18
Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde, Bd. 170, S. 119--136 (1953). Aus der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universit/it Bonn (Direktor: Prof. Dr. K. POttLISCH). Ver~inderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem~,~% Vou C. SCHM1DT, H. MATIAR und F. GEINERT. Mit 2 Textabbildungen. ( Eingegangen am 12. August 1953.) Im Rahmen einer Untersuchungsreihe fiber die EiweiSver/~nderungen im Serum bei genau definierten Einwirkungen auf das Nervensystem und das neuro-hormonale System haben wir zun/~chst die postopera- riven Serumproteinver/inderungen nach cerebralen Eingriffen untersucht. Es waren zun/~chst praktisch-klinische Gesichtspunkte, die sich auf das Problem der maladie postoperatoire beziehen, die uns als Kliniker interessierten. Diese vor ca. 20 Jahren von L]~RICHE gepr/igte Bezeich- nung umschliel~t einen Komplex yon vegetativen Erscheinungen, der auch den Patho-Physiologen reizt, well durch die Hirnoperation often- sichtlich ein Regulationsvorgang angeregt wird, der im Zeitraum yon 1 bis 2 Wochen abl/~uft und Aufschlfisse fiber grunds~tzJiche vegetative ](rankheitsvorg/inge zu geben verspricht. Aus unserem Problem ergaben sich folgende Fragestellungen: 1. Finden sich signifikante BluteiweiBver/~nderungen bei Hirn- tumoren vor der Operation ? 2. Wie verhalten sieh die Serumproteine nach Craniotomien und intracerebralen Eingriffen im postoperativen Verlauf ? 3. Wie unterscheiden sich die Proteinver~nderungen bei cerebralen Eingriffen yon denjenigen, die bei Operationen in anderen KSrper- regionen gefunden werden ? 4. Finden sich Unterschiede zwischen den Ver~tnderungen nach Hirn- operationen und solchen cerebralen Eingriffen, die das Gehirn nicht direkt betreffen oder wo eine schwerere GewebszerstSrung durch den * Herrn Professor Dr. K. POHLISCItzum 60. Geburtstag gewidmet. ** Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

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Page 1: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde, Bd. 170, S. 119--136 (1953).

Aus der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universit/it Bonn (Direktor: Prof. Dr. K. POttLISCH).

Ver~inderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem~,~%

Vou

C. SCHM1DT, H. MATIAR und F. GEINERT.

Mit 2 Textabbildungen.

( Eingegangen am 12. August 1953.)

Im Rahmen einer Untersuchungsreihe fiber die EiweiSver/~nderungen im Serum bei genau definierten Einwirkungen auf das Nervensystem und das neuro-hormonale System haben wir zun/~chst die postopera- riven Serumproteinver/inderungen nach cerebralen Eingriffen untersucht.

Es waren zun/~chst praktisch-klinische Gesichtspunkte, die sich auf das Problem der maladie postoperatoire beziehen, die uns als Kliniker interessierten. Diese vor ca. 20 Jahren von L]~RICHE gepr/igte Bezeich- nung umschliel~t einen Komplex yon vegetativen Erscheinungen, der auch den Patho-Physiologen reizt, well durch die Hirnoperation often- sichtlich ein Regulationsvorgang angeregt wird, der im Zeitraum yon 1 bis 2 Wochen abl/~uft und Aufschlfisse fiber grunds~tzJiche vegetative ](rankheitsvorg/inge zu geben verspricht.

Aus unserem Problem ergaben sich folgende Fragestellungen:

1. Finden s i c h signifikante BluteiweiBver/~nderungen bei Hirn- tumoren vor der Operation ?

2. Wie verhalten sieh die Serumproteine nach Craniotomien und intracerebralen Eingriffen im postoperativen Verlauf ?

3. Wie unterscheiden sich die Proteinver~nderungen bei cerebralen Eingriffen yon denjenigen, die bei Operationen in anderen KSrper- regionen gefunden werden ?

4. Finden sich Unterschiede zwischen den Ver~tnderungen nach Hirn- operationen und solchen cerebralen Eingriffen, die das Gehirn nicht direkt betreffen oder wo eine schwerere GewebszerstSrung durch den

* Herrn Professor Dr. K. POHLISCIt zum 60. Geburtstag gewidmet. ** Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Page 2: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

120 C. SCHMIDT I-I~ MATIAR und F. GEINERT:

Eingriff fehlte, z . B . Caro t i sun te rb indung ?

5. Beziehung des hei tsbi ld.

bei Encepha lographie , Ven t r iku lograph ie und

Serumeiweil~spektrums zum kl inischen K r a n k -

1. Arbettsmethode.

Es wurde mit dem Mi]crelektrophorese-Gerat nach ANrWEILI~a Serum aus Venen- blut untersucht. Die Zeitpunkt e der Blutentnahmen sind aus den Tabellen (Kap. 2) ersichtlich. Verwendet Wurde Veronalnatrium-Natrium~co~at:~lzsiiure-Putfer nach MICItAELIS (pH 8,46: Ionensti~rke 0,1). Dialysezeit 6 Std. Kiihlung 5 mira Ver- suchsdauer 20 min bei Gleichstrom yon 2,0 mA uad 65 V. Die Vorsuche warden als Doppelbestimmung durchg~fiihrt. Die Gosamteiweil~bestimmung erfolgte nach der van Slykeschen Kupfersulfatmethode.

2. Untersuchungsgut und Versuchsergebnisse 1.

Unte r such t wurden 17 Kranke , die in zwei Gruppen e iugete i l t wurdeu. Gruppe A umfaBt 11 H i rnope ra t i onen (F~lle 1--11) mi t tie/grei/ender GewebszerstSrung (5 Gl ioblas tome, 1 Ol igodendrogl iom, 1 n ich t klassifi- z ierbares Granul0m, 1 H~mang ioendo the l iom , 1 ungekli~rter T u m o r im 3. Ventr ikel , 1 Chiasmaarachni t i s , 1 P s e u d o t u m o r bei Meningoencepha- litis). Gruppe B umfa•t dagegen die Eingriffe mi t unwesentlicher Gewebs- zerst6rung des Gehirns (2 Ven t r iku log raph ien : Full 12, 13) oder n u r indirekter Beteiligung des Gehirns (2 Encepha lograph ien , Fa l l 16, 17; und 1 Caro t i sun te rb indung , Fa l l 15) oder Gewebszers tSrung ohne Be- teiligung des Gehirns (1 Sch~de ldachsarkom, Fa l l 14).

Gruppe A 2.

Fall 1. Ko., 26j~hriger Mann. Glioblastoma muIti/orme temporo-occipital links. Radikale Entfernung durch Operation, Verlauf komplikationslos.

Zelt '] Ges.-EiW.g. % Al°~ "o fz- Glob.% I fl-Glob.% ~/- Glob.%

ante operat . . . . . . .

2. Tag post operat . . . .

6. Tag . . . . . . . . !

9. Tag . . . . . . . .

8,2

6,8

7,0

[ 6,9 I

51,7 1,6

50,2 2,6

42,5 5,4

41,7 4,4

8,7

718

12,9

9,1

13,7

14,8

15,8

16,7

24,3

24,6

23,3

28,1

1 Herrn Prof. Dr. R6TTGEN danken wir ftir die l~berlassung der yon ihm operierten F~lle.

2 Die Zahlen unter den Albuminwerten geben die aj-Fraktion an, falls diese zu interferometrieren war. Meistens ist das nicht der Fall, dann ist sie in dem Albumin- wert enthalten.

Page 3: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

Ver/~nderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen. 121

Fall 2. Be., 43ji~hriger Mann. Polymorphzelliges Glioblastom rechts temporal. Totatextirpation, exitus am 7. Tag post operationem.

Zeit Ges.Eiw. Alb. a-Glob, fl-Glob, y- Gleb. g- % % % % %

ante operat . . . . . . . : 8,1

2. Tag post operat . . . . 7,1

5. Tag . . . . . . . 7,5

52,6 2,2

51,5 4,1

39,7 3,3

7,2

7,4

16,7

13,2

9,5

13,9

24,7

27,6

26,4

Fall 3. BI., 44j/ihrige Frau. Pseudotumor. Dura-ErSffnung, Beendigung der Operation als Probe-Trepanation unter der Annahme einer Encephalitis. Exitus am 29. Tag post operationem Sektion: Meningoencephalitis.

Ges.Eiw. i 2~lb. Zeit g. % %

ante operat . . . . . . . 9,0 53,4 2,2

3. Tag post operat . . . . ~ 7,0 47,0

5. Tag . . . . . . . . I 6,8 43,5 9. Tag . . . . . . . 7,0 39,0

i ~-Glob. fl- G?~:b. % /

7,6 10,1

16,5 10,9 15,1 15,0 12,7 11,2

v-Glob. %

26,7

25,6 26,4

37,1

Fall 1. Fr., 55j/ihriger Mann. MultiJormes Glioblastom. Totalexstirpation des Tumors rechts temporal. Exitus am I. Tag post operationem.

Zeit Ges.Eiw. Alb. ~-Glob. fl-Glob, y-Glob. g- % % % % %

ante operat . . . . . . . post operat . . . . . . . 6 Std . . . . . . . . .

7,8 7,5

51,1

43,9 3,2

9,3 11,6

15,7 12,8

23,9

28,5

Fall 5. He. 21j/~hrige Fran. Chiasmaarachnitis. Operation: :Erweiterung des Canalis nervi optici.

zeit Ges.Eiw. g-%

an¢~ operat . . . . . . . 7,9 3. Tag postoperat . . . . . 7,4

Alb.o,,.o a-Glob.% fl-Go+~b, i v - G l o b . / , %

50,5 8,7 ' 15,9 i 25,4 46,4 16,9 i 12,2 24,5 ~ i

Fall 6. Ge., 46jahrige Frau. Osteam als Reaktion au] ein Hgmangioendotheliom. Operative Entfernung eines riesigen Os~oms des linken Keilbeinfliigels, eines kleinen Tumors in der Orbita lind eines fl~chenfSrmigen itraduralen Tumors. Ver- lauf ohne ernste Komplikationen. (Tabetle s. S. 1220

Page 4: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

122 C. SCHMIDT H. MATIAR und F. GEINERT:

Z e i t G e s . E i w . A l b . y - G l o b . o/ o ° g - ~o %

ante operat . . . . . . .

6 Std post

3. Tag ,,

o p e r a t . . . . !

5. Tag ,, 7. Tag ,,

10. Tag ,, 13. Tag ,, 20. Tag ,, 26. Tag ,,

7,2 51,8 1,8

6,8 52,9 3,7

7,3 45,8 2,1

7,5 42,7

7,4 39,2 7,7 38,2 7,2 39,6 8,1 43,4 7,2 46,0

3,5

Fall 7. Ri., 44jahriger Mann. Glioblastom des Tumors. Verlauf komplikationslos.

a - Glob. fl- Glob. ,o ?o

5,5 17,2

4,8 16,8

13,4 16,3

16,4 17,2 18,9 18,5 16,1 16,4 15,8 17,0

12,6 17,0 7,3 16,4

23,7

21,8

22,4

23,7 23,4 29,3 27,6

27,0 26,8

rechts occipital. Totalexstirpation

Zeit Ges. Eiw. g-%

Alb. %

1. Tag ant. operat . . . . 7,9 52,5 2,3

ante operat. 7,9 51,2 (direkt) I 1,9

Mittelwerte . . . . . . 7,9

3. Tag post operat. . . 7,2 7. Tag . . . . . . . 7,2

10. Tag . . . . . . . 7,3 16. Tag . . . . . . . 7,0

53,9

46,6 39,3 36,0 46,4

a- Glob. fl- Glob. % %

] 4,3 12,7

6,9 13,8

5,6 13,3

16,5 13,1

16,3 15,6 12,3 15,5

8,6 15,9

Fall 8. Ha., 38jiihriger Mann. Tumor im 3. Ventrikel Drainage nach TORKILDSE~ T. Verlauf komplikationslos.

7-Glob. %

28,2

26,2

27,2

23,8 28,8 36,2

29,1

mit J~qu~duktverschlu[}.

Zeit I Ges.EiW.g. % Alb.% a-Glob.% fl-GolOb..£, !l 7-Glob.%

ante operat . . . . . . .

I 6 Std post o p e r a t . . , i 9 Std . . . . I 1. Tag . . . . 3. Tag . . . . 5. Tag ....

7. Tag ....

I0. Tag ....

13. Tag ....

8,8

7,5

7,4 7,9 7,9 7,9

6,8

54,1 1,8

52,9 53,5 42,5 45,7 41,6 42,4 40,3 40,6

9,6 13,4

9,7 14,4 10,5 11,9 15,2 17,9 14,6 17,4 12,4 20,0 12,8 20,7 11,9 19,4 12,6 20,7

23,8

23,0 24,1 24,4 22,3 26,0 24,1 28,4 26,1

Page 5: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

Ver/inderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen. 123

Fall 9. Pf. 41j~hrige Frau. Multi/ormes Glioblastom. Totalexstirpation des Tumors. Am 10. Tag post operat. Exitus letalis.

zeit Ges.Eiw. Alb. a-Glob, fl-Glob. ~,-Glob. g- % % % % %

2 Tage ante operat . . . . 8,7 49,7 9,2 16,4 24,7 ante operat . . . . . . . 8,0 46,9 9,3 17,8 26,0

(Operationstag)

Mittelwerte . . . . . . . 8,4 6 Std post operat . . . . 7,2 5. Tag . . . . . . . 7,3 9. Tag . . . . . . . 7,3

48,3 48,3 39,0 40,6

9,2 17,1 8,9 16,5

15,4 20,3 1 1 , 0 19,6

25,4 26,3 25,3 28,8

Fall 10. Ba., 39j~hriger Mann. Oligode*utrogliom rechts temporal. Totalexstir- pation des Tumors. Am 1. Tag nach der Operation Streck-Kr~impfe, Besserung nach Punktion des Wundbettes. Dann komplikationsloser Verlauf.

zeit

ante operat . . . . . . . 6 Std post operat . . . . 1. Tag . . . . . . . 1. Tag . . . . . . . (abends 21 Uhr) 3. Tag post operat.. 6. Tag 8. Tag

10. Tag 13. Tag 20. Tag 22. Tag

27. Tag . . . . . . .

Ges.Eiw. g" % n-Glob. I ~ o fl- (~lob.~5

8,8 7,9 8,6 8,5

8,4 7,9 7,4 7,5 7,3 6,8 6,8

7,2

29. Tag . . . . . . . 7,9

Alb. %

52,7 53,1 52,6 54,5

51,0 44,2 40,1 41,7 44,9 42,2 44,8

2,3 45,9

1,2 48,2

4,7 5,8 7,3 7,9

11,2 11,3 12,3 10,9 9,8 8,7 4,7

8,2

7,2

14,8 14,3 13,1 11,7

15,2 16,4 17,0 19,4 17,5 17,9 14,7

15,3

16,3

7-Glob. %

27,8 26,8 27,0 25,9

22,6 28,1 30,6 28,0 27,8 31,2 33,5

29,4

28,3 Fall 11. Hi., 25jahrige Frau. Unspezilisches Granulom, links temporal. Total-

entfernung des Tumors. Komplikationsloser Verlauf. zeit I Ges.Eiw. Alb. ! a-Glob, f l -GIob, y-Glob.

, g - % % i % ~ % o , o

7 Tage ante operat.. I 8,3 1 Tag . . . . . . . i 8,1

Mittelwerte . . . . . . I 8,2 1 Std post operat . . . . i 6,9 1. Tag . . . . . . . I 6,8

3. Tag . . . . . . . 6,8 5. Tag . . . . . . . : 6,3 7. Tag . . . . . . . 7,7 9. Tag . . . . . . . i 6,9

13. Tag . . . . . . . i 6,6 15. Tag . . . . . . . 6,8 18. Tag . . . . . . . 7,5 20. Tag . . . . . . . 8,2

53,3 49,7

51,5 54,6 53,6

2,2 48,1 49,4 48,4 45,1 42,9 44,3 45,5 47,4

7,6 12,4 6,3 14,5

6,9 13,4 4,9 1 1 2 , 6 8,2 [ 14,0

13,0 12,6 13,5 12,8 11,9 10,3 9,2 8,0

14,8 15,4 12,5 14,5 18,0 15,3 14,7 14,8

26,5 29,5

28,0 27,9 22,0

24,1 22,6 25,6 27,6 27,2 29,8 30,6 29,8

Page 6: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

124 (!. SCHI~IIDT H. MATIAR und F. GEINERT:

M i t t e l w e r t - T a b d l e der Gruppe A. (Gesamteiwei~ und relative Fraktionswerte.)

Ges.Eiw. All). a-Glob, fl-Glob, y-Glob. Zeit g. % % % ,~ %

8,0 52,8 7,3 14,4 25,5 ante operationem . . . . (Arithmetischer Mittelwert der Ausgangswerte)

6--9. Std post. operat. 1.-- 2. Tag . . . .

3. Tag . . . . 5 . - - 6. Tag . . . . 7 . - - 8. Tag . . . . 9.--10. Tag . . . .

13.--16. Tag . . . . 18.--22. Tag . . . . 26.--29. Tag . . . .

7,3 6,9 7,2 6,9 7,2 7,2 6,8 7,4 7,6

52,8 51,0 47,0 43,5 41,2 40,6 42,3 45,0 48,3

7,9 9,9

15,3 14,3 16,1 12,5 13,0 10,9 9,7

14,0 14,3 14,6 17,2 16,8 16,8 17,1 15,2 14,5

8,o g% ~o

G,o

go

go

30

go

7d'

o

-- I Ope~7/10n ~-

A . . . . _~_ ~ .~

o 2

I r [ ~ E [ I #elative Fra#tlonewspte -

..~__~__~__ ...................... ~__,

,___,__,___,--__,___,___,_._, g 8 70 7Z 7~ 7G 78 ~ 28 Z~ z~Tage

Abb. 1. Dia4~ramm zur Mittelwert-Tabelle.

Mit t e lwer t -Tabe l l e der Gruppe A. (Gesamteiweii~ und absolute Fraktionswerte.)

25,8 24,9 23,1 25,2 25,1 30,1 27,2 28,8 27,6

Zeit

ante operationem . . . . (Arithmetischer Mittelwert der Ausgangswerte)

6--9. Std post operat. 1.-- 2. Tag . . . .

3. Tag . . . . 5 . - - 6. Tag . . . . 7 . - - 8. Tag . . . . 9.--10. Tag . . . .

13.--16. Tag . . . . 18.--22. Tag . . . . 26.--29. Tag . . . .

Ges.Eiw. g- %

8,0

7,3 6,9 7,2 6,9 7,2 7,2 6,8 7,4 7,6

Alb. g-%

4,2

3,9 3,6 3,4 3,1 3,0 2,9 2,7 3,3 3,6

a-Glob. g- %

0,5

fl-Glob. o/

g - . o

1,0

y-Glob. g-%

2,3

0,5 1,0 1,9 0,7 0,9 1,7 1,1 1,0 1,7 0,9 1,1 1,7 1,1 1,2 1,9 0,9 1,2 2,2 0,8 1,1 1,9 0,8 1,1 2,2 0,7 1,1 2,2

Page 7: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

Ver~nderungen der Serumproteine n~ch Hirnoperationen. 125

I ~ an/@ ope.m/lonern _ . . i Zg T~g poxf a~allo~

z lag p~ u~mliomm

A ~ 7 A e p 7 A e ~ 7

Abb. ~. 3 bo~dery-DiRgrsn~e. (Zur Ver~nsch~ulichung der ch~r~kteristischen Ver- Rnderungen, d~r~s~llt an F~ll 6 ~m T~ Rntc opcrst., ~m 7. und ~6. T~ post oper~t.),

Gruppe B.

Fall 12. Mii., 48j~hrige Frau. Ventrik~ulographie bei Glioblastom. Exitus letalis am 9. Tag.

Zeit Ges.Eiw. g- %

ante operat . . . . . . . 6,8

6 Std post o p e r a t . . . . 6,4 l. T~g , . . . 6,4 3. Tag . . . . . 6,0 5. Tag . . . . . . . 6,3

Alb. %

48,0

! 49,2 . 48,0 1 3 7 , 2 ,

] 40,8

a- Glob. %

12,4

10,0 t3,2 12,9 13,5

fl-Glob. ~--Glob. % %

16,4 23,2

16,9 23,9 13,7 25,1 15,2 34,7 16,5 29,2

Fall 13. Le., 46jiihrige Frau. Ventri/culographie bei ungekliirtem Krankheits- bild. Komblikationsloser VerlauL

Zeit Ges.Eiw. AIb. i a-Glob, fl-Glob, y-Glob. g- % '~ % ] % % %

ante ventric . . . . . . .

direkt pos~ ventric . . . . 6 Std 2. T~g 4. Tag 6. Tag

13. Tag 15. Tag 23. T~g

post ventric.

~ ~

, , ~

, , ~ ,

, ~ , ~

7,6

6,4 7,3 7,2 7,6 7,2 6,8 6,9 7,0

50,3 9,1

46,4 ~ 9,7 50,4 i s,1 49,2 i 9,5 48,8 12,1 45,5 13,1 44,9 12,4 45,8 ~ 11,6 49,3 10,1

16,5

17,1 15,4 15,5 15,2 16,8 15,9 t8,0 14,0

24,1

26,8 26,1 25,8 23,9 24,6 26,8 24,6 26,6

Fall 14. Mi., 43j£hriger Mann. Schiideldachsarlcom. Operation ohne Dura-ErSff- m~ng. Komplikationsloser Verlauf.

! Ges.Eiw. A|b. Zeit ~ g- % %

ante operat . . . . . . . . [ 7,5 : 52,7

I. Tag post operat . . . . ! 7,9 52,8 2. Tag . . . . . . . I 54,7 4. Tag . . . . . . . . 6,4 ! 51,3 6. Tag . . . . . . . 6,7 i 50,3

~ - Glob. %

11,4

12,3 11,8 15,9 18,6

B'Go,lob, ~b

11,6

1 0 , 1

10,3 10,1 9,4

~ , - G l o b . %

24,3

24,8 23,2 22,7 21,7

Page 8: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

126 C. SCHMIDT H. MATIAR und F. GEINERT:

Fall 15. Fa., 26j~hriger Mann. Carotisunterbindung bei intracraniellem An- eurysma. Verlauf komplikationslos.

Zeit Ges.Eiw. Alb. a-Glob. ~-Glob. y-Glob. g. o ° % o o,

1 Tag ante opera t . . . . .

3 Std post opera t . . . . 6 S td . . . . . . . 1. Tag . . . . . . . 3. Tag . . . . . . . 5. Tag . . . . . . . 8. Tag . . . . . . .

7,5

7,0 7,2 7,5 8,6 8,6

57,9 8,7

58,4 7,6 57,2 8,1 56,7 9,5 52,4 ].3,2 51,7 13,1 51,6 , 11,6

13,0

10,8 13,1 13,2 11,8 12,6 14,0

Fall 16. Ri., 32ji~hriger Mann. Encephalographie bei ungekl~rtem Keine Kompl ika t ion .

20,4

23,2. 21,6 20,6 22,6 22,6 22,8

Anfall-Leiden.

Ges. Eiw. y - Glob. Zeit g- % %

ante ence . . . . . . . .

3 Std post ence . . . .

6 Std . . . . . . . .

3. Tag . . . . . . . . ! I

5. Tag . . . . . . . . . . i

7,5

7,3

7,4

6,8

8,5

A~b. °-Qlob. ~-Oloh. ~o % %

58,2 5,1 13,1 2,1

59,0 3,5 12,0 2,5

59,0 4,9 9,9 1,8

56,7 i 5,1 12,1 i 2,7 I [

56,5 ! 4,8 13,1 !

21,5

23,0

24,4

23,4

23,6

I 1,9 ~ I

Fall 17. Sc., 35j~hrige Frau. Endokrines Krankheitsbild bei Nebennierenr iuden- Hyperplas ie , Encephalographie. Komplika t ions loser Verlauf.

Zeit [ Ges.EiW.g. % Alb.o~ a- Glob.yo fl-Glob.% ~,-Glob.%

ante eace . . . . . . . . 8,0 52,5

di rekt post ence . . . . . 7,7 51,1 1. Tag . . . . . . . . 7,7 52,7 3. Tag . . . . . . . . I 7,9 46,6 6. Tag . . . . . . . . i [ ~ 49,2

7,6

5,9 8,0 9,3 8,6

18,1

18,3 15,6 18,1 17,8

21,8

24,7 23,7 26,0 24,4

3. Besprechung der Ergebnisse.

D i e Ausgangswerte d e r 11 H i r n o p e r i e r t e n ( G r u p p e A) z e i g e n e i n e

m i t t e l s t a r k e V e r s c h i e b u n g d e r S e r u m p r o t e i n e z u r g r o b d i s p e r s e n G l u b o -

l i n s e i t e . N a c h d e r M i t t e l w e r t t a b e l l e l i e g e n d i e A l b u m i n e ca. 7 °/o u n t e r

d e n N o r m a l w e r t e n . D i e a - G l o b u l i n e l i e g e n a n d e r o b e r e n G r e n z e d e r

N o r m , d i e ~- G l o b u l i n e s i n d m ~ g i g , d i e I L G l o b u l i n e m i t e t w a 1 4 % w e s e n t -

l i ch e r h S h t . D i e s e V e r i ~ n d e r u n g e n e n t s p r e c h e n e t w a d e m T y p u s d e r

H e p a t i t i s o d e r d e m d e r m a l i g n e n T u m o r e n n a c h d e n K o n s t e l l a t i o n s t y p e n

voi l WUHRMANN tl. WUNDERLY. D i e F r a g e e i n e r L e b e r b e t e i l i g u n g w i r f t

Page 9: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

Veri~nderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen. 127

das interessante Problem der Beziehungen zwischen Gehirn und Leber auf und miif3te durch weitere Untersuchungen gekli~rt werden.

Beim Gesamteiweifl lagen die Ausgangswerte an der oberen Grenze der Norm oder waren teicht erhSht (8,4--9,7 g-~o), im Mittel: 8,0 g-~o. Eine Beziehung zur Diagnose, insbesondere zur Artdiagnose des Tumors, lief3 sich nicht erkennen.

Bei Betrachtung der postoperativen Eiweif3ver/~nderungen liel3en sich in Bezug auf die Prognose des weiteren Verlaufs keine eindeutigen Richtungs/~nderungen der Einzelfraktionen feststellen. Es fiel jedoch auf, da6 die F/~lle, in welchen die Ausgangswerte der a-Globuline sehr niedrig und normal waren, einen gfinstigen Verlauf nahmen (F~lle 6, 7, 10, 11). Lebensbedrohliche Krisen wurden fiberwunden (Fall 10). Dagegen konn- ten wir in jenen F~llen, in welchen die Ausgangswerte der a-Globuline um 2--3~o erhSht waren, auBer den allgemeinen Erscheinungen des Hirndrucks auch eine st/~rkere Beeintr/ichtigung der Bewul3tseinslage beobachten. Keiner dieser F~lle hat den Eingriff iiberstanden (FKlle 4, 9, 12). Im Fall 4 ging eine a-GlobulinerhShung mit einer 7-Globulin- erhShung innerhalb der ersten drei Tage nach der Operation einher. Ob der ungiinstige Verlauf damit in Beziehung steht, muB nachuntersucht werden, wie fiberhaupt diese Zusammenh/~nge einer weiteren Nach- prfifung bedfirfen.

Betrachten wir die Schwere der Ver/£nderungen innerhalb der Einzel- fraktionen, dann ergibt sich folgendes:

Im Falle 2 (Be.) mit letalem Ausgang betrug der maximale Albumin- abfall --11,8~o (am 5. Tage), im Falle 7 (Ri.) mit einem gfinstigen post- operativen Verlauf abet sogar - - 17,9 °/o. Im Falle 3 (B1.) mit ungfinstigem Verlauf betrug der a-Globulinanstieg maximal ~ 8,6~o (am 3. Tag), im Falle 6 (Ge.) mit giinstigem Verlauf dagegen ~- 13,4% . Wir treffen so- mit die schwersten Ver~nderungen der Einzelfraktionen sowohl bei gfinstigem als auch delet/irem Verlauf an. Sie waren ffir keine der beiden Gruppen charakteristisch.

Aus diesem Grunde hielten wir uns ffir berechtigt, die 11 ttirn- operierten zu einer Gruppe zusammenzufassen und hierffir die arith- metischen Mittelwerte (s. Mittelwert-Tabelle!) zu errechnen. Daraus ist folgendes zu ersehen:

Die Albuminfraktion zeigt am Operationstag keine Ver/~nderung. Dann erfolgt ein stetiger Ab/all bis zum 9./10. Tag post operationem, errechnet vom Ausgangswert, gleichgesetzt mit Null, auf--12,2°/o (er- rechnet yon dem mittleren arithmetischen Ausgangswert : ein Abfall yon 52,8% auf 40,6~/O). Es folgt dann ein langsamer linearer Anstieg bis zum 26.--29. Tag auf 48,3%. Somit war bis zum 29. Tag der Ausgangswert yon 52,8o./o noch nicht erreieht.

Page 10: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

128 C. SCIIMIDT, H. MATIAR und F. GEINERT:

Bei der Mikroelektrophorese nach ANTWEIL~R k6nnen wir nieht in allen F/~llen eine Herausdifferenzierung der al-Globuline aus den Albuminen erreichen. Betrach- ten wir jedoch die Fi~lle, in welchen die Differenzierung gelang (Fi~lle 1, 2), dann stellen wit lest, da[~ die al-Globuline /~hnlich den a2-Globulinen (im allgemeinen als a-Globuline in der Literatur bezeichnet) stark zunehmen: Von 1,6 % ante operat. auf 5,4% am 7. Tag (Fall 1) oder von 2,20/0 ante operat, auf 4,1°/o post operat. (Fall 2). Da diese Fraktion den Albuminen zugerechnet wird bzw. mit diesen wan- dert, w~re bei einwandfreier TrenmnSglichkeit der wirkliche Albuminabfall noch gr6ger.

Die a-Globuline verhalten sicb den Albuminen entgegengesetzt. Am Operationstag ist schon ein unwesentlicher Anstieg zu verzeichnen (-~ 0,6%), dann folgt ein steiler Anstieg bis zum 3. Tag u m + 8 ,00 , das heifit fraktionswertmi~Ng: vom mittleren Ausgangswert von 7,3% auf 15,3%, bleibt ungefiihr auf diesem Niveau bis zum 7./8. Tag, das heil~t auf 16,1°/o und fi~llt dann gleichm/~Big bis zum 26./29. Tag auf 9,7°o zuriick, ebenfalls - - /~hnlieh den Albuminen - - ohne die Ausgangslage zu erreichen.

Die fl-Globuline bleiben bis zum 3. Tag unveri~ndert und beginnen dann anzusteigen bis zum 5./6. Tag, u m + 2,8 (yon 14,4% auf 17,2°/o), behalten bis zum 13./16. Tag diese HShe (17,1%), um dann langsam bis zum 26./29. Tag auf den Ausgangswert zurfiekzusinken (14,5°).

Die "/-Glob~dine zeigen bis zum 7./8. Tag eine m/il3ige Herabsetzung (am 3. Tag um 2,4 oder von 25,5~o auf 23,1%), dann folgt ab 8. Tag ein ein steiler Anstieg um 7o/0 (30,1%), und fallen dann bis zum 13. bis 16. Tag wieder etwas ab, bleiben aber bis zum 26./29. Tag mit + 2,1 (27,6~i,) deuttieh fiber dem Ausgangswert.

Das Gesamteiwei[3 fiillt bei den 11 Hirnoperierten yon einem mittleren Ausgangswert yon 8,0 g-C~/o schon direkt naeh der Operation auf 7,3 g-° o ab, sehwankt um 7,0 g-°/o um vom 16. Tag ab wieder anzusteigen und am 29. Tag mit 7,6 g-% unterhalb des Ausgangswertes stehen zu bleiben.

Die absoluten Werte der Ei~zel/raktionen iindern sieh analog den rela- tiven Werten auger der ),-Glubolinfraktion. Diese zeigte absolut in den ersten fiinf Tagen einen deutlichen Abfall; an der Stelle des relativen stiirkeren Anstiegs im weiteren Verlauf war absolut nur ein Anstieg bis zu den Ausgangswerten festzustellen.

Bei Laparatomien und Frakturen, die iihnliche EiweigverSmderungen wie unsere Hirnoperierten aufwiesen, haben viele Autoren die Meinung vertreten, dag diese Eiweigver~tnderungen einfaeh durch die schweren GewebszerstSrungen als Reaktion auf die freiwerdenden Zerfallsprodukte (BEttNER) bzw. Noxine (GottRBttANDT) ZU erkl~ren seien. Aus diesem Grunde haben wir noch die F~lle der Gruppe B untersueht, wo mit dem Eingriff keine schwere Hirnsubstanzverletzung oder Gewebszerst6r'ung ver- bunden war, so dab yon einem ins Gewicht fallenden EiweiBzerfall keine Rede sein kann.

Page 11: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

Ver/~nderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen. 129

In einem Fall bestand der Eingriff in der Unterbindung einer arteria carotis interna (Fall 15). Auch in d{esem Fall zeigten sich Ver~nderungen, die denen der Gruppe der Hirnoperierten/~hnlich waren und in gleichem Sinne verliefen. Die Albumine fielen von den Werten in HShe von 57,9~/o vor der Unterbindung bis zum 3. Tag steil auf 52,4% (--5,5) ab, um dann langsam bis zum 8. Tag auf 51,6% (--6,3) welter abzufallen. Die a-Globuline stiegen yon 8,7~o bis zum 3. Tag auf 13,2% (-~ 4,5) st~ndig an. Es folgte wieder ein gleichm/~f~iger Abfall auf 11,5~o am 8. Tag. Die B-Globuline zeigten am Operationstag (3 Std nach dem Eingriff) einen

a ~ o / Abfall yon 13,0~o uf 10,8/o, um 6 Std nach dem Eingriff wieder auf den Ausgangswert (13,1%) anzusteigen. Dann folgte t in leiehter Abfall bis zum 3. Tag (11,8%), um bis zum 8. Tag die Ausgangswerte etwas zu iibersteigen (14~o). Die ?-Globuline stiegen bis 3 Std nach der Operation auf 23,2% an und erreiehten am 1. Tag nach der Operation wieder die Ausgangswerte (20,6%). Dann begann tin langsamer Anstieg bis zum 3. Tag ; die Werte blieben auf diesem Niveau bis zum 8. Tag.

In 2 F/~llen verfolgten wir die Proteinver/i, nderungen nach 2 occipi- talen Ventrikulographien. Aueh hierbei begegneten wir Ver/~nderungen, welehe denen bei Hirnoperierten gleieh verliefen. I m Fall 13 sanken die Albumine direkt nach dem Eingriff pl6tzlich von 50,3~o auf 46,4? o (--3,9) ab, um 6 Std nach der Ventrikulographie die Ausgangswerte wieder zu erreichen (50,40/0). Dann folgte ein gleichm/~l~iger Abfall bis zum 6. Tag auf 45,5% (--4,8) : dieses Niveau wurde etwa bis zum 13.Tag gehalten (44,9%), um dann wieder bis zum 23. Tag fast die Ausgangs- werte mit 49,3~o zu erreichen. Die a-Globuline steigen bis zum 6. Tag yon 9,1°/0 auf 13,1% (--4,0) an, um his zum 23. Tag die Ausgangswerte mit 10,1 °/o beinahe zu erreichen. Die fi-Globuline und y-Globuline zeigen beide einen m/il]igen Anstieg vom 3. Tag an, den die y-Globuline bis zum 23. Tag beibehalten, wogegen die fl- Globuline etwas unter den Ausgangs- wert absinken.

h n Fall 12 t ra f die Ventrikulographie eine Patientin mit sehr sehwerem Krankheitsbild bei einem ungiinstig sitzenden Glioblastom; die Kranke kam am 9. Tag nach dem Eingriff ad exitum. In diesem Fall waren die Ver/~nderungen sehr stark ausgepr/tgt, sonst aber den iibrigen Fiillen gleich gerichtet. Die A usgangslage spielt also/iir den Grad der Veriinderttng eine Rolle und nicht nur die Art des Eingri//s.

Bei 2 Encephalographien bekamen wir Ver/~nderungen, die b is auf kleine Abweichungen ebenfalls den friiheren F~llen glichen. Die Albumine sanken in beiden F/i, llen bis zum 3. Tag ab, in einem Falle um 0,9 %, in dem zweiten Fall um --5,9~o. Die fl-Globuline stiegen in beiden F/tllen um 2 bis 4 o~ an und blieben naeh dem 6. Tag noch deutlich erh6ht / 0

Die a- und fl-Globuline zeigten beide anfi~nglich einenAbfall ; die a-Globu- line fielen direkt nach dem Eingriff ab und waren bis zum 1. Tag schon

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130 C. SCHMIDT, H. MAT~AR und F. GEINERT:

wieder ausgeglichen. Bei den ~-Globulinen blieben die erniedrigten Werte in einem Fall bis zum 3. Tag, in dem b, nderen bis zum 5. Tag bestehen.

Bei Operation eines Schddeldachsarkoms (Fall 14) ohne Dura6//nung zeigte sich bei den Albuminen anf~nglich sogar ein leichter Anstieg bis zum 2. Tag, um dann den fiblichen, aus den bisherigen F~llen bekannten Verlauf zu nehmen. Die fl- und y-Globuline zeigten einen m~]~igen aber stetigen Abfall. Auff~llig und erwiihnenswert bleibt der zu diesen relativ geringgradigen Ver~nderungen im Gegensatz stehende starke Anstieg der a-Globuline yon 11,4~o auf 18,6% am 6. Tag.

Im ganzen k6nnen wir feststellen, dab auch bei den Eingri//en, die keine direkte HirngewebszerstSrung mit sich bringen und einen Eiwei[3zer/all nicht zur Folge haben, die gleichgerichteten Verdnderungen au/traten,wie wit ale bei schweren Hirnoperationen gesehen haben. Allerdings sind diese Ver- ~nderungen prozentual geringgradiger, mit Ausnahme des Falles 12. Viel- leicht liegt diese Besonderheit in der Reizung des 3. Ventrikels eines durch Tumor dekompensierten Gehirns.

Vergleichen wir dagegen die Gesamteiweil~ver~nderungen der beiden Gruppen, dann zeigt sich bei den Hirnoperierten in der Mehrzahl der F~tlle eine stdrlcere Herabsetzung des Gesamtproteins, als bei den F~llen der zweiten Gruppe. Bei diesen (Fi~lle 12--17) haben sich die Gesamtprotein- werte entweder sehr geringgradig (Ventrikolographie, Fall 12 u. 13) bzw. iiberhaupt nicht veri~ndert (Encephalographie, Fall 17), oder sie haben statt einer gewShnlichen Abnahme bei den Hirntumoren vom 3. Tag an sogar wieder zugenommen (Fall 15 u. 16). Auch in diesen F~llen verliefen die relativen Fraktionsver~nderungen denjenigen der Gruppe der Hirn- operierten gleichgerichtet. Diese Tatsache dfirfte uns zu der Annahme berechtigen, dab diese relativen Fralctionswerte mit ihren immer gleich- gerichteten Verdnderungen unabhdngig von den Verdnderungen des Gesamt- eiwei fles sind.

Betrachten wir die Veri~nderungen der relativen Fraktionswerte in der Gruppe der Hirnoperierten, so sind diese charakterisiert durch eine Ab- nahme der Albumine, eine m~i~ige ErhShung der fl-Globuline und vor allem aber durch eine starke a-GlobulinerhShung. Ver~nderungen yon i~hnlichem Typus sind bisher beobachtet worden bei Operationen in anderen KSrperregionen, in der Allgemeinchirurgie (HINRICHS U. MARG- GRAF), bei gynAkologischen Operationen (STi3RME~), bei Frakturen und Marknagelungen (HINRICHS U. MAROGRAF). Sie i~hneln ferner den Ver- Anderungen bei Herzinfarkten (HAuss u. LEIST), bei akuten Infektions- krankheiten (BLIx, SCtIULER, HARTMA~CN) und bei Verbrennungen (GJESSIN U. C H A M E L I : N ; MOORE U. FOX).

Alle diese Einwirkungen haben gemeinsam, daft sie den KSrper akut in eine Phase der erh6hten Beanspruchung stellen. Der K6rper scheint alle diese Belastungen in seinem Serumspectrum monoton zu beantworten.

Page 13: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

/

Ver~nderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen. 131

Diese Veri~nderungen sind als unspezi/isch zu betrachten (WuHR~ANN U. WUNDERLY). Damit haben wir die wichtigste Charakteristika eines modernen Begriffes in der Medizin, ni~mlich des ,,stress" vor uns: Be- lastung des KSrpers, eine immer gleichbleibende Reaktion auf die ver- schiedenartigsten Einwirkungen und die unspezifische Art dieser Ver- ~nderungen (SELYE). Dutch die Betrachtung dieser Serumprotein- ver~nderungen als ein Faktor des ,,Adaptations-Syndroms" yon SELYE oder auch der ,,unspezifischen Abwehrvorg~nge" yon F. HOFF gewinnt die Annahme an Boden, dab diese Serumeiweiflverdnderungen als direkte, a]ctiv /unktionelle Leistung zur Abwehr der verschiedensten Belastungen und Schddigungen vom Organismus eingesetzt wird.

Als prim~re Ursache des durch ein Trauma oder eine Operation eut- standenen Schocks, wozu auch die Ver~nderung der Bluteiwei•kSrper gehSren, wurden yon einigen Autoren Eiweiflzer/allsprodukte (BER_~ER, GOHRBRA~DT), Yon anderen nerv6se Ein/liisse (REHN) und hormonelle .Faktoren angesehen (VERZAR, BROWN, KOCH)-KIAN, ELMAN). Die Frage, ob die adaptativen Vorg~nge mehr fiber das vegetative Nervensystem, fiber den Stoffwechsel (HALLER) oder fiber das hormonelle System (SELYE, TONUTTI) ablaufen, ist nicht eindeutig zu beantworten. Alle diese Faktoren spielen eine Rolle. SELYE hat dem Hypophysenneben- aierenrindensystem bei diesem Abwehrvorgang eine besondere Rolle zu- geschrieben. Was die Regulation der Bluteiweil~kSrper betrifft, wissen wir, dai3 auch sie durch Hormone beeinflu~t wird (ALBERS, LEVI~ U. LEATHEM, MOORE, DOUGHERTY U. WHITE, STURMER).

Die Ver~nderungen der Serumproteine hat man als charakteristisch ffir den operativen und traumatischen Schock angesehen (BERRI, LINDENSCHMIDT, LANZARRA, ZINSER), und man behauptete, dait die Ver- i~nderungen der Einzelfraktionen parallel der Schwere desSchocks ver- liefen (ST(iRMER). •ach BERRI soll die GlobulinerhShung in einem festen Verhi~ltnis zu der Schwere des Schocks stehen. Wenn auch der Schock wohl immer mit Ver~nderungen der Eiweil~kSrper im Blut einhergeht (BLALOCK, WHII~PEL, DUESBERG U. SCHROEDER U. a.), so sind derartige quantitative Beziehungen nicht immer feststellbar.

Die Proteinver~nderungen finden sieh in derselben Weise nicht nur in postoperativem Zustand, sondern auch bei anderen mit schweren Schockzustdnden einhergehenden Krankheiten. So z. B. bei Herzin/arkt (HAuss U. LEIST), bei alcuten In/el~tionen (BLIX, SCHULER, HARTMANN), und bei Verbrennungen (GJEsSI~G und CUAMELI.'~). Sie lassen sich den postoperativen Vorg~ngen ohne weiteres gleichsetzen, denn es kommt in all diesen F~llen zum Gewebzer/aU, wie auch klinisch h~ufig zum Kreis- laufkollaps, der ja ganz eng mit den Eiwei~verhi~ltnissen zusammenhi~ngt (EPPINGER, DUESBERG und SCHROEDER U. a.).

Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde, Bd. 171. ]0

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132 C. SCtIMIDT, H. MATIAR und F. GEINERT:

Die FraktionsverKnderungen k6nnten einfaeh als Folge des primiiren Eiweiflzerfalls aufgefa$t werden, dagegen erheben sich aber Bedenken, wenn man beachtet, da~ bereits nach unkomplizierten Frakturen HIN- RICHS U. MARGGRAF), ferner nach Encephalographie (ScHRADE, BERKLEY, LOHMA~N), wie wir ebenfalls festgestellt haben, sowie nach geringgradigen Eingriffen (Gruppe B) derartige Ver~nderungen beobachtet werden, in Zusti~nden also, wo das GesamteiweiB im Serum kaum oder nur gering- gradig absinkt. Von einem prim~ren Eiweii]zerfall kann bei diesen Ein- griffen nicht die Rede sein. Es mfissen also andere Faktoren hinzukommen.

Es besteht t rotzdem kein Zweifel, da~ die postoperativen Vorgiinge neben dem Mineralsto//wechsel (KAuNITZ U. KREN) ganz wesentlich den Eiwei[3sto]/wechsel betreffen. Schon 1923 wurde der postoperative Eiwei[3- zer/all gefunden (BUERGER U. GRAUHAZ~). Nach Operationen wird die Stickstoffbilanz negativ. Es kSnnen Stickstoffverluste yon 20--30 g pro Tag gefunden werden (BuERGER). Der Gedanke liegt natfirlich nahe, dal3 die Abbauvorggnge im Wundgebiet die Serumproteine nicht unbeein- flu~t lassen. Die Belastung des Kreislaufs wird im wesentlichen darauf zurfickgeffihrt. In der Chirurgie hat man in den letzten Jahren gerade diesem Gebiet besondere Aufmerksamkeit geschenkt, um die Vor- und Nachbehandlung der Operierten wirksamer gestalten zu kSnnen. EePIZ~GER und seine Schule hat gezeigt, dal3 die im postoperativen Zu- stand entstehenden Stickstoffverluste mit dem ganzen Kollapsproblem zusammenh~ngen. Nach EPPI~GER hat der Kollaps eine protoplasma- tische Komponente, indem es zu Eiweii3austritten aus den Capillaren in das Gewebe kommt (Albuminurie ins Gewebe), Vorgi~nge, die die Grund- lage seiner Lehre yon der serSsen Entziindung bilden. Daraus geht hervor, daI3 die Stickstoffverluste nicht nur auf den lokalen Vorg~ngen im Wund- gebiet beruhen kSnnen, sondern darfiber hinaus das gesamte Capillar- system in Mitleidenschaft ziehen. Der postoperative Zustand ist nach diesen Versuchen den Verhi~ltnissen bei Infektionen und Intoxikationen gleichzusetzen. Wenn man die Serumeiweil3fraktionen unter diesem Ge- sichtspunkt betrachtet, so ist es verst~ndlich, dab es zur Auswanderung der kleindispersen Albumine in das Gewebe kommt und zu einer An- reicherung der Globuline im Blut aus den Geweben. Dadurch wird das dynamische Gleichgewicht (WHIPPLE U. MADDE~) zwischen dem Serum und den Gewebsproteinen gestSrt. Es kommt zur Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes im Gef~i3system und dessert Anstieg im Gewebe.

Betrachten wit die Verh~ltnisse bei den Encephalographien, so kann yon einem prim~ren Eiweil~zerfall nicht die Rede sein. Die Erfahrung lehrt aber, dal3 in diesen Zust~,nden eine erhShte Kollapsbereitscha/t be- steht, auf Grund einer trophotrop-endophylalctisehen Reaktionsumstellung. Es ist wichtig festzustellen, da~ bei diesen o//enbar zentral ausgelOsten

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Veriinderungen der Serumproteine Each Hirnoperationen. 133

Reaktionen bereits die Serumproteine eine dhnliche Veriinderung er/ahren wie bei schweren toxischen oder postoperativen Schockzustiinden. EPrINCEa hat seinerzeR darauf hingewiesen, dal3 sich die Capillarpermeabfliti~ts- stSrung und die damit zusammenh~ngende protoplasmatische Kompo- nente beim zentral-nervSsen Kollaps nicht in demselben Grade nach- weisen liel3e wie bei Vergiftungen. Wenn wir gerade auch bei diesen durch vegetative Traumen ausgelSsten Kollapszust~tnden (Encephalo- graphie) die Serumproteinveri~nderungen finden, so kSnnen wir hierin einen Hinweis auf die relative Unabh~ngigkeit der Ver~nderungen der Proteinfraktionen von irgendwelchen Eiweii3verlusten erblicken und auf ihre direkte Abhdngigkeit von zentralen Regulationsstellen schliefien.

Diese Vorg~nge im SerumeiweiI3 kSnnen nur Ausdruck eines vege- tat iven Regulationsvorganges, der ganz im Beginn der Anpassung steht und nicht nur Folge des prim~ren Eiweit~zerfalls ist, sein. So macht auch BUERGER darauf aufmerksam, da~ er nicht immer ein iibereinstimmendes quantitatives Verh~ltnis zwischen H6he der Stickstoffausscheidung und Gr6i~e des Eingriffs finden konnte. Er beobachtete Each ganz gering- gradigen Eingriffen, z. B. bei einer Leistenhoden-Operation ohne Voll- narkose, sehr hohe Stickstoffausscheidungen, die dem Schaden nicht ent- sprachen, ohne eine plausible Erkl~rung hierffir zu geben.

Unsere Deutung ordnet sich gut in neuere Anschauungen fiber die Konstanz des Serumproteingemisches ein. Die Serumproteine sind nicht so stabil, wie man frfiher annahm. Es besteht ein st~tndiger Strom des Austausches zwischen Serum und Gewebe. Das betrifft sowohl die kolloidalen Fraktionen als auch einzelne Aminos~uren (FELIX, E .G . SCHENK). Trotzdem ist das Serumeiweil3 relativ stabil. Nach ELMAN verh~lt sich im Eiwei[3hunger der Verlust an Bluteiweil] zu dem an K6rpereiweil3 wie 1:25--30. Der Grund liegt in der zwingenden Not- wendigkeit, den kolloidosmotischen Druck aufrecht zu erhalten, der nicht zu labil sein daft, wenn nicht der Kreislauf und damit der gesamte Organismus gef~hrdet sein soll. Doch die andere Funktion der Serum- proteine, n~mlich die Transport]unktion, die offenbar unterschiedlich ffir die einzelnen Fraktionen ist, wird gerade im postoperativen Zustand oder den anderen genannten krankhaften Zust~nden besonders bean- sprucht. Hieraus erkl~rt sich haupts~chlich die Ver~nderung der- Fraktionen.

Wir sehen in den Serumproteinver~nderungen eine aktive Funktion des Plasmaorgans und nicht nur passive Vorg~nge. Der Operationsschock ist dutch eine trophotrope Phase gekennzeichnet, d. h. der Organismus versucht alle seine nicht ergotrop beanspruchten Funktionen auf ein Minimum zu stellen; Blutdruck und Puls sinken ab. Der Stoffwechsel und die Ti~tigkeit vieler Organe wird herabgesetzt. Nach BENNHOLD sind auch die Bluteiweil3kSrper ein Organ. Es ist deshalb verst~ndlich, wenn

10"

Page 16: Veränderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen und anderen Eingriffen am Zentralnervensystem

134 C. SCHMIDT, H. MATIAR und F. GEINERT:

auch dieses Organ seine Funktion auf ein Minimum einstellt. Eine der wichtigsten Funktionen der BluteiweiBkSrper sind die reagierenden Ober- /ldchen (nach WUHRMAN~ U. WUNDERLY 140000 m2).

Durch Erniedrigung der kleindispersen oberfl~chenaktiven Albumine kann das BluteiweiB am schnellsten seine Funktion herabsetzen oder vielleicht auch diese Funktion am Ort krankhaften Geschehens, also im Gewebe, einsetzen. Auch h~ngt die Veri~nderung vielleicht mit dem Trans- portproblem zusammen, ohne dab wir uns im speziellen Fall eine Theorie hierfiber bilden kSnnen. Die Abh~ngigkeit der Serumproteine yon der vegetativen Gesamtumstellung erscheint uns aber sicher, so fanden wir auch in bisher unverSffentlichten Versuchen eine Albuminherabsetzung durch die Einwirkung yon vagotropen Hormonen. Wir sehen auch hier- durch unsere Hypothese besti~tigt, wonach auch die Serumproteine tier vegetativen Gesamtumschaltung angepaflt sind, also wahrscheinlich auch vegetativ-nerv6sen Ein/li~ssen unterliegen.

Zusammen/assung.

Es wurde mit dem Mikroelektrophorese-Ger~t nach ANTWEILER das Blutserum yon 11 operierten Hirntumoren (Gruppe A) w~hrend des post- operativen Verlaufs verfolgt. Schon vor der Operation zeigte sich eine Ver- schiebung der Serumproteine zur grobdispersen Globulinseite: Die Albu- mine waren mittelstark herabgesetzt, die fl- und y-Globuline erhSht. Konstellationstypmi~Big lagen sie etwa zwischen dem Typus der Hepa- titis und dem Typus der malignen Tumoren. Die Gesamteiweiflwerte lagen an der oberen Grenze der Norm oder waren leicht erhSht. Eine Beziehung zur Artdiagnose des Tumors lieB sich nicht erkennen.

I m postoperativen Verlauf scheinen gewisse Beziehungen zwischen dem Serumproteinspectrum und dem klinischen Bild zu bestehen, insofern als bei normalen a-Globulinwerten der postoperative Verlauf giinstig im Vergleich mit den F~llen yon pathologisch erhShten a-Werten war. Keiner dieser letzteren F~lle hat den Eingriff iiberstanden, w~hrend bei normalen a-Werten sogar lebensbedrohliche Krisen iiberstanden wurden. Es bleibt zu priifen, ob die a-Erh5hung eine quanti tat ive Beziehung zum Hirniidem hat, denn diese F~lle hat ten stiirkere Erscheinungen des Hirn-

• drucIcs. Bei den anderen Einzelfraktionen waren schwere Ver~nderungen sowohl bei gfinstigem als auch delet~rem Verlauf vorhanden, ohne ftir eine der beiden Gruppen charakteristisch zu sein. I m Mittel zeigten die Einzelfraktionen der Hirnoperierten im postoperativen Verlauf bei den Albuminen einen steilen Abfall bis zum 10. Tag, dann folgte ein stetig linearer Anstieg, ohne jedoch bis zum 29. Tag den Ausgangswert zu er- reichen. Die a-G|obuline verhielten sich den Albuminen entgegengesetzt und zeigten einen starken Anstieg schon innerhalb der ersten drei Tage und fielen dann langsam wieder ab. Der fl-Globulinanstieg war m~i~ig,

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Veri~nderungen der Serumproteine nach Hirnoperationen. 135

d ie ? -Globul ine zeigten anfangs eine leichte Herabse tzung , am 8. Tag er fo lg te ein m~Big s tei ler Anst ieg.

Die abso lu ten W e r t e verh ie l ten sich analog den re la t iven Wer ten , nur die ? -Globuhne rh5hung vom 8. Tag ab erwies sich als eine re la t ive . Die Gesamteiweil~werte fal len d i r ek t nach der Opera t ion s t a rk ab und steigen yore 13. Tag an wieder langsam.

Der Gruppe der Hi rnoper i e r t en s te l l ten wir eine zweite Gruppe (B) gegenfiber, wo der Eingr i f f le icht war oder nur ind i rek t auf das Gehirn e inwirkte . Obwohl in dieser Gruppe die Ver~nderungen der Gesamt- pro te ine unwesent l ich oder f iberhaupt ausgebl ieben wareri, zeigten die r e la t iven F r a k t i o n s w e r t e genau denselben Ver / inderungs typ wie die t t i rnope ra t ionen .

Diese Ta t sachen im Z u s a m m e n h a n g mi t anderen theore t i schen l~ber- legungen werden als Grundlage ffir die A n n a h m e verwer te t , dab die relativen Serumproteinverdnderungen als aktive /unktionelle Leistung des Plasmaorgans zu b e t r a c h t e n seien. Diese Ver/ inderungen zeigen drei ffir den , ,St ress" charak te r i s t i schen Eigenschaf ten : Sie t r e ten bei einer Belastung des KSrpe r s auf, s ind immer monoton und unspezi/isch.

Es wird die F u n k t i o n der Serumpro te ine d iskut ie r t , insbesondere deren Bedeu tung ffir den Schock und die Beziehung zum Hormonhaus - hal t . Zu le tz t wird die Arbe i t shypo these aufgestel l t , dab im pos topera- t i ven Schock ahnl ich den anderen Organen auch die Bluteiweiflk6rper - - im BENNHOLDschen Sinne als Organ - - ihre Funktion au/ein Minimum einstellen und diese am einfachs ten fiber die He rabse t zung der ober- f l / ichenakt iven, k le indispersen A lbumine erreichen.

Diese trophotrope Eins te l lung bedeu te t abe t nur im Blut eine Redu- z ierung der a l lgemeinen Leis tungen, w~hrend sie eine ak t ive E inwi rkung a m Ort k r a n k h a f t e n Geschehens dars te l l t , insofern als die A lbumine sich ira Gewebe anreichern. A uch die Bluteiweiflk6rper unterliegen somit einer vegetativ-nerv6sen Regulation.

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P r i v a t - D o z e n t Dr. C vR~ S CI~MIDT, Psych i~ t r i sche u n d Nervenkl in ik , Bonn .