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- - 152 - - W. Heubner (Giittingen): Bemerkungen fiber die Bedeutung des Giftpotentials bei Erregungswirkungen. Seit Straub vor mehr als 20 Jahren den Begriff des >>Potentialgiftes(( aufgestellt hat, ist dieser fruchtbare Gedanke niemals wieder eingescMafen, obwoM bisher kein Fall wieder bekannt geworden ist, dermit gleieher Sch~rfe und Eindringlichkeit den Tatbestand geliefert h~tte, wie ihn Straub am Aplysienherzen b el Vergiftung mit ktinsfliehem Muskarin ermittelt hat. S t r a ub selbst hat nut an der Adrenalinwirkung die Frage erneut untersucht, kam abet mit Kretschmer zu dem Ergebnis, da6 bei dieser, den neuromuskuliiren Apparat der Gef~l~e erregenden Wirkung ein Giftpotential sicher nicht im Spiele ist, vielmehr ein Gleichgewicht zwisehen Giftzufuhr und chemischer EntgJftung besteht. Von anderen sind 0fter einmal gewisse Erscheinungen hypothetisch auf Potentialwirkungen zurtickgefi~hrt worden, so z. B. auch die erregenden Auswaschwirkungen am Uterus und Darm. Allen Pharmakologen sind die zahh'eichen F~lle bekannt, daI3 eine depressiv wirkende Giftkon- zentration anfangs und vorfibergehend funktionsteigernd wirkt. In diesen F~llen bestehen zwei DeutungsmSglichkeiten: entweder ist, wie oft angenommen wird, die Anfangswirkung gekntipft an die geringere, zun~chst noeh gegen- w~rtige Dosis, die -- entsprechend der Hypothese yon Arn dt-Schulz -- ent- gegengesetzt wirkt, wie die h6here, spiiter aufgenommene Dosis, oder die An- fangswirkung ist gekntipft an das Einwandern des Giftes, also einen Konzen- trationsuntersehied, ein Giftpotential zwischen irgendwelchen Grenzschichten, w~hrend die depressive Phase einer Konzentrationswirkung entspricht. Es ist nun bei zahlreiehen Versuchen in unserem Institut, die seit Jahren dutch die Herren Siegel, ttecht und IMancke an isolierten S~ugetierherzen ausgeftihrt'worden sind, folgende Geser aufgefallen: Wenn man an einem I-Ierzpr~parat solche Dosen anwendet, die bei l~ngerer Einwirkung deutlich depressiv wirken, so kann man mit ziem]icher Regelm~il~igkeitanfangs eine Periode gesteigerter Iterzfrequenz und -hubh0he beobaehten; wenn man abet mit unwirksamen Dosen beginnt und diese allmi~hlich steigert, so bleibt eine solche >)ErregungswJrkung(< so gut wie regelm~ig aus. Erst durch die Versuche yon Dr. Mancke mit Strophanthin, die mir methodisch ziemlich einwandfrei zu sein scheinen, bin ieh dieser Sache sieher geworden, obwohl sie mir auch sehon frtiher bei Versuchen mit Kampfer und verwandten Verbin- dungen aufgefallen war. Wenn sich diese Beobachtungen welter best~tigen, so wtirden sie nach meiner Ansicht dartun, da~; yon einer erregenden Wirkung der kleineren Dosen hier nicht gesproehen werden kanu, sondern da~ man eine Po- tentialwirkung annehmen mul3. Bei einer so]ehen ist zu erwarten, dal3 nach dem Prinzip des >>Einsehleichens(< Erregungswirkungen verschwinden, wenn man yon kleinen zu gro]en Dosen alim~hlich tibergeht. Mancherlei Schlu]folgerungen ftir die Beurteilung yon Erregnngsphasen an isolierten muskul6sen Organen und fiir die theoretische Auffassung etwaiger therapeutischer Wirkungen im unver- sehrten Organismus ergeben sich daraus, vielleicht aueh eine einfaehe Deutung der erhOhten Empfindliehkeit gesch~idigter Organe ftir Erregungswirkungen. Lendle (Leipzig): Untersuchungen fiber kombinierte Narkose. Entsprechend den neueren Gesichtspunkten der kombinationsthera- peutischen Forschung (qualitative Verbesserung der Wirkung, Ausschaltung

Untersuchungen über kombinierte Narkose

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W. Heubner (Giittingen): Bemerkungen fiber die Bedeutung des Giftpotentials bei Erregungswirkungen.

Seit S t raub vor mehr als 20 Jahren den Begriff des >>Potentialgiftes(( aufgestellt hat, ist dieser fruchtbare Gedanke niemals wieder eingescMafen, obwoM bisher kein Fall wieder bekannt geworden ist, dermit gleieher Sch~rfe und Eindringlichkeit den Ta tbes t and geliefert h~tte, wie ihn St raub am Aplysienherzen b el Vergiftung mit ktinsfliehem Muskarin ermittelt hat. S t r a ub selbst hat nut an der Adrenalinwirkung die Frage erneut untersucht, kam abet mit Kre t schmer zu dem Ergebnis, da6 bei dieser, den neuromuskuliiren Apparat der Gef~l~e erregenden Wirkung ein Giftpotential sicher n ich t im Spiele ist, vielmehr ein Gleichgewicht zwisehen Giftzufuhr und chemischer EntgJftung besteht. Von anderen sind 0fter einmal gewisse Erscheinungen hypothetisch auf Potentialwirkungen zurtickgefi~hrt worden, so z. B. auch die erregenden Auswaschwirkungen am Uterus und Darm. Allen Pharmakologen sind die zahh'eichen F~lle bekannt, daI3 eine depressiv wirkende Giftkon- zentration anfangs und vorf ibergehend funktionsteigernd wirkt. In diesen F~llen bestehen zwei DeutungsmSglichkeiten: entweder ist, wie oft angenommen wird, die Anfangswirkung gekntipft an die geringere, zun~chst noeh gegen- w~rtige Dosis, die - - entsprechend der Hypothese yon Arn dt-Schulz - - ent- gegengesetzt wirkt, wie die h6here, spiiter aufgenommene Dosis, oder die An- fangswirkung ist gekntipft an das Einwandern des Giftes, also einen Konzen- trationsuntersehied, ein Giftpotential zwischen irgendwelchen Grenzschichten, w~hrend die depressive Phase einer Konzentrationswirkung entspricht.

Es ist nun bei zahlreiehen Versuchen in unserem Institut, die seit Jahren dutch die Herren Siegel, t t ech t und IMancke an isolierten S~ugetierherzen ausgeftihrt'worden sind, folgende Geser aufgefallen: Wenn man an einem I-Ierzpr~parat solche Dosen anwendet, die bei l~ngerer Einwirkung deutlich depressiv wirken, so kann man mit ziem]icher Regelm~il~igkeit anfangs eine Periode ges te iger te r Iterzfrequenz und -hubh0he beobaehten; wenn man abet mit unwirksamen Dosen beginnt und diese allmi~hlich steigert, so bleibt eine solche >)ErregungswJrkung(< so gut wie regelm~ig aus. Erst durch die Versuche yon Dr. Mancke mit Strophanthin, die mir methodisch ziemlich einwandfrei zu sein scheinen, bin ieh dieser Sache sieher geworden, obwohl sie mir auch sehon frtiher bei Versuchen mit Kampfer und verwandten Verbin- dungen aufgefallen war. Wenn sich diese Beobachtungen welter best~tigen, so wtirden sie nach meiner Ansicht dartun, da~; yon einer erregenden Wirkung der kleineren Dosen hier nicht gesproehen werden kanu, sondern da~ man eine Po- tentialwirkung annehmen mul3. Bei einer so]ehen ist zu erwarten, dal3 nach dem Prinzip des >>Einsehleichens(< Erregungswirkungen verschwinden, wenn man yon kleinen zu gro]en Dosen alim~hlich tibergeht. Mancherlei Schlu]folgerungen ftir die Beurteilung yon Erregnngsphasen an isolierten muskul6sen Organen und fiir die theoretische Auffassung etwaiger therapeutischer Wirkungen im unver- sehrten Organismus ergeben sich daraus, vielleicht aueh eine einfaehe Deutung der erhOhten Empfindliehkeit gesch~idigter Organe ftir Erregungswirkungen.

Lendle (Leipzig): Untersuchungen fiber kombinierte Narkose. Entsprechend den neueren Gesichtspunkten der kombinationsthera-

peutischen Forschung (qualitative Verbesserung der Wirkung, Ausschaltung

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nngtinstiger Nebenwirkungen, therapeutische Breite usw.) wird die Kombination yon ~ther mit Chloroform und mit den ~)bethubenden(( Gasen Narcylen und Stiekoxydul untersueht.

Die Angaben fiber narkotisehe und letMe Konzentrationen ftir Ather und Chloroform sehwanken sehr in der Literatur und auffallenderweise starker als die Angaben fiber die entsprechenden Konzentrationen der Narkotika im Blut. Dies legt den Gedanken nahe, da]~ in vielen Untersuehungen nicht der Kon- zentrationsausgleieh der Narkosed~mpfe mit Blut und Geweben abgewartet wurde und daI~ demnaeh den Ang~ben keine vergleichbaren Werte zugrunde ]iegen. Vorliegende Untersuchungen wurden bei 2sttindiger Beobaehtungszeit an M~usen in Narkoseflaschen nach Ft ihner vorgenommen, die Gasgemisehe (Stickoxydul, Azetylen und Sauerstoff) mittels Str0mungsmanometern her- gestellt. Als wesentliehe Ergebnisse konnten festgestellt werden:

Die Narkosegesehwindigkeit des ~thers ist grS~er als die des Chloroforms; die Exzitationswirkung des ~thers ist starker als die des Chloroforms. Die Nar- kosebreite des Chloroforms ist unter den verwendeten Yersuehsbedingungen grSl~er als die des )[thers, wenn man sie auf die leiehtnarkotischen und prim~r- letalen Konzentrationen bezieht. Der Kombinationseffekt yon Ather und Chloroform ist in verschiedenen Mischungsverhaltnissen ein rein additiver. Die Narkosebreite yon ~therehloroformgemisehen ist, bezogen auf die prim~r- letale Wirkung um so grSl~er, je grSl~er der Chloroformanteil, bezogen auf den Sp~ttod, um so grS]er je geringer der Chloroformanteil. Di e Narkosegesehwin- digkeit steigt mit Zunuhme des ~theranteils am Gemisch.

Die Kombinationswirkung yon ~ther mit den sogenannten bet~ubenden Gasen ist nut eine additive und zwar ist der Verlauf der Additionskurve ftir die einzelnen Gemischsverhhltnisse beim ~arcylen eine Gerade, w~hrend diese Kurve beim N20 yon der Additionsgeraden um so mehr in das Gebiet des Antagonismus abweieht (Darstellung nach L o ewe), j e grOl~er der N20-Antefl am Gemisch ist. Die Narkosebreite ftir die einzelnen Mischverhi~ltnisse Ather: ~areylen bzw. ~ther: N20 ist nieht gr(i~er als diejenige des )[thers und ~ndert sieh aneh nieht mit Vermehrung des Antefls yon N20 bzw. Narcylen am Ge- misch. Die Narkosebreite des reinen Nareylens ist nieht griil~er als die des :~thers, ftir N2o wurde sie nicht erneut bestimmt.

Laubender, Lipschitz und Weingar ten (Frankfur t a. M.): Ein neues P r i n z i p der Wirkungss te igerung yon lokalaniisthetischen Mitteln.

Im Gegensatz zu frfiheren Arbeiten, die die potenzierende Wirkung zweier ~ a r k o t i k a auf das Zentralnervensystem bzw. auf den peripheren Nerven priiften, wurde im vorliegenden untersucht, ob am peripheren INerven die Wirkung eines Lokalan~sthetikums dutch einen anderen Stoff zu steige.rn sei, der an s i ehn ich t an~s the t i sch wh'kt.

Es ergab sieh, dal~ die intravenSse Injektion yon 0,1%igem Methylen- blau (1 cem pro 25 g Frosch) keiner]ei Einflu~ auf die ttShe der zum Wisehreflex ~fihrenden S~urekonzentration des Tiirkschen Reflexfrosehes hat; dagegen be- ~4rkt das injizierte Methylenblau eine starke Vertiefung nachfolgender Ko- kainisierung der Froschbeine. An die 1%rvenfaser des 1N~ervmuskelpr~parates appliziert, wird der ~rkungsf~rdernde EinflnB des 3lethylenblaus vermi~t.