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Gisela Albrecht · Abteilung für Dermatologie im Krankenhaus Spandau, Berlin Von der „Ritterburg“ ins 21. Jahrhundert Chronik der Abteilung für Dermatologie im Krankenhaus Spandau Der Hautarzt 5·98 | 413 Dermatologie in Kunst und Geschichte Hautarzt 1998 · 49:413–417 © Springer-Verlag 1998 “Es brauchet Gott so manchen guten Mann zu seinem Dienst auf dieser weiten Erde Er hat dabei auf Dich gezählt“ Aus den Eröffnungsreden der Städtischen Krankenanstalten 1899 an die beiden ersten Chefärzte der Inneren und Äußeren (Chirur- gischen) Abteilung Daß „Spandow“ erstmals bereits 1197 urkundlich erwähnt wurde – somit früher als Cölln (1237) und Berlin (1244) (später das Berlin), wird von den heutigen Spandauern bei jeder Gele- genheit hervorgehoben. Die Ansied- lung von Kaufleuten kam aus folgenden Gründen so früh zustande: Die Kon- zentration eines Straßennetzes (haupt- sächlich die Route Magdeburg-Berlin und weiter ostwärts), der Zusammen- fluß von 2 schiffbaren Flüssen (Havel, Spree) und das Vorhandensein einer Burg [2]. In der Zeit des 30jährigen Krieges wurde die Befestigungsanlage verstärkt, Spandau entwickelte sich zu einer Garnisonsstadt. Rochus, Graf zu Linar († 1596) – nach ihm wurde die Lynarstraße benannt – erfand u.a. einen speziellen Pulversatz für Kanonen. Die Befestigungsanlagen engten Spandow räumlich stark ein, so daß bis ins Jahr 1870 die Einwohnerzahl bei ca. 20500 konstant blieb. Die nun folgen- den „Gründerjahre“, durch den für die Dr. G. Albrecht Abt. für Dermatologie im Krhs. Spandau, Lynarstraße 12, D-13578 Berlin& / f n - b l o c k : & b d y : Abb. 1 b Spandau 1881. (Aus: Neuße: Spandau ein märkisches Stadtbild. Spandau, 1913. Nr. 11 der histor. Sammlung des Vermessungsamtes Spandau)& / f i g . c :

Von der „Ritterburg” ins 21. Jahrhundert Chronik der Abteilung für Dermatologie im Krankenhaus Spandau

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Gisela Albrecht · Abteilung für Dermatologie im Krankenhaus Spandau, Berlin

Von der „Ritterburg“ ins21. JahrhundertChronik der Abteilung für Dermatologieim Krankenhaus Spandau

Der Hautarzt 5·98 | 413

Dermatologie in Kunst und GeschichteHautarzt1998 · 49:413–417 © Springer-Verlag 1998

“Es brauchet Gott so manchen guten Mannzu seinem Dienst auf dieser weiten ErdeEr hat dabei auf Dich gezählt“

Aus den Eröffnungsreden der StädtischenKrankenanstalten 1899 an die beiden erstenChefärzte der Inneren und Äußeren (Chirur-gischen) Abteilung

Daß „Spandow“ erstmals bereits 1197urkundlich erwähnt wurde – somitfrüher als Cölln (1237) und Berlin(1244) (später das Berlin), wird von denheutigen Spandauern bei jeder Gele-genheit hervorgehoben. Die Ansied-lung von Kaufleuten kam aus folgendenGründen so früh zustande: Die Kon-zentration eines Straßennetzes (haupt-sächlich die Route Magdeburg-Berlinund weiter ostwärts), der Zusammen-fluß von 2 schiffbaren Flüssen (Havel,Spree) und das Vorhandensein einerBurg [2]. In der Zeit des 30jährigenKrieges wurde die Befestigungsanlageverstärkt, Spandau entwickelte sich zueiner Garnisonsstadt. Rochus, Graf zuLinar († 1596) – nach ihm wurde dieLynarstraße benannt – erfand u.a. einenspeziellen Pulversatz für Kanonen.

Die Befestigungsanlagen engtenSpandow räumlich stark ein, so daß bisins Jahr 1870 die Einwohnerzahl bei ca.20500 konstant blieb. Die nun folgen-den „Gründerjahre“, durch den für die

Dr. G. AlbrechtAbt. für Dermatologie im Krhs. Spandau,Lynarstraße 12, D-13578 Berlin&/fn-block:&bdy:

Abb. 1 b Spandau 1881. (Aus: Neuße: Spandauein märkisches Stadtbild. Spandau, 1913. Nr. 11der histor. Sammlung des VermessungsamtesSpandau)&/fig.c:

deutschen Länder siegreich ausge-gangenen deutsch-französischen Krieg1870/71 hervorgerufen, ließen auchSpandau an dem wirtschaftlichen Auf-schwung teilhaben. Spandau sollte zumsichersten Ort Preußens werden, jeden-falls lagerte man den aus der franzö-sischen Kriegsentschädigung entnom-menen „Reichskriegsschatz“ in Höhevon 120 Mio. Mark in geprägtem Goldim Juliusturm der Spandauer Zitadelleein, wo er bis zu den Revolutionswirrennach dem Krieg 1914–1918 verblieb [6].Innerhalb der Spandauer Befestigungs-anlage wurde 1873–1875 das Garnisons-lazarett (ebenfalls aus Geldern derKriegsentschädigung) gebaut (Abb. 1).In dieses zog später die Dermatologieein, die am 01.04.1929 mit 101 Betten of-fiziell eröffnet wurde (s. unten).

Nachdem das 1853 gegründete Er-ste Städtische Krankenhaus in derSpandauer Altstadt mit anfänglich 30Betten [8] bald zu klein war, errichteteman in den Jahren 1883 bis 1899 aufdem benachbarten Gelände des Garni-sonslazarettes, auf dem Grundstück ander Lynarstraße, ein Krankenhaus imPavillonstil mit insgesamt 270 Kran-kenbetten, zunächst bestehend aus derInneren und Äußeren (Chirurgischen)Abteilung [3]. Durch die seit 1892 in Be-trieb genommene Pferdebahn war dasneue Haus verkehrstechnisch gut ausder Altstadt zu erreichen.

Der 1. Weltkrieg und die darauffol-gende Notzeit zwangen zur äußerstenSparsamkeit, die Einwohnerzahl Span-daus stieg stark an und machte eine An-hebung der Bettenzahl unumgänglich.1926 wurde das an das Städt. Kranken-haus Lynarstraße angrenzende Garni-sonslazarett dem Militärfiskus abge-kauft. Mit dem 1927 erlassenen Gesetzzur Bekämpfung für Geschlechtser-krankungen entstand in Berlin nebenBritz (heute Neukölln) auch im Kran-kenhaus Spandau eine Hautabteilung.

Als erster übernahm 1929 WilhelmFrei (1885–1943) die Leitung (Tabelle 1).Der Schüler Jadassohns wurde bekanntdurch seine Forschung auf dem Gebietdes Lymphgranuloma inguinale (Frei-Test) [22]. Die Machtergreifung Hitlersführte zum Abbruch seiner Karriere.Wie viele andere jüdische Beamte bzw.Angestellte im öffentlichen Dienst ver-lor er 1933 seine Stellung aus rassischenGründen, konnte aber nach New Yorkauswandern [7]. In Spandau war im

Marine Gelegenheit, in Ostasien undWestindien als erster die Tropenkrank-heit „Frambösie“ mit dem damals neuerfundenen Salversan erfolgreich zubehandeln, wofür er den Roten Adler-Orden und den besonderen Dank derbritischen Regierung erhielt. Fernerkonnte er erstmals den Nachweis er-bringen, daß der „klimatische Bubo“(Lymphgranuloma inguinale) auf ge-schlechtlicher Ansteckung beruhte.Rost wurde 1914 von Erich Hoffmann,dem Mitentdecker der Syphilisspiro-chäte, als Oberarzt nach Bonn berufen.1915 ging Rost als Ordinarius an dieFreiburger Hautklinik. Rost selberschildert, daß er als strikter Gegner desNaziregimes zunächst zwangsweise be-urlaubt und 1933 aus dem BadischenStaatsdienst „entbunden“ wurde [13,16]. Seine Entlassung führte zur Zer-schlagung der Hautklinik, da viele sei-ner Mitarbeiter sein Schicksal teilten.Ungebeugt baute Rost sich in Berlineine bald gut gehende Privatpraxis inder Uhlandstraße auf, die nach münd-licher Überlieferung seiner späterenOberärztin, Frau I. Niemand, durchausauch von Nazigrößen besucht wurde,die seine Kenntnisse schätzten. G.A.Rost konnte weiterhin u.a. am Zentral-blatt mitarbeiten, allerdings durfte seinName als Redakteur auf dem Titelblattnicht erwähnt werden,so daß das Blatt 11Jahre lang anonym erschien [16]. Wäh-rend der Kriegsjahre war er auch alsberatender Dermatologe an mehrerenBerliner Krankenhäusern tätig. ImAugust 1975 wurde Rost auf Veranlas-sung der britischen Besatzungsbehör-de, in deren Sektor sich Spandau be-fand, zum Stellvertretenden Leiter derHautabteilung des Städtischen Kran-kenhauses Lynarstraße ernannt, kurzdarauf – nach Nagells Umzug nachKassel – übernahm er die Abteilung.

übrigen der Anteil der Juden an derGesamtbevölkerung gering mit 0,5%(Reichsdurchschnitt 0,8%, BerlinerDurchschnitt 3,8% [9].

Sein Nachfolger wurde HermannNagell (1895–1969). Nagell hatte unterWalther Frieboes in Rostock habilitiert(Thema: „Das Wesen der unspezi-fischen Hemmungen bei der Wasser-mann’schen Reaktion“). Er folgteseinem Chef als Oberarzt an die Haut-klinik der Charité. Von dort wurde er1934 zum Chefarzt der Dermatologi-schen Abteilung des Städtischen Kran-kenhauses Berlin-Spandau ernannt. Im2.Weltkrieg war H. Nagell als beratenderDermatologe der Wehrmacht (Heer)tätig und geriet 1945 in amerikanischeKriegsgefangenschaft. Man entließ ihnnur unter dem Versprechen, die Leitungeiner Hautabteilung in der amerikani-schen Besatzungszone zu übernehmen[23]. Aus Furcht vor den Russen in undum Berlin (Niemand, mündlich) war erfroh, in seiner Vaterstadt Kassel die dor-tige Hautklinik aufbauen zu können.

Der 2. Weltkrieg hatte den Berli-nern unvorstellbares Elend und Leidgebracht und auch das KrankenhausSpandau vor schier unlösbare Aufgabengestellt. Ein massiver Betonluftschutz-bunker war errichtet worden, um – beiposenlosen Luftangriffen – operierenzu können. Um die Schwerkranken inAusweichlager zu transportieren, be-diente man sich eines ehemaligen hol-ländischen Hausbootes, sozusagen ei-nes kleinen Lazarettschiffes, welches 60Personen aufnehmen konnte. Nebenden Patienten wurden viele Materialien,OP-Bestecke etc. ausgelagert. Nach derKapitulation war alles (auch das Schiff)verschwunden. Die Krankenhausgebäu-de waren verwüstet, allerdings warendie Kriegsschäden mit einem Zer-störungsgrad von „nur 25%“ im Span-dauer Krankenhaus im Vergleich zu denübrigen Berliner Krankenhäusern von50 bis 75% relativ gering [3].

Es war kein Geringerer als GeorgAlexander Rost (1877–1970), der als fast70jähriger in den schweren Nach-kriegsjahren Mut zum Neuaufbau be-wies. Sein beeindruckender Lebenswegund seine wissenschaftlichen Verdien-ste sind in verschiedenen Fachzeit-schriften und Broschüren [4, 10, 11,13–15, 17, 19–21] gewürdigt worden.

Rost hatte als junger Mann wäh-rend seiner Zeit bei der Kaiserlichen

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Dermatologie in Kunst und Geschichte

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Tabelle 1Chefärzte der Hautklinik Spandau

W. Frei 1927–1933

H. Nagell 1933–1945

G.A. Rost 1945–1951

K. Halter 1951–1972

M. Hornemann 1972–1984

G. Albrecht 1984

Rost hatte eine glückliche Hand. Inder Spandauer Zitadelle war auf HitlersBefehl eine große Anlage zur Giftgaser-zeugung eingerichtet worden mit zahl-reichen Laboratorien. Aufgrund seinerguten Beziehung zu den Briten gestatte-ten ihm diese, soviel Material und Ap-parate herauszuholen, wie er für seineAbteilung benötigte.

Ihm wurde als erster in Berlin dasin Großbritannien produzierte Penicil-lin zur Verfügung gestellt, allerdingsunter der Bedingung, daß die Verwal-tung und Abgabe nur unter strengsterKontrolle stattzufinden habe. Um Dieb-stählen und Mißbrauch vorzubeugen,wurde im Chefarztzimmer ein großerPanzerschrank aufgestellt, dessenSchlüssel nur er und auserwählte Mit-arbeiter besaßen. Da es kein Depot-Pe-nicillin gab, mußten die Injektionen alle2 bis 3 h bei den Patienten, meistensGonorrhoiker, Tag und Nacht erfolgen.Der Zwang zur stationären Behandlunghatte eine riesige Abteilung zur Folge.Etwa 200 Frauen wurden in Baracken,die Männer in dem Gebäude des Garni-sonslazarettes (heute Haus 15) unterge-bracht, daher die Bezeichnung „Ritter-burg“.

Für die ärztlichen Mitarbeiter wardie umständliche Penicillintherapie eineenorme Belastung. Da Unmengen ankostbarem Penicillin benötigt wurden,versuchte man, aus dem Urin der be-handelten Kranken das Penicillin zu-rückzugewinnen. So holte die chemi-sche Fabrik Schering AG mehrmalswöchentlich den in großen Sammel-behältern aufbewahrten Urin in Span-dau ab.

Dem schon recht schwerhörigenRost stand seine tatkräftige Oberärztin,Frau Dr. I. Niemand, zur Seite. Sieberichtete mir, daß die Behandlung derübrigen Patienten mit Hauterkrankun-gen denkbar einfach war, da außerfeuchtem Chinosolumschlägen anfäng-lich keine weiteren Medikamente zurVerfügung standen.

Als Rost – mittlerweile 74jährig –aus Altersgründen die Tätigkeit imSpandauer Krankenhaus 1951 aufgab,setzte er sich keineswegs zur Ruhe,sondern führte seine (im Krieg mehr-mals ausgebombte) freie Praxis weiter.

Nachdem die Berliner Dermatolo-gische Gesellschaft (BDG) im Mai 1945auf Befehl der Sowjetischen Kom-mandantura aufgelöst worden war,

malige Vorsitzende der BDG, H.W. Spierrief Halter an und bat ihm, die Ge-sellschaft in einem Trauerfalle zu ver-treten. Spier hatte durch irgendei-nen Zufall herausbekommen, daß dieSchwester von Fritz Schaudinn&fnn.1:1 inBerlin gestorben war. Er bat deswegenK. Halter diese Beerdigung zu besu-chen. Halter tat dieses und schicktedem Vorsitzenden Spier seinen Bericht:„Lieber Herr Spier, entsprechend IhrerAnregung habe ich vorgestern an derBeerdigung der Schwester Schaudinn’sauf dem Alten Luisenstädtischen Fried-hof teilgenommen. Ich denke ein Be-richt hierüber wird Sie interessie-ren. Ich traf auf ein Trauergefolge von7 alten Damen, die in gedämpfter Fröh-lichkeit plauderten. Man sah Pompa-dours und kassenärztliche Idealbinden.Während ich noch überlegte, welchewohl eine Angehörige der Verstorbenensein könnte, löste sich aus der Gruppeeine hagere, sehr aufrechte Dame, die soaussah, wie ich meine Religionslehrerinin Erinnerung hatte. Sie kam auf michzu, sagte streng: „Schaudinn, mit derBetonung auf beiden „nn“, währenddie Friedhofsverwaltung auf ihremschwarzen Schild am Eingang nur einweichliches „n“ vermerkt hatte. Ich sag-te meinen Namen und den Sinn meinesHierseins und erntete ein knappes„Danke“, dann wandte sie sich ent-schlossen der Kapelle zu. Am Fuß desSarges lag ein Kranz mit einer Schleife,auf deren einem Ende: „Unserem liebenSchaudinnchen“, auf dem anderen „Ih-re drei Hörnchen“ stand. Ich dachtedarüber nach, wie sich wohl der beab-sichtigte, durch Unerreichbarkeit vonHerrn Kollegen Kowallek verhinderteKranz mit Schleife der Berliner Derma-tologischen Gesellschaft daneben aus-genommen hätte. In den Worten, dieder Pfarrer dieser 86jährigen, die ineinem Altersheim gelebt hatte, wid-mete, war von künsterlischen Neigun-gen und Liebe zur Musik die Rede.Aber nichts von Bakteriologie, nichtsvon Fritz, geschweige denn von Syphi-lis. All dies muß wohl für die Verstorbe-ne lange her gewesen sein. Wenngleichich nicht den Eindruck hatte, daß un-sere Geste ankam, so können wir dochvor der Geschichte der Dermatologie

entstand bereits 1946 eine dermatolo-gische Vereinigung unter einem anderenNamen (Berliner medizinisch-wissen-schaftliche Gesellschaft für Der-matolo-gie und Venerologie), bei deren Grün-dung Rost zum 1. Vorsitzenden gewähltwurde. Erst im Februar 1950 erlaubtedann der Magistrat von Groß-Berlin dieWiedereinführung der alten Bezeich-nung (5). Frau I. Niemand beschriebihren Chef,G.A.Rost,als äußerst korrek-ten und verläßlichen, aber strengenLehrmeister, der kaum Widerspruchduldete. Er habe sich immer reser-viert, ja nach englischem Vorbild sogardistanziert gegeben und seinen Assi-stenten nur 2 mal im Jahr (vor Weih-nachten und an den Geburtstagen) dieHand gegeben,etwas was er mit der „Ox-ford-Methode“ umschrieb [15].

Im Jahre 1951 folgte ihm KlausHalter (geb. 1909). K. Halters Lebens-weg war geprägt durch H. Gottron.In Breslau erwarb er sich den breitenFundus seines Fachwissens. Nach demKrieg war Halter nach kurzer Tätigkeitin Hamburg-Eppendorf 5 Jahre Ober-arzt bei Keining in Mainz, wo er 1948zum apl. Professor ernannt wurde [18].Halter habilitierte sich mit dem Thema„Zur Pathogenese des Ekzems“, dasEkzem blieb Mittelpunkt seiner wissen-schaftlichen Arbeiten (Kapitel „Dasvulgäre Ekzem“ im Gottron-Schön-feld). Neben weiteren Arbeiten hat eru.a. seit 1954 die „Ästhetische Medizin“(Medizinische Kosmetik) redigiert, ab1956 gemeinsam mit Schreuss.

Als Klaus Halter die hiesige Haut-klinik übernahm, hatte er eine statt-liche Abteilung von ca. 100 offiziellenBetten vor sich, dazu die überfüll-ten Baracken mit Geschlechtskranken.Durch den enormen Zuzug von Ein-wohnern (Spandau zählt heute ca.250000 Einwohner) wurden die Bettendes Städtischen Krankenhauses laufendaufgestockt, die Bettenkapazität desKrankenhauses Spandau betrug durchZusammenschluß mehrerer örtlicherBereiche in diesen Jahren ca. 2600. DerVerfasserin war es vergönnt, Klaus Hal-ter persönlich kennenlernen zu dürfen.Seine Aufrichtigkeit und Höflichkeitsind bis ins hohe Alter hervorstechendeMerkmale geblieben. Gespräche, insbe-sondere aus alten Zeiten, überzeugendurch Lebendigkeit und einen feinenHumor. Vielleicht ist folgende Ge-schichte für ihn bezeichnend. Der da-

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@fn.1:1 F. Schaudinn, Entdecker der Syphilisspo-rochäte, wurde nur 35 Jahre alt&/fn:

bestehen. Und auch Bestehen vor mei-nem alten Chef Gottron, der ja, wie Siemir sagten, mit uns Berliner Dermato-logen nicht recht zufrieden war, weilwir uns zu wenig um Schaudinns Grabund was mit ihm zusammenhängt, ge-kümmert haben. Ich denke, daß auchHerr Prof. Gottron dieser Brief interes-sieren wird und werde ihm eine Ab-schrift schicken. Mit herzlichen GrüßenIhr Klaus Halter [12].

K. Halter hat es verstanden, dieHautklinik in Spandau während seinerAmtszeit in seinem Sinne zu prägen. Imfolgte 1972 sein langjähriger OberarztM. Hornemann (1919–1996).

Als die Verfasserin dieser Chronik1984 die Hautabteilung (Abb. 2) über-nahm, bestand diese aus 60 Betten. Dieoperative Tätigkeit wurde ausgebaut,Phlebologie und Proktologie einge-führt. Zur Zeit deckt die Hautklinik dasgesamte Spektrum des Faches Derma-tologie und Venerologie einschließlichAllergologie und Umweltmedizin ab.Das Krankenhaus Spandau ist akade-misches Lehrkrankenhaus und besitzteine große Krankenpflegeschule. In denfolgenden Jahren wurde die längstüberfällige Renovierung des altenGarnisonslazarettes durchgeführt, dieZimmer mit Bädern, Telefon- und Fern-sehanschlüssen versehen, neue Opera-tionsräume waren entstanden.

In meiner Amtsperiode als 1. Vor-sitzende der BDG von 1988 bis 1990 fieldie Mauer in Berlin, und ich setzte dieVereinigung beider DermatologischerGesellschaften von Ost- und West-Berlin rasch durch.

über Spandau hinaus ins Brandenburgi-sche schweifen kann, wird die Abteilungfür Dermatologie mit 36 Betten einzie-hen. Der Rest (20 Betten) wird in demalten Gebäude mitsamt den Labors undder Ambulanz verbleiben und in eineTagesklinik umgewandelt werden. Hof-fentlich ist der Einzug im Mai des Jahres1999 möglich, das wären genau 100 Jahrenach offizieller Eröffnung der Städti-schen Kran-kenanstalten in der Lynar-straße und 70 Jahre nach Eröffnung derHautklinik. Meine Mannschaft und ichrüsten somit für das 21. Jahrhundertmit einer flexiblen (ambulant/teil-stationär/stationär) Möglichkeit derVersorgung der Hautkranken im Nord-westen Berlins und dem angrenzendenBrandenburg. Trotz aller Stürme sindwir entschlossen, eine kleine Festung zubleiben, so wie dies in der alten Garni-sonsstadt Spandau Tradition ist.

Literatur1. Albrecht G (1989) 101. Sitzung der Berliner

Dermatologischen Gesellschaft (BDG) vom18.11.1989. Z Hautkr 64:1161–1162

2. Baedeker K (1980) Berlin-SpandauStadtführer: Baedeker Freiburg/Br, S–17

3. Bienek KHP (1980) Ein Krankenhaus istbautechnisch nie fertig.Berliner Ärztebl 103:374–381

4. Halter K (1971) Georg Alexander Rost zum Gedächtnis. Zeitschrift für Haut Geschlechtskrankh 46:427–429

5. Herzberg JJ (1987) Die Geschichte derBerliner Dermatologischen Gesellschaft.In: Nürnberger F (Hrsg) Die Berliner Dermatologische Gesellschaft (+1886–1986).Die Hautklinik im RVK (1906–1986).Grosse scripta 13. Grosse, Berlin, S 14–20

6. Hinz G (1988) Spandau und seineVerwaltung im 20. Jahrhundert– Jahre des Umbruchs. In: 75 Jahre RathausSpandau. Hrsg: Bezirksamt Spandau von Berlin.Lezinsky, Berlin, S 39–45

7. Hollander A (1987) Jüdische Dermatologenvor und während des Naziregimes,Auswanderung und Wiederaufbau.In: Nürnberger F (Hrsg) Die Berliner Dermatologische Gesellschaft (1886–1986).Die Hautklinik im RVK (1906–1986).Grosse scripta 13. Grosse, Berlin, S 26

8. Jahn G (1971) Wohlfahrt und Gesundheits-pflege. In: Die Bauwerke und Kunstdenkmälervon Berlin Stadt und Bezirk Spandau.Mann, Berlin, S 229–231

9. Kaulen A, Pohl J (1988) Entrechtung,Verfolgung und Vernichtung der Juden inSpandau unter dem Nationalsozialismus.In: Juden in Spandau vom Mittelalter bis 1945.Herausgegeben vom Bezirksamt Spandau vonBerlin. Hentrich, Berlin, S 77–85

Die nach wie vor vorhandeneFreude über die WiedervereinigungDeutschlands darf nicht darüber hin-wegtäuschen, daß damit große Proble-me für das Berliner Gesundheitssystemauftraten. West-Berlin, mit einer üppi-gen und modernen Krankenhausland-schaft ausgestattet, traf auf ein Ost-Berlin, dem als ehemalige Hauptstadtder DDR eine zentrale Stellung auchim Gesundheitssystem zukam und dasgleichermaßen mengenmäßig gut mitKrankenhäusern ausgestattet war, aller-dings z.T. in marodem Zustand. AlsStellvertretende Ärztliche Leiterin desKrankenhauses Spandau seit 1990 muß-ten Entscheidungen des Senats mitge-tragen werden, die nicht immer ein-sichtig und nachvollziehbar waren. Einörtlicher Bereich des KrankenhausesSpandau ging in anthroposophischeTrägerschaft über, die restlichen Abtei-lungen wurden mit einer großen Ner-venklinik zusammengelegt.Keine Abtei-lung, weder Pathologie noch Labor nochdie Verwaltung blieb „ungeschoren“ undwar konfrontiert mit Zusammenlegun-gen, Versetzungen von Mitarbeiternusw. Somit ist für viele Mitarbeiter desKrankenhauses Spandau die Wiederver-einigung bei aller Freude auch ein sehrschmerzlicher Prozeß. Immerhin ist esder Krankenhausleitung nach über10 jähriger An-strengung gelungen,einen Neubau für alle klinischen Dis-ziplinen mit neuen Operationssälenund einer neuen Ersten-Hilfe/Aufnah-me durchzusetzen. In den 6. Stock, dortwo viel Licht sein wird für die Inspektiondes Hautorgans und wo der Blick weit

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Dermatologie in Kunst und Geschichte

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Abb. 2 m Abteilung für Dermatologie (Haus 15) 1997&/fig.c:

10. Keller P (1962) Georg Alexander Rostzum 85. Geburtstag.Z Haut Geschlechtskrankh 32:163–166

11. Keller P (1967) Georg Alexander Rost zum90. Geburtstag gewidmet.Dermatol Wochenschr 153:249–252

12. Klaschka F, Rauhut K (1989) BerlinerHautfetzen. Diesbach, Berlin, S 155–156

13. Leven KH (1990) Zerschlagung derFreiburger Hautklinik 1933 und Schicksale ihrer Mitarbeiter. In: 100 Jahreklinische Dermatologie an der Universität Freiburg im Breisgau (1890–1990). Kehrer,Freiburg/Br, S 89–99

14. Niemand I (1967) GA Rost zum 90. Geburts-tag. Z Haut Geschlechtskrankh 42:159–160

15. Niemand I (1984) Georg Alexander Rost(1877–1970). In: 100 Jahre Dermatologiein Berlin. Klaschka F/Rauhut K (Hrsg) Beiträgeund Aufzeichnungen anläßlich der Fest-sitzung Der Berliner Dermatologischen Gesell-schaft am 12. und 13. Februar 1982. Grosse,Berlin, S 111–116

16. Rost GA (1964) Erlebte Geschichte der Dermatologie, Teile I—III.Hautarzt 8:441–442; 512—513; 559–560

17. Spier HW (1967) Georg A Rost zum 90. Geburtstag. Hautarzt 18:141

18. Spier HW (1969) Klaus Halter zum 60. Geburtstag. Hautarzt 20:47

19. Stühmer A (1947) Georg Alexander Rostzum 70. Geburtstag.Arch Derm Syph 186:438–440

20. Stühmer A (1952) Georg Alexander Rostzum 75. Geburtstag. Hautarzt 3:141–143

21. Stühmer A (1957) GA Rost zum80. Geburtstag. Allergie Asthma 3:63–64

22. Winkler K (1984) Dermatologie in Berlin –Geschichtlicher Überblick.In: Klaschka F/Rauhut K (Hrsg) 100 JahreDermatologie in Berlin. Beiträge und Auf-zeichnungen anläßlich der Festsitzung derBerliner Dermatologischen Gesellschaft am12. und 13. Februar 1982, S 17–48

23. Wulf K (1970) Hermann Nagell.Hautarzt 21:195–196

&misc:Eingegangen am 1. September 1997Angenommen am 17. Oktober 1997

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S. Schauder · A. Schrader · H. IppenGöttinger Liste 1996

Berlin Wien: Blackwell, 1996159 S., 30 Abb., 7 Tab., DM 48,–

Nunmehr liegt seit dem Ersterscheinender „Göttinger Liste“ 1988 die 4. neubear-beitete und deutlich erweiterte Auflagedieses Standardwerks vor. Wie in den bis-herigen Auflagen geben einleitende Kapi-tel einen Leitfaden zur dermatologischenPhotobiologie und eine umfassende In-formation über unterschiedliche Aspektedes Sonnenschutzes. Dargestellt werdenBewertungen der Wirksamkeit von Son-nenschutzmitteln, galenische Aspekte derSonnenschutzpräparate, Wirkungsmecha-nismen, Nebenwirkungen und die Bezie-hung zu Photodermatosen sowie prakti-sche Ratschläge zur Phototestung von Pa-tienten mit Unverträglichkeitsreaktionen.Das Kernstück der „Göttinger Liste“ istdie vollständige alphabetische Liste allerauf dem deutschen Markt befindlichenSonnenschutzpräparate und Kosmetikamit Lichtfiltersubstanzen.Angegeben wer-den die Filtersubstanzen mit den weiterenZusatzstoffen, die Darreichungsform undder Lichtschutzfaktor. Auch Literaturhin-weise auf bisher beschriebene Nebenwir-kungen sowie ein vollständiges Adressen-verzeichnis von Herstellerfirmen fehlennicht.

In der neuesten Ausgabe finden sichinsbesondere aktualisierte Darstellungenneuer Entwicklungen des Sonnenschutz-kosmetikmarktes sowie die internationa-len Standards zur Bewertung der Licht-schutzfaktoren. Auch wurde das Kapitelüber Photodermatosen erweitert und ver-vollständigt. Die Darstellung der Produkteerfolgt im Hinblick auf die in der Euro-päischen Union seit dem 01.01.97 wirksa-me Deklarationspflicht aller kosmeti-schen Produkte entsprechend der INCI-Bezeichnungen.

Das Buch hat mit seiner neuen Aufla-ge seinen Stellenwert als Standardwerkgefestigt. Für Hersteller, Apotheker, Ver-braucherberatungen und, insbesondereallergologisch tätige Ärzte, ist es weiter-hin eine „Institution“.

E. Hölzle (Oldenburg)

Buchbesprechung

M.A. Brinkmann:Nagelpsoriasis. Diagnose und Therapie

Stuttgart New York: Thieme, 199788 S., 22 Abb.,70 Tab. DM 78,–

Psoriatische Nägel wirken gemeinhin un-ansehnlich, sind funktionell störend undvielfach mit einer psoriatischen Arthritisvergesellschaftet. Dennoch wird die Pso-riasis des Nagelorgans weitgehend ver-nachlässigt.

Um so verdienter ist es, daß in demvorliegenden Büchlein auf insgesamt 80Seiten der Problemkreis ausführlich undmit besonderer Beachtung von therapeuti-schen Ansätzen behandelt wird. Schwer-punkt ist eine Studie an insgesamt 136 Pati-enten, die in der Zeit von Mai bis Oktober1995 in einer Tomesa-Klinik behandeltwurden.Die Therapie bestand in 15minüti-gen Hand- und Fußbädern in Psoralenund anschließender Punktbestrahlung miteinem UV-A- und UV-B-Mischstrahler.

Die Ergebnisse werden durch eineVielzahl von Daten belegt, wobei jedereinzelne Zehen- bzw. Fingernagel erfaßtwurde.

Neben der sehr ausführlichen Dar-stellung der Pathophysiologie mit einge-hender Würdigung der umfangreichenLiteratur enthält das Buch eine ausge-sprochen positive Bewertung der gewon-nenen Ergebnisse (über 50% Verbesse-rung bis Abheilung der psoriatischenOnychopathie).

Leider wird auch onychologischerUnsinn weitertransportiert, so z.B. dieAnnahme, die Weißfärbung des Nagels seidurch eintretende Luft bedingt (Seite 7),oder das Hyponychium sei nicht sichtbar.

Diese fleißig durchgeführte Studieinformiert ausführlich über die Nagelpso-riasis und betont den hohen Stellenwertder Bade-PUVA-Therapie. Die Autorinstellt fest, das Verfahren sei nebenwir-kungsarm, praktikabel und kostengün-stig. Man kann es nur bestätigen.

E. Christophers (Kiel)