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Was kommt nach der Priscus-Liste? Pharmakotherapie beim älteren Patienten PD Dr. Dr. Claus Köppel Zentrum für Altersmedizin Klinik für Innere Medizin-Geriatrie Wenckebach-Klinikum Akademisches Lehrkrankenhaus der Charité-Universitätsmedizin Berlin Eine Einrichtung der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH

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Was kommt nach der

Priscus-Liste?

Pharmakotherapie beim

älteren Patienten

PD Dr. Dr. Claus Köppel

Zentrum für Altersmedizin

Klinik für Innere Medizin-Geriatrie

Wenckebach-Klinikum

Akademisches Lehrkrankenhaus der

Charité-Universitätsmedizin Berlin

Eine Einrichtung der

Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH

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Natürliche Endlichkeit des Lebens

Krankheiten am Ende

des Lebens

Angstbesetztes Thema, da es jeden trifft, auch Ärzte

Unbewusste Abwehr

Widersprüchliche Diskussion:

„erfolgreiches Altern“

Verhinderung „vermeidbarer Todesursachen“

Eine Krankheit wird allerdings der Gewinner sein

Wann werde ich sterben?

Wie werde ich sterben?

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Pharmakotherapie beim alten Menschen

„Rationale“ Pharmakotherapie

•Anspruch: Evidenzbasierte Therapie

•Leitlinienbasierte Therapie kontra ärztliche

Therapiefreiheit

•Begründung des Abweichens von der Leitlinie in

der individuellen Entscheidung

•Erkenntnis wird idealer Weise aus prospektiven

doppelblinden randomisierten kontrollierten

Studien gewonnen

•Evidenzlage bei multimorbiden alten Patienten?

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Pharmakotherapie beim alten Menschen

Evidenzlage bei multimorbiden alten Patienten?

-Klinische Studien in dieser Gruppe? -

•Problem: Vergleichbarkeit der Patienten in den

Studienarmen (Vermeidung eines Bias)

•Einschlusskriterien: am liebsten monokausal

Erkrankte

•Was bedeutet Multimorbidität bei klinischen

Studien?

•Ausschluss älterer Patienten aus Studien

•Ausschluss dementer Patienten aus Studien

•Hohe Anforderungen an die Kreatinin-Clearance

(60 oder 30 ml/min?) (Priscus-Liste; Buch-Tipp: M. Wehling, H. Burkhardt, Arzneitherapie für Ältere, Springer-Verlag, 2010)

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„Eliten“ unter älteren Patienten

Hochbetagte ältere Patienten • >100-Jähriger ca. 0,01 % in der Bevölkerung

Ältere Patienten ohne Hausarzt, ohne vorausgegangene Krankenhausaufenthalte

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Zukunftsperspektiven der Altersmedizin

Morbiditätsstatistik der Krankenkassen

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Pharmakotherapie beim alten Menschen

Pragmatischer Ansatz

nil nocere! Definition des geriatrischen Patienten

•Krankheiten sind in der Medizin nur sehr selten

im strengen Sinn „heilbar“

•Fokus auf der Beeinflussung von

Krankheitsfolgezuständen bei Multimorbidität

•Fokus auf Kompetenz in den Aktivitäten des

täglichen Lebens

•Vermeidung von Pflegebedürftigkeit, Stärkung der

Autonomie des Patienten

•Einpassung der Pharmakotherapie an diesen

Anspruch

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Charakterisierung des multimorbiden alten Patienten

Messung der ADL-Kompetenz

- Instrumente des geriatrischen Assessments -

•(Barthel-Index, Timed up and go, Tinetti-Test,

Handkraft)

•Tests der kognitiven Fähigkeiten (MMSE,

Demtect)

•Psychische Befindlichkeit (GDS)

•Ernährungsstatus (MNA)

•Sozialstatus

•Das biologische Alter von Patienten ist trotz

zahlloser Versuche nicht in einem Score

operationalisierbar, da zu komplex und

durch zu heterogene Einflüsse bestimmt.

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Gestörter funktioneller Aspekt MUG

(65-79 Jahre)

Prävalenz

MUG

(80 Jahre und

älter)

Prävalenz [%]

BASE

(70 Jahre und

älter)

Prävalenz

Nahverkehr selbstständig

benutzen

10,8 36,5 31,2

Spazierengehen 10,6

Treppensteigen 13,1 33,5 11,4

Transfer Bett/Stuhl 2,7

Benutzt Gehhilfe 20,9

Rollstuhlgebunden 3,1

Blindstand gestört 44,2

Baden/Duschen 8,9 30,2 16,0

Einkaufen 33,7

Anziehen 6,2 19,5 5,9

Körperpflege (Kämmen/Rasieren) 2,5 12,1 1,3

WC benutzen 2,4 10,8 3,2

Essen 1,4 6,5 0,9

Benutzt Hörgerät 15,5

Kognition gestört 14,0

Medikamente richten 2,6 14,8

Daten zu Funktionalität, Multimorbidität und

Polypharmazie bei älteren Patienten

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Grenzwert bei der Zunahme der Lebenserwartung?

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Zukunftsperspektiven der Altersmedizin - Krankheitsfreie Lebenserwartung in Europa -

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Physiologisches Altern

Abnahme der meisten

physiologischen

Leistungsreserven auf z.T.

weniger als

die Hälfte

Kognitiver Abbau

Risiko von Mangel- und

Fehlernährung

Verminderte Durstperzeption

Verminderte

Geschmacksempfindung

Die relative Lebenszufriedenheit

ist (im Allgemeinen) trotz

zunehmender Krankheiten

hoch.

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„Experiment“ Japan

1. Menschen leben bereits jetzt 5 Jahre länger

als in Deutschland.

2. Japan hat bereits heute alle Probleme, die

wir in ~10 Jahren haben werden.

3. Verschiebungen in der Morbidität können

hier analysiert werden.

4. Alle gesundheitsökonomischen Effekte

können hier studiert werden.

5. Welche Lösungsansätze gibt es für die

gesellschaftlichen Probleme in Japan.

6. Welche Rolle spielt hier die Prävenierbarkeit

von Erkrankungen?

7. Welche Rolle spielen andere genetische

Voraussetzungen, Ernährungsgewohnheiten

und ein anderer kultureller Hintergrund?

8. Was können wir für unsere Verhältnisse

übertragen?

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Erklärungen für die Zunahme der Lebenserwartung

1. Zunahme der Lebenserwartung korreliert mit dem

kopfbezogenen Bruttoinlandsprodukt

2. Die soziale Gerechtigkeit in einer Gesellschaft

scheint auch eine wichtige Rolle zu spielen.

3. Die Gesundheitsausgaben pro Kopf haben keinen

signifikanten Effekt auf die Lebenserwartung.

4. Die Bildung und die Gesundheitserziehung hat

offenbar den entscheidenden Einfluss auf die

Zunahme der Lebenserwartung

5. Auch die krankheitsfreie Lebenserwartung nimmt

erstaunlich zu (unterstützt die

Kompressionstheorie von Fries 1980).

6. Krankheiten sind in viel größerem Maß

prävenierbar als wir es allgemein hin für möglich

halten.

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Prävenierbarkeit von Erkrankungen

1. 80% aller kardiovaskulären und

cerebrovaskulären Erkrankungen und

Diabetes mellitus Typ II sind prävenierbar!

2. 40% aller Malignome sind prävenierbar.

3. Die gezielte Elimination von Risikofaktoren

beugt zahlreichen weiteren Erkrankungen

vor.

4. Evolutionsbiologische Ansätze können

hilfreich im Erarbeiten neuer Strategien

sein.

Großes Problem: Was tut der Arzt, wenn

irgendwann die meisten Erkrankungen

vermieden werden können?

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Die hohe ärztliche Kunst

1.Wir erfinden einfach neue

Erkrankungen.

2.Wir verteuern die Therapien mit

innovativen Verfahren.

3.Die hohe Kunst des Arztes ist

es, Spontanheilungen der Natur

für den Patienten an das

ärztliche Handeln zu knüpfen.

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Pharmakotherapie beim älteren Patienten

Nicht-pharmakologische Ansätze

prüfen!

Nutzen-Risiko-Überlegung im

Einzelfall

Einbindung, Motivation des Patienten

Compliance, Adherence

Pharmakokinetik im Alter

Pharmakodynamik im Alter

(UAW, Interaktionen)

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Was charakterisiert einen geriatrischen

Patienten?

Fortgeschrittenes biologisches Alter

Mehrere chronische Erkrankungen

Fähigkeitsstörungen(„Krankheitsfolgezustände“)

Bedrohte oder bereits eingeschränkte Selbsthilfefähigkeit

Drohende oder bereits bestehende Pflegebedürftigkeit

Instabilität (Neigung zur Dekompensation)

Immobilität (Sturzgefahr, Frakturrisiko)

Inkontinenz

Kognitiver Abbau (dementielle Prozesse, depressive Syndrome)

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Medikamenten-

gruppe

GKV-Daten 2007

Arzneiverordnungs­

report 2008

Tagesdosen/Jahr

Antihypertensiva

Kardiaka

Digitalis

ß-Blocker

ACE-Hemmer

Ca-Antagonisten

Antidiabetika

Schmerzmittel

NSAID

Diuretika

Neuroleptika

Antidepressiva

Psycholeptika

Psychoanaleptika

12,5-16,1 (4,6)

12,0-82,7 (11,6)

191,3-254,7 (76,2)

74,8-63,5 (29,1)

58,5-81,1 (23,1)

65,2-53,2 (25,6)

12,7-32,1 (7,4)

26,9-29,0 (13,5)

55,3-150,0 (26,0)

12,4-25,5 (8,1)

20,7-40,3 (14,3)

10,0-9,6 (5,2)

92,0-51,8 (32,0)

Daten zur Medikamentenverordnungen bei älteren Patienten

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Pharmakokinetik

Säureproduktion, Magenmotilität

und Dünndarmperistaltik sind

vermindert

relativer Anteil des Fettgewebes

am Körpergewicht ist erhöht

Kreatinin Clearance erniedrigt

Leberdurchblutung erniedrigt

Plasmaeiweißbindung erniedrigt

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Arzneimittel Resorption

Baclofen Verzögerung

Calcium Verminderung

Chlorazepat Verminderung

Chlormezanon Verzögerung

Cobalamin Verminderung

Digoxin Verzögerung

Eisen Verminderung

Flurazepam Verzögerung

Folsäure Verminderung

Levodopa Verminderung

Mexiletin Verzögerung

Nitrazepam Verzögerung

Prazepam Verzögerung

Prazosin Verminderung

Thiamin Verminderung

Veränderung der Resorption mit dem Alter

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Arzneistoff

Amitriptylin

Chlormethiazol

Cimetidin

Ciprofloxacin

Desipramin

Imipramin

Indobufen

Labetalol

Lidocain

Metronidazol

Nalbuphin

Nicardipin

Nifedipin

Omeprazol

Ondansetron

Propranolol

Trazodon

Zunahme der Bioverfügbarkeit mit dem Alter

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Veränderung des Verteilungsvolumens mit dem Alter

Arzneistoff Verteilungs-

volumen

Acetylsalicylsäure +

Bromazepam +

Cefepim +

Chlordiazepoxid +

Diazepam -

Doxazosin +

Enoxacin -

Fenofibrat +

Fleroxacin +

Furosemid +

Ifosfamid +

Isoniazid +

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Pharmakodynamik

Abnahme z. B. betaadrenerger

Rezeptoren

veränderte Reaktion z. B. der

Barorezeptoren

reduzierter Venentonus

häufigere

Arzneimittelinteraktionen,

Nebenwirkungen

Verminderte Gegenregulation

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Altersabhängige Veränderungen in der Pharmakodynamik an

Beispielen. (Mod. nach Feuring e al. 2000)

Arzneimittel

Benzodiazepine

Pharmakodynamische Wirkung

Sedation, Sturzneigung, paradoxe

Exzitation

Altersabhängige

Veränderung

verstärkt

Diltiazem Blutdrucksenkung verstärkt

Levodopa Dosisabhängige, unerwünschte

Arzneimittelwirkung

verstärkt

Morphin Analgesie, Atemdepression (Intensität

und Dauer)

verstärkt

Phenprocoumon Antikoagulation verstärkt

Theophyllin Bronchodilatation vermindert

NSAID, auch COX-2-

Hemmer

Nierenfunktionseinschränkung verstärkt

COX Zyklooxygenase, NSAID »non steroidal anti-inflammatory drugs«

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Polymorphismus von metabolisierenden Enzymsystemen

CYP2D6 Neuroleptika, Antiar­

rhythmika, Betablocker

CYP2E1 Äthanol

CYP3A4 Nifedipin, Simvastatin

Glutathion-S-Transferase Benzpyrene

N-Acetyltransferase NAT2 Isoniazid

Glukose-6-Phosphat-

Dehydrogenase

Malariamittel

UDP-Glucuronosyl-

Transferase

Bilirubin

Thiopurin-

Methyltransferase

Mercaptopurin

Dihydropyrimidin-

Dehydrogenase

5-Fluouracil

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Verordnete Medikamente und Arzneimittelinteraktion

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Die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen

Problemwahrnehmung

Stürze

delirantes Syndrom

orthostatische Dysregulation, Hypotension

Blutungen

Elektrolytstörungen

eingeschränkte Nierenfunktion

gastrointestinale Störungen

Obstipation

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Im Alter wichtige Arzneimittelinteraktionen

Arzneimittelkombination

Warfarin plus

Komplikation

NSAID Blutung

Sulfonamid Blutung

Makrolidantibiotikum Blutung

Fluorchinolonantibiotikum Blutung

ACE-Hemmer plus

Spironolakton Hyperkalämie

Kaliumsubstitution Hyperkalämie

NSAID Hyperkalämie

Digoxin plus

Amiodaron Digitalisintoxikation

Verapamil Digitalisintoxikation

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Typische Pharmakon-Krankheiten-Interaktionen des Alters

Zugrunde liegende

Erkrankung Demenz

Pharmakon

Psychotrope Pharmaka, Levodopa, Antiepi-

leptika

Unerwünschte

Wirkung

Verwirrtheit,

Delirium

Chronische

Niereninsuffizienz

Nichtsteroidale Antiphloqistika Verschlechterung

Erregungsleitungsstörunge

n

Trizyklische Antidepressiva Blockbilder

Bluthochdruck NSAID Zunahme der

Hypertonie

Diabetes mellitus Diuretika, Kortikosteroide Verschlechterung

Benigne

Prostatahyperplasie

Antimuskarinergika, z. B.

Disopyramid

Harnverhalt

Depression Betablocker, Benzodiazepine,

zentral wirksa-

me Antihypertensiva, Steroide,

Alkohol

Zunahme, Suizid

Hypokaliämie Digoxin, Diurektika Gefährliche

Arrhythmien

NSAID »non steroidal anti-inflammatory drugs«

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•Wenige, gut bekannte Substanzen gezielt einsetzen

•Generell mit niedriger Dosis beginnen und nach Effekt individuell

titrieren (»start low, go slow«)

•ZNS-wirksame Pharmaka besonders kritisch einsetzen

•Endpunkte der Therapie definieren

•Nierenfunktion beachten

•Nicht alle Erkrankungen sind pharmakologisch erfolgreich

therapierbar

•So einfach wie möglich therapieren, ein bis zweimalige Gabe

anstreben

•Klar beschriftete Behälter, ggf. Standard anstatt

Sicherheitsbehältnisse verwenden

•Patienten und Verwandte/Freunde ausführlich informieren

Leitsätze zur Arzneimitteltherapie im Alter

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FORTA-Einteilung Fit for the aged!

.

Anwendungshinweise für

die FORTA-Klassifikation

Evidenzbasiert, aber real-life-orientiert (Compliancefragen,

altersabhängige Verträglichkeit, Häufigkeit relativer

Kontraindikationen)

Indikationsabhängigkeit der Klassifikation: ein Arzneimittel kann

indikationsabhängig verschiedene Labels bekommen (z. B.

Betablocker bei KHK A, bei Hypertonie »nur« B; Diuretika bei

Herzinsuffizienz A, bei Hypertonie B)

Kontraindikationen stehen über der Klassifikation (z. B. dürfen auch

A-Medikamente bei Allergien nicht gegeben werden)

Ersetzt individuelle Therapieentscheidung nicht, lässt wie jede

Vereinfachung Ausnahmen (auch bei den Extremen A und D) zu.

Ist nur als schnelle Orientierungshilfe zum Gedankenanstoß gedacht.

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FORTA

A

In der Kategorie A sind Arzneimittel gelistet, die im Alter in großen Studien geprüft sind und für die

eindeutig positive Nutzen-Risiko-Bewertungen vorliegen. Hierzu würden u. a. ACE-Hemmer,

Kalziumantagonisten und Angiotensin-Rezeptoren-Antagonisten in der arteriellen Hypertoniebehandlung

oder Statine in der kardiovas­kulären Protektion oder ACE-Hemmer und Diuretika in der

Herzinsuffizienzbehandlung gehören.

B

Die Kategorie B ist Arzneimitteln zugeordnet, die zwar eine nachgewiesene Wirksamkeit bei älteren

Patienten haben, aber mit Einschränkungen hinsichtlich des Wirkungsausmaßes oder ihrer Sicherheit

belegt sind. Hier wären z. B. in der Behandlung der arteriellen Hypertonie

- Diuretika und

- Betablocker

zu nennen; Diuretika wegen ihrer häufig nachgewiesenen Complianceprobleme, Betablocker wegen

häufiger Kontraindikationen (z. B. kardiale Erregungsbildungs- und -leitungsstörungen) und nachweislich

geringerem Nutzen.

C

Die Kategorie C bezeichnet Substanzen mit einer ungünstigen Nutzen/Risikoanalyse für ältere Patienten,

die als erste weggelassen werden sollten, wenn insgesamt zu viele Arzneimittel (mehr als 3 oder 4) zu

geben wären.

Beispiele hierfür wären Digoxin bei Herzinsuffizienz (nur in wenigen Fällen bei persistierenden

Beschwerden indiziert), - Amiodaron bei Vorhofflimmern oder - Spironolakton bei Hypertonie

(Hyperkalämiegefahr).

Hierbei gibt es also in Einzelfällen durchaus die Möglichkeit des Einsatzes, der aber eher die Ausnahme

mit guter Begründung, denn die Regel wäre.

D

Substanzen, die bei Älteren praktisch immer vermieden werden sollten und so im wesentlichen auf der

Beers­Liste zu finden sind, würden in die Kategorie D kommen. Hierzu gehören u. a. Benzodiazepine,

- Promethazin, Pentazocin.

Wichtig ist hierbei auch, dass sich immer altersverträgliche Alternativen finden lassen und der Einsatz

auch deswegen nicht sinnvoll ist.

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Maßnahmen zur Verbesserung der

Compliance/Adherence

1. Stellen der Medikamente

2. Automatisierte Medikamentenstellung

3. Tabletteneinnahme unter Aufsicht

4. Rückkopplung an den betreuenden Arzt

5. Vernetzte elektronische Patientenakte

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Einbinden des Patienten in die Pharmakotherapie

Aufklären des Patienten und der

Angehörigen

OTC-Selbstmedikation?

Motivation zur Therapie

Motivation zur Selbstkontrolle

(Blutdruck, Blutzucker)

Medikamentenstellung durch

Sozialstation und Überwachung der

Einnahme

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Chancen durch elektronische Patientenakte

• Vorhandene Informationen:

Hauptdiagnose, Nebendiagnosen

Kreislaufparameter, O²-Sättigung

Laborwerte

• Konsile

• Befunde von bildgebenden Verfahren

• tägliche Visite mit dem Laptop durch

Assistenzarzt

• Software mit

Arzneimittelnebenwirkungen und -

interaktionen

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Chancen durch elektronische Patientenakte

Besonderer Charme:

Verknüpfung von Diagnosen,

Symptomen und Laborwerten

mit intelligenter Software zu

UAW

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Probleme mit Krankenhausinformationssystemen

• Datensicherheit und Datenbeständigkeit

gemäß gesetzlichen Erfordernissen

muss gewährleistet sein!

• der Hersteller haftet dafür (Zertifizierung)

• individuelle Modifikationen eines KIS ist

meist extrem teuer

• keine Kompatibilität untereinander

• Abschottung der KIS

• Software mit

Arzneimittelnebenwirkungen und –

interaktionen nicht universell

implementierbar

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Häufige Erkrankungen im Alter I

Delir/Demenz Fraktur Z. n. Operation Diabetes mellitus COPD Lungenfibrose KHK/Herzinsuffizienz Rheumatoide Arthritis Lebercirrhose Niereninsuffizienz Periphere Verschlusskrankheit Arthrose Osteoporose Alkohol-, Medikamentenabhängigkeit

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Häufige Erkrankungen im Alter II

Z. n. Apoplex

mit Hemiparese

mit Aphasie

mit Schluckstörung

mit Hemianopsie

mit Inkontinenz

mit neuropsychologischen

Störungen

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Häufige Erkrankungen im Alter III

– neurodegenerative

Erkrankungen -

Polyneuropathie

M. Parkinson

Multiple Sklerose

ALS

Myasthenia gravis

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Therapiebegrenzung

Wille des Patienten,

Reversibilität von

Funktionsstörungen,

Lebensqualität?

Lebensperspektive?

Hauptproblem: Wann ist eine

Krankheit irreversibel, ohne

Aussicht auf Besserung???

Die Problematik der Patientenverfügung

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Dinner for one – Permissivität für Alkoholabusus

in Deutschland

Die Deutschen halten den

Spitzenplatz im durchschnittlichen

täglichen Alkoholkonsum:

32,4ml reiner Alkohol pro Tag

Folgeerkrankungen eines

Alkoholabusus:

Lebercirrhose

Malignome

Korsakoff-Demenz

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Dinner for one – Permissivität für Alkoholabusus in Deutschland

Getränk Sherry Weiß-

wein

Cham-

pagner

Port-

wein Summe

in ml

Ethanol

Typische

Glasgrö-

ße 40 150 150 100

Ms.

Sophy 16 15 15 16 62

ml

Butler

James 64 60 60 64 248

ml

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Errechnete maximale

Blutalkoholkonzentration nach

4-gängigem Menü mit auserwählten

Getränken:

Miss Sophy

1,4 Promille

Butler James

4,0 Promille

Dinner for one – Permissivität für Alkoholabusus

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Der Traum vom

Jungbrunnen

Wirksamkeit der Prävention in Bezug auf Anti-Aging

Aktive Maßnahmen sind ungleich wirksamer als passive!!!

Anti-Aging bedeutet derzeit leider (noch) „Blut, Schweiß und Tränen“

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Vergiftungen beim alten Menschen

Suizidversuche mit

Medikamenten nehmen mit

zunehmendem Alter ab

Die Mortalität steigt mit dem

Alter

Unbekannte Dunkelziffer an

Suiziden

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Arzneimitteltherapie bei multimorbiden alten

Patienten

1. Aufklärungsarbeit bei Patienten und

Angehörigen

2. Kommunikation, Kooperation und Vernetzung

aller in der Altersmedizin tätigen Berufsgruppen

3. Klinisch-pharmakologische Visiten in Kliniken

4. Nutzung von Hilfsmitteln bei der Stellung der

Medikamente

5. Ausschöpfung von nichtpharmakologischen

Therapie- oder Präventionsoptionen

6. Nutzung von Möglichkeiten der elektronischen

Patientenakte (UAW, Interaktionen, Laborwerte)

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