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Forschungsinstitut für Soziologie Universität zu Köln Verbreitung und Determinanten der Schulverweigerung in Köln Dritter Zwischenbericht für die GEW Stiftung Köln 31.07.2003 Projektleiter: Prof. Dr. Michael Wagner Wissen. Mitarbeiter: Imke Dunkake, M.A. Bernd Weiß, M.A. Förderung: GEW Stiftung Köln Projektnummer: W-01-2-001 Laufzeit: 1. Februar 2002 - 31. Januar 2004

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Forschungsinstitut für Soziologie Universität zu Köln

Verbreitung und Determinanten der Schulverweigerung in Köln

Dritter Zwischenbericht für die GEW Stiftung Köln

31.07.2003

Projektleiter: Prof. Dr. Michael Wagner Wissen. Mitarbeiter: Imke Dunkake, M.A.

Bernd Weiß, M.A.

Förderung: GEW Stiftung Köln Projektnummer: W−01−2−001 Laufzeit: 1. Februar 2002 − 31. Januar 2004

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Inhaltsverzeichnis

1 Übersicht....................................................................................................................................2 2 Kooperation mit anderen Einrichtungen......................................................................................2

2.1 Kontakt zu außeruniversitären Einrichtungen......................................................................3 2.2 Kontakt mit Kölner Einrichtungen ......................................................................................3 2.3 Anfertigung wissenschaftlicher Arbeiten und Lehrveranstaltungen......................................3 2.4 Publikationen......................................................................................................................3 2.5 Öffentlichkeitsarbeit ...........................................................................................................3

3 Quali tative Interviews.................................................................................................................4 3.1 Stichprobe der Schulverweigerer.........................................................................................4 3.2 Stichprobe der Experten......................................................................................................4

4 Theorienkonstruktion .................................................................................................................5 4.1 Kontroll theorie ...................................................................................................................5 4.2 Anomietheorie....................................................................................................................6 4.3 Subkulturtheorie.................................................................................................................8 4.4 Sozialökologischer Ansatz..................................................................................................8

5 Daten und Methode..................................................................................................................10 5.1 Stichprobe........................................................................................................................10 5.2 Operationalisierungen.......................................................................................................11

5.2.1 Schulverweigerung als abhängige Variable................................................................11 5.2.2 Unabhängige Variablen.............................................................................................11

5.2.2.1 Kontroll theoretische Variablen..............................................................................11 5.2.2.2 Anomietheoretische Variablen...............................................................................12 5.2.2.3 Städtische Subkulturen..........................................................................................13

6 Ergebnisse................................................................................................................................13 6.1 Verbreitung der Schulverweigerung..................................................................................13 6.2 Famili enstruktur und famil iale Bindungen.........................................................................14 6.3 Soziale Lage, Schulleistungen und Alternativen zum Schulbesuch ....................................16 6.4 Der Einfluss städtischer Subkulturen.................................................................................19

7 Literatur ...................................................................................................................................22 8 Anhang ....................................................................................................................................24

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1 Übersicht Das Projekt „Verbreitung und Determinanten der Schulverweigerung in Köln“ begann vor 18 Monaten (Februar 2002). Es verfolgt mehrere Ziele: • Ausarbeitung einer sozialwissenschaftlichen Theorie zur Erklärung der Schulverweigerung, • Darstellung der Verbreitung des Schulschwänzens und der Schulverweigerung in Köln und im

Regionalvergleich, • Bestimmung der wichtigsten sozialen Risikofaktoren der Schulverweigerung.

Der dritte Zwischenbericht an die GEW Stiftung befasst sich mit den Projektaktivitäten im Zeitraum von Januar 2003 bis Juli 2003. Der Bericht enthält drei größere Abschnitte. Kapitel zwei informiert über Kooperationen mit anderen Einrichtungen sowie über Öffentlichkeitsarbeit und Publikationen. Kapitel drei gibt eine Übersicht zu den geführten Leitfadeninterviews. Im vierten Kapitel werden nochmals kurz die wichtigsten theoretischen Strömungen sowie die abgeleiteten Hypothesen vorge-stell t, die in den Kapiteln fünf und sechs einer empirischen Überprüfung unterzogen werden. Es haben sich seit Beginn des Projektes keine Veränderungen in der Zusammensetzung der Projekt-gruppe ergeben. Die von der GEW bisher zur Verfügung gestell ten Mittel wurden entsprechend des Antrages verwendet.

Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt konnten folgende Ziele umgesetzt werden: • Sichtung des nationalen- und internationalen Forschungsstandes • Die Erklärung der Schulverweigerung durch klassische Theorien abweichenden Verhaltens (eine

detailli erte Zusammenfassung ist dem vorherigen Zwischenbericht zu entnehmen) • Sekundäranalyse des Datensatzes vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales

Strafrecht in Freiburg (MPI) • Auswertung von Bußgeldbescheiden des Schulamtes Köln und der Bezirksregierung Düsseldorf

(vgl. vorheriger Zwischenbericht) • Durchführung von quali tativen Interviews (vgl. Kapitel 3) • Kooperation mit wissenschaftlichen und außeruniversitären Einrichtungen • Anfertigung wissenschaftlicher Arbeiten und Durchführung von Lehrveranstaltungen Bis zum Ende des Projektes sollen noch folgende Arbeitsschritte durchgeführt werden: • Publikation der bisherigen theoretischen und empirischen Ergebnisse in Fachzeitschriften • Fortführung der theoretischen und empirischen Analysen zur Schulverweigerung • Transskription der quali tativen Interviews und erste Ergebnisse • Mitarbeit in einer Arbeitsgruppe des Schulamtes der Stadt Köln, die eine Lehrerbefragung an Köl-

ner Hauptschulen zum Thema ‚Schulverweigerung’ durchführt • Mitarbeit in der Projektgruppe „Präventive Jugendsozialarbeit“ („Equal“ , s.u.)

2 Kooperation mit anderen Einr ichtungen Im Laufe der Projektzeit konnten zunehmend Kontakte und Netzwerke zu anderen Einrichtungen auf- und ausgebaut werden. Das bezieht sich einerseits auf wissenschaftliche Kontakte und die Akquirie-rung weiterer statistischer Daten. Andererseits besteht auch von Vertretern der Behörden ein großes Interesse daran, die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse in die praktische Jugendarbeit zu tragen und bei der Entwicklung von Präventionsmaßnahmen mitzuwirken.

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2.1 Kontakt zu außeruniversitären Einrichtungen

Es besteht eine aktive Beteili gung an der EU Gemeinschaftsinitative „Equal“ (gefördert vom Bundes-ministerium für Wirtschaft und Arbeit sowie dem Europäischen Sozialfond), die seit Anfang 2000 existiert und das Ziel verfolgt, innovative Modelle zu fördern, die geeignet sind, Ungleichheiten und Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt zu beseitigen. Im Mittelpunkt steht die Aufgabe, erfolgrei-che Modelle in das bestehende Förderinstrumentarium im Bereich Bildung und Beschäftigung zu imp-lementieren. Die Zusammenarbeit mit der Gemeinschaftsinitative „Equal“ erstreckt sich auf die Pro-jektgruppe „Präventive Jugendsozialarbeit“ , die sich aus verschiedenen Vertretern städtischer Institu-tionen zusammensetzt (Amt für Kinder, Jugend und Famili e; Jugendberufshil fe; Schulamt der Stadt Köln; Schulverwaltungsamt der Stadt Köln; Bezirksjugendamt Mülheim, Arbeitsamt Mülheim, Lehrer der Hauptschule) und thematisch den Schwerpunkt „Schulabsentismus“ verfolgt. In diese Arbeitsge-meinschaft fließen die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Projektes ein, um gemeinsam mit Vertre-tern der Praxis Modelle zur Prävention der Schulverweigerung in Köln zu entwerfen. Im Rahmen die-ser Arbeit ist seitens des Schulamtes der Stadt Köln auch die Befragung aller Hauptschullehrer in Köln über das Ausmaß der Schulverweigerung geplant; hier konnten die Mitarbeiter der Universität zu Köln beratende Funktionen übernehmen.

2.2 Kontakt mit Kölner Einrichtungen

Es wurden Gespräche und Interviews mit Mitarbeitern der Kölner Schulverwaltung (z.B. Schulpsy-chologischer Dienst) sowie des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung in Düsseldorf geführt. Zudem wurden zahlreiche Jugendwerkstätten besucht, die sich mit Schulverweigerern ausei-nandersetzen bzw. diese betreuen. Es fanden Gespräche mit der Kriminalpolizei Köln statt, um detail -lierte Informationen über Schulverweigerung als Prädiktor für andere Formen abweichenden Verhal-tens zu erhalten.

2.3 Anfertigung wissenschaftlicher Arbeiten und Lehrveranstaltungen

Bisher wurde eine Magisterarbeit angefertigt, drei weitere sind gegenwärtig in Bearbeitung, ebenfalls wird zur Zeit eine Doktorarbeit zum Thema Schulverweigerung verfasst. Des weiteren wurden zwei Lehrveranstaltungen an der Universität zu Köln zu diesem Thema gehalten (WS 2002/3: „Abweichen-des Verhalten von Jugendlichen“ , SS 2003: „Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens am Beispiel von Schulverweigerung“ ).

2.4 Publikationen

Im Laufe der Projektzeit ist bisher ein Artikel in der SchulVerwaltung NRW veröffentlicht worden: Wagner, Michael, 2002: Die Verbreitung des Schulschwänzens in Köln und im Regionalvergleich, SchulVerwaltung NRW, 10, S. 282-285. Ein umfangreicher Aufsatz mit den theoretischen und empirischen Ergebnissen der Auswertungen des MPI Datensatzes steht kurz vor der Veröffentlichung: Wagner, Michael; Imke Dunkake und Bernd Weiß, 2003: Soziale Bedingungen der Schulverweige-rung (in Vorbereitung).

2.5 Öffentlichkeitsarbeit

Vorträge zum Thema Schulverweigerung wurden bei folgenden Veranstaltungen gehalten: • Fachtagung: Förderung von benachteili gten, lernschwachen und schulmüden Kindern

und Jugendlichen, Landesinstitut für Weiterbildung und Schule, Soest, Vortrag zum Thema Schulverweigerung (November 2001).

• Podiumsdiskussion bei der Bildungsmesse 2002 (23.02.02) zum Thema: Was tun ge-gen Schulschwänzen und Schulmüdigkeit?

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• Sitzung der EQUAL Kommission vom 02.06.2003: Vortrag zum Thema: Verbreitung und Determinanten der Schulverweigerung in Köln. Erste empirische Befunde.

• Fachtagung: Fokus 2003, Köln: „Absentismus – Schwänzen, Bedingungen und Zu-sammenhänge. Versuch einer Annährung“ , Netzwerk Erziehung in Schulen. Vortrag von Prof. Dr. Michael Wagner: „Gesellschaftlicher Wandel, Schule und Schulverwei-gerung“ .

3 Quali tative Interviews Insgesamt wurden 43 Personen (25 Schulverweigerer und 18 Experten) zum Thema Schulverweige-rung im Zeitraum März 2002 – Juni 2002 befragt. Fast alle Interviews fanden in einer face-to-face Befragung statt und wurden als quali tative Leitfadengespräche mit offenen Fragen geführt.

3.1 Stichprobe der Schulverweigerer

Insgesamt wurden 25 Schulverweigerer befragt (17 Jungen und 8 Mädchen). Von diesen 25 Schulver-weigerern befanden sich 21 in institutioneller Betreuung, vier waren keiner Institution zugeordnet. Alle Jugendlichen befanden sich im Alter von 15 bis 18 Jahren. Die Schulverweigerer, die sich in Schulverweigerungsprojekten befanden, besuchten die Gesamt-, Real-, Haupt- oder Sonderschule und berichteten retrospektiv über Schulverweigerung, wobei diese Zeit in den meisten Fällen nicht länger als ein Jahr zurücklag.

21 Probanden wurden zum Befragungszeitpunkt in folgenden Schulverweigerungsprojekten betreut:

• Jugendwerkstatt Mühlheim (6 Jungen) • Jugendwerkstatt Vingst (2 Mädchen) • Jugendwerkstatt Nippes (1 Mädchen) • Jugendwerkstatt Porz (1 Junge) • Kolping Bildungswerk (2 Mädchen, 5 Jungen) • Gesamtschule Höhenhaus/Schulwerkstatt (1 Mädchen, 2 Jungen)

4 Probanden waren an keine institutionelle Betreuung gebunden. Es handelt sich um Schüler, die das Gymnasium (1 Mädchen, 1 Junge) und die Realschule (1 Mädchen, 1 Junge) besuchten.

3.2 Stichprobe der Experten

Experten aus der Einr ichtung Schule • fünf Lehrer (Gymnasium, Realschule, Hauptschule, Gesamtschule und Sonderschule) • ein Schulleiter • ein Mitarbeiter der Schulamtes • ein Mitarbeiter des Schulpsychologischen Dienstes

Experten aus dem Jugendamt • zwei Mitarbeiter aus dem Bereich Jugendberufshil fe • ein Mitarbeiter aus dem Bereich Schulsozialarbeit • ein Mitarbeiter aus dem Bereich ASD

Experten aus den Schulverweigerungsprojekten • drei Sozialarbeiter/innen aus den Jugendwerkstätten • ein Sozialarbeiter vom Kolping Bildungswerk • ein Sozialarbeiter aus der Schulwerkstatt

Experten aus dem Bereich Prävention • Interviews mit Beamten der Kriminalpolizei Köln, Abteilung 63

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4 Theor iekonstruktion In Anlehnung an den vorhergegangenen Zwischenbericht wurden intensiver: • die Kontroll theorie, • die Anomietheorie und • eine Kombination aus der Subkulturtheorie und dem sozialökologischen Ansatz (Städtische Sub-

kulturen) anhand des Datensatzes des Max Planck Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg überprüft. In den weiteren Ausführungen des vierten Kapitels werden kurz die wichtigsten Prämissen dieser drei theoretischen Strömungen im Rahmen des Phänomens der Schulverweigerung erörtert (ausführliche Darstellungen sind dem vorherigen Zwischenbericht zu entnehmen). Neben der inhaltlichen Wiedergabe folgt jeweils die Generierung der Hypothesen. Auf diesen Hypothesen basie-rend, wird im fünften und sechsten Kapitel die empirische Auswertung dargestell t.

4.1 Kontroll theorie

Die wesentliche Überlegung der Kontroll theorie (Hirschi 1969) ist, dass die Intensität der Bindung an das konventionelle kollektive Werte- und Normensystem ursächlich ist für abweichendes Verhalten. Wenn eine geringe soziale Kontrolle und somit auch eine schwache Bindung an die gesamtgesell-schaftlichen Konventionen besteht, dann erhöht sich zugleich das Risiko abweichenden Verhaltens. Das Ausmaß dieser Bindungen hängt von vier Faktoren ab: 1) die emotionale Bindung an Bezugspersonen (attachment to meaningful persons) führt dazu, dass

sich Individuen an den Wünschen und Erwartungen signifikanter Anderer orientieren; 2) das Ausmaß der Investition in konventionelle Lebensziele und Laufbahnen bewirkt eine rationale

Abwägung der Vor- und Nachteile abweichenden Verhaltens (commitment to conventional goals), 3) das Eingebundensein in konventionelle Aktivitäten vermindert die verfügbare Zeit für delinquen-

tes Verhalten (involvement to conventional goals) und 4) eine starke Orientierung an konventionellen Werten und Normen, die im Prozess der famili alen

Sozialisation vermittelt werden, mindert ebenfalls die Akzeptanz devianter Verhaltensweisen (be-liefs in social rules).

Schulverweigerung wird dann begünstigt, wenn innerhalb einer oder mehrerer dieser Bindungsebenen Defizite vorzufinden sind, die die Ausbildung konventioneller Normen und Werte verhindern. Abbil-dung 1 gibt graphisch die wichtigsten Einflussgrößen der Kontroll theorie wieder:

Elter liche Kontrolle Schulische Kontrolle

Schulverw eigerung

– –

Abbildung 1: Bindung an gesellschaftliche Einri chtungen

Die Dimension „attachment“ wird in der heutigen Forschung nicht nur über das Ausmaß der emotionalen Bindung erfasst, sondern zusätzlich über zwei weitere Formen der informellen Kontrolle, die 1993 von Sampson und Laub hinzugefügt wurden (vgl. Sampson/Laub 1993). Insgesamt sind dann drei Dimensionen zu identifizieren, die das „attachment“ erfassen: emotionale Bindung, Erziehungsstil und die Beaufsichtigung der Kinder. Daher folgt: H1: Je geringer die emotionale Bindung zu den Eltern ist, desto ausgeprägter die Schulverweige-

rung.

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H2: Je inkonsistenter oder gewalttätiger der Erziehungsstil der Eltern ist, desto stärker das Ausmaß der Schulverweigerung.

H3: Je geringer die Beaufsichtigung der Kinder durch die Eltern ist, desto stärker die Schulverwei-gerung.

Neben der Famili e soll te ein weiteres Augenmerk auf die Beziehung zu den Lehrer gerichtet werden, die als Bezugspersonen einen wesentlichen Einfluss auf die Ausbildung konventioneller Normen und Werte haben: H3b: Wenn eine enge positive Bindung zwischen Lehrer und Schüler besteht, dann vermindert sich

das Risiko der Schulverweigerung. Bei einer hohen Investition in die Schullaufbahn (Arbeit, Zeit, Geld, Nachhil fe, etc.), sind die Kosten der Schulverweigerung (z.B. Wiederholung des Schuljahres, schlechte Schulnoten, Konfrontationen mit Eltern und Lehrern) höher, als der Gewinn (z.B. Freizeit, weniger Arbeitsanforderungen), den das unerlaubte Fernbleiben einbringen würde. Hat der Schüler jedoch nichts zu verlieren, weder gute Schulnoten noch Ansehen in der Klassengemeinschaft oder bei den Lehrern und Eltern, dann könnte sich aus der Perspektive des Schülers eine dauerhafte Abwesenheit vom Unterricht als rational erwei-sen. Auch die schulformspezifischen Zukunftsperspektiven (z.B. Berufsaussichten), die eng mit einer er-folgreichen Schulkarriere verbunden sind, würden dann z.T. erklären, warum die Schwänzrate in ei-nem negativen Zusammenhang zur Quali tät der Schulform steht (Sturzbrecher/Keil 2001; Wagner 2002; Wilmers 2002).

H4: Je mehr in die bisherige schulische Laufbahn investiert wurde, desto geringer ist die Schul-

verweigerung. Entsprechend der Dimension „ Involvement“ führt die Eingebundenheit in konventionelle Aktivitäten (z.B. Vereinsmitgliedschaft) zu einer Verminderung der Schulverweigerung. H5: Je mehr der Schüler an außerschulischen konventionellen Aktivitäten teilnimmt, desto gerin-

ger ist die Schulverweigerung. Hat der Schüler die bestehenden gesellschaftlichen Konventionen (beliefs) stark internalisiert, dann ist davon auszugehen, dass Schulverweigerung selten oder gar nicht auftritt. Die Intensität der Bindung an gesellschaftlich anerkannten Normen und Werte ist primär auf die Vermittlung durch die Sozialisa-tionsinstanzen (Famili e, Schule und Peers) zurückzuführen. Auch der oftmals nachgewiesene Zusammenhang zwischen Schulverweigerung und anderen Formen abweichenden Verhaltens (z.B. Reid 1987; Burgess et al. 2002; Ball /Conolly 2000) sowie die Identifi-zierung der Schulverweigerung als Risikofaktor einer kriminellen Karriere (Hibbett et al. 1990) ver-weisen auf die Bedeutsamkeit der allgemeinen Orientierung an konventionellen Werten und Normen. Um eine tautologische Erklärung zu vermeiden, ist es wichtig, den Aspekt der Intensität der Internali -sierung konventioneller Werte und Normen zu betonen. Es folgt hieraus: H6: Je stärker konventionelle Normen und Werte internalisiert sind, desto geringer das Ausmaß

der Schulverweigerung.

4.2 Anomietheorie

Die Anomietheorie (Durkheim 1893; Merton 1968) geht der Frage nach, wie es zu erklären ist, dass abweichendes Verhalten häufig in den verschiedenen sozialen Schichten variiert. Merton (1968) – einer der bekanntesten Vertreter dieses Ansatzes – geht von zwei Annahmen aus:

1. Normabweichendes Verhalten ist ein Symptom für das Auseinanderklaffen von kulturell vor-gegebenen Zielen und sozialstrukturierten Mitteln, mit denen die Ziele erreicht werden kön-nen. Kulturell vorgegebene Ziele sind z.B. finanzieller Erfolg und Ansehen. Sozialstrukturierte

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Mittel zur Erreichung dieser Ziele wären demnach ein erfolgreicher Schulabschluss und eine anschließende berufliche Karriere.

2. Unterschichtgruppen sind in den objektiven Möglichkeiten des Aufstiegs/des Gelderwerbs behindert (schichtbeschränkte Verwirklichungschance). Dies bedeutet, dass Unterschichtsan-gehörige oft nicht über genügend Mittel (z.B. ein geringes Bildungskapital der Eltern, das zu schlechten Schulleistungen führt) verfügen, um den Zielen gerecht zu werden (vgl. auch Ab-bildung 2). Es entsteht eine Ziel-Mittel Diskrepanz.

Erfahren die Individuen diese Ziel-Mittel Diskrepanz, dann kommt es nach Merton zu verschiedenen Anpassungstypen: Innovation, Ritualismus, sozialer Rückzug oder Rebelli on. Innovation: Der Schüler hat die Ziele finanzieller Wohlstand und Anerkennung internalisiert, besitzt jedoch nicht die nötigen Mittel (ausreichende Schulleistungen), um die Ziele zu erreichen. Daher sucht er außerhalb der Schule nach Handlungsalternativen, z.B. indem er intensiv einem Nebenjob nachgeht (finanzieller Gewinn) oder viel Zeit mit der Clique (Peers) verbringt, um Anerkennung zu erhalten. Diese Tätigkeiten stehen dann oft in Konkurrenz zum Schulbesuch. Sozialer Rückzug: Weder die Ziele (finanzieller Wohlstand, Anerkennung) noch die Mittel (gute Schulleistungen, Schulabschluss) werden vom Schüler anerkannt. Es handelt sich nach Merton um „Außenseiter der Gesellschaft“ . Übertragen auf das Phänomen Schulverweigerung wären z.B. Jugend-liche denkbar, die auf der Straße leben und für die der Schulbesuch keine Relevanz mehr hat. Ritualismus: Der Ritualist ist das Gegenstück zum Innovator. Er hat die Mittel – also ausreichende Schulleistungen – , um das Ziel Wohlstand und Anerkennung zu erreichen, sieht jedoch keinen Sinn in diesen Zielen. Die Folge dieser wahrgenommenen Sinnlosigkeit ist dann oftmals, dass die individuel-len Bemühungen der Zielerreichung auf ein Minimum reduziert sind, d.h. die Schulleistungen gerade für ein Weiterkommen ausreichen. Direkt ist dieser Typus nicht mit aktiver Schulverweigerung in Verbindung zu bringen, da er die Schule noch regelmäßig besucht. Sein Profil passt jedoch auf die passive Schulverweigerung, physische Anwesenheit und geistige Abwesenheit vom Unterricht. Rebelli on: Der Rebell steht den Zielen, als auch den Mitteln kritisch gegenüber. Er versucht die be-stehende schulische Organisations- und Strukturform zu modifizieren, weil er mit ihr nicht zufrieden ist. In der Praxis dürfte dieser Typ jedoch selten anzutreffen sein, da Schüler nur wenige rechtliche Möglichkeiten haben, aktiv gegen Schulordnungen vorzugehen.

Soziale Herkunf t Schulische L eistungen Schulverw eigerung+ –

Abbildung 2: Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und Schulverweigerung

Wenn als Mittel die Schulleistung und als Ziel der Bildungserfolg definiert werden, dann können für den Typen des Innovators folgende Hypothesen festgehalten werden: H7a: Je niedriger der sozioökonomische Status der Herkunftsfamili e, desto schwächer die

Schulleistungen. H7b: Je schwächer die Schulleistungen, desto eher werden Ziele wie Anerkennung oder ökonomi-

scher Wohlstand alternativ zum Schulbesuch außerhalb der Schule verfolgt. H7c: Je intensiver diese Ziele außerhalb der Schule verfolgt werden, desto stärker die Schulverwei-

gerung. Für den von Merton konzipierten Typen des sozialen Rückzuges gil t, unter Berücksichtigung der Hypothese 7a: H8a: Je schlechter die Schulleistungen, desto eher wird das Ziel Anerkennung und damit Bildungs-

erfolg als auch das dazugehörige Mittel „gute Schulleistungen“ aufgegeben.

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H8b: Je ausgeprägter die Aufgabe des Bildungserfolges und je schlechter die Schulleistungen, desto stärker die Schulverweigerung.

Mertons Anpassungstyp “Ritualismus” lässt sich nur ungenügend auf die Erklärung der Schulverwei-gerung übertragen. Es geht hier um Schüler, die zwar ausreichende Leistungen in der Schule zeigen, aber keine Bildungsziele verfolgen. Da diese Schüler physisch im Unterricht anwesend sind und nur eine innere Isolation vom Schulunterricht stattfindet, ist objektiv auch kein unerlaubtes Fernbleiben auszumachen. Der Anpassungstyp der Rebellen wird ebenfalls in den weiteren Ausführungen nicht stärker berücksichtigt, da dem Schüler nur eingeschränkt die Mittel zur Verfügung stehen dürften, Alternativen zum gesetzlich vorgeschriebenen Schulbesuch zu entwickeln. Informationen über die Ansicht der Eltern hinsichtlich des Schulbesuches ihrer Kinder liegen leider nicht vor, so dass ein el-terlich motiviertes Zurückhalten vom Unterricht nicht identifizierbar ist.

4.3 Subkulturtheorie

Vertreter der Subkulturtheorie (Thrasher 1926, Whyte 1943, Cohen 1955) nehmen an, dass es in einer Gesellschaft nicht ein homogenes System sozialer Normen gibt, sondern mehrere gesellschaftliche Teilbereiche, in denen jeweils eigene Normen und Werte vorhanden sind. Nach dieser Theorie ist es geradezu sinnlos, von Delinquenz zu sprechen, da sich Individuen zwar abweichend von den herr-schenden Normen verhalten können, aber nicht abweichend von den Gruppen, denen sie angehören. Dasjenige Verhalten, das aus der Sicht bestimmter gesellschaftlicher Gruppen als abweichend definiert wird, lässt sich in anderen Gruppen erlernen. Jugendliche, deren Bezugsgruppen dem Schulbesuch keine oder eine negative Bedeutung beimessen, sind demnach stärker von Schulverweigerung betrof-fen als Jugendliche, deren Bezugsgruppe (Peers) konventionelle Werte und Normen vertritt.

4.4 Sozialökologischer Ansatz

Eine weitere Theorie, die wesentliche Elemente der Subkulturtheorie beinhaltet, ist der sozialökologi-sche Ansatz. Ein zentrales Thema der sozialökologischen Forschung (z.B. Park et al. 1928, Shaw/McKay 1969) ist die Frage, inwieweit Merkmale räumlicher Strukturen das delinquente Verhal-ten der Jugendlichen beeinflussen (vgl. Oberwittler 1999). Als räumliche Struktur wird zumeist das Stadt- bzw. Wohnviertel herangezogen. Dem sozialökologischen Ansatz liegen mehrere Annahmen zugrunde (vgl. Shoemaker 2000):

1. Es wird angenommen, dass delinquentes Verhalten nicht primär das Resultat individueller

Motivation ist, sondern auf sozialstrukturellen Merkmalen des Wohnviertels beruht. 2. Prozesse der Desorganisation (hohe Arbeitslosigkeit, optischer Verfall der Gebäude, hohe

Kriminali tätsraten etc.) sind vor allem in Gemeinden zu beobachten, die von starken Bewe-gungen der Industrialisierung, Urbanisierung und Immigration beeinflußt sind.

3. In sozial desintegrierten Gemeinden dominieren häufiger unkonventionelle Normen und Wer-te, die Kriminali tätsraten sind höher und es besteht eine „Tradition“ abweichenden Verhaltens.

Jugendliche, die in desorganisierten Wohnvierteln aufwachsen, werden eher nonkonforme Werte und Normen internalisieren, als Jugendliche in privilegierten Wohnvierteln. In diesem Sinne könnte man auch von einer „Subkultur“ auf lokaler Ebene sprechen, welche die individuelle Normen- und Wert-orientierung beeinflußt. Auch Shaw und McKay (1969) verweisen im Rahmen der Theorie der „Sozia-len Desorganisation“ auf die sogenannten „delinquency areas“ . Diesen von Delinquenz geprägten Wohnvierteln mangelt es an wirksamer informeller sozialer Kontrolle, da die Kohäsion und die Reali-sierung gemeinsamer Werte und Normen im Wohnviertel durch sozialstrukturelle Faktoren (Armut, Arbeitslosigkeit, Bezug staatlicher Unterstützung, etc.) behindert werden. Kinder und Jugendliche lernen, dass sowohl ökonomischer Erfolg, als auch die persönliche Reputation mittels abweichenden Verhaltens genauso erreicht werden kann, wie über die konventionellen Wege des Schulbesuches oder der Arbeitsaufnahme (Shaw/McKay 1969). Über die "Theorie der kulturellen Transmission" betonen die Autoren, dass die Kontakthäufigkeit zu älteren delinquenten Jugendlichen des Wohnviertels die Delinquenzneigung der Jüngeren bestärkt und es somit zu einem Generationswechsel krimineller Ju-gendlicher kommt.

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Die meisten sozialökologischen Ansätze integrieren Mechanismen der Übertragung devianter Hand-lungsmuster vom sozialen Kontext bzw. dem Wohnviertel auf das Individuum. Ein solcher Mecha-nismus zur Erklärung der Verbreitung abweichenden Verhaltens sind – wie schon bei Shaw und Mc-Kay formuliert - z.B. die Peers (vgl. 4.3), die primär in den Subkulturtheorien der Chicagoer Schule eine zentrale Rolle spielt (vgl. Thrasher 1927, Whyte 1943, Cohen 1955). Eine Variante der Subkul-turtheorie ist die von Cloward /Ohlin (1960) beschriebene Theorie der „Differentiellen Gelegenhei-ten“ . Es wird angenommen, dass Jugendliche, die in deprivierten Wohnvierteln leben, durch den ver-stärkten Kontakt zu delinquenten Peers einen größeren Zugang zu ill egitimen Gelegenheitsstrukturen aufweisen. Indem die Jugendlichen von den Peers Verhaltensmodi erlernen, sind diese als „Verstär-kungsmedium“ zu interpretieren, die abweichendes Verhalten beim Einzelnen begünstigen. Die Kau-salstruktur des Ansatzes der städtischen Subkulturen findet sich in Abbildung 3:

SchulleistungStatus des W ohnviertels& Konf ormität der Peers

Schulverw eigerung

––

Abbildung 3: Der Einfluss des Wohnviertels und devianter Peers auf Schulverweigerung

Im Kontext der sozialräumlichen Analyse ist es wichtig, zwischen dem Einfluss des Wohnviertels und der Lokali tät der Schule zu unterscheiden und eine vorweggenommene Homogenität dieser räumli-chen Dimensionen zu vermeiden. Auch wenn beide Kontextmerkmale nicht identisch sein müssen, kann angenommen werden, dass beide einen starken Einfluss auf den Erwerb abweichenden Verhal-tens nehmen, da beide Kontexte dem Jugendlichen optimale Gelegenheitsstrukturen bieten, mit delin-quenten Peers in Kontakt zu treten und abweichende Verhaltensweisen zu erlernen.

Für das Wohnviertel folgt daher: H 9: Je stärker das Wohnviertel desorganisiert ist, desto eher hat der Jugendliche Kontakt zu delin-

quenten Peers, die der Schulverweigerung positiv gegenüberstehen und desto ausgeprägter ist die individuelle Schulverweigerung.

Der zweite Kontexteffekt, die Lage der Schule, wird in der Schulverweigerungsforschung nur selten thematisiert. Galloway (1976) fand z.B., dass Schulen, die in deprivierten Wohnvierteln angesiedelt waren, höhere Schwänzraten aufwiesen als Schulen in weniger benachteili gten Wohnvierteln. Eine mögliche Erklärung für die Dominanz der Schulverweigerer kann in der starken Überschneidung von Stadtviertelkontext und Schulkontext liegen. Für den Schulkontext ist festzuhalten: H 10: Je stärker das Viertel desorganisiert ist, indem die Schule lokalisiert ist, desto eher hat der

Jugendliche Kontakt zu delinquenten Peers, die der Schulverweigerung positiv gegenüberste-hen und desto ausgeprägter ist die individuelle Schulverweigerung.

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5 Daten und Methode

5.1 Stichprobe

Die Analysen zur Schulverweigerung basieren auf einer schriftlichen Schülerbefragung zur Jugendde-linquenz aus dem Jahr 1999, an der insgesamt 5331 Schüler der Klassen 8 bis 10 an allgemeinbilden-den Schulen in Köln und in Freiburg teilgenommen haben. Die Studie wurde vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg unter der Leitung von Dietrich Oberwitt-ler1 durchgeführt (Oberwittler et al. 1999). In den nachfolgenden Analysen verwenden wir den Kölner Datensatz.

In Köln erfolgte die Stichprobenziehung in einem mehrstufigen, nichtzufälli gen Auswahlprozess, so dass die Stichprobe im strengen Sinne nicht repräsentativ ist. Dazu wurden in Köln bewusst 22 Stadt-teile ausgewählt, von denen anzunehmen war, dass sie aufgrund ihrer an den amtlichen Sozialdaten messbaren sozialstrukturellen Voraussetzungen einen ‚ idealtypischen’ Querschnitt durch die Gesamt-stadt ergeben würden (Oberwittler 1999: 10). Anschließend wurden in diesen Stadtteilen alle allge-meinbildenden Schulen gebeten, an der Befragung teilzunehmen. In jeder Schule wurde dann eine klassenweise Zufallsauswahl getroffen, so dass etwa die Hälfte der Klassen pro Klassenstufe Eingang in die Befragung gefunden hat. Kölner Gesamtschulen haben an einer Befragung nicht teilgenommen. Die Ausschöpfungsquote betrug insgesamt 84,9%2.

Aufgrund der thematischen Vielfalt erhielten nicht alle Schülerinnen und Schüler den gleichen Frage-bogen. Ein Teil der Fragen in jeder Fragebogenvariante unterscheidet sich. Die vorliegenden Analysen basieren auf einer der beiden Teilstichproben. Insgesamt liegen uns 1824 auswertbare Fälle vor. Eine detailli erte Darstellung der Stichprobe vermittelt Tabelle 1.

Tabelle 1: Beschreibung der Stichprobe

N % Schulform Sonderschule 125 6.85 Hauptschule 452 24.78 Realschule 375 20.56 Gymnasium 872 47.81 Geschlecht Jungen 836 46.06 Mädchen 979 53.94 Alter in Jahren 12 3 0.02 13 356 19.65 14 497 27.43 15 573 31.62 16 307 16.94 17 68 3.75 18 8 0.40

1Wir möchten uns ausdrückli ch bei Dietrich Oberwittler für seine Kooperation und für die Bereitstellung der Daten bedanken. 2Niedriger war der Rücklauf in Sonder- (51,7%) und Hauptschulen (78,3%). Durch eine Nachbefragung konnte der Anteil reali sierter Interviews an den Hauptschulen auf 81% erhöht werden (Oberwittler et al. 2001: 12).

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5.2 Operationalisierungen

5.2.1 Schulverweigerung als abhängige Var iable

Die Informationen zum Schulschwänzen beruhen auf selbstberichteten Angaben der Schüler. Wenn auch anzunehmen ist, dass besonders schwere Fälle der Schulverweigerung in der Stichprobe unterrep-räsentiert sind, weil diese Jugendlichen selbst bei mehrfachen Versuchen nicht in der Schule anzutref-fen waren, so gibt es zu diesem Vorgehen kaum Alternativen. Angaben von Eltern über das Schul-schwänzen ihrer Kinder führen aus naheliegenden Gründen zu starken Unterschätzungen der Schul-verweigerung, ebenso Angaben und Beobachtungen von Lehrern (Wilmers et al. 2002). Daher ist auch eine Auswertung von unentschuldigten Fehltagen, die von Lehrern registriert und auf Zeugnissen vermerkt werden (Landtag Brandenburg 1996), oder von Bußgeldbescheiden zur Abschätzung der tatsächlichen Verbreitung des Schulschwänzens ungeeignet.

Die Jugendlichen wurden gefragt, ob sie überhaupt schon einmal in ihrer bisherigen Schulkarriere alleine oder zusammen mit anderen einen ganzen Tag oder mehrere Tage die Schule geschwänzt ha-ben. Wurde diese Frage positiv beantwortet, dann wurde gefragt, wie oft die Schüler in den letzten 12 Monaten (seit September 1998) unentschuldigt in der Schule gefehlt haben.

Unsere Definition von Schulverweigerung orientiert sich an der Häufigkeit des Schulschwänzens. Wir gehen davon aus, dass es einen Schwellenwert gibt, der einen quali tativen Unterschied markiert und als Indikator für eine markante Einstellungs- und damit auch Verhaltensänderung des Jugendlichen gegenüber der Schule herangezogen werden kann. Oberwittler et al. (1999: 72) bezeichnen die Schü-lergruppe als „häufige Schulschwänzer“ , die „öfter als fünfmal die Schule geschwänzt haben“ . Für die hier vorgelegten Auswertungen folgen wir den Vorgaben Oberwittlers und sprechen dann von Schul-verweigerung, wenn ein Schüler öfter als fünfmal der Schule unentschuldigt ferngeblieben ist.

Die Schulschwänzhäufigkeit ist extrem linkssteil verteil t. Weniger als 30% der Jugendlichen gaben an, in den letzten 12 Monaten wenigstens einmal geschwänzt zu haben. 10% aller Befragten berichten, vier und mehr Tage geschwänzt zu haben und als Schulverweigerer in unserem Sinne lassen sich etwa 8% bezeichnen.

5.2.2 Unabhängige Var iablen

5.2.2.1 Kontroll theoretische Var iablen

In Abschnitt 4.1 wurden die vier zentralen kontroll theoretischen Variablen angeführt, die sich auf die emotionale Bindung, die Investitionen in konventionelle Lebensziele, das Eingebundensein in konven-tionelle Aktivitäten sowie die Orientierung an konventionellen Werten und Normen beziehen. Mit der Erweiterung durch Sampson/Laub (1993) lässt sich die emotionale Bindung noch um den Erziehungs- und Disziplinierungsstil sowie die elterliche Beaufsichtigung ergänzen. Um das Ausmaß der emotio-nalen Bindung zu erfassen, verwenden wir zwei Items, in denen die Jugendlichen aufgefordert wur-den, das Verhältnis zu ihrem Vater beziehungsweise ihrer Mutter in Schulnoten auszudrücken. Dabei zeigt sich, dass das Verhältnis zur Mutter im Mittel besser bewertet wird als zum Vater (vgl. Tabelle 15 im Anhang). Den Erziehungsstil der Eltern wollen wir ebenfalls durch zwei Items operationalisie-ren. Zum einen wurde erhoben, ob die Jugendlichen ihre Eltern als zu kritisch empfinden. Zum ande-ren wurde erfragt, ob es zwischen Jugendlichen und Eltern häufig zum Streit kommt. In der Tendenz zeigen die Daten, dass beide Aussagen eher abgelehnt werden. In H3 wird als dritte Dimension der emotionalen Bindung Bezug auf die elterliche Kontrolle genommen. Elterliche Kontrolle erfassen wir hier durch die Zustimmung der Jugendlichen auf das Item ‚Wenn ich etwas unternehme, wissen meine Eltern fast immer, mit wem ich mich treffe oder wohin ich gehe’ .

In H3b wird ein Zusammenhang zwischen der emotionalen Bindung zwischen Lehrer und Schüler und der Schulverweigerung hergestell t. Die Operationalisierung erfolgt hier durch eine Variable, die den Grad der Zustimmung der Schüler auf die Frage, ob sie denken, dass ihre Lehrer sich um ein gutes Verhältnis zu ihnen bemühen, misst.

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Die schulischen Investitionen (H4) lassen sich unserer Ansicht nach durch die Durchschnittsnoten auf dem letzten Zeugnis in Deutsch und Mathematik wiedergeben. Im Mittel erreichen die Jugendlichen in beiden Fächern befriedigende Leistungen.

Das Ausmaß an außerschulischen Aktivitäten wird durch die Zugehörigkeit zu einem Verein oder einer Organisation ermittelt. Abgefragt wurden eine Reihe von möglichen Gruppen, aus denen wir diejenigen ausgewählt haben, von denen wir annehmen, dass eine Mitgliedschaft auch eine starke In-ternalisierung von konventionellen Werten und Normen bestärkt. Die dichotome Variable erhält den Wert eins, wenn die Befragten angaben, einer Umweltschutz- oder Menschenrechtsgruppe, einer frei-willi gen Hil fsorganisation wie etwa dem ‚Roten Kreuz’ oder einer kirchlichen Gruppen wie den Pfad-findern anzugehören.

H6 beschreibt schließlich einen Zusammenhang zwischen der Orientierung an konventionellen Werten und Normen und dem Ausmaß der Schulverweigerung. Um die Intensität dieser Orientierung zu erfas-sen, ziehen wir die Antworten auf ein Item heran, in dem erfragt wurde, ob die Jugendlichen bereit seien, sich an die Gesetze zu halten, auch wenn die eigenen Interessen dabei zu kurz kämen. Die Ver-teilung der vierstufigen Variablen (‚stimmt gar nicht’ bis ‚stimmt genau’) zeigt an, dass die Mehrzahl der Schüler diesem Item zustimmte.

5.2.2.2 Anomietheoretische Var iablen

Die auf Grundlage der Anomietheorie gebildeten Hypothesen basieren auf vier zentralen Konzepten: (1) Sozialer Status der Herkunftsfamili e, (2) institutionalisierte Mittel, (3) kulturelle Ziele und (4) nicht-institutionalisierte Mittel. Die Datenlage gestattet es uns nur, auf (1), (2) und (4) einzugehen.

(1) Sozialer Status der Herkunftsfamili e: Die Messung des sozialen Status der Herkunftsfamili e ist bei Befragungen von Jugendlichen mit beträchtlichen Unsicherheiten behaftet. Erhoben wurden meh-rere objektive Indikatoren der sozialen Lage: der Sozialhil febezug der Eltern oder der Kinder (7.77%)3, die Arbeitslosigkeit von Vater (10.28%) und Mutter (11.02%), höchster Bildungsabschluss von Vater (30.37%) und Mutter (24.78%), das Wohneigentum (0.01%) und die berufliche Tätigkeit von Vater und Mutter sowie die darauf aufbauende Prestige-Skala (Maximum Vater und Mutter, met-risch: 15.78%; kategorisiert: 5.79%) nach Ganzeboom, de Graf und Treiman (1992).

Angesichts der großen Zahl von fehlenden Werten in den Angaben zur Arbeitslosigkeit und des höchs-ten Bildungsabschlusses der Eltern, beschränken wir uns auf die Informationen über den Erhalt von Sozialhil fe, das Wohneigentum sowie die Grobfassung des Prestigeindex nach Ganzeboom.

Ferner wurde die subjektive materielle Lage (2.1%) erhoben. Die Befragten soll ten sich danach ein-ordnen, ob sie ihre materielle Lage besser, gleichwertig oder schlechter als diejenige ihrer Mitschüler empfinden.

(2) Institutionalisierte Mittel: Als die entscheidenden institutionalisierten legitimen Mittel für den Schulerfolg sehen wir die Schulleistungen an. Diese werden durch drei Variablen gemessen: der zum Zeitpunkt der Befragung besuchten Schulform, den von den Jugendlichen berichteten durchschnittli -chen Schulnoten in den Fächern Deutsch und Mathematik auf dem letzten Zeugnis sowie einer Klas-senwiederholung. Für einige Analysen wird auf Grundlage der Schulnoten eine neue dichotome Vari-able konstruiert, die immer dann auf 1 gesetzt wird, wenn der Jugendliche in mindestens einem der beiden Fächer Deutsch oder Mathematik schlechter als 5 steht. Im Unterschied zur Durchschnittsnote werden hiermit gravierende schulische Defizite erfasst, die nur schlecht auszugleichen sind und im Falle einer weiteren Note 5 versetzungsgefährdend sind.

(3) Kulturelle Ziele: Um die (Intensität der) kulturellen Ziele angemessen operationalisieren zu können, fehlen entsprechende Variablen im Datensatz.

(4) Nicht-institutionalisierte Mittel: Eine Konsequenz der in der Anomietheorie erläuterten Mittel-Ziel-Diskrepanz ist die Suche nach Alternativen, um vorgegebene Ziele wie Anerkennung doch noch zu erreichen. Eine Kompensationsmöglichkeit können die Peers bieten. Der Datensatz hält Variablen bereit, um die Intensität der Einbindung in eine Clique zu messen. Die bloße Kontakthäufigkeit mit

3 In Klammern wird der Anteil fehlender Werte in Prozent, einschließlich der Kategorie ‚weiß nicht’ , angegeben.

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den Freunden in der Woche wird um eine Variable ergänzt, die präzisiert, wie und wo dieser Kontakt stattfindet.

Dem Besitz von Geld und den damit verbundenen Konsummöglichkeiten kommt in dieser Gesell-schaft eine große Bedeutung zu. Auch Jugendliche haben häufig schon sehr klare Vorstellungen da-von, wofür sie Geld ausgeben wollen. Stell t aus Sicht der Jugendlichen das Elternhaus nicht ausrei-chend ökonomische Ressourcen zur Befriedigung materieller Wünsche zur Verfügung, so müssen alternative Beschaffungspfade eingeschlagen werden. Eine (legale) Möglichkeit stellen bezahlte Tä-tigkeiten dar, denen normalerweise außerhalb der Schulbesuchszeit nachgegangen werden soll te. Teilweise nehmen diese Nebenjobs aber einen so großen zeitlichen Umfang an, dass ein regelmäßiger Schulbesuch nicht mehr zu gewährleisten ist.

Um eine Einschätzung vom Umfang der bezahlten Nebentätigkeiten zu erhalten, ziehen wir den mo-natlichen Verdienst heran. Zusätzlich wird eine dichotome Variable gebildet, die auf eins gesetzt wird, wenn der Befragte mehr als EUR 75 im Monat verdient. Bei einem geschätzten Stundenlohn von etwa EUR 6.50 bedeutet das etwa 3 Stunden Erwerbsarbeit pro Woche.

5.2.2.3 Städtische Subkulturen

Die Desorganisation des Wohnviertels lässt sich lediglich aus den Einschätzungen der Jugendlichen ermitteln. Diese erhielten eine Aufstellung von negativ bewerteten Ereignissen (beispielsweise Dro-genverkauf, Schlägereien, Hehlerei) und wurden gefragt, ob sie diese schon einmal in ihrem Wohn-viertel beobachtet haben. Die Angaben zu den einzelnen Delikten wurde durch Mittelung zu einem Index zusammengefasst. Niedrige Werte zeigen an, dass die Schüler diese Delikte häufiger beobach-ten.

Um Einflüsse der Peers untersuchen zu können, wurden zwei Merkmalen erhoben. Zunächst interes-siert uns, ob die Befragten angeben, einem Freundeskreis oder einer Clique anzugehören, die sich öfter triff t und die sich zusammengehörig fühlt. Darüber hinaus können wir ungefähr4 angeben, wie viele der Freunde schon einmal einen ganzen Tag oder mehrere Tage die Schule geschwänzt haben.

Da wir den Stadtteil kennen, in dem die Schule des Befragten liegt, können wir auf Grundlage amtli -cher Daten auf Stadtteilsebene Informationen über Sozialhil fe- und Arbeitslosenquote zuspielen.

6 Ergebnisse

6.1 Verbreitung der Schulverweigerung

Da keine nationalrepräsentativen Untersuchungen zu den schweren Formen des Schulschwänzens vorliegen und regional begrenzte Studien zudem unterschiedliche Definitionen der Schulverweigerung verwenden, wissen wir nicht, wie viele Schüler in Deutschland unerlaubt dem Unterricht fernbleiben. So wird nicht einmal das Hell feld, also die durch Behörden registrierte Schulverweigerung und etwai-ge Bußgeldbescheide an die Eltern, in einer einheitlichen bundesdeutschen Statistik ausgewiesen.

Bei der Erhebung des Schulschwänzens treten einige methodische Probleme auf. Erstens sind selbst-berichtete Angaben der Jugendlichen gegenüber Angaben von Lehrern oder Eltern am zuverlässigsten. Zweitens führt eine Befragung von Schülern zum Schulschwänzen in den Schulen zu dem Problem, dass die notorischen Schulschwänzer nicht anwesend sind und so die Verbreitung des Schulschwän-zens unterschätzt wird. Allerdings erhält man bei einer Befragung von Jugendlichen in Haushalten nur geringfügig höhere Prävalenzen des Schulschwänzens (Naplava/Oberwittler 2002).

35.1% der befragten Kölner Schüler gaben an, überhaupt schon einmal in ihrer bisherigen Schulkarrie-re geschwänzt zu haben. Eine Unterscheidung nach Geschlecht offenbart ein leichtes Übergewicht von etwa fünf Prozentpunkten für die Jungen (37.7%) gegenüber den Mädchen (32.8%). Der Anteil der Jugendlichen, der in dem Jahr vor der Befragung geschwänzt hat, liegt bei 29.0%. Auch hier kommt es zu offensichtlichen Geschlechterunterschieden (Jungen: 31.1%; Mädchen: 26.9%). Schulverweigerer 4 Als Antwortkategorien lagen vor: ‚mehrere’ , ‚einer/eine’ , ‚keiner’ und ‚weiß nicht’ .

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im Sinne unserer Definition sind 7.9% der Schüler und Schülerinnen. Der Anteil der männlichen Schulverweigerer liegt bei etwa 10%, der Anteil der weiblichen bei etwa 6%.

Eine weitere Differenzierung nach dem Alter der Jugendlichen zeigt, dass es zwischen dem 13. und 17. Lebensjahr zu einem fast durchgängigen Anstieg der entsprechenden Anteile kommt. Allein für die Jungen lässt sich bei der Variable ‚Jemals geschwänzt’ und ‚I m letzten Jahr geschwänzt’ ein leichter Rückgang bei der höchsten Altersgruppe beobachten.

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Abbildung 1: „J emals geschwänzt“ , „ im letzten Jahr geschwänzt“ und „ Schulverweigerung“ nach Geschlecht und Alter (Angaben für das 18 Lebensjahr wurden wegen geringer Fallzahlen ausgelassen)

6.2 Familienstruktur und familiale Bindungen

Die Überprüfung kontroll theoretischer Hypothesen konzentriert sich auf die in Kapitel 4.1 dargestell te Bindung an konventionelle Werte- und Normensysteme. Das Ausmaß dieser Bindung wiederum ist das Produkt der emotionalen Bindung an Bezugspersonen, der Investitionen in konventionelle Lebens-ziele, der Eingebundenheit in konventionelle Aktivitäten sowie den in der Famili e vermittelten Wer-ten.

In Tabelle 2 finden sich die bivariaten Korrelationen zwischen den Bindungsvariablen der Kontroll -theorie und dem Auftreten von Schulverweigerung. Danach indizieren die drei elterlichen Bindungs-dimensionen keinen einheitlichen Zusammenhang mit der Schulverweigerung. Je schlechter Realschü-ler und Gymnasiasten das Verhältnis zu ihren Vätern bewerten, desto größer das Risiko der Schulver-weigerung. Dagegen fäll t bei den Angaben zur Mutter auf, dass es neben den Gymnasiasten vor allem die Hauptschüler sind, bei denen eine negative Bewertung stark mit der Schulverweigerung zusam-menhängt. Die Korrelationen zwischen der Schulverweigerung und beiden Variablen des Erziehungs-stils unterscheiden sich deutlich voneinander. Mit Ausnahme der Gymnasiasten scheint eine – aus Sicht der Befragten – überzogene Kritik ihres Verhaltens keinen Zusammenhang mit dem häufigen Schwänzen anzuzeigen. Kommt es allerdings zwischen den Generationen häufiger zum Streit, dann offenbart sich ein deutlich negativer Zusammenhang mit einem regelmäßigen Schulbesuch. Interessant sind die Korrelationen für den Disziplinierungsstil . Signifikante Ergebnisse lassen sich nur für die Realschüler und Gymnasiasten berichten und auch nur dann, wenn es um vom Vater ausgeübte Gewalt

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geht. Elterli che Kontrolle senkt vor allem bei den Hauptschülern und Gymnasiasten das Risiko, die Schule zu verweigern.

Ein weiterer, sehr starker bivariater Befund zeigt sich für die Quali tät der Schüler-Lehrer-Beziehung. Mit Ausnahme der Jugendlichen aus den Sonderschulen lässt sich für die übrigen Schüler feststellen, dass eine positi ve Bewertung der Lehrer auch mit einer geringeren Schwänzhäufigkeit einhergeht.

Dagegen fäll t der Einfluss, den die Schulleistungen in Form guter Noten auf die Schulverweigerung haben, schwach aus. Nur für die Gymnasiasten lässt sich ein signifikanter Befund berichten.

Hypothese H5 nimmt an, dass die Einbindung in bestimmte außerschulische konventionelle Aktivitä-ten einen negativen Einfluss auf das Schulschwänzen hat. Der Befund ist eindeutig: Es besteht kein Zusammenhang zwischen den Aktivitäten in solchen Vereinen und der Schulverweigerung.

Sehr starke Effekte liegen auch für das Item vor, sich angesichts persönlicher Nachteile, an Gesetze halten zu wollen. Mit Ausnahme der Sonderschulen liegen die hochsignifikanten Korrelationen um einen Wert von –0.20 herum.

Schulleistungen und außerschulische Aktivitäten kovariieren nur sehr schwach beziehungsweise gar nicht mit dem Ausmaß der Schulverweigerung. Merkmale der emotionalen Bindung weisen eine hete-rogene Befundlage auf. Zunächst fäll t auf, dass vor allem die Schüler aus den Gymnasien deutliche Zusammenhänge aufweisen. Die Sonderschüler dagegen zeigen kaum signifikante Effekte, was ver-mutlich eine Folge der geringen Fallzahlen ist. Über alle Schulformen hinweg bedeutsame Variablen sind häufiger Streit, die elterliche Kontrolle sowie das Verhältnis zum Lehrer. Darüber hinaus – und wenig verwunderlich – ist vor allem die Aussage, sich an die Gesetze halten zu wollen, die mit einem negativen Schulverweigerungsrisiko einhergeht.

Tabelle 2: Bindungsvar iablen und Schulverweigerung nach Schulform

Sonderschule Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamt Theoretisches Konstrukt

Variable ρ N ρ N ρ N ρ N ρ N

Schulleistung Notendurch- schnitt

-0.04 101 0.09 433 0.01 362 0.07 * 847 0.08 ** 1743

Außerschulische Aktivitäten

Vereinsmit-gliedschaft

-0.09 108 -0.02 438 0.07 362 -0.05 846 -0.05 * 1754

Gesetze 0.03 102 -0.22 *** 431 -0.24 *** 356 -0.19 *** 844 -0.18 *** 1733 Emotionale Bindung Note Vater 0.08 98 0.08 424 0.20 *** 352 0.16 *** 834 0.13 *** 1708 Note Mutter 0.16 102 0.22 *** 434 0.03 359 0.14 *** 844 0.14 *** 1739 Erziehungsstil Kritik 0.15 104 -0.01 431 0.08 360 0.14 *** 843 0.07 ** 1738 Streit 0.26 ** 104 0.23 *** 431 0.14 ** 360 0.12 ** 850 0.16 *** 1733 Disziplinierungsstil Schläge Vater 0.08 102 0.03 431 0.15 ** 359 0.12 *** 844 0.10 *** 1736 Schläge Mutter 0.10 104 0.05 435 0.08 360 0.06 847 0.08 ** 1746 Beaufsichtigung Kontrolle -0.07 104 -0.27 *** 437 -0.10 360 -0.24 *** 847 -0.22 *** 1748 Verhältnis

Lehrer -0.16 108 -0.11 * 435 -0.14 * 358 -0.17 *** 840 -0.10 *** 1741

a Rangkorrelation ρ nach Spearman; * : p<0.05; ** : p<0.01; *** : p<0.001.

Tabelle 3 geht dem direkten Einfluss der Famili enstruktur auf das Schulverweigerungsrisiko nach. Ein einheitlicher Zusammenhang für eine der Variablen über alle Schulformen ist nicht festzustellen. Rela-tiv starke, wenngleich nicht signifikante Befunde liegen für die Sonderschulen vor. Hier sind es vor allem ein Umzug und der Verlust mindestens eines Elternteils, die positiv mit der Schulverweigerung korrelieren. Auch für die Jugendlichen in den Realschulen gil t, dass der Tod eines Elternteils positiv mit dem häufigen Schulschwänzen zusammenhängt.

Tabelle 3: Der Zusammenhang zwischen Famili enstruktur und Schulverweigerung

Umzug Tod mindestens eines Elternteils

Scheidung/ Trennung

Vater Deutscher

ρ N ρ N ρ N ρ N Sonderschule 0.14 109 0.18 107 -0.02 108 0.12 104 Hauptschule 0.04 440 -0.02 439 0.09 435 0.09 438 Realschule -0.04 361 0.24 *** 362 0.03 362 -0.17 ** 357 Gymnasium 0.07 * 845 -0.03 848 0.07 * 846 -0.06 845 a Rangkorrelation ρ nach Spearman; * : p<0.05; ** : p<0.01; *** : p<0.001.

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In der Zusammenfassung lässt sich festhalten, dass die Hypothesen der Kontroll theorie keine vollstän-dige empirische Bestätigung gefunden haben. Bei der Kontrolle der Schulform zeigen sich deutliche Unterschiede für die verschiedenen Merkmale. Durchgängig negative Effekte auf die Schulverweige-rung sind vor allem für die Akzeptanz von Gesetzen, die elterliche Kontrolle sowie ein gutes Verhält-nis zu Lehrern auszumachen. Das Schulverweigerungsrisiko steigt, wenn die Jugendlichen angaben, dass es zu Hause oft zu Streit kommt.

Der Einfluss der Famili enstruktur auf das Risiko, die Schule zu verweigern, ist geringer als theoretisch angenommen. Die Sonderschüler weisen, wenngleich nicht statistisch signifikant, relativ hohe Effekte auf den verschiedenen Merkmalen auf. Für den Tod mindestens eines Elternteils zeigen sich nur bei den Realschülern deutliche Effekte.

6.3 Soziale Lage, Schulleistungen und Alternativen zum Schulbesuch

Für den Typ des Innovators behauptet H7a, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen der sozi-alen Lage und den Schulleistungen als einem Mittel gesellschaftlicher Anerkennung gibt.

Ein erster Indikator für die Schulleistung ist die zum Befragungszeitpunkt von den Jugendlichen be-suchte Schulform. Die Verteilung der Schülerinnen und Schüler über die Schulformen ist nicht zufäl-lig, sondern hängt unter anderem davon ab, welchen höchsten Schulabschluss der Vater erreicht hat. Wie stark der Zusammenhang zwischen beruflichem Prestige des Elternhauses und besuchter Schul-form ist, demonstriert die nachfolgende Tabelle 4. Hier wurde der Übersichtlichkeit halber das vierstu-fige Prestigemaß zusammengefasst. Es ist zu erkennen, dass die Wahl der weiterführenden Schule und die soziale Lage des Elternhauses in einer deutlichen Abhängigkeit stehen.

Tabelle 4: Prestige nach Schulformen (Spaltenprozente)

Prestige Sonder-schule

Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamta Gesamt in Prozent

Eher hoch 6.8 25.3 49.2 81.3 974 57.46

Eher niedrig 93.2 74.7 50.8 18.7 721 42.54 Gesamta 103 391 356 845 1695 100.00 a Die mit ‚Gesamt’ bezeichneten Zeilen beziehungsweise Spalten enthalten die absoluten Fallzahlen.

Mit der Wertigkeit des Bildungsabschlusses steigt der Anteil der Jugendlichen, die aus einem Eltern-haus mit einem eher hohen beruflichen Prestige stammen. Dabei lassen sich zwei Gruppen erkennen, die Sonder- und Hauptschüler auf der einen Seite und die Realschüler und Gymnasiasten auf der ande-ren Seite. Tabelle 5 demonstriert die bivariaten Zusammenhänge zwischen den vier Maßen der sozia-len Lage und den Schulleistungen. Vor allem zwei Variablenkombinationen zeigen einen deutlich negativen Zusammenhang. Das heißt, mit einer Verbesserung der sozialen Lage kommt es zu besseren schulischen Leistungen. Dies sind auf der einen Seite das Berufsprestige der Eltern und das Wohneigentum, auf der anderen Seite die Durchschnittsnoten der Fächer Deutsch und Mathematik sowie die Klassenwiederholung. Hier bewegen sich die hochsignifikanten Korrelationskoeff izienten zwischen –0.11 und –0.16. Der Erhalt von Sozialhil fe und die Einschätzung der relativen materiellen Lage dagegen zeigen kaum einen Zusammenhang mit den schulischen Leistungsindikatoren. Es ist zu vermuten, dass vor allem ‚ langfristige’ Maße der sozialen Lage die Schulleistung beeinflussen.

Tabelle 5: Zusammenhanga zwischen sozialer Lage und Schulleistung

Durchschnittsnote Mindestens eine 5 Klasse wiederholt

ρ N ρ N ρ N

Sozialhil fe 0.05 1678 0.04 1678 0.08 ** 1691 Prestige -0.16 *** 1677 -0.08 ** 1677 -0.13 *** 1691 Wohneigentum -0.11 *** 1787 -0.06 * 1787 -0.15 *** 1803 Subjektive Lage 0.05 1766 0.02 1766 -0.04 1781 a Rangkorrelation ρ nach Spearman; * : p<0.05; ** : p<0.01; *** : p<0.001.

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Hypothese H7b nimmt an, dass es auf Seiten der Jugendlichen ein konstantes Interesse an Aufmerk-samkeit und Anerkennung gibt. Der ‚ legitime’ Weg in dieser Lebensphase ist, sich diese Anerkennung vor allem durch gute Leistungen in der Schule zu verschaffen. Liegen hier Defizite vor, so müssen Aufmerksamkeit und Anerkennung über alternative Quellen bezogen werden. Wir konzentrieren uns hier zum einen auf die Intensität und Form des Kontaktes mit den Peers. Zum anderen nehmen wir an, dass ausreichende finanzielle Mittel mangelnde schulische Leistungen (wenigstens zum Teil) kompen-sieren können. Die, werden sie nicht durch das Elternhaus zur Verfügung gestell t, etwa durch bezahlte außerschulische Tätigkeiten beschaff t werden müssen.

Bereits zwischen den verschiedenen Schulformen gibt es beträchtliche Unterschiede in der Kontakt-häufigkeit mit den Peers. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird das Merkmal „wöchentliche Kon-takthäufigkeit“ dichotomisiert und es wird nur noch unterschieden, ob die Jugendlichen ihre Freunde jeden Tag in der Woche treffen oder nicht. Zusätzlich untersuchen wir noch den Zusammenhang zwi-schen dem Treffpunkt und der schulischen Leistung. Auch das Merkmal ‚Treffpunkt’ ist binär codiert und gibt an, ob sich die Jugendlichen häufig an öffentlichen Orten (Straßen oder Plätzen) treffen. Die Verteilung der Jugendlichen nach Schulformen und Kontakthäufigkeit sowie Treffpunkt gibt

Tabelle 6 wieder. Es gibt einen deutlichen Zusammenhang zwischen besuchter Schulform und der Anzahl der Kontakte mit den Freunden. Haben die Befragten nicht explizit angegeben, dass sie sich auf der Straße verabredet haben, dann nimmt der Anteil mit täglichen Kontakten von der Sonderschule (42.6%) bis zum Gymnasium (8.5) stetig ab. Ein vergleichbares Muster liegt auch für diejenigen vor, die als Treffpunkt mit den Freunden die Straße angaben. Doch liegt hier der Anteil der Jugendlichen, die in täglichem Kontakt mit den Peers stehen, ungleich höher. Demnach variiert die Kontakthäufig-keit nicht nur nach der Schulform, sondern auch noch nach der Wahl des Treffpunktes.

Tabelle 6: Anteil der Jugendlichen mit täglichen Kontakten zu ihren Freunden nach Treffpunkt und Schulform (Spaltenprozente)

Nicht auf Straßen und Plätzen Sonderschule Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamt N % N % N % N % N % Nicht jeden Tag 31 57.4 126 63.6 131 78.4 519 91.5 807 81.8 Jeden Tag 23 42.6 72 36.4 36 21.6 48 8.5 179 18.2 Gesamt 54 100.0 198 100.0 167 100.0 567 100.0 986 100.0

Straßen und Plätze Sonderschule Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamt N % N % N % N % N % Nicht jeden Tag 15 26.3 69 29.4 90 44.6 182 64.5 356 45.9 Jeden Tag 42 73.7 166 70.6 112 55.4 100 35.5 420 54.1 Gesamt 57 100.0 235 100.0 202 100.0 282 100.0 776 100.0 Auch das mittlere monatliche Einkommen durch Nebenjobs variiert mit der besuchten Schulform. Abbildung 2 gibt die Mittelwerte nach Schulform und Schulverweigerung getrennt wieder. Wird nur nach der besuchten Schulform differenziert, dann zeigt sich, dass mit der Wertigkeit des angestrebten Schulabschlusses das monatliche Einkommen aus Nebenjobs sinkt. Allerdings indizieren die abgebil-deten Konfidenzintervalle keine signifikanten Unterschiede. Differenziert man zusätzlich nach Schul-verweigerern und solchen, die weniger häufig schwänzen, dann ist bei den Schulverweigerern ein an-deres Muster erkennbar. Danach sind es vor allem die Jugendlichen aus den Sonderschulen und den Gymnasien, die vergleichbar hohe Einkünfte aus Nebenjobs erzielen. Insgesamt fällt auf, dass die mittleren Einkommen der Schulverweigerer teilweise um ein Vielfaches höher liegen als für die Ver-gleichsgruppe, die weniger häufig oder gar nicht schwänzt.

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le

Re

als

chu

le

Gym

na

siu

m

n=91 n=376 n=337 n=8030

50

100

150

200

S c h u lve r w e ig e r e r

105.91

47 .31

73 .77

89 .28

So

nd

ers

chu

le

Ha

up

tsc

hu

le

Re

als

chu

le

Gym

na

siu

m

n=14 n=63 n=21 n=39

Abbildung 2: Mitt leres monatliches Einkommen (95% -Konfidenzintervall ) in Euro durch einen Nebenjob nach Schulform für Köln und Gesamt

Tabelle 7 enthält die Korrelationen für die verbleibenden schulischen Leistungsindizes und schuli-schen Alternativen. Ein vergleichsweise starker, positiver Zusammenhang existiert zwischen der Durchschnittsnote beziehungsweise mindestens einer 5 im Zeugnis sowie der Kontakthäufigkeit und der Kontaktform. Es zeigt sich, dass schlechter werdende Schulnoten mit einer erhöhten Hinwendung zu den Peers einhergehen. Ein Zusammenhang mit den Merkmalen der Nebentätigkeit kann dagegen nicht festgestell t werden.

Die Klassenwiederholung kovariiert mit allen vier schulischen Alternativen relativ stark. Vor allem die Merkmale des Nebenjobs weisen einen positiven, hochsignifikanten Zusammenhang mit der Klas-senwiederholung auf.

Tabelle 7: Korrelationena zwischen Schulleistung und Peers

Durchschnittsnote Mindestens eine 5 Klasse wiederholt ρ N ρ N ρ N Kontakthäufigkeit 0.16 *** 1749 0.12 *** 1749 0.16 *** 1794

Kontaktform 0.14 *** 1783 0.11 *** 1783 0.12 *** 1799 Verdienst 0.02 1778 0.04 1778 0.08 *** 1794 Nebenjob 0.02 1801 0.06 ** 1801 0.14 *** 1819 a Rangkorrelation ρ nach Spearman; * : p<0.05; ** : p<0.01; *** : p<0.001.

Der dritte Teil der Hypothese H7 postuliert schließlich einen Zusammenhang zwischen der Intensität, außerschulischen Alternativen nachzugehen und, als Folge davon, verstärkt die Schule zu schwänzen. Die empirischen Befunde dazu finden sich in Tabelle 8. Sowohl die beiden Kontaktvariablen als auch die Merkmale des Nebenjobs kovariieren relativ stark mit dem Risiko, die Schule zu verweigern. Den stärksten bivariaten Effekt hat die Kontakthäufigkeit, gefolgt von der Ortswahl der Kontakte. Die Kor-

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relation zwischen Nebentätigkeit und Schulverweigerung steigt noch einmal, wenn wir nur diejenigen Jobs berücksichtigen, die mit einem relativ hohen Verdienst und Zeitaufwand verbunden sind.

Tabelle 8: Korrelationena zwischen Schulleistung, Peers und Schulverweigerung

Kontakthäufigkeit Kontaktform Verdienst Nebenjob ρ N ρ N ρ N ρ N

0.19 *** 1716 0.17 *** 1750 0.11 *** 1744 0.16 *** 1763 a Rangkorrelation ρ nach Spearman; * : p<0.05; ** : p<0.01; *** : p<0.001.

H8a stell t schließlich einen direkten Bezug zwischen unzureichenden schulischen Erfolgen und der Schwänzhäufigkeit her. Der in H8a und H8b beschriebene ‚Typ des sozialen Rückzuges’ bemüht sich als Folge der Zielaufgabe eben nicht um alternative Mittel. Deshalb wird eine unmittelbare Beziehung zwischen Leistungsdefiziten und Schulverweigerung angenommen. Dieser Zusammenhang lässt sich gut nachweisen. Alle aufgeführten Korrelationen in Tabelle 9 berichten von einem hochsignifikanten und deutlichen Effekt auf die Schulverweigerung. Dabei hat die Klassenwiederholung den stärksten Einfluss, gefolgt von mangelhaften Leistungen.

Tabelle 9: Korrelationena zwischen Schulleistung und Schulverweigerung

Durchschnittsnote Mindestens eine 5 Klasse wiederholt ρ N ρ N ρ N

0.08 *** 1743 0.14 *** 1743 0.17 *** 1758 a Rangkorrelation ρ nach Spearman; * : p<0.05; ** : p<0.01; *** : p<0.001.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hypothesen der Anomietheorie weitgehend ihre empiri-sche Bestätigung gefunden haben. Es sind vor allem das berufliche Prestige der Eltern und das Vorlie-gen von Wohneigentum als Indikator für einen gewissen Wohlstand, die einen positiven Einfluss auf die Schulleistungen der Kinder haben. In den nachfolgenden Tabellen konnte eindeutig gezeigt wer-den, dass es einen negativen Zusammenhang zwischen Variablen der Schulleistungen und Schulver-weigerung gibt. Es konnte auch gezeigt werden, dass der zeitintensive Umgang mit Freunden oder einer bezahlten Nebentätigkeit einen stark negativen Effekt auf den Schulbesuch hat

6.4 Der Einfluss städtischer Subkulturen

Der folgende Abschnitt befasst sich mit dem Einfluss städtischer Kontexte auf die Schulverweigerung. Kontextvariablen sind hier die Sozialhil fe- und Arbeitslosenquote für die Stadtteile der Schulen, die in unsere Untersuchung eingegangen sind. Die Desorganisation eines Stadtteils lässt sich dann in unse-rem Fall durch eine entsprechend hohe Sozialhil fe- und Arbeitslosenquote belegen. Solche Stadtteile bieten entsprechende Gelegenheitsstrukturen durch den Kontakt zu delinquenten Peers, die wiederum das eigene Verhalten beeinflussen.

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Tabelle 10 gibt das Ausmaß des Zusammenhangs zwischen der Verbreitung des Schulschwänzens unter den Freunden und drei Merkmalen wieder, mit denen sich das räumliche Umfeld der Befragten bewerten lässt. Über die vier Schulformen lässt sich ein eindeutiger Zusammenhang nur für die Vari-able festhalten, die auf den subjektiven Angaben der Befragten basiert. Für die Sozialhil fe- und Ar-beitslosenquote dagegen lässt sich so gut wie kein Einfluss feststellen.

Tabelle 10: Zusammenhang zwischen der Verbreitung des Schulschwänzens unter den Freun-den und der Wohnumgebung, der Sozialhil fequote und Arbeitslosenquote im Stadtteil , in dem die Schule liegt

Wohnumfeld Sozialhil fequote Arbeitslosenquote ρ N ρ N ρ N Sonderschule -0.36 *** 118 -0.33 123 0.04 123 Hauptschule -0.41 *** 439 -0.08 448 0.04 448 Realschule -0.39 *** 367 -0.06 373 -0.09 373 Gymnasium -0.37 *** 862 0.08 * 867 0.12 ** 867 a Rangkorrelation ρ nach Spearman; * : p<0.05; ** : p<0.01; *** : p<0.001.

Die beiden folgenden Tabellen befassen sich mit der unmittelbaren Beziehung zwischen delinquenten Peers und dem Schulschwänzen der Befragten. In Tabelle 11 untersuchen wir zunächst den angespro-chenen Zusammenhang getrennt nach der Zugehörigkeit zu einer Jugendclique. Gehören die Jugendli-chen keiner Clique an, dann liegt die Chance, die Schule zu verweigern, wenn auch die Freunde schwänzen, bei 0.09 (=18/198). Jugendliche, die einer Clique angehören, haben dagegen eine drastisch erhöhte Chance von 0.30 (=108/358), die Schule zu verweigern. Auch das angegebene Phi macht die-ses Muster noch einmal deutlich.

Tabelle 11: Schulverweigerung nach dem Einfluss schwänzender Freunde und Cliquenzugehö-r igkeit

Gehört nicht zu einer Clique Gehört zu einer Clique Freunde schwänzen nicht Freunde schwänzen Freunde schwänzen nicht Freunde schwänzen N In % N In % N In % N In % Keine Schulverweigerer 512 99.4 198 91.7 525 98.9 358 76.8 Schulverweigerer 3 0.6 18 8.3 6 1.1 108 23.2 Gesamt 515 100.0 216 100.0 531 100.0 466 100.0 φ=0.21*** φ=0.4***

Inwieweit noch ein eigener Einfluss des Wohnviertels erkennbar ist, demonstriert Tabelle 12. Die Kor-relation zwischen der Verbreitung des Schulschwänzens unter den Freunden und dem eigenen Schwänzverhalten wird hier für den Delinquenzgrad des Wohnviertels kontrolli ert. Wenn die Jugend-lichen in einem Stadtviertel mit einer hohen beobachteten Kriminalität leben und mehrere delinquente Freunde haben, dann verweigert ein Anteil von 44.2% die Schule. Dieser Anteil sinkt von 17.4% auf 6.3%, je geringer die beobachtete Kriminali tät im Wohnviertel ist. Phi, als ein Korrelationsmaß zwi-schen den beiden Variablen, sinkt entsprechend von 0.36 auf 0.20 ab.

Tabelle 12: Anteil der Schulverweigerer nach Verbreitung des Schulschwänzen im Freundes-kreis und der empfundenen Qualität des Wohnviertels

Häufigkeit von Formen abweichenden Verhaltens im Wohnviertel Oft Weniger oft Nie Anzahl schwänzender Freunde Anzahl schwänzender Freunde Anzahl schwänzender Freunde Keiner Mehrere Gesamt Keiner mehrere Gesamt Keiner Mehrere Gesamt Schulver-weigerung

In % N In % N In % N In % N In % N In % N In % N In % N In % N

Nein 96.3 26 55.8 48 65.5 74 98.5 531 82.6 389 91.1 920 99.8 477 93.8 120 98.5 597 Ja 3.7 1 44.2 38 34.5 39 1.5 8 17.4 82 8.9 90 0.2 1 6.3 8 1.5 9 Gesamt 100.0 27 100.0 86 100.0 113 100.0 539 100.0 471 100.0 1010 100.0 478 100.0 128 100.0 606 φ=0.36*** φ=0.28*** φ=0.20***

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Die verbleibenden beiden Tabellen gehen der Frage nach, inwieweit Merkmale des Stadtteils, in dem die Schule liegt, mit dem Zusammenhang zwischen dem Schulschwänzen der Freunde und dem eige-nen Schulverweigern interagieren. Dazu wurden die Arbeitslosen- beziehungsweise Sozialhil fequoten gruppiert und 2x2-Tabellen berechnet. Die Ergebnisse deuten in diesem Fall nicht darauf hin, dass ein linearer Effekt des Stadtteils angenommen werden kann. Der Anteil der Befragten, die schwänzende Freunde haben und als Schulverweigerer bezeichnet werden können, sinkt mit steigenden Arbeitslo-senquoten zunächst von 21.4% auf 19.7% und 16.6%, um anschließend wieder auf 20.9% anzusteigen. Diesem eher u-förmigen Verlauf für die verschiedenen Gruppen der Arbeitslosenquoten steht ein um-gekehrt u-förmiger Verlauf bei den Sozialhil fequoten gegenüber. Hier steigen die entsprechenden Anteile zunächst von 18.1% auf 20.0% und 20.1%, um dann deutlich auf 12.7% abzufallen.

Tabelle 13: Zusammenhang zwischen der Verbreitung des Schwänzens im Freundeskreis und dem eigenen Schwänzen nach der Arbeitslosenquote des Schulviertels und der Schulform

Anzahl schwänzender Freunde Keiner Mehrere Gesamt

Arbeitslosenquote

In % N In % N In % N φ Nein 99.0 205 78.6 81 92.3 286 0.36*** Ja 1.0 2 21.4 22 7.7 24

5 bis < 11

100.0 207 100.0 103 100.0 310 Nein 99.5 192 80.3 94 92.3 286 0.35*** Ja 0.5 1 19.7 23 7.7 24

11 bis <16

100.0 193 100.0 117 100.0 310 Nein 99.1 451 83.4 281 92.4 732 0.29*** Ja 0.9 4 16.6 56 7.6 60

16 bis <21

100.0 455 100.0 337 100.0 792 Nein 98.5 203 79.1 106 90.9 309 0.33*** Ja 1.5 3 20.9 28 9.1 31

21 bis 26

100.0 206 100.0 134 100.0 340

Tabelle 14: Zusammenhang zwischen der Verbreitung des Schwänzens im Freundeskreis und dem eigenen Schwänzen nach der Sozialhil fequote des Schulviertels und der Schulform

Anzahl schwänzender Freunde Keiner Mehrere Gesamt

Sozialhil fequote

In % N In % N In % N φ Nein 99.2 470 81.9 231 92.7 701 0.32*** Ja 0.8 4 18.1 51 7.3 55

1 bis <6

100.0 474 100.0 282 100.0 756 Nein 99.1 232 80.0 120 91.7 352 0.34*** Ja 0.9 2 20.0 30 8.3 32

6 bis <11

100.0 234 100.0 150 100.0 384 Nein 98.7 224 79.9 163 89.8 387 0.31*** Ja 1.3 3 20.1 41 10.2 44

11 bis <16

100.0 227 100.0 204 100.0 431 Nein 99.2 125 87.3 48 95.6 173 0.27*** Ja 0.8 1 12.7 7 4.4 8

16 bis 20

100.0 126 100.0 55 100.0 181 Merkmale des Stadtteils, in dem die Schule liegt, haben, wie gezeigt, kaum einen Einfluss auf das Risiko der Schulverweigerung. Sehr gut belegt werden konnte hingegen der positive Einfluss von des-organisierten Wohnvierteln auf die Schulverweigerung.

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8 Anhang

Tabelle 15: Var iablenbeschreibung

Konstrukt Variablenname Code Beschreibung Abhängige Variablen

Schulschwänzen 0-∞ Anzahl der unentschuldigten Fehlperioden (mindestens einen Schultag) während der letzten 12 Monate.

Schulverweigerung 0/1 Der Befragte weist mindestens 6 Fehlperioden auf. Soziodemo-graphie

Geschlecht 0/1 Geschlecht des Befragten: Jungen (0), Mädchen (1).

Jahrgangsstufe 8-10 Jahrgangsstufe des Befragten Alter 12-18 Alter des Befragten in Jahren Sozioökono-mischer Status

Sozialhil fe 0/1 Der Befragte oder seine Eltern erhalten oder haben in den letzten zwei Jahren Sozialhil fe erhalten.

Prestige (ISEI) 1-4 Maximum des Prestige-Index nach Ganzeboom von Vater oder Mutter des Befragten, der in vier Gruppen zusammengefasst wurde.

Wohneigentum 0/1 Wohneigentum in Form einer Eigentumswohnung oder einem eigenen Haus.

Subjektive ökonomi-sche Lage

1-5 Relative Einschätzung der eigenen materiellen Situation im Vergleich zu den Mitschülern: viel besser (1) – viel schlechter (5).

Institutionali -sierte Mittel

Notendurchschnitt 10-60 Arithmetisches Mittel aus der Deutsch- und Mathematiknote des letzten Zeugnisses.

Note 5 0/1 Der Befragte berichtet, auf dem letzten Zeugnis mindestens eine 5 in den Fächern Deutsch und/oder Mathematik bekommen zu haben.

Klasse wiederholt 0/1 Der Befragte hat schon einmal eine Klasse wiederholt. Nicht instituti-onalisierte Mittel

Kontakthäufigkeit mit Freunden

1-5 Der Befragte trifft sich gar nicht (1), an 1 Tag (2), an 2 Tagen (3), an 3-4Tagen (4) oder jeden Tag der Woche (5) mit seinen Freunden.

Treffpunkt mit Freun-den

0/1 Der Befragte trifft sich oft mit seinen Freunden auf der Straße oder Plätzen.

Einkünfte aus Nebenjob 0-∞ Monatliches Einkommen durch einen Nebenjob in Euro. Einkünfte aus Nebenjob

>220 Euro 0/1 Der Befragte hat einen Nebenjob, in dem das monatliche Ein-

kommen 220 Euro übersteigt (Annahme: 5.50 EUR pro Stunde bei 10 Stunden pro Woche).

Familien-struktur

Umgebungswechsel 0/1 Kein Umzug oder ein Umzug innerhalb des Stadtviertels (0); Umzug über Kölner Stadtviertel hinaus oder aus einer anderen Stadt (1)

Tod eines Elternteils 0/1 Mindestens ein Elternteil ist gestorben (1) Scheidung/Trennung der Eltern

0/1 Scheidung/Trennung der Eltern (1)

Migrationshintergrund 0/1 Die Jugendlichen gaben an, dass ihr Vater aus Deutschland stammt.

Außer-schulische konventionelle Tätigkeiten

Vereinsmitgliedschaf-ten

0/1 Mitglied in einer Umweltschutz-/Menschenrechtsgruppe, einer freiwilli gen Hil fsorganisation oder den Pfadfindern beziehungs-weise sonstigen kirchlichen Jugendgruppe.

Anerkennung von Normen und Werten

Unbedingtes Beachten der Gesetze

1-4 „Man sollte sich an die Gesetze halten, auch wenn die eigenen Interessen dabei zu kurz kommen.“ (1) stimmt gar nicht - (4) stimmt genau.

Emotionale Bindung an die Eltern

Note Verhältnis zum Vater

1-6 Der Befragte wurde gebeten, das Verhältnis zu seinem Vater in Schulnoten auszudrücken.

Note Verhältnis zur Mutter

Der Befragte wurde gebeten, das Verhältnis zu seiner Mutter in Schulnoten auszudrücken.

Erziehungsstil Überzogene Kritik von den Eltern

1-4 Meine Eltern kritisieren mich wegen jeder Kleinigkeit. (1) stimmt gar nicht – (4) stimmt genau.

Häufiger Streit 1-4 Zwischen mir und meinen Eltern kommt es häufiger zu Streit. (1) stimmt gar nicht – (4) stimmt genau.

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Disziplinie-rungsstil

Schläge vom Vater 1-4 Befragter wurde nach eigenen Angaben in der Vergangenheit häufiger vom Vater geschlagen oder verprügelt. (1) stimmt gar nicht – (4) stimmt genau

Schläge von der Mutter 1-4 Befragter wurde nach eigenen Angaben in der Vergangenheit häufiger von der Mutter geschlagen oder verprügelt. (1) stimmt gar nicht – (4) stimmt genau

Beaufsichti-gung

Elterliche Kontrolle 1-4 Nach Angaben des Befragten wissen die Eltern fast immer, mit wem er sich trifft und wo diese Treffen stattfinden. (1) stimmt gar nicht – (4) stimmt genau

Verhältnis Lehrer 1-4 Befragter gibt an, dass sich die meisten Lehrer um ein gutes Verhältnis mit den Schülern bemühen. (1) stimmt gar nicht – (4) stimmt genau

Wohnkontext Wohn 1-3 Index aus mehreren Variablen zur Beurteilung des Wohnumfel-des; Mittelwert

Schulkontext Sozialhil fequote 0-∞ Sozialhil fequote für Köln auf Stadtteilsebene 1999

Arbeitslosenquote 0-∞ Arbeitslosenquote für Köln auf Stadtteilsebene 1998

Subkultur Clique 0/1 Befragter gibt an, einer Clique anzugehören. Schwänzen Freunde 0/1 Mehrere Freunde des Befragten haben schon einmal einen gan-

zen Tag oder mehrere Tage die Schule geschwänzt (1). Die Ant-worten ‚einer’ , ‚keiner’ und ‚weiß nicht’ wurden als 0 codiert.