint zufammengenoinmen ltaum f fo viel WafferfioEf- gas, als das Kali-Metall felbft mit Waffer gegeben llaben wilrde. Gierst man das Waffer zufammen, unci tlampft es ab, fo erhalt man daraus blofs flufqfaures Kali rnit Ueberrnafs an Kali. Der KiickJtnnd bleibt, nachdem man ihn gut gewafchen h a t , rijthlich braun, und charakterifirt Gch durch folgende Eigenfchaften. Wirft man ihn i n einen filbernen Tiegel , der kirfchroth gliiht, fo ver- brennt e r lebhaft, enthiodet ein wenig faures Gas, uric[ ik, fiatt dafs er zuvor unaufloslich im Waffer war, jetzt zum Thei l darin aufliislich. Der Theil djefes Riickftandes, der fich aufliifi, ift flufsfaures Kali; de r Thei l , de r fich nicht aufloft, ift eine dreifache Verbindung von Flufsfzure, Kali und I(iefe1erde. Stellt man den Verfuch, fiatt in einem kirfchroth gliihenden Glbernen Tiegel , in einer kleinen G!asgdocke rol l Sauerftoffgas an, die ge- kr ilinrnt iR (recoitrbe'e), und die man allmiihlig er- h i .z t , fo i f t das Verbrennen lebhafter als in'der atmo'?i Qrifchen Luft ; es wircl viel Sauerftoffgas verfchluckt ; der Gasrt\ckRancl ift reines Sauer- h f f g a s und ein wenig Flukfaure. Das Product cles Verbrennens ift fefi, wie i n dem vorigen Ver- fuche, und befteht aus einer dreifachen Verbin- durig von Flufsfaure, Kali und Kiefelerde.

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Da beim Verbrennen des Kali -Metalls i n flufsfaurem Gas ltein Wafferfioffgs, oder lo gut als gar keins, entbunden wird, fo kann hier das Verbrennen nicht auf Ko!ten des Walfers gefchehen. Folglich mufs i n diefem Verfuche entweder clie Flufsfaure fich zerfetzen, ode r fie muls fich mit dern Metall verbinden, ohnk es zuvor zu oxydiren. Diefes find die heiden einzigen Hypothefen, wel- che fich machen laffen. VerbSnde fich nun aber das Met'all, wie es ifi, mi t d e r Flufsfzure, fo miifste d i e Verbindung, aller Wahrfcheinlichkeit nach, fehr verbrennlich r e p , und i n de r Berithrung rnit TVaffer eben fo viel Waflerftoffgas als 'das rein6 Metall , und nicht h1of.s den clritten The i l fo viel, entwickeln. Eine Verbindung diefer Ar t ftHnde iiberdiefs mit allen Thatfachen, i n allen mijg!ichen Hypothefen, i m Widerfpruch, foowohl was die Ein- wirkung der FIuMiure a u f die Metalle und die Al- kal ien , als auch die Einwirkung des Iiali - Metalls auf alle antlere Siiiren betrifft. Wir muCren tlalier ichliefsen , dafs wahrfcheinlich die Flufsfiure zer- fetzt wird; und ifi diefes der Fall, fo ift der Rilck- f iand , d e r bei dem Verbrennen bleibt, eine Ver- bindung ctes Radjkals de r FlufsfSure rnit Kali u n d mi t Iiierelerde. Es fcheint, als liiinne djefes Radi- l ia l , wenn es blofs an Kali gebunden ift, das Waf- fe r nach A r t de r Phosphor - Verbindungen zer- fe tzen, inders es cliefes nicht vermag, wenn es an" Rali und KiefeJercte zugleich gebundsn. i f i , wahr-

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1: 14 3 fclieinlich , weil diefe dreifache Verbindung irn Waffer unaufliislicli i l l .

Da$ Kal i - Metal1 in flufsfaures G3s zu rerbren- Den , ict ein Verfuch , d e r gar Leine Scliwierigkeit hat. Will man nor wenig hIetall verbrennen, fo 1 P k t fich das hequem uber QueckGIher in einer kleinen vor d e r Lainpe geblafenen GlasgIocl<e thun, in deren oberftem The i l das Kali - Metall a u f einem eifqrnen Srabe ruh t , und die man fo lange er l i tz t , bis das Metall iich entflamrnt. \ViH man dagegen vie1 Metall verbrennen, fo muis man eine Glorke nehrnen, die ungefiihr ein Litre ( 5 0 parif. Kub. 2011) fafst. Man f d l c fie his a u f zwei Finger Breite mi t flursfaurem Gas, unrl hringt mittelk eines ge- har ig gebognen Drahtes des Kal i - Metall, unit dann cine klzine kirfcliroth - glilhende Kapfel hinein, die aus einem Tiege l gernacht feyn liann. Diefe h f l t man mit e iner Pincette, fchiittelt untl ivendet fie, bis man das QueckGlber, das hinein gekom- m e n , wieder heraus gebracht ha t , und thut dann fogleich clas Kali - Metall hinein, das fich fehr bald mi t e iner grofsen Hcftigkrit entzilndet. Wenn d ie Kapfel nach dem Verbrennen erkoltet ift, n i m m t m a n fie heraus und maclit das, w a s rlarin zurtick gehlieben ift, 10s. Man ltann dann in der- felben kleinen Kapfel und in derrelbeii Glocke, eine zweite Portion Kali - Metal1 verbrennen, dar- auf eine dr i t te , eine vierte, und fo fe rner , wenn man nur jedesmahl To vie1 flufdaures Gas, als ver- brennt ift, wieder hinein fteigen M s t , lo dafs die

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e 15 3 Glocke imrner gleich vie1 flufd'sures Gas entlisl). Das Kali - Metall kann man Gch leicht und oscl: Wil lki lhr vprfchaffen, rvenn man genau die Vor- Ichrift befolgt, d ie w i r gegeben haben *).

U-ir fiigcn n u r noch die Bemerkung h in tu , dafs, wenn diefe Verfuche vijllig gelingen follen, m a n nicht vergeffen d a r f , das Oehl , welches fich a n d e r Oberf l iche des Kali-hletalls befintlet, fehr €orgfdt ig mit Lofchpapier we.gzunehmen **); diefes O e h l w i d e fonft, iudem es fich zerfetzt, ein rvenig Wafferfioffgas und Kohle hergeben. Ganz Iiifst fich diefes zwar n ie vermeiden, und es blriht jm- m e r etwas d e h l ztvifchpn den metallifclien Thei l - chen, die Menge tleffelben ill aber, w e n n man mit

aller Sorgfalt verfiihrt, To gering, dafs tlaraus k e i n I r r thum i n den Reftiltaten entftehen kann. Diefem O e h l e ift auch tiie Eigenfchaft zuzufchreiben, welche das K n l i - Metall u n b rias Natron - Metal l manchmahl haben, das Kalkwsff'er zu triiben ***)

T.

*) Eine Aeufseriing , die verdient, nicht iiberlehen LU wer- deu , d d die vielen rnifJlungnea Verruche anderer an der RicLrigkeit diefes Verfahrens Zweifel erregt haben.

G i l b e r t . *') Das heilst unftreitig das Steiaiihl, in welchem man das

***I Vergl. den Curaudu'lchen Verfuch Am. B. X XX. S. 3 j6. Kali- Metall aufbewahrt. G il b e r t.

G i C & c r t. b