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Synopse 2061 ElektroM Untersuchungen zur Synthese von Propylenoxid in einem bipolaren Lochschei benreaktor Lothar Franke, Andreas Zimmer und Karin Seibig* Fur gepaarte elektrochemische Reaktionen, welche Kathoden- und Anodenprozesse fur die Synthese einer Substanz nutzen, eignen sich Reaktoren, bei denen das Substrat unmittelbar nach- einander Anode und Kathode passiert . Eine Realisierung dieses Prinzipes ist der bipolare Lochscheibenreaktor. Auf der Grundlage eines elektrischen Ersatzschaltbildes 1aRt sich die StrodSpan- nungs-Charakteristik verstehen, und Aussagen zu Arbeitsparame- tern wie Energieverbrauch und Stromausbeute sind abzuleiten. Als Beispiel wird die elektrochemische Bildung yon Propylenoxid auf der Grundlage des Halogenhydrin-Verfahrens untersucht . Ein abproduktarmer Betrieb ist durch die Kreislauffiihrung der Halo- genid-Losung moglich. 1 Experimentelle Untersuchungen Ausschlaggebend fur den Gedanken, bipolare Reaktoren auf ihre Eignung fur eine elektrochemische Propylenoxid-Synthese zu nutzen, ist dieTatsache, daR fur die Umsetzung des Propylens zum Propylenoxid in einer gepaarten elektrochemischen Synthese sowohl die Anoden- als auch die Kathodenreaktion in einer Zelle genutzt werden konnen: Anode: 2 Br- + BrZ + 2 e- BrZ + OH- + HOBr + Br- HOBr + CH~-CH=CHZ + CH3-CHOH-CHZBr Kathode: 2 H20 + 2 e- + H2 + 2 OH- OH- + CH3-CHOH-CH2Br + CH3-CH-CH2 + Br- + H20 \/ 0 Der zur Ausbildung anodisch und kathodisch aktiver Gebiete an der Elektrode erforderliche Potentialgradient in der Losung wird auch bei Elektrolyten relativ guter Leitfahigkeit garantiert, wenn nur dunne Flussigkeitsschichten die Elektrode bedecken. Deshalb ist das Prinzip des Rieselfilmreaktors anwendbar. Das gewahrlei- stet auch den optimalen Ubergang des gasformigen, im Elektro- lyten nur wenig loslichen Propylens. Der Elektrolyse-Reaktor (Abb. 1) besteht aus 19 ubereinander gestapelten, senkrecht durchbohrten Graphitplatten von 12 mm Hohe und 50mm Durchmesser. Die Scheiben sind in einem Glasrohr untergebracht und durch isolierende Distanzringe getrennt. Der Elektrolyt stromt als dunner Film auf den Elektro- denkorpern im Gleichstrom rnit der Gasphase von oben nach unten. In dieser Anordnung bewegt sich die flussige Phase durch Schwerkraft, und der Gastransport erfordert nur geringe Druck- differenzen. * Prof. Dr. L. Franke, Dr. A. Zirnrner und DipLChem. K. Seibig, lnstitut fur Technische Chemie der TU Dresden, Mommsenstr. 13, 0-8027 Dresden. Graphit- scheiben Bohrungen Elektrolytmit Propylenoxid I ' Propylen und Wasserstoff Abb. 1. mit anodisch und kathodisch aktiven Bereichen. Ausschnitt aus einem bipolaren Lochscheibenreaktor Zur Charakterisierung des elektrischen Verhaltens des Reaktors wurden StrodSpannungs-Kurven bei unterschiedlichen Arbeits- bedingungen aufgenommen. Als Elektrolyt dienten Natriumbro- mid- und Natriumchlorid-Losung mit einer Konzentration von 10 g/l. Die StrodSpannungs-Abhangigkeit laRt sich durch Kurven mit 3 nahezu linearen Bereichen wiedergeben (Abb. 2). Bei sehr niedrigen Spannungen flieDt kein Strom; dann gibt es zwischen ca. 5 und 50 V Reaktorspannung einen linearen Kurvenbereich rnit einem geringen Stromanstieg auf weniger als 50 mA. Bis etwa 70 oder 80 V steigt dann in einem 3. Teil die Stromstarke linear auf ca. 200 mA relativ steil an. Der Verlauf ist in allen Fallen ahnlich, Temperatur und Elektrolytart beeinflussen die 3 Abschnitte der Kurve hinsichtlich ihrer Lage 120 100 " 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Spannung/V 4 NaCI, 10 OC + NaBr, 10 OC Abb. 2. tor, Konzentration 10 gll. StromISpannungs-Kurven im bipolaren Rieselfilmreak- 2 ElektrischesVerhalten des Reaktors Das elektrische Verhalten des Reaktors kann man auf der Basis eines einfachen elektrischen Ersatzschaltbiides interpretieren 652 Chem.-1ng.-Tech. 64 (1992) Nr. 7, S. 652-653 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1992 0009-286Xl9210707-0652 $ 03.50 + .25/0

Untersuchungen zur Synthese von Propylenoxid in einem bipolaren Lochscheibenreaktor

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Page 1: Untersuchungen zur Synthese von Propylenoxid in einem bipolaren Lochscheibenreaktor

Synopse 2061

ElektroM Untersuchungen zur Synthese von Propylenoxid in einem bipolaren Lochschei benrea ktor

Lothar Franke, Andreas Zimmer und Karin Seibig*

Fur gepaarte elektrochemische Reaktionen, welche Kathoden- und Anodenprozesse fur die Synthese einer Substanz nutzen, eignen sich Reaktoren, bei denen das Substrat unmittelbar nach- einander Anode und Kathode passiert . Eine Realisierung dieses Prinzipes ist der bipolare Lochscheibenreaktor. Auf der Grundlage eines elektrischen Ersatzschaltbildes 1aRt sich die StrodSpan- nungs-Charakteristik verstehen, und Aussagen zu Arbeitsparame- tern wie Energieverbrauch und Stromausbeute sind abzuleiten. A l s Beispiel wird die elektrochemische Bildung yon Propylenoxid auf der Grundlage des Halogenhydrin-Verfahrens untersucht . Ein abproduktarmer Betrieb ist durch die Kreislauffiihrung der Halo- genid-Losung moglich.

1 Experimentelle Untersuchungen

Ausschlaggebend fur den Gedanken, bipolare Reaktoren auf ihre Eignung fur eine elektrochemische Propylenoxid-Synthese zu nutzen, ist dieTatsache, daR fur die Umsetzung des Propylens zum Propylenoxid in einer gepaarten elektrochemischen Synthese sowohl die Anoden- als auch die Kathodenreaktion in einer Zelle genutzt werden konnen:

Anode: 2 Br- + BrZ + 2 e-

BrZ + OH- + HOBr + Br- HOBr + CH~-CH=CHZ + CH3-CHOH-CHZBr

Kathode: 2 H20 + 2 e- + H2 + 2 OH-

OH- + CH3-CHOH-CH2Br + CH3-CH-CH2 + Br- + H20 \ / 0

Der zur Ausbildung anodisch und kathodisch aktiver Gebiete an der Elektrode erforderliche Potentialgradient in der Losung wird auch bei Elektrolyten relativ guter Leitfahigkeit garantiert, wenn nur dunne Flussigkeitsschichten die Elektrode bedecken. Deshalb ist das Prinzip des Rieselfilmreaktors anwendbar. Das gewahrlei- stet auch den optimalen Ubergang des gasformigen, im Elektro- lyten nur wenig loslichen Propylens. Der Elektrolyse-Reaktor (Abb. 1) besteht aus 19 ubereinander gestapelten, senkrecht durchbohrten Graphitplatten von 12 mm Hohe und 50mm Durchmesser. Die Scheiben sind in einem Glasrohr untergebracht und durch isolierende Distanzringe getrennt. Der Elektrolyt stromt als dunner Film auf den Elektro- denkorpern im Gleichstrom rnit der Gasphase von oben nach unten. In dieser Anordnung bewegt sich die flussige Phase durch Schwerkraft, und der Gastransport erfordert nur geringe Druck- differenzen.

* Prof. Dr. L. Franke, Dr. A . Zirnrner und DipLChem. K . Seibig, lnstitut fur Technische Chemie der TU Dresden, Mommsenstr. 13, 0-8027 Dresden.

Graphit- scheiben

Bohrungen

Elektrolyt mit Propylenoxid I ' Propylen und Wasserstoff

Abb. 1. mit anodisch und kathodisch aktiven Bereichen.

Ausschnitt aus einem bipolaren Lochscheibenreaktor

Zur Charakterisierung des elektrischen Verhaltens des Reaktors wurden StrodSpannungs-Kurven bei unterschiedlichen Arbeits- bedingungen aufgenommen. Als Elektrolyt dienten Natriumbro- mid- und Natriumchlorid-Losung mit einer Konzentration von 10 g/l. Die StrodSpannungs-Abhangigkeit laRt sich durch Kurven mit 3 nahezu linearen Bereichen wiedergeben (Abb. 2). Bei sehr niedrigen Spannungen flieDt kein Strom; dann gibt es zwischen ca. 5 und 50 V Reaktorspannung einen linearen Kurvenbereich rnit einem geringen Stromanstieg auf weniger als 50 mA. Bis etwa 70 oder 80 V steigt dann in einem 3. Teil die Stromstarke linear auf ca. 200 mA relativ steil an. Der Verlauf ist in allen Fallen ahnlich, Temperatur und Elektrolytart beeinflussen die 3 Abschnitte der Kurve hinsichtlich ihrer Lage

120

100

" 0 10 20 30 40 50 60 70 80

Spannung/V

4 NaCI, 10 OC + NaBr, 10 OC

Abb. 2. tor, Konzentration 10 gll.

StromISpannungs-Kurven im bipolaren Rieselfilmreak-

2 Elektrisches Verhalten des Reaktors

Das elektrische Verhalten des Reaktors kann man auf der Basis eines einfachen elektrischen Ersatzschaltbiides interpretieren

652 Chem.-1ng.-Tech. 64 (1992) Nr. 7, S. 652-653 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1992 0009-286Xl9210707-0652 $ 03.50 + .25/0

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Abb. 3. Ersatzschaltbild fur ein bipolares Element des Riesel- filmreaktors; R Elektrolytwiderstand zwischen den Elektroden- korpern, R2 elektrischer Widerstand des Elektrodenkorpers, R, Widerstand des Elektrolytfilms, Uz Zellspannung der Elektro- denreaktion.

(Abb. 3). R ist der Widerstand der Elektrolytlosung zwischen den N + 1 Graphitscheiben, R2 der des Elektrolytfilmes in den Boh- rungen. Mit U, wird die Zersetzungsspannung der Elektrolytlo- sung an Graphitelektroden und mit R1 der elektronische Wider- stand der Scheiben bezeichnet. Der elektrische Strom flieRt im Bereich einer bipolaren Platte auf zwei Wegen, entweder durch die Elektroden oder durch den Elektrolytfilm in den Bohrungen. Stoffumsatz bewirkt nur der durch die Elektroden flieoende Faraday-Strom. Der Anteil des Faraday-Stromes am Gesamtstrom sol1 als Stromwirkungsgrad S bezeichnet werden:

Er hangt nach GI. (1) uber den Widerstand R2 mit der Geometrie sowie der spezifischen elektrischen Leitfahigkeit des Rieselfilms in den Bohrungen zusammen und wird von der Zersetzungsspannung beeinflu&. Bestimmt man die experimentelle Stromausbeute wie ublich aus dern Gesamtstrom und dem aus dem Umsatz uber die Faradayschen Gesetze ermittelten Reaktionsstrom, so ist ihr oberer Grenzwert der Stromwirkungsgrad. Abb. 4 zeigt Stromaus- beuten der Propylenoxid-Bildung mit Natriumbromid-Losung im pH-Bereich 9 bis 12 als Funktion der Stromdichte. Eingezeichnet ist auBerdem der Stromwirkungsgrad, der sich aus der Strom/Span- nungs-Charakteristik unter den Bedingungen ergibt, bei denen die groBte Zahl der Versuche durchgefuhrt wurde. Die experimentell ermittelte Stromausbeute S, fallt etwa linear mit der Stromdichte. Die tatsachliche Stromausbeute gibt den Anteil der Propylenoxid- Bildung am Faradayschen Strom wieder. Es 1aRt sich ableiten, daB sie fur relativ kleine Stromdichten den Wert 100% erreicht.

I \ / Stromwirkungsgrad = Grenzwert der experi- mentellen Stromausbeute

2ot I 0’ 0 100 200 300 400 500

StromstarkelmA

Abb. 4. 10 g/l, pH 9 bis 12) in Abhangigkeit von der Stromdichte.

Stromausbeuten im bipolaren Rieselfilmreaktor (NaBr,

Als Ursache fur das Fallen der Stromausbeute mit steigender Stromdichte konnen die Sauerstoff-Entwicklung und die Bromat- Bildung in Betracht gezogen werden. Die mit sinkender Strom- dichte steigende Stromausbeute erfordert ein Arbeiten bei niedri- gen Stromdichten. Bei einem Verlauf von experimenteller Strom- ausbeute S, und Stromwirkungsgrad S wie in Abb. 4 liegt die Stromdichte fur das Energieminimum an dem Schnittpunkt von S, mit S. In diesem Bereich ist der Umsatz, bedingt durch die geringe Stromstarke, niedrig. Fur eine Anwendung des Lochscheibenreaktors ist es deshalb sinnvoll, aus StrodSpannungs-Kurven die Lage des Energiemini- mums zu ermitteln. Durch Stromausbeute-Messungen bei diesen Arbeitsbedingungen laBt sich dann relativ gut erkennen, welche Wirtschaftlichkeit zu erwarten ist.

Eingegangen am 13. Mai 1991

Schliisselworter: Elektrochemie, Synthese, Propylenoxid, Loch- scheibenreaktor.

Chem.-1ng.-Tech. 64 (1992) Nr. 7 , S. 652-653 653