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Vorwort Robert Freimann Hydraulik für Bauingenieure Grundlagen und Anwendungen ISBN: 978-3-446-41054-1 Weitere Informationen oder Bestellungen unter http://www.hanser.de/978-3-446-41054-1 sowie im Buchhandel. © Carl Hanser Verlag, München

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Vorwort

Robert Freimann

Hydraulik für Bauingenieure

Grundlagen und Anwendungen

ISBN: 978-3-446-41054-1

Weitere Informationen oder Bestellungen unter

http://www.hanser.de/978-3-446-41054-1

sowie im Buchhandel.

© Carl Hanser Verlag, München

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Vorwort

HYDRAULIK FÜR BAUINGENIEURE – Bücher mit diesem Titel gibt es zuhauf, wozu also schon wieder eines? „Haben

sich denn das Wasser oder die Physik geändert?“ werden Sie, liebe Leserin, lieber Leser, fragen. Nein, noch ist

diesbezüglich (fast) alles beim Alten. Aber mancherorts hat sich das Studium und dessen Aufbau erneuert, auch die

Studierenden fordern heute zu Recht eine praxisgerechte Aufbereitung der hydraulischen Grundlagen inklusive zahl-

reicher durchgerechneter Beispiele und selbst zu lösender Aufgaben mit detaillierten Lösungen. Und nicht zuletzt

gibt es hier und da auch neue Erkenntnisse. Zudem erfordert die Globalisierung des Arbeitsmarktes die Beherr-

schung einschlägiger englischer Fachbegriffe. Neben diesen möglichen Beweggründen, sich für dieses Buch zu ent-

scheiden, hat Sie aber vielleicht einfach die gesamte Aufmachung des Buches angesprochen. Was auch immer der

Grund für Ihre Entscheidung gewesen sein mag, Sie dürfen und können eine erfolgreiche und anwendungsorientier-

te Einarbeitung in das Thema mithilfe dieses Buches erwarten.

Dieses Buch richtet sich in erster Linie an Studierende des Bauingenieurwesens an Technischen Universitäten,

Fachhochschulen und vergleichbaren Bildungseinrichtungen. Neben der Vermittlung der im Studium erforderlichen

Kenntnisse kann es aber auch dem Praktiker eine wertvolle Hilfe zur kurzfristigen Auffrischung von hydraulischen

Inhalten sein. Auch Personen anderer Fachgebiete, die im Bauwesen tätig sind, können sich dieses Buches bedie-

nen, um sich in die Hydraulik einzuarbeiten. Der Stoff ist fundiert dargestellt, ohne dabei theoretische Her- und Ablei-

tungen in den Vordergrund zu stellen.

Nach einem einführenden Überblick und einer knappen Darstellung der wichtigsten Grundlagen in Kapitel 1 werden

in Kapitel 2 die von ruhenden Flüssigkeiten ausgehenden Kräfte behandelt. Basierend auf den wichtigsten Zusam-

menhängen von bewegten Flüssigkeiten, der sog. Hydrodynamik, in Kapitel 3 folgen in Kapitel 4 die Berechnungen

von Wasserbewegungen durch Öffnungen hindurch und über Staubauwerke hinweg. Danach werden die zeitlich un-

veränderlichen Strömungsvorgänge in Druckleitungen (Kapitel 5) sowie die damit zusammenhängenden Pumpen-

vorgänge (Kapitel 6) aufbereitet. Nach den Gerinnen mit freiem Wasserspiegel (Kapitel 7) geht es mit Kapitel 8 in

den Untergrund und um die Frage, wie Fließbewegungen in porösen Medien zu bearbeiten sind. In einem weiteren

Kapitel werden dann zusätzliche Themengebiete, die in der Praxis ebenfalls von Bedeutung sind, beleuchtet (Kapitel

9). Zu den vielen Aufgaben in den Randspalten des Buches, die Sie selbst bearbeiten dürfen (und sollen!), werden

in Kapitel 10 schließlich die Lösungen in ausführlichen Schritten präsentiert.

An dieser Stelle danke ich allen, die mir mit Rat und Tat bei der Erstellung des Manuskriptes behilflich waren. Ein

besonderer Dank geht an Frau Christine Fritzsch und Frau Franziska Kaufmann vom Fachbuchverlag Leipzig (im

Carl Hanser Verlag) für die vielen nützlichen Hinweise und die jederzeit gute und angenehme Zusammenarbeit.

Sollten sich trotz Rechtschreibprüfungsprogramm, mehrmaliger Durchsicht des Manuskriptes und aufmerksamer Be-

rechnungen der Zahlenbeispiele Fehler eingeschlichen haben oder sonstige Anregungen zur Verbesserung des Bu-

ches auftauchen, so nehme ich entsprechende Hinweise unter [email protected] gerne entgegen.

München, im September 2008 Robert Freimann

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Leseprobe

Robert Freimann

Hydraulik für Bauingenieure

Grundlagen und Anwendungen

ISBN: 978-3-446-41054-1

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In der Hydrodynamik werden sich re-

lativ zu Berandungen bewegende

Flüssigkeiten und die jeweils wirk-

samen Kräfte behandelt. Dabei be-

wegen sich auch die Flüssigkeitsteil-

chen relativ zueinander.

Viele hydraulische Aufgaben im Bau-

ingenieurwesen können mithilfe ein-

dimensionaler Berechnungen ausrei-

chend genau gelöst werden.

Bild 3.1 Stromlinien und Bahnlinien

3 Hydrodynamik

Können Sie sich daran erinnern, wie Sie als Kind in der Badewanne oder in

Schlammpfützen mit dem Wasser gespielt haben, wie Sie versucht haben,

es zu „lenken“? Später dann haben Sie vielleicht Bäche, Flüsse und Was-

serfälle beobachtet, aufzustauen und umzuleiten versucht und den Ein-

druck gehabt, dass Wasser im Vergleich zu festen Materialien lebendig

und wie mit eigenem Willen versehen wirkt. Vielfach scheint das Verhalten

von Flüssigkeiten unerwartet und kaum vorhersehbar zu sein. In den Inge-

nieuranwendungen lassen sich die Strömungsgeschehnisse auf einige we-

sentliche Zusammenhänge reduzieren und damit letztendlich für viele Fälle

in der Praxis auch vorausberechnen. Während in späteren Kapiteln auf die

wichtigsten Anwendungen von Wasserbewegungen im Bauingenieurwesen

eingegangen wird, soll das vorliegende Kapitel die wesentlichen Grundla-

gen von Flüssigkeitsbewegungen darstellen.

3.1 Allgemeine Begriffe

Strömungsvorgänge verlaufen in der Regel dreidimensional. Um sie „ex-

akt“ berechnen zu können, ist ein enormer Aufwand erforderlich, der nur

mit Hilfe eines Computers und einem relativ hohen Zeitbedarf auf numeri-

schem Weg zu leisten ist. Zur überschaubaren und analytischen rechneri-

schen Erfassung von Fließvorgängen in den Ingenieuranwendungen wer-

den daher Vereinfachungen eingeführt. Dazu wird die Strömung bei

gleichartiger Bewegung in parallelen Ebenen als zweidimensional und im

einfachsten Fall sogar als eindimensional aufgefasst. Letzteres bedeutet,

dass sich alle Flüssigkeitsteilchen parallel mit gleicher Geschwindigkeit

durch einen Strömungsquerschnitt bewegen.

Die Flüssigkeitsbewegung kann anhand des tatsächlich von einem Flüs-

sigkeitsteilchen zurückgelegten Weges, der Bahnlinie, veranschaulicht

werden. Eine zweite und für die meisten Anwendungen sinnvollere Visuali-

sierung der Strömung stellen die Stromlinien dar. Stromlinien folgen den

Geschwindigkeitsvektoren im Strömungsfeld, zeigen also durch angelegte

Tangenten die jeweiligen Strömungsrichtungen an (Bild 3.1). Daraus folgt,

dass sich Stromlinien nicht kreuzen können, da dann an einem Kreu-

zungspunkt gleichzeitig zwei verschiedene Geschwindigkeiten auftreten

müssten. Die festen Berandungen eines Strömungsbereiches stellen

ebenso Stromlinien dar wie der Wasserspiegel in offenen Gerinnen.

Bild 3.2 zeigt verschiedene Beispiele für Stromlinienbilder. Im Stromlinien-

bild charakterisiert die Liniendichte (Anzahl der Stromlinien pro Flächen-

3

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3 Hydrodynamik36

Als Pendant zu den Stromlinien kann

man sich die Höhenlinien von Land-

oder Wanderkarten vorstellen.

In Bezug auf seine physikalische Ein-

heit „Volumen pro Zeiteinheit“ spricht

man auch vom Volumenstrom Q.

Hier strömt während eines Zeitinter-

valls Δt (in s) ein Flüssigkeitsvolumen

V (in m3) in eine Stromröhre ein, bei

inkompressibler Flüssigkeit muss

dann am anderen Ende zugleich ein

Volumen gleicher Größe abfließen.

Bei näherer örtlicher Kennzeichnung

wird der Durchfluss Q auch als Zu-

fluss oder Abfluss bezeichnet.

Englische Fachbegriffe:

Bahnlinie pathline

durchflossene Fläche flow area

Durchfluss flow rate

Fließgeschwindigkeit flow velocity

Stromlinie streamline, flow line

a) Rohr- oder Gerinneverengung b) Wehrüberfall c) Rohrleitung mit Drosselklappe

Bild 3.2 Beispiele für Stromlinienbilder

einheit) die Strömungsgeschwindigkeit: Je enger die Stromlinien beieinan-

der liegen, desto höher sind die Strömungsgeschwindigkeiten an der

betreffenden Stelle.

Wird ein Bündel von Stromlinien von einer geschlossenen Kurve um-

schlungen, so erhält man das schlauchförmige Raumgebiet einer Strom-

röhre. Durch diese Stromröhre findet kein Flüssigkeitsaustausch – weder

von innen nach außen noch umgekehrt – statt. Damit bewegt sich die ge-

samte Flüssigkeitsmenge durch die Stromröhre. Diese Stromröhre besitzt

allgemein die durchflossene Fläche A (in m2), die von den Geschwindig-

keitsvektoren der fließenden Flüssigkeit v (in m/s) senkrecht angeströmt

wird. Die Multiplikation beider Größen ergibt den Durchfluss Q

s

min

3

AvQ ⋅= (3.1)

Bild 3.3 Stromröhre, Stromfaden und Durchfluss

Bei Betrachtung einer sehr engen Stromröhre spricht man auch vom

Stromfaden. In ihm ist die Geschwindigkeit v in jedem Punkt des durch-

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Nur in wenigen Anwendungsfällen

liegt tatsächlich ein stationärer Zu-

stand vor. Weicht das Strömungsbild

einer instationären Bewegung von

der stationären nicht maßgeblich ab,

so wird diese als quasistationäre

Strömung betrachtet und die statio-

näre Berechnung herangezogen.

Die Kapitel 3 bis 8 in diesem Buch

beziehen sich auf stationäre Fälle,

lediglich Kapitel 9 behandelt auch

instationäre.

Englische Fachbegriffe:

diskontinuierliche Strömung

intermittent/discontinuous flow

gleichförmige Strömung

uniform flow

instationäre Strömung

unsteady flow

kontinuierliche Strömung

continous flow

stationäre Strömung steady flow

ungleichförmige Strömung

non-uniform flow

strömten Querschnitts gleich groß Gl. (3.2). Für die meisten praktischen

Aufgaben ist der Ansatz dieser Stromfadentheorie ohne maßgebliche Ge-

nauigkeitseinbußen ausreichend.

A

Qv = (3.2)

Die Geschwindigkeit v (in m/s) darf damit als mittlere Geschwindigkeit an

jeder Stelle des gesamten Querschnitts angesetzt werden.

3.2 Bewegungsarten von Flüssigkeiten

Zur Beschreibung von Flüssigkeitsbewegungen werden verschiedene Be-

griffspaare unterschieden.

3.2.1 Stationäre und instationäre Bewegung

Bei einem stationären Fließvorgang ist die Fließgeschwindigkeit an einem

betrachteten Punkt unabhängig von der Zeit t. In einem bestimmten Quer-

schnitt ist die Geschwindigkeit v damit über die Zeit konstant:

0d

d=

t

v(3.3)

Bei zeitlicher Veränderung der Fließgeschwindigkeit an einem betrachteten

Punkt spricht man von instationärer Bewegung:

0d

d≠

t

v(3.4)

3.2.2 Gleichförmige und ungleichförmige Bewegung

Bei einem gleichförmigen Fließvorgang ändert sich die Fließgeschwindig-

keit mit dem Ort nicht. Die Geschwindigkeit v ist zu einem bestimmten

Zeitpunkt t über die betrachtete Strecke x konstant:

0d

d=

x

v(3.5)

Ändert sich die Fließgeschwindigkeit entlang des Fließweges, so spricht

man von ungleichförmiger Bewegung:

0d

d≠

x

v(3.6)

3.2 Bewegungsarten von Flüssigkeiten

3

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3 Hydrodynamik38

Bild 3.4 Zur Bestimmung der Bewegungsarten einer Strömung

Bei stationär gleichförmiger Strö-

mung liegen parallele Stromlinien

vor. In diesem Fall ist auch in einer

bewegten Flüssigkeit eine hydrosta-

tische Druckverteilung, also lineare

Druckzunahme mit der Wassertiefe,

gegeben (vgl. Kapitel 2).

3.2.3 Kontinuierliche und diskontinuierliche Bewegung

Bei einem kontinuierlichen Fließvorgang ändert sich der Durchfluss mit

dem Ort nicht. Der Durchfluss Q ist damit über die betrachtete Strecke x

konstant:

0d

d=

x

Q(3.7)

Ändert sich der Durchfluss Q entlang des Fließweges x, so spricht man

von diskontinuierlicher Bewegung:

0d

d≠

x

Q(3.8)

3.2.4 Beispiel zu den Bewegungsarten

Beispiel 3.1

Mithilfe der mathematischen Ausdrücke der Gln. (3.3) bis (3.8) sollen für

die gegebenen Strömungsfälle die Bewegungsarten bestimmt werden.

a) In einer Hochwasserwelle ändern sich sowohl die Geschwindigkeit v als

auch der Durchfluss Q mit der Zeit t und dem Ort x. Damit liegt hier eine in-

stationäre (dv/dt ≠ 0), ungleichförmige (dv/dx ≠ 0) und diskontinuierliche

Strömung (dQ/dx ≠ 0) vor.

b) Der Auslaufvorgang aus einem Behälter mit einer angeschlossenen

Rohrleitung konstanten Durchmessers ist abhängig von der Zeit t und da-

mit instationär (dv/dt ≠ 0). Zu einem bestimmten Zeitpunkt sind die Ge-

schwindigkeit v und der Durchfluss Q an verschiedenen Orten gleich, damit

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Robert Freimann

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Grundlagen und Anwendungen

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5 Rohrhydraulik74

Dieses Kapitel befasst sich aus-

schließlich mit stationären Strö-

mungsvorgängen in Druckrohrleitun-

gen. Als Medium werden nur in-

kompressible Flüssigkeiten behan-

delt, die sich gemäß dem Newton-

schen Reibungsansatz verhalten. Im

Bauingenieurwesen ist dabei vor al-

lem Wasser von Interesse.

Erdöl und Erdgas werden mitunter

über tausende Kilometer in Pipelines

transportiert. Wasserleitungen errei-

chen Längen von mehreren hundert

Kilometern, in Deutschland unterhält

die Bodenseewasserversorgung das

aufwendigste Leitungssystem. Im be-

ruflichen Alltag haben Bauingenieure

überwiegend mit Druckleitungen bis

zu mehreren Kilometern Länge zu

tun.

Englische Fachbegriffe:

Druckrohrleitung

pressure pipe, pressure main

Rohrhydraulik pipe hydraulics

teilgefülltes Rohr partially filled pipe

vollgefülltes Rohr filled pipe

5 Rohrhydraulik

Rohrleitungen sind Anlagen zum kontinuierlichen Transport von Feststof-

fen (Granulate, Zement), Flüssigkeiten (Wasser, Öl) und Gasen (Erdgas,

Heißdampf). Zu einer Rohrleitungsanlage gehören insbesondere Rohre,

Formteile, Dehnungsstücke, Armaturen, Dichtungen und Verbindungsele-

mente. Natürlich zählen auch Pumpen zu dieser Zusammenstellung, deren

Charakteristika und ihr Zusammenwirken mit der Rohrleitung werden in ei-

nem getrennten Kapitel behandelt.

Die Rohrhydraulik für Bauingenieure befasst sich im Wesentlichen mit dem

Strömungsvorgang von Flüssigkeiten, hier vor allem von Wasser. Zentraler

Punkt einer hydraulischen Bearbeitung sind die während des Fließvorgan-

ges auftretenden Verluste aufgrund der Viskosität der Flüssigkeiten. Dies

sowie die Anwendung der Bernoulligleichung bei Rohrströmungen sind die

Hauptthemen des vorliegenden Kapitels.

5.1 Vorbemerkungen

Was ist unter Rohrhydraulik zu verstehen? Gehören die Geschehnisse in

einem teilgefüllten Abwasserrohr mit freiem Wasserspiegel zur Rohrhyd-

raulik? Nein, folgendes Bild grenzt das Thema Rohrhydraulik ein:

Bild 5.1 Füll- und Druckzustand einer Rohrleitung

Die Vorgänge im teilgefüllten Rohr werden in der Gerinnehydraulik behan-

delt, da hier ein freier Wasserspiegel und somit andere Gesetzmäßigkeiten

vorliegen. Der Zustand des vollgefüllten Rohres tritt stationär nicht auf, hier

erfolgt ein ständiges Auf- und Zuschlagen des gesamten Rohrquerschnitts.

Unter Rohrhydraulik wird also ein unter Druck stehendes Rohr verstanden.

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Für die detaillierte Herleitung der von

DARCY (1803–1858, Wasserbauin-

genieur) und WEISBACH (1806–1871,

Ingenieur) aufgestellten Gleichung

sei auf tiefer gehende Fachliteratur

verwiesen.

Englische Fachbegriffe:

Druckhöhe pressure head

Energieliniengefälle

energy gradient

Reibungsbeiwert friction coefficient

Reibungsverlust

friction loss/frictional drag

Reibungsverlusthöhe

friction loss head

In diesem Kapitel wird die Rohrhydraulik somit unter folgenden Randbe-

dingungen dargestellt (siehe auch Bild 5.1):

• Die Druckhöhe p/ρg ist deutlich größer als der Rohrdurchmesser d. Un-

ter Druckabfluss wird der vollständige Ein- und deutliche Überstau ei-

ner Rohrleitung verstanden.

• Die Druckhöhe p/ρg wird auf die Rohrachse bezogen.

• Die Druckhöhe p/ρg wird relativ zum Atmosphärendruck dargestellt.

• Die Strömungsbewegungen erfolgen unter stationären, also zeitunab-

hängigen Bedingungen dv/dt = 0.

5.2 Reibungsverluste

In Abschn. 3.5 wurde die Energiegleichung nach BERNOULLI für in-

kompressible, stationäre und reibungsfreie Strömungen (Gl. (3.14)) sowie

reale Flüssigkeiten (Gl. (3.19)) hergeleitet. Dabei wurde die Gesamtver-

lusthöhe hv in der Addition aus streckenabhängigen Reibungsverlusten hr

und den lokal wirksamen Einzelverlusten Δhe eingeführt (Gl. (3.21)) und

deren Abhängigkeit von der Geschwindigkeitshöhe erwähnt (Gl. (3.22)).

5.2.1 Ermittlungskonzept

Durch die Reibung an der Rohrwandung sowie durch innere Verluste in der

turbulenten Strömung nimmt die Reibungsverlusthöhe hr entlang der

Stromröhre mit der Abschnittslänge L kontinuierlich zu. Erfahrungsgemäß

ist dieser Verlust zudem proportional zum Quadrat der Fließgeschwindig-

keit v und umgekehrt proportional zum Rohrdurchmesser d. Für die Be-

rechnung der Reibungsverlusthöhe hr wird damit die von DARCY-WEISBACH

abgeleitete Gleichung erhalten:

g

v

d

Lhr

2

2

⋅⋅= λ (5.1)

Damit werden allgemein die Reibungsverluste für das gerade Kreisrohr be-

rechnet, unabhängig von der Fließart (laminar oder turbulent). Der dimen-

sionslose Reibungsbeiwert λ ist dagegen eine Größe, die sich in Abhän-

gigkeit vom Fließzustand, ausgedrückt durch die Reynoldszahl Re, und

von der Rohrrauheit ergibt.

Bezieht man die Reibungsverlusthöhe hr auf die Leitungslänge L, so ergibt

sich das Energieliniengefälle IE:

Er I

g

v

d

h=⋅⋅=

2

12

λl

(5.2)

5.2 Reibungsverluste

5

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5 Rohrhydraulik76

Der Reibungsbeiwert λ ist im lamina-

ren Bereich durch umfangreiche

Messungen hervorragend bestätigt

worden.

Aufgabe 5.1: Berechnen Sie für eine

gerade Rohrleitung d = 50 mm sowie

Q = 0,05 l/s den Reibungsbeiwert λ

und das Energieliniengefälle IE bei

einer Wassertemperatur T = 20 °C.

Bild 5.2 Rauheitseinfluss der Rohrwand

5.2.2 Laminare Strömung

Für Re < 2.320 liegt eine laminare Strömung vor. Aus der parabolischen

Geschwindigkeitsverteilung bei laminarer Strömung (Abschn. 3.3.1) erhält

man durch Integration über den Kreisrohrquerschnitt die mittlere Ge-

schwindigkeit in Abhängigkeit vom Energieliniengefälle IE

28

2 maxE vr

Igv =⋅

=

ν

(5.3)

Die Auflösung von Gl. (5.3) nach IE und Gleichsetzen mit Gl. (5.2) liefert bei

Einführung der Reynoldszahl Re = (vd)/ν (Gl. (3.9)) den Reibungsbeiwert λ

für die laminare Strömung

Re

64=λ (5.4)

Diese einfache Gleichung macht deutlich, dass die Wandrauheit bei lami-

narer Strömung keine Rolle spielt. In der Praxis des Bauingenieurwesens

kommen laminare Strömungen allerdings kaum vor; Ausnahme sind hier

Sickerströmungen (Kapitel 8) und einige spezielle Anwendungen.

5.2.3 Turbulente Strömung

Für Re > 2.320 liegen turbulente Strömungen vor. Neben den durch die

Wandung ausgelösten Schubspannungen (Abschn. 3.3.2) treten zusätzli-

che turbulente Scheinschubspannungen durch die Scherbewegungen auf,

deren Größen auf theoretischem Wege nicht vorhersagbar sind. Daher

werden zur Quantifizierung des Reibungswiderstands bei turbulenter Strö-

mung Laborversuche und Messungen an Originalrohren herangezogen.

Im Unterschied zur laminaren Strömung gewinnt durch die hohen Ge-

schwindigkeiten in der Nähe der Rohrwandung deren Rauheit einen be-

deutenden Einfluss auf den Reibungsbeiwert λ. Das Ausmaß der Rau-

heitserhebungen k bestimmt schließlich das Reibungsverhalten des Roh-

res. In Wandnähe bildet sich ein Bereich δl aus, die viskose Unterschicht

(Bild 5.2). Je mehr die Rauheitserhebungen k in die viskose Unterschicht δlhineinragen oder diese sogar durchstoßen, desto „rauer“ ist das Rohr:

• Werden die Rauheitserhebungen k durch die viskose Unterschicht δlvollständig überdeckt, dann wirkt letztere wie eine Schmierschicht für

die turbulente Strömung. Das Rauheitsverhalten wird als hydraulisch

glatt bezeichnet.

• Sind die Rauheitserhebungen k und die viskose Unterschicht δl etwa

gleich stark, dann kommt die turbulente Strömung in leichten Kontakt

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77

In Richtlinien und Vorschriften zur

Dimensionierung von Rohrleitungs-

anlagen der Trinkwasserversorgung

und der Abwasserentsorgung wer-

den Vorgaben für den Ansatz der

Rauheit k gemacht. Diese orientieren

sich an der jeweiligen Nutzung einer

Leitung. Genaueres dazu folgt in

Abschn. 5.6.

Gl. (5.8) schließt die Lücke zwischen

hydraulisch glattem und rauem Be-

reich durch logarithmische Superpo-

sition.

Hydraulisch glatter Bereich: Übergangsbereich: Hydraulisch rauer Bereich:

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⋅⋅−=

λλ Re

51,2lg0,2

1(5.7) ⎟

⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛+

⋅⋅−=

71,3

51,2lg0,2

1 Sr

Re λλ

(5.8) ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛⋅−=

71,3lg0,2

1 Sr

λ

(5.9)

nach PRANDTL und v. KÁRMÁN, für nach COLEBROOK und WHITE, für nach NIKURADSE, für

10<⋅⋅ λsrRe 200<⋅⋅ λ

srRe 200>⋅⋅ λ

srRe

mit den Rauheitserhebungen k. Das Rauheitsverhalten wird dem Über-

gangsbereich zugeordnet.

• Durchstoßen die Rauheitserhebungen k die viskose Unterschicht δl

deutlich, dann wird die turbulente Strömung durch die Rauheitserhe-

bungen k gestört. Das Rauheitsverhalten wird dann als hydraulisch rau

bezeichnet.

Untersuchungen zur Bestimmung der Energieverlusthöhe aufgrund von

Wandrauheiten wurden sowohl an technisch rauen Rohren mit zufälligen

unregelmäßigen Rauheitsverteilungen wie auch an „normierten“ Rauheiten

durchgeführt. Für Letztere wurden Rohrleitungen mit Sandkörnern gleicher

Abmessungen beschichtet. Zum Zwecke der Vergleichbarkeit der „natürli-

chen“ Rauheit werden Rohrrauheiten mit der äquivalenten Sandrauheit ksangegeben. Diese wird mit dem Rohrdurchmesser d zur dimensionslosen

relativen Rauheit ks/d zusammengefasst:

d

kr

s

s= (5.5)

Zusätzlich zur relativen Rauheit rs bestimmt wie im laminaren Fall die Rey-

noldszahl Re den Reibungsbeiwert. Damit ergibt sich der Reibungsbeiwert

für Kreisquerschnitte als Funktion von

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛ ⋅==

d

kdvRe

s,fν

λ (5.6)

Für die drei in Bild 5.2 dargestellten unterschiedlichen Rauheitsbereiche

wird der Reibungsbeiwert λ wie folgt berechnet:

Da die Gln. (5.7) und (5.8) auf iterativem Weg gelöst werden müssen, exis-

tieren verschiedene Gebrauchsformeln und Näherungslösungen zur direk-

ten Berechnung des Reibungsbeiwertes λ. Durch den in der Praxis übli-

chen PC-Einsatz können die genauen iterativen Formeln heutzutage je-

doch ohne großen Aufwand gelöst werden. Manchmal ist für überschlägige

λ-Abschätzungen noch das MOODY-Diagramm (Bild 5.3) in Gebrauch, das

5.2 Reibungsverluste

5

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5 Rohrhydraulik78

Bild 5.3 MOODY-Diagramm zur Ermittlung des Reibungsbeiwertes λ

Englische Fachbegriffe:äquivalente Sandrauheit equivalent

uniform grain roughness

hydraulisch glatthydraulically smooth

hydraulisch rau hydraulically rough

Rauheitserhebungroughness asperity

relative Rauheit relative roughness

Übergangsbereich transition regime

unabhängig davon einen sehr guten Überblick über den gesamten Zu-

sammenhang zwischen Reynoldszahl Re, relativer Rauheit rs, der lamina-

ren und turbulenten Fließbewegung, den hydraulischen Rauheitsbereichen

und dem gesuchten Reibungsbeiwert λ bietet.

Beispiel 5.1

Durch eine Rohrleitung mit Durchmesser d = 3,0 m erfolgt ein Wasser-

durchfluss von Q = 1.100 l/s. Gesucht sind der Reibungsbeiwert λ und das

Energieliniengefälle IE bei einer Wassertemperatur von 10 °C. Die äquiva-

lente Sandrauheit für die Rohrleitung ist mit ks = 0,5 mm anzusetzen.

Aus den vorliegenden Daten lassen sich die Geschwindigkeit v und die

Reynoldszahl Re (mit der kinematischen Zähigkeit für Wasser bei 10 °C

aus Tab. 1.2) berechnen:

s

m156,0

0,3

41,1

2=

==

πA

Qv und 252.357

1031,1

0,3156,0

6=

=

=

−ν

dvRe

Zusammen mit der relativen Rauheit rs = ks /d = 0,0005/3,0 = 1,67·10–4

kann λ mit den Gln. (5.7) bis (5.9) berechnet werden. Zur Abschätzung des

Rauheitsbereiches wird zunächst als Startgröße λ = 0,02 angesetzt. Dies

ist eine mittlere Größenordnung für den Reibungsbeiwert (vgl. Bild 5.3).