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20. November 2011 ISSN 1436-607X Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche 24/2011 Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche Wie sieht es eigentlich im Himmel aus? Blick nach vorn n Was die Gemeinde in Edewecht bewegt. Seite 8 Horizonterweiterung n Was koreanische Methodisten ausmacht. Seite 11 Vorausschauend n Was ein gerechter Einkaufszettel bewirkt. Seite 9

unterwegs 24/2011

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Das Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche

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20. November 2011ISSN 1436-607X

Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche 24/2011Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche

Wie sieht es eigentlich im Himmel aus?

Blick nach vornn Was die Gemeinde in

Edewecht bewegt. Seite 8

Horizonterweiterung nWas koreanische

Methodisten ausmacht. Seite 11

Vorausschauendn Was ein gerechter

Einkaufszettel bewirkt. Seite 9

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unterwegs 24/2011 ::: 20. November 2011

::: Editorial2

kurz gesagt

So ErrEicHEn SiE unS:Redaktion »unterwegs« Telefon 069 242521-150 E-Mail: [email protected]: 0711 83000-0 Fo

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Ein Stück vom HimmelDramatisch sind diese Tage und Wo-chen in Europa: Immer neue Rettungs-schirme werden aufgespannt, um bankrotte Staaten zu retten. Politiker jagen von einem Krisengipfel zum nächsten. Es herrscht die Angst vor dem großen Crash. Dabei ist die Krise immer auch ein Medienereignis. So wurde vor einigen Monaten in allen Kanälen der drohen-de Bankrott der USA breitgetreten. Heute ist kaum mehr etwas davon zu hören – obwohl die Situation nicht besser geworden ist. Die Arbeitslosig-keit ist hoch. Wie dramatische die Lage ist, zeigt sich auch in der wachsenden Zahl von Hilfsangeboten. So haben viele EmK-Gemeinden in den USA umfangreiche Sozialprogramme ge-startet, um Menschen die durch die Rezession ihre Arbeit oder sogar ihre Wohnung verloren haben, zu helfen. Auch wenn die Umstände eher nieder-drückend sind, so macht es doch Mut zu sehen, wie Menschen einander hel-fen. Dass sie eben den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern etwas tun. Zwar tun sie das immer in dem Wissen, dass es nur Stückwerk ist. Aber es ist ein Stück vom Himmel, das diese Men-schen auf die Erde bringen. Gerade zum Ende des Kirchenjahrs und vor dem Advent kann uns so be-wusst werden: Wir gehen zwar immer wieder durch dunkle, schwere Zeiten, aber Gottes Liebe verlässt uns nicht. Und wir Christen sind berufen, das Licht dieser Liebe in die Welt zu brin-gen. Ihr Volker Kiemle

BiScHöfin roSEmariE WEnnEr wird Präsidentin des Bischofsrats der internatio-

nalen Evange-lisch-methodisti-schen Kirche (EmK). Mit ihr wurde erstmals eine Frau von

außerhalb der USA in dieses Amt gewählt. Die 56-Jährige wird ihr Amt im kommen-den Frühjahr antreten. Als Präsidentin leitet sie die Sit-zungen des Bischofsrats, dem alle 69 aktiven sowie die pensionierten Bischöfe der weltweiten EmK ange-hören. Das Gremium tagt zweimal im Jahr und vertritt in dieser Zeit auch die Gene-ralkonferenz, das alle vier Jahre tagende oberste Ent-scheidungsgremium der EmK. Wenner ist seit 2005 Bischöfin der EmK.

rundErnEuErt wurde die Website der Hörfunk-agentur »radio m«. Jetzt sehen die Besucher der Seite auf den ersten Blick immer das Allerneueste: aktuelle Radiobeiträge zum Anhören und die eigens für das Internet produzierten Magazin- und Gesprächs-sendungen. Ebenfalls ausgebaut hat die Hörfunk-agentur die Möglichkeiten der Nutzer, mit dem Team von »radio m« Kontakt aufzunehmen, Kommentare abzugeben oder Manus-kripte anzufordern.

www.radio-m.de

ÜBEr dEn WidErStand EVangEliScHEr cHriStEn gegen den Nationalsozialis-mus informiert eine neue Ausstellung im Internet. Sie

umfasst 584 historische Dokumente wie Schrift-stücke und Fotos sowie Hör- und Filmausschnitte.

www.evangelischer-widerstand.de

daS StrEikVErBot in der Evan-gelischen Kirche in Deutsch-land (EKD) und der Diako-nie bleibt: Die EKD-Synode beschloss zum Abschluss ih-rer Jahrestagung in Magde-burg ein Kirchengesetz, das ausdrücklich das umstrittene Streikverbot und den Ver-zicht auf Aussperrungen vor-sieht. Die Dienstleistungsge-werkschaft ver.di, die ein Streikrecht in Kirche und Diakonie fordert, kritisiert den Gesetzesbeschluss scharf.

diE friEdlicHE rEVolution 1989 in der DDR kam nicht »aus der Kirche«. Das er-klärte der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn. Jahn zufolge ist das SED-Regime nicht mit Kerzen und Gebeten gestürzt worden, sondern durch die politischen Forderungen und »macht-vollen Demonstrationen der Bürger auf der Straße«. Die evangelische Kirche sei sowohl ein Hort des Wider-stands als auch eine Stütze des Staates gewesen: »Die Kirche hat den Raum gege-ben, damit sich Menschen austauschen, aber sie hat die Menschen gleichzeitig dis-zipliniert, damit sie mit ihren Forderungen an den Staat nicht zu weit gehen.« So seien Organisatoren der Montagsgebete in Leipzig 1988/89 von der Kirchen-leitung »weggedrückt« worden. kie/ide

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Wie es im Himmel ist ...Niemand weiß, wie es im Himmel aussieht. auch die Beschreibungen in der Bibel können nur mit Bildern arbeiten, die unserer lebenswelt entnommen sind. trotzdem können wir uns auf den Himmel freuen, sagt Pastor Karl layer. Schließlich hat Jesus Christus selbst vom Himmel gesprochen als dem ort, an dem »unsere Namen notiert sind«.

Die Post bringt uns eine Traueranzeige ins Haus. Sie trägt die Jahreszahl 2011. Und die Unter-schrift der Leidtragenden mit folgendem Satz:

»Wir freuen uns auf ein Wiedersehen im Himmel.« Ist dies ein unwirkliches Überspielen der Trauer? Nein! Es ist ein mutiges Bekennen christlicher, bibelbezogener Hoffnung. Ich kenne die Betroffenen gut und weiß, dass hier keine fromme Schauspielerei am Werk ist.

Ist das nicht beeindruckend? Woher kommt der Mut, solches zu bezeugen? Ich muss feststellen, dass ich noch nie eine solche Traueranzeige bekommen ha-be. Im Dritten Reich konnte man unter der Mitteilung eines im Krieg Gefallenen lesen: »In stolzer Trauer.« Passen Stolz und Trauer zusammen? Beides zu verbin-den war nur möglich, weil man den Himmel in ein Walhalla umwandelte und die Hoffnung an den »Füh-rer« band. Den biblischen Himmel überließ man »den Engeln und den Spatzen«, wie bereits Heinrich Heine (1797–1856) spottete.

Wir sprechen hier von dem Himmel, wie ihn uns die Bibel bezeugt und der für uns noch unsichtbar ist. »Der bestirnte Himmel über uns«, wie ihn der Philo-soph Immanuel Kant (1724–1804) beschrieben hat, ist hier nicht das Thema. Dafür ist die Astronomie zu-ständig.

Zuständig für uns ist der, der im unsichtbaren Him-mel war und durch eine Geburt als Mensch zu uns auf die Erde kam: Jesus Christus. Aus seinem Mund erfah-ren wir, dass es im Himmel eine Art »Buchführung« gibt: »Freut euch, dass eure Namen im Himmel ge-schrieben sind« (Lukas 10,30). Aus seinem Mund hör-te der bußfertige Schächer am Kreuz die Worte: »Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein« (Lukas 23,43). Mit Paradies bezeichnet Jesus hier den Himmel als Ort der Vollendung nach dem Sterben. In der Geschichte vom reichen Mann und dem armen Lazarus verwendet Jesus hierfür bild-

haft den Ausdruck »Abrahams Schoß« (Lukas 16,22). Als sich Jesus vor seinem Kreuzestod von seinen Jün-gern verabschiedete, hörten sie die Worte: »Ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen« (Johan-nes 16,22).

glauben und Schauen am ort der SeligenIch will die beiden Apostel Paulus und Petrus Jesus an die Seite stellen: Paulus schreibt von sich in der dritten Person – weil er sich dessen nicht rühmen will –, dass er bis in den dritten Himmel und ins Paradies entrückt wurde. Er hörte unaussprechliche Worte, die kein Mensch sagen kann (2. Korinther 12,2–4). Und Petrus, der Apostel der Hoffnung, schreibt in seinem ersten Brief: »Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechli-cher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit« (1.Pe-trus 1,8.9). Hier verbindet Petrus den Stand des Glau-bens mit dem des Schauens.

Nimmt es da noch wunder, wenn wir den Himmel als »Ort der Seligen« bezeichnen? Es gibt im Jenseits auch den Ort der Unseligen. Jesus spricht davon, dass man bis in die Hölle hinuntergestoßen werden kann (Matthäus 11,23). Nicht von ungefähr ist Jesus das Licht der Welt. Wer ihn nicht als seinen persönlichen Herrn annimmt, bleibt in der Finsternis – in diesem und im Leben nach dem Tod.

Wir schreiben das Jahr 1960. Unsere Nürn-berger Gemeinde hatte die Zeltmission zu einer Evangelisation eingeladen. Ein günsti-

ger Platz in der Nähe unserer Kirche konnte gefunden werden – mitten in der Stadt. Der Ruf des Evangeli-ums und die Einladung zu Jesus sollten deutlich wer- Fo

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Karl layErist Pastor im ruhestand.

Er lebt in der Nähe von Winnenden

(Baden-Württemberg).

den. An den Verkündigungsabenden wurde im Vor-programm viel gesungen und übers Mikrofon auch vorgesungen. Damals schon sehr fortschrittlich! In meiner Erinnerung lebendig ist das Lied »In dem Him-mel ist’s wunderschön«. Es wurde weder als sentimen-tal noch als altmodisch abgelehnt, obwohl es ein altes Heilslied ist. Ich habe es in den mir zugänglichen Lie-derbüchern nur noch in einem uralten Reichslieder-buch gefunden. Keine Angabe der Jahreszahl. Keine Angabe des Verfassers.

Ich würde den Verfasser gerne fragen: »Woher weißt du das?« Jede Strophe fängt nämlich mit dem Liedtitel an. Vermutlich würde ich als Antwort alle die Bibelstellen genannt bekommen, die bereits erwähnt sind. Und darüber hinaus die »goldenen Gassen«, die »Perlentore«, das« kristallne Meer«, die »Blätter der Lebensbäume«. Alle diese Aussagen finden sich im letzten Buch der Bibel. Sie nimmt die schönsten und lebendigsten Dinge aus unserer Welt, um den Himmel zu beschreiben. Auch diese, dass »kein Leid, keine Schmerzen, kein Geschrei, kein Tod mehr sein wer-den« (Offenbarung 21,4).

das Eigentliche ist unsagbarÜbrigens sind dies alles Verneinungen von Erfahrun-gen, die wir gut kennen. Es wird nur gesagt, was nicht mehr sein wird. Das Eigentliche ist unsagbar. Auch die »Perlentore« sind nur Symbol für das »Unaussprechli-che«. Wie sollen wir Erdgebundenen uns das auch vor-stellen können, was außerhalb von Raum und Zeit ist! Die Ewigkeit ist jedoch weder raumlos noch zeitlos. Was ist sie dann? Eine andere Form, Art, Existenz von Raum und Zeit? Die Bibel spricht von Äonen in der Mehrzahl: »Jesus Christus, gestern und heute und der-selbe auch in die Äonen« (so nach dem Grundtext: Hebräer 13,8). In diesem göttlichen »Äonenpro-gramm« ist die Zeit der sichtbaren Schöpfung nur ein

begrenzter Abschnitt mit Anfang und Ende. Geschaf-fen vom Schöpfer. Wie unsere Lebenszeit.

Ich will noch eine Lanze brechen für das alte, so genannte »Herrlichkeitslied«. Ich habe die Zeit mitge-macht, in der man mit beißendem Spott über dieses Lied hergefallen ist. Dabei enthält es kerngesunde Aus-sagen über unser biblisches Hoffnungsgut. Die zen-trale Aussage im Refrain ist nicht zu übertreffen: »Das wird allein Herrlichkeit sein, wenn frei von Weh ich sein Angesicht seh’.« Hier spielen die »goldenen Gas-sen« nur noch eine Nebenrolle. Auch die »Wohnung im Himmel«, auch »das Wiedersehen mit den voraus-gegangenen Lieben« – obwohl dies alles bibelbezogene Aussagen sind. Jesus selbst hat seinen Vater gebeten: »Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir sei-en, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlich-keit sehen« (Johannes 17,23). Und der Apostel Johan-nes bestätigt dies:« Wir werden ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist« (1.Johannes 3,2). Mit Recht hat deshalb der Bibellehrer Fritz Rienecker seine beiden Bücher über »Das Leben nach dem Sterben« mit dem Titel versehen: »Das Schönste kommt noch.«

Wir sind in jedem Jahrhundert – auch im Jahr 2011 – und in jedem Lebensalter nicht über das schlichte Kindergebet hinausgewachsen: »Lieber Heiland, mach mich fromm, dass ich in den (diesen!) Himmel komm’. Amen!«

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unser Start Im Jahr 1857 wurde von der Bi-schöflichen Methodistenkirche un-sere Gemeinde in Edewecht ge-gründet – eine der ersten methodis-tischen Gemeinden in Deutschland. Seit über 45 Jahren wirkt die Ge-meinde am jetzigen Standort. Vor einiger Zeit wurde unsere Christus-kirche grundlegend modernisiert, so dass sie nun inmitten unseres Ortes hell und einladend steht.

da stehen wir Nicht nur unser neues Kirchenge-bäude freut sich über Gäste aus nah und fern, auch uns als Gemein-de ist Gemeinschaft wichtig. Aus diesem Grund bieten wir seit über zwei Jahren unsere »Edewechter Tafelfreuden – Mittagessen für al-le« an. Jeder ist eingeladen, ein le-ckeres Essen und eine liebevolle Atmosphäre für einen kleinen Bei-trag zu genießen. Bis zu 70 Perso-nen kommen jeden Montag und lassen sich hineinnehmen in die generationenübergreifende Ge-

meinschaft.

Die Gemeinschaft steht für uns auch in unseren Gottesdiensten im Mittelpunkt. Daher beginnen wir jeden Gottesdienst mit unseren Kindern, die dann nach einer kind-gerechten Ansprache mit einer Ker-ze in ihren Kindergottesdienst ge-hen. Mehrfach im Jahr bieten wir auch besondere Gottesdienste für Suchende, Fragende, Kritische und Glaubende an: »PerspekTiefen – der etwas andere Gottesdienst«.

Unterschiedliche Gruppen und Aktivitäten prägen das Leben der Gemeinde. So gibt es Hauskreise, Posaunenchor, Band, Treffpunkt Bibel, Seniorencafé und -kreis, Kirchlichen Unterricht und viele weitere Möglichkeiten, um über und mit Jesus zu sprechen, mit ihm zu leben und Neues über ihn zu erfahren.

Die ökumenische Zusammenar-beit mit den drei anderen Kirchen-gemeinden in Edewecht liegt uns

»Wir blicken nach vorn«Mehr als 260 Bezirke gibt es in der Evangelisch-methodistischen Kirche in deutschland. alle haben ihre eigene Prägung. Um diese vielfalt zu zeigen, stellen sich in »unterwegs« regelmäßig EmK-Bezirke vor. In dieser ausgabe geht es nach Edewecht.

am Herzen, so dass wir uns auch in die Arbeitsgemeinschaft christli-cher Kirchen (ACK) einbringen. Gemeinsame Gottesdienste auf dem Frühjahrs- und Herbstmarkt, ein Bücherstand auf dem Weih-nachtsmarkt und die Friedensdeka-de sind nur einige Beispiele dieser Arbeit.

Wir verändern uns Im September 2009 haben wir uns für die Durchführung eines Ge-meindeaufbauprogramms von NGE (Natürliche Gemeinde-Ent-wicklung) entschieden. Durch eine anonyme Erhebung konnte als eine unserer Stärken die gabenorientier-te Mitarbeit ermittelt werden. Als Minimumfaktor erwies sich hinge-gen die leidenschaftliche Spirituali-tät, so dass wir seither daran ar-beiten, die Leidenschaft für Jesus neu zu entdecken. Beispielhaft sind hierbei unser »Jahr der Bibel«, um wieder mehr Begeisterung am Wort Gottes zu bekommen, und das Tei-len von persönlichen Erfahrungen mit Gott im Gottesdienst zu nen-nen. Wir blicken nach vorne und vertrauen darauf, dass Gott uns in Edewecht gebraucht, um als Licht im Ort zu leuchten und Menschen mit seiner Liebe zu erreichen. Daniel Albrecht

nEdewecht ist eine Gemeinde mit über 20.000 Einwohnern und liegt in Niedersachsen im ammerland in der Nähe von

oldenburg.nzum Bezirk gehören 101 Kirchenglieder, 100 Kirchenan-gehörige, vier Kirchenzugehörige und 34 Freunde. den Got-

tesdienst besuchen rund 75 Personen. viele unterschiedliche Gruppen und aktivitäten prägen unser Gemeindeleben. nEmK Edewecht, oldenburger Straße 10, 26188 Edewecht,telefon 04405 4376, E-Mail: [email protected]

www.emk-edewecht.de

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Kinder spielen eine wichtige rolle im Edewechter Gemeindeleben.

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Hat es etwas mit dem Glauben an Christus zu tun, wenn ich mir eine neue Jeans kaufe oder samstags durch den Supermarkt hetze, um

den Wocheneinkauf zu erledigen? Ich bin davon über-zeugt, dass dies der Fall ist. Die Anweisung aus Kolos-ser 3,17 gilt für den Alltag: »Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.«

Gott danken bedeutet mehr als das übliche Tisch-gebet sprechen und im Gottesdienst schöne Loblieder singen. Es schließt ein, dass ich meinen Besitz als von Gott anvertrautes Gut nutze. Folglich will ich das Geld, das ich verdienen konnte, so ausgeben, dass es anderen Menschen möglichst wenig Schaden zufügt. Ich will keine Kleider tragen, die von Kindern herge-stellt wurden. Wenn ich Kaffee trinke oder Schokolade esse, hoffe ich, dass die Produzenten fair bezahlt wur-den. Die Rückfrage, woher Kleider, Lebensmittel, Putz-mittel und anderes mehr kommen, ist für mich auch ein Teil der Dankbarkeit gegenüber Gott, dem Geber aller Gaben.

Aus meiner Überzeugung mache ich kein Gesetz. Doch ich lade dazu ein, wenn immer möglich Waren zu kaufen, die fair hergestellt und gehandelt sind. Ich weiß, dass manche sich solch einen bewussten Einkauf nicht leisten können – weil sie jeden Cent zweimal um-drehen müssen oder weil sie wenig Möglichkeiten ha-ben, sich zu informieren. Da ich es auch oft eilig habe, bin ich dankbar für die neue Broschüre »Leitlinien zum ökofairen Handel«, die derzeit in allen Gemein-den verteilt wird. Die Leitlinien wurden im Frühsom-mer 2011 von den drei Jährlichen Konferenzen verab-schiedet. Gemeinden und Werke unserer Kirche sollen

beim Einkauf und Verbrauch ökonomische, ökologi-sche und soziale Kriterien beachten. In den Leitlinien werden auch Umwelt- und Sozialsiegel benannt, die auf einen Blick erkennen lassen, dass ein Produkt ei-nen hohen Standard ausweist.

ist schlechte arbeit besser als keine arbeit?Wird die Welt wirklich besser, wenn wir Methodisten die Leitlinien für ökofairen Handel beachten? Leiden Menschen nicht noch mehr, wenn sie schlimmstenfalls keine Arbeit haben, statt unter schwierigsten Bedin-gungen wenigstens etwas Geld zu verdienen?

Ich war im vergangenen Sommer in Südafrika. Wenn die Menschen dort vom Ende der Apartheid er-zählen, erwähnen sie oft die Aktion »Kauft keine Früchte der Apartheid«, die auch in Deutschland Un-terstützung fand. Christinnen mieden den Kauf von Lebensmitteln, die aus Südafrika stammten. Dies war Teil einer umfassenden Wirtschaftsblockade, die zu-nächst zwar das Leben der Südafrikaner schwerer machte, dann aber doch dazu beitrug, das Apartheids-system zu überwinden.

Südafrika ist auch heute noch lange nicht am Ziel. Zum Beispiel herrschen in einigen großen Weingütern unmenschliche Arbeitsbedingungen. Wer gerne süd-afrikanischen Wein trinkt, sollte zu fair gehandelten Produkten greifen. Trotzdem hat sich vieles zum Gu-ten verändert rund um das Kap der Guten Hoffnung.

Dieses Beispiel spornt an, beim Einkaufen achtsam mit Gottes Gaben umzugehen. Zwei der einfachen Re-geln von John Wesley gelten auch beim Umgang mit Konsum- und Verbrauchsgütern: »Böses meiden« und »Gutes tun«.

Gutes tun –auch beim Einkaufviele Menschen achten beim Einkaufen darauf, dass die Produkte unter fairen Bedingungen hergestellt worden sind. auch wenn damit zunächst manche Produzenten leiden: auf lange Sicht zahlt es sich aus, wie Bischöfin rosemarie Wenner am Beispiel Südafrikas beschreibt.

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Bei seiner Herbsttagung hatte der Bischofsrat der EmK ein umfangreiches Programm zu bewältigen. Neben der Wahl von Bischöfin rosemarie Wenner zur Präsidentin (siehe Seite 2) ging es vor allem um aktuelle Herausforderungen in der EmK und die vorbereitung der Generalkonferenz im kommenden Frühjahr. die 109 Bischöfinnen und Bischöfe tagten vom 31. oktober bis 4. November in lake Junaluska, North Carolina (USa).

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An: [email protected]

Von: [email protected]

Betreff: E-Mail aus der Theol. Hochschule

Brave new world – Schöne neue Welt!?

Wirtschaft: Staaten vor dem Bankrott, Banken am Rand der Pleite, der Euro am Abgrund – und trotzdem unterwirft sich alles der Ökonomisierung?Gesellschaft: Generation Y – gut ausgebildet, technisch stets auf der Höhe der Zeit, aber anspruchsvoll, egoistisch und ohne Bindung an Werte?Biowissenschaft: Der Mensch macht sich zum Herrn über Leben und Tod. Woher der Maßstab für das gute Leben?Neue Medien: Alles geht immer und überall und das immer schneller. Aber nichts bedeutet mehr etwas.Und das soll die »Schöne neue Welt« sein?Mit »schöne neue Welt« hat einst der Dichter William Shakespeare das Wunder der prächtigen Geschöpfe, ja die Schönheit der Menschheit gepriesen. Nicht ohne Ironie zwar, aber doch im Sinn einer umfassenden Humanität.Dieselben Worte hat der Autor Aldous Huxley in seinem gleichnamigen Roman in ihr Gegenteil verkehrt. Er beschreibt eine Gesellschaft, die den Gesetzen des totalen Materialismus gehorcht und den immergleichen, maschinenhaften Abläufen folgt. Krankheit ist ausgemerzt, für das Glück sorgen Pillen.Diese Worte stehen als Überschrift über einer Vorlesungsreihe, die die drei Reutlinger Hochschulen zur Zeit veranstalten. Die Theologische Hochschule Reutlingen lässt sich gemeinsam mit anderen wissenschaftlichen Fächern auf die Fragen ein, die die Gegenwart stellt, und versucht an Lösungen mitzuwirken.Der christliche Glaube hat nicht die Aufgabe, am Hergebrachten festzuhalten und dafür einen Rückzugsraum zu bieten. Er will in seiner Zeit leben und die »Schöne neue Welt« in Freiheit und aus der Hoffnung auf Gott mitgestalten.Ein Stoppschild setzt der Glaube jedoch da, wo der Mensch nicht mehr Mensch und Gott nicht mehr Gott ist; wo der Mensch Gott sein will oder zum Ding oder zum Unmenschen wird; wo der Mensch meint, aus sich allein und ohne Gott leben zu können.

nChristof voigt ist Professor für Philosophie und biblische Sprachen an der theologischen Hochschule reutlingen.

auf den auftrag besinnen

Wir können den derzeitigen Zustand nicht beibehalten.« Das betonte Bi-schof Larry M. Goodpaster mit Be-

zug auf die weltweite Evangelisch-methodisti-sche Kirche (EmK) zu Beginn der Tagung des EmK-Bischofsrats Ende Oktober. Aufmerksam-keit, Energie und Ressourcen der Kirche müss-ten verstärkt auf die Unterstützung und Ver-mehrung lebendiger Gemeinden konzentriert werden, forderte der scheidende Präsident des Gremiums. Die Zahl lebendiger Gemeinden zu erhöhen, die den Sendungsauftrag der Kirche voll leben, werde den intensiven und lang dau-ernden Einsatz der ganzen Kirche erfordern. Der Auftrag der EmK sei, in die Nachfolge Jesu Christi zu rufen und die Welt zu verändern.

Sofort umsetzbare SchritteDie Bischöfinnen und Bischöfe haben sich dabei auch auf sofort umsetzbare Maßnahmen geeinigt. So wollen sie die Lebendigkeit von Gemeinden ins Zentrum ihrer Arbeit rü-cken und auf eine bessere Ausbildung der Geistlichen hin-wirken. Dabei suchen sie die Unterstützung der Jährlichen Konferenzen und der Ausbildungsstätten. Die Bischöfe wol-len besser als bisher an der Wahrnehmung ihrer Verantwor-tung gemessen werden.

Bitten an die generalkonferenz 2012Der Bischofsrat schloss sich zudem mit sehr großer Mehr-heit den Empfehlungen des »Connectional Table« (CT, glo-baler Runder Tisch der EmK) und weiterer Experten hin-sichtlich Änderungen des Kirchenrechts an. Im Mittelpunkt steht dabei die Einrichtung einer großen Kirchenbehörde. Sie soll die Aufgaben des CT und von neun bisherigen Ge-neralkonferenz-Behörden bündeln. Die Jährlichen Konfe-renzen (JK) sollen größere Freiheit in der Organisation ihrer Strukturen erhalten. Etwa zehn Prozent des Gesamthaus-halts der EmK für die nächsten Jahre soll dafür verwendet werden, lebendige Gemeinden zu unterstützen.

UMNS / Recherche und Übersetzung: Reinhold Parrinello

Bischof larry M. Goodpaster

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Der Hof füllt sich. Immer wieder kommen Bus-se, aus denen Menschen herausdrängen. Ge-dämpft, aber fröhlich begrüßen sich die Men-

schen. Eigentlich nichts Außergewöhnliches vor einer großen Kirche, wäre da nicht die Uhrzeit: Es ist 4.30 Uhr morgens. Mich hatten die Motoren der Busse aus dem Schlaf gerissen. Um 4.40 Uhr werden wir – die Mitglieder einer EmK-Delegation aus Deutschland – offiziell geweckt.

Als ich kurz vor 5 Uhr den Kirchenraum betrete, ist er knapp zur Hälfte gefüllt. Durch eine Seitentür be-tritt einer der Chöre den Raum. Doch der Raum ist schon voll Musik, einer der Pastoren singt mit der Ge-meinde, hauptsächlich Charles-Wesley-Lieder. Sie sin-gen in einem derartigen Tempo, dass ich, den Text deutsch mitsingend, kaum folgen kann. Und es wird geklatscht. Auf allen vier Taktschlägen. Der Pastor gibt das Tempo vor. So kommt man um fünf Uhr morgens in Schwung. Der Pastor begrüßt alle, dann betet je-mand aus der Gemeinde. Lange! Immer wieder unter-brochen vom zustimmenden »Amen« aus der Gemein-de. Dann erneut Charles Wesley, ein Lied des Chores, eine kurze Predigt. Die Gemeinde ist gut dabei.

Plötzlich, direkt nach der Predigt, geht ein Rufen durch die Gemeinde. Dreimal der gleiche Ausruf: »Je-sus ist Herr«, so erfahren wir hinterher, und die Ge-meinde fängt an zu beten. Als gute Gastgeber hatten sie uns vorgewarnt: Es sei vielleicht sehr ungewohnt für uns. Das war es auch, denn alle beteten gleichzeitig – und laut. Doch nach dem ersten Schrecken kann ich eintauchen, werde Teil des großen Gebets dieser Ge-meinde. Manche sitzen still, den Kopf gesenkt, andere murmeln, einer schreit. Ich sehe Menschen, die einan-der segnen, miteinander weinen. Ich bin tief berührt.

Kurz nach halb sechs Uhr gehen die ersten. Um sechs Uhr auch ich. Das Licht ist inzwischen gelöscht. Als wir gegen halb acht Uhr noch mal hereinschauen, sind etliche Besucher immer noch da.

gebet als Schlüssel des gemeindewachstumsWas ist der Schlüssel des Gemeindewachstums in Ko-rea? Fast egal, wen wir fragten – immer wieder beka-men wir diese Antwort: »Durch das Gebet sind wir, wo wir heute sind!«

Die methodistische Gemeinde in Bupyeong ist eine der größeren im Großraum Seoul. Aber 400 bis 800 Beter jeden Morgen, sieben Tage die Woche, sind auch hier ein Phänomen. In den anderen Gemeinden, ob klein oder groß, sieht es nicht anders aus. Das Früh-gebet ist fester Bestandteil der Gemeindekultur. Klar, so groß wie in den Aufbruchszeiten der sechziger und siebziger Jahre ist die Zahl morgendlicher Beter nicht mehr. Ältere Damen sind überrepräsentiert, und man-ches lässt sich mit der kulturellen Tradition in Korea erklären.

Trotzdem macht es mich sehnsüchtig. Nicht unbe-dingt danach, auch in meiner Gemeinde ein solches Frühgebet einzuführen, sondern diese Beständigkeit des Gebets zu leben und es sichtbar in den Mittelpunkt der Gemeindearbeit zu stellen. Wir sagen einander häufig: »Ich bete für dich.« Aber in Bupyeong sagen sie es nicht nur, sie tun es.

Das Morgengebet bestimmt den Tag in Korea. Wer um 4 Uhr aufsteht und um 5 Uhr im Frühgebet dabei ist, muss manches andere lassen. Vor allem abends. Der Tag ist dadurch anders, das erfuhr auch ich. So über-strahlt das Morgengebet den Rest des Tages. Vielleicht ist es gerade das, was mich so berührte.

Fünf Uhr früh in Korea

9 oder 10 Uhr – in manchen Gemeinden in deutschland wird hart darum gerungen, wann der Gottesdienst beginnt. Ganz anders sieht es in der methodistischen Gemeinde in der koreanischen Stadt Bupyeong aus: dort treffen sich jeden Morgen bis zu 800 Christen zum Frühgebet. Pastor Christhard Elle war dabei – und beeindruckt.

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12 ::: methodisten in Südkorea

von der Schwesterkirchekönnen wir viel lernenEine delegation aus der EmK in deutschland, der Schweiz und Polen besuchte kürzlich die Koreanische Methodistische Kirche. auf dem Programm stand auch die offizielle Konsultation der beiden Kirchen. Bischöfin rosemarie Wenner fasst die Gespräche zusammen.

Man hat Arbeitskräfte gerufen und es kamen Menschen!« Diesen Ausspruch, mit dem der Schriftsteller Max Frisch die Situation italie-

nischer Gastarbeiter in der Schweiz treffend beschrieb, zitierte Superintendent Lim zu Beginn seines Berichtes bei der zweiten Konsultation zwischen der Koreani-schen Methodistischen Kirche (Korean Methodist Church, KMC) und der EmK in Deutschland in Seoul, Korea. Siebzehn koreanische methodistische Gemein-den gibt es in Deutschland, die ältesten entstanden in den 1980er Jahren. Sie bilden mit weiteren 27 Gemein-den den europäischen Distrikt, der zur Joongang-Kon-ferenz in Korea gehört.

Um die Zusammenarbeit mit diesen Gemeinden und ihrer Heimatkonferenz zu vertiefen, schloss die EmK in Deutschland 2008 eine Vereinbarung mit der KMC. Sie beinhaltet unter anderem, dass wir uns in regelmäßigen Abständen zu Konsultationen treffen. Nachdem die erste Begegnung 2009 in Reutlingen stattfand, reisten wir nun nach Korea.

Es war bereichernd, die Geschichte und Kultur der KMC kennen zu lernen. Wir begannen zu ahnen, wie fremd sich die Menschen wohl zunächst fühlen, wenn sie aus Korea nach Europa kommen. Es wird ihnen selten eine solch herzliche Gastfreundschaft zuteil, wie

wir es in Korea erlebten. Immer wieder kam es zu Ge-sprächen über die schmerzliche Trennung, unter der das koreanische Volk seit 1953 leidet, und über unsere Erfahrungen mit der Wiedervereinigung in Deutsch-land. Wir versprachen, für die Menschen auf der geteil-ten koreanischen Halbinsel zu beten.

Wir waren beeindruckt vom großen missionari-schen Engagement der koreanischen Schwesterkirche und entwickelten Ideen, was wir miteinander tun kön-nen. Unter anderem soll ein Team aus Korea zum Fo-rum Evangelisation 2013 eingeladen werden, um eini-ge Beispiele seiner evangelistischen Arbeit vorzustellen. Wir hoffen auf rege Teilnahme aus den europäischen koreanischen Gemeinden am dritten Europäischen Methodistischen Festival in Krakau im Sommer 2012. Im Oktober kam ein Austauschstudent von der metho-distischen Mokvon-Universität an die Theologische Hochschule in Reutlingen. Die Zusammenarbeit in der theologischen Aus- und Weiterbildung wird weiter entwickelt werden.

Wo immer es koreanische methodistische Gemein-den in Deutschland gibt, ermutigen wir zu gegenseiti-gen Einladungen. Auch die zweite Konsultation hat es bestätigt: Von dieser großen Schwesterkirche können wir viel lernen! Rosemarie Wenner

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13methodisten in Südkorea :::

Zum Besuchsprogramm in Süd-Korea gehörten

auch Gottesdienste. Bischöfin Rosemarie Wenner

predigte in der »Wolgok Methodist Church«

über Matthäus 16 »Wir sind wie die Apostel

zum Zeugnis gerufen«.

Übersetzt wurde sie von Pastor Jung-Kwon Cha.

In der Wolgok-Gemeinde soll jedes Gemeinde-

glied zu Beginn eines Jahres zwei Personen

nennen, die in diesem Jahr auf den Weg zum

Glauben geführt werden sollen. Rund 70 Men-

schen finden so jedes Jahr neu in die Gemeinde.

Historische Begegnung: Der Appenzeller Pastor

Peter Gumbahl (St. Gallen / Schweiz) ließ sich

in Seoul vor dem Standbild des methodistischen

Missionars Henry Appenzeller (1858–1902)

fotografieren. Der aus der Schweiz stammende

Henry Appenzeller kam 1885 aus den USA

nach Korea. Die koreanischen Christen sind

sind ihm und den vielen anderen Missionaren

bis heute dankbar und bringen den gesellschaft-

lichen und wirtschaftlichen Aufschwung in

direkte Verbindung mit dieser missionarischen

Arbeit.

Die Teilung des

Landes ist in Korea

allgegenwärtig. Vielen

Koreanern ist Deutschland

ein Vorbild dafür, wie

diese Teilung gewaltlos

und unter maßgeblicher

Beteiligung der Kirchen

überwunden werden kann.

Zur koreanischen Tradition gehört die wie-derholte geistliche Einkehr an Orten, die in besonderer Weise zur Begegnung mit Gott einladen. Auch die EmK-Reisegruppe aus Deutschland, Polen und der Schweiz ging die Stationen eines »Gebets-Bergs« in der Nähe von Seoul entlang bis zum Gipfel. Dort befindet sich das leere Grab als Hinweis auf die Auferstehung Christi.

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gliederzahl ::: 1,6 Millionengemeinden ::: 6.077Pastoren ::: 9.795mission::: 866 Missionare in 69 ländernausbildung ::: 3 Universitätenreligion in Südkorea :::

49 Millionen Einwohner, rund 12 Millionen Protes-tanten (davon 8,1 Millionen Presbyterianer), 11,2 Millionen Buddhisten, 4,1 Millionen Katholiken.

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unterwegs 24/2011 ::: 20. November 2011

14

Als unser Reisebus am Hauptquartier der »Kore-an Methodist Church« (KMC) vorfährt, wartet Pastorin Nam schon auf dem Parkplatz, um

ihre Gäste aus Europa mit ihrem ansteckenden Lä-cheln und einem herzlichen »Welcome to Seoul« per-sönlich zu begrüßen. Unser Besuch ist der Höhepunkt der zweiten Konsultation zwischen den methodisti-schen Schwesterkirchen aus Korea und Deutschland. Su Hyun Nam hat als Koordina-torin der Internationalen Zu-sammenarbeit der KMC schon den größten Teil ihrer Arbeit er-ledigt. Jetzt lässt sie uns spüren: Hier sind wir willkommen!

Su Hyun Nam ist als Tochter eines presbyterianischen Pastors in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen. Beim Theologiestudium lernte sie ihren Mann, den Methodis-ten Jung Kwon Cha, kennen. Nach einem Missionstrai-ning ließ sich das frisch verheiratete Pastorenehepaar in die Mission nach Kenia senden. Sechs Jahre arbeitete Su Hyun Nam mit ihrem Mann unter dem Trukana-Stamm im Norden Kenias. Hier gründeten sie drei Gemeinden, eine Grundschule und einen Kindergarten. Pastorin Nam trug auch Verantwortung für die Aus- und Weiter-bildung der Leiter und Leiterinnen der Gemeinden.

Die Zeit in Kenia war oft schwierig wegen der stän-digen Spannung zwischen den muslimischen und christlichen Stämmen, die oft zu Gewalt führte. Su Hyun Nam hat sogar erleben müssen, wie ein Gemein-deglied erschossen wurde. Es gab immer wieder ge-fährliche Augenblicke. Wie zum Beispiel an einem Sonntag, als eine muslimische Bande vor der Kirche auftauchte, um den Gemeindegliedern Gewalt anzu-tun. Pastorin Nam war mit ihrem kleinen Kind kurz draußen vor der Kirche, als die muslimischen Männer,

bewaffnet mit Stöcken und Messern, aus ihren Autos stiegen. Mit ihrem Baby in den Armen und einem herz-lichen Lächeln im Gesicht lief sie auf die Männer zu, sprach sie in der Sprache Suaheli an und hieß sie will-kommen.

Die Männer waren von der kleinen lächelnden Ko-reanerin so verdutzt, dass sie sofort stehen blieben, und Pastorin Nam konnte die Gelegenheit nutzen, um

mit ihnen über den Grund ihres Är-gers in Ruhe zu reden. Die Gemein-deglieder waren genauso überrascht, als sie aus der Kirche kamen und sahen, wie ihre Pastorin mit einer Gruppe von muslimischen Männern lachte und plauderte! Das freundli-che Lächeln, gepaart mit der auf-

richtigen Herzlichkeit der Pastorin, hatte die Männer im wahrsten Sinne des Wortes entwaffnet.

In ihrer heutigen Arbeit in Korea ist Pastorin Nam immer noch dabei, Brücken zwischen Menschen zu bauen. In der Weltmission der Koreanischen Metho-distischen Kirche hat sie unter anderem die Aufgabe, Missionare auf ihren Einsatz im Ausland vorzuberei-ten. Außerdem pflegt sie die Beziehungen zwischen der KMC und den Missionsländern und agiert als Kon-taktperson zwischen der KMC und den methodisti-schen Kirchen weltweit.

Auf der Rückfahrt zum Flughafen Incheon westlich von Seoul überquert unser Reisebus wieder die beein-druckende zwölf Kilometer lange Incheon-Brücke, die das südkoreanische Festland mit der Flughafen-Insel Youngjong verbindet. Die Brücke ist eine unentbehrli-che Verbindung zwischen Südkorea und der Welt. Ge-nau wie Pastorin Su Hyun Nam – mit ihrem großen Herz für die Mission und ihrem ansteckenden Lächeln. Barry Sloan

Brücken bauen mit einem lächelnNeben ihrer Muttersprache spricht sie Englisch und Suaheli – beide Sprachen fließend. Ihr herzliches lächeln aber wird in jeder Sprache verstanden: Pastorin Su Hyun Nam ist in der Koreanischen Methodistenkirche für die internationalen Kontakte zuständig. So empfing sie auch die delegation der EmK aus deutschland.

Ihr freundliches Lächeln ist entwaffnend – im wahrsten Sinn des Wortes.

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EMK-DIAKONIE: WIR MELDEN UNS ZU WORT Helfen und Heilen 17

Es war immer ein Anliegen kirchlicher Krankenhäuser, Ster-benden eine bestmögliche Begleitung trotz sich ständig ändernder sozial-politischer Rahmenbedingungen zu ge-währleisten. Auch das Diakoniewerk Martha-Maria hat dies bewusst in seinem Leitbild verankert. Dies ist auch deswe-gen notwendig, da ungefähr zwei von drei Menschen heute in Krankenhäusern oder P� egeeinrichtungen sterben. Seit Einführung der Fallpauschalen bei der Abrechnung von Krankenhaus-leistungen ist die Finanzierung von Maß nahmen zur medizinischen und p� egerischen Betreuung Sterben-der wesentlich schwie riger gewor-den. Für die Diagnose »Sterben« gibt es nämlich keine »Fallpauscha-le«. Um dennoch Sterbende best-möglich und gemäß dem neuesten medizinischen bzw. wissenschaftli-chen Forschungsstand behandeln zu können, wurde vom Palliative Care Team der Universitätsklinik in Liverpool in Kooperation mit dem dortigen Hospiz ein strukturiertes, überprüfbares und auswertbares Vorgehen entwickelt, ein so genannter Behandlungspfad. Er heißt, nach seinem Entstehungsort »Liverpool Care Pathway« (LCP). Das Palliativzentrum in St. Gallen hat diesen für Kliniken im deutschsprachigen Raum übersetzt. Wer als Krankenhaus mit diesem Pfad arbeitet, nimmt teil an einem wissenschaftlichen Auswertungs- und Weiterentwicklungsprozess. Seit September 2010 hat sich das Krankenhaus Martha-Maria Nürnberg dieser Weiterent-wicklung angeschlossen und arbeitet in der Inneren Medi-zin mit dem LCP. Dieser umfasst unter anderem eine struk-turierte und durch den LCP vorgegebene Arbeitsweise im Behandlungsteam. Dazu gehört zum Beispiel die Entschei-dungs� ndung im Team zusammen mit den Betroffenen, was in den letzten Lebenstagen noch wirklich wichtig ist. Über diesen Entscheidungsprozess wird der Hausarzt in Kenntnis gesetzt. Die Angehörigen erhalten in der Begleitung ihres Sterbenden Unterstützung durch Gespräch und entspre-chende auf das konkrete Erleben ausgerichtete Literatur.

Der weitere Versorgungsablauf ist geprägt von der Beherr-schung wichtiger Symptome, zum Beispiel Schmerz, Luftnot und Übelkeit. Diese Symptome werden alle vier Stunden überprüft und ausgewertet. Auf nicht mehr notwendige p� egerische und medizinische Maßnahmen wird in gemein-samer Absprache verzichtet, wie zum Beispiel das Führen einer Fieberkurve oder das regelmäßige Blutdruckmessen.

Als Rahmenbedingungen für diese Begleitung von Sterbenden und Schwerkranken haben sich die Krankenhausleitung und der Ge-schäftsführende Vorstand für fol-gende Maßnahmen entschieden:1. Schulung und Ausbildung von Mitarbeiter/innen im Bereich Palli-ative Care.2. Aus- und Weiterbildung einer ehrenamtlichen Sitzwache, deren Dienst von Betroffenen und Be-handlungsteam sehr geschätzt ist.

(Infos dazu www.martha-maria.de, Krankenhaus Nürnberg, weitere Leistungen, Sitzwache)3. Hohe Priorität der einbettigen Versorgung Sterbender, damit die Angehörigen auf Wunsch anwesend sein können. Sterbende bleiben in ihrer vertrauten Umgebung.4. Und damit alle diese Rahmenbedingungen auch � nan-zierbar sind, hat der Geschäftsführende Vorstand ein Spen-denprojekt im Rahmen der Martha-Maria Stiftung einge-führt. Dankbar sind wir, dass ein bisheriges Spenden - auf kommen in Höhe von etwa 20.000 Euro Schulungen, Weiterbildung und anderes mehr ermöglicht hat. Als Ergän-zung zu diesen Rahmenbedingungen ist unter der Leitung von Professor Dr. Schwab der Aufbau eines multidisziplinä-ren Palliativteams in Planung. Nähere Informationen zur strukturierten Arbeitsweise mit dem LCP � nden Sie auf der Internetseite des Palliativzentrums St. Gallen.

Professor Dr. Dieter Schwab,Pastorin Sabine Schober, Seelsorgerin, Krankenhaus Martha-Maria Halle-Dölau

Umgang mit Sterben, Tod und Trauer

»Palliative Care dient der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit einer lebens-bedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind. Dies geschieht durch Vorbeugung und Linderung von Leiden mittels früh-zeitiger Erkennung, hochquali� zierter Beurteilung und Behandlung von Schmerzen und anderen Problemen physischer, psychosozialer und spiritueller Natur.« (WHO 2002)

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18 Helfen und Heilen EMK-DIAKONIE: WIR MELDEN UNS ZU WORT

Diese Fragen richtete Jesus nach Mar-kus 10,51 an den blinden Bartimäus. Seltsam, nicht wahr? Er hätte sich doch denken können, was sich ein blinder Mensch wünscht.Das ist ein Fehlschluss, der Menschen immer wieder unterläuft. Da geht eine davon aus, dass die anderen sich doch denken können, dass sie– gerne mal besucht werden möchte,– Hilfe beim Einkaufen braucht,– sich über eine Einladung zu einem Aus� ug freuen würde … – und ist ent-täuscht, wenn nichts davon geschieht.Umgekehrt gibt es ebenfalls Schwie-rigkeiten; wenn wohlmeinende Men-schen versuchen, sich in die Wünsche anderer hineinzudenken und ihnen Entsprechendes angedeihen zu las-sen. Nicht selten werden solche Akti-vitäten als unpassend oder übergrif� g empfunden – was ebenfalls zu Enttäu-schungen führt.Von Nutzen wäre in beiden Fällen eine solche Klarheit in Frage und Antwort, wie sie in der biblischen Szene be-schrieben wird.

Wünschenswert wäre es ebenfalls, dass ein Mensch klar äußert, wie er seine letzte Lebensphase verbringen will. Häu� g ist man jedoch in dieser Frage selbst hin- und hergerissen. Auf der einen Seite steht der Wunsch, eine Maximaltherapie in der Sterbephase

zu vermeiden. Auf der anderen Seite steht die Angst, womöglich aus Un-kenntnis lebensrettende Maßnahmen abzulehnen. Angesichts dieses Dilem-mas zögert man mitunter, sich zu die-ser Problematik klar zu äußern, schon gar nicht in der Form eines rechtlich verbindlichen Dokuments. Man hofft, dass im Ernstfall andere Menschen schon wüssten, was das Beste für ei-nen wäre; und dass jene das auch ohne Eigeninteressen umsetzen würden. Zugegebenermaßen ist diese Materie in den letzten Jahren komplizierter geworden. Das seit 1. September 2009 gültige Gesetz (3. BTÄndG) hat mehr Rechtssicherheit gebracht in dem Sinne, dass einzig und allein der Wille des Patienten darüber entscheidet, welche Maßnahmen angewendet oder unterlassen werden – auch wenn er diesen aktuell nicht mehr zum Aus-druck bringen kann. Zugleich hat das Gesetz mehr Verunsicherung ge-bracht, weil viele Sachverhalte be-dacht und exakt formuliert werden müssen. Von Vorteil ist es in jedem Fall, wenn der Patient eine Vertrauensperson be-nannt hat, die seine Wünsche kennt. Dieser obliegt es nach dem Wortlaut des Gesetzes, den Willen des Patien-ten zu vertreten. Den Willen des Pati-enten – nicht ihre eigenen Vorstellun-gen. Sorgfältig hat sie darauf zu

achten, dass es nicht zu Fehlschlüssen oder Übergriffen kommt. Und damit sind wir wieder bei der Frage, die Jesus stellte: »Was willst du? Was soll ich für dich tun?« Jesus fragte nach Bar-timäus’ Wünschen. Dieser äußerte sie exakt: »Ich möchte wieder sehen können.«

Das 3. Gesetz zur Änderung des Be-treuungsrechts ermöglicht und for-dert in ähnlicher Weise, dass Men-schen sich über ihren Willen klar werden – allerdings im Hinblick auf Zukünftiges. Es bietet die Möglichkeit, Grenzen zu setzen, Vertrauensperso-nen zu benennen und festzulegen, was einem wichtig ist. Zugleich fordert es dazu heraus, sich über den eigenen Willen klar zu wer-den. Wer in diesen Fragen etwas fest-legen will, muss selber erst einmal wissen, was sein Wille ist. Wer eine Vertrauensperson einsetzt, muss mit dieser über seine Wünsche reden.So gesehen sind Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht ein Hilfsmit-tel, damit Ärzte und Angehörige nicht auf bloße Vermutungen angewiesen sind; damit sie sich nicht denken müs-sen, was der Betroffene will.

Ulrike Förster, Seelsorgerin,Zeisigwaldkliniken Bethanien Chemnitz und Krankenhaus Bethanien Plauen

»Was willst Du? Was soll ich für dich tun?«

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19Helfen und Heilen

Ich werde auf eine Internistische Sta-tion gerufen. Eine Patientin ist ver-storben und die Angehörigen wün-schen eine Aussegnung. Als ich ins Zimmer trete, werde ich tief berührt. Liebevoll hat die Schwester die Frau gebettet. Friedlich liegt sie da und hat eine Blume zwischen den gefalteten Händen. Selbst das Haar ist frisch ge-kämmt. Wie gut, solche Schwestern zu haben, denke ich. Es könnte wegen der unglaublichen Arbeitsverdichtung des P� ege- und Ärzteteams auch ganz anders aussehen. Fast zwei Jahre hat es gedauert, bis wir eine umfassende Konzeption für den Umgang mit Sterben, Tod und Trauer in unserem Haus erarbeitet und erprobt haben. Es wurden Prozessbe-schreibungen, Verfahrensanweisun-gen und Checklisten erarbeitet. Jedes Dokument wurde in einem multidiszi-plinären Team besprochen und mit der Praxis abgeglichen. Neben der medizi-nischen, p� egerischen und theologi-schen Kompetenz war vor allem die Liebe zu den Menschen immer wieder zu spüren. Wir wollten, dass unsere Prozesse so gestaltet sind, dass die sterbenden Menschen würdevoll ihren letzten Gang gehen können. Das fängt schon damit an, dass sich unsere Be-triebsleitung dazu bekennt und vor-gibt, dass sterbende Menschen, wenn irgendwie möglich, in ein Einzelzim-mer kommen und besonders betreut werden. Es konnte für uns auch nicht beliebig sein, ob die Seelsorge oder die Sitzwache gerufen wird oder nicht. So musste die elektronische Doku-mentation so programmiert werden, dass alle Beteiligten informiert wer-den, wenn die letzte Sterbephase ein-tritt. Wir haben beschrieben, wie das ist mit der Wahrheit am Krankenbett und dazu Weiterbildungen angeboten. Schwestern, Ärzte, Physiotherapeu-ten und Seelsorger erhielten eine Ausbildung für die Begleitung von sterbenden Menschen (Palliativ Care), damit auch außerhalb von besonderen

Stationen (Palliativ-Stationen) die Grundhaltung der Hospizbewegung im Krankenhausalltag Raum gewinnt. Die Vorgänge während des Sterbepro-zesses laufen entgegen der normalen Behandlung im Krankenhaus. Dort be-stimmen die Untersuchungen, Diag-nosen, Operationen und Therapien den Tagesablauf. Beim Umgang mit Sterbenden wird dies förmlich auf den Kopf gedreht. Nun sind nicht mehr die Behandlungen, sondern die Sterben-

den mit ihren Bedürfnissen in den Vor-dergrund zu rücken. Das »stört« und verrückt die »normalen« Abläufe und ruft Widerstand hervor. Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob der Patient von Morphinen abhängig werden könnte, wenn Schmerzlinderung an-gesagt ist. Es muss kein Verband mehr unbedingt gewechselt werden, wenn dies Schmerzen bedeutet. Eher geht es darum, die Lieblingsmusik des Ster-benden zu spielen oder dessen Lieb-lingsgetränk in kleine Eisbröckchen einzufrieren, die man ihm oder ihr auf die Lippen legen kann. Da wird das Abendmahl am Bett – und manchmal auch stellvertretend – gefeiert. Da kommen Sinnfragen auf, die auch uns als Begleitende wieder neue Einsich-ten ins Leben schenken können. Be-ziehungen und deren Qualität spielen eine enorme Rolle und wollen gewür-

digt und geordnet werden. Da geht es um Kontaktaufnahme, auch wenn sich der Sterbende für uns nicht mehr wahrnehmbar äußern kann. Manche unserer Krankenhäuser haben Boxen für die Stationen organisiert, in de-nen sich Bibel, Duftlämpchen, Musik-player, Kreuze, Rosenkränze, Koran, Engelskulpturen und weitere Dinge � nden. Ein Aussegnungsraum muss bereitgestellt und gestaltet werden. Für unsere muslimischen Mitbürger

wurde eine Möglichkeit der rituellen Waschung geschaffen. Angehörigen wird Seelsorge angeboten. Sie kön-nen kostenlos im Zimmer mit über-nachten. Später bekommen sie eine Kondolenzkarte und werden zum jährlichen Gedenkgottesdienst einge-laden. Hauptamtliche und ehrenamt-lich Mitarbeitende werden in der Ster-bebegleitung geschult und begleitet. Ein spezielles Projekt ist bei uns in Wuppertal die Arbeit mit Eltern, deren Kinder während der Schwangerschaft oder während der Geburt versterben. Mehr dazu können sie im Internet un-ter www.sternenkinder-ambulanz.de oder auf der Facebookseite »Sternen-kinder ambulanz« nachlesen.

Pastor Frank Hermann, Seelsorger, AGAPLESION Bethesda Krankenhaus Wuppertal

»Was willst Du? Was soll ich für dich tun?« Umgang mit Sterben, Tod und Trauer: Strei� ichter aus der Krankenhaus-Seelsorge

Page 15: unterwegs 24/2011

2220 Helfen und Heilen EMK-DIAKONIE: WIR MELDEN UNS ZU WORT

IMPRESSUM FÜR DIESE EINHEFTUNGHerausgeber: Evangelisch-methodistische Diakoniewerke (EmD) • Redaktion für diese Ausgabe: Pastor Frank Eibisch, Direktor des Evangelisch-methodistischen Diakoniewerks Bethanien e.V., Zeisigwaldstraße 101, 09130 Chemnitz, Telefon 0731 430 1000, E-Mail: [email protected] • Fotos: Grace Winter/Pixelio (19), birgitH/Pixelio (20), creative collection (21), privat (22)

Vor drei Jahren habe ich die Seelsorge-arbeit im Seniorenheim »Havelgarten« in Berlin-Spandau begonnen. Seit dem gab es etwa 160 Sterbefälle. Es gibt kaum noch ein Gesicht von dieser Anfangszeit. Sterben ist Alltag und auch wieder nicht. Jedes Sterben ist einmalig und individuell, wie die Men-schen und ihre Leben. Und so wird im Haus versucht, sich auf jeden Men-schen einzustellen, auf Bedürfnisse

und Vorlieben zu achten. Allerdings ziehen die Menschen immer später in ein Heim. Manche kommen noch sehr mobil, andere multimorbid. Bei Letz-teren gibt es oft nur kurze Zeit zum Kennenlernen. Die Sterbephase kann dann von den Betreuenden auch nur noch bedingt persönlich gestaltet werden. Frau M. kannte ich drei Jahre. Wir hat-ten uns gegenseitig ins Herz geschlos-sen, führten Gespräche über Gott und die Welt, ihr Leben, die Brüche darin und die guten Zeiten, über den christ-lichen Glauben, den sie nicht teilte.

Ihre Kräfte ließen immer mehr nach. »Warum holt er mich denn nicht?«, fragte sie oft. Dann verschlechterte sich ihr Zustand mehr und mehr. Am Anfang war sie noch ansprechbar und reagierte schwach auf mein Kommen. Zwei Tage später kam bei mir keine Re-aktion mehr an. Ich spürte auch ihre Müdigkeit, streichelte sie, beruhigte sie mit Worten, erzählte ihr von Gottes neuer Welt. Manchmal saß ich einfach

nur, manchmal las ich einen Psalm, manchmal »Herrn Ribbeck von Ribbeck im Havelland«, weil sie Fontane so moch-te. Als ich sie das letzte Mal sah, waren die Zeichen des na-hen Todes deutlich. Wie immer berührte ich sie, sprach mit ihr, schwieg. Irgend-wann nahm ich mei-ne Hand von ihrem Arm und fragte, ei-nem plötzlichen Ge-fühl folgend: »Sie wollen vielleicht gar nicht, dass ich Sie anfasse?« Und aus dieser Frau, die ich schon in anderen Sphären wähnte (von deren Zustand ande-re behaupten »Die

merkt eh nichts mehr«) aus dieser Frau kam ein deutliches »Doch«. Ich saß wie versteinert, musste mich erst einmal sammeln und habe sie ganz schnell wieder angefasst … und mit ihr kommuniziert. Gott hat Frau M. kurze Zeit später geholt.Vor einiger Zeit hat eine Palliativ-Ar-beitsgruppe ein Konzept für den Ha-velgarten erarbeitet. Neben der akti-vierenden P§ ege wird in unserem Haus auch das Ende des Lebens akzep-tiert und es wird versucht, es zu ge-stalten. Auch deshalb gibt es seit eini-ger Zeit einen Workshop mit dem Titel

»Was fang ich mit dem Sterben an«, in dem Mitarbeitende sehr persönlich über ihr Verhältnis zum und eigene Erfahrungen mit dem Tod nachden-ken. Diese Re§ exion macht sie freier im Umgang mit Sterbenden – so sind die Rückmeldungen.Der Tod und das Sterben werden in unserer Gesellschaft gern verdrängt. Selbst in einem Haus wie dem unseren ist das zu spüren. Es fällt Menschen schwer, das Unabänderliche auszu-halten. Spätestens im Angesicht des Todes müssen wir innehalten und uns eingestehen, dass wir nichts dagegen tun können. Alles was es zu tun gibt, ist die Bedürfnisse der Sterbenden zu erkennen (möchte jemand Ruhe oder lieber das Treiben auf dem Gang hören) und mit auszuhalten. Dabei bleiben und aushalten, sich nicht von der Geschäftigkeit des Alltags schon wieder fortreißen lassen. P§ egende, Betreuung, Seelsorge – alle nehmen sich nach Möglichkeit immer wieder Freiräume, um an der Seite des ster-benden Menschen zu sein. Auch Ange-hörige sind gern gesehen und werden in der Finalphase mit einbezogen. Nach dem Tod steht vor der Zimmer -tür ein kleiner Tisch mit einem Erinnerungsbuch, Kerze, Kreuz und Blumen. So wissen alle, dass hier ein Mensch verstorben ist. Nicht allen Be-wohnern und Bewohnerinnen gefällt es, so mit dem Tod konfrontiert zu werden. Aber viele sind doch froh zu wissen, dass sie nach ihrem Ableben nicht einfach vergessen sind. Ähnlich ist es mit den Gedenkgottesdiensten, die wir drei mal im Jahr feiern und dazu die Angehörigen der Verstor-benen noch einmal einladen. Dieses Ritual wird dankbar angenommen. Von vielen Lebenden weiß ich, dass sie froh sind, dass auch ihr Name eines Tages im Gottesdienst verlesen und für sie eine Kerze entzündet wird.

Pastorin Birgit Fahnert, Seelsorgerin, AGAPLESION Bethanien Havelgarten Berlin

Das Sterben aushalten und mitgehen

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unterwegsHerausgegeben von derEvangelisch-methodistischenKirche in DeutschlandLudolfusstraße 2-460487 Frankfurt am MainZeitschriftenredaktionim Medienwerk der EmK:Redaktionsleiter Volker Kiemle Stellvertretender Redaktionsleiter Michael Putzke Ludolfusstraße 2-460487 Frankfurt am MainTelefon 069 242521-150Telefax 069 242521-159E-Mail: [email protected] • Anzeigen- undAbonnementsverwaltung:Blessings 4 you GmbHPostfach 31 11 41 · 70471 StuttgartTelefon 0711 83000-51 Telefax -50Anzeigendisposition:E-Mail: [email protected] gilt der Anzeigentarif 2011.Bezugspreise:Bei Bezug über die EmK-Gemeinde:im Quartal € 13,75. Bei Direktlieferung durch die Post: jährlich € 55,– + Versandkosten.Direkt gelieferte Abonnements verlängern sich jeweils um ein Jahr, wenn bis zum 30. September keine schriftliche Kündigung vorliegt. DTP-Produktion: Grafisches Atelier Arnold, 72581 Dettingen an der ErmsHerstellung: frechdruck GmbH, 70499 Stuttgart

Einheftungen in dieser Ausgabe: helfen & heilen

Beilagen in dieser Ausgabe: Kawohl, Weltmission Projektliste, Brunnen

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Konferenzmotto »Gott, singe mich, ich will dein Lied sein«. Mit dem herausfordernden Untertitel „Warum Popmusik selbstverständlich zum Gottesdienst gehört“ erscheint dieses Referat jetzt in der Reihe EmK-Forum.Musik in ihren unterschiedlichen Ausrichtungen ist seit jeher Thema und Anlass für Gespräche oder sogar Auseinanderset-zungen in Kirchen und Gemeinden. Die EmK bildet da keine Ausnahme. Stefan Weller nimmt die Leser auf einen Weg mit, der der Frage nachgeht, ob Popmusik Kirchenmusik sein soll. Neben vielen Hinweisen (von biblischer bis in heutige Zeit) findet Weller

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auch in der methodistischen Tradition Hinweise auf eine positive Antwort. John Wesley brachte es auf den einfachen Nenner: »So viele Menschen werden durch schottische oder irische Melodien stark gerührt. Sie sind ganz natürlich entstanden und wurden nicht nach den Gesetzen der Kunst komponiert; sie sind höchst einfach« Für an Musik Interessierte in den Gemeinden, für Jugendliche und Junge Erwachsene hält diese Veröffentlichung hilfreiche und wegweisende Impulse bereit. Für mancherorts schmerzvolle Auseinandersetzungen findet sich hier eine Ausarbeitung, die Möglichkeiten zum Gespräch öffnet. Wenn Wellers Anliegen Gehör fände, könnte manchem Streit „rund um Musik und Gesang im Gottesdienst“ die Schärfe genommen werden.

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unterwegs 24/2011 ::: 20. November 2011

Triumph? Debora Weber-Wulff sitzt in ihrer ge-mütlichen Wohnküche in Berlin und überlegt. Dann lächelt sie. Klar, sie hat sich gefreut darü-

ber, dass Karl-Theodor zu Guttenberg im vergangenen Frühjahr von seinen Ämtern zurückgetreten ist. »Aber es ging mir nicht um die Person, sondern um die Sa-che«, betont die Mathematik-Professorin. Darum, dass da einer endlich die Konsequenzen aus seinem Verhalten gezogen hat. »Es war ein toller Augenblick zu merken: Wir haben die Macht, das, was sonst im-mer unterdrückt wurde, so offenzulegen, dass es nicht mehr unterdrückt werden kann.«

Wir, das sind Leute, die sich dem Kampf gegen Pla-giate – also abgekupferte Texte – in der Wissenschaft verschrieben haben. Weber-Wulff ist dabei einer der führenden Köpfe. Seit zehn Jahren beschäftigt sie sich als Professorin für Medieninformatik an der Hoch-schule für Technik und Wirtschaft in Berlin mit Pro-grammen, die Plagiate aufspüren. Ein Schlüsselerlebnis sei eines der ersten Seminare dort gewesen, erzählt sie. »Von 32 eingereichten Arbeiten waren zwölf Plagiate. Darüber habe ich mich sehr geärgert.« Weil Kollegen wissen wollten, wie sie den Schummlern auf die Spur gekommen war, schrieb sie einen Aufsatz – und ist seither als Plagiatsexpertin gefragt.

Getrieben wird Weber-Wulff von einem starken Ge-fühl für Gerechtigkeit. »Ich finde es sehr ärgerlich, wenn Leute Meriten bekommen, die ihnen nicht zustehen.« Prägend sei hier auch ihr methodistisches Erbe, erzählt die Professorin. Geboren und aufgewachsen in den USA, erlebte sie als Jugendliche die Debatten in der ge-rade neu entstandenen Evangelisch-methodistischen Kirche mit. So wurde etwa heftig über die Frage disku-tiert, ob Frauen ordiniert werden sollen. »Die Frage, was gerecht ist, hat mich immer sehr beschäftigt.«

In Sachen Plagiate ist Weber-Wulffs Mission eigent-lich schon erfüllt: »Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, dass jeder Professor über Plagiate Bescheid weiß und darü-ber geredet wird. Und seit dem Fall Guttenberg redet wirklich jeder Stammtisch über Plagiate.« Das bedeu-tet aber auch viel Arbeit: Eine verdächtige Arbeit wird

zunächst von zwei Leuten geprüft. Enthalten mindes-tens zehn Prozent der Seiten Plagiate, wird die Arbeit auf einer Internetseite veröffentlicht, so dass weitere ehrenamtliche Mitarbeiter sie prüfen können.

Das Medieninteresse ist groß – vor allem bei Promi-nenten. So wurden etwa die Doktorarbeiten von Angela Merkel oder Philipp Rösler schon ausgiebig durch-forscht. »Da ist wirklich nichts zu finden«, sagt sie. Aber es gehe ja nicht um die Kontrolle von Personen, sondern der Arbeiten. »Wir wollen Arbeiten enttarnen, die kei-nen Beitrag zur Wissenschaft darstellen.«

Neue Ziele zu finden ist für Weber-Wulff nicht schwer. »Wenn ich etwas sehe, das ich nicht in Ord-nung finde, dann muss ich was machen«, sagt sie und lacht. »Ich bin eben eine Art Weltverbesserer.« Auch ein methodistisches Erbe? »Ich kann es nicht sagen – ich bin eben methodistisch aufgewachsen und nicht anders.« Nach einer längeren Pause hat sie wieder An-schluss an dieses Erbe gefunden. »Eines Sonntagsmor-gens bin ich aufgewacht und habe ›Mein Mund besin-ge tausendfach‹ vor mich hin gesungen«, erzählt sie. Sie ging in die nächstgelegene EmK-Gemeinde nach Berlin-Friedenau. »Dort wurde ich so herzlich emp-fangen, dass ich mich gleich wohlgefühlt habe.« In-zwischen ist Weber-Wulff in der Internationalen EmK-Gemeinde in Berlin-Charlottenburg heimisch gewor-den und dort auch Laienpredigerin.

Ob sie manchmal Angst hat? Debora Weber-Wulff muss nicht lange überlegen. Klar gibt es viele Anfein-dungen. »Aber da ist immer jemand, der an meiner Seite geht«, sagt sie. »Deshalb habe ich auch die Kraft, das alles zu tun.« Volker Kiemle

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Unter dem Uni-teppichWenn in einer doktorarbeit Plagiate entdeckt werden, dann hat oft debora Weber-Wulff daran mitgewirkt. die Mathematikprofessorin und überzeugte Christin gehört zu den erfahrensten Plagiatjägern in deutschland. das schafft ihr nicht nur Sympathien.

»Ich ärgere mich, wenn leute Meriten bekommen, die Ihnen nicht zustehen«, sagt debora Weber-Wulff.