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Erste Staatsarbeit

Romanisches Seminar der Universität zu KölnGutacher: Professor Dr. Daniel Jacob2003

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Inhaltsverzeichnis 1

1 Einleitung...........................................................................................................3

2 Terminologische Grundlagen ..........................................................................7 2.1 Code-Switching ..........................................................................................7 2.2 Abgrenzung des Code-Switching-Konzeptes von anderen

Sprachkontaktphänomenen.........................................................................9 2.2.1 Code-Switching versus Interferenz....................................................10 2.2.2 Code-Switching versus Borrowing....................................................10

2.3 Verschiedene Erscheinungsformen des Code-Switchings .......................14 2.3.1 Extra-, inter-, und intrasentential Code-Switching ...........................14 2.3.2 Insertion versus Alternation...............................................................16

3 Das Korpus ......................................................................................................18 3.1 Schulprofil der Deutschen Schule Barcelona...........................................18 3.2 Die Deutsche Schule Barcelona als Sprachgemeinschaft ........................20 3.3 Methode der Korpuserstellung .................................................................21

4 Formale Charakteristika des Esplugischen ..................................................24 4.1 Lexikalische Merkmale ............................................................................24

4.1.1 Der Frame „Schule“ ..........................................................................24 4.1.2 Gesprächswörter ................................................................................26

4.2 Morphologische Merkmale ......................................................................27 4.2.1 Substantivinsertion.............................................................................27 4.2.2 Adjektivinsertion ...............................................................................30 4.2.3 Verbinsertion .....................................................................................31

Synthetische Insertion ......................................................................31 Analytische Insertion: die hacer-Periphrase ....................................32

5 Soziale Funktionen des Code-Switchings......................................................34 5.1 Das Modell der Markiertheit nach Myers-Scotton...................................35

5.1.1 Code-Switching als Abfolge unmarkierter Wahlen...........................37 5.1.2 Code-Switching selbst als unmarkierte Wahl ....................................38 5.1.3 Code-Switching als markierte Wahl ..................................................40 5.1.4 Code-Switching als explorative Wahl ...............................................41 5.1.5 Vergleichende Übersicht der vier Kategorien ...................................42

5.2 Einordnung der Sprachsituation an der Deutschen Schule Barcelona in das Modell der Markiertheit .....................................................................43

6 Konversationelle Funktionen des Code-Switchings.....................................48 6.1 Ansätze zur Erforschung konversationellen Code-Switchings ................48 6.2 Analyse einzelner Sprachwechsel ............................................................50

6.2.1 Richtungsabhängige Sprachwechsel..................................................52 Sichern des Gesprächsflusses ...........................................................52 Füllen einer lexikalischen Lücke......................................................54 Anzeigen eines Adressatenwechsels ................................................55 Triggering.........................................................................................56

6.2.2 Richtungsunabhängige Sprachwechsel..............................................57 Kennzeichnung von Zitaten und indirekter Rede.............................57 Code-Switching als Korrektursignal ................................................61 Code-Switching als Überbrückungsphänomen ................................63 Schaffen von Kohärenz ....................................................................64 Anzeigen eines Themenwechsels .....................................................65 Abgrenzung von Kommentaren .......................................................67 Anzeigen des Erzählhöhepunktes.....................................................68

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Inhaltsverzeichnis 2

Schaffen von Distanz........................................................................69 Gegenüberstellung kontrastiver Äußerungen ...................................70 Ausschmückung ...............................................................................71 Emphase ...........................................................................................73 Modifikation der Expressivität .........................................................73 Keine individuelle Funktion erkennbar............................................75

7 Zusammenfassende Darstellung der zwei Funktionsebenen des Code-Switchings an der Deutschen Schule Barcelona ...........................................77

8 Esplugisch als eigene Varietät?......................................................................79 8.1 Die dynamische Typologie bilingualen Sprachverhaltens nach Auer......79

8.1.1 Code-Switching .................................................................................79 8.1.2 Language mixing ...............................................................................80 8.1.3 Fused Lect..........................................................................................81 8.1.4 Dynamische Aspekte des Modells.....................................................83

8.2 Einordnung des Esplugischen in das Modell nach Auer ..........................85

9 Fazit und Ausblick ..........................................................................................88

10 Literaturverzeichnis .......................................................................................92

11 Anhang............................................................................................................... I A1: Notationskonventionen...............................................................................I A2: Fragebogen zu Sprecherdaten (Muster) ....................................................II A3: Sprecherdaten (Tabelle)...........................................................................III

A4: Gesprächsaufnahmen (CD im MP3-Format)...........................................VI

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Kapitel 1: Einleitung 3

1 Einleitung

Bilinguale Sprecher beschränken sich in Gesprächen untereinander häufig nicht

auf eine Sprache. Vielmehr nutzen sie ihr gesamtes sprachliches Repertoire aus,

indem sie sich auch innerhalb einer Konversation mehrerer Sprachen bedienen.1

Dieses Phänomen des Sprachkontaktes wird in der Linguistik als Code-Switching

(im Folgenden auch CS) bezeichnet.

Beim CS handelt es sich weder ausschließlich um ein Phänomen der gesproche-

nen Sprache noch tritt es erst in der heutigen Zeit auf. Es ist vielmehr sowohl in

schriftlichen2 als auch in mündlichen Diskursen jüngeren und älteren Datums zu

beobachten. Schon die alten Römer bedienten sich einer lateinisch-griechischen

„Mischsprache“3. Ein weiterer prominenter „Code-Switcher“ war beispielsweise

Martin Luther, der in seinen Tischreden Elemente des Lateinischen und des

frühen Neuhochdeutschen zu kombinieren pflegte.4 Dies war nicht etwa Ausdruck

mangelnder Kompetenz, sondern eine weit verbreitete Praxis unter Philosophen

und Theologen im 16. Jahrhundert.

Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, dieses Sprachverhalten bilingualer

Sprecher näher zu kennzeichnen. Den Untersuchungsgegenstand stellt eine

Sprechweise dar, die von den Schülern der Deutschen Schule Barcelona (im

Folgenden auch DSB genannt) praktiziert wird. Die Schüler selbst nennen diese

Sprachpraxis Esplugisch. Diese Bezeichnung entstand in Anlehnung an den

Namen eines Vorortes von Barcelona, Esplugues de Llobregat, in dem die Schule

angesiedelt ist. Es handelt sich bei Esplugisch um eine Kombination aus Deutsch

und Spanisch.5

Die Sprecher selbst bewerten ihr eigenes Sprachverhalten häufig negativ. Auch

von Seiten der Eltern und Lehrer werden die Schüler dazu angehalten, stets nur

die eine oder die andere Sprache zu verwenden: „y luego te dice: auf Spanisch

oder auf Deutsch porque sonst lernt ihr überhaupt keine Sprache richtig!“6

1 Vgl. Banaz (2002): 61. 2 Für Code-Switching in schriftlichen Diskursen vgl. beispielsweise Montes-Alcalá (2001) und McClure (1998). 3 Biegel (1996): 6. 4 Vgl. Stolt (1964): 8. 5 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass zum Sprachrepertoire vieler Schüler der DSB auch das Katalanische gehört. Allerdings ist diese Sprache nicht an der Sprechweise Esplugisch beteiligt. Sie wird deshalb im Rahmen dieser Arbeit nicht berücksichtigt. 6 Zitat aus dem vorliegenden Korpus. Eine Schülerin charakterisiert die Einstellung ihres Vaters gegenüber ihrem Sprachverhalten.

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Kapitel 1: Einleitung 4

Als Motivation für die Verwendung von Esplugisch gaben viele der befragten

Schüler unter anderem Folgendes an: „digo lo primero que me ocurre“, „weil mir

die Wörter nicht einfallen“, „para no tener que übersetzen“, „no me apetece

buscar la palabra en la otra Sprache“, „weil es einfacher ist“, „weil ich besser

Deutsch spreche“ oder „porque hablar en español es más facil“.7

Ist die einzige Motivation des Sprachwechsels tatsächlich fehlende Kompetenz in

einer der beiden Sprachen oder vielleicht sogar in beiden? Ist CS ein Indiz oder

sogar ein auslösender Faktor für Semilingualismus?8 Dient der Sprachwechsel

lediglich der Bequemlichkeit der Sprecher?

Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zur Widerlegung solcher von Sprechern

selbst getroffener Annahmen liefern.

Als einer der Pioniere auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Untersuchung des

CS gilt ohne Zweifel Gumperz mit seinen zahlreichen Veröffentlichungen seit

1967.9 Seither setzte sich in der Forschung – entgegen der Bewertung durch die

Sprecher selbst – zunehmend die Annahme durch, Code-Switching als „skilled

performance“10 zu betrachten und somit als besondere Fähigkeit bilingualer

Sprecher positiv zu bewerten. Angeregt durch Gumperz Arbeiten ist CS zum

Gegenstand unterschiedlicher Forschungsrichtungen geworden.

Grammatiktheoretische Ansätze befassen sich mit der Analyse struktureller

Restriktionen des CS.11 Vor allem Ansätze aus dem Bereich der generativen

Grammatik beleuchten beispielsweise Aspekte wie die Auswirkung des CS auf

die Wortstellung im Satz oder die möglichen Stellen eines Sprachwechsels im

Diskurs. Außerdem widmen sie sich der Frage, inwieweit beobachtbare Restrik-

tionen sprachpaarübergreifend gelten.

Aus psycholinguistischer Sicht stehen Fragen wie die Organisation des mentalen

Lexikons bilingualer Sprecher und der Zusammenhang zwischen bilingualer

Kompetenz und der Art und Weise des Code-Switchings im Vordergrund des

Interesses.12

7 Diese Angaben sind den Fragebögen entnommen, die die Sprecher nach den Sprachaufnahmen ausfüllten. Ein Muster dieses Fragebogens befindet sich im Anhang dieser Arbeit. 8 Vgl. Grosjean (1982): 147. 9 Vgl. beispielsweise Gumperz (1967), Blom/Gumperz (1972) und Gumperz (1982). 10 Vgl. Myers-Scotton (1993a): 47. 11 Vgl. beispielsweise MacSwan (1999). 12 Vgl. beispielsweise Grosjean (1995).

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Kapitel 1: Einleitung 5

Soziolinguistische Ansätze widmen sich der Frage, welche sozialen Bedeutungen

durch die Verwendung zweier Sprachen beziehungsweise den Wechsel von einer

Sprache in die andere vermittelt werden.13

Aus konversationsanalytischer Sicht wird vor allem die Funktion des CS bei der

Konstitution bilingualer Konversationen analysiert.14

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die letzten beiden Ansätze miteinander zu

kombinieren, um so das Sprachverhalten der Schüler der DSB in Bezug auf die

Funktionen des CS zu analysieren und darzustellen.

Für die Sprachgemeinschaft der DSB wird die Hypothese aufgestellt, dass der

Wechsel von einer Sprache in die andere nicht als Zeichen mangelnder Sprachfä-

higkeit bzw. -fertigkeit zu bewerten ist. Esplugisch ist vielmehr eine Sprachpraxis,

mit der Bilinguale, wie in dieser Arbeit zu zeigen sein wird, ähnliche Ziele

verfolgen, für die Monolinguale auf die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel

innerhalb einer Sprache zurückgreifen. Der Unterschied besteht lediglich darin,

dass Bilinguale durch die Beherrschung und Verwendung zweier Sprachen über

ein größeres Repertoire an sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten verfügen., Die

Funktionen, die CS ausübt, sind sehr unterschiedlicher Natur und sollen im

Rahmen dieser Arbeit näher betrachtet und detailliert dargestellt werden.

Zunächst werden einige terminologische Grundlagen erläutert. In erster Linie

handelt es sich dabei um die Definition wichtiger der Arbeit zu Grunde liegender

Begriffe. In diesem Zusammenhang wird Code-Switching von anderen Phänome-

nen des Sprachkontaktes abgegrenzt. Außerdem werden seine verschiedenen

Erscheinungsformen dargestellt.

In Kapitel 3 werden neben einer Vorstellung der Sprachgemeinschaft Angaben

zur Methode der Korpuserstellung gemacht. Das der Untersuchung zu Grunde

liegende Korpus besteht aus selbst aufgezeichneten Konversationen, die im

Frühjahr 2003 an der DSB entstanden sind und aus Aufnahmen, die Herr Kay

González 1996 dort erstellte. Mit Ausnahme der Belege in Kapitel 2 beziehen sich

alle Ausführungen unmittelbar auf diese Gesprächsaufnahmen und werden mit

Beispielen aus dem Korpus belegt.

Die Ausführungen zu den formalen Merkmalen des Esplugischen dienen in erster

Linie dazu, das in Bezug auf die Funktionen des Sprachwechsels zu analysierende 13 Vgl. beispielsweise Blom/Gumperz (1972) und Myers-Scotton (1993a). 14 Vgl. beispielsweise Auer (1988).

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Kapitel 1: Einleitung 6

Korpus näher zu charakterisieren und auf diese Weise ein umfassendes Bild des

Esplugischen zu gewährleisten.

Die Korpusanalyse bezüglich der Funktion des Sprachwechsels erfolgt in drei

Schritten (Kapitel 5, 6 und 8). Der Anschaulichkeit halber wird jeweils nach der

Vorstellung eines theoretischen Ansatzes zunächst die darauf bezogene Analyse

des Korpus vorgenommen. Diese Gliederung wird einer strikten Zweiteilung in

Theorie- und Analyseteil vorgezogen, da die Relevanz jedes dargestellten theore-

tischen Ansatzes jeweils erst aus dem Argumentationsgang und den zuvor

erzielten Ergebnissen der Analyse ersichtlich wird.

Die soziale Funktion des Sprachwechsels an der DSB wird durch eine Einordnung

der Sprachsituation in das Modell der Markiertheit nach Myers-Scotton in Kapitel

5 erläutert (Kapitel 5).15

Aufgrund der Erkenntnis, dass dieses Modell nicht alle Funktionen des CS an der

DSB erfasst, schließt sich eine exemplarische Analyse einzelner Sprachwechsel in

Bezug auf ihre individuelle konversationelle Funktion an (Kapitel 6).

Auf der Basis der erzielten und in Kapitel 7 graphisch dargestellten Ergebnisse

erfolgt in Kapitel 8 eine Einordnung der Sprachkontaktsituation an der DSB in

eine Typologie bilingualen Gesprächsverhaltens nach Auer.16

In einer Schlussbetrachtung (Kapitel 9) werden die Ergebnisse der Arbeit zusam-

mengefasst und ein Ausblick auf mögliche sich anschließende Untersuchungen

gegeben.

15 Vgl. Myers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999).

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Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7

2 Terminologische Grundlagen

2.1 Code-Switching

In der Forschung existieren äußerst heterogene Auffassungen hinsichtlich des

Sprachkontaktphänomens CS. Einigkeit herrscht weder bezüglich der Termino-

logie noch bezüglich der Abgrenzung des Phänomens von anderen Sprachkontakt-

erscheinungen. Auch im Hinblick auf die erforderliche Sprachkompetenz der

beteiligten Sprecher/-innen17 divergieren die Auffassungen.

Als Oberbegriffe konkurrieren Termini wie Code-Switching, Code-Mixing,

Language-Mixing und Code-Alternation, die sowohl in der englischsprachigen als

auch in der deutsch- und spanischsprachigen Forschungsliteratur Anwendung

finden. In deutschsprachigen Ausführungen finden sich außerdem Begriffe wie

Code-Wechsel und Sprachalternation, in spanischsprachigen Untersuchungen

auch alternancia lingüística18.

Einige Forscher unterscheiden je nach Erscheinungsform des Sprachwechsels19

und Umfang der eingefügten Einheiten zwischen Code-Switching und Code-

Mixing20 beziehungsweise zwischen Code-Switching und Transfer21, während in

anderen Studien Code-Mixing (auch: mezcla lingüística) als übergeordnete

Kategorie für Code-Switching und Borrowing22 gilt.

Auch bezüglich der Beschaffenheit der beteiligten Varietäten herrscht keine

Einigkeit. Der Ausdruck switching code geht auf Jacobson zurück23, wobei code

sich allgemein auf „a speaker´s system of speech which has to be ‚deciphered’ by

the listener“24 bezieht. In der Forschung allerdings wird code innerhalb der oben

angeführten Termini teilweise im eingeschränkten Sinn von Standardvarietät

verwendet, während teilweise auch unterschiedliche Dialekte und Sprachstile in

die Definition einbezogen werden.

17 Im Folgenden wird der Einfachheit halber bei allgemeinen Personenbezeichnungen nur die maskuline Form angegeben. Selbstverständlich ist die feminine Form stets impliziert. 18 Vgl. Argente (1998): 6. 19 Sprachwechsel wird im Rahmen dieser Arbeit als übergeordneter neutraler Terminus verwendet, der alle Konversationssituationen einschließt, in denen Elemente zweier linguistischer Varietäten aufeinander treffen. Neben CS werden folglich auch Sprachkontaktphänomene wie Borrowing und Interferenz (siehe Kapitel 2.2) darunter subsumiert. 20 Vgl. beispielsweise Di Sciullo/Muysken/Singh (1986). 21 Vgl. beispielsweise Auer (1988). Siehe dazu Anmerkung 56. 22 Vgl. beispielsweise Pfaff (1979). Bezüglich der Definiton des Borrowing siehe Kapitel 2.2.1. 23 Jakobson (1952). (Zitiert nach: Alvarez-Cáccamo (1998): 30) 24 Kovács (2001): 61.

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Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 8

Der vorliegenden Arbeit liegt folgende Definition des Code-Switchings zu

Grunde:

Code-Switching stellt einen ausschließlich von Bilingualen25 verwendeten

Sprachmodus26 dar, in dem innerhalb eines Diskurses Elemente zweier

Varietäten auftreten. Der Wechsel kann sowohl einzelne Morpheme oder

Lexeme als auch einen ganzen Diskursabschnitt betreffen.

Eine von der Länge des jeweiligen Sprachwechsels abhängige Unterteilung in CS

und Code-Mixing wird somit nicht vorgenommen.

Die am CS beteiligten Varietäten können sowohl zwei Standardvarietäten als auch

verschiedene Dialekte oder Dialekt und Standardvarietät darstellen.27

Vom CS zu unterscheiden ist Borrowing, da es auch von monolingualen Spre-

chern verwendet und somit per Definition nicht als CS erachtet wird.

In der Forschungsliteratur liegt keine einheitliche Definition von Bilingualismus

vor und das Spektrum der Definitionskriterien reicht von „the speaker of one

language can produce complete, meaningful utterances in the other language“28

bis „native like control of two languages“29.

Nach dem hier vorliegenden Veständnis ist ein Sprecher dann als bilingual zu

betrachten, wenn er sowohl in zwei Varietäten die Kompetenz aufweist, sich in

jeder Situation adäquat zu verständigen als auch von den einzelnen Varietäten

seines Repertoires Gebrauch macht. Weinreichs Definition des „ideal bilingual“

kann nicht aufrecht erhalten werden:

„The ideal bilingual switches from one language to the other according to

appropriate changes in the speech situation [...], but not in an unchanged speech

situation, and certainly not within a single sentence.“30

25 Selbstverständlich trifft dies auch auf tri- oder multilinguale Sprecher zu. Im Rahmen dieser Arbeit wird lediglich aufgrund der Beschaffenheit des zu analysierenden Korpus zur Verein-fachung stets von Bilingualismus die Rede sein. 26 CS als Sprachkontaktphänomen wird nicht per Definiton auf die gesprochene Sprache be-schränkt. Die Ausführungen in dieser Arbeit beziehen sich jedoch auf Grund des zu untersuchen-den Korpus lediglich auf mündliche Diskurse. 27 In diesem Sinne ist auch der im Folgenden häufig verwendete verallgemeinernde Terminus Sprache zu verstehen. 28 Haugen (1969): 7. Bezüglich einer detaillierten Darstellung einzelner Definitionen und verschiedener Arten von Bilingualismus vgl. Romaine (1989). 29 Bloomfield (1933): 56. 30 Weinreich (1953): 73.

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Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 9

Der „ideal bilingual“ wechselt somit laut Weinreich nur dann von einer Sprache

in die andere, wenn die Situation dies verlangt, niemals aber innerhalb eines

Satzes. Die Ausführungen in dieser Arbeit werden jedoch zeigen, dass insbeson-

dere zur Verknüpfung zweier Sprachen innerhalb eines Satzes eine hohe bilingua-

le Kompetenz erforderlich ist.

In Anlehnung an Myers-Scotton wird zwischen Matrixsprache (matrix language)

und eingebetteter Sprache (embedded language) unterschieden.31 In der For-

schung herrschen sowohl bezüglich der Existenz einer Matrixsprache als auch

bezüglich ihres Definitionskriteriums kontroverse Auffassungen. Da die Frage der

Bestimmung der Matrixsprache in erster Linie für grammatiktheoretische Ansätze

relevant ist, wird auf eine Diskussion der einzelnen vorgeschlagenen Definitionen

verzichtet.32 Im Rahmen dieser Arbeit wird die Sprache als Matrixsprache

bezeichnet, aus der Einheiten aus einer anderen Sprache, der eingebetteten

Sprache, eingefügt werden.

Es kann einerseits auf der Makroebene die Matrixsprache der gesamten Konver-

sation bestimmt werden und andererseits auf der Mikroebene die einzelner Ge-

sprächsabschnitte oder Äußerungen. Da die Matrixsprache innerhalb eines Dis-

kurses häufig wechselt, treten in einer Konversation, deren Matrixsprache auf der

Makroebene L1 ist, auf der Mikroebene Redepassagen mit L2 als Matrixsprache

auf. 33

2.2 Abgrenzung des Code-Switching-Konzeptes von anderen

Sprachkontaktphänomenen

Zur genaueren Abgrenzung des Code-Switching-Konzeptes werden zwei weitere

Phänomene vorgestellt, die als Ergebnis des Sprachkontaktes auftreten können

und vom CS zu unterscheiden sind: Interferenz und Borrowing.

31 Vgl. Myers-Scotton (1993c): 3. 32 Bezüglich einer detaillierten Darstellung der einzelnen Kriterien vgl. Bentahila/Davies (1998). 33 Die Bezeichnungen L1 und L2 dienen im Rahmen dieser Arbeit dazu, zwei unterschiedliche Varietäten zu repräsentieren. Diese Kennzeichnung impliziert keinerlei Aussagen über die Reihenfolge des Erlernens oder den Grad der Sprachbeherrschung.

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Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 10

2.2.1 Code-Switching versus Interferenz

Im Gegensatz zum CS wird Interferenz in Anlehnung an Grosjean als „involunta-

ry influence of one language on the other“34 verstanden. Sie kann alle Ebenen der

Sprachproduktion betreffen. Hoffmann unterscheidet vier Arten der Interferenz:

phonologische, grammatische, lexikalische und orthographische Interferenz.35

Im Folgenden werden zur Veranschaulichung zwei Beispiele von Interferenz

gegeben:

(1) *Die hamster machen viel crach wen sie im rad laufen. Hoffmann (1991): 100.

(2) *Winter is before the door. Grosjean (1982): 304.

In Beispiel (1) handelt es sich um orthographische Interferenz aus dem Engli-

schen. In Beispiel (2) liegt lexikalische Interferenz aus dem Deutschen vor. Der

idiomatische Phraseologismus „Der Winter steht vor der Tür“ wird wörtlich ins

Englische übersetzt, anstatt die englische Wendung „Winter is around the corner“

zu verwenden.36

Interferenzerscheinungen treten auch in Äußerungen bilingualer Sprecher in

Gesprächen mit monolingualen auf. CS hingegen wird in solchen Konversationen

vermieden, da Bilinguale sich des Risikos der Kommunikationsschwierigkeiten

bewusst sind.

Es handelt sich bei Interferenzen um fehlerhafte Erscheinungen, die von kompe-

tenten Sprechern im Gegensatz zum CS auch als solche bewertet werden. Je höher

die bilinguale Kompetenz der Sprecher in beiden Sprachen ist, desto seltener

treten Interferenzerscheinungen auf.37

2.2.2 Code-Switching versus Borrowing

Ein weiteres Phänomen des Sprachkontaktes ist Borrowing, das Entlehnen

lexikalischer Elemente aus anderen Sprachen. Zur Definition des Begriffes und

zur Abgrenzung vom CS werden in der Forschungsliteratur verschiedene Krite-

rien vorgeschlagen, die sich teilweise überschneiden oder ergänzen, teilweise aber

34 Grosjean (1982): 299. 35 Vgl. Hoffmann (1991): 96ff. Da die Darstellung der Interferenzerscheinungen im Rahmen dieser Arbeit lediglich zur Abgrenzung des Code-Switcing-Konzeptes dient, werden die einzelnen Arten nicht detailliert vorgestellt. Diesbezüglich sei für das Sprachenpaar Deutsch – Spanisch auf Barth (1999) verwiesen. 36 Vgl. Grosjean (1982): 304. 37 Vgl. Grosjean (1982): 300.

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Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 11

auch kontradiktorisch sind. Im Folgenden werden die am häufigsten verwendeten

Kriterien vorgestellt und bezüglich ihrer Anwendbarkeit bewertet. Einige erwei-

sen sich als zu restriktiv, während aufgrund anderer Kriterien auch Erscheinungen

als Borrowing klassifiziert würden, die nach der dieser Arbeit zu Grunde liegen-

den Auffassung als CS verstanden werden.

Ein wichtiger Unterschied besteht darin, dass CS per Definition nur bei bilingua-

len Sprechern auftritt, während Elemente des Borrowing (im Folgenden auch B-

Formen genannt) auch von Monolingualen verwendet werden.38

In der Forschungsliteratur herrscht auch insofern Einigkeit, dass es sich bei

komplexeren Einheiten immer um CS handelt, während Borrowing meistens

einzelne Lexeme betrifft. Allerdings gilt die umgekehrte Schlussfolgerung nicht.

Zwar handelt es sich einerseits beim Borrowing immer um die „introduction of

single words or short, frozen, idiomatic phrases from one variety into the other“39,

andererseits sind jedoch nicht alle einzelnen Elemente, die aus einer Sprache in

eine andere eingefügt werden, als Borrowing zu klassifizieren.40 In einigen Fällen

scheint es sich auch hier um CS zu handeln. Gerade jene Lexeme gelten in der

Abgrenzung als problematisch.

Oft wird zur Unterscheidung das Kriterium der Frequenz herangezogen: Während

CS häufig Elemente betrifft, die nur einmal innerhalb der anderen Sprache

auftreten, sind Entlehnungen unter den Sprechern weit verbreitet und treten häufig

auf.41 Dieses Kriterium ist allerdings nur von begrenztem Nutzen, da seine

Überprüfbarkeit nur schwer gegeben ist: Ein stets in seinem Umfang begrenztes

Korpus kann kaum eine zuverlässige Antwort darauf geben, ob ein Element in

einer Sprachgemeinschaft häufig verwendet wird. Weiterhin ist jegliche Festle-

gung, wie oft ein Element auftreten muss, um als B-Form klassifiziert zu werden,

willkürlich.42 Zusätzlich wird das Kriterium dadurch abgeschwächt, dass es

zahlreiche Elemente gibt, die häufig auftreten, jedoch nach der dieser Arbeit zu

Grunde liegenden Auffassung dem CS zugeordnet werden. Das Kriterium der

Frequenz spiegelt folglich lediglich eine Tendenz wider.

38 Vgl. beispielsweise Biegel (1996): 44 und Poplack/Meechan (1995). 39 Gumperz (1982): 66. 40 Siehe Kapitel 4.1. 41 Vgl. Haust (1995): 49. 42 Auch Myers-Scotton, die festlegt, dass ein Element mindestens drei Mal innerhalb einer Konversation von vorgegebener Länge auftauchen muss, erkennt die Arbitrarität dieses Kriteri-ums. Vgl. Myers-Scotton (1993c): 207.

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Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 12

Häufig wird zur Abgrenzung die sprachliche Integration des eingebetteten

Elementes in die Matrixsprache der Äußerung herangezogen.43 Poplack formuliert

den Unterschied in Anlehnung an Haugen44 folgendermaßen:

„[...] a code-switch, by Haugen’s definition, is maximally distinct from the

surrounding discourse, while a loanword should be identical to recipient-language

material on the basis of synchronic considerations [...].“45

Einige Forscher betrachten demzufolge einzelne Elemente, die aus L1 stammen

und in einem in L2 geäußerten Satz erscheinen, immer dann als B-Formen, wenn

diese sprachlich integriert in L2 erscheinen.

Dieses Kriterium erscheint aufgrund seiner Nachprüfbarkeit am einzelnen

Element als sehr geeignet, da so auf eine quantitative Analyse seines Vorkom-

mens verzichtet werden kann. Allerdings birgt auch diese Unterscheidung einige

Probleme. Bei der sprachlichen Integration eines Elementes aus einer anderen

Sprache handelt es sich nicht um eine kategorische Abgrenzung, sondern um

einen graduellen Prozess, der die phonologische, morphologische und syntakti-

sche Ebene betreffen kann. In einigen Fällen erscheinen die Elemente auf allen

Ebenen integriert, fügen sich also in die syntaktische Struktur ein, nehmen die

morphologischen Eigenschaften der Matrixsprache an und werden nach deren

phonologischen Regeln artikuliert. In anderen Fällen erfolgt die Integration nur

auf einer Ebene. Beispielsweise ist das als etabliertes Lehnwort des Deutschen

geltende Lexem „Computer“ lediglich einer geringen morphologischen Integra-

tion unterlegen (Genitiv: „des Computers“). Welcher Integrationsgrad für die

Abgrenzung des Borrowing vom CS erforderlich ist, ist in der Forschung nicht

einheitlich geklärt.

Ein weiteres Problem dieses Kriteriums ist die Tatsache, dass sich zahlreiche

Beispiele finden lassen, die aufgrund des Integrationskriteriums als B-Formen

gelten würden:

(3) No sabía como trainiar. Pfaff (1979): 296.

43 Vgl. beispielsweise Haugen (1956), Gumperz (1982) und Poplack (1988). 44 Vgl. Haugen (1956). 45 Poplack (1988): 220.

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Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 13

Das englische Verb „to train“ erscheint hier morphologisch ins Spanische inte-

griert und wäre somit als B-Form zu klassifizieren. Diese Zuordnung erscheint

allerdings mehr als fragwürdig; unterscheiden doch vor allem diese Elemente

bilinguale Diskurse deutlich von monolingualen.

Um diese sprachlich integrierten Elemente als CS zu klassifizieren, scheint die zu

Anfang dieses Kapitels erwähnte Tatsache, dass CS lediglich bei Bilingualen

auftritt, während B-Formen sowohl von monolingualen als auch von bilingualen

Sprechern verwendet werden, relevant zu sein.

Myers-Scotton führt in diesem Zusammenhang die unterschiedliche Speicherung

einzelner Elemente im mentalen Lexikon an. B-Formen sind, da sie auch von

monolingualen Sprechern verwendet werden, Elemente des mentalen Lexikons

der Matrixsprache geworden, während dies bei den als CS zu klassifizierenden

Einheiten nicht der Fall ist.46 Sie sind im mentalen Lexikon lediglich als Elemente

ihrer Ausgangssprache gespeichert und stehen Monolingualen deshalb nicht zur

Verfügung. Die Unterscheidung zwischen CS und Borrowing beruht somit

hauptsächlich auf einer unterschiedlichen Speicherung der jeweiligen Elemente

im mentalen Lexikon bilingualer Sprecher. Appel/Muysken gehen in diesem

Zusammenhang auf eine Dichotomie Saussures47 ein. Während Borrowing ein

Phänomen auf der Ebene der Langue ist, spielt sich CS auf der Ebene der Parole

ab.48 B-Formen gelten bereits als Bestandteil der jeweiligen Empfängersprache

und werden vom Sprecher als solche empfunden, während CS nur an der konkre-

ten Stelle im Diskurs erscheint.

In der Praxis äußert sich diese unterschiedliche Speicherung folgendermaßen:

Bilinguale greifen in der Kommunikation mit anderen Bilingualen aktiv auf

Elemente beider Sprachen zu. Es kommt also sowohl zum CS als auch zum

Borrowing. In Konversationen mit Monolingualen aktivieren Bilinguale den Teil

des mentalen Lexikons stärker, der der Sprache des Gesprächspartners entspricht,

so dass es nur zum Borrowing, nicht aber zum CS kommt.49

46 Vgl. Myers-Scotton (1992): 21. Die psycholinguistische Fragestellung, ob Bilinguale über zwei getrennte mentale Lexika verfügen, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht erörtert werden. Es wird lediglich die Annahme zu Grunde gelegt, dass das im mentalen Lexikon gespeicherte sprachliche Material den einzelnen Sprachen zugeordnet wird, da Bilinguale in der Lage sind, zwischen diesen zu unterscheiden. 47 Vgl. Saussure (1916): 114. Nach Saussure bezeichnet Langue ein abstraktes System von Zeichen und Regeln, während Parole die konkrete Realisierung der Langue im Gebrauch meint. 48 Vgl. Appel/Muysken (1987): 121. 49 Da bei Bilingualen nie die eine oder andere Sprache völlig ausgeschaltet ist, greifen sie irrtümlicherweise in vereinzelten Fällen in Konversationen mit Monolingualen auf die „falschen“

Page 15: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 14

2.3 Verschiedene Erscheinungsformen des Code-Switchings

Bei der Darstellung der unterschiedlichen Erscheinungsformen des CS wird

zunächst eine Unterteilung vorgenommen, der das Kriterium zu Grunde liegt, dass

CS an unterschiedlichen Stellen im Diskurs auftritt. Danach wird ergänzend eine

Unterteilung vorgestellt, die darauf beruht, ob die Matrixsprache gewechselt wird

oder nicht. Im Anschluss daran wird der Zusammenhang zwischen den einzelnen

Kategorien beider Klassifizierungen erläutert.

2.3.1 Extra-, inter-, und intrasentential Code-Switching

Die folgende Unterteilung in Anlehnung an Poplack unterscheidet CS je nach der

Stelle seines Vorkommens im Diskurs:

Beim extrasentential CS (auch: emblematic CS) erfolgt der Wechsel von einer in

die andere Sprache außerhalb der syntaktischen Struktur der jeweiligen Äuße-

rung.50 Der Sprachwechsel betrifft eingeschobene, vorangestellte oder angehängte

Elemente, die häufig aus so genannten Gesprächswörtern51 bestehen:

(4) Pues, yeah, I want to go. Hernandez-Chavez/Cohen/Beltramo (1975): 141.

(5) Oye, das ist eben schön Deutsch, ich kann mir bis heute nicht an die pesebre

gewöhnen. Müller (2000): 32.

Da die jeweiligen Elemente nur minimalen syntaktischen Restriktionen unterwor-

fen sind, lassen sie sich leicht in eine Äußerung eingliedern. Diese Art des CS

erfordert folglich nur eine geringe bilinguale Kompetenz des Sprechers.

Beim intersentential CS tritt der Wechsel von einer in die andere Sprache

zwischen zwei Sätzen beziehungsweise Teilsätzen52 auf:

(6) Prefiero en castelano, realmente me da vergüenza lo mal que hablo aleman,

mein Großvater dreht sich im Grab rum. Pero que se le va a hacer.

Müller (2000): 32.

(7) Mi cabeza estalla. I’m bummed. I’m homesick. Quiero irme a casa.

Montes-Alcalá (2001):197.

Elemente zu. In solchen Fällen handelt es sich aber nicht um CS, sondern um Fälle von Interferenz (siehe Kapitel 2.2.1), da die Übertragung irrtümlicherweise geschieht. 50 Vgl. Poplack (1980): 589. 51 Vgl. Koch/Oesterreicher (1990): 51. 52 Als Teilsätze werden sowohl Nebensätze als auch unvollständige oder unselbständige Haupt-sätze bezeichnet. Vgl. Bußmann (1990): 772.

Page 16: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 15

(8) No toques eso. I don’t want it broken. Hang up right now, todavía tienes que

acabar con este tiradero. Valdés (1981): 102.

Intersentential CS erfordert eine höhere bilinguale Kompetenz als extrasentential

CS, da für längere Äußerungen in beiden Sprachen zwei grammatische Systeme

beherrscht werden müssen.

Intrasentential CS bezieht sich auf den Sprachwechsel innerhalb eines Satzes

oder Teilsatzes. Die Sprache wird sowohl zwischen einzelnen Wörtern oder

Wortgruppen gewechselt als auch innerhalb eines Wortes:

(9) Why make Carol sentarse atras pa’ que everybody has to move pa’ que se

salga. Poplack (1980): 589.

(10) He was sitting down en la cama, mirandonos peleando. Poplack (1980): 589.

(11) Cierra la window. Montes-Alcalá (2001):193.

(12) Ya no lo trainiará. Pfaff (1979): 296.

Diese Art des CS wird in der Literatur häufig als code-mixing bezeichnet.53 Wie

bereits dargestellt, wird in dieser Arbeit aber CS als übergeordneter Begriff

verwendet und bezieht somit auch satzinterne Sprachwechsel ein.

Intrasentential CS erfordert die höchste bilinguale Kompetenz, da innerhalb eines

Satzes die grammatischen Systeme zweier Sprachen miteinander kombiniert

werden müssen.

Es lässt sich folglich vom extrasentential CS zum intrasentential CS eine Zunah-

me der erforderlichen bilingualen Kompetenz feststellen. Diese Einschätzung ist

der Charakterisierung des ideal bilingual im Sinne Weinreichs entgegengesetzt.54

Alle drei Erscheinungsformen des CS können gemeinsam innerhalb eines Diskur-

ses vorkommen. Im folgenden Beispiel treten innerhalb einer Äußerung sowohl

inter- als auch intrasentential CS auf:

(13) No creían en Jesús and then he sent este hobre. Muysken (2000):39.

In den meisten bilingualen Sprachgemeinschaften lassen sich Präferenzen für die

53 Vgl. beispielsweise Muysken (2000):1. 54 Vgl. Romaine (1989): 113.

Page 17: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 16

eine oder andere Art feststellen, wohingegen der strikte Ausschluss oder die

exklusive Verwendung einer Art kaum zu beobachten ist.55

Vor allem bedingt durch die syntaktischen Merkmale gesprochener Sprache ist es

teilweise schwierig festzustellen, wo jeweils eine Satz- beziehungsweise Teilsatz-

grenze vorliegt. Daher ist in einzelnen Fällen eine Unterscheidung zwischen inter-

und intrasentential CS problematisch.

2.3.2 Insertion versus Alternation

In Anlehnung an Auer lassen sich bezüglich des Sprachwechsels zwei verschie-

dene Muster unterscheiden: Insertion und Alternation.56 Während Auer seine

Unterteilung lediglich auf intrasentential CS bezieht, sollen die Kategorien hier

im Hinblick auf CS als übergeordnetes Phänomen behandelt werden. Somit wird

auch intersentential CS einbezogen.

Bei der Insertion (auch: insertional CS) handelt es sich um die Übernahme

bestimmter Einheiten aus L1 in eine Äußerung mit L2 als Matrixsprache.57 Bei

diesem Prozess werden somit Elemente aus der eingebetteten Sprache in die

Matrixsprache eingefügt.58 Diese wird dabei nicht gewechselt. Die eingefügten

Einheiten können sowohl aus einzelnen Wörtern als auch aus komplexen Wort-

gruppen bestehen. Innerhalb dieser eingefügten Einheit wird die Struktur der

eingebetteten Sprache zu Grunde gelegt. Danach wird die Äußerung in der

Matrixsprache fortgesetzt. Das folgende Beispiel ist einer Konversation mit

spanischer Matrixsprache entnommen:

(14) Bueno, in other words, el flight que sale de Chicago Pfaff 1979: 310.

Beim insertional CS handelt es sich häufig um die Einfügung einzelner Substanti-

ve.59 In diesen Fällen ist nur eine relativ geringe Kompetenz in der eingebetteten

Sprache erforderlich. 60

55 Vgl. Poplack (1980): 590. 56 Auer verwendet in Auer (1988) in diesem Zusammenhang die Dichotomie Transfer versus Codeswitching, ersetzt sie später aber terminologisch durch insertional CS und alternational CS Vgl. Auer (1999): 313f. 57 Vgl. Auer (1983): 52. 58 Vgl. Muysken (2000): 3. 59 Zur Abgrenzung der Insertion einzelner Lexeme vom Borrowing siehe Kapitel 2.2.2 60 Vgl. Auer (1999): 314.

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Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 17

Alternation (auch: alternational CS) meint den Übergang von einer Sprache zur

anderen.61 Diese Art des CS liegt dann vor, wenn die Matrixsprache gewechselt

wird.

(15) He was very nice, very nice with everybody. Ya le dieron un puesto, ya un

poquito alto. Ya está cambiado. Ahora se fue otra vez a Inglaterra.

Moyer (1998):215.

Mit dem Sprachwechsel in Beispiel (15) geht ein Wechsel der Matrixsprache vom

Englischen ins Spanische einher. Der Sprecher kehrt nach einem Sprachwechsel

nicht notwendigerweise – wie es bei der Insertion der Fall ist – in die vorherige

Sprache zurück. Die neu gewählte Sprache wird beibehalten und fungiert so lange

als Matrixsprache, bis die nächste Alternation auftritt. Häufig ist Alternation bei

einem Turnwechsel der Sprecher zu beobachten, sie kann aber auch innerhalb

eines Turns62 stattfinden.

Aus einer Kombination der beiden vorgestellten Klassifizierungen ergibt sich

folgende Darstellung:

Insertionen finden immer intra- oder extrasentential statt, während Alternationen

sowohl inter- als auch intrasentential erfolgen können. Dementsprechend ergibt

sich folgende Kategorisierung der Erscheinungsformen des CS:

Abbildung 1: Erscheinungsformen des Code-Switchings (Quelle: eigener Entwurf)

61 Vgl. Auer (1983): 52. 62 Ein Turn gilt allgemein als die Grundeinheit des Dialogs und wird definiert als „alles das, was ein Individuum tut und sagt, während es an der Reihe ist.“ Goffman (1974): 201. Zitiert nach: Brinker/Sager (1996): 57.

Code-Switching

Alternation Insertion

intrasentential extrasentential intersentential intrasentential

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Kapitel 3: Das Korpus 18

3 Das Korpus

Da es sich bei Esplugisch um eine Sprechweise der Schüler der DSB handelt, wird

zunächst die Schule als Institution vorgestellt. Der Schwerpunkt liegt auf der

Darstellung der Vermittlung und unterschiedlichen Ausprägung der Sprachkennt-

nisse. Im Anschluss daran werden die Sprecher des Esplugischen als Sprachge-

meinschaft vorgestellt und bezüglich ihres Sprachverhaltens näher charakterisiert.

Den Abschluss dieses Kapitels bilden Ausführungen zur Erstellung des Ge-

sprächskorpus.

3.1 Schulprofil der Deutschen Schule Barcelona

Die DSB ist eine integrierte Begegnungsschule und „soll dem Schüler sowohl die

deutsche als auch die spanische Sprache und Kultur und ein wirklichkeitsgerech-

tes Bild von Deutschland und Spanien in seinen mannigfaltigen Aspekten und

Bildungsinhalten vermitteln.“63 Sie bietet deutschen und spanischen Schülern

einen überwiegend gemeinsam zu durchlaufenden 12-jährigen Bildungsgang, der

mit der allgemeinen Hochschulreife abschließt. Für Schüler, die aus einer deut-

schen Schule an die DSB wechseln, ist der Einstieg in jede Klassenstufe möglich.

Spanische Schüler können nur im Kindergarten oder in der Nueva Secundaria

beginnen. Die Nueva Secundaria bietet spanischen Schülern die Möglichkeit zum

Seiteneinstieg in die 5. Jahrgangsstufe. Diese Schüler werden bis zur 9. Jahr-

gangsstufe getrennt unterrichtet und dann schrittweise integriert.

Im Kindergarten liegt der Schwerpunkt neben der Förderung im sozialen,

kognitiven und kreativen Bereich auf der Vermittlung und Pflege der deutschen

Sprache und Kultur. Eigene Beobachtungen haben gezeigt, dass die Erzieherinnen

konsequent die deutsche Sprache als Kommunikationsmedium verwenden. Die

Kinder sind bemüht, dieser Sprachwahl gegenüber der Erzieherin entgegen zu

kommen, während die spanischen Muttersprachler untereinander häufig auf die

vielen noch vertrautere Sprache Spanisch ausweichen. Schon hier werden die

Grundsteine des späteren Sprachverhaltens gelegt. Zusätzlich zur alltäglichen

Kommunikation werden Kinder mit schwachen Deutschkenntnissen durch die

tägliche Teilnahme am Unterricht „Deutsch als Fremdsprache“ gefördert. Glei-

63 Deutsche Schule Barcelona (2002): 5.

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Kapitel 3: Das Korpus 19

chermaßen erhalten Kinder ohne oder mit sehr geringen Spanischkenntnissen bei

Bedarf Spanischunterricht.

Voraussetzung für die Aufnahme in die Grundschule sind neben einer gut

entwickelten Schulreife gute Deutschkenntnisse. In vier Klassenstufen werden

Kinder mit deutscher und spanischer bzw. katalanischer Muttersprache gemein-

sam nach deutschen Lehrplänen unterrichtet. Zusätzlich findet für deutsche

Muttersprachler täglich eine Stunde Unterricht in der Sprache des Gastlandes

statt. Sowohl dem Spanisch- als auch dem Deutschunterricht liegen in der

Grundschule muttersprachliche Kriterien zu Grunde.

In der Oberschule werden spanische und deutsche Schüler gemeinsam nach

gymnasialen Lehrplänen unterrichtet. Die Reifeprüfung am Ende der Jahrgangs-

stufe 12 wird in Spanien und Deutschland anerkannt.64

Aufgrund der unterschiedlichen Deutschkenntnisse ergibt sich eine Verteilung der

einzelnen Schüler auf drei Zweige (Deutsch als Fremdsprache (DaF-Zweig),

Deutsch als Muttersprache (DaM-Zweig) und Nueva Secundaria). Schülern mit

gleicher Kompetenz in beiden Sprachen ist die Wahl freigestellt.

Deutsch wird für Schüler der Nueva Secundaria nach fremdsprachlichen Kriterien

unterrichtet. Für alle anderen Schüler (sowohl DaM- als auch DaF-Zweig) gelten

muttersprachliche Kriterien.65 Spanisch wird für alle Schüler nach muttersprachli-

chen Kriterien unterrichtet. Schüler ohne Spanischkenntnisse haben die Möglich-

keit, an einem von der DSB organisierten kostenpflichtigen Privatunterricht

teilzunehmen. Je nachdem ob Schüler zum DaF- oder zum DaM-Zweig gehören,

erhalten sie in dem einen oder anderen Fach eine „mildere“ Beurteilung, das heißt,

DaF-Schüler bekommen im Deutschunterricht einen „Bonus“, DaM-Schüler

hingegen im Spanischunterricht.

Der Unterricht findet mit Ausnahme der Fächer Ciencias sociales, Historia de

España und Español größtenteils in deutscher Sprache statt. In einzelnen Fächern

können die Schüler allerdings je nach Jahrgangsstufe die Unterrichtssprache

wählen.

Im Schuljahr 2002/2003 zählte die Oberschule 280 DaF- und 313 DaM-Schüler.

Die Nueva Secundaria umfasste 206 Schüler.

64 Für die Aufnahme in eine spanische Universität muss eine zusätzliche Prüfung (Selectividad) absolviert werden, die auch für Schüler spanischer Schulen obligatorisch ist. 65 Einige Schüler der Nueva Secundaria erreichen daher in der deutschen Sprache nicht das gleiche Niveau wie die Schüler der DaF- und DaM-Zweige.

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Kapitel 3: Das Korpus 20

3.2 Die Deutsche Schule Barcelona als Sprachgemeinschaft

Die Ausführungen im vorhergehenden Kapitel haben bereits gezeigt, dass es sich

bei den Mitgliedern der DSB um eine sehr heterogene Gemeinschaft handelt, zu

der sowohl Schüler spanischer als auch deutscher Staatsangehörigkeit zählen.

Einige von ihnen sind in einem primär spanischen Umfeld aufgewachsen, andere

hingegen in einem deutschen. Allen Sprechern ist jedoch gemeinsam, dass sie

auch außerhalb der Sprachkenntnise Einflüsse der jeweils anderen Kultur erlebt

haben. Entweder, im Falle der deutschen Schüler, werden diese durch das alltäg-

liche Leben in Spanien und den Umgang mit spanischen Freunden vermittelt,

oder, im Falle der spanischen Schüler, durch eventuelle längere Aufenthalte in

Deutschland und die in der Schule vermittelten sowie er- und gelebten deutschen

Traditionen, Feste und Werte etc. Der Kontakt zu beiden Kulturen geht also in der

Regel über das bloße Erwerben beziehungsweise Erlernen der Sprache hinaus. Die

Mehrzahl der Schüler gilt daher als bikulturell.

Es soll gezeigt werden, warum die Mitglieder der DSB trotz der heterogenen

Sprachverteilung als Sprachgemeinschaft betrachtet werden.

Der Begriff der Sprachgemeinschaft wird in Abhängigkeit vom Erkenntnisinter-

esse der jeweiligen Untersuchung unterschiedlich definiert. Einigen frühen Defi-

nitionen zu Folge handelt es sich bei einer Sprachgemeinschaft um „die Gesamt-

heit der Personen gleicher Muttersprache.“66 Dieses Kriterium wird aus zwei

Gründen als nicht geeignet erachtet. Zum einen schließt es Gruppen von Spre-

chern – wie beispielsweise die Gruppe der Mitglieder der DSB – aus der Definiti-

on aus, die aber aus vielen Gründen als Sprachgemeinschaft anzusehen sind. Zum

anderen fallen unter diese Definition „Gruppen“ von Sprechern, die nach dem hier

vorliegenden Verständnis nicht als Sprachgemeinschaft anzusehen sind. So

würden aufgrund dieses Kriteriums beispielsweise alle Menschen, deren Mutter-

sprache Spanisch ist, eine Sprachgemeinschaft bilden.

Auch Definitionen, die sprachliche Einheit als Grundkriterium für eine Sprach-

gemeinschaft voraussetzen, werden hier abgelehnt, da sie von einer einzigen

sprachlichen Varietät innerhalb der Sprachgemeinschaft ausgehen.67

In dieser Arbeit soll das Kriterium der Interaktion als Grundlage zur Definition

einer Sprachgemeinschaft herangezogen werden:68 Die Mitglieder einer Sprach- 66 Kloss (1977): 225. 67 Nach Chomsky beispielsweise bildet eine vollständig homogene Sprachgemeinschaft die Grundlage der sprachlichen Analyse. Vgl. Chomsky (1969): 13.

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Kapitel 3: Das Korpus 21

gemeinschaft kommunizieren und interagieren „mit Hilfe eines gemeinsamen

sprachlichen Repertoires, das durch mehrere Varietäten gebildet werden kann.“69

Gumperz beschreibt eine Sprachgemeinschaft als

„[...] any human aggregate characterized by regular and frequent interaction by

means of a shared body of verbal signs and set off from similar aggregates by

significant difference in language use.“70

Der Sprachgebrauch ist somit ein Identifikationsmittel, durch welches die Sprecher

ihre Gruppenzugehörigkeit signalisieren und sich gleichzeitig von Nicht-

Mitgliedern abgrenzen. Ein Sprecher ist in der Regel nicht nur in eine, sondern in

zahlreiche Sprachgemeinschaften eingebunden, die sich gegenseitig überlappen

bzw. Untergruppen zu anderen Sprachgemeinschaften bilden können.71

Von einer solchen Definition ausgehend konstituieren die Mitglieder der DSB eine

eigene Sprachgemeinschaft. Die Sprecher verfügen mit Deutsch und Spanisch über

ein gemeinsames Repertoire an Sprachen und kommunizieren auf dieser Basis

miteinander.

Im Rahmen dieser Arbeit soll gezeigt werden, dass der Aspekt der Identifikation

als Gruppenmitglied durch den Sprachgebrauch an der DSB in besonderer Weise

erfüllt wird. Die aus dem Zusammenspiel zweier Varietäten resultierenden

sprachlichen Strukturen unterscheiden sich von denen anderer Sprecher und stellen

somit ein Mittel zur Abgrenzung gegenüber Nicht-Mitgliedern dar.

Trotz der Heterogenität der Sprachkenntnisse und der unterschiedlichen Mutter-

sprachen der einzelnen Sprecher werden diese somit als Sprachgemeinschaft

angesehen.

3.3 Methode der Korpuserstellung

Das Korpus besteht aus Tonbandaufzeichnungen einzelner an der DSB aufge-

zeichneter Gespräche.72 Bei den Sprechern handelt es sich ausschließlich um

Schüler der Oberschule. Auf Gespräche mit Lehrern oder Aufnahmen im Unter-

richt wurde bewusst verzichtet, da es sich bei Esplugisch um eine Sprechweise

68 Vgl. Raith (1983): 45ff. 69 Müller (2000): 12. 70 Gumperz (1968): 219. 71 Vgl. Raith (1983): 48. 72 Ganz herzlicher Dank gilt den Schülerinnen und Schülern, die an den Aufnahmen beteiligt waren sowie der Schulleitung und dem Kollegium für ihre Kooperationsbereitschaft!

Page 23: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 3: Das Korpus 22

handelt, die ausschließlich in Gesprächen unter Schülern verwendet wird. Es

wurden nur bilinguale Informanten ausgewählt.73 Einzelne Schüler aus der Nueva

Secundaria74 konnten somit aufgrund ihrer geringeren Kompetenz in der deut-

schen Sprache nicht berücksichtigt werden.

Das Korpus umfasst ungefähr drei Stunden. Insgesamt wurden 23 Gespräche mit

je zwei Teilnehmern und vier Gespräche mit je drei Teilnehmern aufgezeichnet.

Drei Teilnehmer erscheinen wiederholt, so dass insgesamt 55 Sprecher im Korpus

vertreten sind.

Die Gespräche wurden an zwei Terminen im Abstand von etwa sieben Jahren

aufgezeichnet. Der erste Teil der Aufnahmen (Sprecher 1-21) wurde 1996 von K.

González75 angefertigt. Der zweite Teil (Sprecher 22-55) wurde von der Verfas-

serin im Frühjahr 2003 während eines einwöchigen Aufenthaltes an der DSB

aufgenommen.

Die Aufnahmen aus dem Jahr 2003 entstanden mit einer Ausnahme ohne Beteili-

gung der Verfasserin. Den Schülern wurde die Wahl des Gesprächsthemas

freigestellt. Alternativ zu eigenen Vorschlägen der Sprecher wurde eine Liste mit

möglichen Gesprächsthemen und Ratespielen bereitgelegt, auf die allerdings nur

wenige Informanten in einzelnen Gesprächsabschnitten zurückgriffen. Die

Verfasserin war während der Aufnahmezeit anwesend, hat sich aber zurückgezo-

gen, um Einflüsse auf den Sprachgebrauch aufgrund des Beobachter-Paradoxons76

möglichst gering zu halten. González ist bei seinen Aufnahmen ähnlich verfahren.

Die Informanten wirkten in den meisten Gesprächen weder gehemmt, noch weicht

ihre Äußerungsweise von der außerhalb der Gesprächsaufnahmen beobachteten

Sprachpraxis ab.

Zusätzlich wurden Fragebögen zu personenbezogenen Informationen wie Alter,

Geschlecht, Muttersprache(n), Sprachen der Eltern etc. verteilt. Diese Daten sind

der Arbeit im Anhang beigefügt.77 Der von der Verfasserin erstellte Fragebogen

enthält zusätzlich eine Frage zur Motivation des Informanten, Esplugisch zu

reden.78

73 Zur Definition von Bilingualismus siehe Kapitel 2.1. 74 Siehe Kapitel 3.1. 75 Kay González, Institut für Deutsche Sprache und Literatur, Universität zu Köln. Auch ihm sei an dieser Stelle herzlich für die Bereitstellung seiner Aufnahmen gedankt. 76 Vgl. Labov (1970):135. 77 Siehe Anhang A3. 78 Ein Muster des Fragebogens ist der Arbeit im Anhang beigefügt. Siehe Anhang A2.

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Kapitel 3: Das Korpus 23

Bei einzelnen Aspekten in den folgenden Kapiteln werden auch Informationen

und Daten verwendet, zu denen keine Belege in Form von Gesprächsaufnahmen

oder Fragebögen vorliegen. Diese Informationen stammen vor allem aus den

während des Aufenthaltes an der DSB geführten Gesprächen mit einzelnen

Schülern und Lehrern. Die auf solchen Informationen beruhenden Ausführungen

werden an der entsprechenden Stelle explizit gekennzeichnet.

Der Korpusanalyse liegt eine interpretative und qualitative Vorgehensweise zu

Grunde, da quantitative statistische Erhebungen die Erstellung und Analyse eines

wesentlich umfangreicheren Korpus erforderlich machen würden. An einigen

Stellen werden allerdings für die dargelegten Ausführungen relevante quantitative

Aspekte angeführt, die aus genannten Gründen lediglich Tendenzen widerspiegeln

können und keinen Anspruch auf Repräsentativität erheben.

Es handelt sich um eine syntopische und synchrone Untersuchung. Die Ergebnisse

werden weder mit anderen Städten oder Ländern, beziehungsweise anderen

deutschen Auslandsschulen, verglichen noch einer diachronen Betrachtung

unterzogen.

Die einzelnen Gesprächsausschnitte, auf die sich die Ausführungen beziehen,

werden aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht im Anhang dargestellt, sondern

erscheinen jeweils in den Text integriert. Sie werden in Partiturschreibweise

repräsentatiert.79 Es handelt sich um eine orthographische Fixierung des Materials

mit einzelnen Abweichungen aufgrund der phonetischen Form einzelner Elemen-

te. Auf eine Wiedergabe der Interpunktion wird verzichtet. Eine Übersicht der in

Anlehnung an Koch/Oesterreicher80 aufgestellten Notationskonventionen befindet

sich ebenfalls im Anhang dieser Arbeit.81

79 Zur Veranschaulichung formaler Merkmale in Kapitel 4 werden lediglich einzelne Beispielsätze zitiert. Hier wird auf die Partiturschreibweise verzichtet. 80 Vgl. Koch/Oesterreicher (1990): 29. 81 Siehe Anhang A1.

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Kapitel 4: Formale Charakteristika des Esplugischen 24

4 Formale Charakteristika des Esplugischen

Die Ausführungen in diesem Kapitel widmen sich einer formalen Charakterisie-

rung des Esplugischen. Eine detaillierte Analyse grammatischer Strukturen im

Rahmen einer Grammatiktheorie wird jedoch nicht angestrebt. Es handelt sich

vielmehr um die Darstellung signifikanter Merkmale, die während des Aufenthal-

tes an der DSB immer wieder beobachtet wurden und im vorliegenden Korpus

durch zahlreiche Beispiele belegt sind. Die Ausführungen sollen somit lediglich

zur Schaffung eines umfassenden Bildes der im Rahmen dieser Arbeit auf ihre

Funktionen zu untersuchenden Sprachpraxis beitragen. Teilweise werden die

einzelnen Phänomene, die in diesem Kapitel dargestellt werden, in Kapitel 5 und

6 wieder aufgegriffen und in Bezug auf ihre Funktion näher analysiert.

4.1 Lexikalische Merkmale

4.1.1 Der Frame82 „Schule“

Aus der Analyse des Korpus erschließt sich, dass es im Esplugischen bestimmte

Elemente gibt, für die die Wahl der einen oder anderen Sprache bevorzugt wird.

Besonders auffällig und konsequent ist in diesem Zusammenhang die Verwen-

dung der deutschen Sprache für alle Lexeme, die auf die Institution Schule und

auf den Schulalltag im weiteren Sinne referieren. Backus formuliert

folgendermaßen: „An embedded language insertion is used by virtue of its

belonging to a typically embedded language semantic domain.“83

Außersprachliche Konzepte, die die Schüler mit dem Frame „Schule“ assoziieren,

werden überwiegend durch deutsche Lexeme realisiert:

(16) Hemos hecho una Aufgabe en toda la hora. (Nr.19, 39)84

(17) Tiene el mismo Sprachniveau y cosas así. (Nr.20, 40)

(18) Preguntó cosas sobre yo que sé Inhaltsangabe vale después sprachliche

Analyse. (Nr.20, 40)

(19) A las once se empezaba a llenar el Schulfest. (Nr.9, 17)

82 „Ein Frame ist [...] ein globaler, gestalthafter oder kulturspezifischer Wissenskontext, eine „coherent schematization [...] of experience“ (Fillmore (1985): 223), auf dessen Basis wir Alltagssituationen aller Art bewältigen.“ Blank (2001): 54f. Dieser wird repräsentiert durch einen „Verbund von Konzepten oder Begriffen, [...] Kollokationen oder minimalen syntaktischen Einheiten zu einemWort.“ Blank (2001): 56. 83 Backus (2001): 134. 84 „Gespräch Nr. 19, Sprecher Nr. 39“.

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Kapitel 4: Formale Charakteristika des Esplugischen 25

(20) Como baje demasiado pues tengo que hacer nachschreiben85 pero bueno.

(Nr.11, 22)

(21) Hay uno que sabe muy bien Deutsch sprechen pues a él siempre le hablo/

automatisch ya hablo en Esplugisch. (Nr.14, 27)

Die betreffenden deutschen Lexeme werden als Insertionen in eine spanische

Äußerung eingegliedert. Der Sprachwechsel wird dadurch motiviert, dass die

entsprechenden deutschen Lexeme den Sprechern aufgrund ihrer häufigen

Verwendung innerhalb des deutschsprachigen Unterrichts vertrauter sind als die

spanischen Übersetzungsäquivalente.86

Die Klassifizierung dieser Beispiele als CS und nicht als Borrowing wird zum

einen damit begründet, dass die Informanten in Gesprächen mit monolingualen

spanischen Sprechern das spanische Übersetzungsäquivalent verwenden.87 Dies

gilt als Zeichen dafür, dass sie lediglich als Einheiten der spanischen Sprache im

mentalen Lexikon der Sprecher gespeichert sind. Zum anderen wird diese Einord-

nung durch das Kriterium der Integration gestützt. Die deutschen Elemente sind

weder phonologisch noch morphologisch integriert und somit nicht als Borrowing

zu klassifizieren:

(22) Intentaré de internacional si puedo para combinar mis Sprachen. (Nr.11, 23)

(23) En el examen88 las Aufgaben en si eran demasiado largas. (Nr.20, 40)

(24) Un dos minus ya sería nachschreiben. (Nr.11, 22)

Die beiden nominalen Insertionen „Sprachen“ und „Aufgaben“ werden nach den

Regeln der deutschen Phonologie artikuliert. Auch morphologisch liegt keine

Integration vor. Das deutsche Substantiv „Sprache“ in (22) erhält zur Markierung

des Plurals das deutsche Pluralmorphem -n, welches nicht zum Inventar der

spanischen Pluralmorpheme gehört. Die gleiche Pluralmarkierung erfolgt in (23).

Auch der deutsche Verbstamm in (24) ist weder phonologisch noch morpholo-

gisch (deutsche Infinitivendung -en) ins Spanische integriert.

85 Zur besonderen Struktur dieser verbalen Konstruktion siehe Kapitel 0. 86 Siehe diesbezüglich Kapitel 6.2.1. 87 Hierfür liegen keine Gesprächsaufnahmen vor. Die Verwendung der spanischen Sprache in diesem Zusammenhang konnte allerdings in Gesprächen zwischen Schülern und spanischsprachi-gen Lehrern beobachtet werden. 88 Die Verwendung des spanischen Substantivs „examen“ zeigt an dieser Stelle, dass für den Frame „Schule“ zwar das Deutsche bevorzugt wird, diese Sprachwahl jedoch nicht obligatorisch ist. Diese Feststellung wird in Kapitel 8.2 relevant sein.

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Kapitel 4: Formale Charakteristika des Esplugischen 26

Diese beiden Kriterien, die fehlende Integration und die exklusive Verwendung in

Gesprächen mit anderen bilingualen Sprechern, führen zu einer Kategoisierung

des dargestellten Phänomens als CS.

4.1.2 Gesprächswörter

Als Gesprächswörter werden in Anlehnung an Koch/Oesterreicher sprachliche

Elemente verstanden, „die direkt auf Instanzen und Faktoren der Kommunikation

verweisen [...].“89 Sie lassen sich den Funktionsbereichen „Gliederung, Turn-

taking, Kontakt, Überbrückung, Korrektur, Emotionalität und Abtönung“90

zuordnen. Im vorliegenden Korpus finden sich vor allem zahlreiche Belege

spanischer Gesprächswörter:

(25) Pues un nada de vergüenza en serio. (Nr.1, 1)

(26) Tenías que salir afuera bueno al al patio ¿no? (Nr.9, 17)

(27) Será mejor para el país o sea será mejor para el Iraq. (Nr.23, 45)

(28) Pero a mí me cae bien o sea es que me da pena . (Nr.24 ,48)

(29) Pues dann soll er halt ´ne Bombe runterlassen. (Nr.23, 47)

(30) Bueno, pues reden wir über den Dani. (Nr.10, 17)

Auffällig ist vor allem, dass nicht nur in Äußerungen mit spanischer Matrix-

sprache (siehe Beispiele (25)-(28)) die spanischen Lexeme überwiegen, sondern

auch in Äußerungen mit deutscher Matrixsprache (Beispiele (29)-(30)). Lediglich

in wenigen Ausnahmefällen lassen sich deutsche Gesprächswörter in Äußerungen

mit deutscher Matrixsprache finden, während Insertionen deutscher Gesprächs-

wörter in spanischen Äußerungen nicht vorliegen. Bei der häufig auftretenden

Insertion spanischer Gesprächswörter in Äußerungen mit deutscher Matrixsprache

handelt es sich nach Poplack um extrasentential CS.

89 Koch/Oesterreicher (1990): 51. 90 Koch/Oesterreicher (1990): 72. Da in diesem Kapitel lediglich die formalen Merkmale des vorliegenden Korpus vorgestellt werden, erfolgt keine detaillierte Analyse der Funktion einzelner Gesprächswörter. Auf die Bedeutung des CS im Zusammenhang mit einigen der von Koch/Oesterreicher unterschiedenen Funktionsbereichen wird in Kapitel 6.2 näher eingegangen.

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Kapitel 4: Formale Charakteristika des Esplugischen 27

4.2 Morphologische Merkmale

4.2.1 Substantivinsertion

Wie bereits dargestellt wurde, finden sich im untersuchten Korpus viele Belege

für insertional CS. Besonders häufig ist die Insertion von einzelnen Substantiven

oder ganzen Nominalphrasen zu beobachten. Da in den meisten aufgezeichneten

Gesprächen Spanisch die Matrixsprache ist, treten vor allem Insertionen deutscher

Elemente auf. Diese erscheinen, wie bereits gezeigt wurde, regelmäßig bei

Konzepten des Frames „Schule“, sind aber, wie die folgenden Beispiele belegen,

nicht auf diesen beschränkt:

(31) Han cambiado los Stühle. (Nr.13, 24)

(32) Cuando me despierto con el Klingeln del Wecker pues me levanto. (Nr.6, 11)

(33) Mientras sigo en casa meine Eltern no me van a pagar un piso. (Nr.9, 17)

Oft wird nur das Substantiv selbst geswitcht, während die Artikelposition mit

einem Element der Matrixsprache besetzt wird:

(34) Dijo la Lehrerin. (Nr.13, 25)

(35) Gedicht siempre es más difícil que un Roman. (Nr.20, 40)

An dieser Stelle ist es interessant, die Genuszuweisung näher zu betrachten.

Unproblematisch sind die Fälle, in denen das Genus eines Substantivs mit dem

seines Übersetzungsäquivalents identisch ist:

(36) Entonces la Spinne sube y hace festklammern. (Nr.15, 30)

(37) Todo lo de los Logarithmen y de las Funktionen. (Nr.18, 36)

Das deutsche Substantiv „Spinne“ ist feminin und stimmt mit dem Genus des

spanischen Übersetzungsäquivalentes „araña“ überein, so dass in Beispiel (36) der

feminine Artikel „la“ gesetzt wird. Auch in Beispiel (37) weisen die deutschen

nominalen Insertionen „Logarithmen“ und „Funktionen“ das gleiche Genus auf

wie ihre spanischen Übersetzungsäquivalente. Somit ist auch hier die Artikel-

zuweisung eindeutig.

In vielen Fällen allerdings besitzen spanische Nomen ein anderes Genus als ihre

deutschen Übersetzungsäquivalente. In diesen Fällen ist die Genuszuweisung

keineswegs willkürlich, sondern unterliegt einer durchgängigen Systematik:

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Kapitel 4: Formale Charakteristika des Esplugischen 28

(38) Tenemos el Wohnsitz aquí. (Nr.10, 21)

(39) Pero si ellos van y quitan el petroleo y hacen un Krieg. (Nr.23, 47)

Den maskulinen deutschen Substantiven „Wohnsitz“ und „Krieg“ wird auch im

Spanischen ein maskuliner Artikel zugewiesen, obwohl die Übersetzungsäquiva-

lente („residencia“ und „guerra“) feminin sind.

Auch die umgekehrte Genuszuweisung, also feminines deutsches Nomen und

maskulines spanisches Übersetzungsäquivalent, erfolgt regelmäßig:

(40) Sólo por la Deutscharbeit. (Nr.4, 7)

(41) Una Aufgabe era de tres puntos y la otra Aufgabe pues también de tres.

(Nr. 20, 40)

Die femininen deutschen Substantive „Deutscharbeit“ und „Aufgabe“ erhalten

einen femininen spanischen Artikel, obwohl die jeweiligen spanischen Über-

setzungsäquivalente („examen de alemán“ und „ejercicio“) maskulin sind.

Bei Insertionen einzelner deutscher Substantive erscheint der Artikel somit in der

Form, die dem Genus des deutschen Elements entspricht, auch wenn das spa-

nische Übersetzungsäquivalent ein anderes Genus aufweist.91

An dieser Stelle gilt es, die Tatsache näher zu betrachten, dass es im Spanischen

lediglich zwei Genera (Maskulinum und Femininum) gibt, während das Deutsche

als drittes Genus das Neutrum aufweist. Auch in diesen Fällen erfolgt die Genus-

zuweisung systematisch:

(42) Porque tenemos que hacer el Abitur en medio del Schuljahr. (Nr.20, 40)

(43) Yo con el Fahrrad. (Nr.13, 24)

Die Substantive „Abitur“, „Schuljahr“ und „Fahrrad“ weisen im Deutschen das

im Spanischen nicht existierende Genus Neutrum auf. Als Insertionen wird ihnen

im Spanischen ein maskuliner Artikel zugewiesen.

Diesbezügliche im Korpus auftretende Ausnahmen scheinen durch die Semantik

des jeweiligen Nomens motiviert zu sein:

(44) Tú tratas lo de las Mädchen como para ti si fuesen un material. (Nr.7, 12)

91 González (WS 2002/03): Proseminar Syntax des Code-Switchings. Datenanalyse. Institut für Deutsche Sprache und Literatur. Universität zu Köln.

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Kapitel 4: Formale Charakteristika des Esplugischen 29

Eine Zuweisung des spanischen femininen Artikels „las“ scheint dadurch moti-

viert zu sein, dass der maskuline Artikel „los“ der Semantik des Wortes „Mäd-

chen“ widersprechen würde.

Auch bei umgekehrter Sprachenverteilung, also bei spanischen Insertionen in

deutschen Äußerungen folgt die Genuszuweisung dieser Systematik. Allerdings

ist dieses Phänomen insgesamt aufgrund des überwiegenden Anteils an Äußerun-

gen in spanischer Matrixsprache seltener zu beobachten. Dennoch lassen sich

einzelne Belege finden:

(45) Am Freitag ging ich zu einer Disko und im ferrocarril haben sie mich

pilliert („erwischt“). (Nr.24, 48)

Das maskuline spanische Nomen „ferrocarril“ erhält als Insertion in einer Äuße-

rung mit deutscher Matrixsprache den maskulinen deutschen Artikel (hier als

Amalgamierung aus der Präposition „in“ und dem Artikel im Dativ „dem“),

obwohl das deutsche Übersetzungsäquivalent „Eisenbahn“ feminin ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Insertionen sowohl spanischer als

auch deutscher Substantive das Genus der Sprache erhalten bleibt, in der das

jeweilige Element realisiert wird. Eine Ausnahme bilden deutsche Nomen im

Neutrum. Diesen wird ein maskuliner spanischer Artikel zugewiesen.92

Alle bisher angeführten nominalen Insertionen erscheinen in der morphologischen

Form ihrer Ausgangsprache. Bei der Insertion von Substantiven lassen sich

lediglich einzelne Belege finden, bei denen eine morphologische Integration

stattfindet. Es handelt sich stets um spanische Substantive:

(46) Hast du so ne chulete („Spickzettel“) gehabt oder so? (Nr.16, 32)

(47) Es ist eine putade („Schweinerei“). (Nr.24, 48)

Diese Art der Insertion stellt einen Grenzfall zwischen CS und Borrowing dar.

Aufgrund des Kriteriums der morphologischen Integration -e statt -a würden die

angeführten Sprachwechsel als Borrowing kategorisiert. Ausschlaggebend für

eine Zuordnung zum CS ist das Kriterium der exklusiven Verwendung in bilin-

gualen Konversationen mit anderen Sprechern der untersuchten Sprachgemein-

92 Der begrenzte Umfang des erstellten Korpus lässt, wie bereits gesagt, keine quantitativen statistischen Erhebungen zu. Dennoch ist aufgrund der eindeutigen Datenlage bezüglich der Genuszuweisung bei einer Überprüfung anhand eines umfangreicheren Korpus eine Bestätigung der aufgestellten Hypothese zu erwarten. Vgl. auch hierzu González (WS 2002/03): Proseminar.

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Kapitel 4: Formale Charakteristika des Esplugischen 30

schaft. In monolingual spanischen Gesprächen verwenden die Sprecher keine

Insertionen dieser Art. Es sind die spanischen Wortformen „chuleta“ und „putada“

zu erwarten.93

Diese Beispiele bilden allerdings einen Sonderfall. Bezüglich der Substantiv-

insertion wird eine Verwendung ohne morphologische Integration in die Matrix-

sprache bevorzugt.

4.2.2 Adjektivinsertion

Adjektive einer Sprache, die als Insertionen in einer Äußerung mit einer anderen

Matrixsprache erscheinen, stehen – ähnlich wie die bereits vorgestellten Substan-

tive – meistens in der morphologischen Form ihrer Ausgangssprache:

(48) Der ist auch total simpático und total majo. (Nr.16, 33)

(49) Die Musik auch total guay („toll“). (Nr.16, 33)

(50) Ayer estaba todo el rato Computer spielen porque la tele estaba kaputt.

(Nr.15, 31)

In den Beispielen (48) und (49) erscheinen in Äußerungen mit deutscher Matrix-

sprache einzelne spanische Adjektive in morphologisch unveränderter Form,

während im Beispiel (50) das deutsche Adjektiv morphologisch unverändert in

eine Äußerung mit spanischer Matrixsprache eingefügt wird.

Jedoch lassen sich auch bei den Adjektiven einzelne Beispiele morphologischer

Integration finden:

(51) Meine war voll bordisch („unverschämt“). (Nr.19, 39)

(52) Es ist auch voll chungisch („schlecht“). (Nr.24, 49)

In diesen Beispielen weisen die Adjektive folgende Struktur auf: spanischer

Adjektivstamm + deutsches Suffix -isch. Bei -isch handelt es sich um ein

Wortbildungssuffix, das in erster Line zur Bildung von Adjektiven auf der Basis

substantivischer Stämme dient.94 Bei dieser Art der Insertion werden also aus

93 Diesbezüglich liegen keine Sprachaufnahmen vor. Die Annahme stützt sich wiederum auf die während des Aufenthaltes an der DSB gemachten Beobachtungen und auf Aussagen der Sprecher, die angaben, Wortformen wie „putade“ und „chulete“ nur in Gesprächen mit anderen Mitgliedern der DSB zu verwenden. 94 Vgl. Eisenberg (1998): 259.

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Kapitel 4: Formale Charakteristika des Esplugischen 31

einfachen spanischen Stämmen durch die Hinzufügung des Suffixes -isch kom-

plexe deutsche Adjektivstämme gebildet.

Der umgekehrte Prozess, die morphologische Angleichung deutscher Adjektive in

Äußerungen mit spanischer Matrixsprache, ist nicht zu beobachten. Die deutschen

Adjektive erscheinen als Insertionen immer in morphologisch unveränderter

Form:

(53) Esa sí que era doof. (Nr.4, 8)

(54) No ha sido demasiado schwierig. (Nr.22, 46)

4.2.3 Verbinsertion

Esplugisch weist zur Insertion einzelner Verben zwei verschiedene Prozesse auf:

die synthetische Insertion und die analytische Insertion.

Synthetische Insertion

Die synthetische Insertion tritt vor allem bei der Einfügung spanischer Verben in

Äußerungen mit deutscher Matrixsprache auf:

(55) Die war voll am flipieren („ausflippen“). (Nr.19, 38)

(56) Ich hab mich cabreiert (cabrearse = „sich aufregen“). (Nr.21, 44)

In den hier angeführten Beispielen werden die spanischen Verben „flipar“ „und

„cabrearse“ systematisch in der Form spanischer Verbstamm + deutsches

Suffix -ier + deutsche Flexionsendung in die deutschen Äußerungen eingefügt.95

Bei -ier handelt es sich um ein Suffix, das in erster Linie zur Verbalisierung

fremdsprachlicher Stämme dient.96 Es fungiert hier als Bindeglied zwischen dem

spanischen Verbstamm und der deutschen Flexionsendung.

Diese Art der Insertion bildet wiederum einen Grenzfall des CS zum Borrowing.

Aufgrund des Kriteriums der morphologischen Integration würde es sich in den

Beispielen (55)-(56) um Borrowing handeln. Auch an dieser Stelle soll das

Unterscheidungskriterium der exklusiven Verwendung in bilingualen Konversa-

95 Bezüglich einer detaillierten Darstellung zur Flexion des Deutschen vgl. Eisenberg (1998): 144-200. 96 „-ier“ tritt vor allem auf bei der Verbalisierung von Stämmen aus dem Lateinischen („rezitie-ren“). Vgl. Eisenberg (1998): 274f.

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Kapitel 4: Formale Charakteristika des Esplugischen 32

tionen mit anderen Mitgliedern der Sprachgemeinschaft ausschlaggebend für eine

Zuordnung zum CS sein.

Der umgekehrte Prozess, die Insertion einzelner deutscher Verben mit synthe-

tischer morphologischer Integration ins Spanische tritt – wie schon bei den Sub-

stantiven und Adjektiven beobachtet – im Korpus nicht auf. Die Insertion ein-

zelner deutscher Verben erfolgt ausschließlich der im folgenden Kapitel darge-

stellten Systematik.

Analytische Insertion: die hacer-Periphrase

Das massive Aufeinandertreffen von Elementen zweier verschiedener Sprach-

systeme hat neben der synthetischen Insertion zur Entwicklung einer neuen

analytischen Verbstruktur geführt, die in dieser Form in keiner der beiden

Einzelsprachen auftritt. Diese verbale Konstruktion ermöglicht es, die einzelnen

morphologischen Bestandteile aus beiden Sprachen miteinander zu verbinden und

wird vor allem für die Insertion deutscher Verbalstämme verwendet. Sie setzt sich

aus einer Flexionsform des spanischen Verbs „hacer“ und dem Infinitiv eines

Vollverbs zusammen. Aufgrund ihrer Struktur wird sie im Folgenden hacer-

Periphrase genannt.97

Im Spanischen existiert eine solche Verbalperiphrase lediglich als kausative

Konstruktion:98

(57) Él me hizo llorar. („Er brachte mich zum Weinen.“)

Der kausative Bedeutungsaspekt ist in der hacer-Periphrase des Esplugischen

allerdings nicht enthalten. Das Verb „hacer“ fungiert in dieser Konstruktion als

light verb99, es hat seine semantischen Merkmale verloren.

Bezüglich der Zusammensetzung der einzelnen morphologischen Bestandteile des

Vollverbs gibt es verschiedene Kombinationen:

(a) (Flexionsform von) + deutsches Vollverb im Infinitiv:

(58) Empieza a hacer dahertrotten. (Nr.1, 2)

97 Vgl. González (WS 2002/03): Proseminar. 98 Vgl. Curnow (1993). 99 Als light verb wird ein verbales Element verstanden, das formgleich mit einem Vollverb ist, allerdings im Vergleich zu diesem seine semantischen Merkmale verloren hat. Bezüglich einer detaillierten Definition des Terminus und einer Abgrenzung gegenüber Auxiliaren vgl. Butt/Geuder (2001).

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Kapitel 4: Formale Charakteristika des Esplugischen 33

(b) (Flexionsform von) hacer + Stamm eines spanischen Vollverbs + deut-sches Verbableitungssuffix -ier + deutsche Infinitivendung -en:

(59) Nunca hacemos mirieren MTV. (Nr. 15, 30)

Im Korpus sind Konstruktionen von Typ (a) 69 mal belegt, während Typ (b)

15 mal auftritt.

Theoretisch ist auch die folgende Struktur möglich:

(c) (Flexionsform von) hacer + spanisches Vollverb im Infinitiv:

(60) Hicisteis ver el Spiel de Allstars (Nr.14, 27)

(61) Pero tú antes siempre/ immer hacías decir que no te gustaba. (Nr.15, 27)

Typ (c) ist im Korpus lediglich an diesen beiden Stellen belegt. Beide Äußerun-

gen stammen von dem gleichen Sprecher. Innerhalb der Konversation bildet er

allerdings mit dem gleichen Vollverb wie in (61) eine hacer-Periphrase nach der

Struktur von b:

(62) Esto se hace decieren. (Nr.15, 27)

Diese Beobachtungen lassen zwei Interpretationen zu. Einerseits ist die Annahme

einer strukturellen Variation möglich, da ein Sprecher beide Strukturen alternativ

verwendet. In diesem Falle wären bei der Analyse eines umfangreicheren Korpus

weitere Verwendungen der hacer-Periphrase des Typs (c) zu erwarten. Aufgrund

des geringen Vorkommens dieser Struktur, welches zusätzlich noch an einen

Sprecher gebunden ist, kann sie andererseits auch als „Fehler“ oder als ideolek-

tische Struktur gedeutet werden. Die geringe Datenmenge lässt keine eindeutige

Entscheidung zu.

Eine weitere theoretisch mögliche Struktur liegt in (d) vor:

(d) (Flexionsform von) hacer + Stamm eines deutschen Vollverbs + deut-sches Verbableitungssuffix –ier + deutsche Infinitivendung –en.

(63) *hacer lesieren (ohne Korpusbeleg)

Diese Struktur ist im Korpus nicht belegt, was trotz des begrenzten Umfangs der

Daten als Evidenz dafür gesehen wird, dass es sich in Beispiel (63) um keine

mögliche Struktur des Esplugischen handelt.

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Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 34

Die Ausführungen in diesem Kapitel haben gezeigt, dass die Sprechweise der

Schüler der DSB nicht willkürlich ist, sondern bezüglich vieler struktureller

Aspekte gewissen Regelmäßigkeiten folgt.

5 Soziale Funktionen des Code-Switchings

Während im vorhergehenden Kapitel formale Merkmale des CS an der DSB

dargestellt wurden, widmen sich die folgenden Ausführungen der Frage, welche

Funktionen der Gebrauch zweier Sprachen innerhalb einer Konversation bilingua-

ler Sprecher erfüllt.

Die Annahme, dass CS überhaupt eine Funktion ausüben kann, basiert auf dem

Griceschen Kooperationsprinzip.100 Dieses besagt, dass Sprecher sich stets

kooperativ verhalten. Grice stellt vier Maxime auf, die kooperatives Verhalten

konstituieren.101 Scheinbare Verstöße des Sprechers gegen diese Maximen können

vom Hörer interpretiert werden. Die Maxime der Art und Weise, die sich bei Grice

lediglich auf die Wahl der lexikalischen Einheiten und die syntaktischen Ge-

gebenheiten bezieht, umfasst nach Myers-Scotton in bilingualen Gemeinschaften

auch die Sprachwahl, die somit vom Hörer auf (noch zu zeigende Weise) interpre-

tiert werden kann.102

Soziale Funktionen von Sprache beziehen sich darauf, dass eine bestimme

Varietät gruppenkonstituierend oder gruppenabgrenzend wirken kann, bezie-

hungsweise durch den Gebrauch einer bestimmten Varietät Beziehungen der

Sprecher untereinander zum Ausdruck gebracht werden.

Als einer der Pioniere der wissenschaftlichen Untersuchung des CS gilt Gum-

perz.103 Seine besondere Leistung liegt in der Aufstellung der Dichotomie

situatives und metaphorisches CS.104 Während in vorhergehenden Arbeiten

beispielsweise von Weinreich ein Sprachwechsel ausschließlich als Anpassung

des bilingualen Sprechers an eine Veränderung der Gesprächssituation gesehen

100 Vgl. Grice (1968): 248. 101 Diese lauten: Maxime der Quantität, der Qualität, der Relation und der Art und Weise. Vgl. Grice (1968): 249. 102 Vgl. Myers-Scotton (1993a): 98. 103 Vgl. beispielsweise Gumperz (1967), Blom/Gumperz (1972) und Gumperz (1982). 104 Vgl. Blom/Gumperz (1972): 424ff. Diese Dichotomie wird von Gumperz selbst in späteren Ausführungen modifiziert (siehe Kapitel 6).

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Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 35

wurde105, wird ihm seit Gumperz Unterteilung in eine aktive Rolle zuerkannt. Die

Wahl einer Sprache wird nicht mehr lediglich „als ein Reflex auf situative

Veränderungen verstanden, sondern obliegt den Sprechern [...] als aktiv Handeln-

den“106. Beim situativen CS erfolgt der Sprachwechsel aufgrund einer Verän-

derung der Gesprächssituation, beispielsweise durch einen Teilnehmerwechsel

oder ein neues Gesprächsthema. Ein metaphorischer Sprachwechsel erfolgt

hingegen ohne eine Veränderung situativer Faktoren und geht somit über die von

Weinreich postulierte Verwendungsweise hinaus.

Im folgenden Kapitel wird zur Untersuchung der sozialen Funktionen des CS an

der DSB das auf Gumperz Dichotomie basierende Modell der Markiertheit von

Myers-Scotton vorgestellt.

5.1 Das Modell der Markiertheit nach Myers-Scotton

Myers-Scotton untersucht in ihrem Modell der Markiertheit („Markedness

Model“) die sozialen Funktionen, die der Gebrauch zweier Sprachen innerhalb

einer Konversation erfüllen kann.107 Soziale Funktionen beziehen sich im wei-

teren Sinne auf die Beziehung der Sprecher untereinander.

Dem Modell liegt folgende Fragestellung zu Grunde:

„What do bilingual speaker gain by conducting a conversation in two languages

(i.e. through codeswitching) rather than simply using one language throughout?“108

Die von Myers-Scotton untersuchten Daten beschränken sich im Wesentlichen auf

zwei Sprachgemeinschaften in Afrika. Jedoch erhebt sie für ihr Modell den

Anspruch der Universalität, indem sie voraussetzt, dass Code-Switching in allen

bilingualen Sprachgemeinschaften der Welt mit den gleichen sozio-

psychologischen Motivationen zu erklären ist. 109

Myers-Scotton stellt in ihrem Modell folgende Hypothese auf:

105 Vgl. beispielsweise Weinreich (1953): 73. Vor allem in diglossischen Sprachgemeinschaften motivieren veränderte Situationen häufig einen Wechsel der Sprache. 106 Haust (1995): 9. 107 Vgl. Myers-Scotton (1993a). Der begrenzte Rahmen der vorliegenden Arbeit erlaubt lediglich eine überblicksartige Darstellung des gesamten Modells. Eine detaillierte Diskussion der theoretischen Grundlagen kann daher nicht geleistet werden. Der Schwerpunkt der Ausführungen konzentriert sich auf die für die Einordnung der Sprachsituation an der DSB relevanten Aspekte. 108 Myers-Scotton (1993a): 3. 109 Myers-Scotton (1993a): 3. Inwieweit dieser Anspruch gerechtfertigt ist, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht diskutiert werden.

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Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 36

„[…]speakers use the possibility of making code choices to negotiate interpersonal

relationships, and by extension to signal their perceptions or desires about group

membership.”110

Das Modell der Markiertheit beruht auf der Annahme, dass es in jeder Sprach-

gemeinschaft festgelegte Schemata für die Rollenverhältnisse der Gesprächsteil-

nehmer untereinander gibt. Ein angemessenes sprachliches Verhalten wird durch

die von der jeweiligen Gesellschaft festgelegten Normen gesteuert. Viele Inter-

aktionstypen werden durch gemeinsame kommunikative Erfahrungen der Spre-

cher konventionalisiert, so dass sich für einzelne Gesprächssituationen ein

Schema über die erwarteten „Rechte und Pflichten“ der Teilnehmer ergibt. Diese

Schemata bezeichnet Myers-Scotton als die unmarkierten „Rights and Obligation

sets“111 (im Folgenden RO-Sets genannt). Myers-Scotton verwendet den Terminus

unmarkiert somit im Sinne von erwartet. Ein RO-Set ist ein abstraktes Konstrukt,

welches wiederum von den situativen Faktoren wie beispielweise dem Status der

Partizipanten, dem Thema der Konversation, der ethnischen Gruppenzuge-

hörigkeit oder dem Ziel der Interaktion112 abgeleitet wird. Es symbolisiert die

Haltungen und Erwartungen der Partizipanten untereinander. Abhängig von der

individuellen Interaktion sind jeweils andere situative Merkmale zur Konsti-

tuierung des unmarkierten RO-Sets relevant.

Die Wahl der Interaktionssprache spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige

Rolle. Der Gebrauch einer bestimmten Varietät verweist innerhalb einer Inter-

aktion auf ein bestimmtes RO-Set. Diese hinweisende Funktion wird ermöglicht

durch die Tatsache, dass verschiedene linguistische Varietäten des Repertoires der

Sprachgemeinschaft von den Sprechern aufgrund gemeinsamer konversationeller

Erfahrungen mit bestimmten Arten von Beziehungen verbunden werden.

Jedem RO-Set entspricht somit in einer bestimmten Gesprächssituation eine

bestimmte Sprache. Es besteht eine Beziehung zwischen dem benutzten linguisti-

schen Code und der sozialen Bedeutung der Interaktion. Die Wahl der von den

Teilnehmern aufgrund von der Gesellschaft vorgegebener Normen und gemein-

samer konversationeller Erfahrungen erwarteten Sprache gilt innerhalb der

Sprachgemeinschaft für diesen Interaktionstyp als unmarkiert. Mit der Wahl der 110 Myers-Scotton (1993b): 478. 111 Vgl. Myers-Scotton (1993a): 84. 112 Es gibt zahlreiche weitere situative Merkmale, die stets variieren und daher von Myers-Scotton nicht aufgelistet werden. Die hier angegebenen Merkmale gelten für die meisten Interaktionstypen als relevant.

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Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 37

unmarkierten Sprache identifiziert sich der Sprecher mit den gegebenen Normen

und folglich mit dem jeweils gültigen unmarkierten RO-Set.113

Will ein Sprecher einem anderen, für die aktuelle Situation unerwarteten RO-Set

Gültigkeit verleihen, entscheidet er sich für eine markierte Sprachwahl. An dieser

Stelle gilt es hervorzuheben, dass Markiertheit ein dynamisches Konzept ist und

eine Sprache somit „nie generell als die unmarkierte oder die markierte Wahl

angesehen werden [kann], und eine sprachliche Varietät, die in einer Sprechhand-

lung als unmarkierte Wahl fungiert, muss dies nicht automatisch auch in einer

anderen sein.“114

Ein Sprachwechsel ist nach Myers-Scotton stets einer der folgenden vier komple-

mentären Kategorien zugeordnet:115

1. CS als Abfolge unmarkierter Wahlen

2. CS selbst als unmarkierte Wahl

3. CS als markierte Wahl

4. CS als explorative Wahl

Laut Myers-Scotton lassen sich auftretende Sprachwechsel in allen bilingualen

Sprachgemeinschaften der Welt einer dieser Kategorien zuordnen. Dies ist

allerdings nicht so zu verstehen, dass eine Sprachgemeinschaft ausschließlich

nach einem dieser Muster verfährt. Vielmehr handelt es sich um verschiedene

Strategien, die die Sprecher alternativ verwenden, je nachdem welche Absicht sie

verfolgen. Im Folgenden werden diese vier Kategorien vorgestellt.

5.1.1 Code-Switching als Abfolge unmarkierter Wahlen

Ein Sprachwechsel innerhalb einer Konversation kann durch die Veränderung

situativer Faktoren, wie beispielsweise die Konstellation der Gesprächsteilnehmer

oder das Thema der Konversation, bedingt sein. Der neuen Situation entspricht

ein neues RO-Set, so dass die Erhaltung der unmarkierten Form in vielen Fällen

einen Sprachwechsel erfordert. Myers-Scotton spricht in diesem Fall von Code-

Switching als Abfolge unmarkierter Wahlen („CS as a sequence of unmarked

113 Vgl. Haust (1995): 22. 114 Haust (1995): 18. 115 Vgl. Myers-Scotton (1993a): 114.

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Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 38

choices“ 116). Es stellt folglich einen Sprachwechsel von einer unmarkierten Form

zur nächsten dar, wobei der Sprecher auf wechselnde situative Umstände reagiert.

Dennoch betont Myers-Scotton, dass die Entscheidung, die Sprache zu wechseln,

stets beim Sprecher selbst liegt.117 Dadurch, dass dieser der unmarkierten Wahl

folgt und in die entsprechende Sprache wechselt, erkennt er das neue RO-Set an.

Mit dem Sprachwechsel beim CS als Abfolge unmarkierter Wahlen geht in den

meisten Fällen ein Wechsel der Matrixsprache einher. In struktureller Hinsicht ist

diese Art des Sprachwechsels somit durch alternational CS gekennzeichnet.118

Auch andere Forscher stellen diese Art des Sprachwechsels als eigene Kategorie

dar. Myers-Scottons Charakterisierung entspricht beispielsweise dem situativen

CS („situational switching“) bei Blom/Gumperz.119

Diese Art des CS tritt vor allem in diglossischen Sprachgemeinschaften auf, in

denen eine streng komplementäre Verteilung der einzelnen Varietäten vorherrscht,

so dass eine Veränderung der Situation einen Sprachwechsel erforderlich macht.

5.1.2 Code-Switching selbst als unmarkierte Wahl

Myers-Scotton spricht von Code-Switching selbst als unmarkierte Wahl („CS

itself as the unmarked choice“120), wenn der alternative Gebrauch zweier Spra-

chen an sich für die Teilnehmer einer Konversation das erwartete Kommunika-

tionsverhalten darstellt. Der Unterschied zu den drei anderen Kategorien besteht

laut Myers-Scotton darin, dass in diesem Fall nicht notwendigerweise der einzelne

Sprachwechsel an der konkreten Stelle seines Vorkommens im Diskurs bedeu-

tungstragend ist, sondern vielmehr die Gesamtstruktur des Gespräches, die sich

durch häufiges Wechseln der Sprachen kennzeichnet.121

Die Sprecher beabsichtigen mit der Wahl zweier Sprachen innerhalb einer

Konversation ihre bilinguale Identität auszudrücken.122 „Die Sprecher müssen den

Wunsch haben, ihre duale Identität zu signalisieren, indem sie sich mit Eigen-

schaften identifizieren, die mit mehr als einer Sprache assoziiert werden.“123 Dazu

benötigen sie die indexikalischen Eigenschaften beider Sprachen. Das daraus

116 Myers-Scotton (1993a): 114ff. 117 Vgl. Myers-Scotton (2000): 145. 118 Vgl. Myers-Scotton (1993a): 124. 119 Vgl. Blom/Gumperz (1972): 424. 120 Myers-Scotton (1993a): 117. 121 Vgl. Myers-Scotton (1993a): 117. 122 Vgl. Myers-Scotton (1993a): 119. 123 Haust (1995): 18.

Page 40: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 39

resultierende Problem der Sprachwahl wird durch konsequentes Wechseln

zwischen beiden Sprachen gelöst.

Als Beispiel liefert Myers-Scotton eine Gesprächssituation in Kenia, in der die

Sprecher gleichzeitig ihre akademische Bildung, die mit der englischen Sprache in

Verbindung gebracht wird, und ihre lokale ethnische Zugehörigkeit, die durch den

Gebrauch des Swahili signalisiert wird, zum Ausdruck bringen wollen. Um das

Problem der Sprachwahl zu lösen, entscheiden sich die Sprecher für den gleich-

zeitigen Gebrauch beider Sprachen innerhalb der Konversation.

Diese Art des Sprachwechsels fungiert auch als Gruppenidentifikationssymbol.

Code-Switching selbst als unmarkierte Wahl tritt ausschließlich in Gesprächen mit

anderen Mitgliedern der eigenen Sprachgemeinschaft auf. Als Gruppenidentifika-

tionssymbol schließt es andere, nicht zur Sprachgemeinschaft gehörende Personen

aus der entsprechenden Kommunikationssituation aus. Garvin und Mathiot

sprechen in einer allgemeineren Diskussion über Sprache von deren „unifying and

separatist functions“124. Durch den Gebrauch einer Sprache signalisieren die

Sprecher folglich Gruppenzugehörigkeit und grenzen sich gleichzeitig von

anderen Sprechern ab. Im Falle des CS selbst als unmarkierte Wahl fungiert nicht

eine Sprache allein, sondern der gleichzeitige Gebrauch zweier Sprachen als

Symbol der Gruppenzugehörigkeit und der Abgrenzung gegenüber anderen.

Diese Art des Code-Switchings unterscheidet sich von den anderen Kategorien

dadurch, dass sie nicht universell ist, sondern nur auf einige bilinguale Sprach-

gemeinschaften zutrifft. In strikt diglossischen Gemeinschaften beispielsweise tritt

CS selbst als unmarkierte Wahl nicht auf. Die Sprachen sind dort komplementär

auf die unterschiedlichen Interaktionstypen verteilt. Somit ist es nicht möglich,

beide Sprachen gleichzeitig in unmarkierter Weise innerhalb einer Konversation

zu verwenden, ohne dass vorher eine Veränderung situativer Faktoren zum

Sprachwechsel geführt hätte.125 CS selbst als unmarkierte Wahl tritt außerdem nur

in Sprachgemeinschaften auf, in denen beide Sprachen von den Sprechern in der

jeweiligen Situation positiv bewertet werden.

Obwohl diese Art des CS nicht in allen bilingualen Sprachgemeinschaften auftritt,

finden sich in der Forschungsliteratur viele Untersuchungen zu Sprachkontakt-

124 Garvin /Mathiot (1970): 369. Zitiert nach: Hoffmann (1991): 202. 125 Dennoch kann es auch in streng diglossischen Sprachgemeinschaften CS innerhalb einer Konversation geben. Der Sprachwechsel geht dann allerdings immer mit einer Veränderung situativer Faktoren einher, so dass es sich um CS als Abfolge unmarkierter Wahlen handelt und nicht um CS selbst als unmarkierte Wahl.

Page 41: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 40

situationen, die Myers-Scottons Klassifikation folgend als CS selbst als unmar-

kierte Wahl zu kategorisieren wären. Beispielsweise Poplacks Beschreibung des

Sprachverhaltens in New York lebender Puertoricaner ist in dieser Kategorie

anzusiedeln:

„[Code-Switching] is seen to be emblematic of New York Puerto Rican identity (as

compared both with Island Puerto Ricans and non-Puerto Rican anglophones...)“.126

In struktureller Hinsicht sind kontinuierliche satzinterne Sprachwechsel, die

häufig sogar wortintern stattfinden, charakteristisch für diese Art des CS.127 Auch

die Existenz einer gleichbleibenden Matrixsprache ist laut Myers-Scotton typisch

für CS als unmarkierte Wahl. Es treten zwar häufig Sprachwechsel auf, jedoch

führen diese selten zu einem Wechsel der Matrixsprache, da es sich meistens um

die Insertion kleinerer Einheiten handelt.

Zusammenfassend beschreibt Myers-Scotton CS selbst als unmarkierte Wahl

folgendermaßen:

„this type of switching is analogous to using a single code which is the unmarked

choice for an exchange, the only difference being that using two codes in a switching

pattern happens to be what is unmarked“128

In ähnlicher Weise stellt Poplack bezüglich des Sprachwechselverhaltens der von

ihr untersuchten Gemeinschaft fest: „it could be said to function as a mode of

interaction similar to monolingual language use.“129

5.1.3 Code-Switching als markierte Wahl

CS als markierte Wahl („CS as a marked choice“130) tritt dann auf, wenn sich ein

Sprecher nicht mit dem unmarkierten RO-Set identifizieren kann. Um ein neues

RO-Set auszuhandeln, welches nicht mit dem der unmarkierten Wahl überein-

stimmt, kann ein Wechsel in eine Sprache erfolgen, die in der jeweiligen Situation

zunächst aufgrund des (noch) geltenden RO-Sets als markiert angesehen wird.131

Laut Myers-Scotton wird markiertes CS durch folgende Absicht motiviert: „to 126 Poplack (1988): 232. 127 Vgl. Myers-Scotton (1993a): 125. 128 Myers-Scotton (2000): 148. 129 Poplack (1988): S. 217. 130 Myers-Scotton (1993a):131. 131 Diese Kategorie entspricht Gumperz metaphorischem CS.

Page 42: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 41

negotiate a change in the expected social distance holding between participants,

either increasing or decreasing it.“132 Es dient also dem „Herbeiführen einer

sozialen Anpassung oder Abgrenzung.“133 Als soziale Abgrenzung gelten bei-

spielsweise der Ausdruck von Verärgerung oder Autorität. Häufig tritt CS als

markierte Wahl auf, um bestimmte Sprecher, die beispielsweise die neu gewählte

Sprache nicht sprechen, bewusst aus der aktuellen Konversation auszu-

schließen.134 Auch hier handelt es sich um einen Fall von Abgrenzung.

Der Hörer kann markierte Sprachwahlen dadurch interpretieren, dass er sie mit

ihm bekannten konventionalisierten Interaktionstypen vergleicht, in denen die

jeweilige Sprachwahl als unmarkiert gilt. Akzeptiert er die neue Sprachwahl, gilt

von nun an das neue, durch diese Sprache angezeigte RO-Set.

5.1.4 Code-Switching als explorative Wahl

In jeder Sprachgemeinschaft gibt es zahlreiche Gesprächssituationen, in denen die

unmarkierte Sprache und das damit verbundene unmarkierte RO-Set erst von den

Sprechern erkundet beziehungsweise ausgehandelt werden müssen. In diesem Fall

spricht Myers-Scotton von CS als explorative Wahl („CS as an exploratory

choice“135).

Dieser Typ des Sprachwechsels tritt vor allem in weniger konventionalisierten

Gesprächen auf, in denen die sozialen Normen entweder unklar oder auch

teilweise widersprüchlich sind. Ersteres ist beispielsweise der Fall in Gesprächen

mit Fremden, über deren soziale Identität sehr wenig bekannt ist, während

Letzteres vor allem in ungewöhnlich formalen Situationen mit vertrauten Per-

sonen auftritt. Myers-Scotton führt ein Beispiel aus Scotton/Ury136 an. Es handelt

sich um ein Verkaufsgespräch zwischen zwei Geschwistern in Kenia. Hier treffen

zwei divergente RO-Sets aufeinander, die jeweils eine andere Sprachwahl

motivieren würden. Die unmarkierte Sprache in Gesprächen unter Verwandten

wäre hier die gemeinsame Muttersprache Lwidakho, durch deren Gebrauch

Solidarität zum Ausdruck kommt. In formalen Situationen wie Verkaufsge-

sprächen hingegen gilt Swahili als unmarkierte Sprachwahl, wodurch die Gesprä-

che einen eher unpersönlichen Charakter erhalten und eine für Verkaufsgespräche 132 Myers-Scotton (1993a): 132. 133 Haust (1995): 20. 134 Vgl. Myers-Scotton (2000): 157. 135 Vgl. Myers-Scotton (1993a): 142. 136 Vgl. Scotton/Ury (1977): 17.

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Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 42

übliche Distanz zwischen den Partizipanten gewahrt wird. Um die Frage der

unmarkierten Sprachwahl zu klären und somit auch das für die aktuelle Situation

gültige RO-Set herauszufinden beziehungsweise auszuhandeln, werden zu Beginn

der Konversation mehrere Sprachen eingeführt.

5.1.5 Vergleichende Übersicht der vier Kategorien

Ein Vergleich der vier von Myers-Scotton aufgestellten Kategorien zeigt, dass

sich CS selbst als unmarkierte Wahl in einem wesentlichen Punkt von den drei

anderen Kategorien unterscheidet. Diese Unterscheidung basiert in erster Linie

darauf, ob die Funktion des CS auf der Mikro- oder auf der Makroebene der

Konversation situiert ist.137 Die Mikroebene bezieht sich auf die konkrete Stelle

des Sprachwechsels im Diskurs, während die Makroebene die gesamte Konver-

sation betrifft.

Beim CS als markierte Wahl, CS als Abfolge unmarkierter Wahlen und CS als

explorative Wahl ist jeder einzelne Sprachwechsel individuell an der konkreten

Stelle seines Vorkommens funktionstragend und agiert somit auf der Mikroebene

der Konversation. Innerhalb der Kategorie des CS selbst als unmarkierte Wahl

hingegen weisen einzelne Sprachwechsel laut Myers-Scotton keine individuelle

Funktion auf, sondern dienen in ihrer Gesamtheit der Konstituierung einer

bilingualen Sprechweise. Die Funktion des Sprachwechsels innerhalb dieser

Kategorie ist somit auf der Makroebene der Konversation anzuordnen, da durch

die Entscheidung für einen bilingualen Gesprächsmodus Gruppenzugehörigkeit

und bikulturelle Identität der Sprecher ausgedrückt werden.

In struktureller Hinsicht unterscheidet sich CS selbst als unmarkierte Wahl von

den anderen Kategorien durch häufiges intrasentential CS, während beim CS als

markierte Wahl, CS als Abfolge unmarkierter Wahlen und CS als explorative

Wahl überwiegend intersentential CS zu finden ist.

137 Die Termini Mikroebene und Makroebene werden in diesem Zusammenhang in Anlehnung an Gardner-Chloros/Charles/Chesire (2000) verwendet.

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Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 43

5.2 Einordnung der Sprachsituation an der Deutschen Schule

Barcelona in das Modell der Markiertheit

Wie bereits in Kapitel 3.3 dargestellt wurde, handelt es sich bei Esplugisch um

eine Sprachpraxis, die nur von den Schülern der DSB verwendet wird. Für die

Sprecher ist es das unmarkierte Sprachverhalten, innerhalb einer Konversation mit

anderen Mitschülern zwei Sprachen zu verwenden. Esplugisch ist somit in erster

Linie als CS selbst als unmarkierte Wahl zu klassifizieren und fungiert als

Gruppenidentifikationsmerkmal.138 Einige Schüler, die dazu befragt wurden, mit

wem und warum sie Esplugisch reden, gaben an, dass sie besonders häufig die

Sprache wechseln, um beispielsweise zu vermeiden, dass andere anwesende

Personen sie verstehen: „Wenn wir zum Beispiel im Bus sitzen und nicht wollen,

dass andere Leute unserem Gespräch folgen können, sprechen wir untereinander

sehr häufig Esplugisch. So können uns weder andere Deutsche noch andere

Spanier verstehen.“139 Auch auf den verteilten Fragebögen140 unterstreichen

Aussagen wie „Porque mis amigos también lo hablan“ oder „Das kommt auto-

matisch, wenn man hier zur Schule geht“ die Funktion des CS als Gruppen-

identifikationsmerkmal. Das Sprachverhalten der Schüler der DSB erfüllt somit an

der DSB die bereits erwähnten „unifying and separatist functions“141 von Sprache.

Die Schüler grenzen sich nach außen von Nicht-Mitgliedern ab und signalisieren

gleichzeitig Zusammengehörigkeit.

Überdies bringen die Schüler durch die Verwendung der beiden Sprachen Deutsch

und Spanisch innerhalb einer Konversation ihre bikulturelle Identität zum Aus-

druck. Wie bereits in Kapitel 3.2 ausgeführt, handelt es sich bei den Mitgliedern

der Sprachgemeinschaft der DSB um eine äußerst heterogene Gruppe, der sowohl

Schüler spanischer als auch deutscher Staatsangehörigkeit angehören. Die Wahl

des CS selbst als Sprachpraxis erfordert keine Entscheidung für oder gegen die

mit der einen oder anderen Sprache verbundenen Werte und Vorstellungen,

sondern erlaubt es, beide miteinander zu verbinden. Scheu führt an, dass jede

Kultur zahlreiche grundlegende Charakteristika aufweist, die für den Erhalt und

die Vermittlung derselben von essentieller Wichtigkeit sind, während die gleichen

138 Der Begriff „Gruppe“ bezieht sich hier auf die Mitglieder der Sprachgemeinschaft, also auf die Schüler der DSB. 139 Zu dieser Aussage liegen keine Gesprächsaufnahmen vor. 140 Siehe Kapitel 3.3 und Anhang A2. 141 Garvin /Mathiot (1970): 369. Zitiert nach: Hoffmann (1991): 202.

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Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 44

Werte für die kulturelle Identität einer anderen Gruppe relativ unbedeutend sein

können.142 Im Falle des hier vorliegenden Sprachenpaares lässt sich nicht verall-

gemeinernd sagen, worin die Unterschiede zwischen den mit den einzelnen

Sprachen verbundenen Werten explizit bestehen. Es ist vielmehr relevant, was der

einzelne Schüler individuell mit Deutschland und der deutschen Sprache auf der

einen Seite und Spanien und der spanischen Sprache auf der anderen Seite

verbindet. Für den einen stellt Deutsch die Sprache dar, die er im familiären

Umfeld spricht, während andere in der Familie nur Spanisch reden. Um dieser

Heterogenität Rechnung zu tragen, bietet sich CS selbst als unmarkierte Wahl als

Interaktionsmodus an.

Auch in struktureller Hinsicht lassen sich die von Myers-Scotton für CS selbst als

unmarkierte Wahl dargestellten Merkmale feststellen. Es finden sich beispiels-

weise besonders viele satzinterne Sprachwechsel:

(64) Und in Bio lo que preguntó fue a tope de unfair. (Nr. 20, 40)

(65) Und also wir kommen da en la entrada und die machen uns ein sello que era

un cerdo. (Nr. 19, 39)

Auch die für CS selbst als unmarkierte Wahl charakteristischen Sprachwechsel

innerhalb eines Wortes treten auf:

(66) Ich hab flipiert. (Nr. 19, 39)

(67) Da kannst du total viel bebieren. (Nr. 16, 33)

Ein weiteres strukturelles Merkmal von CS selbst als unmarkierte Wahl ist laut

Myers-Scotton die Existenz einer Matrixsprache. Im untersuchten Korpus lässt

sich auf der Makroebene einzelner Konversationen in den meisten Fällen Spa-

nisch als Matrixsprache feststellen.143 Es handelt sich beim Sprachwechsel

überwiegend um Insertionen, die keinen Wechsel der Matrixsprache nach sich

ziehen, so dass auch auf der Mikroebene nur wenige Gesprächsteile mit deutscher

Matrixsprache entstehen. Insgesamt kann also für die DSB Spanisch als Matrix-

sprache angenommen werden.

142 Vgl. Scheu (2000): 134. 143 Vgl. Kapitel 2.1.

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Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 45

Auch CS als Abfolge unmarkierter Wahlen lässt sich an der DSB vereinzelt

feststellen. Allerdings handelt es sich in diesen Fällen meistens nicht um Ge-

spräche unter Schülern. Im folgenden Beispiel unterhält sich Sprecherin 48 im

Rahmen eines Personenratespiels mit ihrem Mitschüler (Sprecher 49) auf Esplu-

gisch. Während des Gespräches wendet sie sich an einer Stelle an die ebenfalls

anwesende, aber bisher nicht involvierte Sprecherin 59, die kein Mitglied der

Sprachgemeinschaft ist:144

(68) 48 [ < y qué >1 < es < Bustamante >2>3 bueno uno de 1 [ 49 [ no pero podría haberlo sido ((lacht)) 2

48 [esos pringados no a vale sí 3 [ 49 [ sí < Manuel Carasco >4 no se quien es supongo que 4

48 [ < ehm >5 . < können wir auch von Schülern von hier >6 weil 5 [ 49 [sea de esto . 6

48 [so ist das lustiger 7 [ 49 [ sisisi . a ver es auch un pallazo und ehm [...] 8 [ 59 [ klar 9

< ? >1,3,6 < Eigenname > 2,4 < Adressatenwechsel >5 (Nr. 24, 9:35)

Dieser Adressatenwechsel, der eine Veränderung der situativen Merkmale

darstellt, geht mit einem Wechsel der Interaktionssprache ins Deutsche einher. Da

die Konversation nun nicht mehr unter Gruppenmitgliedern stattfindet, wird CS

selbst als unmarkierte Wahl aufgegeben. Mit der Wahl der deutschen Sprache

reagiert Sprecherin 48 auf die ihr bekannte Tatsache, dass Sprecherin 59 aus

Deutschland kommt und somit eine kompetente Sprecherin des Deutschen ist.

Dieses Muster wird während des gesamten Gesprächsabschnittes beibehalten:

Sprecher 48 und 49 sprechen untereinander Esplugisch, wenden sich aber in

monolingual deutschen Äußerungen an Sprecherin 59.

Häufig tritt CS als Abfolge unmarkierter Wahlen auch beispielsweise innerhalb

einer Unterrichtsstunde auf, wenn Schüler sich zunächst untereinander auf

Esplugisch unterhalten und dann als Folge einer Veränderung der Teilnehmer-

konstellation mit dem Lehrer Deutsch oder (je nach Unterrichtsfach) Spanisch

sprechen.

144 Bei Sprecherin 59 handelt es sich um die Verfasserin selbst, die wie bereits in Kapitel 3.3 erläutert, während der Aufnahmen anwesend war, sich aber – bis auf diese Ausnahme – nicht am Gespräch beteiligte.

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Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 46

CS als explorative Wahl tritt an der DSB selten auf. Für die meisten Gesprächs-

situationen ist die jeweils unmarkierte Sprache (beispielsweise Deutsch als

Unterrichtssprache beziehungsweise Spanisch im Gespräch mit spanischen

Lehrern) konventionell festgelegt, oder stellt CS selbst die unmarkierte Wahl dar.

Lediglich gegenüber unbekannten Gesprächspartnern nutzen die Schüler ihre

Bilingualität im Sinne des CS als explorative Wahl aus, um eine gemeinsame

Interaktionssprache auszuhandeln, die sowohl für den Schüler selbst als auch für

den Gesprächspartner akzeptabel ist. Diese Art des Sprachwechsels tritt allerdings

in erster Linie in Konversationen mit Sprechern auf, die der Sprachgemeinschaft

nicht angehören. Daher finden sich im vorliegenden Korpus, welches sich auf

Schülergespräche beschränkt, keine Belege. Es können jedoch Erfahrungen der

Verfasserin selbst mit dieser Art des CS herangezogen werden. Da sie während

ihres Aufenthaltes an der DSB den Schülern zum Beispiel bei Gesprächen in den

Pausen zunächst als unbekanntes Nicht-Mitglied der Sprachgemeinschaft gegen-

übertrat, wurden ihr häufig zu Beginn einer Konversation beide Sprachen angebo-

ten.145 Dies geschah entweder durch den abwechselnden Gebrauch beider Spra-

chen, oder aber durch eine Wiederholung einer Äußerung in beiden Sprachen. Je

nach sprachlicher Reaktion seitens der Verfasserin wurde das Gespräch nach einer

einführenden Phase durch CS als explorative Wahl auf Deutsch oder Spanisch

fortgeführt. Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass sich die Struktur des in diesen

Situationen auftretenden CS von der im Korpus beobachteten unterschied. Die

Sprachwechsel fanden in der Regel intersentential statt, während das im Korpus

überwiegende intrasentential CS und die daraus resultierende Insertion einzelner

Lexeme vermieden wurden.

Auch für CS als markierte Wahl lassen sich im vorliegenden Korpus keine

Belege finden. Es lässt sich wiederum nur aufgrund eigener während des Aufent-

haltes an der DSB gemachter Beobachtungen festhalten, dass Schüler häufig in

Situationen, in denen sie beispielsweise die Autorität des Lehrers nicht anerken-

nen oder Verärgerung zum Ausdruck bringen wollen, ins Spanische wechseln und

somit die im Rahmen von Unterrichtsgesprächen mit deutschen Lehrern als

markiert anzusehende Sprachwahl treffen.

145 Im Unterschied zu der im vorhergehenden Kapitel geschilderten Situation ist hier den Schülern die Herkunft und Sprachkompetenz der Verfasserin nicht bekannt.

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Kapitel 5: Soziale Funktionen des Code-Switchings 47

Das Sprachwahlverhalten einzelner Schüler, bei denen die Annahme einer

bikulturellen Identität fraglich ist, unterscheidet sich deutlich von dem der

anderen Sprecher. Schüler, deren persönlicher Bezug zu Deutschland gering ist,

scheinen eher eine zwar bilinguale, aber monokulturell spanische Identität

aufzuweisen. Oft nehmen diese Schüler explizit eine ablehnende Haltung gegen-

über Deutschland ein. Diese spiegelt sich auch in ihrem Sprachverhalten wider.

Der folgende Gesprächsausschnitt verdeutlicht dies:

(69) 54 [< te gusta estar en este cole >1 yo odio todo esto [...] 1 [ 55 [ sí por los Freunde y todo eso 2

54 [es que . por ejemplo yo no tengo Freunde en este colegio sabes y voy con 3

54 [gente que va a otra Schule . y entonces . pues . me da igual sabes tanto si 4

54 [fuera a este/ a esta Schule como si fuera cualquier otra . quedaría con < la 5

54 [misma Leute >2 sabes entonces me da igual . si no me gusta el Deutsch no 6

54 [sé por qué estoy en este cole sabes [...] ya he dicho que yo no quiero ir a 7

54 [esta Schule pero ellos no me hacen caso ellos quieren que me iré dos años 8

54 [más a la < Deutsche Schule >3 9

< ? > 1, < Interferenzerscheinung > ,< verächtlich >3 (Nr. 27, 2:04)

Sprecherin 54 unterstreicht mit ihrer Sprachwahl ihre ablehnende Haltung

gegenüber der DSB. Sie verwendet mit Ausnahme weniger Insertionen, die sich

auf den Frame „Schule“ beziehen146, ausschließlich die spanische Sprache. Die

Schülerin fühlt sich nicht als integriertes Mitglied der DSB und somit nicht als

Teil der Sprachgemeinschaft. Demzufolge teilt sie auch nicht deren Gesprächs-

praxis des häufigen Sprachwechsels. Diese Feststellung unterstreicht die Tat-

sache, dass CS selbst als unmarkierte Wahl als Gruppenidentifikationssymbol

fungiert. Sprecher, die sich nicht als Teil der Sprachgemeinschaft fühlen oder sich

bewusst von dieser abgrenzen wollen, teilen nicht die ansonsten übliche Sprach-

praxis der häufigen Sprachwechsel.

Die Ausführungen in diesem Kapitel haben gezeigt, dass CS selbst als unmarkier-

te Wahl an der DSB die verbreiteteste Art des Sprachwechsels darstellt. Der

Sprachwechsel ist somit unter sozialen Gesichtspunkten hauptsächlich auf der

Makroebene funktionstragend, indem durch die Bevorzugung eines bilingualen

146 Die Wahl des deutschen Lexems „Freunde“ in Zeile 1 ist wahrscheinlich motiviert durch dessen unmittelbar vorausgehende Verwendung durch Sprecherin 30 (Zeile 2) und dient als Mittel der Kohärenzschaffung (siehe Kapitel 6.2.2).

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 48

Gesprächsmodus gegenüber einer rein monolingualen Konversation Gruppenzu-

gehörigkeit und bikulturelle Identität zum Ausdruck gebracht werden. Laut

Myers-Scotton haben bei dieser Art des CS individuelle Sprachwechsel nicht

notwendigerweise eine eigene Funktion und sind lediglich innerhalb des bilingua-

len Gesamtmusters relevant.147 Diese Annahme soll im folgenden Kapitel für die

Sprachsituation an der DSB überprüft und revidiert werden.

6 Konversationelle Funktionen des Code-Switchings

Im Folgenden soll die Annahme, dass einzelne Sprachwechsel beim CS selbst als

unmarkierte Wahl nicht notwendigerweise eine individuelle Funktion ausüben, für

die DSB überprüft und revidiert werden. Es wird die Hypothese aufgestellt, dass

auch innerhalb dieser Kategorie viele Sprachwechsel auftreten, die zusätzlich zu

ihrer Funktion auf der Makroebene, die in der Konstituierung des CS selbst als

unmarkierte Wahl besteht, auch auf der Mikroebene der Konversationen fungie-

ren.148 Konversationelle Funktionen des CS beziehen sich auf den Beitrag des

Sprachwechsels zur Organisation einer Konversation.149

6.1 Ansätze zur Erforschung konversationellen Code-Switchings

In der Forschungsliteratur finden sich zahlreiche Fallstudien zu konversationellen

Funktionen des CS.150 Die Untersuchungen basieren weitgehend auf Gumperz,

der seine Dichotomie situatives versus metaphorisches CS151 in späteren Arbeiten

zu situativem versus konversationellem CS modifiziert.152 Entgegen der weit

verbreiteten Annahme, Gumperz habe lediglich eine terminologische Ver-

änderung vorgenommen153, scheint der wesentliche Unterschied jedoch darin zu

bestehen, dass konversationelles CS auch solche Sprachwechsel einbezieht, die

147 Vgl. Myers-Scotton (1993a): 117. 148 Vgl. Alfonzetti (1998): 182. 149 Auch Myers-Scotton selbst verweist auf eine mögliche rhetorische Funktion der individuellen Switches beim CS als unmarkierte Wahl. (Vgl. Myers-Scotton 1993a: 149). 150 Vgl. beispielsweise Alfonzetti (1998), Ben-Rafel (2001), Biegel (1996), Kovács (2001) und Moyer (1998). 151 Vgl. Blom/Gumperz (1972): 424ff . Siehe auch S. 34. 152 Vgl. Gumperz (1982): 59ff. 153 Vgl. beispielsweise Biegel (1996):11.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 49

nicht als Indizierung oder Modifikation sozialer Komponenten interpretiert

werden.154

Bailey charakterisiert konversationelles CS folgendermaßen:

„Conventionalized associations between particular codes and social worlds are at

least partially suspended by participants [...]. The direction of shift is not necessarily

the important dimension for discourse contextualization, but rather the act of

alternation itself. “155

Es handelt es sich somit nicht nur um eine terminologische Modifikation gegen-

über metaphorischem CS, sondern vielmehr um eine Erweiterung. Konver-

sationelles CS bezieht auch die Interpretation einzelner Sprachwechsel ein, die

allein auf der Grundlage von Myers-Scottons Modell der Markiertheit, welches

Sprachwechsel lediglich im Zusammenhang mit sozialen Aspekten berücksichtigt,

nicht erfasst werden. Nach dem Modell der Markiertheit leiten stets die mit den

einzelnen Sprachen innerhalb einer konkreten Interaktionssituation konventionell

assoziierten sozialen Aspekte die Interpretation durch den Hörer. Die konver-

sationellen Funktionen des CS hingegen sind größtenteils unabhängig von der

Richtung des Sprachwechsels und somit auch von den der jeweiligen Sprache

inhärenten sozialen Bedeutungsaspekten.156 Wichtig ist vielmehr die Gegenüber-

stellung zweier Sprachen selbst innerhalb einer Konversation.

Gumperz versteht CS als Kontextualisierungsstrategie („contextualization

cue“)157, die der Sprecher nutzt, um dem Hörer zu vermitteln, wie er seine

Äußerung verstanden wissen möchte. In Anlehnung an Gumperz definiert Auer

Kontextualisierung folgendermaßen:

„In very general terms, contextualization comprises all those activities by partici-

pants which make relevant/maintain/revise/cancel some aspects of context, which, in

turn, is responsible for the interpretation of an utterance in its particular locus of

occurrance.“158

154 Vgl. Bailey (2000): 171. 155 Bailey (2000):172. 156 Vgl. Li Wei (1998): 161. 157 Vgl. Gumperz (1982). 158 Auer (1995): 123.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 50

CS fungiert vor allem als Mittel, Diskurse zu strukturieren. Gleichzeitig übt es

häufig stilistische Funktionen aus.159 In einigen Fällen wirkt der Sprachwechsel

verstärkend auf sprachliche oder parasprachliche Mittel und Strategien, die auch

Monolingualen zur Verfügung stehen, wie beispielsweise die Intonation, die

Wortwahl oder die Wortstellung. In anderen Fällen ersetzt es diese Mittel und

eröffnet dem bilingualen Sprecher zusätzliche Möglichkeiten.160

Gumperz stellt eine Liste mit sechs Funktionen des konversationellen CS auf, die

sich in drei von ihm untersuchten Sprachgemeinschaften beobachten lassen.161

Zu kritisieren ist an dieser Liste die Tatsache, dass sie sehr heterogen ist.162 Als

Funktionen stehen sich beispielsweise „Reiteration“ und „Addressee Specifica-

tion“ gegenüber.163 Während Letzteres tatsächlich eine mögliche Funktion des CS

darstellt, handelt es sich bei „Reiteration“ um ein sprachliches Phänomen, das

dazu verwendet werden kann, bestimmte Funktionen zu erfüllen.

Viele weitere Studien zum konversationellen CS stellen, basierend auf Gumperz

Typologie, Listen von Funktionen auf.164 Auch auf diese trifft die an Gumperz

gerichtete Kritk weitgehend zu. Beispielsweise nennt Biegel „Eindruck erwecken“

auf einer Ebene mit „Tabu-Wörtern“165. Wiederum bezeichnet Letzteres keine

Funktion des CS, sondern lexikalische Einheiten, die häufig mit CS im Zu-

sammenhang stehen.

Dieser Heterogenität soll Einhalt gewährt werden. Einzelne sprachliche Phäno-

mene wie beispielsweise „Wiederholung“ werden daher nicht als eigene Funktion

aufgelistet, sondern unter dem jeweiligen Aspekt behandelt, den sie hervorrufen.

6.2 Analyse einzelner Sprachwechsel

Die folgenden Ausführungen liefern Beispiele möglicher Funktionen des CS, die

im vorliegenden Korpus häufig auftreten. Es handelt sich nicht um eine den

Anspruch der Vollständigkeit erhebende Typologie des CS, in die sich alle

empirisch auftretenden Sprachwechsel einordnen lassen. Die individuellen

159 Vgl. Heller (1988): 77. 160 Vgl. Gardner-Chloros/Charles/Chesire (2000): 1305. 161 Diese sechs Funktionen sind „Quotiations“, „Addressee specification“, „Interjections“, „Reiteration“, „Message Quualification“ und „Personalization versus objectivation“. Vgl. Gumperz (1982): 75ff. 162 Vgl. Bailey (2000):171. 163 Vgl. Gumperz (1982): 75ff. 164 Siehe Anmerkung 149. 165 Vgl. Biegel (1996): 35.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 51

Funktionen einzelner Sprachwechsel lassen sich vielmehr stets nur innerhalb ihres

sprachlichen und außersprachlichen Kontextes interpretieren. Da es sich um eine

interpretative Analyse handelt, sind die Funktionen prinzipiell unendlich erweiter-

bar.166 Die aufgeführten Beispiele sollen darlegen, auf welche Art und Weise CS

im Sinne eines Kontextualisierungshinweises fungieren kann und im Zusammen-

hang mit welchen linguistischen Strukturen sich einzelne Funktionen des Sprach-

wechsels im vorliegenden Korpus manifestieren.

Konversationelles CS hat in erster Linie strukturierende oder stilistische Funk-

tionen, beispielsweise die Abgrenzung bestimmter Äußerungen oder die Aus-

schmückung des Redebeitrags. Die einzelnen Funktionen werden jedoch nicht

explizit einer dieser beiden Kategorien zugeordnet, da in vielen Fällen beide

Aspekte gleichzeitig auftreten. Es wird lediglich eine Unterteilung in richtungsab-

hängige und richtungsunabhängige Sprachwechsel vorgenommen.167 Bei rich-

tungsabhängigen Sprachwechsel ist jeweils die Verwendung einer bestimmten

Sprache erforderlich, während es bei richtungsunabhängigen Sprachwechseln auf

die Gegenüberstellung zweier Sprachen selbst ankommt, also unabhängig davon,

von welcher Sprache in welche sich der Wechsel vollzieht. Einige Funktionen

lassen sich jedoch nicht eindeutig einer der beiden Kategorien zuordnen und

werden teilweise von richtungsunabhängigen, teilweise von richtungsabhängigen

Sprachwechseln erfüllt. Diese werden der Übersichtlichkeit halber nur einer

Kategorie zugeordnet, während auf die andere verwiesen wird.

Auch die strikte Trennung in einzelne Funktionen ist lediglich als theoretisches

Konstrukt zu verstehen, welches eine übersichtliche Darstellung möglicher

Funktionen gewährleisten soll. Aufgrund des interpretativen Charakters der

Analyse und der Multifunktionalität des CS168 lassen sich einzelne Sprachwechsel

in der Praxis mehreren Funktionen zuordnen, die nicht strikt voneinander getrennt

werden können. So geht beispielsweise mit einer Verstärkung der Expressivität

stets auch eine Betonung der jeweiligen Elemente einher. Die einzelnen Funktio-

166 Eine häufig geäußerte Kritik besteht darin, dass eine solche Auflistung konversationeller Funktionen nie abschließbar sei und somit keine Vorhersagen über das Auftreten eines Sprach-wechsels machen könne (Vgl. Auer (1995): 121). Diese Kritik erscheint in diesem Zusammenhang nicht angebracht, da es nicht die Absicht einer solchen Analyse einzelner Sprachwechsel ist, vorauszusagen, wann ein Sprachwechsel auftritt, sondern vielmehr darzustellen, wie CS vom Sprecher verwendet und vom Hörer interpretiert werden kann. 167 Diese Unterteilung wird in Anlehnung an Alfonzetti (1998) vorgenommen. 168 Vgl. Bailey (2000):165.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 52

nen sind somit nicht als getrennte Kategorien zu verstehen, sondern vielmehr als

sich gegenseitig beeinflussende Aspekte und Interpretationsmöglichkeiten des CS.

6.2.1 Richtungsabhängige Sprachwechsel

Sichern des Gesprächsflusses

Häufig wird CS dazu verwendet, durch die Insertion einzelner Lexeme aus der

eingebetteten Sprache den Gesprächsfluss in der Matrixsprache zu sichern. Viele

Informanten antworten auf die Frage, warum sie die Sprache wechseln: „Weil mir

ein Wort in der anderen Sprache nicht einfällt und es so einfacher ist.“169 Diese

Art des Sprachwechsels, die Grosjean als Phänomen des most available word170

bezeichnet, lässt sich auch im vorliegenden Korpus beobachten:

(70) 47 [sí pues vielleicht wi/ ehm kommt dann die . die . das trapo sucio von 1

47 [Amerika raus weißt du 2 [ 45 [ < was für trapos sucios kann Saddam Hussein wissen >11 3

< ? >1 (Nr. 23, 0:59)

In Zeile 1 signalisiert die wiederholte Verwendung des Artikels in Verbindung

mit kurzen Pausen, dass die Sprecherin nach einer passenden Formulierung sucht.

Statt des deutschen Ausdrucks „schmutzige Wäsche“ fällt ihr zunächst das

spanische Übersetzungsäquivalent „trapo sucio“ ein. Durch die Verwendung

dieser Insertion kann sie ihre Äußerung ohne Probleme fortführen.171 Auch im

folgenden Beispiel folgt die Insertion auf eine kurze Sprechpause, was auf

Formulierungsschwierigkeiten hindeutet. Diese werden wiederum durch einen

Sprachwechsel gelöst:

(71) 19 [weißt du die haben da . la minicadena sabes . der . < el trasto de mezcla >1 . 1 [ 20 [ sisi 2

19 [das ist jetzt verschwunden 3

< Mischpult >1 (Nr. 11, 1:09)

Durch die Insertion der spanischen Lexeme kann die Sprecherin ihren Turn

ungehindert weiterführen. Der Redefluss wird somit nicht nachhaltig gestört.

169 Auf dem Fragebogen zur Erfassung der Sprecherdaten (Anhang A2) gab die Mehrzahl aller Befragten dies als Hauptmotivation für einen Sprachwechsel an. 170 Grosjean (1982): 151. 171 Zur Wiederholung des Lexems durch Sprecherin 45 in der gleichen Sprache siehe Kapitel 6.2.2.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 53

In einigen Fällen wird der Gesprächsfluss auch dadurch gesteigert, dass kom-

plexere Einheiten der einen Sprache durch weniger komplexe Formulierungen der

anderen Sprache ersetzt werden. Die Sprecher folgen hier einem Ökonomie-

prinzip:

(72) 45 [< es un Teufelskreis que hasta gente importante de la ETA ya está en el 1

45 [gobierno >1 2

< ! >1 (Nr. 23, 5:55)

Hier wird durch die Insertion des deutschen Substantivs „Teufelskreis“ die

komplexere spanische Formulierung „círculo vicioso“ vermieden.

Auch im folgenden Beispiel ist die deutsche Insertion weniger komplex als das

spanische Übersetzungsäquivalent „signo de interrogación“:

(73) 13 [sólo he puesto un Fragezeichen y bueno [...] 1

(Nr. 7, 1:17)

Durch die Verwendung des weniger komplexen deutschen Lexems wird eine

Steigerung des Gesprächsflusses erreicht.

Auch die in Kapitel 4.1 bereits dargestellten häufigen Insertionen deutscher

Lexeme in Bezug auf die Schule können auf diese Weise interpretiert werden.

Durch den regelmäßigen Gebrauch der deutschen Sprache innerhalb des Unter-

richts sind die Schüler diesbezüglich mit den deutschen Lexemen vertrauter.

Diese stellen somit für sie jeweils das most available word dar, dessen Verwen-

dung einen kontinuierlichen Redefluss garantiert.

Diese Sprachwechsel lassen allerdings keine Verallgemeinerungen in Bezug auf

die Sprachkompetenz der Sprecher zu. Nur in wenigen Fällen liegt eine „echte“

Lücke im mentalen Lexikon der Sprecher vor. Oft handelt es sich vielmehr um

temporäre Erscheinungen. In den meisten Fällen sind den Sprechern die Über-

setzungsäquivalente jedoch durchaus bekannt. Gegen die Annahme mangelnder

Kompetenz spricht die Tatsache, dass die Sprecher in monolingualen Konversa-

tionen in der Lage sind, ohne Insertionen aus der jeweils anderen Sprache zu

kommunizieren. Außerdem lässt sich häufig beobachten, dass ein Sprecher

innerhalb der gleichen Konversation die jeweiligen Übersetzungsäquivalente der

von ihm verwendeten Insertionen äußert. Im folgenden Beispiel unterhalten sich

die Sprecher über die Lebensmittelpreise in Spanien und Deutschland:

1

2

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 54

(74) 48 [und so wie . jamón y así embutidos . auch . da . ich wollte so 1 [ 49 [ Obst und Fisch und alles 2

48 [ein bisschen Schinken < qué >1 aquí Schinken/ 3 [ 49 [ eh und außerdem ist der überall geräuchert 4

< ? >1 (Nr. 24, 15:39)

Sprecherin 48 verwendet zunächst das ihr geläufigere spanische Lexem „jamón“.

Dass es sich allerdings nicht um eine lexikalische Lücke im mentalen Lexikon der

Sprecherin handelt, zeigt die Verwendung des deutschen Übersetzungs-

äquivalentes in Zeile 3.

Füllen einer lexikalischen Lücke

Während die Sprachwechsel im vorhergehenden Kapitel dadurch ausgelöst

wurden, dass dem Sprecher einzelne Lexeme im aktuellen Sprachgebrauch

(Parole) nicht zur Verfügung standen oder nicht geläufig waren, handelt es sich

hier um Lücken im Sprachsystem (Langue) der einen Sprache. 172

In einigen Fällen greifen Sprecher auf Elemente der jeweils anderen Sprache

zurück, um lexikalische Lücken in der aktuellen Matrixsprache zu füllen. Halmari

formuliert diese Funktion des Sprachwechsels folgendermaßen:

„[...] gaps in the host language lexicon need to be filled. Even tiny differences in

connotational meanings may lead to resorting to the element of that language where

the intended idea is most accurately conveyed.“173

Auch im vorliegenden Korpus lassen sich einige Belege für diese Funktion des

Sprachwechsels finden:

(75) 45 [una persona ... que ... siempre es como . un poco Moralapostel sabes 1

(Nr. 22, 3:00)

Im Spanischen existiert kein Einzellexem, welches die Bedeutung des deutschen

Wortes „Moralapostel“ vollständig mit allen Konnotationen erfasst. Daher

verwendet die Sprecherin die deutsche Insertion.

172 Zur Dichotomie Langue/Parole siehe Anmerkung 47. 173 Halmari (1997): 165.

1

2 3 4

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 55

Auch im folgenden Beispiel wäre zur Erfassung sämtlicher Konnotationen der

Ausdrücke „juerga“ und „marcha“ eine komplexe Paraphrasierung notwendig, da

im Deutschen keine Übersetzungsäquivalente in Form von Einzellexemen

existieren:

(76) 33 [ja da gibt’s so ´ne total eh . coole Bar da kriegst du so´n Meter < chupitos >1 1

33 [[...] war ganz toll gestern . wir hatten total < juerga >2 gemacht und so 2

33 [< marcha >3 3

< ~ „Schnaps“>1, < ~ ausgehen > 2,3 (Nr. 16, 2:06)

Ein „chupito“ ist ein kleines Glas mit Alkohol, welches man in geselliger Runde

trinkt. Im Deutschen existiert kein adäquates Übersetzungsäquivalent. Auch die

Begriffe „juerga“ und „marcha“ bedürfen zur Erfassung ihrer Konnotationen im

Deutschen einer sehr komplexen Paraphrasierung, etwa: „abends mit Freunden

ausgehen, viel Spass haben, sich bewegen, laute Musik, häufig den Ort wechseln,

trinken, tanzen, spät nach Hause gehen“ etc. Ein Übersetzungsäquivalent in Form

eines einzelnen Lexems liegt nicht vor. Daher wechselt die Sprecherin ins

Spanische.

Analog zum Phänomen des most available word174 im vorhergehenden Abschnitt

könnte diese Funktion des Sprachwechsels als Verwendung des most fitting word

bezeichnet werden.

Anzeigen eines Adressatenwechsels

Häufig wird die Sprache gewechselt, wenn ein Sprecher sich an einen neuen

Adressaten wendet. Diese Art des CS kann sowohl richtungsabhängig als auch

-unabhängig sein. Richtungsabhängiges CS tritt in diesem Zusammenhang im

Rahmen der von Myers-Scotton aufgestellten Kategorie des CS als Abfolge

unmarkierter Wahlen auf. Ein Sprachwechsel tritt beispielsweise dann auf, wenn

ein Sprecher ins Gespräch involviert werden soll, der nur eine der beiden Spra-

chen spricht beziehungsweise den anderen Teilnehmern über dessen Sprach-

repertoire wenig bekannt ist. Dieser Fall wird in Kapitel 5.2 (Bsp. 68) mit einem

Gesprächsausschnitt belegt, in dem eine Sprecherin die Verfasserin selbst ins

Gespräch zu involvieren versucht.

174 Grosjean (1982): 151.

1

2

3

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 56

Richtungsunabhängig ist CS im Zusammenhang mit einem Adressatenwechsel in

den Fällen, in denen ein Sprecher dadurch formal angezeigt, dass er seine Äuße-

rung an einen anderen Sprecher richtet als die vorherige, unabhängig davon,

welche Sprache verwendet wird.175 Diesbezüglich finden sich aufgrund der

Zweierkonstellation der meisten Gespräche im vorliegenden Korpus keine Belege.

Triggering

Der auf Clyne zurückgehende Terminus triggering176 (auch: Auslösung177) bezieht

sich auf Sprachwechsel, die durch bestimmte lexikalische Elemente (trigger

words) in ihrem näheren sprachlichen Kontext ausgelöst werden. Triggering stellt

somit keine Funktion, sondern vielmehr eine Motivation des Sprachwechsels dar.

Die so genannten trigger words gehören beiden Sprachsystemen an. Es handelt

sich dabei um Elemente wie Lehnwörter oder Eigennamen. Clyne unterscheidet

zwischen anticipational triggering und consequential triggering.178 Beim antici-

pational triggering findet der Sprachwechsel vor dem trigger word statt, während

er beim consequential triggering auf dieses folgt.

Im vorliegenden Korpus finden sich vor allem Belege für Sprachwechsel, die

durch das Auftreten von Eigennamen motiviert sind: (77)

45 [du kannst nicht so weitermachen und die USA y Aznar lo van a hacer 1

(Nr. 23, 0:07)

Der Sprachwechsel wird hier durch den Eigennamen „Aznar“ ausgelöst. Es

handelt sich um anticipational triggering, da bereits vor dem Auftreten des

trigger word die Konjunktion „y“ erscheint.

Im nächsten Beispiel hingegen vollzieht sich der Sprachwechsel durch consequen-

tial triggering, da er erst auf den Romantitel „Homo Faber“ folgt, beziehungs-

weise mit dessen Auftreten eingeleitet wird.179

175 Vgl. McClure (1981): 81. 176 Vgl. Clyne (1987): 744. 177 Vgl. Clyne (1975): 28ff. 178 Vgl. Clyne (1987): 755. 179 Die Frage, ob das trigger word als Element beider Sprachen selbst schon Teil des Sprach-wechsels ist, oder dieser erst nach dessen Auftreten vollzogen wird, soll hier nicht diskutiert werden. Clyne fügt in diesem Zusammenhang lediglich an, dass „the literature tacitly assumes this [d. h. Sprachwechsel vor trigger word] to be the case“. Clyne (1987): 745.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 57

(78)

19 [como se lo toma todo o sea primero . el Homo Faber kommt nicht in die 1

19 [Arbeit rein 2

(Nr. 11, 6:02)

Zusätzlich lässt sich im Korpus eine weitere Klasse von trigger words auffinden.

Viele Sprachwechsel in Äußerungen mit spanischer Matrixsprache werden aus-

gelöst durch deutsche Insertionen aus dem Frame „Schule“ (siehe Kapitel 4.1.1): (79)

11 [< has ido en la octava ya al Schulfest >1 pero 1 [ 12 [ < claro >2 al/ al großen Schulfest 2

< ? >1, < ! >2 (Nr. 6, 4:11)

Die Verwendung des deutschen Adjektivs wird ausgelöst durch die Insertion des

Substantivs „Schulfest“. Clyne spricht in diesem Zusammenhang von contextual

triggering.180

Im folgenden Beispiel folgt der erste Sprachwechsel auf die Insertion des Sub-

stantivs „Biologie“, während der zweite durch das Auftreten des spanischen

Romantitels „Cinco horas con Mario“ motiviert ist. Bei Letzterem ist nicht

eindeutig festzulegen, ob es sich um anticipational triggering handelt und somit

die Interjektion „bueno“ einschließt, oder ob diese aufgrund der Tendenz der

Bevorzugung spanischer Gesprächswörter (siehe Kapitel 4.1.2) in spanischer

Sprache erscheint und der Sprachwechsel erst durch den spanischen Romantitel

ausgelöst wird: (80)

40 [pero . Biologie . war zu lang und in Spanisch . bueno < Cinco horas con 1

40 [Mario >1 un regalo del cielo no 2

< Romantitel >1 (Nr. 20, 7:26)

6.2.2 Richtungsunabhängige Sprachwechsel

Kennzeichnung von Zitaten und indirekter Rede

Eine der häufigsten Funktionen des CS besteht darin, eingefügte Zitate durch

einen Sprachwechsel als solche zu kennzeichnen.181 Im folgenden Beispiel zitiert

Sprecher 8 in Zeile 4 eine Mitschülerin, die wegen einer inszenierten Bomben-

drohung von der Schule verwiesen wurde.

180 Vgl. Clyne 1967: 90. 181 Als Zitate werden hier auch virtuelle Äußerungen anderer Sprecher bezeichnet.

1

2

1

2

1

2

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 58

(81)

7 [< el qué >1 1 [ 8 [ pero es que s/ . que si no haces angeben no tiene gracia 2

7 [ < a si >2 3 [ 8 [lo del Bombenalarm porque claro tenía que decir . ich hab ne 4

7 [ < pero lo dijo ella >3 5 [ 8 [Bombe inszeniert und das/ das war toll si < ? >1,2,3 (Nr. 4, 2:56)

Das Zitat wird hier zusätzlich zur expliziten Einleitung mit „tenía que decir”

durch einen Wechsel der Sprache gekennzeichnet. Auch im folgenden Beispiel

unterstützt CS die strukturierende Funktion der Sequenz „y mi madre me dice”: (82)

31 [entonces no . yo . estaba ahí y mi madre me dice < X. >1 < jetzt musst du 1

31 [mal aufhören zu spielen >2 y yo voll vor dem Computer allí 2

< anonymisierter Eigenname >1 < ! >2 (Nr. 15, 7:20)

Diese Beispiele zeigen, dass CS oft in Ergänzung zu sprachlichen Mitteln, die

auch monolingualen Sprechern zur Verfügung stehen, herangezogen wird.

Allerdings finden sich im Korpus auch viele Belege dafür, dass CS die Funktion

anderer sprachlicher Mittel, in diesem Fall die explizite Einleitung eines Zitates

durch ein Redeverb, übernimmt und diese somit ersetzt. In Beispiel (83) wird CS

neben der parasprachlichen Kennzeichnung durch die Intonation zum wichtigsten

Indikator für die Abgrenzung des Eigenzitates von Sprecherin 2: (83)

2 [el < X. >1 es imbécil < ich sags im Ernst >2 si eso que es tenerle delante 1

2 [y antes de la Stunde le voy y le doy/ ah hier haben Sie eine Aufgabe 2

2 [ich hab sie gestern gemacht y no se qué 3

< anonymisierter Eigenname >1 < ! >2 (Nr. 1, 0:15)

Es lassen sich auch Beispiele finden, in denen lediglich das Redeverb in einer

anderen Sprache erscheint und so den Anfang des Zitates kennzeichnet: (84)

1 [te ignora ich sags dir siempre lo hace 1 [ 2 [ no pero te ignora mirándote du weißt genau 2

1 [ ja ja aber 3 [ 2 [dass er dich anhört und dich anguckt y dices der verarscht mich 4

1 [der schaut dich an y dices ah bueno me ha visto < no >2 ahora vendra 5 [ 2 [ sí 6

< ? >1,2 (Nr.1, 1:04)

1

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 59

Zusätzlich zur strukturierenden Funktion erfüllt CS im Zusammenhang mit der

Wiedergabe von Äußerungen anderer Personen auch stilistische Funktionen. In

Beispiel (86) signalisiert der Sprecher durch den Sprachwechsel eine Distanz

gegenüber der von ihm zitierten Äußerung: (85)

12 [las ves como un objeto . tú < ah >1 esta es buena esta no es buena

11 [ pero (( lacht )) no sé 2 [ 12 [esta no sé qué hoy estás guapa hoy no estás guapa 3

11 [pero (( lacht )) no porque las chicas no sé también mira las chicas pero 4

11 [si me dicen las chicas son guapas ich bin schön ich bin hässlich ich bin 5

11 [soo ehh no sé pero (( lacht )) < no >2 6 [ 12 [ sí 7

< ? >2 < ! >2 (Nr. 6, 0:19)

Der Sprecher amüsiert sich über das eitle Verhalten einiger seiner Mitschülerin-

nen und distanziert sich durch den Sprachwechsel von der Äußerung, die er diesen

in den Mund legt.

Auch in Beispiel (84), in dem sich die Sprecherinnen über einige ihrer Mitschüler

unterhalten, erfüllt CS zusätzlich zur Strukturierung der Äußerung eine stilistische

Funktion: (86)

17 [ (( lacht )) 1 [ 18 [ves a los alemanes que vienen de Alemania die sind voll höhöhö en plan 2

17 [ . < y tú qué >1 tú 3 [ 18 [así ey geil ey Mann ey Bock ey en plan/ y todos son así ... bueno 4

17 [también cuando te emocionas [...] 5 [ 18 [ (( lacht )) 6

< ? >1 (Nr. 9, 4:43)

Der Sprachwechsel signalisiert hier in Verbindung mit der Wahl diaphasisch stark

markierter Lexeme182 der Äußerung in Zeile 4 die Antipathie der Sprecherin

gegenüber dem Verhalten einiger gerade aus Deutschland kommender Mitschüler.

Das folgende Beispiel zeigt, dass CS auch zur Abgrenzung indirekter Rede

herangezogen wird: (87)

2 [y luego preguntó wer das Buch dabei hatte y [...] 1

< ? >1,2,3 (Nr. 1, 2:23)

182 Für eine nähere Darstellung des Diasystems vgl. Coseriu (1981) und Koch/Oesterreicher (1990): 13ff.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 60

Myers-Scotton klassifiziert die Kennzeichnung von Zitaten als CS als Abfolge

unmarkierter Wahlen, da die Absicht des Sprechers darin bestehe, die Original-

sprache der Äußerung beizubehalten, die der unmarkierten Sprachwahl ihres

Ausgangskontextes entspricht.183 Auch im vorliegenden Korpus wird in einigen

Fällen durch den Sprachwechsel die Originalsprache einer wiedergegebenen

Äußerung imitiert: (88)

2 [ hmm 1 [ 1 [mientras estabas haciendo lo del eh < . >lo de la Regel de Mathe lo de 2

2 [ayer pues me dice < X. >1 < verstehst du’s jetzt besser >2 y yo jaja y

2 [no sé que 4

< anonymisierter Eigenname >1 < ? >2 (Nr. 1, 0:32)

Die eingefügten Sequenzen sind Äußerungen aus einem Gespräch zwischen

einem Lehrer und einer Schülerin innerhalb des Mathematikunterrichtes. Als

Originalsprache wird somit Deutsch angenommen. Der Sprachwechsel in Zeile 3,

der zur Beibehaltung dieser Sprachwahl führt, verleiht der Äußerung ein höheres

Maß an Authentizität und lässt sie gleichzeitig lebendiger erscheinen.

Die Beibehaltung der Originalsprache scheint allerdings nicht immer das Ziel

dieser Art des Sprachwechsels zu sein.184 Es handelt sich vielmehr in erster Linie

darum, die Zitate formal von den eigenen aktuellen Äußerungen abzugrenzen. Im

folgenden Beispiel unterhalten sich zwei Schülerinnen über einen Gesangswett-

bewerb in Deutschland: (89)

3 [und außerdem die Sänger die . ein ganzes Leben lang so so ehm . 1

3 [ ja arbeiten . kommen andere und/ drei Monate die Superstars 2 [ 4 [arbeiten und so 3

3 [und < vamos a grabar un disco >1 ((lacht )) < soy superguay > 2 4 [ 4 [ (( lacht )) ja 5

< ! >1,2 < „ich bin supertoll“ >2 (Nr. 25, 1:07)

Da es sich um einen deutschen Gesangswettbewerb handelt, wird davon ausge-

gangen, dass die Originalsprache185 der eingefügten Äußerung Deutsch ist.

Dennoch wechselt die Sprecherin ins Spanische. Sie beabsichtigt folglich nicht

183 Vgl. Myers-Scotton (1993a): 117. 184 Daher auch die Klassifizierung als richtungsunabhängiges CS. 185 „Originalsprache“ bezieht sich in diesem Fall, da es sich nicht um ein tatsächlich geäußertes, sondern um ein virtuelles Zitat handelt, auf die für die jeweilige Äußerung erwartete Sprache.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 61

eine Imitation der Originalsprache, sondern vielmehr eine formale Abgrenzung

der Äußerung, die sie andere Sprecher (in diesem Fall die Superstars) sagen lässt.

Das nächste Beispiel zeigt noch einmal deutlich die strukturierende Funktion des

CS bei der Kennzeichnung von Zitaten: (90)

17 [yo había quedado con < A. >1 el sábado [ 21 [ < ja >2 ich hab die die < B. >3 gefragt 2

21 [que si . si iba a venir el sábado con nosotros con con < C. >4 < D . >5 3

17 [ y < qué te dijo >7 < y qué >8 4 [ 21 [< E. >6 y yo en en Castelldefels dijo que ah sie wusste 5

21 [noch nicht ob sie was mit ihren Eltern macht porque es ist ja ihr . 6

17 [ ja luego pues lo 7 [ 21 [Geburtstag pero que . que bueno sie würde mal gucken 8

17 [que p/ es que mira < B >9 me dijo < ah wieso machen wir das nicht ehm 9

17 [am Samstag >10 porque me va mejor no [...] 10 [ 21 [ hmmm [...] 11

17 [o sea er konnte am Freitag nicht entonces hab ich die < B. >11 angerufen 12

17 [< B.>12< por qué no la tomamos el sábado>13 no se que . me era mejor 13

17 [pues dann ging es zum Schluss am Samstag 14

< anonymisierter Eigenname >1, 3, 4, 5, 6, 9, 11, 12 < ! >2 < ? > 7, 8, 10 (Nr. 10, 1:54)

Die Kennzeichnung der Zitate durch CS kontextualisiert die einzelnen Äußerun-

gen und erleichtert für den Hörer so das Verständnis. Vor allem in den Fällen, in

denen ein Zitat ohne explizites Redeverb eingefügt wird (beispielsweise in den

Zeilen 12 und 13) übernimmt der Sprachwechsel diese gliedernde Funktion.

Die ausführliche Darstellung des CS im Zusammenhang mit der Einfügung von

Äußerungen anderer Sprecher zeigt deutlich, dass Sprachwechsel in vielen Fällen

multifunktional sind. Es ist unmöglich, sie strikt nach einer jeweils ausgeübten

Funktion zu trennen, da häufig gleichzeitig strukturierende und stilistische Effekte

erzielt werden.

Code-Switching als Korrektursignal

Korrekturen betreffen zum einen die formale Ebene, wobei der Sprecher eine

sprachliche Reformulierung einer meist unvollendeten Äußerung vornimmt.

Zum anderen beziehen sich Korrekturen auf die inhaltliche Ebene. In diesen

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 62

Fällen handelt es sich meistens um die Präzisierung186 einer vorhergehenden

Äußerung.

Ein häufiges Verfahren bei der Korrektur eigener oder fremder Äußerungen ist die

Verwendung von Gesprächswörtern.187 In vielen Fällen folgt auf das Gesprächs-

wort ein Sprachwechsel, der zusätzlich signalisiert, dass der Sprecher eine

Korrektur seiner Äußerung vornimmt. In den folgenden Beispielen handelt es sich

um Präzisionen, die durch einen Sprachwechsel in Verbindung mit einem Ge-

sprächswort eingeleitet werden:

(91) 17 [porque . que soy muy mala . o sea ich bin sprachlich . unbegabt total 1

(Nr. 9, 6:01)

(92) 41 [und Mathematik sehr schlecht . bueno fatal . y eso [...] 1

(Nr. 20, 2:21)

Während der Sprachwechsel Spanisch – Deutsch in Beispiel (91) erst nach dem

Gesprächswort stattfindet, schließt der Wechsel Deutsch – Spanisch in Beispiel

(92) das Gesprächwort ein. Dieses Muster ist auf die in Kapitel 4.1.2 dargestellte

Präferenz für die Verwendung spanischer Gesprächswörter zurückzuführen. In

beiden Fällen unterstützt CS die Funktion des Gesprächswortes, eine Präzisierung

der vorhergehenden Äußerung einzuleiten.

Häufig erfolgt eine sprachliche Korrektur allerdings „ohne explizites Signal durch

bloßen Abbruch“188. In Beispiel (93) signalisiert der Sprachwechsel selbst, dass

der Sprecher eine Reformulierung seiner Äußerung vornimmt und übernimmt

somit die Funktion eines Gesprächswortes: (93)

9 [pero da igual no te/ die werden dir ja nicht sagen/ . no te van a decir nada 1

(Nr. 5, 1:07)

Die Sprecherin bricht die Formulierung ihrer Äußerung zwei Mal ab, wobei der

Beginn einer Reformulierung jeweils durch einen Sprachwechsel gekennzeichnet

wird.

Auch in den Beispielen (94) und (95) brechen die Sprecher ihre Äußerung abrupt

ab und wechseln die Sprache, um neu zu formulieren: 186 Vgl. Koch/Oesterreicher (1990): 63. 187 In Kapitel 4.1.2 wurde bereits gezeigt, dass diese sowohl in Äußerungen mit deutscher als auch mit spanischer Matrixsprache fast ausschließlich in spanischer Sprache realisiert werden. 188 Koch/Oesterreicher (1990): 62.

Page 64: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 63

(94)

31 [yo también hacía/ bueno mirieren un poco pero al principio no me/ . hat mir 1

31 [nicht gefallen [...] 2

(Nr. 15, 2:36)

(95)

41 [und ehm < qué más >1 habt ihr/ aber hast du immer/ a quién tenías en 1

41 [séptimo >1 2

< ? >1 (Nr. 20, 11:59)

Code-Switching als Überbrückungsphänomen

Aufgrund der großen Spontaneität gesprochenener Sprache müssen die Sprecher

auf bestimmte Verfahren und Elemente zurückgreifen, „die es erlauben, den

Formulierungsvorgang in den Diskurs hineinzutragen“189. Durch so genannte

Überbrückungsphänomene wird zum einen Planungszeit gewonnen und zum

anderen die Rezeption erleichtert.190 Im vorliegeden Korpus werden die Elemente,

die als Überbrückungsphänomene fungieren, häufig durch einen Sprachwechsel

von der eigentlichen Äußerung abgegrenzt: (96)

7 [ no p/ no 1 [ 8 [< pero piensa volver el Vater o qué >1 o se/ piensa quedar alla 2

7 [puede volver 3 [ 8 [ pero . ich meine . de vacaciones o al Valle de la Peña o algo 4

< ? >1 (Nr. 4, 0:38)

(97)

45 [also . ich fang an ich denk mir jemand aus . warte 1 [ 46 [ okay < wenns ´ne Blume wär >1 2

45 [warte < ich muss mir erst jemand ausdenken >2 . la calma a ver ehmmm ja 3 [ 46 [ ach so `schuldigung 4

45 [ich hab jemanden 5 [ 46 [ okay < wenns ´ne Blume wär >3 6

< ? >1,3 < lachend >2 (Nr. 22, 0:00)

Häufig ist in diesem Zusammenhang eine Wiederholung in beiden Sprachen zu

beobachten, wodurch der Sprecher zusätzliche Zeit gewinnt, seine Äußerung

fortzuführen:

189 Koch/Oesterreicher (1990): 60. 190 Als Überbrückungsphänomene fungieren auf sprachlicher Ebene beispielsweise auch lautliche Dehnungen, Wiederholungen, bestimmte Laute wie „eh“ und wiederum Gesprächswörter.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 64

(98)

30 [no sé qué hora . weiss ich auch nicht wann und ehm [...] 1

(Nr. 15, 0:57)

(99)

38 [< quiénes vais >1 1 [ 39 [ hmm < A., B., C >2 ehm . el < D. >3 . el < E. >4 . no sé

39 [ich weiß nicht . pero a mi me da a tope de/ [...] 3

< ? >1 < anonymisierte Eigennamen >2, 3, 4 (Nr. 19, 1:24)

Schaffen von Kohärenz

CS kann in bilingualen Diskursen als kohärenzschaffendes Mittel verwendet

werden.191 Diesbezüglich lassen sich zwei Strategien beobachten.

In mündlichen Diskursen wird Kohärenz vor allem durch die Verwendung von

Elementen zum Ausdruck gebracht, die in einer Kontiguitätsrelation zueinander

stehen.192 Diese Kohärenz auf der inhaltlichen Seite wird formal häufig durch

insertional CS unterstrichen:

(100)

11 [ella dijo que la m/ ehm los tios no . no trabajan en casa . no hacen ninguno 1

11 [braten pues yo mira 2 [ 12 [ espera < tú qué haces >1 < hilfst du deiner Mutter >2 3

11 [hago bügeln . hagooo hago . qué hago más ((lacht)) Tisch decken [...] 4

11 [< qué es más helfen >1 hago kochen cuando mi madre no está en casa para 5

11 [mí gab’s Spaghetti gab/ hab/ hab ehm ((lacht)) en la 6 [ 12 [ meter en el agua ((lacht)) 7

11 [Mikrowelle solamente pero [...] 8 [ 12 [ oh no te olvidas la/ el Salz [...] 9

12 [y justo cuando llego lo primero que hago es subir dejar mis cosas ya en el 10

11 [ tan tarde aaaaa lo siento yo lo hago al/ antes 11 [ 12 [cuarto y das Bett machen 12

11 [ < y tú haces ehm Tisch decken >2 13 [ 12 [((lacht)) < claro cada día >3 además hago 14

11 [ bügeln < haces bügeln >4 15 [ 12 [kochen porque mi madre llega tarde cada día nnnnn/ 16

11 [a a a oigo una cosa espera 17 [ 12 [ le gusta más a mi hermana . bügeln 18

< ? >1,2,4 < ! >3 (Nr. 6, 1:10)

191 Vgl. Brinker/Sager (1996): 72ff. 192 Vgl. Brinker/Sager (1996): 74.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 65

Die zur Isotopieebene „Haushalt“ gehörenden Elemente „braten“, „bügeln“,

„Tisch decken“, „helfen“, „kochen“, „Spaghetti“, „Mikrowelle“, „Salz“ und „das

Bett machen“, die in diesem Gesprächsausschnitt kohärenzbildend sind, werden

formal durch die Verwendung der deutschen Sprache verbunden.

Auch die auf die Schule referierenden deutschen Insertionen erfüllen diese

Funktion der Kohärenzbildung.

Die zweite Möglichkeit, mit Hilfe von CS Kohärenz zu schaffen, besteht darin,

einzelne Elemente in der Sprache zu wiederholen, in der sie vom Sprecher selbst

oder von anderen Sprechern eingeführt wurden:193 (101)

13 [porque normalmente . wenn du oft woanders sitzt < no >1 . y bueno hay el 1

13 [examen . y te sientas a otro sitio . anda que nos aojan 2 [ 14 [ ah no . < pero ella se 3

13 [ sí 4 [ 14 [sentó woanders >2 5

< ? >1,2 (Nr. 7, 3:02)

Durch die Wiederholung des deutschen Lexems „woanders“ in Zeile 5 drückt die

Sprecherin auch formal den Bezug zum vorhergehenden Redebeitrag aus. In

Beispiel (102) erfüllt die Insertion des spanischen Lexems „grabación“ die gleiche

Funktion: (102)

47 [y luego si ya tiene una grabación . dass das dann . rauskommt 1 [ 45 [ < was sollte 2

45 [an einer grabación . gefährlich/ eh was >1 3

< ? >1 (Nr. 23, 0:52)

Anzeigen eines Themenwechsels

In bilingualen Konversationen geht ein Wechsel des Gesprächsthemas häufig mit

einem Sprachwechsel einher. Im folgenden Gesprächsausschnitt unterhalten sich

die Sprecher zunächst über ihre „Wochenarbeit“: (103)

49 [mir ist es so ziemlich egal . aber ich mein so am letzten Tag so voll schnell 1

48 [ah ich nicht ich muss voll eine Woche . bevor anfangen 2 [ 49 [hööö ich/ es que . einen Tag 3

49 [vor der Wochenarbeit . < pillier >1 ich erst was ich . was ich überhaupt da 4

193 Vgl. Ben-Rafel (2001): 292. In Anlehnung an Ben-Rafel wird keine Unterscheidung zwischen Kohärenz und Kohäsion vorgenommen.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 66

48 [ < cómo habéis hecho 5 [ 49 [machen soll . < a ver >2 < qué más pone aquí >3 6

48 [erleben el once de septiembre >4 7

< „verstehe“>1 < schaut auf einen Zettel >2 < ? >3,4 (Nr. 24, 2:12)

Durch den Sprachwechsel in Zeile 6 signalisiert der Sprecher, dass das Gesprächs-

thema „Wochenarbeit“ beendet ist und leitet einen thematisch neuen Gesprächs-

abschnitt ein. Auch in Beispiel (104) ist der Sprachwechsel in Zeile 4 in diesem

Sinne als Gliederungsstrategie zu interpretieren: (104)

23 [ich hatte keine Zeit diese neun Bücher aus/ also zu lernen . diese neun 1

22 [ hmm 2 [ 23 [Bücher zu lernen por eso está bueno . ich mach die/ Spanisch mündlich und 3

22 [ < y Englisch te fue 4 [ 23 [die anderen Bücher für Englisch sind ja nicht so viele 5

22 [bien o no >1 < sí >2 < pero el tema era difícil o >3 6 [ 23 [ más o menos sí 7

< ? >1,2,3 (Nr. 12, 0:29)

Die Sprecher unterhalten sich zunächst über die unmittelbar bevorstehenden

mündlichen Prüfungen. In Zeile 4 lenkt Sprecher 22 das Gespräch auf die bereits

geschriebenen Abiturklausuren und kennzeichnet diesen Themenwechsel formal

durch einen Wechsel der Sprache. Im Gegensatz zu Myers-Scottons Klassifikation

dieser Art des CS als Abfolge unmarkierter Wahlen194 wird hier die Annahme

vertreten, dass die Richtung des Sprachwechsels irrelevant ist. Es wird nicht ein

Gesprächsthema mit einer bestimmten Sprache in Verbindung gebracht, sondern

durch den Sprachwechsel wird das neue Thema formal vom vorhergehenden

abgegrenzt. Dass der Sprachwechsel nicht auf einer Affinität zwischen Sprache

und Thema beruht, wird auch dadurch deutlich, dass häufig nach der das Thema

einführenden Äußerung weitere Sprachwechsel stattfinden.195

Diese Art des CS erfüllt in einigen Fällen zusätzlich zur Strukturierung des

Gesprächsabschnitts eine phatische Funktion196: durch den mit dem Beginn eines

neuen Themas einhergehenden Sprachwechsel erreicht der Sprecher, dass die

Aufmerksamkeit des Hörers für das neue Gesprächsthema geweckt wird.

194 Vgl. Myers-Scotton (1993a): 114. 195 Vgl. Alfonzetti (1998): 198. 196 Phatische Nachrichten dienen in erster Linie dazu, „to establish, to prolong, or to discontinue communication, to check whether the channel works, to attract the attention [...] or to confirm his continued attention.“ Jakobson (1960): 355.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 67

Abgrenzung von Kommentaren

Eine weitere strukturierende Funktion des Sprachwechsels besteht in der Ab-

grenzung von Kommentaren. Die Sprecher nutzen ihre Bilingualität, um eine mo-

mentane Unterbrechung des Hauptthemas einzuleiten und danach zu diesem

zurückzukehren.197

Im folgenden Beispiel unterhalten sich zwei Mitschülerinnen über das Verhalten

ihres Mathematiklehrers: (105)

2 [luego cuando estabamos haciendo las Aufgaben por cierto ich hab nichts 1

1 [ < hm >1 2 [ 2 [verstanden . yo estaba al lado de él [...] 3

< Zustimmung >1 (Nr.1, 0:41)

Sprecherin 2 unterbricht ihre Erzählung durch einen Kommentar und kenn-

zeichnet diesen durch einen Sprachwechsel.

Auch in Beispiel (106) wird eine momentane Unterbrechung des Hauptthemas

durch eine Nebenbemerkung von Sprecher 22 durch CS gekennzeichnet. Die

Sprecher unterhalten sich über die Themenwahl für die mündlichen Abitur-

prüfungen: (106)

22 [< kann man Bücher wählen . fürs Mündliche auch >1 1 [ 23 [ sí el dijo ja fürs Mündliche 2

22 [no me acordaba . bueno vielleicht kann ich dann . sí so’n einfaches Buch 3

< ? >1 (Nr. 12, 5:33)

Das folgende Beispiel ist ein Ausschnitt aus einem Ratespiel, bei dem die Spre-

cherin ihrem Mitschüler Personen beschreibt, die auf einer Liste vorgegeben sind.

Die bisher beschriebenen Personen gefallen ihr nicht und sie sucht nach einem

interessanten Namen, während sie erläutert, welche Leute sie interessieren:

47 [< Leute die mehr/>1 ah aquí hay uno . er spielt auch in dem scheiß Club 1

< ? >1 (Nr. 24, 8:36)

Ihre Erläuterungen werden von einem durch Sprachwechsel gekennzeichneten

Kommentar unterbrochen und danach in der anderen Sprache fortgesetzt.

197 Vgl. Alfonzetti (1998): 191.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 68

Anzeigen des Erzählhöhepunktes

CS wird häufig dazu verwendet, den Höhepunkt eines erzählten Ereignisses

hervorzuheben.198 Im folgenden Beispiel erzählt Sprecher 22, warum sein Bruder

seiner Meinung nach die Abiturprüfung im Fach Physik nicht bestanden hat: (107)

22 [das war schlimm denn in Physik da hat er mir gesagt dass . dass er ’n 1

22 [Lehrer hatte der war . also ehm . schlimm porque der hat denen gesagt ihr 2

22 [lernt/ ihr müsst das das und das lernen < y qué salió > 1 < justo lo que no 3

22 [habían estudiado >2 4

< ? >1 < ! >2 (Nr. 12, 8:04)

Der Sprachwechsel in Zeile 3 kennzeichnet den Höhepunkt der Erzählung und

unterstreicht durch die formale Hervorhebung die Empörung des Sprechers über

das Verhalten des Lehrers.

Im folgenden Beispiel unterhalten sich die Sprecherinnen über einen Vorfall mit

ihren Gasteltern während eines Aufenthaltes in Deutschland. Der Sprachwechsel

in Zeile 5 hebt zusätzlich zur Intonation den Höhepunkt der Situation, die Reak-

tion der Gasteltern auf einen geplanten Diskobesuch, hervor: (108)

38 [und ich bin zu seinen Eltern gegangen voll am/ . ja ja ich geh nach einer 1

38 [Disko und so 2 [ 39 [ < ah ja >1 du/ que estabas vestida und dann haben die dich voll/ du 3

38 [ < ja >2 < ja ja >4 4 [ 39 [warst schon fast vor der Tür und plötzlich . < no >3 und du höhö 5

< ! >1,2,4 < !!! >3 (Nr. 19, 7:04)

Das hier vorliegende Muster in Bezug auf die Sprachwahl findet sich häufig in

erzählenden Redepassagen: zunächst führt der Sprecher in L1 zum Höhepunkt

hin, während dieser durch einen Sprachwechsel in L2 hervorgehoben wird.

Danach fährt der Sprecher selbst oder ein anderer Gesprächsteilnehmer nach

einem erneuten Sprachwechsel in L1 fort.

Auch dem folgenden Gesprächsausschnitt liegt dieses Muster zu Grunde. Spre-

cher 8 erzählt seiner Kommunikationspartnerin, wie ein von Schülern inszenierter

Bombenalarm aufgeklärt wurde.

198 Vgl. Hill/Hill (1986): 376.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 69

(109)

8 [y el Bruder cantó . se lo dijo a su madre . se lo dijo al amigo . y el amigo se 1

7 [ < en serio >1 2 [ 8 [lo dijo a la madre und die Mutter hat dann angerufen un fregado 3

< ? >1 (Nr. 4, 3:17)

Der Höhepunkt des Erzählten wird formal durch den Sprachwechsel von der

restlichen Äußerung abgehoben.

Schaffen von Distanz

Wie bereits ausgeführt, können Sprecher durch einen Sprachwechsel Zitate

kennzeichnen und sich auf diese Weise vom Inhalt der Aussage distanzieren.

Des Weiteren kann durch CS auch eine Distanz zwischen den Sprechern unterein-

ander zum Ausdruck kommen. Diese kann einerseits auf einer allgemeineren

Ebene bestehen und sich auf die Beziehung der Gesprächsteilnehmer zueinander

beziehen. Wenn ein Sprecher beispielsweise eine ablehnende Haltung seinem

Gesprächspartner gegenüber zum Ausdruck bringen will, kennzeichnet er diese

formal, indem er nicht auf dessen Sprachwahl eingeht und in einer anderen

Sprache auf die Äußerungen seines Gegenübers reagiert. Aufgrund der Sprecher-

konstellation in den einzelnen Gespräche finden sich im vorliegenden Korpus

keine Belege für diese Art der Distanzschaffung durch CS.

Die ausgedrückte Distanz kann sich andererseits auch auf das konkrete Thema der

Konversation beziehen und somit auf eine Nicht-Akzeptanz dessen, was der

jeweils andere sagt. Im folgenden Beispiel beziehen zwei Mitschülerinnen

unterschiedliche Positionen zum drohenden Krieg gegen den Irak: (110)

45 [weißt du der Krieg gegen den Irak ist eigentlich richtig Saddam Hussein 1 [ 47 [ (nada de eso) 2

45 [muss . muss gebremst werden . man muss dem sagen ja du kannst nicht so 3

45 [weitermachen und die USA y . Aznar lo van a hacer y van (a todos) 4

45 [mejores y van a entrar allí van a decir < buah >1 y lo matarán y 5 [ 47 [ nein 6

47 [das ist nicht so bush will nur für por sus intereses die sachen machen 7

45 [ < pero quién va a pararle los pies a 8 [ 47 [weißt du . und der will nur petroleo 9

45 [Saddam Hussein >2 es que lo que quieren 10 [ 47 [ < bueno pues dann soll er halt ’ne 11

48 [Bombe runterlassen und fertig >3 12

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 70

[...]

45 [el problema es que no saben donde está 13 [ 47 [ doch die wissen das aber das ist 14

47 [dann nicht interessant 15

[...]

45 [ < el qué iba a 16 [ 47 [der war Mitglied von dem Ganzen der wusste viel von dem ganzen/ 17

45 [saber >4 < el qué >5 18

< ! >1, 3 < ?>2, 4 ,5 (Nr. 23, 0:01)

Die zahlreichen jeweils mit einem Turnwechsel einhergehenden Sprachwechsel in

dieser Diskussion unterstreichen die gegensätzlichen Positionen, die die beiden

Sprecherinnen einnehmen. In Zeile 6 kann sich Sprecherin 47 beispielsweise nicht

mit der Aussage von Sprecherin 45 identifizieren, dass der Krieg gegen den Irak

richtig sei. Ihre ablehnende Haltung unterstreicht sie durch einen Wechsel der

Sprache. In der gesamten Konversation finden sich zahlreiche Belege für diesen

„nicht-reziproken Sprachgebrauch“199.

Während es sich im vorhergehenden Beispiel um Sprachwechsel handelt, die

jeweils mit einem Turnwechsel einhergehen und eine Distanz gegenüber einer

vorhergehenden Äußerung ausdrücken, findet der Sprachwechsel im folgenden

Beispiel innerhalb eines Turns statt. Die Sprecherinnen unterhalten sich über

unnötig lange Diskussionen innerhalb einer Schülerversammlung (SV): (111)

19 [discutimos media hora . sobre . ob sie Pizzas kaufen sollten . oder nicht

19 [para los SV 2 [ [ sabes que a veces salen perdiendo [...] 3

(Nr. 11, 0:48)

Durch den Sprachwechsel in Zeile 1 signalisiert die Sprecherin ihren Unmut über

derartige Diskussionen. Die aufgebaute Distanzhaltung besteht in diesem Fall

somit nicht zwischen den Gesprächsteilnehmern, sondern gegenüber der erlebten

Situation.

Gegenüberstellung kontrastiver Äußerungen

Durch einen Sprachwechsel wird häufig ein inhaltlicher Kontrast zwischen

aufeinander folgenden Äußerungen formal unterstrichen.

199 Vgl. Bailey (2000): 184.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 71

(112) 36 [la < X.>1 lo quiere cambiar . aber ich will nicht [...] 1

< anonymisierter Eigenname >1 (Nr. 18, 0:04)

(113)

32 [ein bisschen kompliziert aber. pero estaba bien . estaba bien 1

(Nr. 16, 4:18)

(114)

14 [< pero eso lo has copiado >1 < oder hast du’s selber rausgefunden >2 1

< ? >1,2 (Nr. 7, 2:08)

In allen drei Beispielen erfolgt zwischen den beiden kontrastiv gegenüber gestell-

ten Äußerungsteilen ein Sprachwechsel, der diesen Kontrast hervorhebt.

Ausschmückung

Die Verwendung zweier Sprachen innerhalb einer Konversation kann auch vom

Sprecher eingesetzt werden, um seine Äußerung auszuschmücken. Es handelt sich

hier um einen spielerischen Umgang mit der Sprache. Die Sprecher nutzen ihre

bilinguale Kompetenz spielerisch aus, indem sie beispielsweise morphologische

Neubildungen200 in ihre Äußerungen einbringen:

(115) 52 [ ja die war sehr < chungisch >2 1 [ 53 [< und war die Mathearbeit chungisch >1 fand 2

52 [ ich fand die sehr chungisch ich hab voll nix 3 [ 53 [ ich aber eigentlich . nicht 4

52 [< pilliert >3 5 [ 53 [ < hast nix pilliert >4 [...] 6

< ? >1,4 < „schlecht“>2 < „verstanden“ >3 (Nr. 26, 0:00)

Die hier morphologisch ins Deutsche integrierten spanischen Lexeme „chungo“

und „pillar“ sind in der spanischen Jugendsprache stark frequentiert. Vor allem

solche diastratisch markierten Elemente werden häufig auf spielerische Art und

Weise in Äußerungen mit deutscher Matrixsprache eingefügt. So auch im fol-

genden Beispiel: (116)

27 [yo ayer hice voll < flipieren >1 [...] 1

< „ausflippen“ >1 (Nr. 15, 0:00)

200 Siehe Kapitel 4.2 zur Analyse der morphologischen Struktur.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 72

In erster Linie werden in diesem Zusammenhang Verben eingefügt. Es finden sich

allerdings auch einige Belege für die spielerische Insertion von Substantiven: (117)

48 [und dann musste ich ihr zwanzig Euro bezahlen ((lacht)) und . es ist eine 1

48 [< putade >1((lacht)) 2

< „Schweinerei“ >1 (Nr. 24, 0:27)

Zum spielerischen Umgang mit der Beherrschung zweier Sprachen gehören auch

Beispiele wie das folgende, in dem der Sprecher den ersten Teil eines idioma-

tischen spanischen Phraseologismus wörtlich ins Deutsche übersetzt: (118)

48 [ah pero a mi me cae bien . o sea es que me da pena er gibt mir pena 1 [ 49 [ jaaaa 2

48 [((lacht)) [...] 3 [ 49 [< pena >1 [...] 4

< lachend >1 (Nr. 24, 12:15)

Dass es sich hier nicht um einen Fall von Interferenz handelt, und die „falsche“

Verwendung des Phraseologismus somit nicht auf mangelnde Sprachkompetenz

zurückzuführen ist, wird deutlich durch das die Äußerung begleitende Lachen der

Gesprächspartner.

Wörtliche Übersetzungen idiomatischer Wendungen sind beim spielerischen

Umgang mit der Sprache eine sehr beliebte Strategie, da in viele Fällen amüsante

Resultate erzielt werden. Die Bedeutung des Phraseologismus geht bei der

wörtlichen Übersetzung verloren und kann nur vom bilingualen Sprecher re-

konstruiert werden. Folgende Beispiele wurden einer Liste solcher wörtlich über-

setzter idiomatischer Phraseologismen entnommen, die von Schülern verwendet

und gesammelt wurden:

o Es kommt mir nicht raus. ( No me sale. Ich komme nicht drauf.)

o Er gibt mir die Dose. (Me da la lata. Er nervt mich.)

o Ich bin Staub gemacht. (Estoy hecho polvo. Ich bin völlig fertig.)

o Ich bin bis zu den Nasen! (¡Estoy hasta las narices! Mir reicht es!)

o Ich habe das im Englischen Schnitt compriert. (Lo he comprado en el Corte

Inglés.)201

201 Beim letzten Beispiel handelt es sich nicht um einen Phraseologismus, sondern um die wörtliche Übersetzung des Namens „Corte Inglés“ (ein bekanntes Kaufhaus in Spanien). Hier wird zusätzlich die Homonymie des Lexems „corte“ („Schnitt“, „Hof“) ausgenutzt.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 73

Emphase

Um bestimmten Äußerungen Nachdruck zu verleihen, werden diese häufig in

beiden Sprachen wiederholt. In Beispiel (119) sind die Sprecherinnen verärgert

über die unpräzisen Anweisungen ihres Mathematiklehrers, die stets dazu führen,

dass die Schüler die falschen Hausaufgaben machen:

(119) 1 [ich hab die Nummern gemacht und nicht die Nummer drei . o sea no sé 1

2 [< igual que yo >1 < ich hab’ das Gleiche gemacht >2 [...] 2

< ! >1,2 (Nr. 1, 1:48)

Der Äußerung wird durch die Wiederholung in beiden Sprachen Nachdruck

verliehen. Auch im folgenden Beispiel betont die Sprecherin ihre Aussage, dass

niemand zum Schulfest gehen wird, durch eine Wiederholung in beiden Sprachen: (120)

17 [ < du wirst nicht 1 [ 18 [además que nadie va a ir < niemand wird dahin kommen >1

17 [hingehen >2 < ne >3 ich auch nicht [ 18 [ nee ich nicht

< ! >1 < ? >2,3 (Nr. 9, 0:04)

Allerdings geht die Betonung bestimmter Einheiten nicht immer mit einer

Wiederholung in beiden Sprachen einher. Häufig werden einzelne Elemente

lediglich dadurch hervorgehoben, dass sie als Insertionen in der anderen Sprache

erscheinen: (121)

7 [del tío . o sea < tienes noticias o >1 no del Vater 1 [ 8 [ < del Sohn . del hijo >2 no 2

< ? >1,2 (Nr. 4, 0:14)

Die Substantive „Sohn“ und „Vater“ werden durch den Sprachwechsel hervorge-

hoben. So wird die Aufmerksamkeit des Hörers auf diese Elemente gelenkt.

Modifikation der Expressivität

In vielen Fällen wird ein Sprachwechsel dazu verwendet, die Expressivität einer

Äußerung zu verstärken oder abzuschwächen.202

202 „The so-called emotive or expressive function [...] aims a direct expression of the speaker’s attitude toward what he is speaking about. It tends to produce an impression of a certain emotion whether true or faked [...]“ Jakobson (1960):354.

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2

3

4

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 74

Sprecher wechseln häufig die Sprache, um beispielsweise emotionalen Äußerun-

gen Nachdruck zu verleihen. Der Unterschied zur im vorhergehenden Abschnitt

dargestellten Funktion besteht darin, dass es sich hier nicht um eine Betonung der

referentiellen Bedeutung der Äußerung handelt, sondern um eine Verstärkung der

durch diese vermittelten Emotionen.

Im folgenden Beispiel unterhalten sich die Sprecher über den drohenden Krieg

gegen den Irak und bringen ihre ablehnende Haltung gegenüber der Regierung der

USA zum Ausdruck:

48 [ patriotisch und so’n Scheiß da/ ich hab schon vorher also . schon gewusst

48 [das gibt Ärger < que se vaya a la mierda > 1[...] [ 49 [ja ja das wusste man schon ja ja

< ! >1 (Nr. 24, 3:03)

Die Missachtung des Sprechers gegenüber der US-Regierung wird durch die

durch den Sprachwechsel hervorgehobene Äußerung in Zeile 2 verstärkt zum

Ausdruck gebracht. Dass es sich hier um richtungsunabhängiges CS handelt und

somit nicht die eine Sprache per se als expressiver erachtet wird, geht daraus

hervor, dass sich auch Belege für die umgekehrte Richtung des Sprachwechsels

finden lassen. Im folgenden Beispiel drückt eine Sprecherin ihre Aufregung

darüber aus, dass ihre Mitschülerin in eine bestimmte Diskothek gehen will:

(122) 17 [tía es la < Oveja >1. una fiesta en la Oveja 1 [ 18 [ oye la Oveja < das ist voll <heavy>2 >3 o sea [...]

< Name einer Diskothek >1 < diastratisch markierter Anglizismus >2 < ! >3 (Nr. 9, 1:46)

Häufig wird die Expressivität einer Äußerung zusätzlich durch eine Wiederholung

in beiden Sprachen verstärkt. Im folgenden Beispiel ist die Sprecherin entsetzt

darüber, dass ein gemeinsamer Bekannter Drogen konsumiert:

(123) 12 [es que es muy fuerte das kann nicht sein [...] 1

(Nr. 6, 1:56)

Häufig wechseln die Sprecher auch bei der Verwendung von Tabu-Wörtern die

Sprache, um deren Expressivität zu verstärken oder abzuschwächen.203 Welche

Strategie jeweils verfolgt wird, geht aus einem Zusammenspiel zwischen CS und 203 Vgl. Biegel (1996): 35.

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Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 75

Intonation deutlich hervor. Wenn das jeweilige Element betont wird, unterstreicht

der Sprachwechsel dessen Expressivität, geht die Verwendung mit einer Abnahme

der Lautstärke einher, so wird die Wirkung durch den Sprachwechsel zusätzlich

abgeschwächt. Die beiden folgenden Beispiele verdeutlichen dies: (124)

17 [< eso es eine Scheiße >1 lo que han hecho han cargado 1 [ 18 [ ya es una caca 2

< ! >1 (Nr. 9, 0:01)

Während hier das Lexem „Scheiße“ zusätzlich betont wird, und somit der

Sprachwechsel die Expressivität des Tabu-Wortes zusätzlich verstärkt, ist im

folgenden Beispiel durch eine Abnahme der Lautstärke zusammen mit einem

Sprachwechsel eine Abschwächung der expressiven Wirkung des gleichen

Lexems intendiert: (125)

26 [estamos jugando a . Fußball entonces . pués . el portero . empezaba por el 1

26 [suelo allí . haciendo . < Scheiße >1 no y luego pues yo (xxx) la pelota 2

< leise >1 (Nr. 13, 2:43)

Auch diese Beispiele begründen die Klassifizierung dieser Art des Sprach-

wechsels als richtungsunabhängig, da es nicht in erster Linie die den einzelnen

Lexemen inhärente unterschiedlich starke Expressivität ist, die eine Aussage

verstärkt oder abschwächt. In den vorhergehenden Beispielen wird das gleiche

Lexem sowohl zur Abschwächung als auch zur Verstärkung der Expressivität

verwendet. Es ist somit der Sprachwechsel selbst, durch den im Zusammenhang

mit der Intonation diese Modifikation erreicht wird.

Keine individuelle Funktion erkennbar

Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass viele individuelle Sprach-

wechsel vom Hörer auf unterschiedliche Art und Weise interpretiert werden

können. Dies gilt allerdings nicht für alle im Korpus auftretenden Fälle von CS: (126) 29 [da war ich en la biblioteca y leí un libro 1

(Nr. 14, 0:32)

Es lässt sich keine Funktion feststellen, die den Sprachwechsel vom Deutschen ins

Spanische vor der Präpositionalphrase „en la biblioteca“ motiviert haben könnten.

Page 77: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 6: Konversationelle Funktionen des Code-Switchings 76

Auch ein durch mangelnde Sprachkompetenz motivierter Sprachwechsel wird hier

ausgeschlossen, da das zum Frame „Schule“ gehörende deutsche Substantiv

„Bibliothek“ innerhalb der Sprachgemeinschaft häufiger verwendet wird als das

spanische Übersetzungsäquivalent „biblioteca“.

Ebenso lassen sich bei den folgenden Beispielen keine individuellen Funktionen

der einzelnen Sprachwechsel feststellen: (127)

17 [sólo pueden ir cien personas . y ya die ganzen vom pueblo die < X. >1 die 1

17 [<Y.>2 eso diese gente que no < me molan >3 mucho [...] 2

< anonymisierter Eigenname >1, 2 < „gefallen mir“ >3 (Nr. 9, 0:11)

(128)

28 [< welche Note has sacado in/ in Englisch >1 1

< ? >1 (Nr. 14, 1:23)

Im folgenden Beispiel erfüllt der Sprachwechsel ebenfalls keine konversationelle

Funktion, sondern erfolgt aufgrund der Verwendung einer eigenen Konstruktion

des Esplugischen, der hacer-Periphrase: (129)

17 [lo hicieron übertragen al colegio 1

(Nr. 9, 2:59)

Diese Sprachwechsel scheinen somit lediglich zur Konstituierung des Gesamt-

musters des CS als unmarkierte Wahl beizutragen.

Page 78: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 7: Zusammenfassende Darstellung der zwei Funktionsebenen des CS an der DSB 77

7 Zusammenfassende Darstellung der zwei Funktions-

ebenen des Code-Switchings an der Deutschen Schule

Barcelona

Die vorhergehenden Ausführungen haben gezeigt, dass CS an der DSB nicht in

erster Linie dazu dient, Versprachlichungsschwierigkeiten zu lösen, sondern dass

es sich bei dieser nur um eine Funktion unter vielen handelt. Es konnte vielmehr

festgestellt werden, dass CS auf zwei Ebenen fungiert. Das folgende Schema stellt

zusammenfassend diese beiden Funktionsebenen des Sprachwechsels an der DSB

dar:

Abbildung 2: Zwei Funktionsebenen des Code-Switchings an der Deutschen Schule Barcelona (Quelle: eigener Entwurf)

Auf der Makroebene wird durch die Bevorzugung des bilingualen Gesprächs-

modus Esplugisch gegenüber einem monolingual deutschen oder monolingual

spanischen Diskurs der bikulturellen Identität der Schüler Rechnung getragen. Es

handelt sich hier um eine globale Funktion des CS, da nicht der individuelle

Sprachwechsel an der konkreten Stelle seines Vorkommens in der Konversation

relevant ist, sondern die Entscheidung für zwei Sprachen auf der Ebene des

gesamten Diskurses. Die Sprecher müssen sich innerhalb der Kategorie des CS

selbst als unmarkierte Wahl durch die Verwendung zweier Sprachen innerhalb

Lokale Funktionen • Abgrenzung von Zitaten • Schaffen von Distanz • etc.

Monolingual deutscher Diskurs

Monolingual spanischer

Diskurs

Mak

roeb

ene

Mik

roeb

ene

Code-Switching selbst als unmarkierte Wahl

Globale Funktionen • Gruppenzugehörigkeit • Ausdruck bikultureller Identität • etc.

Funk

tiona

lität

dur

ch

Wah

l ein

es b

iling

uale

n

Spr

achm

odus

Funk

tiona

lität

in

divi

duel

ler

Spr

achw

echs

el

Funktion 1

CS als Abfolge unmarkierter

Wahlen

CS als markierte

Wahl CS

als explorative Wahl

Sprachwechsel ohne Funktion auf MikroebeneFunktion 2

Funktion 3

etc.

Funktion 4

Page 79: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 7: Zusammenfassende Darstellung der zwei Funktionsebenen des CS an der DSB 78

einer Konversation nicht für eine Interaktionssprache und die mit ihr verbundenen

Werte entscheiden. Gleichzeitig fungiert Esplugisch auf dieser Ebene als Grup-

penidentifikationssymbol, durch das die Sprecher sich als Sprachgemeinschaft

darstellen und von anderen Nicht-Mitgliedern abgrenzen.204 Es lassen sich jedoch

auch innerhalb der Kategorie des CS selbst als unmarkierte Wahl auf der Mikro-

ebene einzelne Funktionen individueller Sprachwechsel feststellen, die in erster

Linie stilistisch oder konversationsstrukturierend sind.205 Es handelt sich hier um

lokale Funktionen der einzelnen Sprachwechsel, da sie an der konkreten Stelle

ihres Vorkommens im Diskurs agieren. Dies gilt jedoch nicht für alle Sprach-

wechsel. In einigen Fällen scheint es sich im Sinne Myers-Scottons lediglich um

die Konstitution des Gesamtmusters der häufigen Sprachwechsel zu handeln.

Ebenfalls auf der Mikroebene anzusiedeln sind die Kategorien CS als Abfolge

unmarkierter Wahlen, CS als markierte Wahl und CS als explorative Wahl, die an

der DSB allerdings nur in Einzelfällen zu beobachten sind.

Basierend auf diesen Ergebnissen der Korpusanalyse erfolgt im nächsten Kapitel

eine Klassifizierung der Sprachkontaktsituation an der DSB.

204 Vgl. Kapitel 5.2. 205 Vgl. Kapitel 6.2.

Page 80: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 8: Esplugisch als eigene Varietät? 79

8 Esplugisch als eigene Varietät?

Die Korpusanalyse in den Kapiteln 5 und 6 hat ergeben, dass CS nicht nur auf der

Makroebene als Gruppenidentifikationsmerkmal und als Ausdruck der bikulturel-

len Identität der Sprecher fungiert, sondern auch auf der Mikroebene einzelne

Sprachwechsel eine lokale konversationelle Funktion erfüllen. Dennoch lassen

sich nicht alle Sprachwechsel individuell interpretieren.

In der Forschung ist es teilweise umstritten, Sprachkontaktsituationen, in denen

einzelne Sprachwechsel keine Funktion aufweisen, als CS zu klassifizieren. Auer

stellt ein Kontinuum auf, in welches er verschiedene Sprachkontaktsituationen je

nach Funktionsgrad der einzelnen Sprachwechsel integriert.206 Dieses Modell

wird im Folgenden vorgestellt. Im Anschluss daran erfolgt eine Einordnung der

Sprachsituation an der DSB in das Modell.

8.1 Die dynamische Typologie bilingualen Sprachverhaltens nach

Auer

Auer stellt eine „dynamische Typologie“ (dynamic typology)207 bilingualen

Gesprächsverhaltens auf, innerhalb derer drei prototypische Arten des Sprach-

wechsels unterschieden werden: Code-Switching208, Language Mixing und

Fused Lects. Diese drei Prototypen spannen ein Kontinuum der unterschiedlichen

Sprachkontaktsituationen auf, wobei Code-Switching und Fused Lect die beiden

Extrempole darstellen.

8.1.1 Code-Switching

Code-Switching stellt innerhalb dieses Modells den pragmatischen Pol des

Kontinuums dar.209 Die Gegenüberstellung zweier Sprachen innerhalb einer

206 Vgl. Auer (1999): 309ff. 207 Auer (1999): 309. 208 Auer verwendet den Terminus Code-Switching abweichend von der dieser Arbeit zu Grunde liegenden Definition nicht als Oberbegriff, der alle drei Kategorien einschließen würde, sondern nur für eine spezielle Art des Sprachwechsels, die in diesem Abschnitt erläutert wird. Im folgen-den Kapitel wird daher in Anlehnung an Auers Terminologie als Oberbegriff ausschließlich Sprachwechsel verwendet, während Code-Switching sich in diesem Kapitel lediglich auf die spezielle Form des Sprachwechsels im Sinne Auers bezieht. 209 Vgl. Auer (1999): 310.

Page 81: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 8: Esplugisch als eigene Varietät? 80

Konversation bilingualer Sprecher erfüllt bestimmte pragmatische Funktionen.

Auer beschreibt den prototypischen Vertreter des CS folgendermaßen:210

Jeder einzelne Sprachwechsel ist bedeutungstragend und kann an den einzelnen

Stellen von den Gesprächsteilnehmern interpretiert werden, wobei die inter-

aktionalen Funktionen des CS sehr vielseitig sind (siehe Kapitel 5 und 6).

Strukturell überwiegt beim CS die Alternation, während Insertionen selten

auftreten. CS tritt meistens auf der Satzebene auf oder betrifft zumindest größere

Satzteile oder Konstituenten. Dem zu Folge ist es stets möglich, die aktuelle

Matrixsprache festzustellen, welche so lange gültig ist, bis durch eine Alternation

eine neue Matrixsprache zu Grunde gelegt wird.

Beim CS im Sinne Auers ist es wichtig, dass die beiden Sprachen von den

Sprechern kontrastiv verwendet werden. Eine kontrastive Verwendung liegt genau

dann vor, wenn die Gegenüberstellung funktional ist.211

8.1.2 Language mixing

Es gibt viele Fälle der Verwendung mehrerer Sprachen innerhalb einer Kon-

versation, die nicht als CS im Sinne Auers zu verstehen sind. Dazu gehört das

Language mixing (LM).212 Die im Folgenden dargestellten Merkmale charak-

terisieren den prototypisches Vertreter dieser Art des Sprachwechsels.

Beim LM weisen die individuellen Sprachwechsel keine lokale pragmatische

Funktion auf, was nach Auer die Hauptmotivation dafür ist, eine vom CS ab-

weichende Klassifikation anzusetzen.

Im Gegensatz zum CS ist beim LM die aktuelle Matrixsprache schwierig festzu-

stellen. Es scheint, dass nicht eine Varietät, sondern der alternative Gebrauch

zweier Varietäten die Interaktionssprache213 konstituiert. Dazu tragen vor allem

die für LM charakteristischen häufigen intrasententiellen Sprachwechsel bei. LM

ist im Gegensatz zu CS nicht auf größere Konstituenten beschränkt.

Auch wenn beim LM die individuellen Switches keine Einzelfunktionen erfüllen,

so kann dennoch durch die Bevorzugung einer „gemischten Sprechweise“214

gegenüber eines monolingualen Diskurses eine soziale Bedeutung des Sprach- 210 Vgl. Auer (1999): 311f. 211 Vgl. Auer (1999): 312. 212 Vgl. Auer (1999): 314. 213 Auer verwendet die beiden Termini Interaktionssprache und Matrixsprache (letzteren in expliziter Anlehnung an Myers-Scotton) als Synonyme. 214 Vgl. Auer (1999): 318: „mixed mode“

Page 82: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 8: Esplugisch als eigene Varietät? 81

wechsels angenommen werden. Beispielsweise wird dadurch Gruppenidentität

zum Ausdruck gebracht. Auer nimmt an dieser Stelle Bezug auf Myers-Scotton

und zählt CS selbst als unmarkierte Wahl zur Kategorie des LM. Auch Myers-

Scotton führt an, dass „overall switching as an unmarked choice seems to be the

first step to what has been called the development of a semiautonomous ‘Mix’“ 215

und verwendet diesbezüglich den Terminus fused variety. 216 Allerdings sub-

sumiert sie diese Art des Sprachwechsels unter die übergeordnete Kategorie CS.

Ein weiteres Charakteristikum des LM ist, dass es oft eine eigene Bezeichnung,

einen so genannten „folk name“217 aufweist. Auch diese Tatsache unterstreicht die

identitätsbezogene Funktion des LM. So wird zum Beispiel eine Erscheinungs-

form des LM, die von einer Gruppe in der Schweiz lebender Italiener gesprochen

wird, Italoschwyz genannt.218 Durch diese Bezeichnung kommt explizit die

bikulturelle Identität der Sprecher zum Ausdruck.

Den Sprechern ist beim LM stets die Entscheidung freigestellt, welche Sprache sie

für die einzelnen Elemente und Strukturen ihrer Äußerung verwenden.219 LM

weist also ebenso wie CS im Gegensatz zum monolingualen Diskurs ein höheres

Maß an Variation auf.

8.1.3 Fused Lect

Genau wie beim LM haben auch bei einem Fused Lect (FL) die einzelnen

Sprachwechsel in pragmatischer Hinsicht keine Bedeutung.220 Der Unterschied

zwischen beiden wird häufig erst bei einer detaillierten Analyse eines umfang-

reichen Korpus sichtbar.

Während beim LM per Definition Variation möglich ist, ist beim FL für be-

stimmte Elemente oder Strukturen der Gebrauch der einen oder anderen Sprache

als Ergebnis eines Grammatikalisierungsprozesses obligatorisch. Auer verwendet

den Terminus grammaticalization im Sinne Givóns221 als „structural sedi-

mentation.“222 Grammatikalisierung wird somit verstanden als „the shifting from

215 Myers-Scotton (1988): 165. 216 Vgl. Myers-Scotton (1988): 157. 217 Auer (1999): 318. 218 Vgl. Auer (1999): 318. 219 Eventuelle grammatische Restriktionen, die nicht an jeder Stelle einer Äußerung einen Sprachwechsel ermöglichen, werden an dieser Stelle nicht berücksichtigt 220 Vgl. Auer (1999): 321. 221 Vgl. Givón (1979): 81ff. 222 Auer (1999): 310.

Page 83: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 8: Esplugisch als eigene Varietät? 82

relatively freely constructed utterances in discourse, whose idiosyncratic form is

motivated only by the speaker’s goals for the immediate spech event [...] to

relatively fixed constructions in grammar, seen as arbitrary constraints on the

speaker’s output.“223 Während es sich in bilingualen Diskursen bei „relatively

freely constructed utterances in discourse“ um CS handelt, gehören die „relatively

fixed constructions in grammar“ zum FL.224 Der Sprecher hat hier nicht mehr die

Wahl zwischen zwei Varietäten. Auf dem Weg von LM zu FL erfolgt somit eine

Abnahme der Variationsmöglichkeiten zugunsten einer Stabilisierung der Rela-

tion zwischen Funktion und Form.225 Als empirisches Beispiel führt Auer die

Verwendung bestimmter Elemente in einem FL der Sprachen Sinti und Deutsch

an.226 Die Verwendung der deutschen Partikeln und Konjunktionen ist in dieser

Varietät obligatorisch geworden. Auer kommt aufgrund weiterer Studien zu dem

Ergebnis, dass zunächst vor allem Elemente, die „a discoursive function rather

than a referential one“227 aufweisen, wie beispielsweise Gesprächswörter, bezüg-

lich der Sprachwahl nicht mehr in freier Variation auftreten, sondern obligatorisch

in der einen oder anderen Sprache realisiert werden.

Ein wesentliches Merkmal eines FL ist eine durch die massive Kombination von

Elementen zweier Sprachen bedingte Herausbildung eigener Strukturen, die weder

in der einen noch in der anderen Sprache existieren.228 Auer führt das von

Backus229 untersuchte Beispiel eines in den Niederlanden gesprochenen türki-

schen FL an, in dem sich eine Verbalperiphrase entwickelt hat, die weder im

Türkischen noch im Niederländischen existiert.

Auffallend ist eine gewisse Nähe der FL zu Kreolsprachen. Auer geht in seinem

Aufsatz an keiner Stelle auf eine Unterscheidung zwischen der von ihm aufge-

stellten Kategorie FL und dem Konzept der Kreolsprache ein. Als entscheidender

Unterschied wird hier zum einen gesehen, dass Kreolsprachen aus Pidginsprachen

hervorgehen.230 Diese wiederum entstehen aus der Notwendigkeit, in Gesell-

schaften, in denen einzelne Gruppen mit unterschiedlichen Muttersprachen aufein-

223 Du Bois (1985): 346. 224 Vgl. Maschler (1998): 136. 225 In diesem Sinne ist auch der Terminus „grammar“ am rechten Pol des Kontinuums (vgl. Kapitel 8.1.4) zu verstehen. 226 Vgl. Auer (1999): 323. 227 Auer (1999): 324. 228 Vgl. Auer (1999): 321. 229 Vgl. Backus (1996). 230 Zur näheren Darstellung von Pidgin-und Kreolsprachen vgl. u.a. Holm (1988).

Page 84: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 8: Esplugisch als eigene Varietät? 83

ander treffen, eine Lingua franca, ein gemeinsames Kommunikationsmedium zu

finden. Ein zweiter wesentlicher Unterschied besteht darin, dass es sich bei Kreol-

sprachen um die Erstsprache der Sprecher handelt, was beim FL nicht der Fall ist.

8.1.4 Dynamische Aspekte des Modells

Zusammenfassend konstatiert Auer für das Phänomen der Verwendung mehrerer

Sprachen innerhalb einer Konversation ein Kontinuum von pragmatischen

Funktionen der einzelnen Sprachwechsel hin zu verfestigten Strukturen. Dieses

Kontinuum verbindet die drei Prototypen CS, LM und FL miteinander. Aus der

kontrastiven Verwendung zweier Einzelsprachen am linken Pol des Kontinuums

(Code-Switching) ist am rechten Pol eine eigene Varietät (Fused Lect) entstanden.

Auer skizziert sein Modell folgendermaßen:231

Code-Switching Language Mixing Fused Lect pragmatics grammar

Abbildung 3: Modell der dynamischen Typologie bilingualen Sprachverhaltens nach Auer (Quelle: Auer (1999):328)

Diese Klassifikation ist sowohl synchron als auch diachron als Kontinuum zu

verstehen.

In diachronischer Hinsicht gibt Auer als natürliche Tendenz in bilingualen

Sprachgemeinschaften die Entwicklung von CS über LM zu FL an, während die

umgekehrte Bewegung FL > LM > CS nicht auftritt. Durch die häufige Gegen-

überstellung zweier Varietäten wird die diskursive Kraft der einzelnen Sprach-

wechsel abgeschwächt. Je häufiger CS auftritt, desto geringer wird die kontrastive

Aussagekraft. Die dargestellte Entwicklung ist folglich größtenteils dadurch

bedingt, dass sich die konversationelle Bedeutung individueller Sprachwechsel

immer mehr verliert. Auch trägt eine häufige Verwendung dazu bei, dass sich

gewisse Strukturen festigen. Dadurch nimmt Variation ab und verschwindet

schließlich ganz. Auf diese Weise entsteht aus freier Variation innerhalb des CS

und LM die für FL charakteristische obligatorische Verwendung der einen oder

anderen Sprache für bestimmte Elemente oder Strukturen.

231 Vgl. Auer (1999): 328.

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Kapitel 8: Esplugisch als eigene Varietät? 84

Die von Auer vertretene Auffassung, typisch für den Übergang von CS zu LM

seien Sprachwechsel „that serve to structure turns internally, such as CS on

emphatic repetitions and summaries, CS for different voices [...]“232, kann hier

nicht nachvollzogen werden. Denn gerade in dieser Strukturierungsfunktion wird

ein Hauptmerkmal lokal bedeutungsvollen CS gesehen (siehe Kapitel 6). Das

häufige Auftreten solcher Sprachwechsel kann zwar wie oben angeführt zu einer

Abnutzung der kontrastiven Aussagekraft führen. Diese Abschwächung ist aber

einzig durch den Faktor der Frequenz bedingt und gilt – unabhängig von der

strukturierenden Funktion – für alle Sprachwechsel.

Die Entwicklung vom CS zum FL tritt nicht notwendigerweise in allen bi-

lingualen Sprachgemeinschaften in voller Form auf. Es besteht durchaus die Mög-

lichkeit, dass sich die Sprachkontaktsituation an einer bestimmten Stelle des

Kontinuums stabilisiert.233

Aus synchronischer Perspektive wird durch die Annahme einer Kontinuitäts-

relation im Gegensatz zu einer kategorischen Abgrenzung der Tatsache Rechnung

getragen, dass die einzelnen beschriebenen Vorkommensweisen prototypische

Vertreter sind. Es handelt sich um einzelne Punkte auf einem Kontinuum, zwi-

schen denen es eine Vielzahl an Zwischenstufen und Übergangsformen gibt. Nur

in wenigen Fällen lassen sich empirisch untersuchte Sprachkontaktsituationen

eindeutig einer dieser Kategorien zuordnen. Vielmehr weisen die meisten Sprach-

gemeinschaften Merkmale verschiedener Kategorien auf, so dass sie innerhalb des

Kontinuums nicht eindeutig zugeordnet werden können und somit zwischen den

Punkten, die die prototypischen Vertreter einnehmen, anzusiedeln sind. Oft findet

man auch eine temporäre Koexistenz zweier Muster, so dass bei der Einordnung

einer Sprachkontaktsituation eine detaillierte Analyse der vorhandenen Sprach-

daten erforderlich ist:

„phases occur in which the „older“ CS pattern and the „newer“ LM pattern co-

exist; these phases may be quite prolonged. For this reason one should be

careful not to dismiss too early the possibility of discourse-functional switching

in interactions in which mixing is observed: one does not exclude the other.“234

232 Auer (1999): 321. 233 Vgl. Auer (1999): 329. 234 Auer (1999): 319.

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Kapitel 8: Esplugisch als eigene Varietät? 85

8.2 Einordnung des Esplugischen in das Modell nach Auer

Die vorhergehenden Ausführungen haben bereits deutlich gemacht, dass es sich

bei den vorgestellten Sprachkontaktsituationen um prototypische Vertreter

handelt, während sich empirisch untersuchte Sprachgemeinschaften nur selten

eindeutig einordnen lassen.

Bezüglich der Sprachsituation an der DSB wird sich zeigen, dass auch hier eine

eindeutige Zuweisung nicht möglich ist, da sowohl Merkmale des CS als auch des

LM und FL auftreten. Im Folgenden werden diese Merkmale dargestellt, um

daraus eine Tendenz abzuleiten, an welcher Stelle des Kontinuums Esplugisch

anzusiedeln ist.

Viele der im Korpus aufgefundenen Sprachwechsel weisen eine individuelle

lokale Funktion an der konkreten Stelle ihres Vorkommens im Diskurs auf (siehe

Kapitel 6.2). Auch ist in den meisten Konversationen eindeutig Spanisch als

Matrixsprache identifizierbar. Diese Ergebnisse sprechen dafür, die untersuchte

Sprachsituation als Code-Switching am linken Rand des Kontinuums einzu-

ordnen. Auch das hohe Maß an lexikalischer Variation in Bezug auf die Sprach-

wahl trägt zu dieser Einordnung bei.

Dennoch gibt es Faktoren, die einer eindeutigen Einordnung am linken Rand des

Kontinuums widersprechen und eine Charakterisierung des Esplugischen als

prototypisches CS blockieren.

Trotz der dargestellten konversationellen Funktionen einzelner Sprachwechsel

finden sich im Korpus auch viele Beispiele, denen keine individuelle Funktion

zugesprochen werden kann. Diese scheint lediglich darin zu bestehen, das

Grundmuster des CS selbst als unmarkierte Wahl zu gestalten und so eine

Gruppensprache zu konstituieren. Sprachkontaktsituationen, in denen die ein-

zelnen Sprachwechsel keine lokale Funktion aufweisen, gehören nach Auer aber

nicht zum CS, sondern zur Kategorie des Language Mixing. Die Existenz dieser

lokal „bedeutungslosen“ Sprachwechsel ist somit ein erstes Indiz dafür, dass es

sich bei Esplugisch nicht um ein prototypisches Beispiel von CS im Sinne Auers

handelt, sondern Tendenzen in Richtung Language Mixing festzustellen sind.

Auch die Existenz eines eigenen Namens für diese Sprachpraxis – Esplugisch – ist

ein Merkmal für LM.

Ebenfalls weist Esplugisch auch einige der für einen Fused Lect cha-

rakteristischen Merkmale auf. Es haben sich beispielsweise einzelne Strukturen

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Kapitel 8: Esplugisch als eigene Varietät? 86

herausgebildet, die weder im Deutschen noch im Spanischen in äquivalenter Form

auftreten. Ein besonders auffälliges Phänomen ist die in Kapitel 4.2.3 behandelte

hacer-Periphrase. Diese weder im Deutschen noch im Spanischen in dieser Form

existierende Verbalperiphrase stellt eine eigene Struktur des Esplugischen dar und

ist somit ein Merkmal eines Fused Lects.

Wie bereits in Kapitel 8.1 dargestellt, besteht der hauptsächliche Unterschied

zwischen LM und FL darin, dass der Sprecher beim LM frei wählen kann, in

welcher Sprache er seine jeweilige Äußerung gestaltet, während es beim FL

bestimmte Restriktionen gibt, die den Sprecher teilweise auf die Wahl einer

bestimmten Sprache festlegen. Es ist eine Abnahme der strukturellen und lexika-

lischen Variation zu bemerken. Eine Tendenz in diese Richtung ist im Esplu-

gischen in lexikalischer Hinsicht feststellbar. Es gibt bestimmte Konzepte, die

überwiegend in der einen oder der anderen Sprache realisiert werden (siehe

Kapitel 4.1). Diese Präferenz gegenüber einer bestimmten Sprache geht in Bezug

auf die dargestellten Bereiche (Bereich „Schule“ und Gesprächswörter) mit einer

Abnahme der Variation einher, was als Merkmal eines FL interpretiert werden

kann. Dieses Merkmal wird allerdings dadurch abgeschwächt, dass es sich ledig-

lich um eine Präferenz und nicht um den obligatorischen Gebrauch der einen oder

anderen Sprache handelt. Denn es finden sich im Korpus auch Belege deutscher

Gesprächswörter und spanischer Lexeme, die auf den Bereich „Schule“ referieren.

Prinzipiell ist den Sprechern die Wahl somit freigestellt.

Aufgrund der dargelegten Beobachtungen lässt sich die Situation an der DSB

weder eindeutig als CS noch als LM oder FL charakterisieren.235 Esplugisch weist

Elemente aller drei Prototypen auf. Die folgenden Graphik veranschaulicht die

Ausprägung der einzelnen Merkmale an der DSB und die daraus resultierende

Einordnung in das Kontinuum:

235 An dieser Stelle sei noch einmal explizit darauf hingewiesen, dass in diesem Kapitel die Terminologie Auers verwendet wird. Abweichend davon werden in dieser Arbeit alle drei Arten des Sprachwechsels (CS, LM und FL) als Unterkategorien des Code-Switchings verstanden.

Page 88: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Kapitel 8: Esplugisch als eigene Varietät? 87

Abbildung 4: Einordnung des Esplugischen in die dynamische Typologie bilingualer Sprechweise nach Auer (Quelle: eigener Entwurf).

Die Graphik verdeutlicht, dass im Esplugischen zwar nicht alle, jedoch die

Mehrzahl der Sprachwechsel eine individuelle Funktion an der konkreten Stelle

ihres Vorkommens im Diskurs aufweisen (M1). Dies gilt als Merkmal des CS.

Gleichzeitig ist die für CS und LM charakteristische Variationsmöglichkeit in

Bezug auf die Sprachwahl stets gegeben (M2).

Es konnte lediglich eine dem Esplugischen eigene Struktur festgestellt werden

(die hacer-Periphrase), die in keiner der beiden Einzelsprachen existiert (M3).

Aufgrund dieser Merkmale wird eine Einordnung im vorderen Teil des Konti-

nuums zwischen CS und LM vorgenommen. Es handelt sich somit nicht um eine

eigene Varietät, sondern um eine durch häufiges Wechseln innerhalb des Dis-

kurses gekennzeichnete Gegenüberstellung zweier Sprachen.

Zusammenfassend lässt sich Esplugisch somit als CS mit einzelnen Merkmalen

sowohl des LM als auch des FL charakterisieren.

Code-Switching

Language Mixing

Fused Lect

Merkmals- ausprägung

maximal

minimal Bilinguale Sprechweise

M2:Variations-möglichkeit

M1: Funktion einzelner Sprachwechsel

M3: Herausbildung eigener Strukturen

Esp

lugi

sch

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Kapitel 9: Fazit und Ausblick 88

9 Fazit und Ausblick

Die vorliegende Arbeit sollte einen Beitrag liefern zur Erklärung des

Sprach(wahl-)verhaltens bilingualer Sprecher. Es wurde die bilinguale Sprech-

weise der Schüler der DSB – Esplugisch – charakterisiert und im Hinblick auf

ihre Funktionen analysiert.

Zur Charakterisierung der Sprachgemeinschaft wurde die DSB unter besonderer

Berücksichtigung der Sprachverhältnisse der einzelnen Sprecher vorgestellt und

die Mitglieder der Schule als heterogene Sprachgemeinschaft charakterisiert.

Die Ausführungen zu den sprachlichen Merkmalen des Esplugischen haben

gezeigt, dass Esplugisch bezüglich seiner formalen Gestaltung nicht willkürlich

verläuft, sondern strukturellen Regelmäßigkeiten unterliegt. Diese wurden auf

lexikalischer Ebene an den Beispielen der auf den Frame „Schule“ bezogenen

Insertionen und der Gesprächswörter erläutert. Hier zeigte sich, dass sprachliche

Einheiten, die im weiteren Sinne auf die Schule Bezug nehmen, überwiegend in

deutscher Sprache realisiert werden. Für Gesprächswörter hingegen wurde eine

Präferenz spanischer Lexeme festgestellt.

Auf morphologischer Ebene zeigten sich Regelmäßigkeiten in Bezug auf die

sprachliche Integration einzelner Lexeme. Bezüglich der Insertion einzelner

Substantive wurde festgestellt, dass stets das von der Ausgangsprache zugewie-

sene Genus des entsprechenden Lexems beibehalten wird, auch bei divergierender

Genuszuweisung an das jeweilige Übersetzungsäquivalent in der Matrixsprache.

Deutschen nominalen Insertionen im Neutrum wird der maskuline spanische

Artikel zugewiesen. Die Mehrzahl der Substantive erscheint ohne Merkmale

morphologischer Integration. Formen wie „putade“ statt „putada“ stellen eine

Ausnahme dar. Auch Insertionen einzelner Adjektive stehen meistens in der

morphologischen Form ihrer Ausgangssprache. Ausnahmen bilden wiederum

einzelne Belege wie „bordisch“ und „chungisch“ statt „borde“ und „chungo“.

Bei der Verbinsertion wurde zwischen synthetischen und analytischen Insertionen

unterschieden. Spanische Verbstämme werden vor allem durch synthetische

Insertion in deutsche Äußerungen eingefügt („escribiert“), während es sich bei der

Insertion einzelner deutscher Verbstämme ausschließlich um analytische Inser-

tionen handelt. Diesbezüglich hat sich im Esplugischen eine eigene Struktur ent-

wickelt, die so genannte hacer-Periphrase („hago kaufen“).

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Kapitel 9: Fazit und Ausblick 89

Die Ausführungen in dieser Arbeit haben gezeigt, dass es sich beim CS an der

DSB nicht um ein Mittel zur Kompensierung kompetenzbezogener Versprach-

lichungsschwierigkeiten handelt. Nur in wenigen Ausnahmefällen ist ein Sprach-

wechsel beispielsweise auf eine „echte“ lexikalische Lücke im mentalen Lexikon

der Sprecher zurückzuführen.

Eine Analyse des Korpus führte dazu, die sozialen und konversationellen Funk-

tionen des Esplugischen auf zwei Ebenen anzusiedeln.

Auf der Makroebene fungiert die Verwendung zweier Sprachen innerhalb einer

Konversation im Sinne Myers-Scottons Kategorie des CS selbst als unmarkierte

Wahl. Die kontinuierlichen Sprachwechsel dienen sowohl als Ausdruck bi-

lingualer und bikultureller Identität als auch als Gruppenidentifikationssymbol.

Global gesehen erfüllt der Sprachwechsel an der DSB somit in erster Linie soziale

Funktionen.

Auf der Mikroebene wurden einzelne Sprachwechsel im Hinblick auf ihre

konversationellen Funktionen analysiert. Diese Untersuchung ergab, dass viele

Sprachwechsel eine individuelle Funktion erfüllen, womit gezeigt wurde, dass

auch innerhalb der Kategorie des CS selbst als unmarkierte Wahl einzelne

Sprachwechsel auf der Mikroebene eine lokale Funktion aufweisen.

Es wurde zwischen richtungsabhängigen und richtungsunabhängigen Sprach-

wechseln unterschieden.

Bei richtungsabhängigen Sprachwechseln waren bestimmte Eigenschaften oder

Elemente entweder des Deutschen oder des Spanischen relevant. Richtungs-

unabhängige Sprachwechsel hingegen fungierten in erster Linie als stilistisches

Mittel oder dienten der Strukturierung der Konversation beziehungsweise einzel-

ner Äußerungen. In diesen Fällen war die Gegenüberstellung zweier Sprachen

selbst relevant, unabhängig von der Richtung des Wechsels.

Anhand von Belegen aus dem Gesprächskorpus wurden exemplarisch einzelne

Funktionen individueller Sprachwechsel dargestellt. Diese Auflistung stellte

jedoch keinesfalls eine abgeschlossene Typologie konversationeller Funktionen

des CS dar. Vielmehr sollte sie exemplarisch veranschaulichen, auf welche Weise

CS vom Sprecher verwendet und vom Hörer interpretiert werden kann.

Es fanden sich jedoch auch einige Sprachwechsel, die nicht individuell inter-

pretiert werden konnten, sondern die lediglich auf der Makroebene zur Gestaltung

einer bilingualen Ausdrucksweise beitrugen.

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Kapitel 9: Fazit und Ausblick 90

Auf der Basis dieser Erkenntnis erfolgte eine Einordnung der Sprachsituation in

eine dynamische Typologie bilingualen Gesprächsverhaltens nach Auer. Esplu-

gisch wurde innerhalb dieses Modells als Code-Switching mit einzelnen Merk-

malen der Kategorien Language Mixing und Fused Lect klassifiziert und im

vorderen Teil des von Auer aufgestellten Kontinuums eingeordnet.

Diatopische Untersuchungen konnten im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet

werden. Interessant wäre ein Vergleich mit Sprachkontaktsituationen an spani-

schen Schulen in Deutschland oder anderen deutschen Schulen in Spanien.

Für erstere ist zu erwarten, dass sich beispielsweise die Matrixsprache ändert und

bei Konzepten des Frames „Schule“ eher spanische Lexeme auftreten, während

für Gesprächswörter eine Präferenz für deutsche Lexeme wahrscheinlich ist. Es

wäre zu prüfen, ob sich bezüglich morphologischer Aspekte ein umgekehrtes Bild

ergibt und beispielsweise Formen wie „kaufear“ statt „comprieren“ auftreten.

Bezüglich der Sprachkontaktsituation an anderen deutschen Schulen in Spanien,

die eine ähnlich strukturierte Sprachgemeinschaft aufweisen, werden weitgehend

übereinstimmende Ergebnisse erwartet. Eigene Beobachtungen der Verfasserin an

der Deutschen Schule Madrid bestätigen diese Annahme.236

Auch eine diachrone Betrachtung wurde nicht vorgenommen. Es stellt sich die

Frage, inwieweit die Verwendung des Esplugischen sich verändert und ob ein

Wandel in Richtung eines Fused Lect stattfindet. Dazu wäre es erforderlich, über

einen großen Zeitraum hinweg Sprecherdaten zu sammeln und zu vergleichen.

Bei einem Vergleich der Korpora von 1996 und 2003 lässt sich lediglich im

Zusammenhang mit der hacer-Periphrase eine Tendenz feststellen. Diese Verbal-

periphrase entstand aus der Notwendigkeit, eine Struktur zu finden, die es den

Sprechern erlaubt, deutsche Verbalstämme in Äußerungen mit spanischer Matrix-

sprache einzufügen. Dementsprechend finden sich im Korpus von 1996 25

Beispiele mit der Struktur „hacer + deutscher Infinitiv“. Die Struktur „hacer +

spanischer Verbalstamm + -ieren“ ist lediglich in zwei Fällen belegt. Im Korpus

von 2003 ist die Struktur „hacer + deutscher Infinitiv“ 44 mal belegt, während

„hacer + spanischer Verbalstamm + -ieren“ bereits in 13 Fällen verwendet

wird.237 Auffällig ist hier die relative Zunahme der Verwendung der zweiten

236 Allerdings diente der Aufenthalt an der Deutschen Schule Madrid nicht der Untersuchung der dortigen Sprachkontaktsituation, so dass keine detaillierten Vergleichsstudien durchgeführt werden konnten. 237 Die insgesamt häufigere Verwendung dieser Konstruktion im Korpus von 2003 resultiert aus der Tatsache, dass dieses mehr als doppelt so viele Gesprächsminuten umfasst.

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Kapitel 9: Fazit und Ausblick 91

Struktur, die sich nicht mehr durch die Notwendigkeit erklären lässt, Elemente aus

dem Deutschen zu integrieren. Vielmehr sind diese Konstruktionen eigene

Elemente des Esplugischen, die sich verselbstständigt haben, was als Entwicklung

in Richtung eines Fused Lect interpretiert werden kann. Aufgrund des geringen

Datenumfangs kann diese Annahme jedoch nicht mehr als eine Vermutung sein.

Um repräsentative Ergebnisse zu erwarten, wären weitere Untersuchungen anhand

umfangreicherer Korpora und in zeitlich größeren Abständen erforderlich.

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Kapitel 10: Literaturverzeichnis 92

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Anhang I

11 Anhang

A1: Notationskonventionen238 A [me llamo Carlos 1 [ B [ soy Juan y tú < wie heißt du >1 2 [ C [ mein Name ist Sebastian 3

Sprecher 1 beginnt zu sprechen, Sprecher 2 schließt an den Redebeitrag von 1 an, während Sprecher

3 simultan mit der Äußerung des Wortes „wie“ von Sprecher 2 zu sprechen beginnt.

. kurze Pause

... längere Pause

ich w/ ich möchte Abbruch im Wort

wegen dem/ weil Abbruch in der Konstruktion

< ja >1 Element der Rede, welches am Ende des Korpus-Ausschnitts einen

durch Nummerierung erkennbaren Kommentar erhält, z.B.:

< ! >1 Ausrufintonation

< ? >1 Frageintonation

< X. > 1 anonymisierter Eigenname

< erstaunt >1

< lachend >1 etc.

(( )) Redebegleitende Ereignisse, Gestik, Mimik etc., z.B.:

((lacht)) Lachen,

((senkt den Kopf)) Körperhaltung,

((Knall)) Geräusche

(ich weiß nicht) undeutliche Passage

(xxx) unverständliche Passage

Sprachenverteilung:

Haus deutsche Elemente kursiv

casa spanische Elemente nicht kursiv

[...] Auslassung einer Äußerung oder Gesprächspassage

hör doch auf sprachliches Phänomen, das exemplifiziert wird

238 Vgl. Koch / Oesterreicher (1990): 29.

Page 101: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Anhang II

A2: Fragebogen zu Sprecherdaten (Muster) • Nummer / Número: • Alter / Edad: • Curso / Klasse: • Männlich, weiblich / Hombre, mujer: • Nacionalidad(es) / Staatsangehörigkeit(en): • DaF / DaM: • Muttersprache(n) / Lengua(s) materna(s): • Otra(s) lenguas / Andere Sprache(n): • Gewohnt in (mit Jahresangaben) / Residencia en: • Lengua(s) de la madre / Sprache(n) der Mutter: • Sprache(n) des Vaters / Lengua(s) del padre: • Welche Sprache(n) sprechen deine Eltern untereinander? / En qué lengua(s) hablan entre sí tus padres?

• En qué lengua(s) te habla tu madre? / Welche Sprache(n) spricht deine Mutter mit dir?

• Welche Sprache(n) sprichst du mit deiner Mutter? / En qué lengua(s) le hablas a tu madre?

• En qué lengua(s) te habla tu padre? / Welche Sprache(n) spricht dein Vater mit dir?

• Welche Sprache(n) sprichst du mit deinem Vater? / En qué lengua(s) le hablas a tu padre?

• Qué lengua(s) hablas en el colegio a) en clase con el profesor? b) en clase con tus compañeros?

c) en el recreo con los profesores?

d) en el recreo con tus compañeros?

• Welche Sprache(n) sprichst du in deiner Freizeit mit deinen Mitschülern, wenn a) nur Schüler der DSB anwesend sind?

b) andere Leute am Gespräch teilnehmen?

c) andere Leute anwesend sind, aber nicht am Gespräch teilnehmen?

• Qué se te ocurre cuando piensas en Alemania y en el alemán? / Was verbindest du mit Deutschland und der

deutschen Sprache?

• Was verbindest du mit Spanien und der spanischen Sprache? / Qué se te ocurre cuando piensas en España y en el español?

• Por qué hablas Esplugisch? / Warum sprichst du Esplugisch?

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Anhang III

A3: Sprecherdaten (Tabelle)*

Sprecher Gespräch Alter m / w DaM/ DaF

Mutter-sprache

Andere Sprachen

Wohnorte (Jahre)

Sprachen Mutter-

Kind

Sprachen Kind-Mutter

Sprachen Vater-Kind

Sprachen Kind-Vater

1 1 18 w DaM dt, sp engl, frz, kat Spanien dt dt sp sp

2 1 17 w DaM dt, sp engl, kat, lat Spanien dt dt sp sp

3 2 18 m DaM dt sp, engl, kat Spanien dt dt dt dt

4 2 17 m DaF sp dt, engl, kat, frz

Spanien (3), Deutschland (2),

Spanien (3), Deutschland (4),

Spanien

dt sp, dt sp sp

5 3 17 w DaF sp dt, engl, kat Spanien sp sp sp sp

6 3 17 w DaF sp dt, engl, kat Spanien sp sp kat kat

7 4 18 w DaM dt sp, engl, lat, kat Spanien dt dt dt, sp dt, sp

8 4 17 m DaF kat sp, dt,

engl, frz, xxx

Spanien kat kat kat kat

9 5 15 w DaF sp dt, engl, frz

xxx (12), Spanien sp, dt sp, dt sp sp

10 5 15 w DaM dt sp, kat, engl

Spanien (2), Deutschland (1),

Spanien (3), Deutschland (4),

Spanien

dt, sp sp sp sp

11 6 15 m DaM dt engl, sp, kat

xxx (5), Deutschland (1),

xxx (3), Spanien

dt dt dt dt, sp

12 6 15 w DaF sp kat, engl, dt Spanien sp sp, dt, kat dt sp, dt

13 7 16 m DaM dt sp, engl, frz

xxx (4), Spanien (3),

Deutschland (4), Spanien

dt dt dt dt

14 7 15 w DaM sp, dt engl, kat, frz

Deutschland (2), Spanien dt dt sp sp

15 8 15 m DaM sp, dt engl, frz Deutschland (1), Spanien sp, dt sp dt sp, dt

16 8 16 w DaM dt kat, sp, engl, frz

xxx (4), xxx (1),

Deutschland (5), Spanien

dt dt sp sp, dt

17 9 u.10 17 w DaF dt, sp engl Spanien (12),

Deutschland (2), Spanien

sp sp dt sp

18 9 17 w DaM sp dt, kat, engl

Deutschland (6), Spanien sp sp dt sp, dt,

xxx

19 11 16 w DaF sp dt, frz, engl, kat Spanien kat kat dt, sp dt, sp

20 11 17 w DaM dt sp, engl frz, kat

Spanien (8), Deutschland (5),

Spanien sp sp sp, kat sp, kat

Page 103: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Anhang IV

Sprecher Gespräch Alter m / w DaM/ DaF

Mutter-sprache

Andere Sprachen

Wohnorte (Jahre)

Sprachen Mutter-

Kind

Sprachen Kind-Mutter

Sprachen Vater-Kind

Sprachen Kind-Vater

21 10 17 w DaM kat., dt. sp, engl, frz

Spanien (6), Deutschland (8),

Spanien kat kat, dt kat kat

22 12 18 m DaM dt

sp, engl, kat

Deutschland (6) Spanien dt dt dt,sp dt, sp

23 12 18 w DaM dt, sp, xxx

frz, engl, kat Spanien xxx, dt xxx, dt dt dt

24 13 14 w DaM dt, kat sp, engl Spanien kat kat dt dt

25 13 13 w DaF kat dt, sp, engl Spanien kat kat dt, kat dt, kat

26 13 14 m DaF sp. dt, engl, kat Spanien dt, sp dt, sp sp sp

27 14 u. 15 12 m DaMF dt kat, engl, sp Spanien dt, kat dt, kat kat, dt kat, dt

28 14 12 w DaM dt engl, sp Deutschland (6) Spanien sp sp dt dt

29 14 12 m DaF sp dt,kat, engl Spanien sp sp dt dt

30 15 11 m DaM dt sp, kat, engl Spanien dt dt sp sp

31 15 11 m DaM dt, sp kat, engl Spanien sp sp dt dt

32 16 17 w DaM sp dt, engl, kat

Deutschland (8), Spanien sp, dt sp; dt dt dt

33 16 16 w DaM dt sp, kat, frz, engl Spanien dt dt,sp sp sp

34 17 17 w DaF sp dt, engl, kat, frz

Deutschland (2) Spanien sp sp sp sp,

35 17 17 w DaF sp dt, engl, frz, kat Spanien sp sp sp sp

36 18 18 w DaF sp dt, engl, kat Spanien sp sp sp sp

37 18 19 w DaM dt engl, sp,frz, kat

Deutschland (4) Spanien dt dt, sp sp, kat sp, kat

38 19 17 w DaF sp dt, engl, kat

Deutschland (3), Spanien sp sp sp sp

39 19 16 w DaF sp frz, dt, engl, kat keine Angabe sp sp sp sp

40 20 18 w DaM dt sp, engl. kat

Deutschland (1), Spanien dt dt dt sp

41 20 20 m DaF sp dt, engl, kat Spanien sp sp sp sp

42 21 19 w DaM dt sp, engl, frz

Deutschland, Spanien dt, sp dt, sp dt dt, sp

43 21 17 w DaM dt sp, engl Deutschland (7), Spanien dt dt dt dt

44 21 18 m DaM dt sp, engl, kat

xxx (1), Deutschland (1),

xxx (3), Spanien

dt dt dt, xxx dt, xxx

45 22 u. 23 16 w DaM dt, sp frz, kat, engl

xxx (3), Spanien sp sp, dt dt Dt

46 22 16 m ?DaF dt sp, engl. frz, kat

Deutschland (7), Spanien dt dt dt Dt

47 23 17 w DaF sp dt, kat, engl

Deutschland (3), Spanien kat kat dt Dt

Page 104: (UVWH 6WDDWVDUEHLWMyers-Scotton (1993a). 16 Vgl. Auer (1999). Kapitel 2: Terminologische Grundlagen 7 2 Terminologische Grundlagen 2.1 Code-Switching In der Forschung existieren äußerst

Anhang V

Sprecher Gespräch Alter m / w DaM/ DaF

Mutter-sprache

Andere Sprachen

Wohnorte (Jahre)

Sprachen Mutter-

Kind

Sprachen Kind-Mutter

Sprachen Vater-Kind

Sprachen Kind-Vater

48 24 17 w DaF sp dt, engl, frz Spanien sp sp kat, sp sp, kat

49 24 17 m DaF sp dt, engl, frz Spanien sp sp dt dt

50 25 15 w DaF sp kat, engl, dt Spanien sp sp sp sp

51 25 14 w DaF sp dt, kat, engl

Deutschland, Spanien sp sp sp sp

52 26 13 w DaM dt frz, sp, engl Spanien dt, xxx,

sp dt xxx, dt, sp dt

53 26 14 m DaM sp keine Angabe Keine Angabe dt dt sp, xxx sp, xxx

54 27 14 w DaF sp kat, dt engl Spanien sp, kat sp sp sp

55 27 14 w DaF kat dt, sp, engl Spanien kat kat kat, sp kat, sp

_______________ * Die Sprecherdaten in dieser Tabelle wurden in der vorliegenden Ausgabe teilweise durch „xxx“ ersetzt, um die Anonymität der Sprecher zu wahren. Diese Daten liegen der Verfasserin jedoch vor.

Legende m = Männlich w = Weiblich DaM = Deutsch als Muttersprache DaF = Deutsch als Fremdsprache dt = Deutsch engl = Englisch frz = Französisch kat = Katalanisch sp = Spanisch

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Anhang VI

A4: Gesprächsaufnahmen (CD im MP3-Format): nur im Original enthalten.