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Naunyn-Schmiedeberg's Arch. exp. Path. u. Pharmak. 236, 540--558 (1959) Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit/~t Mainz (Direktor: Prof. Dr. G. KVSCHINSr:'Z) Veriinderungen der Wasser- und Salzausscheidung sowie der Nierenstruktur wiihrend des 2.--10. Tages nach einmaliger intraveniiser Zufuhr yon Chlormerodrin + Von HELLMUT BRUNNER Mit 3 Textabbildungen (Eingegangen am 16. Miirz 1959) Frfihere Untersuchungen der Wasser- und Elektrolytausscheidung jenseits des 2. Tages nach einer Chlormerodrin-Injektion (BRu~ER 1959a) hatten ergeben, dab die diuretisehe Wirkung naeh einmaliger i.v. Gabe am 3. Tag nach der Injektion verschwunden war, in den n/~chsten Tagen in verst/~rktem AusmaB wieder auftrat und nach 2--4 weiteren Tagen abklang. Diese ;,2. Diurese" -- wenn man die Harnflut an den ersten beiden Tagen als ,, 1. Diurese" bezeiehnet -- ging mit einer Steige- rung der Natrium- und Chloridausseheidung eb~her, wogegen die Kalium- ausscheidung unver~ndert blieb. Die Ausscheidungen unterschieden sieh damit wesentlieh vonder Harnzusammensetzung w~hrend der ersten 2 Tage nach der Chlormerodrin-Gabe (B~v~N~n 1959b). Diese Versuehe wurden wiederholt und zugleich m6glicherweiso auf- tretende Einflfisse yon Wasser- und Futteraufnahme w'~hrend der ,;2. Diurese" untersucht. Aul~erdem sollte versueht werden, Hinweise auf die Ursaehe des zweigipfeligen Verlaufs der Diuresekurve zu finden: 1. kann es sieh bei der ,2. Diurese" um die Phase der Polyurie im Ausheilungsstadium nach sehweren Tubuluszerst6rungen (lower nephron nephrosis, tubul/~re Insuffizienz) handeln (BuRcH u. RAY 1949). 2. besteht auf Grund yon Beobachtungen yon LU~D (1957, 1958), naeh denen rund 5°/0 des zugefiihrten Quecksilbers naeh Chlormerodrin- Injektionen bei Ratten fiir Woehen in der Niere fixiert werden, die M6glichkeit einer Quecksilberwirkung auf m6glieherweise neu gebildetes, wieder Queeksilber-empfindliches Tubulusepithel. Die Veri~nderungen der Nierenstruktur w/~hrend und nach der ,,2. Diurese" wurden daher untersucht und eine Beeinflussung der ,,2. Diurese" dureh Dimereaprol (BAL) versueht. * Mit Unterstfitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Veränderungen der Wasser- und Salzausscheidung sowie der Nierenstruktur während des 2.–10. Tages nach einmaliger intravenöser Zufuhr von Chlormerodrin

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Page 1: Veränderungen der Wasser- und Salzausscheidung sowie der Nierenstruktur während des 2.–10. Tages nach einmaliger intravenöser Zufuhr von Chlormerodrin

Naunyn-Schmiedeberg's Arch. exp. Path. u. Pharmak. 236, 540--558 (1959)

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit/~t Mainz (Direktor: Prof. Dr. G. KVSCHINSr:'Z)

Veriinderungen der Wasser- und Salzausscheidung sowie der Nierenstruktur wiihrend des 2.--10. Tages

nach einmaliger intraveniiser Zufuhr yon Chlormerodrin +

Von HELLMUT BRUNNER

Mit 3 Textabbildungen

(Eingegangen am 16. Miirz 1959)

Frfihere Untersuchungen der Wasser- und Elektrolytausscheidung jenseits des 2. Tages nach einer Chlormerodrin-Injektion (BRu~ER 1959a) hatten ergeben, dab die diuretisehe Wirkung naeh einmaliger i.v. Gabe am 3. Tag nach der Injektion verschwunden war, in den n/~chsten Tagen in verst/~rktem AusmaB wieder auftrat und nach 2--4 weiteren Tagen abklang. Diese ;,2. Diurese" -- wenn man die Harnflut an den ersten beiden Tagen als ,, 1. Diurese" bezeiehnet -- ging mit einer Steige- rung der Natrium- und Chloridausseheidung eb~her, wogegen die Kalium- ausscheidung unver~ndert blieb. Die Ausscheidungen unterschieden sieh damit wesentlieh v o n d e r Harnzusammensetzung w~hrend der ersten 2 Tage nach der Chlormerodrin-Gabe (B~v~N~n 1959b).

Diese Versuehe wurden wiederholt und zugleich m6glicherweiso auf- tretende Einflfisse yon Wasser- und Futteraufnahme w'~hrend der ,;2. Diurese" untersucht. Aul~erdem sollte versueht werden, Hinweise auf die Ursaehe des zweigipfeligen Verlaufs der Diuresekurve zu finden:

1. kann es sieh bei der ,2. Diurese" um die Phase der Polyurie im Ausheilungsstadium nach sehweren Tubuluszerst6rungen (lower nephron nephrosis, tubul/~re Insuffizienz) handeln (BuRcH u. RAY 1949).

2. besteht auf Grund yon Beobachtungen yon LU~D (1957, 1958), naeh denen rund 5°/0 des zugefiihrten Quecksilbers naeh Chlormerodrin- Injektionen bei Ratten fiir Woehen in der Niere fixiert werden, die M6glichkeit einer Quecksilberwirkung auf m6glieherweise neu gebildetes, wieder Queeksilber-empfindliches Tubulusepithel.

Die Veri~nderungen der Nierenstruktur w/~hrend und nach der ,,2. Diurese" wurden daher untersucht und eine Beeinflussung der ,,2. Diurese" dureh Dimereaprol (BAL) versueht.

* Mit Unterstfitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

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Wasser- und Salzausscheidung sowie Nierenstruktur naeh Chlormerodrin 541

Schliel31ich war zu priifen, ob nur Chlormerodr in oder auch andere

Quecksi lberdiuret ica (Mersalyl) nach einmaliger i.v. Gabe fiber mehrere Tage Ver£nderungen der Nie renfunk t ion hervorrufen.

Methodik

Gruppen yon je 5 m~nnlichen und 5 weiblichen Ratten erhielten 2,0, 3,0 oder 4,5 mgHg/kg in Form yon Chlormerodrin (Injektionsvolumen 2,0 ml/kg), die Kontrollen physiologische KochsalzlSsung langsam i.v. Im Anschlu~ hungerten und dursteten die Tiere 8 Std. Die Ver~nderungen der Wasser- und Elektrolyt- ausscheidung w~hrend dieser Zeit wurden an anderer Stelle ausfiihrlieh dargestellt (BRv~N~R 1959b). Zwisehen der 9. und 24. Std nach der Injektion hatten die Ratten in Stoffwechselk~figen, die es ermSglichten, w~hrend der 16 Std Futter- aufnahme, Trinkmenge und Harnausscheidung zu bestimmen, ffeien Zugang zu Futter und Wasser. Die Aufnahmen und Ausscheidungen yon Wasser und Elektro- lyten zwischen der 9. und 24. Std sind im weiteren als ,,Werte des 2. Tages bei Futter- und Wasseraufnahme" bezeichnet. Von der 25.--32. Std nach der Queck- silberinjektion hungerten und dursteten die Tiere wieder. Ihr Ham wurde w~hrend dieser 8 Std gesammelt und die Ausscheidungen yon Wasser, Elektrolyten und Kreatinin bestimmt; sie erhielten die Bezeichnung ,,Ausscheidungen w~hrend Hunger und Durst am 2. Tag". Dieser Untersuchungsmodus wurde 12 Tage naeh der einmaligen Quecksilberinjektion eingehalten. Die Durstperiode wurde dabei jeweils auf die Zeit yon 9 bis 17 Uhr eines Tages gelegt und zwischen 17 Uhr und 9 Uhr des n~chsten Tages freier Zugang zu Futter und Wasser gew~hrt. An die Stoffwechselk~fige waren die Ratten 4 Tage vor Versuchsbeginn gewShnt worden. Als Futter diente Latz-Rattenfutter, das einen weitgehend konstanten Gehalt yon 150 mAqu ~a+/kg, 200 mAqu K+/kg und 170 mAqu C1-/kg aufwies.

Weitere Gruppen yon Ratten erhielten in einem anderen Versuch 3,0 oder 5,0 mg Hg/kg als Chlormerodrin und dursteten und hungerten im Beginn des Versuches 32 Std ohne Unterbrechung. Vom 3. Tag ab wurden sie in oben be- schriebener Weise in t~glich 8stiindigen Durstversuchen weiter untersucht. Die Ergebnisse wurden bereits an anderer Stelle mitgeteflt (BRuNN~R 1959a).

Znm Unterschied yon dem oben erw~hnten Versuch wurden aber weder die Trinkmengen und Futteraufnahmen, noch die Ausscheidungen w~hrend der 16stiindigen Periode mit Zugang zu Futter und Wasser gemessen. Am 6. Tag naeh der Injektion lieBen wir die Tiere dieser Versuehsserie nicht 8 Std wie an den fibrigen Tagen, sondern 24 Std mit 2 Harnsammelperioden (Beginn des I)urstens bis 8. Std und 9.--24. Std) dursten, um zu priifen, inwieweit die Tiere ihre Harnmenge auf dem HShepunkt der ,,2. Diurese" einschr~nken kSnnen. Am 12. Tag naeh der Quecksilberinjektion wurden die Ratten, die 5,0 mg I-Ig/kg erhalten hatten, und die Kontrolltiere in gleieher Weise noch einmal untersucht.

In einer 3. Versuchsserie erhielten Ratten 2,0, 3,0 oder 4,5 mg Hg/kg in Form yon Mersalyl (die Kontrollen physiologische KochsalzlSsung) langsam i.v., dursteten und hungerten nach der Injektion 32 Std (s. BRU~NE~ 1959b), erhielten an don weiteren Tagen jeweils 16 Std Zugang zu Futter und Wasser und hungerten und dnrsteten 8 Std taglich. Auch bei diesen Ratten wurde w~hrend der 16 Std-Periode weder Wasser- und Elektrolytaufnahmen noeh -ausscheidungen gemessen, sondern nur w~hrend der Zeit des Durstes Wasser- und Elektrolytausseheidungen bestimmt.

Die Bestimmungen yon Harnvolumen, Natrium, Kalium, Chlorid, Phosphat und PH erfolgten in jedem Falle in der bei BRU~E~ (1959b) angegebenen Form; die yon Kreatinhl nach der Jaffeschen Reaktion in friiher besehriebener Welse (BlcuNNER, KUSC~[INSKY, M~NC~OW U. PLOWERS 1956). Die iiberlebenden Tiere der

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542 HELLMUT BRUNN~R :

Chlormerodrin- und Mersalylversuche wurden 4 Wochen weiter beobachtet und die Toxicit~t der verwendeten Hg-Dosen festgestellt.

Da friihere Untersuchungen (BRU~'NER 1959a) ergeben hat ten, daI~ die ,,2. Diurese" ihren H6hepunkt nach Gabe yon 3,0 mg Hg/kg als Chlormerodrin am 4. Tug und nach 4,5 mg Hg/kg am 6. Tag naeh der Injekt ion erreichte, wurden Tiere, die Chlormerodrin- und Dimercaprolinjektionen erhalten hat ten, und ihre nur mit Quecksilber behandel ten Vergleiehstiere nur an den der Dosis entsprechen- den Tagen w~hrend einer 8stfindigen Durstperiode auf das Vorliegen einer ,,2. Diurese" untersucht :

Zur Verffigung s tanden 26 Tiere, die 5 Tage vorher 4,5 mg Hg/kg als Chlor- merodrin erhMten ha t t en (davon 8, welchen 2 Std naeh der Quecksilberinjektion einmal 4,5 mg Dimercaprol/kg i.p. injiziert worden war), 22 Tiere, die 3 Tage vorher 3,0 mg Hg/kg erhal ten ha t t en (davon l l , die 24 Std naeh der Quecksilber- injektion eimnal 4,5 mg Dimereaprol/kg i.p. bekommen hatten),sowie 10 Kontroll- tiere.

Als untere Grenze einer Polyurie wurde eine durchschnitt l iche Harnausscheidung zwisehen Versuehsbeginn und der 8. Std yon 0,23 ml/100 g/Std festgesetzt. Der untere Grenzwert entsprach ungef~ihr dem doppelten Wert, den Kontrollt iere in den ersten 8 Std des Durstens erreichen. Alle Ra t t en mit Harnvolumina, die fiber dem i'estgelegten Grenzwert lagen, wurden naeh ihrer Urinmenge Klassen zugeteilt: 0,23--0,34; 0,35--0,46; 0,47 und mehr ml/100g/Std. Die einzelnen Tiere mit Polyurie wurden entsprechend ihren Klassen beim Versuch, die ,,2. Diurese" durch Dimercaprol zu beeinflussen, ungef~hr gleichmaBig auf Kontrollen und Dimereaprol- behandel te Gruppen verteilt. Bei der Verteilung wurde dagegen keine Rfieksieht darauf genommen, welche Queeksilberdosis das jeweilige Tier vorher erhal ten ha t te und ob es sehon einmal mit Dimereaprol behandelt worden war oder nicht.

Von den insgesamt 48 Tieren, die eine Po]yurie zeigen konnten, fand sich eine Erh6hung des Harnvolumens in der geforderten Gr61~e am ausgew~thlten Zei tpunkt bei 31. 16 yon diesen Tieren dienten als Kontrollen, 15 erhielten 4,5 mg Dimer- caprol/kg i.p. Der Harn der Tiere wurde fiber weitere 8 Std (d. h. 9.--16. Std des Durstens) gesammelt und darin, ebenso wie im Harn der ersten 8 Std, Natr ium, Kalium und Chlorid in friiher besehriebener Weise (BI~uN~EI~ 1959b) best immt.

Die Tiere, die keine Polyurie zeigten, wurden nieht weiter untersucht.

Die 16, w~hrend der ,,2. Diurese" nicht mit Dimereaprol behandelten, polyuri- sehen Ra t t en und die 10 Kontroll t iere durs te ten im AnschluI3 8 Std weiter - - ins- gesamt also 24 Std und wurden am Ende der 24. Stunde dureh einen Sehlag auf den Kopf und Ausbluten aus den Halsgefi~l]en get6tet. Das Blur wurde in 0,1 ml Heparin-L6sung (5000 E/ml) aufgefangen, in graduierten Gl~sehen zur Best immung des Hamatokr i t 10 rain bei 3000 Umdrehungen zentrifugiert und im Plasma naeh Zusatz yon 3 Teilen 0,75 n HNO 3 zu 1 Teil Plasma und nach ge- eigneter Verdfinnung Natr ium, Kal ium und Chlorid naeh der gleichen Methodik wie im Harn best immt.

Sofort nach dem Tode jedes Tieres wurden die ~Nieren entnommen, gewogen und ein Teil jeder Niere nach Zerschneiden mit einer Sehere in feine St(iekchen erneut sehnell gewogen und bei 100 ° C bis zur Gewichtskonstanz, im allgemeinen 72 Std lang, getroeknet. Der Rest beider Nieren jedes Tieres wurde ffir die histo- logisehen Untersuehungen in Formol fixiert. Von jedem Tier wurde weiterhin eine Muskelprobe aus Ober- und Unterschenkel des rechten Hinterbeins ent- nommen und darin, wie aucb in einer Blutprobe, der Wassergehalt durch Trocknen best immt.

Aul~er den bereits erw~hnten histologischen Pr~paraten yon Tieren, die w~hrend der ,2. Diurese" getStet wurden, wurden Pr~parate auch yon Ra t t en hergestellt,

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Wasser- und Salzausscheidung sowie Nierenstruktur nach Chlormerodrin 543

bei denen eine ,2. Diurese" in frfiheren Versuchen nachgewiesen worden war. Die ]etztgenannten Tiere wurden zwischen 10 Tagen und 4 Wochen nach der Quecksilberinjektion get6tet. Alle histologischen Prgparate wnrden nach Fixierung der Nieren in Formol als Gefrierschnitte mit H/imatoxylin-Eosin-F~rbung her- gestellt.

Alle Umrechnungen und statlstischen Berechnungen erfolgten in der bei BRUNNER (1959b) angegebenen Weise. Signifikante Unterschiede wurden mit p < 0,05 = *, p < 0,01 = **, p < 0,001 = *** bezeichnet.

Ergebnisse a) Wasser-, Elektrolyt- und Kreatininausscheidung. Chlormerodrin

bewirkte in einer Dosis yon 2,0 mg ttg/kg nach einmaligor i.v. Injektion in t/~glich 8 stiindigen Durstversuchen am 3. und 4. Tag eine Steigerung des Harnvolumens. Die Dosis 3,0 mg Hg/kg erh6hte bereits am 2. Tag nach der Injektion die w/ihrend der Durstperiode ausgeschiedene Urin- menge. Am 3. und 4. Tag war die Diuresesteigerung geringer als am 2.Tag, jedoch betrug die Urinmenge immer noch das Doppolte des yon den Kontrolltieren in der gleichen Zeit ausgeschiodenen Volumens. Am 5. Tag war eino ,2. Diurese" nachweisbar, die am 7. Tag endgfiltig abklang. Die Diuresekurve der mit 3,0 mg ttg/kg behandelten Versuchs- gruppe zeigt einen doppelgipfeligen Verlauf mit zwei ungef/ihr gleich- groBen Maximalwerten am 2. und 5. Tag nach der Injektion (Abb. 1). 4,5 mg ttg/kg als Chlormerodrin wirkten in den Durstversuchen bereits am 1. Tag diuretisch, und dieser Effekt hielt ununterbrochen his zum 11. Tag nach der einmaligen Injektion an. Deutlicher als bei der mitt- leren Quocksilberdosis zeigt die Kurve der t/~ghchen ttarnvolumina zwei Gipfel: Der erste am 1. und 2. Tag und ein zweiter, wesentlich h6herer, am 6. Tag nach der Injektion. (Abb. 1). Bei der mittleren und hohen Dosis war die ,1. Diurese" (2. bzw. 1. und 2. Tag) ungef/ihr gleich grol3 und betrug rund das 3 fache des Kontrollwertes. Auch die Steigerung der Harnmenge am 3. und 4. Tag war bei beiden Dosen rait ungef/~hr dem doppelten Wert der Kontrolltiere gleich. Dagegen unterschied sich das w/~hrend der ,2. Diurese" erreichte Maximum doutlich : M_it der mittleren Dosis wurde dcr 3fache, mit der groBen mehr als dcr 4fache Wert der Kontrollgruppe erreicht. Die ,,1." wie die ,2. Diurese" dauerten nach Gabe yon 4,5 mg Hg/kg 1/£nger als nach a,0 mg Hg/kg.

Die Natriumausscheidung /~ndert sich nach Gabe yon 2,0 mg I tg w/~hrend der Beobachtungszeit nicht. Boider mittleren Dosis fand sich in den t/iglichen Durstversuchen am 1. Tag eine geringe Erh6hung, am 3. Tag eine ebensolche Senkung. Die ,2. Diurese" ging nicht mit einer nachweisbaren Steigerung der Natriumausschoidung einher. Die hohe Dosis vermehrte bereits am 1. Tag die Natriumausscheidung betr/ichtlich. Diese Steigerung fehlte zwischen dem 2. und 5. Tag und trat am 6. Tag mit dem Gipfel der ,,2. Diurese" in geringerem Ausmal3 als am 1. Tag wieder auf (Abb. 2 a).

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Die Kaliumausscheidung, die nach 2,0 mg Hg/kg nur am 2. Tag nach der Injektion leicht erh6ht war und sonst unver/~ndert blieb, stieg nach 3,0 mg Hg/kg an den ersten beiden Tagen nach der Injektion wenig an und unterschied sich im weiteren Verlauf nicht mehr yon der der Kon- trolltiere. Mit der Dosis 4,5 mg Hg/kg wurde die Kaliumausscheidung am

~0 ~ 2. 3. 4. 5 8 Z 8 ~ i~ i~ Tag 12

Abb. 1. t tarnvolumina w~ihrend t~iglich 8 Std Durst und Triukmengen wiihrend t~glich 16 Std dauerndem Zugang zu Futter und Wasser nach einmaliger i.v. Injektion yon Chlormerodrin. Die H a r n m e n g e n w~ihrend der e rs ten 8 Std nach Kont ro l l in jek t ion , bzw. 2,0, 3,0 oder 4,5 mg ~ g / k g als Chlormero- d r in s iad als Diurese des 1. Tages bezeichnet . Die T r inkmenge der n~chsten 16 Std (yore 1. au f den 2. Tag) ist als T r i n k m e n g e des 2. Tages e ingezeichnet . Das H a r n v o l u m e n w~hrend der anschliet3en- den 8 S td Durs t = Diurese des 2. Tagcs usw. Als Ausgangspunkt tier K u r v e n (Wer t der Aufnahme bzw. Ausscheidung zur Ze i t der In jek t ion) ist der 5 [ i t t e lwer t der Tageswer te der Kont ro l len ein- gezeichnet . Zahl der Versuchst iere je 10 mi t folgenden Ausnahmen: Dosis 3,0 mg t t g / k g : a m 4. bis 6. T a g n = 9, f i i r alle sp~iteren n = 8. Dosis 4 , 5 m g H g / k g : 4. Tag n = 9; 5. Tag n = 8; 6. T a g n = 7; 7. T a g n = 5; 8. und alle wei te ren Tage n = 4. Von jedem 5[ i t t e lwer t ist nach oben und un ten jeweils ein s~ aufge t ragen . Bezeichnung s ignif ikanter Unterschiede gegen den jeweil igen W e r t der Kon t ro l l g ruppe mi t P ~ 0,05 ~ *, P ~ 0,01 = **, P ~ 0,001 = ***. . - - . K o n t r . ;

• . . . . • ~,°" o - - - - - o 3 ; . . . . . 4,5

1. Tag im gleichen AusmaB wie die Natriumausscheidung erhSht, stieg mit der ,,2. Diurese" nieht an, erreiehte aber am 10. Tag naeh der Injek- tion einen zweigen Gipfel. Auf dem I-IShepunkt der ,,2. I)iurese" war naeh keiner Dosis eine St~eigerung der Kaliumausseheidung gegentiber dem Wert der Kontrolltiere zu finden (Abb. 2 b).

Die Chloridausseheidung/inderte sieh in den Durstversuehen w~hrend der ,,1. Diurese" nieht ( B ~ r N ~ R 1959b), stieg jedoeh mit der ,,2. Di- urese" deutlieh an. ]:)as AusmaB der Steigerung war dosisabhgngig und

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etwas gr6Ber als die Erh6hung der Natriumausscheidung. Der Wert der Versuehsgruppe, die 3,0 mg Hg/kg erhalten hat te , unterschied sich auf dem Gipfel der ,,2. Diurese" zwar nicht yon dem der Kontroll- tiere, war aber der h6chste, den die mit 3,0 mg I-Ig/kg behandelte Gruppo w/ihrend der gesamten Versuehsdauer erreiehte, so dab insbesondere

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I ~ f I I I I I I I I I 0 1 2. 3 ~. 5 5 7. 8. S 10. l lTag 12.

Abb. 2 a. iVatriumausscheidung wdhrend tgglich 8 Std Durst innerhalb von 12 Tagen nach i.v. fn]cktion yon Chlormerodrin. Versuchs~nordnung, Zeichen und Bezeichnungen wie in Abb. 1

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I I I I [ 00 ~ ~ 3. ,;. ~. ~. 7. 2,. 9. 1~ h r~g ,'2 Abb. 2b. Kaliumausseheidung wahrend tdglich 8 SM Durst innerlmlb yon 12 Tagen nach i.v. Injekt$o~

yon Chlormerodrin. Versuehsanordnung, Zeichon und Bezeiehnung wie in Abb. 1

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im Hinblick auf andere Versuche (B•vNNER 1959a) eine Steigerung der Chloridausscheidung nicht nut nach 4,5 mg Hg/kg sondern auch nach der mittleron Dosis vorgelegen haben dfirfte. W~hrend zur Zeit der ,,1. Diurese" bei den Quecksilber-behandelten Tieren Chlorid im I tarn

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I i I I I l I I I I I I , 1. 2 . 3. ~. 5. G. 7. 8. g. 10. I~ Tag 12.

A b b . 2 c. Chloridausscheidung wdhrend tdglich 8 Std Durst inuerhalb con 12 Tagen uach i.v. irn]ektiou von Chlormerodrin. V e r s u c h s a n o r d n u n g , Ze ichen u n d B e z e i c h n u n g e n wie in A b b . 1

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I I I I I I I i I I I [ 2. S. ~. 5. 8. 7. 8. 9. la 11. Fag 12.

A b b . 2 d. phosphatausscheidung wdhrend tdiglich 8 Std Durst innerhalb yon 12 Tagen nach i.v. Injektion yon Chlormerodrin. V e r s u c h s a n o r d n u n g , Ze ichen u n d Beze i chnugen wie in A b b . 1

einen geringeren Prozentsatz yon Natrium + Kalium betrug als bei den Kontrollen und am 2. Tag mit der hohen Dosis den niedrigsten Wert yon 10°/o erreichte, war wiihrend der ,,2. Diurese" -- und bei der Dosis 3,0 mg Hg/kg auch einen Tag vorher -- der Prozentsatz immer hSher als bei den Kontrollen (75--100°/0 gegenfiber 40--60°/0, an den einzelnen Tagen schwankend bei den Kontrollen). Auf eine Wiedergabe der ein- zelnen Zahlen wird verzichtet.

Die Phosphatausscheidung war nach Gabe der groI~en Dosis am 1. Tag, der mittleren Dosis am 2. Tag erhSht, aber sonst nicht yon den Kontrollwerten unterschieden (Abb.2d).

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Die Ausscheidung yon Kreatinin im Ham ~ war als einzige Ver~nderung nach der Dosis ~ ~ 4,5 mg Hg/kg am 3. und 4. Tag gesenkt, am ~ ~ ' 7. Tag leicht erh5ht. (Kontrollwerte an az verschiedenen aufeinanderfolgenden Tagen ~ ~5 zwischen 140 ~ 5 bis 170 -t- 8/~g/100 g/Std ~ II

sehwankend. Senkung am 3. Tag auf98* =~ 24, ~.~ ~.. am 4. Tag auf90* =t= 27, Steigerung am 7. Tag ,~ ~ auf 210" 4- 17 #g/100 g/Std.)

In Abb. 1 sind auBer den Harnmengen "~ & auch die Trinkmengen der einzelnen Ver- ~ II suehsgruppen dargestellt. Da es kaum mSg- ~ ~ lich ist, insbesondere bei Ver~nderungen der ~¢~_~ Nierenfunktion (s. unten), aus der Wasser- ~ ~0;~ aufnahme wahrend einer 16 Std-Periode ~ ~ ~ Rfieksehlfisse auf die Harnausscheidung ~ ~ ~ w~hrend der folgenden 8 Std Durst zu ziehen, .~ 11 ~ kSnnen aus der Gegeniiberstellung yon Trink- ;~ = menge und ttarnvolumen nur ttinweise ent- " ~ .~ nommen werden: Da die Trinkmengen der ~ ~ Ratten die 2,0 nag Hg/kg i.v. erhalten hatten, ~ jeweils vor Auftreten der Diuresesteigerung ~ ~ am 3. und 4. Tag erhOht waren, kann die ~ ~ Vermehrung der Urinmenge nicht eindeutig ~ ¢~ auf eine renale Wirkung des Diureticums ~ u zuriickgefiihrt werden, sondern sie kSnnte ~5 ~ .- auch ein Effekt der erhShtenWasseraufnahme ~ ~ .~ sein. Die ,2. Diurese" ist dagegen wahrschein- ~ ~ lieh renal bedingt, da hier die Steigerung der Trinkmenge jeweils naeh der Zunahme der ~ ~ ~ Harnmenge auftrat. Nur die Dauer der ,,2.Di- ~ .- urese" k6nnte l/tnger erscheinen (nach einer ~ ® ~ Dosis yon 4,5 mg Hg/kg 9.--11. Tag), da bei ~ ~ '~ - l~ngeren Durstperioden (s. unten) w~hrend ~ des Abldingens der ,,2. Diurese" eine Ein- ~ ~ ~= ~- schr~nkung des Harnvolumens nachweisbar ~ "~ ,~ ~ ~ war und mSglieherweise nur eine verzSgerte ~ ~ Ausscheidung des w~hrend der 16 Std-Periode aufgenommenen Wassers vorlag.

Ff i re inopr im~re S te ige rungde rHarn - ~ = ~ .~ menge sprochen auch die Ergebnisse , ~ ~

• ~ ~ eines 24 Std-Durstversuches bei R a t t e n ! ~ ~ ~ am 6 . - - 7 . T a g nach der In j ek t ion von ~ 5,0 mg Hg/kg als Chlormerodrin (Tab. 1 ) . ~ ~

Auf dem Gipfel der ,2 . Diurese" ~ k o n n t e n dieTiere w/~hrend der 9 . - - 24. Std ~ .~ des Durstes ihre au f das 4 - -S fache der ~ Kontro l lwer te erhShte Diurese k a u m "~ II einschr/inken, verloren N a t r i u m und ~ Chlorid, aber k a u m Kal ium. ~ ~

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36 ~

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Wasser- und Salzausscheidung sowie Nierenstruktur nach Chlormerodrin

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-H-H -H

¢¢

Die gleichzeitig mit aufgef(ihrte Versuchs- gruppe, die 3,0 mg Hg/kg erhalten hatte, hatte am 4. Tag nach der Injektion das Maximum der ,2. Diurese" durchlaufen. Diese Ratten hatten zwar in den ersten 8 Std des Durstes eine hShere Harnmenge als die Kontrolltiere, konnten aber bei langerem Durst doch das Harnvolumen gut vermindern. Am 12. Tug schrankte auch die Versuchsgruppe, die die hohe Dosis Chlormerodrin erhalten hatte, in der 9.--24 Std des Durstens das Harnvolumen auf den Wert der Kontrolltiere ein, w~hrend sie in den ersten 8 Std des Durstens eine ge- ringe Vermehrung der Wasserausscheidung gegeniiber den Kontrollen erkennen lie[3. Im Auslauf der ,,2. Diurese" ist also bei li~ngerem Dursten eine Verminderung des Ha~nvolumens mSglich.

Die Wer te der F u t t e r a u f n a h m e u n d Wasser- u n d Elektr o lytausscheidung w/ihrend der taglich 16st i indigen Periode mi t freiem Zugang zu F u t t e r u n d Wasser ffir die einzelnen Tage sind in Tab. 2 auf- geffihrt. Die Ausscheidungen s t reu ten wahrend dieser Zeit viel s tarker als wahrend der 8 Std Durs t und zeigten keine ~nde rungen , die n icht deutl icher in der Durstperiode zu finden waren.

Unterschiede in der Futteraufnahme (Tab. 2) kfnnen, da das Latz-Rattenfutter die einzige Quelle fiir Elektrolyte bei den Tieren war, ]-Iin- weise auf renal bedingte Ver£nderungen der Elektrolytausscheidung w~hrend der,,2 .Diurese" geben: Die Futteraufnahme war bei den mit 3,0 uud 4,5 mg Hg/kg behandelten Gruppen bis jenseits des Gipfels der ,,2. Diurese" mit seiner Steigerung der Natrium- und Chloridausschei- dung niedriger als bei der Kontrollgruppe. Wenn also (iberhaupt die Elektrolytaufnahme w~hrend der 16 St-Perlode einen EinfluB auf die Elektrolytausscheidung w~hrend der folgenden 8 Std Durst haben sollte, so kann die w~hrend der ,2. Diurese" gesteigerte Kochsalzausschei- dung nicht auf eine erh6hte Futteraufnahme bezogen werden.

Die Phosphat- und Kreatininausscheidungen wurden w/ihrend der 16 st(indigen Harnsammel- periode gleichfalls bestimmt, zeigten abet keine Verhnderungeu. Eine Wiedergabe dieser Werte eriibrigt sich.

Page 11: Veränderungen der Wasser- und Salzausscheidung sowie der Nierenstruktur während des 2.–10. Tages nach einmaliger intravenöser Zufuhr von Chlormerodrin

550 HELL~VT B~V~NEI~:

Bei langdauernden Versuchen wirkte M e r s a l y l (Salyrgan) in gleicher Dosierung in mg Hg/kg wesontlich schw~cher als Chlormerodrin; im Gegensatz zur woitgehenden Ubereinstimmung w~hrend der ersten 32 S~d ( B ~ R 1959b).

Das Harnvolumen wi~hrend t~glich 8 Std Durst und nach Gabe einer Dosis von 4,5 mg Hg/kg (Abb. 3) erreichte am 3. Tag sein Maximum und

T~/100g HQrnvo/umen ***

I .i~" ~'-~ ~ . ,

I-~" "~. . . . . . ~ . . . . " ~ " ~ - - - - ' ~ - - - - " ~ ~ " I

30W oNa +

0 i

4 0 -

3 0 *

2 0

1 0 -

0 I I I I I t i

L /O - - Cl/

3 0 ~ ~ ~ 1 1 " ~ eo - " - . ~ - . .~ ~ - - - ~

1 0 -

0 I I I I I I i x 3. 4 5. ~ 7. , ~ T o g g .

Abb. 3. Wasser-, Natrium-, ga l ium- und Chloridausscheidung innerhalb yon 7 Tagen nach i.v. In- jektion von Mersalyl. Die Werte w~thrend der ersten 8 Std nach der In jekt ion yon physiologischer Kochsalzl6sung, 3,0 oder 4,5 ing Hg/kg als Mersatyl sind als Ausscheidungen des 1. Tages ein- gezeichnet. Versuchsanordnung s. Methodik. Als Ausgangspunkt der Kurven (Ausscheidungen zur Zeit der Injekt ion) is t der Mit~elwert aller Tageswerte der Kontrol lgruppe eingezeichnet. Von jedem Mit te lwert ist nach oben und unten je 1 s~ aufgetragen. Zahl der Versuchstiere je 10 pro Gruppe.

Bezeichnung signiflkanter Unterschiede s. Methodik. o - - o Kont r . ; o-- . - -o 3; • . . . . 4,5

fiel bis zum 6. Tag ab, ohne bis zum 9. Tag einen Wiodor~nstieg zu zeigen. Die Dosen yon 3,0 und 2,0 mg Hg/kg hat ten in diesem Versuch koine Wirkung. Die kleine Dosis wurde in der Abb. 3 weggelassen.

Die Natriumausscheidung war nach der hohen Dosis am 1. Tag gesteigert, nach der mittleren Dosis dagogen am 1. Tag unver~ndert und am 3. Tag nach dor Injektion leicht gesenkt. Die Kaliumausscheidung

Page 12: Veränderungen der Wasser- und Salzausscheidung sowie der Nierenstruktur während des 2.–10. Tages nach einmaliger intravenöser Zufuhr von Chlormerodrin

Wasser- und Salzausscheidung sowie Nierenstruktur nach Chlormerodrin 551

war nur nach 4,5 mg Hg/kg am 1. Tag gesteigert, die Chloridausscheidung /inderte sich fiberhaupt nicht. Nur das Verh/iltnis yon Chlorid zu gleich- zeitig ausgeschiedenem Natrium und Kalium, ausgedrfickt als

C1- Na + + K + "100'

das bei den Kontrollen um 50°/0 sehwankte, sank an den ersten 2 Tagen in Abhangigkeit yon der Quecksilberdosis und zunehmend mit der Dauer des Durstes. Am 3. und 4. Tag stieg es fiber den Wert der Kontrollen an,

Tabelle 3. Prozentualer Anteil der Chloridausscheidung von gleichzeitig im Harn ausffeschiedenem Natrium und Kal ium nach i.v. Injektion von Mersalyl

Cl- Angaben in Na + q_ K+- • 100. Berechnung aus den Mittelwerten der einzelnen

Gruppen an den jewefligen Tagen w~hrend 8 Std Durst. Ausnahme 2. Tag, hier 25.--32. Std des Durstens

Tag Kontrollen 2,0 3,0 4,5 nach Injektion mg Hg/kg mg Hg/kg mg Hg/kg

i . 2. 3. 4. 5. 6.

57 52 47 52 57 62

53 34 46

49 21 63 58 58

43 15 69 68 72 61

wie nach Chlormerodrin-Gaben knapp vor oder mit dem Gipfel der 2. Diurese. Die Einzelwerte haben wir in diesom Fall in Tab. 3 angeffihrt, um zu zeigen, dab untor unseren Bedingungen das Verh~ltnis yon Chlorid zu Natrium und Kalium im Harn durch die Quecksilberwirkung st/~rker beeinfluBt wird als Itarnvolumen oder Elektrolytausscheidung.

Die Behandlung mit einer -- allerdings nicht ganz ausreichenden (BRuNN~g 1959b) -- Dosis yon 4,5 mg Dimercaprol/kg 2 Std nach i.v. Gabe yon 4,5 nag Hg als Chlormerodrin beeinfluBt das Auftreten und die Gr6Be der ,,2. Diurese" und die sie begleitenden Ver~nderungen dor Elektrolytausscheidung nicht. Ebenso wenig wirkten 4,5 mg Dimercaprol 24 Std nach 3,0 mg Hg/kg als Chlormerodrin gegebon (Tab.4).

Zum ZeRpunkt der ,,2. Diureso" injiziertes Dimercaprol (4,5 mg/kg i.p.) hatte keinen EinfluB auf Polyurie und Elektrolytausscheidung (Tab.5).

b) 0rganuntersuehungen wiihrend und nach der ,,2. Diurese". Durch 24stfindiges I)ursten entstand im Vergleich zu gesunden Tieren, die die gleiehe Zeit weder Futter noch Wasser erhalten hatten, bei Queck- sflber-behandelten Ratten w~hrend der ,2. I)iurese" eine erhebliche Exsiccose mit Verminderung des Wassergehalts yon Blur und Muskula- tur und Anstieg des Hiimatokrit. Die Elektrolytspiegel im Plasma waren

Page 13: Veränderungen der Wasser- und Salzausscheidung sowie der Nierenstruktur während des 2.–10. Tages nach einmaliger intravenöser Zufuhr von Chlormerodrin

552 HELLMUT BRUNNER :

Tabelle 4. Einflufl einer einmaligen Dimercaprol-Injektion (4,5 mg/kg i.p.) 2 Std nach 4,5 mq Hg/kg oder 2~ Std nach 3,0 mg Hg/kg als Chlormerodrin auf das Auftreten

einer ,2. Diurese" Untersuchung der Tiere mit 4,5 mg Hg am 6. Tag, mit 3,0 mg am 4. Tag nach der Hg-Injektion wKhrend 8 Std Durst. A]s H~ufigkeit ist der Teil der Tiere mit Quecksilber-Injektionen, die am gewahlten Zeitpunkt eine Polyurie zeigten, be- zeiehnet. Die angegebenen Werte beziehen sich nur auf Tiere mit Steigerung des Harnvolumens auf Werte fiber 0,23 ml/100 g/Std. Einzelheiten s. Methodik.

Angaben ¥ =~: s~

Behandlung

mg/kg

Hg 4,5 10 Hg 4,5 + Di-

mercaprol 4,5 6 Hg 3 8 Hg 3 + Di-

mercaprol 4,5 7

Harnvolumen ml/100 g/Std

0,56 ~ 0,07

0,52 ~_ 0,06 0,50 ± 0,06

0,63 ~: 0,09

Natrium

#-~qu/100 g/Std

31,6 4:3,6 31,3 ± 4,1

20,2 ± 2,7 27,7 ± 5,6 18,2 ~: 2,1 35,1 :~ 3,7

23,4 ~ 2,4 47,9 ± 3,1

28,6 :L 5,3

23,2 ~ 4,5 24,9 ± 4,6

43,3 := 6,1

I Kalium ! Chlorid H~ufig-

. . . . ' keit °/0

56

75 73

64

Tabelle 5. Einflufi von Dimercaprol (4,5 mg/kg i.p.) auf die ,,2. Diurese" und die sie begleitende Elektrolytausscheidung

Harnsammlung 9.--16. Std des Durstens. Zuteilung der Tiere mit Polyurie zu Kontroll- oder Dimercaprol-behandelter Gruppe s. Methodik. Angaben ~ ~ s~. W~hrend der ersten 8 Std Durst hatten sich die beiden spi~teren Versuchsgruppen

in keiner der untersuchten GrSBen unterschieden

Behandlung

Kontrollen Dimercaprol

4,5 mg/kg

Harnvolmnen ml/100 g/Std

0,37 ± 0,03

0,42 :L 0,04

Natrium i Kalium

20,2 ± 3,4

24,7 ± 3,4

p.~qu/100 g/Std

20,9 ~ 1,8

28,5 j_ 2,3

Chlorid

21,3 -L 1,8 16

31,0 i 3,4 15

Tabelle 6. Wassergehalt von Blur, Skeletmuskulatur und Niere, H~imatokrit, relatives Nierengewicht und Plasmaelektrolyte nach 24 Std Durst wdhrend der ,2. Diurese" Angaben • 4- sT. Versuchsanordnung, Auswahl der Tiere, Bestimmungsmethoden

und Bezeichnung signifikanter Unterschiede s. Methodik bzw. Abb. 1.

Kontrollen Tiere n w~thrend .2. Diurese"

9 14

Wassergehalt Skeletmuskulatur (°/0) Wassergehalt Blut (°/o) I-lamatokrit (°/o Erythrocyten) Natrium } Kalium im Plasma (mJ~qu/1) Chlorid Wassergehalt Niere (°/0) Relatives Nierengewicht (g/kg)

75,4 ± 0,3 80,6 -~- 0,2 46,9 ± 0,7

161,7 i 1,2 4,3 ~0 ,1

109,8 ± 0,7 76,4 ± 0,3 7,07 ~ 0,21

74,4** ± 0,2 78,7"**~= 0,4 50,6** ± 0,8

156,1 ~ 5,2 4,2 ~ 0,3

109,7 := 1,2 79,6***± 0,3 9,46***± 0,43

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Wasser- und Salzausscheidung sowie Nierenstruktur nach Chlormerodrin 553

dagegen gegenfiber den Werten yon Kontrollt ieren nach 24 Std Durst unveri~ndert. Trotz der Exsiccose war aber der Wassergehalt der Nieren und das relative Nierengewicht der Quecksilber-behandelten Ra t ten h5her als bei Kontrollt ieren (Tab. 6).

Die 57ieren der Tiere mit Polyurie waren makroskopisch grol3, blab mit einer hellen Felderzeichnung auf der Oberfli~che u n d scharfer Tren- nung des Marks yon der blassen Rinde.

Die histologischen Bflder dieser Nieren zeigten trotz der i.v. Zufuhr yon Chlormerodrin keine gleichm~i3igen, sondern fleckfSrmige Ver~nde- rungen: An den Tubuli fanden sich alle l~bergi~nge einer Sch~digung von trfiber Schwellung fiber Vacuolenbildung im Zellplasma bis zu Nekrosen. Seltener, und nur bei ausgepr~gten tubul/~ren Veri~nderungen, waren anch nekrotische odor teilnekrotische Glomerula vorhanden. Iqeben der Degeneration bestanden Zeichen einer Zellregeneration (unregelm£Bige Zellen mit lockeren Kernen, Mitosen, solide Zellstr~nge ohne Lumen). Sehr oft waren die Tubuli auff~llig welt, mi t flachem Epithel ausgekleidet. Diese Ver/inderungen erinnerton an Bilder yon Nieren nach Ureterenligatur (BRENNER, KUSCHINSK¥, PETERS U. VOR- ~ERR 1958). Es kSnnte sich in diosen F/illen um flaehes, neugebildetes Epithel handeln odor um Deformierungen, die durch Stauung in den tiefer gelegenen Absehnit ten der Nephrone durch Verlegung -- massen- haft EiweiBzylinder waren vorhanden - - zustande kamen.

Das Inters t i t ium war 5dematSs durehtri~nkt, zeigte aber sonst keine grSberen Ver/inderungen. Die Gef&Be erschienen weitgehend normal. Verkalkungen wio nach Sublimatvergiftungen waren nieht zu finden. Zwischen der GrSBe und Sehwere dieser Veri~nderungen und dem Aus- real3 der vorher festgestellten Polyurie bestand kein deutlieher Zu- sammenhang. I m allgemeinen bat ten wohl Tiere mit relat iv geringem HarnfluB fast normale Nieren, aber auch bei extrem hoher Polyurie fan- den sieh neben sehwersten Ver/~nderungen weitgehend normale Bflder.

Nach Abklingen der 2. Diurese waren die Nieren makroskopiseh normal und im histologisehen Bild die Veri~nderungen fast vSllig ver- schwunden. 4 Wochen naeh der Injekt ion yon 5,0 mg Hg/kg als Chlor- merodrin zeigten die Nieren der fiberlebenden Tiere makroskopiseh grob- hSckrige Einziehungen, sonst aber normale Farbe und Konsistenz. Mikroskopiseh waren sie, abgesehen yon einer Bindegewebsvermehrung unter den Einziehungen, normal.

Es kann sich nach diesen Befunden w/ihrend der 2. Diurese um ein Stadium der Regeneration nach sehwerem Tubulussehaden handeln.

Nach Injekt ion yon 4,5 mg Hg/kg in Form yon Chlormerodrin s tarben bis zum Gipfel der ,2. Diurese" rund 300/0 der Tiere, naehdem bei ihnen meist ffir 1--3 Tage eine Oligurie bestanden hatte. Alle fiberlebenden Tiere zeigten eine,,2. Diurese". Innerhalb yon 4 Wochen naeh der Injekt ion

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554 HELLMUT BRUNNER :

g ingen ungefi~hr 60o/0 der T ie re zugrunde . Die gleiche Quecks i l be rmenge als Mersa ly l zugef f ih r t t 6 t e t e ke in Versuchs t i e r .

3,0 m g H g / k g e n t s p r a c h e n sowohl als C h l o r m e r o d r i n als a u c h als Morsa ly l e iner L D o. Bei den m i t C h l o r m e r o d r i n b e h a n d e l t e n T ie r en liel3

sich u n t e r den gew/~hlten B e d i n g u n g e n bei 10--20°/0 ke ine , 2 . D i u r e s e " nachwei sen . E i n e deu t l i che d iu re t i sche W i r k u n g in den e r s ten T a g e n n a c h der I n j e k t i o n f a n d sich m i t d ieser Dosis bei be iden Diure t i ca .

2,0 m g H g / k g ze ig ten als C h l o r m e r o d r i n v e r a b r e i c h t n u r eine sehr uns ichere W i r k u n g u n d waren als Mersa ly l wi rkungs los .

Die t h e r a p e u t i s c h e Bre i t e ffir Ch lo rmerod r in war u n t e r unseren V e r s u c h s b e d i n g u n g e n also ger ing.

Diskussion

Nach einmaliger i.v. Injektion steigerte Chlormeroch'in unter unseren Versuchs- bedingungen die Diurese ffir mehrere Tage. Je hSher die Dosis war, desto friiher t rat die Diurese einund desto 1/tnger hielt sie an. Eindeutlich zweigipfeliger Verlauf war sowohl in dem hier dargestellten als auch in einem friiheren Versuch mit £hnlichen Dosen (BRuN~ER 1959a) nachweisbar. Die ,1. Diurese", die rund 2 Tage dauerte, wurde an anderer Stelle (BRV~ER 1959b) ausfiihrlich besprochen: Sie geht mit einer Steigerung der Ausscheidung yon Wasser, N~trium und K~lium, aber nicht yon Chlorid einher. Am 3, mit hSheren Dosen auch am 4. und 5. Tag nach der Injektion war die Wasser- und Elektrolyt~usscheidung normal (BRu~-NER 1959 a) oder m£1~ig erhSht (vorliegender Versuch). Die Futteraufnahme ging zuriick, die Trinkmenge blieb fast unver~ndert. Je kleiner die injizierte Quecksilbermenge war, desto kiirzer war diese Zeitspanne. Bei einer Gabe von 3,0 mg Hg/kg trat in einem Versuch am 4. Tag (BRvNNER 1959a), im 2. Versuch am 5. Tag eine Steigerung der Harnmenge auf, die mit einer erhShten Ausscheidung yon Natrium und Chlorid bei unver/~nderter Kaliumausscheidung einherging. Die gegeniiber dem hier dargesteilten Versuch etwas sch~rfere Abgrenzung der ,,1. Diurese" yon der ,2 . " und die etwas deutlichere Ausbildung des 2. Gipfels nach Zufuhr yon 3,0 mg Hg/kg als Chlormerodrin in einem friiheren Versuch (BR~7~ER 1959a) ist mit grSl3erer Wahrscheinlichkeit dadurch bedingt, dab bei diesem Versuch fast alle Tiere an einem Tag das Maximum der ,2. Diurese" erreichten, als durch eine Verst~rkung der Quecksilberwirkung durch 32 Std Durst bei Versuchsbeginn. Ein ~hnlicher 2. Gipfel, der jedoch in beiden Versuchen hSher war als nach der mittleren Dosis Chlormerodrin, land sich nach einer Dosis yon 4,5 mg Hg/kg (im vorliegen- den Versuch) oder 5,0 mg Hg/kg (BRuNNER 1959a) ~m 6. Tag. Bei den hohen Dosen war die ,,2. Diurese" hSher als die, die w£hrend der erst~en beiden Tage nach der Injektion erreicht wurde, die Elektrolyte~usscheidung -- mit den oben angefiihrten Unterschieden gegen die ,,1. Oiurese" -- hingegen geringer.

Die ,,2. Diurese" hielt 1--3 Tage an und war nicht auf eine vermehrte Wasser- aufnahme, sondern auf eine St6rung der Nierenfunktion zurfickzufiihren, da die Trinkmengen in jedem Fail erst nach Einsetzen der Harnflut anstiegen und die Tiere bei l~ngerem Durst zu dieser Zeit ihr Harnvolumen nicht einzuschrhnken vermochten, sondern exsiccotisch wurden, hn Auslauf der ,,2. Diurese" wiesen die Tiere in den ersten 8 Std noch ein gegeniiber den Kontrolltieren erhShtes Harn- volumen auf, konnten abet bei l~ngerem Durst die renale Wasser- und Salz- ausscheidung in normalem Umfange verringern. Ob hier eine gesteigerte Wasser- aufnahme fiir die ErhShung des Harnvolumens im Durstbeginn eine Rolle spielt,

Page 16: Veränderungen der Wasser- und Salzausscheidung sowie der Nierenstruktur während des 2.–10. Tages nach einmaliger intravenöser Zufuhr von Chlormerodrin

Wasser- und Salzausseheidung sowie l~ierenstruktur nach Chlormerodrin 555

eine verzSgerte Reaktion der Niere, die in diesem Stadium erst auf einen st~rkeren Reiz anspreehen kSnnte, oder StSrungen anderer (hormonaler) Systeme vorliegen, wurde nicht n~her untersucht.

Aus einer Reihe yon Grf inden mSeh ten wir das S y n d r o m der ,,2. Di- u rese" als Po lyur ie auffassen, die i m A u s h e i l u n g s s t a d i u m e ine rTubu lus - sch~digung au f t r a t :

1. l a n d sich be i mikroskopiseher Un te r su c hung der N i e r e n s t r u k t u r w~hrendde r , ,2 .Diurese" e inAushe i lungss tad ium nach Tubulusschi~digung.

2. war die Zei t bis zum Auf t r e t en der ,2 . Diurese" , ihre GrSBe und Daue r yon der Chlormerodr indos is abh/ ingig und eine Beeinf lussung durch Dimercapro l , das w~hrend der ,,2. Diureso" verabfo lg t wurde , n ich t mSglich,.

3. sprechen die Verminderungen der Krea t in inaussche idung a m 3. und 4. Tag nach Gabe der hohen Quecksi lberdosis ffir eine Senkung der Clearance von endogenem K r e a t i n i n an diesen Tagen und

4. di i r f te nach den Wasser - u n d E lek t ro ly t aus sche idungen w~hrend der ,,2. Diurese" e in andere r Vorgang ablaufen, als in den ers ten S tunde n nach Quecksi lber in jekt ion . Solange a l lerd ings keine n~heren A nga be n fiber funktioneUe Veri~nderungen, die w£hrend der Aushei lung eines Tubu lus -Sehadens be i R a t t e n auf t re ten , b e k a n n t sind, k a n n ein Einflul] des nach e inmal iger Chlormerodr ingabe wochenlang in der Niere yon R a t t e n nachweisbaren Quecksi lbers (LuND 1957, 1958) au f die En t - s t ehung der ,2 . Diurese" n ieh t ausgeschlossen werden.

Die Dauer der ,2. Diurese" beim einzelnen Tier sehwankte erheblich (1 bis 4 Tage), weshalb eine gewisse Verschiebung der hier angegebenen Termine fiir das Auftreten des ,2. I)iurese"-Maximums, das ja nur durch Summation einer grSBeren Anzahl yon Tieren mit Polyurie am betreffenden Tag entsteht, vorkommen kann. Die Wahrscheinlichkeit, mit der eine ,2. Diurese" naeh Chlormerodrin-Gaben auf- tritt , ist recht groB: Eine einmalige Untersuehung am 4. Tag nach einer Injektion yon 3,0 mg Hg/kg und am 6. Tag nach 4,5 mg Hg/kg als Chlormerodrin ergab eine Polyurie bei rund zwei Drittel der verwendeten Ratten.

Der fehlende EinfluB einer Behandlung mit Dimercaprol innerhalb yon 24 Std naeh Quecksilbergabe auf das Auftreten der ,,2. Diurese" kann vielleicht daran liegen, dab die Dimercaprol-Gabe jeweils nur einmal erfolgte und aui]erdem bei der hohen Quecksilberdosis nicht ausreichend war (BRvN~.R 1959b), bei der mittleren Dosis Quecksilber hingegen zu sp~t erfolgte.

Nach den Ergebnissen des geschilderten Chlormerodrinversuchs scheint das Auftreten einer ,,3. Diurese" nach 4,5 mg Hg/kg um den 10. Tag mSglieh. Wegen der geringen Zahl zu dieser Zeit noch lebender Ratten kann abet nichts Sicheres ansgesagt werden (Abb. 2).

Die gleichen Quecksilberdosen als Mersalyl verabreicht waren bei geringerer Toxicit~t wesentlieh weniger wirksam als bei Zufuhr in Form yon Chlormerodrin und bewirkten keine ,,2. Diurese" (4,5 mg Hg/kg als CMormerodrin entsprachen bei einer Beobachtungszeit yon 4 Wochen einer LD~o, als Mersalyl einer LDD! ). MSglicherweise w~re eine ,,2. Diurese" mit Mersalyl in hSheren Dosen erreichbar.

Eine toxische Nierensch~digung durch Quecksilberdiuretiea ist bei Menschen mit gesunden Nieren wesentlich seltener als bei Ratten. Meist entwickelt sieh bei

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556 HELLMUT BRUNNER :

solchen Patienten ein nephrotisches Syndrom mit Oligurie, schwerer Protein- und Cylindrurie, Mikrohgmaturie, Hypoproteingmie, Hypercholesteringmie, Anasarka, oft aueh Hypochlor- und Hyponatrigmie und eine ErhShung des Rest-N (RosEN- TgAL 1933; DE GRASS U. :NADLER 1942; WAIFE u. PRATT 1946; DEROW u. WOLf'S" 1947; SIEGEL U. FRIEDMAN 1949; PREEDY U. RUSSELL 1953; RIDDLE, GARDNER, BESWICK U. FISttIE 1958; BURSTON, DARMADY U. STRANACK 1958, MUNK U. NISSEN 1956). Diese St6rungen sind stark yon denen unterschieden, die wir bei Ratten fanden. Lediglieh MOLLER (1937) land bei einem Patienten nach einmaliger Injektion yon 80 mg Hg als Mersalyl eine niedrige Harnstoffelearance fiir einige Stunden, eine voriibergehende Proteinurie und spgter eine Polyurie. Ausnahmsweise kann also ein ghnlicher Verlauf (Polyurie fiir Tage nach therapeutischer Quecksilber- dosis), wie wir ihn bei Ratten sahen, auch bei Menschen vorkommen. Bei Hunden oder anderen Versuehstieren wurde ein Ablauf der Queeksilberdiurese, wie er in den vorliegenden Rattenversuchen gefunden wurde, unseres Wissens bisher nicht beobachtet.

Die s t a rke zei t l iche Verschiebung des Wi rkungse in t r i t t s gleicher Dosen Quecksi lber pro Ki log ramm, die in F o r m verschiedener Diure t ica gegeben wurden, wirf t die F rage auf, wie ein Wirkungsvergle ich solcher Subs tanzen an der R a t t e durchgeff ihr t werden k6nnte. Vor al lem wfirden wenig wi rksame Verb indungen bei kurzen Harnsammelpe r ioden unter- bewer te t werden. Ffir einen exak ten Wirkungsverg le ich wird es gfinstig sein, den H a r n ffir mindes tens 24 S td nach i.v. I n j ek t ion zu sammeln. Beobach tungen fiber das Auf t r e t en oder Fehlen einer zweiten Diurese bei gleicher na t r iu re t i scher W i r k u n g wahrend der ,,1. Diurese" kSnnten wei terhin ein Hinweis auf den Grad der Nie ren tox ic i tg t des betrcffenden Diu re t i cum sein.

Summary Water , sodium, potass ium, chloride, phospha te and creat in ine

excret ions were observed for 10 days af ter a single 2,0, 3,0 or 4,5 mg Hg /kg dose of H g as chlormerodrine, in ra ts having for 16 hours per d a y access to food and wate r and kep t t h i r s t y for the remaining 8 hours.

The excre t ions of water , sodium and po tass ium were dose dependen t dur ing the two first days ; the chloride excret ion was, however, not increased. On the t h i rd and four th days , the excret ions were essent ia l ly normal ized, on the fifth and s ixth days the ur ine volume increased once more. Af ter a fur ther 1 - -3 days the urine volume approached the control v a l u e .

During the "second diures is" , sodium and chlorid excret ions increa- sed, while po tass ium excre t ion was scarcely al tered. In the course of the nex t 1 - -2 days the e lect rolyte excret ion re tu rned to normal . The ra t io of ur ine volume to e lec t ro ly te excret ion was grea ter dur ing the "second diures is" as dur ing the "f irs t d iures is" .

Dur ing 24 hours of th i r s t a t the t ime of the "second diures is" the animals could scarcely l imi t the i r ur ine volume and became exsiccotic wi thou t a demons t rab le change in the p lasma e lec t ro ly te level.

Page 18: Veränderungen der Wasser- und Salzausscheidung sowie der Nierenstruktur während des 2.–10. Tages nach einmaliger intravenöser Zufuhr von Chlormerodrin

Wasser- und Salzausscheidung sowie Nierenstruktur nach Chlormerodrin 557

One or more days a f te r the "second d iures i s" the a m o u n t of wa te r d r u n k increased . The food consumpt ion , which was decreased in the in t e rva l be tween the " f i r s t " and "second diures is" (especial ly wi th t he high dose) d id no t r e tu rn to normal levels un t i l a f te r the "second d iures is" .

An effect of d imercap ro l (4,5 mg/kg i.p.) on the "second d iures i s" could no t be demons t r a t ed .

Dur ing the "second diures is" the k idneys were enlarged, pale, wi th an increased wa te r content , h is to logica l ly t h e y were found to be in the s ta te of regenera t ion a f te r severe t u b u l a r damage .

The "second d iures i s" was i n t e rp re t ed as the po lyur ia in the r ecovery s t a t e of t u b u l a r damage .

Mersa ly l was much less effective in the same dose: 0 n l y wi th a dose of 4,5 mg t tg /kg , a diuresis was demons t r ab le for 5 days . Af te r the second d a y of the e x p e r i m e n t e lec t ro ly te excre t ion d id no t differ f rom the cont ro l values. A "second d iures is" d id no t occur wi th in 9 days a f te r the in ject ion.

Unde r our expe r imen t a l condi t ions , ch lormerodr in showed a l imi t ed t he r apeu t i c r ange : 2 mg I t g /kg was p rac t i ca l ly wi thou t effect, 3 mg t t g / k g increased the wate r and sal t excre t ion wi thou t being fa t a l to t he expe r imen t a l animals , and 4,5 mg t I g / k g was effective in diures is and saluresis, b u t corresponded, however , to the LD~0. In j ec t ion of 4,5 mg t I g / k g as mersa ly l was no t f a t a l to a n y animal .

Ffir ausgezeichnete technische Assistenz danke ich Frl. RUT~ILD ENGEL und Frl. G~SELA IBELING. Fiir dos Zeichnen der Abbfldungen danke ich Frau I~OEEORO MASSFELLER.

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Dr. H. BRUNNER, Pharmakologisches Ins t i tu t der Universi tat , Mainz, Langenbeckstralle 1