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© Psychologie des Lehrens und Lernens, TU Dresden „Operantes Konditionieren“ Prof. Dr. Hermann Körndle Professur für die Psychologie des Lehrens und Lernens Technische Universität Dresden

Vorlesung: Einführung in die Psychologie des Lehrens …linus.psych.tu-dresden.de/material/koerndle/lehrlern/... · 2009-05-11 · Bestrafung Bestrafung Typ II angenehmer Reiz wird

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„Operantes Konditionieren“

Prof. Dr. Hermann KörndleProfessur für die Psychologie des Lehrens und Lernens

Technische Universität Dresden

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Edward Lee Thorndike (1874-1949)

Formulierung „Law of Effect“Verhaltensweisen, die einen befriedigenden Zustand zur Folge haben, werden mit höherer Wahrscheinlichkeit in gleichen oder ähnlichen Situationen wiederholt.

Operantes KonditionierenVertreter I - Thorndike

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Burrhus Frederic Skinner (1904-1990)

Unterscheidung operanten und reaktiven Verhaltensoperantes Verhalten: Verhalten, dem kontingent Verhaltens-konsequenzen folgen und das nicht unmittelbar durch externe Reize ausgelöst wird reaktives Verhalten: Verhalten, das unmittelbar durch einen Reizausgelöst wird.

Operantes KonditionierenVertreter II - Skinner

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Grundprinzip des Operanten Konditionierens

Prinzip des Operanten Konditionierens:Die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens wird durch die dem Verhalten folgenden Konsequenzen verändert. Folgt einem Verhalten eine angenehme Konsequenz, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Verhalten in gleichen oder ähnlichen Situationen wieder gezeigt wird. Folgt einem Verhalten eine unangenehme Konsequenz, so verringert sich die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Verhalten ingleichen oder ähnlichen Situationen wieder gezeigt wird.Bedingungen:Kontiguität und Kontingenz zwischen dem Verhalten und dessen Konsequenz.

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Experimentalparadigma

die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens wird durch die dem Verhalten folgenden Konsequenzen verändert.

Phasen eines Experiments zum Operanten Konditionieren1) Kontrollphase2) Lernphase3) Löschungsphase4) Spontanerholungsphase

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Stimulus lightFood pellet reservoir

Foot container

Lever

Operantes Konditionieren Experimentalparadigma - Skinnerbox

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Operantes KonditionierenExperimentalparadigma - Untersuchungsphasen

Verh

alte

nsra

te

Kontrollphase Lern-/Trainingsphase Löschungsphase SpontanerholungZeit

keine Verhaltens-

konsequenzen

keine Verhaltens-

konsequenzen

auf Verhalten folgen angenehme

Konsequenzen

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Operantes KonditionierenPrinzipien des Operanten Konditionierens

BezeichnungHerstellung der

Verhaltens-konsequenz

Wirkung

positiveVerstärkung

angenehmer Reizwird hinzugefügt

Verstärkungnegative

Verstärkungunangenehmer Reizwird entfernt

Erhöhung derVerhaltensrate

BestrafungTyp I

unangenehmer Reizwird hinzugefügt

BestrafungBestrafung

Typ IIangenehmer Reizwird entfernt

Reduktion derVerhaltensrate

Löschung Löschung auf Verhalten folgtkeine Konsequenz

Reduktion derVerhaltensrate

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Kontiguitätzeitliche (und räumliche) Nähe von Verhalten und Konsequenz.

Kontingenzdie Wahrscheinlichkeit des gemeinsamen Auftretens von Verhalten und Konsequenz ist höher als die Wahrscheinlichkeit, dass nur eines von beiden auftritt.

Ein Verhalten wird in seiner Auftretenswahrscheinlichkeit nur dann von Verhaltenskonsequenzen beeinflusst, wenn Kontiguität und Kontingenz zwischen Verhalten und dessen Konsequenzen besteht.

Operantes KonditionierenBedingungen für erfolgreiche Verhaltensbeeinflussung

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Operantes KonditionierenKontiguität und Kontingenz

Verhalten

KonsequenzZeit

Zeit

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Unabhängige Variablen Das Kontiguitätsprinzip (Grice, 1948)

Anzahl der Versuchsdurchgänge

100%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

0 100 200 300 400 500 600 700

0 sec 0,5 sec 1,2 sec 2 sec

5 sec

10 sec

Proz

ent r

icht

iges

Ver

halte

n

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Unabhängige Variablen Quantität der Verhaltenskonsequenz (Crespi, 1942)

0

1

2

3

4

0 5 10 15

Versuchsdurchgänge

Dur

chsc

hnitt

sges

chw

indi

gkei

t

(feet

/sec

)

256

64

16

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Operantes Konditionieren - UVVerstärkungspläne I

Verstärkungspläne sind Festlegungen des Experimentators, in denen angegeben wird, wie regelmäßig und wie häufig die Konsequenzen einem Verhalten folgen.

Häufigkeit:kontinuierlich vs. intermittierend

Regelmäßigkeit:fixiert vs. variabelQuote vs. Intervall

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0

250

500

750

1000

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Time (minutes)

Num

bero

f res

pons

es

A B

C

D

A Fixed ratio C Fixed interval

B Variable ratio D Variable interval

Operantes Konditionieren - UVWirkung von Verstärkungsplänen I

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Operantes Konditionieren - UVWirkung von Verstärkungsplänen II

Kontinuierliche Verstärkung hohe Lerngeschwindigkeit; geringer Löschungswiderstand

Intermittierende Verstärkungniedrige Lerngeschwindigkeit; hoher Löschungswiderstand

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Operantes Konditionieren - UVWirkung von Verstärkungsplänen III

Fixierte Verstärkung - wechselnde Verhaltensrate; - geringerer Löschungswiderstand als

variable Verstärkungspläne

Variable Verstärkung - gleichmäßige Verhaltensrate; - höherer Löschungswiderstand als

fixierte Verstärkungspläne

Quotenpläne - höhere Verhaltensrate als Intervallpläne - höhere Lerngeschwindigkeit als

Intervallpläne

Intervallpläne - niedrigere Verhaltensrate als Quotenpläne

- geringere Lerngeschwindigkeit als Quotenpläne

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Unabhängige Variablen Wirkung von Verstärkungsplänen IV

SaisonarbeitseffektCumulation of bills passedby the U.S. Congress

Weisberg, P. & Waldrop, P.B. (1972).Fixed-interval work habits of congress.Journal of Applied Behavior Analysis.(n. Anderson, J.R. (1995). Learning andMemory. New York: Wiley, S. 23.)

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Unabhängige Variablen Wirkung von Verstärkungsplänen V

0

50

100

150

200250

300

350

400

450

500

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

GesetzeRechtsverordnungenSeitenanzahl insg. im BGBI (geteilt durch 10)

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Operantes Konditionieren - UVDiskriminative Hinweisreize (cues, Signalreize)

Definition:Diskriminative Hinweisreize sind Reize, die bestimmte Verhaltenskonsequenzen signalisieren.

Beispiele:Bei Lehrer Müller wird das Verhalten „im Unterricht reden“ nicht bestraft, bei Lehrer Meier wird es bestraft. Die Schüler reden bei Herrn Meier nicht im Unterricht.

Eine Ratte erhält nur dann eine Belohnung (Futter), wenn vorher eine Lampe aufleuchtete.

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Operantes KonditionierenBestrafung (Estes, 1944)

Zeit

Verh

alte

nste

nden

z

nicht bestraftes Verhalten

100%

75%

50%

25%

0%1 2 3 4

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Operantes KonditionierenBestrafung (Estes, 1944)

1 2 3 4

Verh

alte

nste

nden

z

nicht bestraftes Verhalten in Phase 2 bestraftZeit

100%

75%

50%

25%

0%

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Kontrasteffektesprunghafte Veränderungen der Verhaltensrate in Abhängigkeit einer massiven Änderung der Quantität, d. h. der Menge der Verhaltenskonsequenz.

Positiver KontrasteffektErhöht man eine zu Beginn geringe Verstärkungsmenge, so erhöht sich die Verhaltensrate sprunghaft über die zu erwartende Verhaltensrate.

Negativer KontrasteffektReduziert man eine zu Beginn hohe Verstärkungsmenge, so verringert sich die Verhaltensrate sprunghaft unter die zuerwartende Verhaltensrate.

Operantes KonditionierenDifferenzierungen - Kontrasteffekte

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Operantes KonditionierenNegativer Kontrasteffekt (Crespi, 1942)

16

16

16

Dur

chsc

hnitt

sges

chw

indi

gkei

t (fe

et/s

ec)

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

3,5

4

4,5

0 15 16 17 18 19 20 1 2 3 4 5 6 7 8

Versuchsdurchgänge

256

64

16

256 auf 16

64 auf 16

Änd

erun

g de

r Ver

stär

-ku

ngsm

enge

(Fut

erpi

llen)

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Tokensysteme

Tokens sind sekundäre Verstärker, die gegen primäre Verstärker oder andere sekundäre Verstärker eingetauscht werden können.

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Sekundäre Verstärkung Tokensysteme

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Klassisches / Operantes Konditionieren

Klassisches Konditionierengelernt wird die Auslösung von schon im Verhaltensrepertoire des Organismus vorhandenen Reaktionen durch neue Reize

Operantes Konditionierendurch die Verfahren des operanten Konditionierens wird die Auftretenswahrscheinlichkeit von Verhaltensweisen verändert

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Klassisches Konditionieren:

unabhängige Variablen: die Bedingungen, unter denen der mit dem unkonditionierten Reiz gekoppelte, zu konditionierende Reiz dargeboten wird (z.B. Zeitdauer oder Zeitpunkt zwischen Aufleuchten einer Lampe und Futtergabe)

abhängige Variablen: Ausmaß der durch den konditionierten Reiz ausgelösten Reaktion (z.B. Menge des Speichelflusses)

Operantes Konditionieren:

unabhängige Variablen: Art der Verhaltenskonsequenz; Quantität und Qualität der Verhaltenskonsequenz; zeitlicher Abstand zwischen Verhalten und dessen Konsequenzen; diskriminative Hinweisreize; Verstärkungspläne

abhängige Variablen: Lerngeschwindigkeit; Verhaltensrate; Löschungswiderstand

Experimentalparadigma - Vergleich Klassisches und Operantes Konditionieren

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Literaturhinweis

Steiner, G. (1996) Lernen: 20 Szenarien aus dem Alltag.