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Aus dem Institut fur Mikrobiologie und Infektionskrankheiten der Tiere der Universitat Miinchen Vorstand: Prof. Dr. A. Mayr dem Institut fur Blutgruppen- und Resistenzforschung der Tierzuchtforschung e. V. Wiss. Leiter: Prof. Dr. A. Mayr und dern Landeskontrollverband Bayern e. V. Miinchen Untersuchungen zur Frage der Erblichkeit der Phagozytoserate im Blut von Schweinen Von H. BUSCHMANN, H. SCHUMANN und U. LECHNER Mit 2 Abbildungen und 3 Tabellen (Eingegangen am 28. November 1969) Einleitung Zahlreiche Zellsysteme des Saugetierorganismus, die unter den Sammel- begriff en Makrophagen und Mikrophagen zusammengefafit werden, besitzen die Fahigkeit, Partikel zu phagozytieren. Bei den im Blut kreisenden, zur Phagozytose befahigten Zellen handelt es sich um polymorphkernige neutro- phile sowie eosinophile Leukozyten. Der eigentliche Phagozytosevorgang ver- lauft in mehreren Phasen, wobei chemotaktische und enzymatische Vorgange eine Rolle spielen. Bevor aber eine Phagozytose erfolgreich eingeleitet werden kann, mufi die Oberflache der aufzunehmenden Partikel und Zellen erst durch bestimmte Serumbestandteile, die als Opsonine bezeichnet werden (WRIGHT u. DOUGLAS, 1904), vorbereitet werden; die starkste Wirkung entfalten hierbei spezifische Antikorper. Die Bedeutung der Phagozytose fur die Resistenz des Organismus gegen- uber verschiedenen Keimen ist unumstritten. Vor allem die Makrophagen in Leber, Milz, Knochenmark, Thymus und den lymphoreticularen Geweben besitzen die Fahigkeit, erstaunliche Keimmengen in kurzer Zeit aufzunehmen und unschadlich zu machen. Die Phagozytosefahigkeit der im Blutkreislauf kreisenden Mikrophagen ist zwar geringer, besitzt aber im Rahmen dieses Abwehrgeschehens eine Bedeutung (WRIGHT u. DODD, 1955). Wahrend fur Messungen der Phagozytoserate in Zellen von kleinen Ver- suchstieren verschiedene in vivo und in vitro Methoden zur Verfugung stehen (BUSCHMANN u. PREUSS, 1968), ist man bei Reihenuntersuchungen an Grofi- tieren fast ausschliefilich auf Zellen aus dem stromenden Blut angewiesen. Das Schidcsal der von den Leukozyten des Blutes phagozytierten Keime ist unter- schiedlich: einige werden von den Phagozyten relativ schnell abgetotet und Zbl. Vet. Med., Reihe B, Bd. 17, Heft 6 42

Untersuchungen zur Frage der Erblichkeit der Phagozytoserate im Blut von Schweinen

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Page 1: Untersuchungen zur Frage der Erblichkeit der Phagozytoserate im Blut von Schweinen

Aus dem Institut fur Mikrobiologie und Infektionskrankheiten der Tiere der Universitat Miinchen

Vorstand: Prof. Dr. A. Mayr

dem Institut fur Blutgruppen- und Resistenzforschung der Tierzuchtforschung e. V . Wiss. Leiter: Prof. Dr. A . Mayr

und dern Landeskontrollverband Bayern e. V . Miinchen

Untersuchungen zur Frage der Erblichkeit der Phagozytoserate im Blut von Schweinen

Von

H. BUSCHMANN, H. SCHUMANN und U. LECHNER

Mit 2 Abbildungen und 3 Tabellen

(Eingegangen am 28. November 1969)

Einleitung Zahlreiche Zellsysteme des Saugetierorganismus, die unter den Sammel-

begriff en Makrophagen und Mikrophagen zusammengefafit werden, besitzen die Fahigkeit, Partikel zu phagozytieren. Bei den im Blut kreisenden, zur Phagozytose befahigten Zellen handelt es sich um polymorphkernige neutro- phile sowie eosinophile Leukozyten. Der eigentliche Phagozytosevorgang ver- lauft in mehreren Phasen, wobei chemotaktische und enzymatische Vorgange eine Rolle spielen. Bevor aber eine Phagozytose erfolgreich eingeleitet werden kann, mufi die Oberflache der aufzunehmenden Partikel und Zellen erst durch bestimmte Serumbestandteile, die als Opsonine bezeichnet werden (WRIGHT u. DOUGLAS, 1904), vorbereitet werden; die starkste Wirkung entfalten hierbei spezifische Antikorper.

Die Bedeutung der Phagozytose fur die Resistenz des Organismus gegen- uber verschiedenen Keimen ist unumstritten. Vor allem die Makrophagen in Leber, Milz, Knochenmark, Thymus und den lymphoreticularen Geweben besitzen die Fahigkeit, erstaunliche Keimmengen in kurzer Zeit aufzunehmen und unschadlich zu machen. Die Phagozytosefahigkeit der im Blutkreislauf kreisenden Mikrophagen ist zwar geringer, besitzt aber im Rahmen dieses Abwehrgeschehens eine Bedeutung (WRIGHT u. DODD, 1955).

Wahrend fur Messungen der Phagozytoserate in Zellen von kleinen Ver- suchstieren verschiedene in vivo und in vitro Methoden zur Verfugung stehen (BUSCHMANN u. PREUSS, 1968), ist man bei Reihenuntersuchungen an Grofi- tieren fast ausschliefilich auf Zellen aus dem stromenden Blut angewiesen. Das Schidcsal der von den Leukozyten des Blutes phagozytierten Keime ist unter- schiedlich: einige werden von den Phagozyten relativ schnell abgetotet und

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abgebaut, andere sind dagegen in der Lage, auch nach der Phagozytose am Leben zu bleiben, sich sogar in den Leukozyten weiterzuvermehren und die phagozytierenden Zellen als Vehikel fur die weitere Ausbreitung im Organis- mus zu benutzen. Zu letzteren Erregern gehoren Tuberkelbakterien und Bru- cellen (SUTER, 1952, 1953; BRAUN et al., 1958). Von entscheidender Bedeutung fur die Wirksamkeit der intracellularen Phagozytosevorgange ist die voraus- gegangene Opsonisierung; ohne eine wirksame Opsonisierung ist die Phago- zytoserate gering und die aufgenommenen Keime bleiben innerhalb der Pha- gozyten am Leben (ROWLEY, 1958, 1960; JENKIN u. BENACERRAF, 1960; JEN- KIN, 1963).

Das Phagozytosevermogen der Zellen ist durch verschiedene Umwelt- faktoren beeinfluabar. So besitzen polymorphkernige Leukozyten die Fahig- keit, nach einem einmal vollzogenen Phagozytosevorgang eine erhohte Phago- zytosefahigkeit fur spatere Auseinandersetzungen zu erwerben. In entspre- chenden Versuchen waren Zellen, die fruher einmal hitzegetotete Staphylo- coccen aufgenommen hatten, in der Lage, lebende Organismen desselben Stam- mes zehnmal wirksamer zu phagozytieren als untrainierte Zellen (COHN u. MORSE, 1960). Einen ahnlichen, jedoch unspezifischen Effekt bewirkt eine Vorbehandlung der Leukozyten mit Endotoxin. Daneben kann die Phago- zytoserate noch durch verschiedene andere chemische und physikalische Um- weltwirkungen beeinfluat werden (LUDANY u. VAJDA, 1955; COHN u. MORSE, 1960; GABRIELSEN u. GOOD, 1967; BUSCHMANN u. PREUSS, 1968).

Wieweit eine erblich determinierte Variation der Phagozytosefahigkeit vorkommt, ist noch weitgehend unbekannt. Deshalb versuchten wir rnit einem modifizierten Opsonozytophagentest den Anteil der Vererbung am Zustande- kommen der Variation der Phagozytoserate im Blut von Schweinen zu er- mi tteln.

Material und Methodik Fur die Untersuchungen standen uns 405 Blutproben von Schweinen einer

bayerischen Mastprufanstalt zur Verfugung. Die Blutproben wurden bei der Schlachtung der Tiere nach Erreichen des Mastendgewichts (100 kg) in Rohr- chen mit Heparinlosung (15 E/10 ml Blut) aufgefangen. Bis zum Testansatz erfolgte die Aufbewahrung in Kiihlbehaltern.

Die Untersuchung der Proben erfolgte 24 Stunden nach der Blutentnahme mit einem modifizierten Opsonozytophagentest (HUDDLESON, JOHNSON u. HAMANN, 1933). Der Testansatz erfolgte so, dai3 die Blutproben zunachst leicht zentrifugiert wurden (1000 Umdr. 10 min), dann die oberste Schiht vom Zellsediment abgesogen und - im eigenen Plasma suspendiert - mit einer Bakteriensuspension versetzt wurde. Als Testkeime wurden die R-Formen des von COTTON (1 953) empfohlenen Brucella abortus Stammes 1 1 19 verwendeti Dieser Stamm ist nur wenig pathogen; die weniger virulenten R-Formen wer- den zudem leichter phagozytiert als die S-Formen und vermehren sich intra- cellular kaum (BRAUN, POMALES-LEBRON u. STINEBRING, 1958). Bei der Her- stellung der Suspension wurden die Bakterien von 36 Stunden bei 37' bebriite- ten Blutplatten mit phosphatgepuff erter Kochsalzlosung abgeschwemmt, na&- dem die Plarten vorher 1 Stunde im Kuhlschrank (4' C) aufbewahrt worden waren. Mittels eines Lange-Colorimeters wurde auf eine Keimdichte von etwa 3 X I09/ml eingestellt. In grundlich gewaschenen Rohrchen wurden nun 0,2 ml der Zellsuspension rnit 0,l ml Bakteriensuspension versetzt. Dies ent- spricht einem Verhaltnis von Phagozyten : Brucellen von etwa 1 : 250. N d leichtem Schutteln wurde in einem Wasserbad von 39' C 30 min inkubiert.

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Erblichkeit der Phagozytoserate irn Blut von Schweinen 651

AnschlieGend wurden sofort auf Objekttragern Ausstriche angefertigt und nach Pappenheim gefarbt.

Da es sich in Vorversuchen herausgestellt hatte, dai3 es sich bei den am meisten phagozytierenden Zellen des Schweineblutes um neutrophile Granulo- zyten handelt, wurde die Auswertung auf diese Zellen beschrankt. Pro Schweineblutprobe wurden 2 Praparate angefertigt und in jedem Praparat 100 neutrophile Granulozyten auf das Vorhandensein von Phagozytose unter- sucht. Fur jedes Praparat konnte so ein Prozentsatz von neutrophilen Granulo- zyten mit vorhandener Phagozytose angegeben werden. Aus den Ergebnissen beider Praparate wurde ein Mittelwert pro Schwein bestimmt (Phagozytose- prozentsatz).

Wahrend der gesamten Versuchsdauer wurde grof3tmogliche Sorgfalt auf eine Konstanz der Versuchsbedingungen, denen die Proben unterworfen waren, gelegt und die Auswertung wurde stets durch die gleiche Person vor- genommen.

Ergebnisse Der Prozentsatz neutrophiler Granulozyten mit Phagozytose (Abb. 1)

differierte von Schweineblut zu Schweineblut. Die Werte variierten von 67 bis 100 O / o . Die Bestimmungen der Pha ozytoserate innerhalb einer Blutprobe desselben Schweines zeigten eine Korre P ation von r = 0,78.

Abb. 1. Phagozytose von Brucellen in einern polymorphkernigen Leukozyten vorn Schwein

Folgende genetische und umweltbedingte Faktoren wurden beziiglich ihres Einflusses auf die Phagozytosehaufigkeit untersucht :

1. Einflufi des Geshlechts Die Auswertung erfolgte an Hand von Blutproben von 194 mannlichen

und 210 weiblichen Tieren. Der durchschnittliche Prozentsatz von neutrophilen Granulozyten mit Phagozytose und die dazugehorige Standardabweichung betrugen

bei den mannlichen Tieren: bei den weiblichen Tieren: Der Unterschied ist nicht signifikant.

91,495 k 5,740 90,633 f 5,663

42'

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Monat Zahl der Tiere Mittelwert

Marz 26 90,635 April 81 89,006 Mai 60 90,667 Juni 55 91,191 Juli 113 92,327 August L2 92,786 September 22 89,977

Standardabweichung

t 5,275 t 6,727 ? 5,209 t 5,896 t LJ98 f 5,076 ? 6,182

Abb. 2. Histiogramm der Monatsmittelwerte der Phagozytosehaufigkeit (P O/o) in neutro- philen Granulozyten vom Schwein

' Tabelk2 t-Werte fur die Signifikanz der Unterschiede zwischen den Monatsmitteln

der Phagozytoserate bei Mastschweinen

Marz Y///////// April 1,13 / Mai 0,03 1,61 / / /

/

I, ,": " E '

I September I 0.30 I 0.61 1 0.50 I 0.80 I 2.0 * I 1.95 I Marz April Mai Juni Juli August

:F bedeutet P < 0,05 x. bedeutet P < 0,01

'w't bedeutet P < 0,001

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Erblichkeit der Phagozytoserate im Blut von Schweinen 653

Ouelle der Varianz F. G. Quadratsumme

zwischen Schweinen LOL 26 LL2,956

Best immungen inner halb Sc hweinen LO5 3 301,500

Die Unterschiede zwischen den Monatsmitteln sind z. T. signifikant wie Tabelle 2 zeigt.

Die Extremwerte werden durch die Monatsmittel August (am hochsten) und April (am niedrigsten) markiert. Es scheinen demnach geringfugige, aber z. T. hochsignifikante Unterschiede in der Phagozytoserate der Leukozyten zwischen den einzelnen Jahreszeiten vorzukommen. Die Fruhjahrsmonate (Marz, April, Mai) haben tiefere Werte als die Sommermonate (Juni, Juli, August), im September scheint wieder ein Ruckgang der Phagozytoserate einzusetzen.

Mittelquadrat - 65.653

8,152

3. Der EinfluS genetischer Faktoren auf die Phagozytoserate Zunachst interessierte die Frage, in welchem Verhaltnis die Variation der

Mei3werte innerhalb einer Schweineblutprobe (es wurden jeweils zwei Prapa- rate angefertigt) zu der Variation zwischen den Blutproben verschiedener Schweine stand. AufschluB hieruber erteilt folgende Varianzanalyse:

d. h. die Unterschiede der MeBwerte zwischen den Schweinen sind signifikant groi3er als zwischen den Bestimmungen innerhalb Schweinen.

Die Schatzung der Heritabilitat auf Grund einer hierarchischen Varianz- analyse (LE ROY, 1960) stieB auf unerwartete, strukturbedingte Schwierigkei- ten. Das zur Verfugung stehende Material bestand aus den Nachkommen- gruppen von 93 Ebern und 142 Sauen, die Zahl der Nachkommen betrug 405. Die Nachkommen verteilten sich so, dai3 einerseits Nachkommengruppen zur Verfugung standen, die aus der Paarung eines Ebers mit bis zu 3 Sauen her- vorgegangen waren und bis zu 12 Nachkommen urnfafiten, andererseits aber zahlreiche Gruppen nur aus einem Eber, einer angepaarten Sau und 1-2 Nachkommen bestanden. Letztere Gruppen bildeten die Ursache dafur, dai3 mit Hilfe einer klassischen hierarchischen Varianzanalyse keine sinnvollen Ergebnisse erzielt werden konnten. ROBERTSON (1 959) gibt namlich folgende Voraussetzungen fur die Ermittlung der Heritabilitat aus einem derart be- schaffenen Material: Bezeichnet man die erwartete Intraklaflkorrelation mit r, so ist die optimale FamiliengroBe

a) fur die Halbgeschwisteranalyse durch n . r = 1 gegeben, b) fur eine Vater- und Mutteranalyse, aus der man gleiche Informationen

uber die beiden Korrelationen erhalten will, so zu wahlen, dai3 die Mutter- familiengrofie n . r = I/Z mit 3 oder 4 Muttern je Vater betragt.

Selbst wenn diese Familiengroi3e nicht erreicht werden kann, ist es doch erforderlich, 3 oder 4 Mutter je Vater zu haben. In Versuchen, wo uber die Gro13e der Heritabilitat von vornherein keine Annahmen gemacht werden konnen, betragt die minimale Mutterfamiliengrofie gleich 10 mit 3 bis 4 Mut- tern je Vater.

Von dieser Voraussetzung war die Struktur unseres Versuchsmaterials weit entfernt, so dai3 die Schatzung der Heritabilitat auf Grund einer hier- archischen Varianzanalyse nicht durchfuhrbar war. Trotzdem versuchten wir zu einer Aussage uber die Erblichkeit des untersuchten Merkmals zu gelangen und fuhrten deshalb Varianzanalysen mit den Varianzquellen ,,zwischen und innerhalb Ebern" sowie ,,zwischen und innerhalb Sauen" durch (Ein-Weg-

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Ouelle der Varianz F. G.

zwischen Ebern I Sauen I n - I

innerhalb Ebern ISauen I n I n o - I 1

Mittelquadrat Struktur

DQ 1 52 + nos:

DQ2 5 2

no durchschnittliche Anzahl von Nachkommen je Eber f Saul

93

DQi-DQz DQ1 f (no-1) DQ2 h'i. w. S . =

pro Eber

( n o )

,505 4,3L 29,LI , 3,LI 0,l I

Das Ergebnis der beiden Ein-Weg-Klassifikationen einschl. der Berech- nung von h'i. w. s. zeigt Tabelle 3.

Tabelle 3 Berechnung von h* i. w. S. aus dem Untersuhungsrnaterial,

aufgeschliisselt na& Sauen und Ebern a ) Aufschlusselung nach Ebern

Zahl der 1 Zahl der I Streuung Is2 1 1 Streuung ( 5 : ) 1 hf, 1, 5 , 1 ',",: der 1 Nachkommen Nachkommen innerhalb Eber zwischen Ebern

b 1 Aufschliisselunq nach Sauen

Zahl der Zahl der Zahl der h i . * . 5.

Waren die aus der Vollgeschwisteranalyse (Aufschlusselung nach Sauen) und die aus der Halbgeschwisteranalyse (Aufschlusselung nach Ebern) ermittel- ten h'i, w. s.-Werte gleichgroi3, so wurde jeder genetische Einflui3 auf die Varia- tion des Merkmals von vornherein auszuschliei3en sein. Dies ist aber nicht der Fall! Da die genetische Korrelation zwischen Vollgeschwistern bei Vernaach- lassigung der Dominanz-Varianz und der durch die gemeinsame mutterliche Umwelt bedingten Varianz ' J z h2 und zwischen Halbgeschwistern '/a h2 be- tragt, ware zu erwarten, daf3 die aus den Sauenfamilien ermittelten h2i.w.s.- Werte bei Vorliegen eines genetischen Einflusdes ungefahr urn das Doppelte groi3er sind als die aus den Eberfamilien ermittelten h2i.w.s.-Werte. Eine Ten- denz in diesem Sinne geht aus der in Tabelle 3 gezeigten Analyse hervor.

Diskussion Die von uns an Schweineblutproben durchgefuhrten Versuche hatten zum

Ziel, bei aui3erlich gesunden Tieren festzustellen, ob die Phagozytosefahigkeit der weii3en Blutzellen zwischen den einzelnen Tieren variierte, ferner nach den Ursachen fur diese Variation zu suchen und schliei3lich festzustellen, ob eine Korrelation in der Phagozytosefahigkeit der Zellen zwischen verwandten Individuen bestand. Fur derartige Untersuchungen bei Schweinen bietet das Material der Mastprufanstalten eine gute Ausgangsbasis. Die Tiere sind unter weitgehend standardisierten Umweltbedingungen aufgewachsen und besitzen zum Zeitpunkt der Schlachtung ( = Blutentnahme) ungefahr dasselbe Lebens-

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Erblichkeit der Phagozytoserate im Blut von Schweinen 655

alter. Leider ist man bei der Durchfuhrung von Untersuchungen iiber die Phagozytoserate beim GroBtier im wesentlichen auf Zellen aus dem stromen- den Blut angewiesen, da der Groi3teil der Makrophagenpopulation des Orga- nismus der Untersuchung nicht zuganglich ist. Fur unsere Versuche wahlten wir eine Modifikation des Opsonozytophagentests aus und wahlten das Verhaltnis Bakterien : Phagozyten so groi3, dai3 jede phagozytierende Zelle mit Sicher- heit die Chance hatte, mit Bakterien in Kontakt zu kommen. In fruheren Ver- suchen (BUSCHMANN u. PREUSS, 1968) hatte sich gezeigt, dai3 die Phagozytose- rate der Leukozyten gegenuber dem verwendeten Brucella-Stamm ein relativ konstantes Merkmal war, die Ergebnisse sich also bei wiederholten Blutent- nahmen am selben Tier weitgehend glichen. Die Ermittlung einer Korrelation von r = 0,78 zwischen den beiden Bestimmungen aus der gleichen Blutprobe und die hochsignifikant groi3ere Varianzquelle ,,zwischen Schweinen" als ,,Be- stimmungen innerhalb Schweinen" gaben uns die Oberzeugung, dai3 es in unseren Versuchen gegluckt war, den verwendeten Opsonozytophagentest zu einem relativ brauchbaren Testverfahren der Phagozytoserate im Blut von Schweinen zu entwickeln. Naturlich wurde durch den Test in der angewende- ten Form ein uberaus komplexes Geschehen erfaflt, wobei zunachst der Einflui3 von Serumfaktoren zu diskutieren ware. Da nicht anzunehmen ist, dai3 die untersuchten Schweine spezifische, gegen Brucella abortus gerichtete Antikorper im Serum besailen, kommt als Beeinflussung der Phagozytosefahigkeit nur ein unspezifischer opsonisierender Eff ekt des Serums in Frage. Ein Versuchsansatz mit gewaschenen Zellen in Abwesenheit von Serum bzw. Plasma liei3 jedoch wegen der stark herabgesetzten Phagozytoserate eine zuverlassige quantitative Auswertung nicht zu. Deshalb mui3te der opsonisierende Serumeinflui3 als eventuelle zusatzliche Varianzquelle in Kauf genommen werden, bildet jedoch, da die Zellen stets im eigenen Plasma suspendiert wurden, keine Fehlerquelle. Trotzdem bediirfen die vorliegenden Untersuchungen dringend einer Ergan- zung durch Versuche mit anderen Keimarten bzw. inerten Partikeln.

Die Ergebnisse unserer Versuchsreihen an Schweinen lassen zunachst den allgemeinen Schlui3 zu, dai3 ein genetischer Einflui3 fur das Zustandekommen der Variation der Phagozytoserate in den neutrophilen Granulozyten des Schweines vorhanden ist. A h weiterer Variationsursache kommt dem jahres- zeitlichen Einflui3 eine Bedeutung zu - worin dieser im einzelnen besteht, ist noch vollig unklar; irgendeine Korrelation zu verschiedenen meteorologischen Parametern konnte von uns nicht gefunden werden. Im Gegensatz zu der Beeinflussung einiger anderer immunologischer Merkmale durch das Geschlecht (SCHUTZE, GORER u. FINLAYSON, 1936; GORER u. SCHUTZE, 1938; GOWEN u. STADLER, 1967; BUSCHMANN unveroff .) kommt diesem Faktor bei den vorlie- genden Untersuchungen kein signifikanter Einflui3 zu.

Zusammenfassung Mit Hilfe eines modifizierten Opsonozytophagentests wurde die Phago-

zytoserate von neutrophilen Granulozyten im Blut von 405 Schweinen einer bayerischen Mastprufanstalt untersucht. Als Testkeim dienten R-Formen von Brucella abortus 11 19. Der Prozentsatz der in vitro phagozytierenden Granu- lozyten variierte zwischen 67 und 100 O/o. Auf die Variation hatte das Ge- schlecht der Tiere keinen Einflui3, dagegen war der Phagozytoseprozentsatz signifikant geringer in den Fruhjahrsmonaten (Marz, April, Mai) als in den Sommermonaten (Juni, Juli, August). Die Berechnung von h2 (im weiteren Sinne) bei den Halbgeschwister- und Vollgeschwistergruppen ergab Hinweise dafiir, dai3 genetischen Einflussen eine gewisse Rolle beim Zustandekommen der Variation des Merkmals zufallt.

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Fur die tatkraftige Unterstutzung bei der Durchfuhrung der Versuche mochten die Verfasser dem Bayerischen Staatsministerium fur Ernahrung, Landwirtschaft und Forsten, insbesondere Herrn Reg. Dir. Dr. 0. RICHTER, ihren Dank aussprechen.

Summary Studies on the inheritance of phagocytosis index in pig blood

With the help of a modified opsonocytophagic test, the phagocytosis index of neutrophil granulocytes was examined in the blood of 405 pigs in a progeny testing station in Bavaria. R forms of Brucella abortus 1119 were used as the test agent. The percentage of granulocytes engaged in phagocytosis in vitro varied between 67 and 100°/o. The variation was unaffected by sex but it was significantly lower in spring (March to May) than in summer (June to August). The calculation of h2 in groups of siblings and half siblings suggested that genetic factors might play some part in the occurrence of variations in this character.

RCsumC Recherches sur la question de I’hCrCditC

du taux de phagocytose dans le sang des porcs A l’aide d’un test opsonocytophagique modifik, on examine les taux de

phagocytose des granulocytes neutrophiles dans le sang de 405 porcs d’une station contrble d’engraissement. Comme germes, on emploie les formes R de Brucella abortus 11 19. Le pourcentage des granulocytes phagocytant in vitro varie entre 67 et 100 O / o . Le sexe des animaux n’a aucune influence sur ces variations, mais par contre on trouve un pourcentage de phagocytose significa- tivement plus faible pendant les mois printaniers (mars, avril, mai) que pen- dant les mois de l’CtC (juin, juillet, aobt). Le calcul de h2 (au sens large) pour les groupes de demi-frkres ou de vrais frkres semble indiquer qu’il faut attri- buer un certain r81e A des influences gknhiques dans la manifestation des variations du caractkre considkrk.

Resumen Estudios relativos a1 problema de la transmisih hereditaria de la tasa

de fagocitosis en la sangre de cerdos Con ayuda de una prueba modificada de opsonocit6fagos se examin6 la

tasa de fagocitosis de granulocitos neutr6filos en sangre de 405 cerdos de un centro de control del engorde en Baviera. Como germen de ensayo se utilizaron formhs R de Brucella abortus 11 19. El porcentaje de 10s granulocitos fagocita- dos in vitro variaba entre 67 y 100 O / o . Sobre las variaciones no ejercia influjo el sex0 de 10s animales, mientras que el porcentaje de fagocitosis era significa- tivamente menor en 10s meses de primavera (Marzo, Abril, Mayo) que en 10s meses de verano (Junio, Julio, Agosto). El c4lculo de h2 (en el sentido mas amplio) en 10s grupos de semihermanos y hermanos integros ofreci6 indicios de que a influjos genkticos le corresponde cierto papel en la constituci6n de variaciones de la caracteristica.

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Anschrift der Verfasser: 8 Miinchen 22, Veterinarstrage 13.