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Vorlesung: Andropathologie
- Systematik der Fortpflanzungsstörungen beim männlichen Tier
- Erkrankungen von Skrotum, Hoden und Nebenhoden
- Erkrankungen der akzessorischen Geschlechtsdrüsen und der Kopulationsorgane
- Störungen des Paarungsverhaltens
- Venerische Erkrankungen
- Pathologische Ejakulatsbefunde
Skrotum
Bildet die Hülle von Hoden, Nebenhoden, Samenstrang und Adnexenbeachte tierartlich unterschiedliche Ausprägung
Funktion: Schutz und ThermoregulationTunica dartos mit Muskelzellen
Untersuchung: Adspektion, Palpationwichtig ist die Verschieblichkeitdes Inhaltes
Achte auf: Wunden, Narben, Temperaturerhöhung
Erkrankungen: Traumen, Entzündungen (Furunkulose, Phlegmone),Hydrozele, Hodensackbruch
Bedeutung: durch Erhöhung der Temperatur, Störung der Spermatogenese
Aus: Busch und Holzmann, 2001
Hydrozele
Definition: - Ansammlung seröser Flüssigkeit im Processus vaginalis
Pathogenese:- im Zusammenhang mit Aszites
und Skrotalödem- ideopathisch
Symptome:- umfangsvermehrtes Skrotum- meist nicht schmerzhaft
Untersuchung:- Adspektion, Palpation, Sonographie, Punktion
Therapie:- Grundleiden- Punktion
Hodenbruch (Leistenbruch, Scrotalhernie)
Definition: - Vorfall von Bauchinhalt
(meist Dünndarm) in den Processus vaginalisPathogenese:- Vorfall von Bauchinhalt in das Skrotum - Inkarzeration- DurchblutungsstörungenSymptome:- umfangsvermehrtes Skrotum- KolikUntersuchung:- Adspektion, Palpation, Sonographie, rektale UntersuchungTherapie:- Operation - hodenerhaltende Techniken
- Rückverlagerung mit Kastration
Skrotum
Therapie:
- nach Ursache - keine hyperämisierenden Salben am Skrotum verwenden
Aus: Busch und Holzmann, 2001
Aus: von Engelhardt und Breves, 2005
Hoden
Bei dem Haussäugetieren im Skrotum, aber auch Tierartenmit intraabdominalem Hoden
Funktion: - Keimzellbildung- Steroidhormonsynthese
Untersuchung: - Adspektion, Palpation- Sonographie- Biopsie - Samenuntersuchung- Hormonbestimmung, Stimulation
Hoden
Aus: Aurich, 2005
Hoden
Besonderheiten: - Hodenveränderungen als primäre Erkrankung und als Symptom von
Störungen, die an anderer Stelle lokalisiert sind
- Blut-Hoden-Schranke: Schutz der Keimzellen vor Infektionen und dem körpereigenen Abwehrsystem (Autoimmunreaktionen)
Erkrankungen:- Kryptorchismus- Hodenhypoplasie- Monorchie- Hodenatrophie- Orchitis- Tumoren
Aus: Busch und Holzmann, 2001
Kryptorchismus (Retentio testis)
Definition: - fehlender oder unvollständiger Hodenabstieg (Descensus testis)
Einteilung:- nach dem Vorkommen: - einseitig (häufiger)
- beidseitig- nach Lage des retenierten Hodens:
- abdominal- inguinal- (ektopischer Kryptorchismus)
Folgen: Hormonproduktion bleibt erhaltenSpermatogenese männlicher Phänotyp erhöhtes Risiko testikulärer Neoplasien
Aus: Herzog, 2001
Kryptorchismus (Retentio testis)
Zeitpunkt des Descensus testis:Wiederkäuer: 3 FetalmonatSchwein, Pferd: sollte zum Zeitpunkt der Geburt abgeschlossen seinHund: bis spätestens 6 Wochen post natum
Aus: Schnorr u. Kressin, 2001
Kryptorchismus (Retentio testis)
Differentialdiagnose: - Kastration - Monorchie - Mikrorchie, Hodenhypoplasie
Bedeutung:- alle Tierarten, besonders häufig bei hornlosen Merinoschafen
Pathogenese:- mechanische Hemmungen - ?- Mutation im insulin like gene 3 (Maus, Mensch)- Unterschiedliche Erbgänge beschrieben
Krytorchismusfrequenz von 6,8 % auf 0,4 % durch Selektion innerhalb von 23 Jahren bei der Angoraziege gesunken
Untersuchung:- Adspektion, Palpation, Sonographie, Testosteronbestimmung,
Stimulationstest
Endokrinologische Diagnostik
Hypothalamus
Hypophysenvorderlappen
Sertolizelle Leydigzelle
GnRH
FSH LH
Inhibin TestosteronÖstrogene,
GnRHz. B. in Form von Buserelin
hCG
Leydigzellfunktion: Testosteron
Hypophysenvorder-lappenfunktion: LH
Stimulationstest zur Kryptorchismusdiagnose
- Einmalig Blutprobe zur Testosteronbestimmung meist nicht ausreichend, da stark schwankende Konzentrationen im Blut
- Prinzip: Wiederholte Messung nach Stimulation
- HCG-Stimulationstest:- Injektion von 10000 I. E. HCG i. v. - Blutprobe 30 Minuten vor Injektion, zum Zeitpunkt der Injektion und
15, 30, 60 und 90 Minuten später- Positiv: deutlicher Testosteronanstieg
Testosteronfreisetzung nach GnRH-Gabe
0
1
2
3
4
5
6
7
8
-45 -40 -35 0 15 30 45 60 90 120 180 240Zeit (min)
Tes
tost
eron
(ng
/ml)
Hengst
Wallach
Kryptorchide
Kryptorchismus (Retentio testis)
Descensus testis Hengst:
- 45. Tag post conceptionem – Ausbildung des Processus vaginalis - Hodenabstieg im letzten Graviditätsmonat - zum Zeitpunkt der Geburt liegen
die Hoden noch häufig inguinal - endgültiger Abstieg in den ersten Tagen
post natum - nach der zweiten Woche post natum
Verkleinerung der Leistenkanäle, danach meist kein Abstieg aus der Bauchhöhle mehr
möglich
Besonderheiten Kryptorchismus Rüde
- Betroffen sind vor allem kleine und brachyzephale Rassen (Inzuchtfolge?) - Häufigkeit rassenabhängig von 4 bis 23 % - Folgen:
- Hodenneoplasie (Risiko ist um den Faktor 13 erhöht)- Torsionen- Strangulationen unter
Einbeziehung von Dünndarm- schlingen mit nachfolgendem
Ileus
Kryptorchismus (Retentio testis)
Therapie: - Kastration- Zuchtausschluss von Merkmals- und Anlageträgern- Hund: ggf. Versuch der konservativen Therapie
Wirkstoff Dosierung Alter Frequenz Erfolgsrate
GnRH 50 – 750 g 2 – 4 Monate 1 – 6 mal 26,6 %
HCG 100 – 1000 IE < 16 Wochen 4 mal im Abstand von 2 Wochen
84 %Kontrolle 0 %
HCG 300 – 1000 IE - 3 – 4 mal 75 %
Hodenhypoplasie (Kleinhodigkeit)
Definition: - Hypoplasie: angeborene morphologische Unterentwicklung
Die Organanlage ist vorhanden, aber nicht voll entwickelt.
Einteilung:- nach dem Vorkommen: - einseitig
- beidseitig (häufiger)
Folgen:- meist Störungen in der Hormonsynthese und Spermatogenese- meist histologisch Defekte im Bereich der Keimzellen nachweisbar
Symptome:- verkleinerter Hoden- meist herabgesetzte Konsistenz- mehr oder minder deutlicher Kastratentyp- im Einzellfall Fertilität erhalten
Hodengröße
- ist mit der Spermaproduktion korreliert- Hodengröße muss in Abhängigkeit vom Alter des Tieres bewertet
werden
Mindesthodenmasse bei DSB-Bullen (Krause, 1990)
Alter (Jahre)
Skrotalumfang (cm)
Hodenvolumen (Liter)
Länge des Hodens (cm)
Dicke des Hodens (cm)
1 28 1 8 4
1 - 1,5 30 1,2 8,5 4,5
1,5 - 2 32 1,3 9 5
2 - 3 33 1,4 9,5 6
3 - 5 34 1,5 10 6,5
> 5 35 1,6 10,5 6,5
Hodengröße
Richtwerte und Befunde an Hoden und Nebenhoden von Warmblut-hengsten (Klug, 1995)
Altersgruppe < 6 Jahre 7 – 17 Jahre > 18 Jahre Bewertung
Hoden li re li re li re
Längs (cm) x 9,2 8,9 9,5 9,5 9,2 9,1 +++
x - s 8,1 7,8 8,4 8,2 7,9 7,8 ++
x - 2 s 7,0 6,7 7,3 6,9 6,6 6,5 +
Quer (cm) x 4,8 4,8 5,5 5,5 5,2 5,4 +++
x - s 4,0 4,0 4,5 4,7 4,2 4,4 ++
x - 2 s 3,2 3,2 3,5 3,9 3,2 3,4 +
Konsistenz prallelastisch
Befund Hoden
frei von hypoplastischen, atrophischen und entzündlichen Veränderungen
Befund Nebenhoden
frei von hypoplastischen, atrophischen und entzündlichen Veränderungen
Hodenhypoplasie (Kleinhodigkeit)
Hodenhypoplasie (Kleinhodigkeit)
Hodenhypoplasie (Kleinhodigkeit)
Differentialdiagnose: - Hodendegeneration (Hodenfibrose)
Untersuchung:- Adspektion, Palpation, Sonographie, Spermiogramm, Karyogramm
Pathogenese:- Defekte in der Hypothalamus-Hypophysen-Achse- häufig in Kombination mit Chromosomenanomalien (XXY-Syndrom)
Therapie:- nicht möglich- sind betroffene Tiere fertil – Zuchtausschluss des Merkmals- und
Anlageträger
Hodenatrophie (Kleinhodigkeit)
Definition: - Atrophie: Rückbildung eines Organes oder Gewebes
Das organspezifische Gewebe bildet sich zurück und wird meist durch Bindegewebe ersetzt Hodenfibrose mit Schwund des germinativen Gewebes
Ursachen:- physiologische Atrophie mit steigendem Alter- Druckatrophie (Spermatozele)- Durchblutungsstörungen- Intoxikationen, Mangelernährung- Traumen- Störungen des Thermoregulation- Infektionen (Orchitis)
Merke: Die Hodenatrophie ist keine selbstständige Erkrankung, sondern der Endzustand von Störungen oder ein Symptom anderer Primärerkrankungen.
Hodenatrophie
Symptomatik:- verkleinerter Hoden- derbe Konsistenz- Pathospermie bis Azoospermie
Untersuchung:- Adspektion, Palpation, Sonographie, Spermatogramm, Hormonbestimmung
Therapie:- gilt als irreversibel
Monorchie (Einhodigkeit)
Bedeutung:- sehr selten Differentialdiagnose:- einseitiger Kryptorchismus- einseitige Kastration
Symptomatik:- keine Einschränkung der Fertilität
Orchitis (Hodenentzündung)
Definition: - Entzündung des Hodens
Einteilung:- nach dem Vorkommen: - einseitig
- beidseitig
- nach Zeitdauer des Bestehens: - akut- chronisch
- nach Ursache: - nicht infektiös – meist traumatisch- infektiös
Folgen:- Störungen in der Hormonsynthese und Spermatogenese- akute Orchitis: Schmerz, ggf. Lahmheit Symptome:- vergrößerter Hoden- teilweise Störungen der Allgemeinbefindens
Ganter, 2001
Orchitis (Hodenentzündung)
Untersuchung: - Adspektion, Palpation,
Serum- oder Plasmaprobe, (Samenuntersuchung)
Pathogenese:- Orchitis traumatica: Verladen, Trittverletzungen, Gabelstiche,
Stacheldraht, Hundebisse beim Schaf, u. a.- Orchitis infectiosa: hämatogener, lymphogener oder
intrakanalikulärer Infektionsweg
Merke: Eine Besiedlung der Hodengewebes mit Infektionserregern kann auch ohne erkennbare klinische Symptomatik erfolgen. Epidemiologische Bedeutung erlangen diese Zuchttiere als „stille“ Keimverbreiter.
Orchitis (Hodenentzündung)
Orchitis infectiosa:
BulleB. abortus, M. tuberculosis, A. pyogenes,Strepto- u. Staphylokokken, Chlamydophila, Mykoplasmen, Viren Hengst S. zooepidemicus, S. equi, A. equuli, S. abortus equi, B. abortus, Strepto- u. Staphylokokken, E. coli;Virus: EIA, EVA, EHV 3 EberB. suis, M. tuberculosis, A. pyogenes, Staphylo- u. Streptokokken, Salmonellen, Viren Bock A. pyogenes, A. seminis, B. ovis, C. pseudotuberculosis, E. coli, Pasteurellen, Strepto- u. Staphylococcen Rüde B. canis, E. coli, Strepto- u. Staphylokokken
Orchitis (Hodenentzündung)
Therapie: - bei hochgradigen Veränderungen ist die Zuchtfähigkeit in der Regel
nicht zu erhalten
- bei Nachweis von Infektionserregern im Ejakulat keine Zuchtnutzung mehr – rechtliche Vorschriften beachten
- ggf. Kastration, aber nicht im akuten Stadium der Erkrankung
- Antiphlogistika, Antibiotika
Hodentumoren
Definition: - Neoplasien des Hodens, die vor allem bei Rüden und (Hengst) vorkommen
Einteilung:- Bedeutung haben Seminom
LeydigzelltumorenSertolizelltumor
- einseitig und beidseitig
- endokrinologisch aktiv (Sertolizelltumor) oder nicht
Hodentumoren
Seminom
Leydigzelltumor
Sertolizelltumor
Bilder aus Kessler, 2005
Hodentumoren
Symptomatik: - Hodenvergrößerung – muss jedoch nicht sein- bei Sertolizelltumor Feminisierung
Untersuchung:- Adspektion, Palpation, Sonographie, Präputialzytologie bei Sertolizelltumor- pathohistologische Untersuchung des entnommenen Hodens
Therapie:- Kastration oder (Hemikastration)
Prophylaxe:- bei kryptorchiden Tieren den Hoden entfernen, da erhöhtes Risiko
der neoplastischen Entartung
Nebenhoden (Epididymidis)
Bei dem Haussäugetieren im Skrotum, aber auch Tierartenmit intraabdominalem Hoden
Funktion: - Epididymale Spermienreifung- Speicherorgan
Untersuchung: - Adspektion- Palpation- Sonographie
Beachte: Aufgrund tierartlich unterschiedlicher Lage des Hodens unterscheidet sich auch die Zugänglichkeit des Nebenhodens
Nebenhoden (Epididymidis)
Erkrankungen des Nebenhodens:- segmentale oder totale Aplasie- Entzündung (Epididymitis)- Spermatocele, Spermagranulom, Samenstauung
Lageverhältnisse Hoden zu Nebenhoden
Aplasie des Nebenhoden
Epididymitis
Symptomatik: - Vergrößerung- derbe Konsistenz
Untersuchung:- Adspektion, Palpation, (Sonographie)
Bedeutung:- vor allem beim Schaf:
Brucella-ovis-Epididymitis als wichtige Sterilitätsursachein 85 % der Fälle ist die Erkrankung einseitigEntzündung führt zum Verschluss des GangsystemsFolge: Samenstau, Spermagranulome,
Hodenverkalkungen und –atrophie
Therapie:- meist nicht möglich
bei infektiöser Ursache kann antibiotische Behandlung versucht werden
Samenstau
Mögliche Ursachen:- Gangverschluss infolge von Entzündungen- segmentale Aplasie des Wolfschen Ganges- zu enge Ductuli efferentes
Fragen
- Welche Hodenerkrankungen gibt es und wie lassen sich diese voneinander diagnostisch abgrenzen?
- Schildere mögliche Ursachen einer einseitigen erworbenen Hodenvergrößerung?
- Schildere die Diagnostik und die Behandlung des Kryptorchismus beim Hengst?
- Welche Erkrankungen der Nebenhodens kommen vor und wie lassen sich diese voneinander diagnostisch abgrenzen?